DIE WICHTIGSTEN
INFORMATIONEN
EINLEITUNG
Was wir von unseren Lehrern wissen wollten
Eine der wichtigsten Aufgaben, die die Menschheit zu erfüllen hätte, ist
die Verbreitung (und Aufnahme) der Information, die für die Lebensqualität der
emotionsfähigen Menschen und Tiere am wertvollsten ist. Die meisten Schüler an
höheren Schulen und viele Studenten glauben, dass ungefähr die Hälfte der
Informationen, die ihre Schule (Universität) ihnen vermittelt, später sinnvoll
(und überhaupt) einsetzbar ist. Wie viel sie von den Informationen erhalten,
die sie für wichtig erachten, weiß niemand genau, vielleicht ebenfalls die
Hälfte.
Die meisten menschlichen Informationsquellen, besonders philosophische,
verschlüsseln das eigentlich ziemlich simple und verstehbare Wesen dieser Welt
so geschickt, dass viele Menschen sich einfach würgend abwenden.
Wir wollen in diesem Kapitel versuchen, das Informationschaos ein wenig
zu vermindern. Dabei widmen wir uns besonders wesentlichen Zusammenhängen. Es
wird sich zeigen, dass die meisten allgemeinen wissenschaftlichen Aussagen vom
größten Teil der Menschheit verstanden werden können.
Dieses Kapitel enthält einige für das Verständnis des Menschen wichtige
Informationen vor allem aus den Bereichen Naturwissenschaften, Psychologie und
Pädagogik, die junge Menschen an Schulen besonders häufig vorenthalten werden.
Es ist für ältere Schüler und Studenten interessant. Für manche Erwachsene
werden nur Teile des Kapitels neu sein. Es beschäftigt sich wenig mit
Geschichte, Sprachen, Philosophie und Kunst. Zu diesen Bereichen empfehlen wir
u. a. das Buch „Bildung“ von D. Schwanitz. Geschichte und Philosophie haben wir
eigene Kapitel gewidmet. Es gibt darüber hinaus auf der Erde Tausende von
Büchern, die wissenswerte, naturwissenschaftliche, historische und
philosophische Informationen verständlich vermitteln. Bei ihrer Lektüre würden
einige Milliarden Menschen die Erfahrung machen, dass große Teile dieser
Wissenschaften etwas Interessanteres, Nützlicheres und völlig Anderes sind, als
das, was schulische Institutionen und Lehrbücher ihnen meistens davon
vermittelt haben. Am Ende dieses Berichtes findet sich eine Literaturliste mit
einigen Beispielen. Auch das Internet liefert inzwischen zahllose konstruktive
Informationen, die aber aus einem Wust von Unwahrheiten, Blödsinn und
ideologischen Irrwegen ausgefiltert werden müssen.
Noch schneller und effektiver können wichtige Informationen durch
eigenes Handeln und durch bildhafte Darstellungen, z. B. in Film und Fernsehen
vermittelt, vor allem aber gespeichert werden. Das leistungsfähigste Fernsehen
fanden wir in Deutschland und Nordeuropa. Beispiele für konstruktive Sendungen
sind: „Quarks und Co“, „Geheimnisse unseres Universums“, „Löwenzahn“, „Die
Sendung mit der Maus“, „Sesamstraße“ viele Umwelt-, Natur-, Nachrichten- und
Kabarettsendungen sowie viele kritische politische Magazine. David
Attenboroughs Natursendungen und Peter Lustigs „Löwenzahn“ hätten nicht besser
gemacht werden können. Vor diesen konstruktiven Sendungen „schützen“ die
meisten Menschen sich systematisch und schimpansenwürdig durch Seifenopern,
Debilitäts-Talkshows, Billigfilme, Kotzgerichtsshows usw.
Wir stellen im Folgenden die Informationen in den Mittelpunkt, die
Menschen in besonderer Weise zum Erleben von Lebensqualität bzw. zur Förderung
und Erhaltung von emotionsfähigen Lebewesen dienen. Das heißt etwas konkreter:
Die wichtigsten Strukturen und Funktionen des menschlichen Körpers und Geistes
sowie die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt stehen im Mittelpunkt.
Zu diesen Informationen gehören die grundsätzlichen Funktionsprinzipien
der Welt. Sie sind im Kapitel 15 näher behandelt. In der menschlichen Literatur
finden sich, vor allem im Fachbereich Physik, sehr viele, auch verständliche,
populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zu diesem Thema. Wir liefern
deshalb im Folgenden nur den unbedingt notwendigen Extrakt. Dieser Extrakt
empfiehlt sich besonders für Nichtnaturwissenschaftler, sowie für Faule und
alle Wissbegierigen, die ein bisschen Wesentliches von der Welt mit wenig
Aufwand verstehen möchten.
Die Bauelemente der Welt bilden ein komplexes, vernetztes, geordnetes
Gebäude. Dieses muss möglichst exakt in menschlichen Köpfen abgebildet werden. (Vollständige
und exakte Informationsübertragungen und –verarbeitungen [rigorose Ehrlichkeit]
können aber auch Nachteile haben. Diese sind in verschiedenen Kapiteln
erläutert.) In den meisten Fällen helfen jedoch genaue Abbildungen der Welt den
Menschen, zu überleben und ihre Lebensqualität zu steigern. Dazu müssen die
bekannten Tatsachen nach Wichtigkeit geordnet werden, Abhängigkeiten und
Zusammenhänge verdeutlicht werden und die Fähigkeit, zu ordnen und Zusammenhänge
zu erkennen, entwickelt werden. Man kann sich das entstehende Denkgebäude
vereinfacht wie eine Pyramide oder Baumkrone vorstellen. Das Fundament dieser
Pyramide, bzw. den Stamm des Baumes, bilden Mathematik, Logik und Physik.
Darüber stehen Stockwerke in der Reihenfolge: Chemie, Biochemie, Biologie,
Medizin, Psychologie, Pädagogik, Geschichte, Soziologie und alle
Gesellschaftswissenschaften. Zwischen allen Stockwerken und allen Bauelementen
bestehen Beziehungen, die ein komplexes Netzwerk bilden. Manche Bereiche, wie
Mathematik, Logik, Ethik und die vier Grundkräfte der Physik durchziehen weite
Teile oder sogar das ganze Gebäude. Um Probleme zu lösen, neue Ideen zu
entwickeln und das ganze Denkgebäude zu verstehen, sind die Beziehungen
zwischen einzelnen Wissenselementen und Wissenschaften wichtiger als die
Kenntnis aller Elemente, also Datenwissen. Ohne ein gewisses Datenfundament
sind diese Beziehungen aber nicht verstehbar und schon gar nicht entdeckbar.
Auch im realen Leben ist sofort vorhandenes Datenwissen manchmal ganz
nützlich. Wir verdeutlichen dies an zwei extremen Beispielen, obwohl und weil
es Milliarden weniger extreme gibt:
Menschen, die glauben, es genüge wichtige Prinzipien verstanden zu
haben, können oft ihr Leben beneidenswert mit prickelnder Spannung bereichern.
Wir empfehlen z. B. einmal, während eines Fallschirmsprungs gemütlich das
Handbuch herauszusuchen, in dem erklärt ist, wo sich die Reißleine für den
Ersatzfallschirm befindet, wenn der Hauptfallschirm sich nicht öffnet. Wer das Pech
hat, solche mutigen Sprünge lebensgefährlich verletzt zu überleben, sollte sich
gleich zu einem Chirurgen begeben, der während der Operation seinen
Anatomieatlas hervorkramen muss, weil er jegliches Auswendiglernen schon immer
stupide abgelehnt hat.
Verbindungsstellen, die zurzeit für die Forschung und das Verständnis
des Menschen besonders wichtig sind liegen u. a. zwischen den
Wissenschaftsbereichen Verhaltensbiologie und Psychologie sowie zwischen
Biochemie (des Gehirns) und Psychologie.
Fast alle Menschen, leider auch die meisten Politiker, versuchen, dieses
Denkgebäude gar nicht, unvollständig, ohne die Fundamente oder ohne
ausreichende Vernetzungen zu errichten. Solche Denkgebäude sind fehlerhaft,
wirken antihedonisch (=gegen Lebensqualität) und stürzen immer wieder ein.
Beispiele für Zusammenbrüche und antihedonische Wirkungen, zu denen fehlerhafte
Denkgebäude beigetragen haben, sind Kriege und das Scheitern fast aller
Ideologien, z. B. des Kommunismus und des Faschismus. Der Marxismus beispielsweise
ist u. a. deshalb teilweise gescheitert, weil Marx (ein Geisteswissenschaftler)
viele Informationen aus der Biologie (Bioanthropologie) nicht eingearbeitet
hat. Der Mensch ist ein Lebewesen, das ohne biochemische, biologische,
medizinische, psychologische, pädagogische, historische, geographische,
politologische und soziologische Kenntnisse nicht verstehbar ist. Kenntnisse
aus den Bereichen Sprache, Kunst, Religion, Literatur, Musik, Sport,
Philosophie sind zwar deutlich weniger bedeutsam, beherrschen aber dafür i. d.
R. umso mehr das Angebot der Ausbildungsinstitutionen.
Damit zurück zu wirklich Relevantem: Das fundamentale biochemische und
biologische Wissen aller Gesellschaftswissenschaften ist nicht ohne
mathematische, logische, physikalische und chemische Kenntnisse und Fähigkeiten
verstehbar. Dieses Kapitel soll der Versuch sein, die wichtigsten Bereiche
dieses Gebäudes zu beleuchten. Dabei beginnen wir mit den Fundamenten, auch
wenn diese den meisten Menschen am langweiligsten erscheinen und die meisten
menschlichen Ausbildungsinstitutionen andere Reihenfolgen wählen sowie
Fundamente vernachlässigen. Die Fundamente sind die unentbehrliche Grundlage
für das Verständnis aller Funktionsprinzipien, Probleme und Gefahren der
bekannten Welt. Leider wird die Bedeutung der Fundamente für das Verständnis
dieser Prinzipien nur dann deutlich, wenn man die Prinzipien und Probleme
bereits kennt. Diese sind aber wieder ohne die Fundamente nicht verständlich
und werden deshalb erst später besprochen. Wir bitten daher zu glauben, dass
wir den Leser möglichst nur mit fundamentalem Wissen belästigen, das er für das
grundsätzliche Verständnis dieser Welt auch wirklich benötigt. Er kann (und
sollte) dies aber ohne Probleme selbst überprüfen, indem er, nach der Auseinandersetzung
mit den Prinzipien der Welt, auch die Fundamente noch einmal studiert. Das
Verständnis der bekannten Welt wird ohnehin nur dann möglich, wenn man die
Fundamente wirklich gespeichert, verstanden und verinnerlicht hat. Der Versuch,
die Welt ohne diese Kenntnisse zu verstehen, entspricht dem Versuch, einen
fremdsprachlichen Text zu verstehen, von dem man jede vierte Vokabel nicht
kennt. Man muss sogar darüber hinaus mehrfach geistig zwischen den Prinzipien
und den Fundamenten hin und her gewandert sein (alles von allen Seiten
beleuchtet haben), um das Ganze zu verstehen. Auch das wirkliche Verständnis
jedes einzelnen allgemeinen Prinzips setzt das Verständnis aller anderen
Prinzipien voraus. Wenn wir einen Baum als Modell für die Welt verwenden, wird die
Problematik anschaulich verständlich: Ein Affe kann diesen Baum nur dann
wirklich kennen, wenn er die Stelle, an der alle Hauptäste entspringen, kennt,
und wenn er sich mehrmals in allen Richtungen zwischen allen Ästen hin und her
bewegt und umgesehen, alles berochen, berührt und im Gedächtnis gespeichert
hat. Wie wir unter www.daswesenderzeit.de verdeutlicht haben, ist
ein Baum tatsächlich ein ausgezeichnetes Modell für die vier- (oder mehr-)
dimensionale Baumkrone, die wir die Welt nennen.
Ziele
Bevor wir einsteigen, erinnern wir uns noch einmal an unsere Ziele, die
wir während des ganzen Kapitels nie aus den Augen verlieren sollten.
Das wichtigste und allgemeinste Ziel ist die Lebensqualität der
emotionsfähigen Lebewesen (s. o.). Dazu müssen wir deren Funktionieren und ihre
Beziehungen zur Umwelt verstehen.
Um dieses wichtigste Ziel zu erreichen, streben wir ein weiteres sehr
allgemeines Ziel an: das Verständnis des Lebens und des Menschen. Für dieses
Ziel wollen wir die notwendigsten naturwissenschaftlichen Grundlagen
beleuchten.
Ein etwas spezielleres Ziel ist das Verständnis der Tatsache, dass alles
chemische, biologische und psychische Geschehen auf dem Wirken der vier
physikalischen Grundkräfte beruht. Diese Kräfte wirken zwischen bestimmten
Elementarteilchen bzw. komplexen Verbänden, die diese Teilchen bilden. Die
Kräfte und Teilchen bilden das physikalische Fundament, mit dem wir uns nun
beschäftigen werden. Dieses Fundament ist in der Einleitung und in meinem Buch
„Das Wesen der Zeit“ erläutert. Die folgenden drei Abschnitte sind teilweise
Kopien aus diesem Kapitel. Wir besprechen zunächst die physikalischen
Grundlagen, die das Fundament für das Verständnis der Biologie und der Chemie
sind.
Abschließend noch ein wichtiger Hinweis: Dieses Kapitel enthält bisher
keine Abbildungen. Alle bildlichen (geruchlichen, geschmacklichen, akustischen
usw.) „Abbildungen“ verbessern jedoch das Verständnis, das Speichen und die
Lerngeschwindigkeit. Wir empfehlen deshalb dringend und immer weitere
Informationsquellen hinzuzuziehen (Schulbücher mit Abbildungen,
populärwissenschaftliche Veröffentlichung, Telekolleg-Sendungen, Internet
usw.).
Die wichtigsten Grundprinzipien und -materialien, die die bekannte Welt
bestimmen oder beschreiben sind:
1. Bewegung, eine Vorstellung (Illusion?) des menschliche Geistes, die
die Struktur der
vierdimensionalen Welt
widerspiegelt
2. Materie, die aus kleinsten Teilchen (Fermionen und Bosonen s. u.)
bestehen soll
3. Vier Kräfte oder Wechselwirkungen, die von Bosonen übertragen werden
4. Mathematik und Logik
5. Die Welt ist gequantelt, d. h., in kleine Energiepakete aufgeteilt.
6. Die Welt ist durch Dimensionen strukturiert und aus Weltlinien
aufgebaut.
7. Symmetrien
Alle Körper dieser Welt weisen symmetrische Eigenschaften auf. Am
bekanntesten ist die räumliche Symmetrie, die jeder vor einem Spiegel erleben
kann. Außerdem gibt es zeitliche Symmetrien (vorwärts = in Richtung Zukunft
[und rückwärts]) und Ladungssymmetrien (positiv und negativ geladen). Die
eigentliche Natur dieser Symmetrien ist ebenfalls unter www.daswesenderzeit.de genau erläutert.
Für das Verständnis des Weltgebäudes sind alle 7 Grundprinzipien
wichtig. Für den Ausschnitt dieses Gebäudes, der vor allem für die
Selbsterhaltung und Lebensqualität wichtig ist, konzentrieren wir uns auf die
Punkte zwei und drei. Dieser Ausschnitt erfordert insbesondere nicht viel mehr
mathematische Kenntnisse als der Durchschnittsbürger besitzt.
Grundbausteine der
Welt Materie
Das Material dieser Welt besteht nach Meinung der meisten menschlichen
Wissenschaftler aus kleinsten Teilchen und/oder Wellen. Einige meinen
allerdings, dass das Wesen dieser Teilchen (insbesondere ihrer Massen) auf den
unterschiedlichen Schwingungen viel kleinerer Elemente, den so genannten
Strings (=Saiten, Fäden), beruht (s. u.).
Die kleinsten Teilchen der „eigentlichen“ Materie heißen Fermionen. (Das
hat nichts mit Ionen zu tun.). Diese „eigentliche“ Materie macht aber nur ca.
5% der Gesamtmaterie aus (s. u.).
Die Teilchen, die Kräfte (=Wechselwirkungen) übertragen, heißen Bosonen.
Diese Teilchen verhalten sich Menschen gegenüber manchmal wie Wellen, sind also
auf eine nicht restlos verstandene Weise beides (Welle-Teilchen-Dualität).
Menschliche Physiker haben Hunderte von verschiedenen Fermionen entdeckt
oder nehmen mit Recht an, dass es sie gibt. Die wichtigsten Fermionen sind
Elektronen und Quarks. Diese sind ihrerseits wahrscheinlich aus den gerade
angesprochenen Strings (nochmals viel kleineren fädigen Bausteinen) aufgebaut.
(Sie haben, genau wie z. B. höhere Dimensionen und höhere Mathematik, für die
Lebensqualität der meisten Menschen zurzeit wenig direkte Bedeutung). Auch für
Strings gibt es möglicherweise kleine, aber noch völlig unbekannte Bausteine.
Es gibt vielleicht zu jedem Baustein unendlich viele kleinere Bausteine und
unendlich viele größere Bauwerke, d. h., die Welt könnte im Kleinen, wie im
Großen, unendlich sein. Für diese Behauptung spricht die Tatsache, dass es in
der Mathematik die Unendlichkeit gibt und die Mathematik sich bei der
Beschreibung der Welt bisher ausgezeichnet bewährt hat.
Drei Quarks bilden ein Proton oder ein Neutron. Diese bilden einen
Atomkern. Elektronen umgeben Atomkerne als so genannte Atomhülle oder Schale.
Kern und Hülle bilden ein Atom. Atome verbinden sich chemisch zu Molekülen.
Diese können komplexe Verbände, wie z. B. Lebewesen, bilden.
Diese bekannte Materie macht nach Meinung der meisten Physiker nur einen
kleinen Teil der Gesamtmaterie des Universums aus. Der größte Teil der Materie
(=dunkle Energie und dunkle Materie) ist gar nicht direkt beobachtbar, sondern
verrät sich nur durch bestimmte Wirkungen, wie z. B. durch Anziehungskräfte
(Schwerkraft, Gravitation).
Die Beziehungen zwischen den Grundbausteinen der Welt Wechselwirkungen Kräfte
Energieübertragungen
Informationsübertragungen
Alles, was im bekannten Universum geschah und geschieht, beruht (soweit
wir heute wissen) auf dem Wirken der folgenden vier Wechselwirkungen (Kräfte).
(Physiker halten allerdings weitere Kräfte für möglich und gehen andererseits
davon aus, dass unter den Bedingungen des Urknalls alle Kräfte zu einer
vereinigt sind [Details s. u.]).
Kräfte Überträgerteilchen
(= Bosonen)
1
Elektromagnetische Wechselwirkung Photonen
2
Schwerkraft oder Gravitation Gravitonen
(hypothetisch)
3
Starke Wechselwirkung Gluonen (Mesonen)
4
Schwache Wechselwirkung W- und Z-Bosonen
Die Erscheinungen, die jede Art von oben genannten Prozessen vermitteln
und bewirken, nennt man, wenn man sie als Teilchen auffasst, Bosonen. Man kann
sie aber auch als Wellen auffassen.
Die bekanntesten dieser kräfteübertragenden Teilchen sind die Photonen,
die kleinsten Energiepakete der elektromagnetischen Wellen, wie z. B. des
Lichtes. Üblicherweise nennt man diese Erscheinungen auch Energie oder
Strahlung und unterscheidet sie von Materie bzw. Masse, obwohl Einstein gezeigt
hat, dass beide ineinander überführbar sind. Die Formel E = m x c2 verdeutlicht
dies und dass man alles, auch die Masse, als Energie auffassen kann (muss).
Außerdem ist jede Energie (jeder Körper) mit etwas Geistigem verbunden
(gekoppelt), dass Platon „Idee“, Aristoteles „Form“ und moderne Physiker
„Information“ nannten oder nennen.
Das Wesen allen Geschehens -auch in Lebewesen- ist die Veränderung des Bewegungsverhaltens
(Beschleunigung) von physikalischen Systemen (Körper, Teilchen). Das Wesen der
Beschleunigung liegt –vereinfacht gesagt- in der Beobachtung gekrümmter
Weltlinien während das menschliche Bewusstsein aus der Vergangenheit in die
Zukunft gleitet. Diese Behauptung wird im Kapitel 11 erläutert und bewiesen.
1 Die elektromagnetische Wechselwirkung
Die elektromagnetische Wechselwirkung verdankt ihren Namen der Tatsache,
dass Elektrizität und Magnetismus an ihr beteiligt sind. Sie wird von
elektromagnetischen Wellen, bzw. Photonen übertragen. Diese Wellen entstehen,
wenn Materieteilchen pendelartig hin und her schwingen (harmonische
Schwingung). Zu den elektromagnetischen Wellen gehören u. a. Radiowellen,
Wärmestrahlen, Licht, ultraviolettes Licht, Röntgenstrahlen und radioaktive
Strahlen. Diese Reihenfolge entspricht dem zunehmenden Energiegehalt der
verschiedenen Wellentypen und der zugehörigen schwingenden Materieteilchen.
Radiowellen sind also besonders energiearm, radioaktive Strahlen besonders
energiereich. Energiereiche Wellen haben hohe Frequenzen und niedrige
Wellenlängen, energiearme Wellen haben niedrige Frequenzen und hohe
Wellenlängen. Welcher Wellentyp entsteht, hängt davon ab, welche Teilchen
schwingen. Wärmestrahlen z. B. entstehen, wenn Atome und Moleküle schwingen,
Lichtwellen entstehen, wenn Elektronen schwingen und radioaktive Strahlen
entstehen, wenn Atomkerne bzw. deren Bestandteile schwingen.
Fast alle chemischen- und die meisten Lebensprozesse beruhen auf
elektromagnetischen Kräften. Elektromagnetische Kräfte sind bekannt als
Anziehungskraft zwischen Elektronen und Protonen und als Abstoßungskraft
zwischen gleichgeladenen Teilchen, wie z. B. zwei Protonen oder zwei Elektronen
oder zwischen gleichgeladenen Ionen. Die (scheinbare!) Bewegung des Elektrons
zum Proton kommt durch den ständigen (scheinbaren!) Austausch von Photonen
zwischen Elektron und Proton zustande. Wir betonen noch einmal ausdrücklich:
Alle Denkprozesse, alle Gefühle, jede Muskelbewegung, jede Drüsentätigkeit,
jedes Verhalten, jegliche Wahrnehmung beruht fast ausschließlich darauf, dass
sich irgendwelche elektrisch geladenen Teilchen durch Austausch von Photonen
anziehen oder abstoßen. Da alle Lebewesen im Gravitationsfeld der Erde
entstanden sind und fast alle dort leben, hat natürlich auch die
Gravitationskraft eine gewisse Bedeutung. Sie trägt z. B. zur Bildung von
Wachstumshormonen bei, die wiederum das Knochenwachstum steuern. Astronauten
verlieren im Weltall allmählich ihre Knochensubstanz, weil die
Gravitationskraft (und dadurch genügend Wachstumshormon) fehlt. Pflanzenwurzeln
wachsen zum Erdmittelpunkt und ihre Sprosse vom Erdmittelpunkt weg. In beiden
Fällen hilft die Gravitationskraft die richtige Richtung zu finden.
Alle elektromagnetischen
Energieübertragungen beruhen auf dem Austausch von Photonen. Das gleiche Prinzip
(Austausch von Bosonen) liegt (vielleicht) allen vier Wechselwirkungen
zugrunde. Bei der Gravitation ist dieser Austausch allerdings noch nicht
bewiesen. Bei all diesen Energieübertragungen beeinflussen sich immer
mindestens zwei Systeme wechselseitig, weshalb die treffende Bezeichnung
Wechselwirkung gewählt worden ist. Man kann das eigentliche Wesen aller
Energieübertragungen als Übertragung von Information auffassen. Deshalb ist der
Informationsbegriff zu Recht in den Mittelpunkt physikalischer und wissenschaftstheoretischer
Weltbilder gerückt worden. Die allgemeine Bedeutung des Energie- und des
Informationsbegriffs kann man nur verstehen, wenn man das Wesen von Zeit,
Bewegung und insbesondere den Begriff „Weltlinie“ verstanden hat. (Anmerkung
des Autors: Dies alles wird in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ erläutert.).
In der Physik ist es üblich, bei der Beschreibung von
Energieübertragungen den Begriff des Kraftfeldes zu verwenden. Dieser Begriff
ist abstrakt und schwierig. Wir wollen deshalb kurz auf ihn eingehen:
Übliche Energiequellen senden wellenartig in alle Richtungen Bosonen
aus, eine Glühbirne z. B. Photonen. Wie oben angedeutet, kann man diese
Photonen ebenso gut als Wellen auffassen. Die Summe aller Wellen bzw. Photonen
oder Bosonen, die von einer Glühbirne, der Erde, einem Magneten usw. ausgehen,
bilden ein System, das man als Kraftfeld (Energiefeld) bezeichnet. Es entstehen
z. B. Magnetfelder, Gravitationsfelder und elektrische Felder. Ihr Wesen liegt
in Veränderungen in ihrer Umgebung (in der Raumzeit). Abstrakt ausgedrückt
beruht die Bildung eines Kraftfeldes darauf, dass eine Energiequelle um sich
herum den Raum (eigentlich die Raumzeit) so verändert, dass alle oder einige
Materieteilchentypen bewegt werden (können). (Eigentlich werden die Krümmungen
der Weltlinien dieser Materieteilchen geändert.).
Anschaulich wird solch ein Feld, wenn man z. B. die Anordnung von
Eisenfeilspänen auf einem Blatt Papier in einem Magnetfeld betrachtet.
Ebenfalls leicht vorstellbar ist ein Gravitationsfeld. Es ist ohne
Bosonen denkbar und es ist eine vierdimensionale Grube in der Raumzeit, die
einer dreidimensionalen Grube im Raum (z. B. einem Gummituch, in dem eine
Bleikugel liegt) entspricht. Diese Art der modellhaften Betrachtung entspricht
der Auffassung Einsteins, nach der jede Masse die Raumzeit so krümmt, dass
Körper sich dem Gefälle folgend auf die jeweilige Masse zu bewegen.
Da wir die Informationsübertragung für das ideelle Wesen aller
Wechselwirkungen und Energieübertragungen halten, fassen wir auch das Wesen des
Lebens als ein besonders komplexes vierdimensionales Netzwerk von Energie- und
Informationsübertragungen auf. Im Mittelpunkt dieses Netzwerks steht seine
Selbststeuerung durch DNA, Gehirne usw.
Die wichtigsten
elektromagnetischen Phänomene
Der elektrische Strom
Wenn irgendwelche elektrisch geladenen Teilchen (s. u.) sich bewegen,
spricht man von elektrischem Strom. In der menschlichen Welt, z. B. in
Kupferdrähten, sind diese geladenen Teilchen meistens Elektronen. Es können
aber auch Protonen oder Ionen bewegt werden (ein Proton kann man auch als
Wasserstoffion bezeichnen). Elektrische Ladungen haben immer ein elektrisches
Feld um sich herum. Nur wenn sie sich bewegen, bilden sie auch magnetische
Felder. Bei hin und her schwingenden Teilchen, nimmt die Stärke ihres
magnetischen Feldes ab, wenn sie sich dem Wendepunkt nähern, da sie dabei
langsamer werden. Wenn sie sich vom Wendepunkt entfernen, also während der
Beschleunigung, nimmt die Stärke zu. Bezüglich des elektrischen Feldes verhält
es sich umgekehrt. Durch diese schwingenden Wechsel der Feldstärken kommen die
elektromagnetischen Wellen zustande.
Die bekannteste elektrische Erscheinung ist der Strom, den Menschen aus
Steckdosen beziehen. Hier handelt es sich um bewegte Elektronen. Jeder weiß,
dass zumindest in europäischen Steckdosen ein Wechselstrom von 220-230 Volt
fließt. Was aber ist Wechselstrom und was Gleichstrom? Beim Gleichstrom wandern
Elektronen wirklich aus der Steckdose durch die Glühbirne zurück in die
Steckdose zum Elektrizitätswerk und wieder in eine Steckdose. Beim Wechselstrom
zittern die Elektronen nur innerhalb des elektrischen Leiters hin und her.
Beide Bewegungen sind jedoch gut geeignet, um Strom in Bewegungsenergie (in
Motoren) oder Licht (in Lampen) usw. umzuwandeln. Beim üblichen Wechselstrom
zittern die Elektronen mit einer Frequenz von 50 Hz (= 50 Schwingungen pro
Sekunde) hin und her.
Jetzt wollen wir noch die wichtigsten Begriffe der Elektrizitätslehre
klären: Es sind Spannung –gemessen in Volt, Widerstand –gemessen in Ohm und
Stromstärke -in Ampere. Am einfachsten verständlich werden diese Messgrößen,
wenn man das Fließen des elektrischen Stromes mit dem Fließen eines
Wasserstromes vergleicht: Die Spannung ist so etwas, wie das Vermögen („der
Wunsch“) des Stromes, zu fließen. Dies entspricht dem Wasserdruck. Der
elektrische Widerstand entspricht dem Widerstand, den z. B. enge Rohre dem
fließenden Wasser entgegensetzen. Dünne elektrische Leiter entsprechen dünnen
Wasserrohren. Die Stromstärke zeigt an, wie viele Elektronen (geladene
Teilchen) pro Zeiteinheit durch den Querschnitt eines elektrischen Leiters
fließen. Dies entspricht der Wassermenge, die entsprechend z. B. durch ein Rohr
fließt.
Elektrischer Strom kennzeichnet auch das Leben. Die meisten Zellen
verteilen innerhalb und außerhalb der Zellmembran geladene Teilchen (Ionen) so,
dass elektrische Spannungen entstehen. Diese Spannungen können z. B. zum
Transport von Informationen genutzt werden. Dies geschieht z. B. und ganz
besonders zwischen allen Gehirnzellen (Nervenzellen). Alle elektrischen
Bedingungen in Lebewesen können durch elektrische Felder
(Hochspannungsleitungen, Elektrosmog) negativ beeinflusst werden.
Wärme
Es gibt zwei Formen von Wärme. Die erste Form, die Wärmestrahlung
(Infrarotstrahlung, Mikrowellen), haben wir oben (unter „elektromagnetische
Wellen“) schon kennen gelernt. Die zweite Form ist die Entstehungsursache der
Wärmestrahlung, die Bewegung (Schwingung) von Teilchen, wie Atomen und
Molekülen. Diese Teilchen bewegen sich i. d. R. in Gasen und Flüssigkeiten
kunterbunt hin und her. In Festkörpern vibrieren sie i. d. R. an weitgehend
festen Orten. Die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der sich die Teilchen
eines Körpers bewegen, nennen Menschen Temperatur. Sie wird heute in der
Wissenschaft in Kelvin gemessen. Die Kelvin-Temperatur-Skala ist sinnvoller
Weise so festgelegt, dass eine Temperatur von Null Kelvin dem Stillstand der
Moleküle entspricht. Dies entspricht zirka -273°C. Celsius hatte als Nullpunkt
seiner Skala den Gefrierpunkt des Wassers gewählt, eine weniger objektive
Festlegung, die deshalb in der Wissenschaft weitgehend abgeschafft wurde.
Die Temperatur wird häufig fälschlicherweise mit der Wärmeenergie oder
Wärmemenge gleichgesetzt, weil diese, wenn sich sonst nichts ändert, mit
zunehmender Temperatur ebenfalls zunimmt. Die Wärmemenge ist aber als der
Wärmeenergiegehalt eines Systems definiert. Die Wärmeenergie entspricht
-vereinfacht gesagt- der Fähigkeit der Atome (Moleküle) eines Körpers, das
Bewegungsverhalten anderer Atome (Moleküle) zu verändern. Diese hängt auch von
der Masse des Wärme abgebenden Systems ab. Vereinfacht kann man sagen, ein
System hat umso mehr Wärmeenergie, je mehr Atome (Fermionen) es enthält und je
schneller diese sich bewegen. Die Zahl der Atome (Moleküle) lässt sich oft
schwer ermitteln. Deshalb wählt man stattdessen gern die Masse eines Körpers,
wenn man seinen Energiegehalt und Energieübertragungen bestimmen will. Die
Masse (eines Körpers) bietet den großen Vorteil, dass man sie auf der Erde
leicht indirekt bestimmen kann, indem man das Gewicht dieses Körpers bestimmt
(s. u.). Masse und Gewicht steigen (vereinfacht gesagt) i. d. R. proportional
zur Zahl der Teilchen, die ein Körper enthält. Das Gewicht ist die Kraft, mit
der ein Körper wie die Erde einen anderen Körper anzieht. Es ist also etwas
völlig anderes als die Masse. Dennoch sprechen Menschen i. d. R. vom Gewicht
eines Körpers, wenn sie seine Masse (Materialmenge) meinen (Genaueres s. u.).
Wärmeenergie wurde früher in Kalorien, heute in Joule gemessen. Man
misst die Wärmemenge, indem man feststellt, um welchen Betrag (Grad Kelvin)
eine Energiequelle die Temperatur der Masse (Gramm) eines Körpers (z. B.
Wasser) erhöht. Etwas vereinfacht ist (war) 1kcal die Wärmemenge, die ein Körper
auf einen Liter Wasser überträgt, wenn
er die Temperatur dieses Wasser um ein Grad Celsius erhöht. Noch einfacher:
Eine kcal macht 1 Liter Wasser um 1°C wärmer. Wärme ist ein physikalische
Phänomen, das für das Leben –insbesondere für Menschen und deren Lebensqualität-
erhebliche Bedeutung hat. Deshalb widmen wir uns ein wenig der Bedeutung von
Wärme im (Alltags)leben:
Besonders interessant sind Wärmeübertragungen. Dazu gibt es
grundsätzlich zwei Möglichkeiten: erstens durch Strahlung und zweitens durch direkten
Kontakt zwischen bewegten Teilchen. Wenn zwei Körper unterschiedlicher
Temperaturen nebeneinander liegen, sendet der heißere Wärmestrahlung aus, die
die Moleküle des kälteren Körpers in schnellere Bewegung bringen. Bei direktem
Kontakt zwischen den Molekülen (Atomen) bremsen langsame Moleküle schnelle,
während schnelle langsame beschleunigen. Wenn Wärme durch direkten Kontakt
zwischen Festkörpern übertragen wird, spricht man von Wärmeleitung, bei
Flüssigkeiten und Gasen von Strömung oder Konvektion.
Wärmeübertragungen sind für das Leben besonders wichtig. Lebewesen
können nur in bestimmten Temperaturbereichen überleben. Deshalb haben sie gute
Wahrnehmungsmöglichkeiten für Wärmeübertragungen entwickelt. Dabei
interessieren sie sich -dank ihres klugen Erbgutes- weniger für Temperaturen,
als für die Geschwindigkeit der Wärmeaufnahme und -abgabe. Wenn eine
menschliche Hand eine zwanzig Grad warme Tischplatte aus Marmor berührt, melden
Wärmerezeptoren (=Sinneszellen) in der Hand eine Kälteempfindung an das Gehirn.
Wenn dieselbe Hand zwanzig Grad warme Luft berührt, melden sie i. d. R. nichts.
Warum? Die Tischplatte entzieht der Hand trotz gleicher Temperatur viel
schneller Wärme als die Luft. Wie kommt das? Nun ganz einfach: Wie schnell
Wärme übertragen wird, hängt nicht nur vom Temperaturunterschied zwischen zwei
Körpern ab, sondern vor allem von der Zahl der Atome (Moleküle), die sich
berühren, bzw. von der Zahl der Photonen (=Strahlungsmenge), die übertragen
werden. Das wiederum hängt von der Oberflächenbeschaffenheit und von der Dichte
der beteiligten Körper ab. Je dichter das Material ist, das z. B. eine
menschliche Hand berührt, desto schneller wird Wärmeenergie von der Hand auf
den Körper (oder umgekehrt) übertragen. Neunzig Grad in einer Sauna (Luft)
lassen viele Menschen sich gerne eine Zeit lang gefallen, neunzig Grad in einer
Badewanne sind -außer bei Kannibalen, die beim Füllen der Wanne „well done“ (zu
Deutsch: wähl dann!“) rufen - nicht einmal medium beliebt. Die Gleichwertigkeit
von Strahlung und direkter Hitzewirkung wird von antirassistischen und
narzisstischen verschlafenen Indianerliebhabern auch immer wieder unter
Solarien (Rangordnungsgrillomaten) bewiesen. Leider haben Menschen zwar für
Wärmestrahlung direkte Wahrnehmungsmöglichkeiten (Sinneszellen), nicht aber für
die viel gefährlichere (energiereichere) UV-, Röntgen-, radioaktive-, und Höhenstrahlung. Deshalb können Asitoaster,
geplatzte Atomkraftwerke, krankhaftes Sonnenbaden usw. sehr erfolgreich ihre
manchmal tödlichen Wirkungen verbreiten. Diese energiereichen Strahlungen
begnügen sich nicht damit, Moleküle in schnellere Bewegungen zu versetzen. Sie
können Moleküle zerstören und/oder so verändern, dass Zellen sterben
(Sonnenbrand usw.) oder Krebsgeschwülste entstehen können.
Als nächstes wollen wir den Begriff „gefühlte Kälte“ oder „gefühlte
Temperatur“ klären. Oft hört man z. B.
im Wetterbericht, dass am nächsten Tag das Thermometer zehn Grad+ anzeigen
wird, die gefühlte Temperatur jedoch nur
5 Grad+ betragen wird. Wie ist so etwas möglich? Wieder ganz einfach:
Was der Mensch fühlt, ist sinnvoller Weise wieder die Geschwindigkeit, mit der
die Haut auskühlt. Diese hängt zum Beispiel davon ab, wie stark sich die Luft
bewegt und wie viel Wasserdampf sie enthält. Wassermoleküle entziehen der Haut
-besonders, wenn sie sich auf die Haut legen- schneller Wärme als Stickstoff-
oder Sauerstoffmoleküle. Wieso spielt aber auch Luftbewegung (Wind) eine Rolle?
Um jeden warmen Körper herum werden kältere Luftmoleküle, die ihn direkt
umgeben, erwärmt. Diese Moleküle bewegen sich relativ schnell, verlangsamen
also die Bewegung der Moleküle in der menschlichen Haut relativ wenig. Werden
sie aber ständig weggeblasen und dadurch durch andere, kältere (langsamere)
ersetzt, so entziehen sie dem Körper schneller Wärme. Diese Erscheinung ist
auch der Grund, aus dem die Suppe auf einem Löffel schneller abkühlt, wenn man
auf die Suppe bläst.
Das gerade Gesagte erklärt auch das Prinzip der Wärmeisolation.
Isolationsmaterialien sind Stoffe, die relativ wenige Atome (Moleküle) pro
Raumeinheit (z. B. Kubikmeter oder Liter) enthalten. Außerdem spielt natürlich
auch das Material wieder eine Rolle. Besonders geeignet ist gar kein Material,
ein Vakuum. Warum verliert aber ein Körper auch dann Wärme, wenn er von einem
Vakuum (z. B. zwischen zwei Fensterglasscheiben) umgeben ist? Das hatten wir
oben schon angesprochen: Einen Teil der Wärme, die abgegeben wird, verliert ein
Körper durch Strahlung. Die Wärmestrahlung kann ein Vakuum viel leichter
passieren als Luft, Styropor, Wolken usw. Deshalb kühlt die Erde –in
wolkenlosen Nächten besonders deutlich- ab. Sie strahlt Wärme in den Weltraum
ab.
Wärmestrahlung gibt es natürlich auch wieder in verschiedenen Frequenzen
und Wellenlängen.
Für das menschliche Alltagsleben besonders interessant sind
Wärmestrahlen mit Wellenlängen, die vor allem Wassermoleküle in Schwingungen
(Bewegung) versetzen können. Diese Wärmestrahlen nutzt man in
Mikrowellenherden, um nur die wasserhaltige Nahrung zu erhitzen, nicht aber z.
B. Luft und Gefäße, in denen sich die Nahrung befindet. Unter anderem deshalb
ist das Erwärmen von Nahrungsmitteln in der Mikrowelle preisgünstiger als auf
dem Elektroherd. Dies gilt allerdings nur bei kleinen Mengen.
2. Die Gravitation
Jede Materie zieht jede andere Materie -vielleicht durch Austausch von
Gravitonen- (scheinbar) an. Dieser Kraft, bzw. (Schein)bewegung, liegt nach
Einstein eine Krümmung der Raumzeit (=Raumzeitkontinuum = vierdimensionale Welt
s. u.) zugrunde. Man versuche, sich vorzustellen, dass an einer Stelle, an der
sich z. B. ein Stern befindet, eine Grube im Raum, bzw. besser in der Raumzeit,
entsteht, in die alle Materie, z. B. Planeten, hineinrollen (könnten). Die
Krümmungen solcher Gruben sind, wie jede vierdimensionale Struktur, für
Menschen nicht vorstellbar. Sie werden aber durch zwei- bzw. dreidimensionale
Modelle anschaulich. Eine vorstellbare modellhaft entsprechende
zweidimensionale Grube entsteht, wenn man einen schweren Gegenstand auf ein
gespanntes Gummituch legt.
Mit Hilfe der Gravitation (eigentlich durch Gravitationsunterschiede)
lassen sich vierdimensionale Körper zeitlich (scheinbar?) strecken. Wenn man
zwei Körper in verschieden starke Schwerefelder bringt, ist, wenn man sie
wieder zusammenbringt, der im stärkeren Feld weniger gealtert als der im
schwächeren Feld. Das Gleiche lässt sich auch erreichen, wenn man einen Körper
stärker beschleunigt als den anderen. Deshalb sind nach Einstein Beschleunigung
und Schwerkraft äquivalent, d. h., auf eine unten näher erläuterte Art
wesensgleich. Mit all diesen Problemen beschäftigt sich die
Relativitätstheorie. Einige Probleme (die diese Theorie aufwirft) und ihre
Lösungen werden unten und in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ genauer
besprochen. Diese Lösungen sind sehr spannend und interessant, aber für die
Bewältigung des Lebensalltags der Menschen fast ohne unmittelbare Bedeutung.
Gewicht
In der Alltagssprache bezeichnen Menschen die Gravitationskraft als
Gewicht. Es wurde früher in Kilopond, heute in Newton, gemessen. Das Gewicht
ist eine Kraft, die fälschlicherweise oft mit der Masse verwechselt und
gleichgesetzt wird. Wer ein Kilo Tomaten kauft, interessiert sich primär für
die Masse (Menge an Material [Vitaminen, Zucker, Ballaststoffen,
Geschmacksstoffen usw.]), die in den Tomaten steckt, nicht für
Gravitationskräfte. Zum Ermitteln der Masse wird jedoch in der Regel aus
praktischen Gründen das Gewicht bestimmt. Auf der Erdoberfläche hängen Gewicht
und Masse sehr eindeutig voneinander ab. Dennoch ist der übliche Ausspruch:
„Die Tomaten haben ein Gewicht von 1kg“ dem Ausdruck: „Dirk Nowitzki ist über 2
Zentner groß“ völlig gleichwertig. Die Kraft, mit der die Tomaten zum
Erdmittelpunkt gezogen werden, interessiert den Käufer allenfalls, wenn er sie
zu Fuß nach Hause schleppen muss. Ähnlich wenig interessiert die meisten Käufer
leider auch, wie viel Wasser, Pestizide und manipulierte Frischscheingene zu
Gewicht und Masse der Tomaten beitragen.
Masse
Masse misst man in Gramm. Was Masse ist, hat bisher kein Mensch wirklich
verstanden. Wir müssen uns also mit Definitionsversuchen begnügen. Physiker
unterscheiden zwischen träger Masse, Ruhemasse und schwerer Masse.
Die träge Masse ist vor allem dadurch charakterisiert, dass sie der
Veränderung der Geschwindigkeit eines Körpers Widerstand entgegensetzt
(Trägheit).
Der Begriff Ruhemasse entspricht in etwa der Menge an Material, die ein
Körper enthält. Diese Menge hängt von der Zahl und Größe (eigentlich Masse)
ihrer Bestandteile, z. B. der Atomkerne, ab. In der Alltagswelt der Menschen
steigt das Gewicht eines Körpers exakt mit steigender Masse. Deshalb kommt es
zu der oben erwähnten Gleichsetzung. Weit weg von Himmelskörpern haben aber
bekanntlich alle Körper, gleichgültig welcher Masse, fast kein Gewicht.
In Gravitationsfeldern erlangen Körper eine weitere Eigenschaft, die
schwere Masse genannt wird. Diese Eigenschaft wird Menschen vor allem dadurch
deutlich und erkennbar, dass alle Körper sich gegenseitig anziehen. Sie nennen
diese Erscheinung Gravitation, z. B. Erdanziehungskraft.
Masse kann und sollte darüber hinaus auch als eine Form von Energie
aufgefasst werden. Wenn zwei Körper aufeinander treffen, verändern sie
wechselseitig ihre Geschwindigkeit. Das eigentliche Wesen dieser
Geschwindigkeitsänderungen ist die Krümmung oder Begradigung der Weltlinien,
die diese Körper bilden. Eine (materielle) Weltlinie ist ein Körper
einschließlich aller Körper, die er in Vergangenheit und Zukunft gebildet hat,
und damit das eigentliche vierdimensionale Wesen eines Körpers (s. u.). Die
Energie, die in zwei (oder mehr) Körpern, die aufeinander treffen, steckt,
hängt hauptsächlich von ihren Geschwindigkeiten und ihren Ruhemassen
(Materialmengen) ab. Bei jedem Zusammentreffen wird ein Teil der Energie in
Strahlung (=Bosonen) umgewandelt. Die meisten emittierten (ausgesandten)
Strahlen sind elektromagnetische Wellen, z. B. Wärmestrahlen, Licht,
Röntgenstrahlen usw., also Photonen. Je höher die Geschwindigkeit ist, mit der
Körper aufeinander treffen, desto mehr und energiereichere Bosonen entstehen.
Am meisten entstehen, wenn Materie und Antimaterie aufeinander treffen.
Antimaterie ist gegenüber üblicher Materie bzgl. Raum, Zeit und Ladung
gespiegelt. Tatsächlich machen extrem hohe Geschwindigkeiten einen Teil des
Wesens der Antimaterie aus. Umgekehrt kann, wenn reine energiereiche Bosonen
(z. B. Gammastrahlen) aufeinandertreffen, aus diesen Materie entstehen. (zur Antimaterie
s. daswesenderzeit.de)
3. Die starke Wechselwirkung hält z. B. die Quarks in
einem Proton zusammen. Sie ist weitgehend mit der so genannten Atomenergie
identisch. Lebewesen haben mit der starken Wechselwirkung unmittelbar wenig zu
tun. Trotzdem hat sie für das Leben große Bedeutung. Fast die gesamte Energie,
die Lebewesen auf der Erde nutzen, stammt aus der Lichtenergie der Sonne. Diese
Energie wird ja bekanntlich von Pflanzen mittels Fotosynthese (siehe unten)
genutzt und in Form energiereicher Substanzen (Nährstoffe) an Pflanzenfresser
usw. weitergegeben. Die Strahlung, die die meisten Sterne (nicht nur die Sonne)
aussenden, wird bei Prozessen (Kernfusion, Kernverschmelzung) gebildet, bei
denen die starke Wechselwirkung eine wichtige Rolle spielt. In der Sonne
verschmelzen bestimmte Wasserstoffatome zu Helium. Dabei wird unvorstellbar
viel mehr Energie frei als z. B. bei Verbrennungen auf der Erde. Menschen sind
deshalb dabei, auf der Erde Verfahren zu entwickeln, mit denen man
kontrollierte Kernfusionen durchführen kann. Mit solchen Verfahren ließen sich
alle Energieprobleme der Erde lösen. Allerdings bringt auch die Kernfusion
Probleme mit radioaktiven Stoffen mit sich.
In Sternen (z. B. während einer Supernova) verschmelzen auch andere
einfache Elemente zu komplexeren (schwereren) Elementen wie z. B. Kohlenstoff,
Sauerstoff usw. Da viele dieser Elemente Bestandteile des Lebens sind, gehören
Kernverschmelzungen (starke Wechselwirkung) zu den notwendigen Voraussetzungen
für das Leben.
4. Die schwache Wechselwirkung begegnet Menschen fast
nur beim radioaktiven Beta-Zerfall.
Starke und schwache Wechselwirkung sind für das menschliche Alltagsleben
u. a. deshalb weniger bedeutungsvoll, weil sie extrem kurze Reichweiten haben.
Die Reichweiten von Gravitation und elektromagnetischer Wechselwirkung sind
dagegen extrem hoch, möglicherweise unendlich.
Alle vier Wechselwirkungen vereinigen sich wahrscheinlich bei sehr hohen
Temperaturen, wie sie im Moment des Urknalls herrschten, zu nur einer
Wechselwirkung. Mit dieser Problematik befassen sich Vereinigungstheorien, die
als GUT (=great unifying therories) bekannt sind.
Die Dimensionen und die
Zeit
Menschen können drei Dimensionen, die sie Länge, Höhe und Breite nennen,
wahrnehmen. Sie bilden zusammen den dreidimensionalen Raum, den Menschen sich
auch anschaulich vorstellen und korrekt berechnen können. Mit der vierten
Dimension, die sie „Zeit“ nennen, gehen sie dagegen äußerst merkwürdig um. Die
vierte Dimension können sie weder wahrnehmen noch anschaulich vorstellen. Zu
ihr haben Menschen nur indirekten Zugang durch Bewegungsvorstellungen,
Gedächtnis und Emotionen. Um das Chaos perfekt zu machen, nennen sie auch noch
etwas ganz anderes „Zeit“, nämlich das Vergehen der Zeit, den Zeitfluss. Nun
haben ihnen aber einige ihrer größten Physiker (u. a. Einstein, Minkowski, Weyl
und Hawking) bewiesen, dass die Welt, in der sie leben, aus mindestens vier
Dimensionen, die alle vier völlig gleichwertig existieren, besteht. Dieser
Gesamtkörper aus 4 Dimensionen wird seit Einstein Raumzeitkontinuum (abgekürzt
„Raumzeit“) genannt, weil alle vier Dimensionen gleichberechtigt und verbunden
dieses zusammengehörige Ganze bilden. Trotzdem verhalten sich fast alle, auch
die meisten Physiker, so als existiere von der vierten Dimension immer nur die
jeweilige Gegenwart. Da die vierte Dimension allen anderen völlig gleichwertig
ist, muss sie jedoch auch die (wichtigsten) Eigenschaften der anderen
Dimensionen haben. Diese Eigenschaften sind: eine Längenausdehnung und
materieller Aufbau. Die vierte Dimension muss also aus existierendem Material
bestehen. Nun kann wie gesagt niemand sich eine vierte Dimension senkrecht auf
den drei Raumdimensionen anschaulich vorstellen. Dennoch kennen wir alle die
Längenausdehnung und das Material der vierten Dimension (Zeit). Es ist das, was
alle Körper im Universum einmal waren, sind und sein werden. Sie bilden eine
Serie von dreidimensionalen Körpern (Weltpunkten, Kopien, Elementen, nows)
durch die Zeit. Diese Serie wird von einigen Physikern als Zeitwurm, Spagetti,
Schlange oder Weltlinie bezeichnet. Hier gibt es jedoch zwei unterschiedliche
Auffassungen: Die Einen (und Meisten) verstehen unter der Weltlinie eine
ideelle Verbindungslinie zwischen den Punkten in der Raumzeit, an denen ein
bewegter Körper sich zu verschiedenen Zeitpunkten befindet. Andere verstehen
darunter eine materielle Serie von Körpern. Wir gehen davon aus, dass letztere
Recht haben. Daraus folgt, dass alles, was jemals war, ist und sein wird,
einfach da ist. Diese Aussage ist identisch mit der Aussage: „Die Welt ist ein
Raumzeitkontinuum.“ Anders ausgedrückt: die Aussagen: „Die Welt ist ein
Raumzeitkontinuum“ und: „Vergangenes und Zukünftiges existieren nicht.“ sind
nicht vereinbar. Wir wollen diese Problematik durch einen Vergleich
verdeutlichen: Stellen wir uns vor, die zu verstehende Welt sei die Erdkugel.
Die Wissenschaftler, die diese Erde untersuchen, können sich aber nur Flächen
vorstellen, keine dreidimensionalen Räume. Wenn sie nun mit Hilfe ihrer
zweidimensionalen Vorstellungen und Methoden die dreidimensionale Erdkugel zu
verstehen versuchen, gehen sie genauso vor, wie wir, wenn wir mit dreidimensionalen
Vorstellungen die vierdimensionale Welt zu verstehen versuchen. Das Verständnis
einiger Querschnitte durch die Erdkugel kann das Verständnis der gesamten
dreidimensionalen Kugel nicht liefern oder ersetzen.
Wenn die vergangene und zukünftige Welt einfach nur existiert, kann auch
der Zeitfluss nicht das sein, was wir uns üblicherweise darunter vorstellen.
Auch die üblichen Vorstellungen zu bewegten Körpern müssen korrigiert werden.
Gehen wir kurz auf diese Problematik ein: Menschen können von ihrer
vierdimensionalen Welt immer nur dreidimensionale Gegenwartsausschnitte sehen.
Sie sehen aber nicht immer denselben Ausschnitt, sondern, aus der Vergangenheit
in die Zukunft wandernd, einen Ausschnitt nach dem anderen. Dieses Gleiten
ihres Bewusstseins nennen sie Zeitfluss und halten es (fälschlicherweise?) für
eine objektive physikalische Tatsache. Wenn sie dabei sich selbst (ihre eigene
Weltlinie) betrachten, nennen sie ihre entsprechenden Beobachtungen „Altern“.
Auch hier macht ein Vergleich die Problematik noch deutlicher: Wir wählen als
Modell für unsere eigene Weltlinie statt eines (Zeit)Wurmes eine brennende
Wunderkerze. In diesem Modell entspricht der aufwärts wandernde Funke unserer
üblichen Vorstellungen von uns selbst. Stellen wir uns zwei brennende
Wunderkerzen vor, die miteinander einen Winkel von beispielsweise 45 Grad
bilden. Wenn die beiden Funken (menschliche Beobachter) sich gegenseitig
beobachten, stellen sie fest, dass der jeweils andere Funke sich zu entfernen
scheint. Das Wesen der Bewegungen liegt daher in der wechselseitigen
Beobachtung von zeitgleitenden Weltpunkten auf nicht parallelen Weltlinien.
Das Wandern des menschlichen Bewusstseins durch die Raumzeit nennen wir
Zeitgleiten. Es ist der Grund für das Erleben des Zeitflusses und jeder
Bewegung. Dabei gleitet nicht nur das Bewusstsein, sondern die gesamte
menschliche dreidimensionale Wahrnehmungswelt. Man kann sich dieses Geschehen
gut klar machen, wenn man es mit dreidimensionalen Modellen vergleicht. Es
entspricht dem Gleiten einer Fläche (=zweidimensionaler Körper) durch einen
dreidimensionalen Körper. Wenn z. B. die Wasseroberfläche eines Stausees an
einer Baumkrone aufsteigt, geschieht prinzipiell das Gleiche, wie wenn die
menschliche Wahrnehmungswelt durch die Raumzeit gleitet. Dabei entsprechen das
Wasser der Vergangenheit, der Wasserspiegel der Gegenwart, die Luft über dem
Wasser der Zukunft und die Berührungsstellen von Wasserspiegel und Ästen der
menschlichen Wahrnehmungswelt. Fassen wir diese neuen Gedanken zwecks besserer
Verständlichkeit noch einmal zusammen:
Menschliche Gehirne sind so gebaut, dass sie glauben, durch die Zeit
(eigentlich Raumzeit) zu gleiten. Das physikalische Wesen der vierten Dimension
ist eine rein statische Ausdehnung, die der Länge, Höhe und Breite völlig
gleichwertig ist. Alle Dimensionen stehen senkrecht aufeinander, verändern sich
nicht und müssen mit dem gleichen Maß, nämlich Meter, gemessen werden. Die vier
Dimensionen bilden einen für Menschen unvorstellbaren aber berechenbaren
vierdimensionalen Körper (Raumzeit), in dem die vier Dimensionen ebenso
gleichwertig und zusammenhängend sind, wie die drei Dimensionen eines
dreidimensionalen Körpers. Deshalb nannte Einstein dieses System
Raumzeitkontinuum.
Um das Wesen der Zeit zu verstehen, müssen wir uns darüber klar werden,
dass die unter Menschen übliche Definition für Zeit mit dieser statischen
Vorstellung der vierten Dimension nur wenig übereinstimmt. Menschen haben neben
diesem statischen Zeitbegriff noch einen zweiten, den Zeitfluss. Weil sie
zwischen diesen Zeitbegriffen nicht korrekt unterscheiden, haben fast alle
bisher das Wesen der Zeit und der Bewegung nicht richtig verstanden. Ihr
zweiter Zeitbegriff ist charakterisiert durch die unvermeidliche Veränderung,
also den Ablauf oder das Vergehen von Zeit. Dies entspricht weitgehend der
Tatsache, dass Menschen so konzipiert sind, dass sie aus der Vergangenheit in
die Zukunft durch die Raumzeit zu gleiten glauben. Dieses Gleiten durch die
Raumzeit (Zeitgleiten) ist ein wahrscheinlich (z. T.?) subjektives
selbstständiges Phänomen, das neben der vierten Dimension existiert. In diesem
Sinne wäre es daher nicht richtig, den üblichen verwaschenen, doppeldeutigen
Zeitbegriff als vierte Dimension zu bezeichnen.
Die wichtigste Voraussetzung, um das Wesen der Zeit zu verstehen, ist,
klar zwischen den zwei Zeittypen Zeitgleiten (oder Gleitzeit) und statischer
Zeit (=vierte Dimension) zu unterscheiden. Die wichtigste Beziehung zwischen
diesen beiden Zeittypen besteht im scheinbaren Gleiten des menschlichen
Bewusstseins durch die Raumzeit. Dieses Gleiten erfolgt mit
Lichtgeschwindigkeit. Das bedeutet, dass jeder Mensch (Gegenstand) zu jedem
Zeitpunkt von dem, was er vor einer Sekunde war, genau eine Lichtsekunde, also
300 000 Kilometer, entfernt ist. Die Sekunde ist also ein geeignetes Maß für
die Geschwindigkeit, mit der das menschliche Bewusstsein durch die Raumzeit zu
gleiten glaubt. Die Lichtsekunde ist ein Längenmaß, das für die vierte (jede)
Dimension steht und ebenso geeignet ist, wie das (der) ihr zugrunde liegende
Meter. Es wäre sinnvoll, die vierte Dimension nicht mehr mit dem Begriff „Zeit“
zu bezeichnen oder für das Vergehen der Zeit nicht mehr diesen Begriff zu
verwenden. Stattdessen könnte der Begriff Zeitgleiten eingeführt werden.
Menschen, auch viele Physiker, halten ihr subjektives Gleiten durch die
Raumzeit für eine objektive physikalische Tatsache. Dieses Gleiten (Vergehen
von Zeit) existiert aber wahrscheinlich nur dann, wenn es Subjekte, wie
Menschen und Tiere, gibt, die es erleben. Die Welt (einschließlich allem, was
war und sein wird) ist wahrscheinlich einfach da. Sie wurde nie geschaffen,
wird nie vergehen und wurde nie verändert. Sie enthält jedoch Unterschiede
(=Information =Energie). Die Vorstellung der Entstehung, des Todes und jeder
Veränderung entsteht allein im menschlichen (tierischen) Bewusstsein durch das
Zeitgleiten.
Die Nichtberücksichtigung des menschlichen Gleitens durch die Raumzeit
bei allen physikalischen Messungen ist der wichtigste Grund für die meisten
großen Probleme (für Kenner: Nichtlokalität, Welle-Teilchen-Dualität,
Quantengravitation usw.) der menschlichen Physik.
Das Wesen von Information
und Sprache (≈Informationsübertragung)
Jede Sprache kann Information speichern und transportieren. Das Wesen
der Information besteht in der Existenz von mindestens zwei Objekten, die nicht
gleich sind. Solche Objekte sind z. B. zwei verschiedenfarbige Schachfelder und
zwei verschiedene Zeichen jeder Sprache, z. B. zwei Buchstaben. Sinn bekommt
der Informationsbegriff allerdings nur dann und dadurch, dass jemand die beiden
Objekte vergleicht. So etwas können Menschen und viele Tiere (vor allem?), weil
es den Zeitfluss gibt, besser gesagt: wenn und weil sie dem Zeitgleiten
unterliegen. Der Vergleich erfolgt i. d. R. dadurch, dass im Gehirn eine Kopie
(Gedächtnis) der beobachteten Objekte angelegt und mit anderen (später)
beobachteten verglichen wird.
Die kleinste (messbare) Informationsmenge nennen Menschen ein Bit. Dies
ist die Maßeinheit für Information. Ein Bit ist die kleinste mögliche
(Energie)differenz zwischen zwei Objekten. Um z. B. entscheiden zu können, ob
eine Figur auf einem schwarzen oder weißen Feld des Schachspiels steht,
benötigt man ein Bit Information.
Das allgemeine Wesen jeder Sprache (Information) besteht aus mindestens
zwei verschiedenen Zeichen und der Reihenfolge dieser Zeichen. Information ist
in jedem Objekt (Weltpunkt, Ereignis) dieser Welt enthalten. Ein Bild enthält
z. B. viele Einzelelemente (Pixel) die einschließlich ihrer Beziehungen
zueinander z. B. in der Sprache der Computer digital (u. a. per Internet)
übertragen werden können. Sprachen bestehen aus besonders günstig übertragbaren
Symbolen, mit denen sich die Informationen, die alle Körper (Weltlinien,
Weltlinienmuster) dieser Welt enthalten, übertragen lassen. Sprachliche
Information kann als DNA-Strang, Schrift, Strichcode, Brandspuren auf CDs usw.
gespeichert werden. Die DNA benutzt 4 bzw. 64, die lateinische Schrift in
Deutschland 26 und die Computersprache 2 Zeichen. „Mundartlich“ nennt man das
„Sprechen“ der Computer „digitale Informationsverarbeitung mittels binärer
Codes“.
Die Zeichen der DNA heißen Basen oder Tripletts, die der Schrift
Buchstaben, Hieroglyphen, Runen usw. Die Zeichen der Computersprache heißen:
Strom fließt und Strom fließt nicht. Die Symbole dafür sind 1 und 0. 0 und 1
werden allerdings so zu Gruppen zusammengefasst, dass man viele Buchstaben
verschiedener menschlicher Sprachen, alle Zahlen und verschiedene andere
Zeichen codieren (umschreiben) kann. Damit dies möglich wurde, musste man
ziemlich große Gruppen bilden. Man wählte u. a. Gruppen, in denen jedes der
beiden Zeichen jeweils 8-mal vorkommt. Diese Gruppen heißen Bytes. Der
Buchstabe „A“ z. B. wird durch eine bestimmte Kombination und Reihenfolge von
8mal „Strom fließt“ und/oder „Strom fließt nicht“ geschrieben (codiert). Wir
verdeutlichen dieses Kombinieren unten noch einmal an einem anderen Beispiel.
Sprachprobleme
Jede Sprache kann in jede andere Sprache übersetzt werden. Dieser
Vorgang heißt sowohl in der Biologie wie auch in der Sprachlehre Übersetzung
oder Translation. Wenn die Zahl der Zeichen von Sprachen, die man übersetzen
will, nicht gleich ist, kann es Probleme geben. Damit man z. B. von einer
Sprache mit vielen Zeichen in eine Sprache mit wenig Zeichen übersetzen kann,
muss die Zahl der Zeichen angeglichen werden. Das kann man machen, indem man
die Zeichen der zeichenärmeren Sprache zu Gruppen zusammenfasst. So sind die 4
Basen (=Zeichen) der DNA zu Dreiergruppen zusammengefasst, damit 20
verschiedene Aminosäuren erkannt und zu Eiweißen zusammengebaut werden können
(s. u.). Beim Morsealphabet, in der Computer-Sprache usw. werden Zweier-,
Dreier-, Vierer-, Achtergruppen usw. gebildet, um für jeden Buchstaben des
Alphabets und andere Symbole ein eigenes Zeichen zu haben.
Sprachen mit wenigen Zeichen können relativ schnell erlernt werden. Sie
haben aber den Nachteil, dass sie für den Informationstransport und die
Speicherung viel Raum und Zeit benötigen. Für Sprachen mit vielen Zeichen, wie
z. B. die chinesische Schriftsprache, gilt natürlich sinngemäß das Gegenteil.
Eine mittlere Zahl von Zeichen ist daher für traditionelle menschliche
Kommunikation am ökonomischsten. Die häufigste menschliche Schriftsprache, die
lateinische, ist mit ca. 26 Zeichen nicht schlecht gewählt. Einige dieser
Zeichen sind allerdings doppelt und daher überflüssig und schädlich, denn sie
erhöhen den Lernaufwand und das Risiko von Missverständnissen, ohne
nennenswerte Vorteile zu bringen (s. u. Rechtschreibreform).
Der größte Vorteil der lateinischen Schrift ist jedoch die ursprünglich
eindeutige Zuordnung von gesprochener und geschriebener Sprache. Die
menschliche Lautsprache verändert sich aus Gründen, die im Kapitel 4 unter dem
Stichwort „Gruppenetikettierung“ besprochen sind, im Laufe der Zeit. Ein großer
Fehler der Menschheit, der den sprachlichen Lernaufwand erheblich unnötig
erhöht, ist die Tatsache, dass die Schriftsprache diesen Veränderungen der
Lautsprache schwerfällig oder gar nicht angepasst wird (Genaueres s. u. a. Kap.4).
Dies gilt leider besonders für die englische Sprache.
Das Wesen der Sprache kann nur dann restlos verstanden werden, wenn man
das Wesen der Information verstanden hat. Zum Wesen der Information siehe oben
und Kapitel 11.
Wir haben jetzt einen Blick auf das physikalische Fundament der Welt
geworfen und wollen darauf nun das chemische Fundament bauen. Dies wird die
Grundlage für das Verständnis biologischer Vorgänge sein. Auf dieser Grundlage
wiederum werden wir u. a. historische, psychische und darauf pädagogische und
soziologische Prozesse verstehen können.
Chemie
Chemische Grundlagen
Die Elementarteilchen vereinigen sich wie gesagt zu Atomen. Protonen und
Neutronen bilden den Atomkern. Die Elektronen umgeben den Kern und bilden die
so genannte Atomhülle. Im einfachsten Fall tut sich ein Elektron mit einem
Proton zu einem Wasserstoffatom zusammen. Von diesen Atomen gibt es ca. 110
verschiedene Typen (=Kombinationen aus Elektronen und Kernteilchen). Diese
Zusammenstellungen und auch Ansammlungen von Atomen des gleichen Typs (=Stoffe)
heißen chemische Elemente und werden im so genannten Periodensystem
zusammengestellt und geordnet. Sie unterscheiden sich strukturell durch die
Zahl ihrer Protonen, Elektronen und Neutronen. Das zweite Element im
Periodensystem ist Helium, ein Edelgas. Es besteht aus zwei Protonen, zwei
Elektronen und zwei Neutronen. Die nächsten Elemente heißen Lithium, Beryllium,
Bor, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Neon, Natrium usw. Bei jedem
folgenden Element werden ein Proton und ein Elektron, aber nicht immer ein
Neutron hinzugefügt.
Was das eigentliche Wesen dieser Teilchen ist, ist schwer zu sagen.
Physiker müssen sich generell in der Welt des Mikro- und Makrokosmos mit
Modellen begnügen. Die Vorstellungen unserer Alltagswelt reichen nicht aus, um
die Welten des Kleinsten und Größten anschaulich und verständlich zu machen. In
der Regel führen sie sogar zu falschen Vorstellungen. Dafür ist die übliche
Vorstellung fester Körper wahrscheinlich ein Beispiel. Sie entsteht nicht, weil
Protonen, Elektronen usw. wirklich feste, harte Körper sind, sondern durch das
Zusammenprallen von Elektronen eines Objektes mit Elektronen auf Sinneszellen
und durch die Verarbeitung dieser Information in menschlichen Gehirnen. Wir wissen,
dass Protonen und Neutronen aus je drei Quarks aufgebaut sind, aber jedes
dieser (aller) elementaren Teilchen kann man als Korpuskel (hartes Teilchen)
oder vielleicht auch besser als so etwas wie Strahlung oder ein Energiefeld
auffassen.
Die Atomhülle kann ziemlich komplex strukturiert sein. Wichtig ist, dass
die Elektronen, die ja die Atomhülle bilden, auf verschiedenen so genannten
Schalen mit der Bezeichnung K, L, M, N angeordnet sind. Diese Schalen haben
verschiedene Formen, z. B. Hantelform. Im einfachsten Falle, nämlich bei der
ersten Schale (K) ist es näherungsweise die Form einer Kugeloberfläche
(Apfelschale). Auf dieser ersten Schale können sich maximal zwei Elektronen
befinden. Auf der nächsten Schale (L) können sich maximal acht Elektronen
befinden, die hantelförmig oder wie Kugelwolken angeordnet sein können. Die
Vorstellung einer Wolke, in der der Wasserdampf an verschiedenen Stellen
verschieden dicht sein kann, ist als Modell für schnell bewegte Elektronen auf
Schalen sehr geeignet. Es ist nämlich nicht so, dass Elektronen sich wie
Planeten auf festen Bahnen bewegen. Deshalb weiß man meistens nicht, wo ein
Elektron gerade ist und schon gar nicht, wo es sein wird. Physiker können immer
nur einen wolkenähnlichen Raum angeben, in dem man das Elektron mit von Ort zu
Ort verschiedener Wahrscheinlichkeit antrifft. Auch die Vorstellung, dass das
Elektron über eine Kugeloberfläche wie über eine sehr dicke Apfelschale
verschmiert ist, ist hilfreich. Noch besser dürfte die schon angesprochene Vorstellung
eines sphärischen Energiefeldes mit unterschiedlicher Energiekonzentration
sein.
Die Neutronenanzahl der Elemente hängt auf ziemlich komplizierte Weise
von der Entstehung der Elemente und gewissen inneren Bedingungen im Atomkern ab
und muss nicht in allen Atomen eines Elementes gleich sein. Diese Problematik
muss uns hier nicht interessieren. Es genügt für unsere Zwecke, sich zu merken,
dass bei den ersten zehn Elementen die Neutronenzahl ziemlich genau der
Protonenzahl entspricht. Wichtig ist dagegen der Begriff Isotop. Chemische
Elemente können in den Atomkernen unterschiedlich viele Neutronen enthalten.
Diese verschiedenen Erscheinungsformen desselben Elements nennt man Isotope.
Meistens meint man, wenn man von Isotopen spricht, die –bezüglich der
Neutronenzahl- unüblichen Erscheinungsformen eines Elements. Isotope kann man
deshalb auch (unzulässig vereinfacht aber verständlich ausgedrückt) als
Elemente mit von der Norm abweichender Neutronenzahl bezeichnen. Die Norm
entspricht der Neutronenanzahl, die man üblicherweise auf der Erde in Elementen
findet. Sie wird im Periodensystem indirekt angegeben. Man berechnet sie, indem
man die Protonenzahl eines Elements von der Gesamtzahl seiner Nukleonen
(Teilchen im Kern) abzieht (s. u.). Die Protonenzahl entspricht der
Ordnungszahl, die Gesamtzahl der Nukleonen entspricht der Massenzahl der Atome
(s. u.).
Isotope spielen im Zusammenhang mit radioaktiven Zerfällen und
Altersbestimmungen von Fossilien usw. eine wichtige Rolle.
Neutronen verdanken ihren Namen ihrem elektrisch neutralen Verhalten.
Beim radioaktiven Zerfall verändern sich Atomkerne. Es können z. B.
Neutronen in Protonen umgewandelt, oder Kerne gespalten werden. Diese
Veränderungen beruhen auf dem Wirken der schwachen Kraft. Für diese Veränderungen
bedarf es oft sehr langer Zeiten. Die Zeit, die vergeht, bis die Hälfte der
Menge eines Stoffes zerfallen ist, nennt man Halbwertszeit. Wenn man diese Zeit
kennt, kann man das Alter von Substanzen berechnen, die radioaktive Elemente
enthalten. Man kann auch berechnen, wie lange radioaktive Stoffe, die z. B. bei
Atomversuchen und in Atomkraftwerken entstehen noch strahlen werden.
Radioaktive Materialien, bzw. deren Strahlung sind für Lebewesen sehr
gefährlich. Manche radiaktive Stoffe haben Halbwertzeiten von Jahrtausenden
oder sogar Jahrzehntausenden. Das sind Gründe, für die vielen Streitereien um
die Gefährlichkeit und Nutzung der Atomenergie.
Protonen und Elektronen verhalten sich nicht elektrisch neutral. Sie
verhalten sich vielmehr so, dass sie sich durch den Austausch von Photonen
(elektromagnetische Wechselwirkung s. o.) gegenseitig bewegen (besser: ihr
Bewegungsverhalten ändern =wechselseitig die Krümmungen ihrer Weltlinien
ändern). Elektrisch wirksame Teilchen können sich nicht nur anziehen, wie bei
den anderen Wechselwirkungen üblich, sondern auch abstoßen. Um diese
Doppelwirkung einfach beschreiben zu können, bezeichnet man Elektronen als
negativ, Protonen als positiv geladen. Gleich geladene Teilchen, z. B. zwei
Elektronen (oder Anionen s. u.) und zwei Protonen (oder Kationen s. u.), stoßen
sich ab. Ungleich geladene Teilchen, z. B. ein Elektron und ein Proton oder ein
Kation und ein Anion, ziehen sich an. So genannte normale (≃häufige) Atome und Moleküle (s. u.) sind als Ganzes nach außen elektrisch
neutral, weil sie gleich viel Elektronen wie Protonen enthalten.
Wenn die Zahlen der Elektronen und Protonen in einem Atom oder Molekül
ungleich sind, nennt man die entsprechenden Teilchen Ionen. Wenn die Zahl der
Elektronen (negativ geladene Teilchen) überwiegt, heißen sie Anionen. Wenn die
Zahl der Protonen (positiv geladene Teilchen) überwiegt, heißen sie Kationen.
Ion heißt griechisch Wanderer. Ionen haben ihren Namen erhalten, als man sie
bei ihrer Wanderung in elektrischen Feldern entdeckte.
Die Begriffe „Ladung“, „positiv“ und „negativ“ beschreiben das Wesen der
elektromagnetischen Erscheinung nicht besonders gut. Das Wesen dieser Kraft
liegt in der Fähigkeit, bestimmte Weltlinien mit Hilfe von Photonen aufeinander
zu oder voneinander weg zu krümmen (in traditioneller Sprache: Körper
aufeinander zu oder voneinander weg zu bewegen).
H
(He)
(Li) (Be) (B)
C N
O F (Ne)
Na Mg (Al)
(Si) P S Cl
(Ar)
K Ca
1 H
Wasserstoff
2 He
Helium
3 Li
Lithium
4 Be
Berillium
5 B
Bor
6 C
Kohlenstoff (Carbonium)
7 N
Stickstoff (Nitrogenium)
8 O
Sauerstoff (Oxigenium)
9 F
Fluor
10 Ne Neon
11 Na Natrium
12 Mg Magnesium
13 Si Silizium
14 P Phosphor
15 S Schwefel
16 Cl Chlor
17 Ar Argon
18 K Kalium
19 Ca Kalzium
Die in der Liste fett markierten Elemente sind die häufigsten
Bestandteile des biologischen Materials (=organische Substanz). Das sind vor
allem Zucker, Eiweiße, Fette und Nukleinsäuren. Es sind S, C, H, N, O, P und
das sich aus dieser Buchstabenreihenfolge ergebende Wort „Schnop“ kann helfen,
sich die Elemente zu merken. Da dies kein gebräuchliches Wort ist, muss man
sich zusätzlich merken, dass, die meisten S(ch)nobs von diesen Elementen keine
Ahnung haben. Die anderen biologisch wichtigen Elemente (Mg findet sich z. B.
im Chlorophyllmolekül, das für die Photosynthese wichtig ist) kommen in
organischen Molekülen nur selten vor. Sie bilden zusammen mit Wasser vor allem
die Salzlösungen in Zellen, Blutkreislaufsystemen, Lymphbahnen, Böden, Gewässern
usw., ohne die das Leben nicht funktionieren kann. In Gewässern und Böden
bezeichnet man sie (neben weiteren Elementen, z. B. Eisen, Kupfer, Jod) auch
als Mineralien, Nährsalze oder Dünger.
Die Zahlen vor den Elementen (oben) entsprechen der Zahl der Protonen
und der Zahl der Elektronen jedes zugeordneten Elements. (Natrium hat also z.
B. 11 Protonen und 11 Elektronen). Da sie das wichtigste Ordnungsprinzip im
Periodensystem darstellen, heißen sie Ordnungszahlen.
Die Masse eines Atoms wird fast ausschließlich von den Nukleonen, das
sind Protonen und Neutronen, bestimmt. Nukleus ist das griechische Wort für
Kern. Die Masse eines Elektrons beträgt nur etwa ein Zweitausendstel der Masse
eines Protons oder Neutrons. Die Zahl, die die Anzahl der Nukleonen im Kern
eines Elements anzeigt, heißt Massenzahl. Sie entspricht auf der Oberfläche der
Erde ziemlich genau dem Atomgewicht. Wasserstoff z. B. besteht aus einem Proton
und einem Elektron, hat also das Atomgewicht (besser Atommasse) 1.
Die im Periodensystem in Spalten übereinander stehenden Elemente bilden
die so genannten Gruppen. In ihnen finden sich Elemente mit gleich vielen
Elektronen auf der äußeren Schale und daher mit ähnlichen chemischen
Eigenschaften. Die Zahl dieser Elektronen bestimmt vor allem, wie viele
chemische Bindungen ein Atom des betreffenden Elements eingehen kann. Die erste
Gruppe (Spalte unter dem Wasserstoff) hat ein Elektron auf der äußeren Schale.
Ihre Elemente heißen Alkalimetalle. Die zweite Gruppe hat zwei Elektronen auf
der äußeren Schale. Ihre Elemente heißen Erdalkalimetalle. Die letzte Gruppe
sind die Edelgase. Bei ihnen ist die letzte (äußere) Schale vollständig
gefüllt. Die vorletzte Gruppe sind die Halogene. Ihnen fehlt ein Elektron auf
der äußeren Schale, um sie vollständig zu füllen. Die Gruppen dazwischen werden
nach dem obersten Element jeder Spalte, z. B. Kohlenstoffgruppe oder
Stickstoffgruppe, genannt.
Die Nummer der Gruppe zeigt an, wie viele chemische Bindungen (s. u.)
ein Element eingehen kann. Die Atome der Alkalimetalle und Halogene können z.
B. eine chemische Bindung zu einem anderen Atom aufbauen. Die Fähigkeit,
Bindungen aufzubauen und die Zahl der möglichen Bindungen, heißt Bindigkeit
oder Wertigkeit. Alkalimetalle und Halogene sind einwertig. Kohlenstoff ist
vierwertig. Das bedeutet, ein Kohlenstoffatom kann z. B. vier Bindungen mit
vier anderen einwertigen Atomen oder mit zwei zweiwertigen Atomen eingehen.
Fast alle Elemente können weniger als vier Bindungen eingehen. Kohlenstoff ist
daher besonders gut in der Lage, komplexe chemische Strukturen zu bilden.
Komplexität ist typisch für das Leben. Und tatsächlich ist Kohlenstoff auch das
wichtigste Element in Lebewesen. Man nennt sogar fast alle
Kohlenstoffverbindungen organisch, also lebenstypisch, Wegen seiner
Vierbindigkeit konnte Kohlenstoff die komplexen Strukturen des Lebens
hervorbringen und ebenfalls deshalb gibt es vielmehr organische Verbindungen (≈Kohlenstoffverbindungen)
als anorganische.
Die in Zeilen nebeneinander stehenden Elemente im Periodensystem bilden
eine Periode. Innerhalb einer Periode haben alle Elemente die gleiche Anzahl
von Schalen. Die Schalen werden innerhalb der Periode von Element zur Element
und von links nach rechts mit Elektronen aufgefüllt (s. u.).
Elektronegativität
Der Begriff Elektronegativität ist für das Verständnis chemischer
Bindungen sowie chemischer Reaktionen, und damit für das Verständnis des
Lebens, besonders wichtig. Er ist z. B. für das Verständnis der Beschleunigung
chemischer Reaktionen durch Katalysatoren (wie z. B. Enzymen) und für die
Wirkung von Medikamenten und Giften (s. u.) nötig.
Protonen in Atomkernen ziehen Elektronen der Atomhülle an. Natürlich
ziehen auch Elektronen Protonen an. Da aber die Masse eines Elektrons nur etwa
ein Zweitausendstel der Masse eines Protons ausmacht, werden bei diesen
Anziehungsprozessen fast nur die Elektronen bewegt. Da die verschiedenen
Elemente unterschiedliche Protonenzahlen aufweisen, ziehen sie Elektronen
verschieden stark an. Die Stärke hängt vor allem von der Zahl der Protonen und
der Entfernung zwischen Kern und Elektron ab. Die Anziehungskraft, die sich auf
(potenzielle) Bindungselektronen bezieht, heißt Elektronegativität. Sie ist bei
den Elementen in der rechten oberen Ecke des Periodensystems am höchsten, nimmt
also von dort nach unten und nach links ab. Hierbei werden die Edelgase nicht
berücksichtigt. In dieser Ecke steht das Element Fluor mit der höchsten
Elektronegativität, der man den Wert „4“ zugeordnet hat. Auch Sauerstoff und
Chlor weisen hohe Elektronegativitäten auf. Alle Metalle haben relativ niedrige
Elektronegativitäten. Da ihre Atome deshalb Elektronen auf den äußeren Schalen
wenig festhalten, eignen sie sich gut für den Transport von Elektronen, den wir
oben schon als elektrischen Strom kennen gelernt haben.
Chemische Bindungen und
chemische Reaktionen
Die meisten Atome neigen dazu, sich zu vereinigen. Der allgemeine,
derzeit nicht restlos erklärbare Grund dafür ist das „Bedürfnis“ aller Materie,
Zustände mit möglichst geringem Energiegehalt einzunehmen. Dieses Bedürfnis
äußert sich u. a. darin, dass alle Atome es anstreben, auf einer Schale (oft
die räumlich äußere) eine bestimmte Zahl von Elektronen (z. B. acht wie Oktett,
Oktave, Oktan usw.) zu haben. Chemiker sprechen in diesem Zusammenhang von
Oktettregel. Diese Zahl (acht) entspricht der Elektronenkonfiguration der
äußeren Schale von Edelgasatomen. Elektronenkonfiguration nennt man die Gestalt
(Zusammenstellung, Muster, Figur) aller oder einiger Elektronen eines Atoms.
Meistens halten sich die energiereichsten Elektronen in der Kernhülle auf
relativ weit außen liegenden Schalen auf. Weil die Elektronen eines Atoms sich
aber nicht immer ordentlich an die „vorgeschriebenen Sitzordnungen“ halten,
können manchmal auch energieärmere Elektronen weit außen liegen. Die
energiereichsten und die außen liegenden sind besonders häufig an der Bildung
von Bindungen beteiligt. Elemente versuchen, sich mit anderen Elementen oder
Molekülen zu vereinigen, um dabei (dadurch) einen „magischen Achter“ (Oktettkonfiguration)
bilden zu können. Wenn Elemente die Elektronenkonfiguration der im
Periodensystem benachbarten Edelgase erreicht haben, „fühlen sie sich wohl“ und
„wollen“ dann allenfalls noch mit anderen Atomen, mit denen sie stabilere
Verbindungen bilden können, etwas „zu tun haben“. Alle Elemente streben aber
nicht nur die Oktettkonfiguration an, sondern bevorzugen auch Bindungspartner,
mit denen sie stabile energiearme Verbindungen bilden können. Solche
Verbindungen, z. B. Wasser und CO2, entstehen meistens, wenn Bindungspartner
deutlich unterschiedliche Elektronegativitäten haben. Diese Vereinigungen (die
Vereinigungsprozesse!) und auch deren Auflösungen, also das Knüpfen und Lösen
chemischer Bindungen, nennt man chemische Reaktionen. Das, was die Elemente
(die Bindungspartner) zusammenhält, heißt chemische Bindung. Man meint damit
sowohl die abstrakte Kraft, die die Elemente zusammenhält als auch die
materiellen Elektronen, die die Bindung bewirken (sind). Wenn zwei oder mehr
Atome eines Elements miteinander verbunden sind, heißt das ganze Produkt
Molekül. Ein zusammengehöriger Haufen solcher gleichartiger Moleküle heißt
Verbindung, wenn er mindestens zwei verschiedene Atome (Elemente) enthält. Es
können sich auch einzelne Atome desselben Elements zu Molekülen verbinden, z.
B. Wasserstoffatome zu H2 und Sauerstoffatome zu O2.
Elemente sind sehr verschieden. U. a. deshalb können sie sich auf
verschiedene Weisen verschieden eng und verbindlich zusammenschließen. Die
wichtigsten Möglichkeiten, sind die drei echten chemischen Bindungen:
Elektronenpaarbindung, Ionenbindung und metallische Bindung.
Die Ionenbindung
Eine Ionenbindung entsteht, wenn ein Element mindestens ein Elektron
vollständig an ein anderes Element, seinen Bindungspartner, abgibt. Dies
geschieht z. B., wenn Natrium und Chlor sich zu Natriumchlorid (=Kochsalz)
verbinden. Natrium gehört im Periodensystem in die Gruppe der Alkalimetalle,
Chlor in die der Halogene. Gruppen sind die Spalten (senkrecht) im Periodensystem
(siehe oben). Alkalimetalle besitzen ein Elektron auf der äußeren Schale,
Halogene sieben. Natrium „möchte“ also ein Elektron abgeben, um die „magische
Acht“ zu erreichen. Chlor erreicht das Gleiche, wenn es ein (weiteres) Elektron
aufnimmt. Wenn nun dieses Elektron (das des Natrium) übergeben wird, verlieren
beide Elemente ihre elektrische Neutralität, weil in beiden die Zahl von
Protonen und Elektronen nicht mehr gleich ist. Natrium besitzt nach der
Übergabe ein Elektron weniger als Protonen. Es ist daher einfach positiv
geladen. Positiv geladene Ionen nennt man Kationen, negativ geladene Anionen.
Chlor besitzt ein Elektron mehr als Protonen, ist also ein einfach negativ
geladenes Anion. Dieses Chloratom hat einen besonderen Namen (Chlorid)
bekommen. Die beiden entgegengesetzt geladenen Teilchen ziehen sich natürlich
an, sind also gebunden. Solche Anziehungs- und Abstoßungskräfte ermöglichen
Muskelbewegungen, Denkprozesse, Gefühle usw.
Salze
Alle Stoffe mit Ionenbindung heißen Salze. Sie können sich im Raum in
festen Strukturen anordnen, die man Gitter nennt. Im Falle des Kochsalzes
entsteht z. B. ein Kristall mit rechtwinkligen Strukturen. In diesem Gitter hat
jedes Chloratom sechs Natriumatomnachbarn und jedes Natriumatom ebenfalls sechs
Chloratome als Nachbarn.
Viele Gesteine haben solche Kristallstrukturen.
Ionenbindungen entstehen immer dann, wenn die Elektronegativität der
beteiligten Elemente deutlich unterschiedlich ist. Dazu muss die
Elektronegativitätsdifferenz zwischen den Bindungspartnern ca. 1,5 bis 2
betragen. Wenn die Differenzen zwischen den Bindungspartnern niedriger sind,
bilden die beteiligten Elemente Elektronenpaarbindungen oder metallische
Bindungen.
Die metallische Bindung
Metalle sind Elemente mit wenigen Elektronen auf der äußeren Schale. Sie
„möchten alle gern“ ein Elektron abgeben, um die Elektronenkonfiguration des
nächstgelegenen Edelgases zu erreichen. Metallatome versuchen dies sogar dann,
wenn sie nur ihresgleichen um sich herum vorfinden, also in reinen Metallen oder
Mischungen aus Metallen (Legierungen).
In dieser Situation schwimmt jedes Metallatom gewissermaßen in einem
Elektronenmeer. Dieses Meer hält die Atome zusammen (metallische Bindung).
Jedes Atom kann sich in dieser Situation „ zufrieden einbilden, sein Elektron
losgeworden zu sein“. Dieses Phänomen ist sehr wichtig für das Verständnis
einiger elektrischer Vorgänge (s. u.).
Die Elektronenpaarbindung Synonyma:
Atombindung, polare Bindung, kovalente Bindung
Für die Biologie (das Leben) ist die Elektronenpaarbindung besonders
wichtig. Die Elektronenpaarbindung hat den Charakter einer Symbiose. Zwei
Partner schließen sich zusammen und teilen sich zum Nutzen beider etwas,
nämlich Elektronen. Um die Elektronenkonfiguration (=Achter) eines Edelgases zu
erlangen, teilen sich zwei Atome ein oder mehrere Elektronenpaare und benutzen
diese gleichzeitig als Zusammenhalt. Wir wollen das Ganze an ein paar
Beispielen, die für das Verständnis des Lebens besonders wichtig sind,
verdeutlichen.
Lebewesen bestehen hauptsächlich aus Molekülen mit den Elementen
Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff usw. (s. o.). Im Mittelpunkt aller
Verbindungen in Lebewesen steht der Kohlenstoff. Deshalb nennt man bis heute
das Teilgebiet der Chemie, das sich mit fast allen Kohlenstoffverbindungen
beschäftigt, organische, also auf das Leben bezogene, Chemie. Kohlenstoff ist
bekanntlich vierwertig. Er kann sich also z. B. mit vier einwertigen
Wasserstoffatomen verbinden. Dann entsteht Methan, ein brennbares Gas, das z.
B. in Mägen von Wiederkäuern und in den Faultürmen von Kläranlagen gebildet
wird und stark zum Treibhauseffekt beiträgt. Wasserstoff, das einfachste
Element, möchte, um die Elektronenkonfiguration des nächstgelegenen Edelgases,
Helium, zu erlangen, ein Elektron hinzugewinnen. Für Kohlenstoff sind die
Edelgase Helium und Neon im Periodensystem gleich weit entfernt. Er kann
deshalb entweder vier Elektronen überwiegend abgeben, um dem Helium zu
entsprechen oder aufnehmen, um dem Neon zu entsprechen. Kohlenstoff zieht
Bindungselektronen etwas stärker an als Wasserstoff dies tut. Deshalb kann man
im Falle des Methans davon sprechen, dass Kohlenstoff die
Elektronenkonfigurationen des Neons erreicht hat.
Das Methanmolekül CH4 hat die Gestalt eines Tetraeders, eine Pyramide
mit vier Ecken. Im Mittelpunkt steht das Kohlenstoffatom, um das sich vier
Wasserstoffatome gleichmäßig verteilen.
Stickstoff ist dreiwertig, tut sich also z. B. mit drei einwertigen
anderen Atomen zusammen, um das „Gefühl“ von acht Elektronen auf der
Außenschale zu „erleben“. Wenn Stickstoff mit drei Wasserstoffatomen reagiert,
entsteht NH3 (=Ammoniak).
Das nächste Beispiel, an dem wir die Elektronenpaarbindung verdeutlichen
wollen, ist das Wassermolekül H2O. Es besteht aus Sauerstoff und Wasserstoff.
Sauerstoff hat sechs Elektronen auf seiner äußeren Schale, „möchte“ also noch
zwei Elektronen aufnehmen, um wie Neon acht Elektronen auf der äußeren Schale
zu haben. Sauerstoff ist also zweiwertig, d. h., er kann zwei Bindungen
eingehen. Er verbindet sich deshalb mit zwei Wasserstoffatomen zu Wasser. Auch
Sauerstoff zieht die Elektronen stärker zu sich als Wasserstoff. Dadurch wird
die negative Ladung der Bindungselektronen im Wassermolekül stark zum
Sauerstoffatom gezogen, also ungleichmäßig im Gesamtmolekül verteilt. Das
Molekül bekommt dadurch zwei Seiten mit unterschiedlich starken elektrischen
Ladungen. Diese Seiten nennt man elektrische Pole. Die Vorsilbe „di“ bedeutet
„zwei“, das Wassermolekül ist also ein Dipolmolekül. Diese Polarität ist, wie
alle elektrischen Kräfte, von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des
Lebens und der Chemie. Wichtig ist Polarität z. B. für das Lösungsverhalten von
Stoffen.
Polarität und
Lösungsverhalten
Alle Stoffe, die polar sind, wie Wasser, Alkohol, Essigsäure usw. lösen
sich nur in polaren Lösungsmitteln. Der bekannteste Alkohol, Ethanol, löst sich
z. B. in Wasser, Fette aber nicht. Statt polar sagt man auch hydrophil,
(=wasserliebend) oder lipophob (=fettabweisend). Alle Stoffe die nicht aus
polaren Atomen bestehen, wie z. B. Fette, nennt man apolar, lipophil
(=fettliebend) oder hydrophob (=wasserabweisend). Sie lösen sich nur in
apolaren Lösungsmitteln.
Säuren und Basen
Wasserstoff besteht bekanntlich nur aus einem Proton und einem Elektron.
Wenn man diesem Element ein Elektron entzieht, bleibt ein ganz besonderes Ion
übrig. Dieses Wasserstoffion (H+) besteht nur aus einem Proton ohne negativ
geladene Atomhülle. Ein einzelnes freies Proton ist ein extrem reaktionsfähiges
Teilchen und kann deshalb viele Stoffe zerstören. Chemiker nennen es aus diesem
Grund auch das „Schweinchen der Chemie“, „Wildsau der Chemie“ wäre noch
treffender. Die Reaktionsfähigkeit hat einen einfachen Grund: Jeder übliche
chemische Stoff, der auf einen anderen üblichen Stoff trifft, wird von diesem abgestoßen,
weil sich ja stets die außen liegenden, gleich geladenen Elektronen der
üblichen Stoffe wechselseitig abstoßen. Das Wasserstoffion verhält sich genau
entgegengesetzt. Statt abgestoßen zu werden, dringt es mit größtem „Vergnügen“
in alle Elektronenwolken, also in jede übliche Materie, ein. Wenn viele
Protonen einwirken, kommt es häufig zu heftigen chemischen Reaktionen, die die
Zerstörung der betroffenen Materie nach sich ziehen können. Diese Reaktionen
bezeichnen Menschen üblicherweise als das Wirken von Säuren. Um das Wesen und
Wirken der Säuren zu verstehen, starten wir mit einer Definition und setzen
dazu bei der gerade diskutierten Polarität an.
Wenn man Säuren als Material betrachtet, definiert man sie als
Verbindungen, die mindestens ein Wasserstoffatom und ein Element, das
ektronegativer als Wasserstoff ist, enthalten. Dieses Element, bzw. diese
Elemente oder Moleküle, heißen Säurerest.
Wir kennen also bereits einige Säuren, nämlich Wasser, Methan und
Nitrat. Diese Stoffe werden aber üblicherweise nicht als Säuren bezeichnet. Wir
wollen diesen merkwürdigen Umstand sofort klären.
Wenn man Säuren von ihrer Funktion her definiert, bezeichnet man sie als
Protonenspender. Ob ein Stoff sich wie eine Säure verhält, ist keineswegs immer
festgelegt. Grundsätzlich gilt wie in der gesamten Chemie der Trend, die
stabilsten möglichen Verbindungen entstehen zu lassen. Relativ stabile
(„reaktionsunlustige“) Stoffe sind z. B. Wasser, CO2 und N2.
Was aber das Stabilste ist hängt auf manchmal sehr komplizierte Weise
von verschiedenen Bedingungen ab. Auf jeden Fall kann eine Säure nur dann
Protonen spenden, wenn diese in der Umgebung überhaupt Stoffe finden, mit denen
sie reagieren können. Welcher der Stoffe nun der stabilere ist, hängt vor allem
von elektrischen Wechselwirkungen zwischen allen beteiligten Ladungen
(Elektronen und Protonen in allen Kernen). Das Proton (Wasserstoffion) kann z.
B. von verschiedenen Kernen verschiedener Säurereste verschieden stark
abgestoßen werden. Die Abgabe von Wasserstoffionen hängt auch davon ab, wie
elektronegativ die jeweiligen Bindungspartner sind. Je größer die
Elektronegativitätsdifferenz zwischen Wasserstoff und dem Säurerest
(Bindungspartner) ist, desto „unwohler und unzufriedener“ fühlt sich der
Atomkern des Wasserstoffs (=Proton). Das liegt daran, dass stark
elektronegative Bindungspartner die Bindungselektronen besonders stark zu sich,
also vom Wasserstoffion weg, ziehen. Dadurch kann das Wasserstoffion sein Ziel,
die Elektronenkonfiguration des Heliums (zwei Elektronen auf der äußeren
Schale), nur sehr unvollständig erreichen. Sobald sich ein Stoff findet, der
dem Wasserstoffion mehr von einem Elektronenpaar überlässt als solch ein
„egoistischer, krankhaft elektronengeiler“ Säurerest, geht (diffundiert) das
„untreue“ Proton mit „größtem Vergnügen“ zu diesem neuen „Gönner, Symbiont oder
Liebhaber“. Der Gönner ist keineswegs ein naher Verwandter des Protons, wird
aber dennoch Base genannt. Wir haben gesehen, dass die Protonenübertragung
zwischen Säuren und Basen von der Umgebung abhängt. Wasser z. B. verhält sich
in einer starken Säure wie eine Base, nimmt also Protonen auf. In einer starken
Base dagegen gibt Wasser Protonen ab, verhält sich also wie eine Säure. Starke
Basen, wie z.B. Natronlauge (NaOH), sind Stoffe, die Protonen in hohem Maße
Bindungselektronen zur Verfügung stellen („aufzwingen“) können.
Das oben angesprochene Ziehen und Schieben von Bindungselektronen gehört
zum wichtigsten Hilfsmittel beim Lösen und Knüpfen von Bindungen. Chemiker und
die Natur machen es mit Hilfe von Wärme, elektrischen Strömen, Katalysatoren
(insbesondere Enzymen) usw. Enzyme sorgen z. B. dafür, dass geladene Bereiche
(des Enzyms) in die Nähe von Bedingungen, die verändert werden sollen gebracht
werden. Dadurch können Stoffe reaktionsbereit gemacht werden (s. o.).
Da alle Lebensprozesse in wässrigen Lösungen ablaufen, ist das Verhalten
der freien Protonen im Wasser besonders wichtig. Freie Protonen haben z. B. bei
Energiebereitstellungen durch Atmung und Fotosynthese, bei Vergiftungen und
Gewebezerstörungen sowie für die Aktivität von Enzymen usw. wichtige
Bedeutungen. Wenn im Wasser ein Wassermolekül ein Proton abgibt, bleibt ein OH-
Teilchen, ein Anion, übrig. Das Proton kann in ein Wassermolekül eindringen.
Dabei entsteht ein Kation, das Oxonium- oder Hydroniumion H3O+. Das
Wassermolekül hat sich bei der Protonenabgabe, wie eine Säure, bei der
Protonenaufnahme, wie eine Base, verhalten. Das OH- -Ion verhält
sich fast immer (in fast allen Umgebungen) wie eine Base, das Oxoniumion fast
immer wie eine Säure.
Das pH, der pH-Wert
Da Säuren und Basen für das Verständnis des Lebens und für die Chemie
eine so wichtige Rolle spielen, haben Chemiker Maße und Messinstrumente für den
Säurecharakter von Stoffen entwickelt. Das pH (Potentiale Hydrogenium) zeigt
die Konzentration der H+ -Ionen bzw. der Hydroniumionen in Wasser,
bzw. wässrigen Lösungen, an. Es zeigt damit indirekt an, in welchem Umfang
diese Lösungen Protonen abgeben oder aufnehmen können. PH-Werte sind reine
Zahlen. Es sind die Zahlen von 0 bis 14. Dabei kennzeichnet Null die stärkste
denkbare Säure, 14 die stärkste mögliche Base. In einer Säure finden sich viele
Oxoniumionen und wenige OH- Ionen, in einer Base ist es umgekehrt.
Wenn die Zahl der beiden Ionentypen gleich ist, also Neutralität herrscht,
liegt ein pH von 7 vor.
Jetzt wollen wir noch erklären, warum hier eine Konzentration, das pH,
in Zahlen ohne Benennung angegeben wird, obwohl es sonst üblich ist,
Konzentrationen in Prozent, Promille, Mol pro Liter usw. anzugeben. Die Zahlen
stellen eine praktische Vereinfachung dar, das pH wird jedoch auch in Mol pro
Liter angegeben. Wenn der pH-Wert 7 beträgt, liegt eine Konzentration von 10-7
Mol pro Liter vor. 10-7 = ein Zehnmillionstel. Die Zahl 7 ist also
nur ein einfaches Symbol für die negative Hochzahl -7. Bei pH 1 befinden sich
10-1, also ein Zehntel Mol Oxoniumionen in einem Liter
Lösungsmittel.
Die wissenschaftliche Definition für das pH lautet: Das pH ist der
negative dekadische Logarithmus des Zahlenwertes der molaren Oxoniumionenkonzentration.
Die Zahl der Oxoniumionen entspricht grob vereinfacht der Zahl der
freien Protonen =Wasserstoffionen. Da der pH-Wert der wässrigen Lösungen in den
meisten Lebewesen in der Nähe von 7 liegt, sind Säuren und Basen für diese
Lebewesen um so gefährlicher, je weiter ihr pH-Wert von 7 entfernt ist.
Chemische Formeln
Menschen benutzen für Informationsübertragungen hauptsächlich Papier
oder Bildschirme. Darauf werden Informationen leider häufig nur zweidimensional
dargestellt. Moleküle sind aber dreidimensional, eigentlich sogar
vierdimensional. Vierdimensionale Strukturen verdeutlichen Menschen durch
Bewegung, also z. B. in Filmen, Experimenten, Freilandbeobachtungen usw. (Dabei
gleitet man durch oder über vierdimensionale Körper [s. o.]). Dreidimensionale
Strukturen verdeutlichen sie z. B. durch Modelle. Um drei- und vierdimensionale
Strukturen auf Papier darzustellen, benützen sie Symbole, z. B. Worte und
mathematische Zeichen. Atome und Elemente werden durch Buchstaben
gekennzeichnet. Verbindungen werden gekennzeichnet, indem man die Buchstaben
der einzelnen Elemente hintereinander schreibt. Dabei wird die Häufigkeit eines
Atoms/Elements in einer Verbindung, bzw. in einem Molekül, durch eine kleine
Zahl hinter dem Atomsymbol (Elementbuchstaben) angezeigt. Beispiele für solche
Symbole für Verbindungen sind H2O, CH4, CO2 usw. Diese Symbole nennt man
chemische Formeln. (In einigen Punkten ähneln sie tatsächlich einfachen
mathematischen Formeln.) Wenn sie nur
die Gesamtzahl der Elemente einer Verbindung anzeigen, wie z. B. H2O und CH4,
nennt man sie Summenformeln. Wenn sie auch die Gestalt der Moleküle anzeigen,
nennt man sie Strukturformeln. Für das Verständnis chemischer Vorgänge spielen
die Elektronen eine sehr wichtige Rolle, besonders wichtig sind
Bindungselektronen und freie Elektronenpaare. Sie werden meistens als
Kugeloberflächen (Kreise) bzw. als entsprechende ellipsoide Oberfläche
dargestellt, verteilen sich aber in der Realität viel weiter. Deshalb spricht
man auch von Kugelwolken. Auf Papier wird ein bindendes Elektronenpaar durch
einen einfachen Strich zwischen zwei Atomsymbolen dargestellt. Die
Strukturformel von Wasser sieht dann vereinfacht (ohne korrekte Bindungswinkel)
so aus: H-O-H, die von CO2 so: O=C=O
Chemische
Gleichungen
Um das wichtigste Geschehen in der Chemie und Biologie, die chemischen
Reaktionen, zu beschreiben, verwenden Wissenschaftler chemische Gleichungen.
Weil diese Gleichungen einen Prozess beschreiben, steht statt des
mathematischen Gleichheitszeichens ein Pfeil. Wie in der Mathematik, müssen
auch bei chemischen Gleichungen auf beiden Seiten der Gleichungen gleichviel
Atomsymbole (chemische Elemente) stehen, denn Atome können in der (Bio-)Chemie
nicht einfach verschwinden. Ein Beispiel für eine chemische Reaktion, die wir
durch eine Gleichung beschreiben, ist die Knallgasreaktion, bei der Wasser aus
Wasserstoff und Sauerstoff entsteht: H+O→H2O. Diese Gleichung ist
fehlerhaft. Sie erfüllt unsere Forderung, dass die Anzahl der Elemente auf
beiden Seiten gleich sein muss, nicht. (Außerdem schließen sich einzelne
Wasserstoff- und Sauerstoffatome in der Regel zu Zweiergruppen (O2 und H2)
zusammen). Wir müssen die Gleichung folgendermaßen umformen: 2H2+O2→2H2O. Jetzt finden sich auf beiden Seiten der Gleichung vier
Wasserstoffatome und zwei Sauerstoffatome.
Organische Chemie
Um das Leben zu verstehen, betrachten wir als nächstes seine feinen
Grundstrukturen, die organischen Moleküle. Dies sind, wie gesagt, fast alle
Verbindungen, die Kohlenstoff enthalten. Die biologisch wichtigsten Moleküle
und gleichzeitig Nahrungsstoffe sind Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate (Zucker) und
Nukleinsäuren. Sie enthalten alle Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Um
ihr Wesen und ihre Funktionen zu verstehen, beschäftigen wir uns kurz mit den
Grundlagen der organischen Chemie.
Die Kohlenwasserstoffe
Verbindungen, die nur Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten, heißen
Kohlenwasserstoffe. Den einfachsten haben wir bereits kennen gelernt. Es ist
Methan, CH4. Andere wichtige Kohlenwasserstoffe sind Ethan =C2H6, Propan =C3H8,
Butan = C4H10, Pentan, Hexan, Heptan, Oktan usw. Jede Verbindung unterscheidet sich von der
vorherigen formal durch eine hinzugefügte Gruppe, nämlich CH2. Diese
Verbindungen können z. B. in Kohle, Erdgas und Erdöl vorkommen. Propan und
Butan sind Gase, die z. B. in Gasflaschen und Tanks als Brennmaterial zum
Kochen usw. dienen. In ihrer Gesamtheit nennt man sie Alkane.
Dies sind die einfachsten Kohlenwasserstoffe. Sie haben keine
Doppelbindungen und einfache fast lineare Strukturen. Kohlenwasserstoffe können
aber auch ringförmige (zyklische), ja sogar kugelförmige, Strukturen bilden.
Zyklische Kohlenwasserstoffe sind z. B. einige Zucker und die wichtigsten
Bestandteile der Nukleinsäuren, wie DNA und RNA.
Wenn Kohlenwasserstoffe zwischen C-Atomen Doppel- oder Dreifachbindungen
aufweisen, nennt man sie ungesättigte Kohlenwasserstoffe. Kohlenwasserstoffe
mit einer oder mehreren Doppelbindung(en), nennt man Alkene (Olefine),
Kohlenwasserstoffe mit Dreifachbindungen heißen Alkine.
Die meisten Fettmoleküle enthalten Doppelbindungen in Form von
ungesättigten Fettsäuren. Diese spielen in der Ernährung eine tragende Rolle.
Es gibt z. B. einige Fettsäuren (essenzielle Fettsäuren), die (fast?) alle
Tiere wegen der Doppelbindungen nicht selbst bilden können, sondern wie
Vitamine mit der Nahrung aufnehmen müssen.
Die Bezeichnung ungesättigt rührt daher, dass die entsprechenden Stoffe
relativ gerne chemisch reagieren und dabei zusätzliche Elemente ähnlich wie
Nahrung aufnehmen. Alkene und andere ungesättigte Kohlenwasserstoffe werden
also "gerne dadurch satt", dass sie mit Wasserstoff oder anderen
Elementen, aber auch Verbindungen wie Wasser, statt einer Doppelbindung zwei
einfache Bindungen eingehen. Die entstehenden gesättigten Verbindungen sind
stabiler und energieärmer als die ungesättigten. Elemente, die hinzugefügt
(addiert) werden, können z. B. Halogene wie Chlor, Fluor usw. sein. Dabei
entstehen Verbindungen wie zum Beispiel FCKW = Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe,
die u. a. als Zerstörer der Ozonschicht und als (krebserregende) Gifte
zweifelhaften Ruf erlangt haben. Sie tauchen oft als halogenierte
Kohlenwasserstoffe in der Literatur auf. Viele Kunststoffe, wie z. B. PVC, sind
halogenierte Kohlenwasserstoffe. Diese enthalten oft noch Zusatzstoffe (z. B.
Weichmacher). Manche davon wirken als Gifte. Einige sind z. B. Sexualhormonen
ähnlich und können daher die Fortpflanzung zahlloser Arten, einschließlich des
Menschen, gefährden. Obwohl es schon lange weniger schädliche Ersatzstoffe für
PVC, Weichmacher usw. gibt, werden weiterhin Millionen Tonnen produziert, weil
es billig und für die chemische Industrie günstig ist.
Viele Kohlenwasserstoffe kommen im Erdöl vor. Man kann sie als
unvollständig abgebaute Biomoleküle der Lebewesen auffassen, aus denen Erdöl
entstanden ist.
Aromaten
Aromaten sind bestimmte ringförmige Kohlenwasserstoffe. Sie weisen
(meist) mehrere alternierende (zwischen zwei Einfachbindungen liegt genau eine
Doppelbindung) Doppelbindungen auf, bei denen einige Elektronen der
Doppelbindungen nicht zwischen den zugehörigen Atomen verweilen, sondern über
den ganzen Ring verteilt (verschmiert) sind. Vereinfacht gesagt schwirren
mehrere Bindungselektronen in einem ganzen Ring aus Kohlenstoffatomen herum.
Diese Elektronen stehen dann im Sinne der Oktettregel all diesen C-Atomen zur
Verfügung. Man spricht von Mesomerie. Das Ganze erinnert etwas an das
Elektronenmeer, in dem Metallatome gewissermaßen schwimmen (vgl. metallische
Bindung). Einzelheiten entnehmen Sie bitte der Fachliteratur.
Der bekannteste Vertreter der Aromaten ist das Benzol, ein Bestandteil
des Benzins, mit sechs C-Atomen im Ring. Auch in Lebewesen gibt es aromatische
Verbindungen. Zum Beispiel enthalten einige Aminosäuren aromatische
Bestandteile. Solche besonderen Stoffe wie Aromaten und Stoffe mit
Doppelbindungen sind in der Biologie und Medizin interessant, weil Lebewesen
für ihre Herstellung auch besondere Enzyme benötigen. Die Herstellung solcher
Spezialenzyme ist bzgl. Information und Energie aufwendig. Deshalb bilden viele
(„faule“) Lebewesen manche dieser Enzyme nicht. Sie überlassen den Bau ihrer
Nahrung (den Pflanzen). Die Stoffe, die Tiere (Pilze, Bakterien) nicht selbst
bilden können, heißen Vitamine, essentielle Aminosäuren und essentielle
Fettsäuren. Essentiell bedeutet „unbedingt notwendig“, „unverzichtbar“.
Biochemie
Reine Kohlenwasserstoffe kommen in Lebewesen selten vor. Wenn wir sie
jedoch geringfügig verändern, erhalten wir fast alle Stoffe, die in Lebewesen
auftreten. Da wir gesagt hatten, dass Sauerstoff zu den biologisch wichtigsten
Elementen gehört, können wir uns schon denken, dass sein Einbau zu den
wichtigsten Veränderungen gehört. Formal betrachtet ist die häufigste
Veränderung der Kohlenwasserstoffe der Austausch oder Ersatz (Substitution)
eines oder mehrerer Wasserstoffatome durch andere Elemente, wie Sauerstoff,
Schwefel, Stickstoff, Phosphor usw. Häufig werden Wasserstoffatome durch ganze
Gruppen, die diese Elemente enthalten, ersetzt.
Die wichtigsten und bekanntesten Gruppen sind:
Die Hydroxylgruppe = -OH
Stoffgruppe: Alkohole
Beispiel: Ethanol („der“ Alkohol) C2H5OH
Endung -ol
Die Carboxylgruppe = -COOH
Stoffgruppe: Carbonsäuren
Beispiel: Essigsäure
C2H5COOH
Die Aminogruppe = -NH2 Stoffgruppe: Amine Beispiel: Histamin, Dopamin, Glycin
eine Aminosäure
Stoffe mit Hydroxylgruppen werden chemisch grundsätzlich als Alkohole
bezeichnet. Wenn sie jedoch vereinfacht gesagt noch mindestens eine weitere
Gruppe enthalten, die Elektronen stärker zu sich zieht als die Hydroxylgruppe, nennt man sie nicht Alkohole.
Organische Verbindungen werden nach der Gruppe benannt, die Bindungselektronen
am stärksten zu sich zieht. Milchsäure enthält z. B. eine Carboxylgruppe und
eine Hydroxylgruppe. Sie wird nach der Carboxylgruppe als Säure bezeichnet,
weil die zwei Sauerstoffatome in dieser Gruppe Bindungselektronen stärker
anziehen als das eine Sauerstoffatom in der Hydroxylgruppe.
Hydroxylgruppen finden sich in vielen organischen Molekülen, z. B. in
allen Zuckern und in den meisten Hauptnahrungsmitteln oder ihren Bestandteilen.
Wichtige Carbonsäuren sind die Fettsäuren, die den Hauptbestandteil der
Fette bilden. Fette bestehen außerdem aus einem Alkohol namens Glycerin, der 3
Hydroxylgruppen enthält, und deshalb dreiwertig genannt wird.
Eiweiße bestehen aus miteinander verknüpften Aminosäuren. Jede
Aminosäure enthält mindestens eine Aminogruppe - also ein Stickstoffatom - und
eine Carboxylgruppe.
Nukleinsäuren, zu denen u. a. das Erbmaterial gehört, enthalten
verschiedene Gruppen, wie z. B. Hydroxyl- und Aminogruppen. Ihren Namen
verdanken sie Phosphorsäureresten, welche die einzelnen Bausteine (‚Basen’)
verknüpfen und der Tatsache, dass sie sich häufig im Zellkern (Kern = Nukleus)
befinden.
Eiweiße enthalten neben C, O und H noch Schwefel und Stickstoff. Nukleinsäuren enthalten noch Phosphor und
Stickstoff. Diese Erkenntnisse werden z. B. dann wichtig, wenn man Pflanzen
diese Elemente in Form von Dünger zusetzen muss.
Nukleinsäuren
Die bekannteste Nukleinsäure ist die DNS (=DNA). DNS ist die Abkürzung
für Deoxyribonukleinsäure. DNA ist die Abkürzung für den entsprechenden
englischen bzw. internationalen Ausdruck deoxy ribonucleic acid. Die
Erbinformation kann als ein riesiger Plan zur Steuerung von Zellen und
Organismen verstanden werden. Die DNA ist der Träger der Erbinformation. Das
Erbmaterial (meistens DNA) kann also als Kommandant oder Gehirn der Zelle
aufgefasst werden. Es ist bei Tieren zusammen mit Nervensystemen auch
Kommandant des ganzen Organismus. Allerdings muss man die Steuerung von
Lebewesen als einen Wechselwirkungsprozess auffassen, bei dem auch äußere
Einflüsse zur Steuerung beitragen und umgekehrt. Die Besprechung dieser
Wirkungen finden sich unten u. a. unter „Evolution“ (Selektion usw.) und unter
„Ökologie“ (Umweltfaktoren usw.). Die kulturellen (u. a. technischen)
Entwicklungen der Menschheit sind Beispiele, für die Veränderung der Umwelt
durch ein Lebewesen.
Das Wesen von Information und Sprache besteht in der Reihenfolge von
mindestens zwei verschiedenen Zeichen. Die Zeichen der DNA sind 4 verschiedene
Moleküle, die Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin. Sie gehören zu den
Bausteinmolekülen der DNA. Zu jedem Bausteinmolekül, so genannten Nukleotiden,
gehört außerdem noch ein Zuckermolekül namens Deoxyribose und eine
Phosphatgruppe. Diese Nukleotide werden chemisch miteinander verbunden, so dass
ein fadenförmiges Molekül, die DNA entsteht. Da Zucker und Phosphatgruppen
aller Nukleotide derselben Nukleinsäure fast immer gleich sind, spielen für die
Information nur die Basen eine Rolle. Entsprechend der Reihenfolge dieser Basen
werden Aminosäuren zu Eiweißen zusammengebaut.
Eiweiße
Die Bausteine der Eiweiße sind Aminosäuren. Es gibt in Lebewesen
Dutzende verschiedener Aminosäuren, 20 von ihnen werden an bestimmten Stellen
nach der Bauanleitung der DNA in der Zelle zusammengefügt (chemisch verbunden).
Die Auswahl und die Reihenfolge der Aminosäuren bestimmen die Struktur und die
Funktionsfähigkeit der Eiweiße. Da die Auswahl und die Reihenfolge fast immer
von der Reihenfolge der DNA-Bausteine (=Erbinformation) abhängt, können
Erbfehler zu Fehlfunktionen von Enzymen und anderen Proteinen und dadurch zu
Fehlfunktionen des ganzen Lebewesens führen. In Lebewesen gibt es zwei
Grundtypen von Eiweißen.
1. Struktureiweiße
Struktureiweiße finden sich als Baumaterial der Lebewesen z. B. in
Zellmembranen. Sie bilden oft fädige Strukturen, die z. B. in Muskeln für die
Bewegung gebraucht werden.
2. Enzyme
Enzyme gehören zu den für das Verständnis des Lebens wichtigsten
Stoffen. Sie sind gewissermaßen die Handwerker des Lebens. Sie bringen
chemische Reaktionen in Gang, lenken und beschleunigen sie, bauen also gezielt
und selektiv bestimmte Stoffe auf oder ab. Dabei führen sie die Befehle des
Erbmaterials aus. Die Funktionsfähigkeit der Enzyme (aller Eiweiße) hängt von
ihrer Struktur ab. Die Struktur hängt von der Aminosäurenreihenfolge und diese
von der Basenreihenfolge der DNA ab.
Zucker (Glykane)
Zucker sind wichtige Energielieferanten und Energiespeicher der
Lebewesen. Sie bilden aber auch Strukturen, wie z. B. Zellwände bei Pflanzen,
Bakterien und Pilzen.
Der bekannteste Zucker, die Glukose (=Traubenzucker), ist ein einzelnes
Zuckermolekül. Es wird z. B. von Pflanzen bei der Fotosynthese gebildet.
Glukose dient hauptsächlich als Energielieferant. Einige Einzelzucker
(Monosaccharide) werden z. B. als Energiespeicher chemisch zu Vielfachzuckern
(Polysaccharide) verbunden. Die Speicherform der Glukose in Pflanzen heißt
Stärke. Eine ähnliche Speicherform in Tieren heißt Glykogen. Beide bestehen aus
Glucoseresten, und beide lassen sich durch Verdauungsenzyme zur verwertbaren
Glucose spalten.
Ein weiterer wichtiger Vielfachzucker, ist die Zellulose. Sie ist ein
wichtiges Baumaterial pflanzlicher Zellwände. Zellulose wird ebenfalls aus
Traubenzucker gebildet. Dieser Traubenzucker unterscheidet sich jedoch
geringfügig von der bekannten Glukose, mit der wir unsere Speisen süßen. Wegen
dieses kleinen Unterschieds kann Zellulose von den meisten Tieren nicht durch
Verdauungsenzyme zerlegt werden. Zellulose gehört deshalb zu den so genannten
Ballaststoffen, die beim Menschen und allen Pflanzenfressern zu einer gesunden
Verdauung und Ernährung beitragen.
Fette
Fette bestehen in der Regel aus drei Fettsäuren und dem dreiwertigen
Alkohol Glycerin.
Auch Fette sind Energiespeicher und -lieferanten und auch sie sind am
Aufbau von Strukturen, z. B. Zellmembranen beteiligt. Bei einigen Tieren dienen
sie auch als Wärmeisolator.
Biologie
Damit haben wir die wichtigsten chemischen Grundlagen für das Verständnis
des Lebens besprochen und widmen uns nun dem Leben selbst, also der Biologie.
Deren Verständnis bildet die Grundlage für das Verständnis von Psychologie,
Pädagogik, Soziologie, Politologie usw.
Zunächst folgt eine Gliederung und Übersicht über die wichtigsten
Bereiche der Biologie:
Evolutionslehre Lehre von der
Entwicklung des Lebens (Stammesgeschichte, Darwinismus)
Zytologie Zelllehre
Ethologie Verhaltenslehre
Genetik Vererbungslehre
Stoffwechselphysiologie Lehre von
den biochemischen Funktionen
Anatomie, Morphologie Lehre von
den biologischen Strukturen
Ökologie Lehre von den
Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt
Dies ist eine Gliederung, wie sie an Schulen und Universitäten üblich
ist. Sie ist nützlich, aber am Verständnis des Lebens und weniger am
Verständnis von Lebensqualität und grundsätzlichem globalen Verständnis
ausgerichtet. Deshalb stellen wir eine weitere Gliederung vor, die stärker
letzteren Zielen dient:
Wichtige Funktionsprinzipien des Lebens
Photosynthese
Atmung
Entwicklung eines Lebewesens
Entwicklung des Lebens
Funktionsprinzipien des Gehirns
Funktionsprinzipien der Gesellschaft
Um das gegenwärtige Leben einschließlich der menschlichen Kultur
verstehen zu können, muss man sowohl die Basiswissenschaften (Physik, Chemie,
Biochemie [s. u.]) als auch die Vorgeschichte (kosmische und chemische
Evolution) und die Entstehung und Evolution (Entwicklung) des Lebens verstanden
haben.
Das Verständnis des
Lebens
Die wichtigsten Fragen:
Wie entsteht aus einem Ei ein Organismus?
Wie wird Leben langfristig erhalten und höher entwickelt?
Wie erfolgt die Bereitstellung von Energie?
Um diese Fragen beantworten zu können, müssen wir zunächst noch eine
fundamentalere Frage behandeln:
Wie funktioniert das Leben auf molekularer Ebene?
Wie wir schon gesagt hatten, sind die wichtigsten grundlegenden Prozesse
chemische Reaktionen und elektrische Ströme. Wir konzentrieren uns zunächst auf
die chemischen Reaktionen. Da die meisten chemischen Reaktionen in Lebewesen
durch Enzyme beschleunigt werden, werden wir uns auf den Aufbau und die
Funktion dieser Biokatalysatoren konzentrieren. Das allgemeine Ziel, das es zu
verstehen gilt, ist, wie Enzyme in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt,
in der richtigen Reihenfolge Stoffe auf- und abbauen. Die Teilwissenschaft der
Biologie, die sich mit dem Funktionieren der Enzyme beschäftigt, heißt
Enzymatik.
Enzymatik
Enzyme starten, beschleunigen und lenken chemische Reaktionen
(Katalyse). In der Regel unterstützen sie das Knüpfen oder Lösen von Elektronenpaarbindungen.
Der, bzw. die, Stoff(e), die gespalten, bzw. verbunden, werden, nennt man
Substrate. Während der Katalyse hat das Enzym kurzfristig mit dem Substrat
einen Berührungskontakt. Das Gebilde, das im Moment dieses Kontaktes entsteht,
heißt Enzymsubstratkomplex. Enzymmoleküle werden durch die Katalyse chemisch
nicht dauerhaft verändert.
Enzyme haben, wie wir unten erläutern werden, bestimmte dreidimensionale
Strukturen. Diese passen zu den Strukturen bestimmter Substrate wie ein
Schlüsselloch zum zugehörigen Schlüssel. Deshalb beschleunigen bestimmte Enzyme
spezifisch, oder zu mindestens selektiv, nur chemische Reaktionen eines, oder
sehr weniger verschiedener, Substrate. Diese Erscheinung nennt man
Substratspezifität.
Enzyme arbeiten auch wirkungsspezifisch. D. h. sie können nur einen
(oder wenige) Reaktionstypen beschleunigen. Manche können zum Beispiel
Phosphatgruppen anknüpfen oder abspalten, andere übertragen Wasserstoffatome
usw. (Wirkungsspezifität).
Diese beiden Spezifitäten gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen für
die Entwicklung und geordnete Steuerung des Lebens. Die meisten Reize,
Medikamente, Gifte usw. beeinflussen direkt oder indirekt die Wirkung von
Enzymen. Manche Stoffe blockieren z. B. Enzymmoleküle, weil sie Substratmolekülen
sehr ähnlich sind.
Enzyme steuern nicht nur unsere körperlichen Funktionen sondern auch (z.
T. indirekt) unser Fühlen und Denken. Deshalb ist ein tieferes Verständnis des
Wirkens von Enzymen eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Verständnis
des Lebens einschließlich der Psyche und aller ökologischen Probleme.
Um zu verstehen, wie Enzyme funktionieren, müssen wir ihre Struktur und
ihre Steuerungsmechanismen näher betrachten. Die Struktur hatten wir oben im
Abschnitt „Eiweiße“ bereits kurz angesprochen. Enzyme bestehen ganz oder
überwiegend aus Eiweiß. Grundlegend für die Struktur aller Eiweiße ist die
Reihenfolge, in der die Bausteine (Aminosäuren) der Eiweiße nach Anleitung der
DNA aneinander geknüpft sind. Bei Eiweißen unterscheidet man vier Strukturtypen.
Die Primärstruktur (und auch die von der DNA übertragene, eventuell
veränderte, Information) besteht in der Reihenfolge der Aminosäuren. Man könnte
sie sich als gerade fadenförmige Moleküle vorstellen. Die 20 Aminosäuren, die
sich in biologischem Material hauptsächlich finden, sind jedoch so gebaut, dass
Eiweißfäden überwiegend Spiralform oder Zickzackstrukturen wie Faltblätter
annehmen. Diese beiden Strukturtypen werden unter dem Begriff Sekundärstruktur
zusammengefasst. Ein Eiweiß mit Spiralstruktur (Wendeltreppe, Helix) bildet nun
ebenfalls nicht einen geraden Spiralfaden. Bestimmte Aminosäuren bewirken, dass
die Spirale (Helix) an bestimmten Stellen geknickt wird. Die dabei entstehenden
Strukturen werden Tertiärstruktur genannt. Ein zu einem Knäuel zusammengelegtes
spiralförmiges Telefonhörer- oder Gitarrenkabel ist ein anschauliches Modell
für solch ein Eiweiß mit Tertiärstruktur.
Der vierte Strukturtyp entsteht, wenn mehrere Eiweiße mit
Tertiärstruktur chemisch mehr oder minder fest miteinander verbunden werden. Er
wird Quartärstruktur genannt. Das bekannteste Beispiel für ein Molekül mit
dieser Struktur ist das Hämoglobinmolekül, das dem Sauerstofftransport im Blut
dient.
Stellen wir uns das Modell eines typischen Proteins und Enzyms mit Tertiärstruktur,
also ein Knäuel aus einem spiralförmigen Gitarrenkabel vor. In und an diesem
Knäuel findet man viele komplexe Erhebungen, Einbuchtungen und Höhlen. Die
gleichen Strukturen findet man natürlich auch in den entsprechenden Eiweißen,
also auch an Enzymen. Oberflächenstrukturen der Enzyme wie Höhlen,
Einbuchtungen usw. entsprechen den oben erwähnten Schlüssellöchern, in die nur
bestimmte Stoffe, z. B. Substrate, wie Schlüssel passen. Eine
Oberflächenstruktur, an die sich die Substrate binden, wird aktives Zentrum
genannt.
Für die Katalyse und für die Bildung des Enzymsubstratkomplexes spielen
neben der räumlichen (sterischen [„Stereo“ bedeutet räumlich]) Passung auch
elektrische Kräfte eine wichtige Rolle. Sie bringen und halten ein Substrat am
richtigen Ort und sie beeinflussen bestimmte Elektronen des Substrats so, dass
die chemische Reaktionsbereitschaft erhöht wird. Substrat- und Enzymmoleküle
können elektrisch geladene Bereiche besitzen, die sich gegenseitig anziehen
oder abstoßen. Häufig sind schwach geladene Bereiche (Partialladungen Delta+
oder Delta-), die, wie im Wassermolekül (s. o.), durch Elektronegativitätsdifferenzen
entstehen. Seltener finden sich Bereiche mit vollständigen Ladungen, bei denen
also in Molekülen mindestens ein Elektron mehr oder weniger vorliegt als
Protonen. In Eiweißen finden sich solche Bereiche vor allem in den Amino- und
Carboxylgruppen. Die meisten dieser Gruppen existieren in Eiweißen nicht mehr,
weil sie (miteinander) chemisch reagiert und sich dabei verändert haben. Einige
Aminosäuren enthalten aber weitere dieser Gruppen, die nicht direkt an
Bindungen beteiligt sind. Die meisten dieser Gruppen sind in den für das Leben
typischen wässrigen Lösungen geladen. In diesen Lösungen geben nämlich
Carboxylgruppen ein Proton ab (Säuren s. o.) und werden dadurch einfach negativ
geladen, also Anionen. Aminogruppen verhalten sich wie Basen, nehmen also ein
Proton auf und werden positiv geladen, also Kationen. Diese Ladungen
wechselwirken mit Ladungen von Substraten und substratähnlichen Stoffen. Wenn
Elektronen, insbesondere Bindungselektronen, einer Substanz in die Nähe solcher
geladener Bereiche eines Enzyms geraten, werden sie verschoben und das Molekül
wird instabil und reaktionsbereit. An solchen Stellen kann ein Molekül
(Substrat) zerbrechen oder mit einem anderen Molekül reagieren. Zum
Schlüssel-Schlüsselloch-Prinzip gehört also auch, dass bestimmte Elektronen des
Substrats in die Nähe bestimmter (geladener) Bereiche des Enzyms gebracht
werden.
Alle Stoffe, die einem Substrat strukturell ähnlich sind, so genannte
Substratanaloga, können das aktive Zentrum des zugehörigen Enzyms ebenfalls
besetzen und dadurch die Arbeit des Enzyms behindern oder blockieren. Viele
Gifte wirken auf diese Weise. Wenn Substratanaloga im aktiven Zentrum nur lose
oder gar nicht binden, behindern sie in einem Wettstreit die Aktivität des
Enzyms. Man spricht deshalb von kompetitiver Hemmung (competition = Wettkampf).
Wenn die Bindung sehr fest ist, weil sich z. B. zwei entgegengesetzt geladene
Bereiche von Enzym und Substratanalogum berühren, wird das Enzym
blockiert.
Manche Enzyme verfügen über einen besonderen Regulationsmechanismus zur
Steuerung von Stoffwechselaktivitäten. Sie haben neben dem aktiven Zentrum noch
einen zweiten Kontaktbereich (Bindungsstelle), der allosterisches Zentrum (allo
= anders, fremd) genannt wird. Auch in dieses Zentrum passen bestimmte Stoffe
so, wie Substrate, in das aktive Zentrum. Diese Stoffe verändern die
Enzymaktivität (im aktiven Zentrum), wenn sie das allosterische Zentrum
besetzen. Das Endprodukt einer Stoffwechselkette kann sich z. B. an das
allosterische Zentrum eines Enzyms, das an der Herstellung dieses Endprodukts
arbeitet, anlagern und dadurch seine eigene Bildung verlangsamen.
Auf den oben beschriebenen Wirkungen von Enzymen beruhen fast alle Auf-
und Abbauprozesse des Lebens, also der gesamte Stoffwechsel und damit Wachstum,
Tod, Bewegung, die meisten psychischen Vorgänge usw. Gefühle beruhen z. B. ganz
wesentlich auf der Wirkung von Neurotransmittern, (Botenstoffe im Gehirn wie
Adrenalin, Serotonin usw. [s. u.]), deren Herstellung von Enzymen gesteuert
wird (transmittere = übertragen).
Atmung
Atmung ist in der Biologie ein Begriff mit zwei Bedeutungen. Im
Folgenden steht nicht die bekanntere Bedeutung, das Ein- und Ausatmen von Luft
(Ventilation), im Zentrum sondern die innere Atmung. Chemisch gesehen ist die
Atmung vor allem ein lauwarmer Verbrennungsvorgang. Betrachtet man den Vorgang
eher biologisch, könnte man vereinfacht definieren: Bei der Atmung werden
Nahrungsmoleküle in verschiedene Bestandteile (vor allem CO2 und Wasserstoff)
zerlegt. Das CO2 wird abgegeben, der Wasserstoff wird mit dem eingeatmeten
Sauerstoff verbunden (Verbrennung) und die dabei freiwerdende Energie für alle
Lebensprozesse genutzt. Mit Hilfe der Atmung wird also chemische Energie, die
in vielen Nahrungsbestandteilen steckt, biologisch nutzbar gemacht. Vereinfacht
kann man sagen, dass bei Belastungen zunächst überwiegend vor allem Zucker,
danach Fette, in geringerem Umfang auch Eiweiße, verbrannt werden. Dabei wird
nicht nur Energie chemisch nutzbar gemacht sondern auch Wärme erzeugt und
Aufbaumaterial für den Körper gebildet und umgebaut. Bei der Atmung entstehen
vor allem Kohlenstoffdioxid und Wasser. Dies sind stabilere, energieärmere
Verbindungen als Fette, Zucker usw. Beim Studium der inneren Atmung wird
meistens zur Vereinfachung die Verbrennung des Zuckers Glukose (=Traubenzucker)
in den Mittelpunkt gestellt. Dieser Zucker reagiert also, vereinfacht
betrachtet, mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. Die Formel dazu
lautet:
C6H12O6 + 6 O2 à 6 H2O + 6 CO2
Bei dieser Verbrennung wird die Sonnenenergie, die Pflanzen
gewissermaßen zuvor in die organischen Moleküle gesteckt haben, wieder frei.
Der größte Teil, meistens ca. 60 Prozent, dieser Energie wird in Wärme
umgewandelt. Fast der gesamte verwertbare Rest wird zunächst in energiereiche
Moleküle gesteckt. Das bekannteste ist das ATP = Adenosintriphosphat.
An dieser Stelle wollen wir uns eine grobe Übersicht über die Atmung
verschaffen.
Die Atmung kann in drei Hauptprozesse unterteilt werden, die auch die
zeitliche Reihenfolge des Zuckerabbaus widerspiegeln.
1. Glykolyse = teilweiser Abbau des Traubenzuckers zu noch ziemlich
energiereichen Verbindungen wie Brenztraubensäure oder Essigsäure.
Während der Glykolyse wird im Vergleich zu den folgenden Hauptprozessen
der Atmung nur wenig Energie auf ATP übertragen. Es entstehen 2 ATP-Moleküle
pro Zuckermolekül. Es werden 2CO2 Moleküle und 2 Essigsäuremoleküle pro
Zuckermolekül gebildet. Außerdem werden einige Wasserstoffatome, die
energetisch genutzt werden können, aus Zuckermolekülen auf ein Transportmolekül
namens NAD übertragen.
Die Essigsäure wird, wenn die Atmung vollständig abläuft, in den
folgenden Hauptprozessen zu CO2 und H2O abgebaut (verbrannt).
Manche Organismen können diese Verbrennung gar nicht, andere nur, wenn
genügend Sauerstoff zur Verfügung steht, durchführen. Sie führen dann einen
unvollständigen Abbau des Zuckers durch, der Gärung genannt wird. Die
bekanntesten Gärungen sind die alkoholische Gärung, die viele Pflanzen
durchführen und die Milchsäuregärung, die sich bei Menschen, vielen Tieren und Bakterien
findet. Diese Gärungen sind meistens nach den Substanzen, welche die Lebewesen
ausscheiden benannt. Es sind die Endprodukte der Gärungen. Diese Substanzen
werden gebildet, wenn die oben erwähnten auf NAD übertragenen Wasserstoffatome
mit Brenztraubensäure (bei Milchsäuregärung), bzw. mit Acetaldehyd (bei
alkoholischer Gärung), reagieren. Auch diese Wasserstoffe und die entstehenden
Stoffe, z. B. Milchsäure oder Alkohole, müssen entfernt werden, da zu hohe
Konzentrationen (jedes Stoffes) Lebewesen schädigen. Wie so oft werden die
Ausscheidungsprodukte (Gifte?!) des einen Lebewesens zur Nahrung eines anderen.
Dies gilt z. B. für den Alkohol (Ethanol), den z. B. viele Menschen gerne in
manchmal merkwürdigen Mengen konsumieren. Es gilt aber auch für den freien
Sauerstoff in der Luft.
Auch Menschen führen Milchsäuregärung durch, wenn sie nicht genügend
Sauerstoff zur Verfügung haben. Dies ist z. B. bei kurzen starken körperlichen
Belastungen der Fall. Der wichtigste Grund für die vorübergehende geringe Sauerstoffversorgung
ist die Trägheit des Blutkreislaufsystems, welches, besonders bei
Untrainierten, eine gewisse Anlaufzeit benötigt, um auf volle Touren zu kommen,
um viel Sauerstoff zu transportieren. Die Milchsäure trägt neben winzigen
inneren Verletzungen (feine Risse) zur Bildung des Muskelkaters bei.
2. Citratcyclus (=Citronensäurecyclus)
Am Beginn dieses Cyclus reagiert Essigsäure mit Oxalacetat, einem
Molekül, das u. a. 4 C-Atome enthält (C4-Körper). Bei dieser Reaktion entsteht
Citrat, wonach der Cyclus benannt ist.
(Die Endung -at steht für Salze. Citonensäure liegt in Zellen
überwiegend als Anion vor, weil die meisten Citronensäuremoleküle hier ein
Proton abgeben. Zusammen mit irgendwelchen in der Zelle stets vorhandenen
Kationen kann man die Citronensäure dann als Salz auffassen.).
Citrat wird nun in einer kette von Reakionen in verschiedene andere
Stoffe umgewandelt, bis am Ende wieder Oxalacetat entsteht, das wiederum mit
einem anderen Essigsäuremolekül reagiert. Formal liegt also ein Cyclus vor.
Während des Citratcyclus wird Essigsäure zu CO2 und Wasserstoff
abgebaut. Die Wasserstoffmoleküle werden auf Transportmoleküle (NAD, FAD)
übertragen und in der Atmungskette (s. u.) zur hauptsächlichen
Energieumwandlung (ATP-Bildung) genutzt.
Die verschiedenen Zwischenprodukte, bzw. die Umwandlungen dienen dazu,
die Essigsäure und andere Moleküle, wie oben angesprochen, zu zerlegen und
Baumaterial für viele weitere Stoffwechselvorgänge, z. B. für den Aufbau von
Aminosäuren und Fettsäuren, bereitzustellen.
3. Atmungskette
Die Wasserstoffatome (streng genommen überwiegend nur deren Elektronen),
die in der Glykolyse und im Citratcyclus auf NAD und FAD übertragen wurden,
werden nun nacheinander auf verschiedene andere Moleküle übertragen. Dabei
verlieren sie stufenweise, wie das Wasser eines gestuften (=kaskadenartigen)
Wasserfalls, Energie. Diese Energie wird auf ATP übertragen. Dazu werden die
Wasserstoffkerne (Protonen, H+) auf eine Seite einer inneren
Mitochondrienmembran transportiert. Auf der anderen Membranseite befinden sich dann
natürlich weniger freie (einzelne) Protonen. Es besteht also ein
Konzentrationsgefälle. Außerdem werden auch die negativ geladenen Elektronen
aus den Wasserstoffatomen des Zuckermoleküls auf die Membranseite mit relativ
wenig freien Protonen transportiert. Es entsteht also ein
Konzentrationsgradient und eine elektrische Spannung (ungleiche Ladungen
ziehen sich an). Beiden folgend wandern die Protonen nun durch Kanalproteine in
der Membran. ATPasen sind Bestandteile dieser Kanalproteine. Sie nutzen die
Protonenwanderung (physikalisch betrachtet ein elektrischer Strom) zur Bildung
von ATP aus ADP + P. Am Schluss reagiert der Wasserstoff mit dem eingeatmeten
Sauerstoff zu chemisch energiearmem Wasser (H2O). Tiere und Menschen bilden
also aus ihrer üblichen Nahrung, selbst wenn diese gar kein Wasser enthält,
eine ganze Menge Wasser. Dies erklärt, weshalb manche Tier ganz ohne Trinken
auskommen können. Wenn Menschen Wasserüberschüsse im Körper haben, können sie
diese ausatmen, ausschwitzen oder als Urin ausscheiden.
Wir haben uns jetzt eine Übersicht über die Atmung, welche die
Hauptprozesse und den zeitlichen Ablauf in den Mittelpunkt stellt, verschafft.
Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Prinzipien in den Mittelpunkt.
1. Bei der Atmung wird Zucker (überwiegend Glukose) allmählich in immer
kleinere Moleküle zerlegt.
2. Dabei werden pro Glukosemolekül 6 CO2 Moleküle abgespalten.
3. Außerdem wird an einigen Stellen die Energie, die das Zuckermolekül
enthält, auf andere Moleküle übertragen. Am häufigsten entsteht das
energiereiche Molekül ATP (Adenosintriphosphat), indem auf das weniger
energiereiche ADP (Adenosindiphosphat) eine Phosphatgruppe übertragen wird. Die
Phosphatgruppen sind negativ geladen, stoßen sich also gegenseitig ab. Diese
Kraft (elektromagnetische Wechselwirkung) ist das A&O fast aller aktiven
biologischen Prozesse.
4. Vom Zuckermolekül (streng genommen von den Molekülen, die beim Abbau
aus dem Traubenzucker entstehen) werden schrittweise die Wasserstoffatome
abgespalten und auf Transportmoleküle übertragen.
5. Die Wasserstoffatome, bzw. deren Elektronen, werden schrittweise auf
verschiedene Substanzen und letztlich auf Sauerstoff übertragen
(Redoxreaktionen). Dieser Prozess (bzw. die zugehörigen Strukturen) heißt
Atmungskette (s. o.). Er läuft an Membranen in den Mitochondrien ab. Einige
dieser Übertragungsschritte liefern genug Energie für die Bildung von ATP.
Wenn die Wasserstoffatome
mit dem eingeatmeten Sauerstoff reagieren, entsteht Wasser, das ausgeschieden
oder anderweitig verwendet wird. Bei der vollständigen Verbrennung eines
Zuckermoleküls entstehen 38 ATP, also viel mehr als die zwei ATP, die in der
Glykolyse bzw. bei Gärungen gebildet werden. Damit erweist sich die Atmung als
wesentlich effektiver als Gärungen. Atmende Lebewesen setzten sich in der
Konkurrenz mit gärenden weitgehend durch. Streng genommen war es die Symbiose
zwischen gärenden Zellen und atmenden Bakterien (spätere Mitochondrien), die
zum Erfolg führte.
Dies kann als Hinweis dafür gewertet werden, das Lebewesen, insbesondere
Menschen, die kooperieren im Durchschnitt erfolgreicher sind, als einzeln
lebende und parasitierende.
Nachdem wir uns nun eine Übersicht über die wichtigsten Prinzipien und
Prozesse innerhalb der Atmung verschafft haben, widmen wir uns jetzt der
räumlichen Zuordnung, also den Orten, an denen das Atmungsgeschehen abläuft.
Die Wege der bei der Atmung beteiligten Stoffe durch den (menschlichen)
Körper
Zunächst betrachten wir die Ausgangsprodukte (Edukte) der Atmung, also
Sauerstoff und Nährstoffe, wie z. B. Zucker oder Fette
Die Nährstoffe gelangen über Mund, Speiseröhre und Magen in den
Zwölffingerdarm und mittleren und unteren Dünndarm. Vor allem dort werden sie
ins Blut übertragen (Resorption) und im gesamten Körper (in alle Zellen)
verteilt.
Der Sauerstoff wird aus der Luft aufgenommen (eingeatmet). In der Lunge
gelangt er ins Blut (Diffusion). Das Blut transportiert ihn zu allen Zellen. In
den Zellen diffundiert er in die Mitochondrien. Dort entstehen aus Nährstoffen
und Sauerstoff Wasser und Kohlenstoffdioxid, die Endprodukte der Atmung.
Deren Wege im Körper wollen wir als nächstes betrachten:
Aus den Mitochondrien gelangen CO2 und H2O ins Cytoplasma der Zelle. CO2
entsteht in geringen Mengen auch im Cytoplasma während der Glykolyse oder
Gärung. Von dort gelangen CO2 und H2O ins Blut und/oder in die
Lymphflüssigkeit. Von dort können sie in die Lunge gelangen und ausgeatmet
werden. Vor allem Wasser kann auch über die Haut (Schweiß) und über die Nieren
(Urin) abgegeben werden.
Fette und Zucker enthalten in der Regel nur Kohlenstoff, Sauerstoff und
Wasserstoff. Bei ihrer Verbrennung, gleichgültig ob im Ofen, Kraftwerk oder
Lebewesen, entstehen daher in der Regel bei vollständiger Verbrennung nur CO2
und H2O. Wenn das Brennmaterial auch andere Elemente, wie Schwefel, Stickstoff,
Phosphor usw. enthält, können auch Salzionen (Mineralien), wie Nitrat, Phosphat
und Sulfat entstehen. Eiweiße enthalten bekanntlich Stickstoff. Wenn Eiweiße
verbrannt werden, wird der überschüssige Stickstoff in Wirbeltieren
hauptsächlich über die Nieren in Harnstoff und Harnsäure ausgeschieden. Die
Mineralien, die Lebewesen ausscheiden und bei der Verbrennung fossiler
Brennstoffe freisetzen, sind in der richtigen Menge fast alle wertvolle
Nährsalze für Pflanzen. Menschen verbreiten jedoch bei ihren Verbrennungen in
Heizungen, Kraftwerken, Fahrzeugen usw. oft zu viel dieser Nährsalze und
schädigen dadurch die meisten Organismen. Erdöl und Kohle sind u. a. deshalb
meistens ungünstigere Brennstoffe als Methanol, Wasserstoff, Propangas
(Camping), weil diese fossilen Brennstoffe viele Elemente, wie N, S, P usw.
enthalten, aus denen problematischere Stoffe als CO2 und H2O entstehen können.
Wir haben gesehen, dass alle Verbrennungen von organischem Material,
gleichgültig ob in Kaminen oder Mitochondrien, prinzipiell gleich sind und zu
ähnlichen Resultaten führen. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied.
Biologische Verbrennungsprozesse im Rahmen der Atmung führen fast
ausschließlich zu Produkten, die für das Leben unschädlich oder nützlich sind.
Bei anderen Verbrennungen (Waldbrände, Kraftwerke, Industrie, Fahrzeugmotoren
usw.) von organischem Material, können, besonders bei nicht ausreichend hohen
Temperaturen, hunderttausende von z. T. giftigen (z. B. krebserregenden)
Kohlenwasserstoffen entstehen. Rauch und Ruß bestehen, im Gegensatz zu
Wasserdampf z. T. aus solchen Substanzen und stellen Hinweise auf die
entsprechenden Gefahren dar.
Fotosynthese
Fast alle Pflanzen erzeugen mit Hilfe des Sonnenlichts aus energiearmen
Stoffen wie CO2, H2O und Nährsalzen (z. B. Ca++, Na+, K+,
SO4--, NO3-, PO4---) energiereiche Substanzen,
wie Zucker, Fette, Eiweiße und Nukleinsäuren. Dieser Prozess heißt
Fotosynthese. Die Summenformel der Fotosynthese lautet:
6 CO2 + 6 H2O
>> C6H12O6 + 6
O2 in Worten:
Kohlenstoffdioxid + Wasser ®
Zucker + Sauerstoff
Diese Formel stellt die Umkehrung der Formel für die Atmung dar. Dies
weist darauf hin, dass zwischen atmenden und photosynthetisierenden Lebewesen
ein für das Leben äußerst wichtiger symbiotischer Materialaustausch und
Kreislauf besteht. Photosynthetisierende grüne Pflanzen (≈autotrophe
Lebewesen) geben atmenden Lebewesen (heterotrophen Lebewesen, wie Tieren,
Menschen, Pilzen und Bakterien.) Stoffe (Zucker und Sauerstoff), die diese
brauchen und erhalten. Atmende Lebewesen geben den fotosynthetisierenden CO2,
H2O und Nährsalze. Fast alle profitieren dabei von der Lichtenergie der Sonne.
Die meisten menschlichen Energienutzungen (auch technische mit Ausnahmen, wie
vor allem der Atomenergie) beruhen auf der Nutzung von Sonnenenergie.
Pflanzen betreiben Fotosynthese, wenn Licht zur Verfügung steht. In der
Dunkelheit atmen sie. Sie atmen also z. B. nachts und im Bereich der Wurzeln.
Die Fotosynthese findet in den Chloroplasten statt. Chloroplasten sind
kleine grüne ellipsoide Körper in den Zellen, die ursprünglich selbstständige
blaualgenähnliche Lebewesen waren. Blaualgen werden heute auch gerne
photosynthetisierende Bakterien genannt, weil sie mit Algen nur entfernt
verwandt sind. Die grüne Farbe nehmen wir wahr, weil der Blattfarbstoff
Chlorophyll die Wellenlängen des Lichtes, die unser Gehirn als grün deutet,
reflektiert. Chlorophyllmoleküle haben die Fähigkeit, die Lichtenergie zu
nutzen, indem sie vor allem mit Hilfe des roten und blauen Lichtes bestimmte
Elektronen auf ihren Schalen auf höhere Energieniveaus heben.
Die Fotosynthese lässt sich formal in zwei Hauptprozesse unterteilen,
die Lichtreaktion und die Dunkelreaktion. Die wichtigsten Prozesse innerhalb
der Lichtreaktion:
Wassermoleküle werden mit Hilfe der Lichtenergie gespalten. Dabei
entstehen Wasserstoff und Sauerstoff. Der Sauerstoff wird ausgeschieden oder
genutzt, wenn die Pflanze atmet. Der Wasserstoff wird in das pflanzliche
Material eingebaut und/oder zur Energiebereitstellung genutzt. Dazu werden
seine Bestandteile, das Elektron und das Proton, wie bei der Atmung, getrennt.
Das Proton gelangt einfach ins wässrige Milieu im Innern aller Zellen. Es
dringt dabei in der Regel in Wassermoleküle ein, so dass H3O+ Moleküle
entstehen. Diese diffundieren, dem Prinzip vom kleinsten Zwang folgend, ohne
Energieaufwand durch Membranen immer dahin, wo sie in der geringsten
Konzentration vorliegen, also z. B. an Orte, an denen sie ausgeschieden oder
„verbraucht“ werden (chemisch reagieren). In unserem Fall vom Chlorophyll zum
Ort der Wasserspaltung. Diese Diffusionsbewegung wird genutzt, um ADP in ATP
umzuwandeln, also um Energie für die Pflanze nutzbar zu machen. Diese
Reaktionen finden an Enzymen in Membranen im Chloroplast statt. Bei dieser
Umwandlung wird eine Phosphatgruppe übertragen. Das nennen Chemiker „phosphorylieren“,
daher die Bezeichnung „zyklische Fotophosphorylierung“ unten. Abbildungen zum
ATP-Molekül und ATP-Bildung finden sich in Schulbüchern.
Das Elektron (aus dem Wassermolekül) wandert zum Chlorophyllmolekül.
Dort ersetzt es ein Elektron, das mit Hilfe der Lichtenergie (Photonen) auf ein
höheres Energieniveau gehoben und weiter transportiert wurde. Diese
energiereichen Elektronen werden auf Transportmoleküle (NADP) übertragen.
Zusammen mit den Protonen, die bei der Spaltung des Wassermoleküls entstanden
und sich frei in wässrigen Lösungen bewegen (können), werden die Elektronen
(als Wasserstoff) samt ihrer Energie in bestimmte vorhandene organische
Moleküle eingebaut. Danach wird zunächst vor allem energiereicher
(verbrennbarer) Zucker gebildet.
In der Lichtreaktion wird auch ATP gebildet. Es ist möglich, die
Elektronen, die auf höhere Energieniveaus gehoben werden, in Kreisprozessen
immer wieder zur ATP-Bildung zu nutzen. Dieser Prozess, bei dem die
energiereichen Wasserstoffe direkt und nur zur Energiegewinnung genutzt werden,
heißt zyklische Photophosphorylierung. Dabei werden die energiereichen
Elektronen nicht in organisches Material eingebaut sondern in einem Kreislauf
zum Wasserrest (OH-) zurücktransportiert und immer wieder im
Chlorophyllmolekül auf ein höheres Energieniveau gehoben.
Auf diese Weise kann die Pflanze unter günstigen Bedingungen (gute
Beleuchtung, Bewässerung, Düngung usw.) soviel ATP bilden, wie sie benötigt.
In der Dunkelreaktion wird nicht nur Wasserstoff in vorhandene Biomoleküle
eingebaut sondern auch CO2. Aus den Molekülen (bestimmte Zucker, wie z. B.
Ribulose 1,5 bisphosphat), die mit H2 und CO2 reagieren, bilden die Pflanzen
Traubenzucker. Aus einem Teil dieser Zuckermoleküle werden in komplizierten
zyklischen Prozessen diese Moleküle immer wieder hergestellt, damit sie immer
wieder für die Reaktion mit H2 und CO2 zur Verfügung stehen.
Aus dem übrigen Teil der Zuckermoleküle können die Pflanzen mit Hilfe
von Enzymen alle anderen Substanzen (Fette, Eiweiße, Nukleinsäuren, Vitamine
usw.), die sie benötigen und aus denen sie bestehen, aufbauen. Dabei werden
natürlich, wenn nötig, weitere Elemente, wie N, P, S usw., die sich i. d. R. in
oder als Nährsalze finden, eingebaut.
Kommen wir noch einmal auf die Wasserspaltung und die Trennung von
Elektronen und Protonen der Wassermoleküle zurück:
Das Wassermolekül ist sehr stabil
und energiearm. Es muss also Energie bereitgestellt werden, um die
Wasserspaltung möglich zu machen. Diese Energie erhält die Pflanze aus dem
Licht, mit dessen Hilfe Elektronen in Chlorophyllmolekülen auf höhere
Energieniveaus (Schalen) gehoben werden. Diese Elektronen können sich mit
einzelnen Protonen zu Wasserstoffatomen vereinigen. Solche Protonen finden sich
im wässrigen Milieu aller Zellen überall und in ausreichenden Mengen. Einzelne
Protonen und Elektronen werden in Zellen häufig vereinigt und getrennt. Deshalb
können wir einzelne freie Elektronen und Protonen vereinfacht wie komplette
Wasserstoffatome werten und behandeln. Ein Elektron, das in einem Chlorophyllmolekül
auf ein höheres Energieniveau gehoben wurde, ist also auch einem
Wasserstoffatom, das bei der Wasserspaltung entsteht äquivalent (gleichwertig).
Jedes dieser Elektronen kann durch ein Elektron aus dem Wassermolekül ersetzt
werden. Das zugehörige Proton gelangt in die wässrige Umgebung im Chloroplast
und diffundiert, dem Prinzip vom kleinsten Zwang folgend, an Orte, an denen
wenige freie Protonen vorliegen. (Dies sind Orte mit höherem pH [vgl. Säuren
und Basen s. o.]). Die Stelle, an der diese Protonenkonzentration niedriger
ist, ist der Ort, an dem das energiereiche Elektron zusammen mit einem freien
Proton in organisches Material eingebaut wird. Im Falle der Atmung (s. o.) ist
es ein Sauerstoffatom.
Die pflanzliche Wasserspaltung ist ein Prozess, den menschliche
Wissenschaftler zu Recht nachzuahmen versuchen. Mit Hilfe dieses Prozesses
könnte ökonomisch und umweltverträglich Wasserstoff (H2), ein potentiell
konstruktiver Treibstoff, gewonnen werden.
Wir haben uns nun einen Überblick über die Naturwissenschaften und die
wichtigsten molekularbiologischen Vorgänge verschafft und widmen uns nun dem
zweiten Fundament für das Verständnis des heutigen Lebens, der Entstehung,
Entwicklung und Geschichte der Welt und des Lebens. Dabei werden wir zunächst
die Beschreibung, später die Gesetzmäßigkeiten, in den Mittelpunkt rücken.
VOM URKNALL ZUR
ELEKTRONISCHEN INTELLIGENZ
Wenn wir die Gegenwart verstehen wollen, müssen wir wie gesagt die
Geschichte kennen. Die Geschichte der Welt lässt sich in verschiedene
Abschnitte unterteilen.
Nach traditioneller Sicht begann die Welt mit dem Urknall.
Darauf folgte eine primär physikalische Entwicklung (Stern- und
Galaxienbildung usw.) bis zur Entstehung der Erde.
Danach folgte auf der Erde ein Abschnitt, den man als chemische
Evolution bezeichnet. Dabei entstanden zahlreiche komplexe, energiehaltige
Moleküle.
Dann begann mit der Entstehung des Lebens die biologische Evolution,
danach die der menschlichen Kultur
und zuletzt die der elektronischen Systeme (Computer usw.).
Wir betrachten zunächst die Entwicklung vom Urknall bis zur Entstehung
der Erde.
Die Geschichte des Universums und der Urknall
Bevor wir einsteigen, machen wir uns kurz klar, wie die heutige Welt
aussieht. Die Erde ist ein Planet, der mit ca. 30 km/sec die Sonne umkreist.
Die Sonne ist einer von mindestens 100 Milliarden Sternen, die eine runde
Scheibe (Diskus), namens Milchstraße, bilden. Da die Sonne ein wenig in
Richtung des Randes dieser Scheibe liegt, sieht man, wenn man zur Mitte der
Scheibe schaut, viele Sterne der Milchstraße die wie ein weißes, milchiges
breites Band aussehen. Dieses Band hat den Namen Milchstraße bekommen. Von
solchen Milchstraßen gibt es wahrscheinlich mindestens zweihundert Milliarden.
Sie sind ziemlich gleichmäßig im Universum verteilt. Man nennt sie Galaxien
(„Galaxie“ ist griechisch und heißt „Milchstraße“, „lac“ ist lateinisch
„Milch“). Galaxien bestehen aus Sternen, Staub, Planeten, Schwarzen Löchern
usw. sowie (hauptsächlich) aus verschiedenen anderen Formen von Materie und
anderer (dunkler) Energie.
Die Urknalltheorie
Wir geben hier eine Kurzfassung wieder, die der heutigen physikalischen
Lehrmeinung entspricht. Wir haben an anderer Stelle eine neue Theorie entwickelt
und vorgestellt, die zum Teil andere (wir meinen bessere und einfachere)
Erklärungen liefert. Es handelt sich um die Zeitgleittheorie. Diese und eine
kurze Einführung in die Relativitätstheorie und Kosmologie finden Sie in meinem
Buch „Das Wesen der Zeit“ (s. u. www.daswesenderzeit.de).
Die meisten Physiker nehmen an, dass vor 13 bis 16 Milliarden Jahren
alle Materie des heutigen Universums an einer sehr kleinen Stelle konzentriert
war. Diese Materie explodierte in der größten bekannten Explosion, dem Urknall.
Die Ursachen für diese Explosion gelten als unsicher. Dies liegt unter anderem
daran, dass die meisten Physiker nur ungern Aussagen über die Zeit vor dem
Urknall machen möchten. Das wiederum hängt mit den Erklärungsmodellen, die sie
z. Zt. bevorzugen, zusammen. Die meisten gehen davon aus, dass das Universum im
Moment des Urknalls unendlich klein war. Ein solcher Zustand wird mathematisch
als Singularität bezeichnet. Immer, wenn die Unendlichkeit ins Spiel kommt,
entstehen für den menschlichen Verstand wie auch für die Mathematik unlösbare
Probleme. Die entsprechende Mathematik fordert z. B., dass erst mit dem Urknall
die Zeit beginnt und entsteht und dass deshalb Aussagen über die Zeit vorher
nicht möglich bzw. rein spekulativ sind. Einige Physiker (z. B. manche
Stringtheoretiker) sind jedoch der Ansicht, dass die Annahme einer Singularität
falsch ist, und deshalb auch über die Zeit vor dem Urknall nachgedacht
(geforscht) werden kann und soll. Der gesunde Menschenverstand, der sich wahrscheinlich weniger irrt als manche
Aussagen der modernen Physik behaupten, kann sich ebenfalls mit der
Vorstellung, dass vor dem Urknall nichts existierte, kaum anfreunden.
Als es nach dem Urknall kälter wurde, entstand zunächst aus Strahlung
Materie (vor allem Elektronen und Quarks). Danach vereinigten sich Quarks zu
Protonen und Neutronen, diese schlossen sich mit Elektronen zu einfachen Atomen
bzw. Elementen (zunächst Wasserstoff, später Helium) zusammen. Später
entstanden z. B. bei Sternexplosionen (Supernovae) auch schwerere Elemente.
Deren Atome verbanden sich zu immer größeren und komplizierteren Molekülen.
Hitze (=Bewegung von Molekülen) zerstört komplexe Materie. Bei sehr hohen
Temperaturen (=hohe Geschwindigkeit der Teilchen), wird Materie (z. B.
Lebewesen) in die einfachsten Bestandteile zerschlagen.
Die Urknalltheorie besagt, dass nach dem Urknall die Welt expandierte
und Raum und Zeit entstanden. Diese Expansion ist bis heute (und wahrscheinlich
auch in der Zukunft) nachweisbar. Astronomen stellen fest, dass fast alle
Galaxien sich umso schneller von uns entfernen, je weiter sie von uns entfernt
sind.
Mit zunehmendem Abstand vom Urknall nimmt nicht nur die Temperatur der
Materie im Durchschnitt ab. Auch die Temperatur (Frequenz) der Strahlung, die
im Urknall entstand, sinkt (scheinbar?). Die schwachen Reste dieser Strahlung
(=Hintergrundstrahlung), die man auch heute noch nachweisen kann, gelten als
wichtiger Beleg für die Urknalltheorie. Durch die Abkühlungen wird die
Entstehung aller komplexen Strukturen, wie z. B. des Lebens, im Universum
möglich. Leben wird ganz wesentlich durch Komplexität charakterisiert. Es
besteht z. B. u. a. aus relativ großen komplexen Kohlenwasserstoffverbindungen,
die auch auf komplexe Weise miteinander wechselwirken. Diese Wechselwirkungen
sind nur möglich, wenn die Temperatur in der Nähe des tiefsten möglichen
Temperatur (=0 Kelvin = ca. -273°C) liegt. Im Vergleich zu vielen Milliarden
Kelvin an verschiedenen Orten im Kosmos sind die ca. 300 Kelvin, die Menschen
auf Erden lieben, fast nichts.
Die Urknalltheorie muss erklären, dass die Materie im gesamten Universum
ungewöhnlich gleichmäßig verteilt ist. Dazu wurde ein Erklärungsmodell
entwickelt, das unter dem Begriff „Inflation“ bekannt wurde. Damit ist eine
ungeheuer schnelle Ausdehnung des Raumes kurz nach dem Urknall gemeint. Wir
kennen eine Erscheinung, die wahrscheinlich dem Gegenteil dieser Superexplosion
des Raumes entspricht: Schwarze Löcher sind von etwas wie einer Antiinflation
umgeben. Der wichtigste Bereich dieser Erscheinung heißt „Ereignishorizont“ und
umgibt schwarze Löcher wie eine Apfelschale. Wenn Materie in ein schwarzes Loch
stürzt, wird sie am Ereignishorizont plötzlich extrem und unaufhaltsam
beschleunigt (=Antiinflation). Hier zieht sich der Raum unaufhaltsam
explosionsartig zusammen. Dies entspricht dem Sturz des Wassers einen Wasserfall
hinunter. Die Analogie zwischen Ereignishorizont und Inflation ist
möglicherweise nicht zufällig. Es könnte sich um die zwei Seiten einer Medaille
handeln. Sollte sich das Universum auf Grund der Gravitationskraft wieder
zusammenziehen, wird es möglicherweise in das größte denkbare Schwarze Loch
(=Antiurknallsonne) stürzen. Dabei wird es durch den Ereignishorizont dieses
Loches stürzen. Der Vorgang ist unter dem Begriff „Antiurknall“ (=Big Crunch)
bekannt. Diese Sonne könnte die Quelle sein, aus der der Urknall entstand. In
diesem Falle würden wir in einem geschlossenen Universum leben (vgl. „Das Wesen
der Zeit“).
Was geschehen wird, hängt von der Ausdehnungskraft (Impuls) und von der
Gravitationskraft der Gesamtmaterie des Universums (Raumzeit) ab. Gibt es
genügend Materie (Dichte), wird sich das Universum in der Zukunft
zusammenziehen. Um die Gravitationskraft ermitteln zu können, muss man die
Gesamtmasse und Dichte des Universums kennen. Zur Ermittlung des Impulses
benötigt man zusätzlich noch die Geschwindigkeit der Materie. Beides können
Physiker heute nicht genau bestimmen.
Die meisten Physiker glauben dennoch zurzeit an eine ewige Ausdehnung.
Das tun sie aufgrund von Befunden, die vor allem Anfang des einundzwanzigsten
Jahrhunderts gemacht wurden, auf die wir hier jedoch nicht näher eingehen
wollen (vgl. Dunkle Energie und Dunkle Materie). Sicher ist, dass die zurzeit
vorliegenden Informationen für klare Beweise der einen oder anderen Sicht nicht
ausreichen.
Aus der Zeitgleittheorie ergibt sich die Hypothese, dass Urknall und
Antiurknall möglicherweise dieselbe oder gleiche Erscheinung -von zwei
verschiedenen Seiten betrachtet- sind. Urknall und Antiurknall sind dann das
gleiche Ereignis. Sie entsprechen den Bereichen direkt über und unter der
Engstelle einer Eieruhr. Noch besser ist ein Kugelmodell: Man stelle sich die
Erde mit zwei riesigen ins Innere führenden Strudeln an den Polen vor. Ein
Strudel führt Wasser (alle Materie) in die Erde, der andere bringt es wieder
heraus. Dann entsprechen die Strudel der Inflation und dem Sturz der Materie in
ein riesiges Schwarzes Loch. Die Pole entsprechen dem Urknall und dem
Antiurknall. Die Zeitgleittheorie fordert, dass die Hälfte der Materie, die in
den Antiurknall stürzt aus der Sicht der anderen Hälfte Antimaterie ist. Dies
bestätigt auch eine Forderung der Physik, wonach im Urknall genau zur Hälfte
Materie und Antimaterie entstanden sein müssen. Wenn Antimaterie auf Materie
trifft, kommt es zu den stärksten Energieumwandlungen (Explosionen) die wir
kennen. Es wird vor allem Materie in Strahlung umgewandelt. Diese Strahlung
wurde später [nach dem Urknall (s. o.)] wieder zu Materie. Diese Umwandlung
(Explosion) nennen wir Urknall. Damit haben wir die Ursache für den Urknall
gefunden. Es ist der Kontakt von Materie und Antimaterie.
Es erscheint heute ebenfalls möglich, dass die Antiurknallmaterie nicht
in unserem, sondern in einem oder mehreren anderen Urknallen wieder explodiert.
Dann hätte unser Universum Verbindungen zu anderen Universen, die z. B. wie
Perlen einer Perlenkette nebeneinander liegen könnten.
Einige Physiker neigen zu der Hypothese, dass in der soeben
beschriebenen Weise vielen oder allen schwarzen Löchern kleine Urknalle
zugeordnet werden müssen. Diese Urknalle werden als weiße Löcher oder (leider
nur selten) als weiße Quellen bezeichnet. Auch sie könnten Verbindungen zu
anderen (parallelen) Universen darstellen.
Damit schließen wir unsere kurze Übersicht über die kosmische Evolution
bis zur Entstehung der Erde. Wer das oben nur kurz angesprochene wirklich
verstehen will, findet nicht nur in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ Hilfe.
Empfehlenswert sind: www.abenteuer-universum.de, das ABC der
Relativitätstheorie von B. Russell usw.
Im nächsten Abschnitt widmen wir und der chemischen- und biologischen
Evolution auf der Erde.
DIE STEUERUNG UND
ENTWICKLUNG EINES LEBEWESENS
Die biologischen Disziplinen, die sich mit diesem Bereich beschäftigen,
sind Genetik und Entwicklungsphysiologie (Entwicklungsbiologie).
Grundsätzlich wird die Entwicklung jedes Lebewesens und jeder Zelle von
genetischen Informationen gesteuert. Die DNA (noch besser den Zellkern) kann
man als ein einfaches Gehirn auffassen, das die Entwicklung eines Lebewesens
und einen Teil seiner Interaktionen mit der Umwelt steuert. Diese Entwicklung
wird aber auf zwei grundsätzliche Weisen auch durch Informationen aus der
Außenwelt gesteuert. Zum einen steuern diese Informationen (Reize, Gifte,
Nahrungsbestandteile, Strahlung usw.) durch direkte Wirkungen auf Körper und
Gehirn. Zum anderen verändert die Außenwelt die genetische Information. Dabei
lernt die DNA ähnlich wie ein Gehirn und bewirkt auch ihrerseits Veränderungen
ihrer Umwelt, benötigt aber, besonders für ihre Lernfortschritte, meistens
erheblich längere Zeiträume. Dieser Lernvorgang bestimmt nicht nur die
Entwicklung von Individuen, sondern macht das Wesen der biologischen Evolution,
also der Entwicklung des gesamten Lebens, aus (s. u. Selektion, Konkurrenz,
Mutation usw.).
Ein wichtiger Trick genetischer Informationsverarbeitungssysteme (DNA),
um die eigene Höherentwicklung und Erhaltung zu bewerkstelligen, ist die
Bildung von Körpern (=Lebewesen, Individuen), die die eingebauten Genome
(Gesamtheit der Gene) schützen und weiterentwickeln. Am erfolgreichsten waren
die Genome, die in ihren Körpern ein zweites Selbststeuerungssystem
entwickelten, nämlich das Gehirn.
Die Ähnlichkeit von DNA und Gehirn zeigt sich auch darin, dass beide die
Zukunft bei ihren Steuerungen berücksichtigen. Auch in diesem Bereich sind
Gehirne wesentlich leistungsfähiger als Genome, aber auch Genome verfügen über
Kenntnisse über die Welt, in der die Organismen, die sie bilden, leben und leben
werden. Z. B. bilden fast alle Wirbeltiergenome Augen, weil sie „wissen",
dass es in der Welt fast aller Wirbeltiere Licht und die Notwendigkeit, sich zu
orientieren gibt bzw. geben wird.
Die biologische Evolution beruht auf dem Zusammenwirken der Genome
vieler Individuen und deren Interaktionen mit der Umwelt. Auch an der
Entwicklung der Kultur sind die evolutionsbiologischen Gesetzmäßigkeiten und
Grundprinzipien entscheidend beteiligt. Zum einen beeinflussen sie auch heute
noch den Menschen direkt, zum anderen erfolgen Entwicklungen in der Kultur
weitgehend nach den gleichen Grundregeln wie in der Natur. Biologische und
kulturelle Evolution sind parallele, ähnliche Vorgänge.
Eine ausgezeichnete detaillierte Beschreibung der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten
kultureller Evolution findet sich bei Karl Popper. Die Lektüre dieses
Philosophen stellt die einfachste Möglichkeit dar, um möglichst schnell einige
gute Antworten auf verschiedene philosophische Fragen zu erhalten, also
wichtige Grundprinzipien dieser Welt zu verstehen. Allerdings sollte man auch
die konstruktive Kritik und Verbesserungen an und von Poppers Konzept studieren
(siehe Kap. „Philosophie“ und Peter Möller www.philolex.de/popper.htm#kri. Wer die
Entwicklungsprinzipien der Wissenschaften verstehen will, sollte außerdem „Die
Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ von T. Kuhn lesen.
Wir wollen nun genauer betrachten wie Genome arbeiten, um die
Entwicklung und Steuerung von Zellen und Individuen verstehen zu können.
Genetik Vererbungslehre
In dieser Wissenschaftsdisziplin geht es um die Entwicklung und
Steuerung von Individuen und Zellen durch Erbinformationen. Es werden also
Fragen beantwortet, wie z. B.:
„Was sind Krebs, Aids usw.?“
„Wie entsteht ein erwachsenes Lebewesen aus einem Ei?“ „Wie entstehen
Merkmale und Eigenschaften aus Genen?“
„Wie steuert der Zellkern (Kapitän der Zelle) das Zellgeschehen?“ usw.
„Genein“ („e“ und „i“ getrennt gesprochen, nicht „ai“) ist griechisch
und heißt „hervorbringen, schaffen.
Gene (=Erbanlagen) sind also „Schöpfer“ und die Genetik ist die Lehre
vom Bau und Wirken dieser Schöpfer. Was Gene letztendlich hervorbringen, sind
Merkmale und Eigenschaften.
Die DNA, eine Nukleinsäure [Details s. o.], ist das fädige Molekül, dass
die Gesamtheit der Gene (auch Genom genannt, darstellt.
Um klare Zielvorstellungen zu haben, betrachten wir zunächst eine
Übersicht:
Die Genetik wird in zwei Untergebiete unterteilt:
1. Molekulare Genetik (Aufbau der DNA, Verdopplung der DNA
(=Replikation), Transkription, Translation [s. u.])
2. Klassische Genetik (Mendelsche Regeln usw.)
hier geht es um die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung
Wir beginnen (weiter unten) mit der molekularen Genetik, weil sie das
notwendige Fundament bildet, ohne dass die Klassische Genetik nicht verstanden
werden kann.
Um die molekulare Genetik verstehen zu können, müssen (bio)chemische und
cytologische Grundkenntnisse bekannt sein (chemische Bindungen, organische
Chemie, Aufbau der Eiweiße usw., Aufbau der Zelle, insbesondere Zellkern und
Endoplasmatisches Retikulum, Endosymbiontenhypothese).
Um die Klassische Genetik verstehen zu können, müssen Sinn und Wesen der
Sexualität, insbesondere Meiose und Mitose bekannt sein.
Wir wiederholen an dieser Stelle in Kurzform, was wir in den Kapiteln
„Sexualität“ und „Evolution“ (s. u.) ausführlich erörtert haben.
Das möglicherweise wichtigste Prinzip der Entwicklung des Kosmos ist das
Mischen von Informationspaketen (»Dialektik [These+Antithese führt zu Synthese).
Immer, wenn man zwei Dinge zusammenfügt, entsteht etwas Neues.
Am Beispiel der Sexualität können wir dieses Prinzip verdeutlichen. Die
Funktion der Sexualität ist nämlich nicht die Vermehrung, sondern die
Kombination von Informationspaketen, die hier Rekombination oder Neukombination
(von Genen) genannt wird. Weshalb Neukombinationen alles Geschehen im Kosmos
(z. B. Kreativität, Technik, alle Entwicklungen nach dem Urknall usw.)
bestimmen, wissen wir nicht genau. Weshalb das Leben Neukombinationen zu seinem
Grundprinzip gemacht hat, ist etwas klarer.
Das Leben ist getrieben von einer (wieder etwas unklaren) Kraft der
Selbsterhaltung (Drang zu vierdimensionaler Größe). Nun ist die Erde aber ein
System, das diese Selbsterhaltung durch ständige Veränderungen
(Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Meteoriteneinschläge usw.) schwer macht. Gegen
diesen ständigen „Terror“ (Selektionsdruck, Wirkung von Ökofaktoren) gab es nur
ein effektives Mittel: Das Leben musste sich ebenfalls ständig verändern. Das
Wesen aller Veränderungen, einschließlich Innovationen, Kreativität usw., ist
aber bekanntlich die Neukombination. Deshalb bestimmen Neukombinationen alle
biologischen und kulturellen Entwicklungen. Am wirksamsten lässt sich
kombinieren, wenn man an Informationszentren ansetzt, also an DNA und Gehirnen
(Computern).
Die einfachste Möglichkeit, verschiedene Gene neu zu kombinieren,
bestand und besteht darin, die Gene zweier Individuen (männlich und weiblich)
zu Mischen oder auszutauschen. Das Leben entwickelte zahlreiche Verfahren, um
das Mischen zu intensivieren. Diese Verfahren werden unter dem Oberbegriff
„Sexualität“ zusammengefasst.
Bakterien begnügen sich bis heute i. d. R. damit sich gegenseitig
DNA-Stücke zuzuschieben, ohne dabei wirkliche Sexualität zu „genießen“.
Allerdings gelingt es ihnen auch mit dieser recht primitiven Parasexualität
(besonders mit ärztlicher Hilfe), z.B. die Resistenz gegen mehrere Antibiotika,
gleichzeitig zu übertragen.
Fast alle anderen Lebewesen gingen dazu über, die kompletten
Erbinformationen zweier Individuen miteinander zu vermischen und diesen ganzen
Neukombinationsvorgang mit der Vermehrung zu verbinden. Das nennen wir heute
„sexuelle Vermehrung“. Die meisten, besonders Pflanzen, behielten sich
allerdings das „Recht“ vor, sich auch weiterhin ohne Sexualität zu vermehren.
Diese Art der Vermehrung nennen wir heute „vegetativ“, weil sie so erfolgt wie
beim Gemüse (vegetable). Diese vegetative Vermehrung findet sich auch bei
Pilzen und vielen Tieren. Nur Vögel und Säugetiere verzichten ganz darauf. Sie
ist für Genetiker ziemlich uninteressant, weil die Nachkommen genetisch fast
immer mit ihren Eltern übereinstimmen. Solche ziemlich unveränderlichen
Nachkommen müssen aber i. d. R. sterben, wenn ihre Umwelt sich verändert.
Vegetative Vermehrung ist also in der Regel nur ein Trick, um sich auch in
Notfällen (kein Partner zu finden usw.) noch vermehren zu können. Damit sind
wir zurück bei der Neukombination durch Sexualität. Das Mischen der
Erbinformationen führt dazu, dass viele verschiedene Nachkommen existieren.
Einige davon passen nun zufällig in die veränderte Umwelt und können überleben.
Wir erinnern noch einmal an unser Beispiel vom Überleben der Füchse beim Beginn
einer Eiszeit: Was in dieser neuen kalten, weißen Welt gebraucht wird
(überleben kann) sind Füchse mit weißem und dichtem Fell. Durch zufällige
Mutationen finden sich unter Hunderttausenden von Füchsen in der Regel einige
wenige, die ein zu dichtes oder zu helles Fell (bzw. zumindest die Gene dafür)
aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Fuchs beide Eigenschaften
(die gewünschte Kombination) in sich vereinigt, ist aber leider äußerst
niedrig. Hier hilft die Natur mittels Sexualität (Kombination!) nach. Unter den
Nachkommen eines „Hellfellweibchens“ und eines „Dichtfellmännchens“ finden sich
meistens einige, die beide Eigenschaften aufweisen. Diese Nachkommen
(Missgeburten?), die unter den vorherigen Bedingungen der Warmzeit wahrscheinlich
ausgestorben wären, sind nun die einzigen die sich erfolgreich fortpflanzen.
Dieses Beispiel zeigt, wie die sexuelle Vermehrung durch Neukombinationen das
Überleben und die Anpassung der Arten an Umweltveränderungen möglich macht.
Der interessanteste Nebeneffekt dieser Erscheinungen ist die
Höherentwicklung des Lebens (Anagenese). Tiere, die, wie z.B. Quallen der
Hochsee, ständig in nahezu unveränderlichen Umwelten (Halbparadiese) leben,
verändern sich kaum. Säugetiere und Menschen konnten nur entstehen, weil ihre
Vorfahren circa 3,7 Milliarden Jahre lang nicht in Paradiesen, sondern unter
harten Selektionsbedingungen, lebten.
Menschen versuchen gerade, sich Halbparadiese, wie sie die Quallen
haben, zu schaffen (ständig ideale Temperaturen, Nahrungsangebote usw.). Leider
glauben sie irrtümlich, dass sie in diesen Paradiesen langfristig, genau wie
die Quallen, so bleiben, wie sie sind. In Wahrheit aber bleiben sie nicht wie
Quallen, sondern sie werden unter Qualen zu Quallen. Sie verlieren allmählich
viele ursprüngliche Merkmale und Fähigkeiten und entwickeln sich allmählich zu
Quallen zurück. Diese Entwicklung zu Unmenschen treiben sie nicht nur mit ihren
Genen, sondern auch mit ihren Gehirnen. Durch schmusepädagogische
Überverwöhnung, machen sie z.B. ihre Kinder zu Tyrannen oder ewig
unzufriedenen, kalten Warmduschern. Manche Gefängnisse machen sie zu
Erholungsheimen und ihre Parasiten (Abzocker, Spitzenmanager?, globale
Ausbeuter usw.) machen sie nachgiebig vergebend zu Wiederholungstätern. Doch
zurück in die Biologie: Wir müssen noch verstehen, wie die Natur die
Mischverfahren optimiert hat. Betrachten wir zunächst das einfachste (nimm DNA
von zwei Lebewesen [Männchen und Weibchen]) und mache daraus ein neues
Individuum (Embryo). Mehrzellige Organismen bilden zu diesem Zweck
Spezialzellen, die Keimzellen oder Gameten, nämlich Spermien und Eier. Das
geschieht in speziellen Organen (Hoden, Eierstöcken, Fruchtknoten,
Staubgefäßen). Der Mischvorgang heißt Befruchtung. Leider bringt er nicht allzu
viele neue Kombinationsmöglichkeiten. Um diese zu erhöhen erfand das Leben u.
a. die Diploidie. Das bedeutet, dass jedes Gen in jeder Körperzelle zweimal
vorliegt. Dies gilt für Wirbeltiere, viele Pflanzen usw. aber keineswegs für
alle Lebewesen. Bei Menschen und den meisten Tieren jedenfalls ist die Vielfalt
schon deshalb erhöht, weil jedes Individuum von (fast) jedem Gen zwei
Ausführungen hat. Diese beiden Ausführungen heißen Allele. Sie müssen im
Einzelfall keineswegs immer verschieden sein, obwohl es meist mindestens einige
Milliarden von Variationsmöglichkeiten gibt. Das grandiose an der Diploidie ist
jedoch, dass die Natur mit ihrer Hilfe das Mischen auf die Spitze treiben
konnte. Während der Bildung der Keimzellen ließen sich nun die Gene auf eine
Weise durcheinandermischen, die jeden Barmixer vor Neid erblassen lassen würde.
Betrachten wir die Ausgangssituation. Jeder Mensch hat 30000 bis 40000 Gene,
(fast) jedes natürlich zweimal. Eines der zwei Exemplare hat er von seinem
Vater, das andere von seiner Mutter. Diese wieder haben diese Mischung aus den
Genen ihrer Eltern äußerst kunterbunt zusammengemischt. Um nun das Mischen noch
weiter zu optimieren, ist bei (fast) jedem Menschen seine gesamte DNA in
weitere 23 Teilstücke zerlegt. Diese Stücke sind zeitweise zwecks Schutz und
besserer Transportmöglichkeiten zusammengeschnürt (kondensiert) und mit
Eiweißen (Histonen) verbunden. In dieser Form nennt man sie Chromosomen (=
anfärbbare Körper). Während der Bildung der Keimzellen (Oogenese =Eibildung,
Spermatogenese (=Spermienbildung), Meiose =Reifeteilung) können diese
Chromosomen beliebig miteinander kombiniert werden. Die Meiose ist die
besondere Form der Zellteilung, bei der die Gameten gebildet werden. Bei
solchen Teilungen (vgl. Mitose) müssen bekanntlich die Erbinformationen in alle
neuen Zellen transportiert werden. Chromosomen sind wörtlich übersetzt
„anfärbbare Körper“, von der Funktion her dagegen sind sie Transportpakete, die die Übertragung der
Erbinformationen in Tochterzellen überhaupt erst möglich machen. Während dieser
Transporte werden die Chromsomen zufällig neu kombiniert (s. unter Meiose
[Teilungsphasen] in üblichen Lehrbüchern, Filmen und unten).
Aber auch diese Kombinationsmöglichkeiten waren der Natur noch nicht
genug. Sie erfand ein weiteres Verfahren, dass die Biologen „Chiasma“ oder
„cross over“ nennen. Das Prinzip: Zu Beginn der Meiose liegen die
langgestreckten Vorformen der gleichartigen Chromosomen (=Chromatiden) parallel
nebeneinander. Gleichartig (Fachausdruck: homolog) bedeutet: Chromosomen mit
den gleichen Genen, aber z. T. verschiedenen Allelen (=spezielle Ausführungen
der Gene s. u.). Diese Chromosomen zerbrechen nun i. d. R. an sehr vielen
Stellen und „wachsen“ „falsch“ wieder zusammen. D. h., zahllose Bruchstücke des
mütterlichen Chromosoms werden mit zahllosen Bruchstücken des väterlichen
(chemisch) verbunden. Durch dieses zusätzliche Mischverfahren hat die Natur die
Zahl der Kombinationsmöglichkeiten in unvorstellbare Höhen getrieben.
Auch das Leben wurde vor allem dadurch in die unvorstellbare
(grauenhafte?) Höhe getrieben, die wir die Menschheit nennen. Grauenhaft wurde
die Menschheit vor allem deshalb, weil sie das freie Kombinieren von
Informationspaketen in ihren Gehirnen auf die Spitze trieb. Dabei entstanden
Speerspitzen, spitze Spitzenmanager und all die bekannten Spitzen von Militär,
Politik, Wirtschaft, Religion usw., die mithilfe einer merkwürdig chaotisch
giftigen Selbststeuerungsbrühe die Menschheit und Tierwelt seit
Jahrzehntausenden bei blühender Krankheit halten.
Mutationen
Damit das Mischen in Natur und Kultur überhaupt Sinn macht, muss ein
Mindestmaß an Verschiedenheit schon vorher vorliegen. Die Abweichungen von der
Norm nennt man bei Erbinformationen „Mutationen“ (von mutare =verwandeln). Sie
können durch bestimmte Stoffe (=Mutagene, krebserregende Stoffe = Kanzerogene),
Viren und energiereiche Strahlung hervorgerufen werden (Genaues s. u.).
Die ganze Kunst der Rekombination macht nur dann Sinn, wenn die Natur
gleichzeitig auch dafür sorgt, dass günstige Mutationsraten das Leben
bestimmen. Das ist ihr auch gelungen. Sie setzt gezielt und in Maßen Schutz-
und Reparaturmechanismen ein, um die günstigsten Raten zu erreichen. Zu viele
Mutationen bedeuten Missbildungen und verringerte Fitness, zu wenige bedeuten
mangelnde Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen. Bei alldem hat die Natur
allerdings (wie immer) nur das Ziel des Überlebens der Art im Auge.
Ganz anders geht der Mensch in seiner Kultur mit Neuerungen
(Innovationen, technischen Veränderungen usw.) um. Er hat das Ziel der
Selbsterhaltung nicht immer und das der Lebensqualität (aller) nur selten im
Auge. Deshalb setzt er (wie üblich) oft und gerne chaotische (masochistische?)
(Selbst)erhaltungsprogramme (Konservatismus) und chaotische Innovationsraten
(Erneuerungsbemühungen) ein und gegeneinander (s. französische- und sexuelle
Revolution, Reformation usw.).
Der Mensch verfügt über ca. 6,5 Milliarden Basen in seiner DNA. Davon
sind ca. 0,1% verändert. Jeder trägt also ca. 6,5 Millionen Mutationen in fast
jeder Zelle in sich. Zum Glück sind fast alle Mutationen ohne wesentliche
Bedeutung.
Generationsdauer
Abschließend fassen wir zusammen und gehen noch auf ein weiteres Mittel
zur Anpassung an Umweltveränderungen ein:
Insgesamt hat die Natur drei Hauptverfahren für diese Anpassungen
entwickelt: hohe Rekombinationsraten, hohe Mutationsraten und kurze
Generationsdauern. Sehr kurze Generationsdauern sind nur bei einfach gebauten
Systemen (vor allem Viren und Bakterien) möglich. Sehr lange Generationsdauern
sind aber für alle Arten langfristig tödlich. Was sollte auch die schönste
Mutation und Rekombination bringen, wenn innerhalb eines Jahrhunderts
entscheidende (tödliche) Umweltveränderungen stattfänden, die Lebewesen aber
Jahrtausende alt werden? Die (eklig?) kurze Lebensdauer des Menschen (aller
Arten) ist also nicht die Fehlplanung irgendeines Schöpfers, sondern ein Trick
der Natur, die Menschheit (alle Arten) langfristig zu erhalten (anpassen zu
können). Dasselbe gilt natürlich auch für Rekombinationen (Sexualität) und
Mutationen.
Molekulare Genetik
Wir widmen uns nun den molekularen Strukturen und Funktionsprinzipien,
da diese das Fundament bilden, auf dem das Wirken der DNA (Vererbungsgeschehen
und Zellregulation) deutlich wird. (Zur Struktur der Nukleinsäuren s. o.).
Als Einstieg widmen wir uns einer genauen Definition des Genbegriffs.
Als wissenschaftlicher Begriff wurde er zuerst von Gregor Mendel, dem Entdecker
der wichtigsten Vererbungsregeln, gebraucht. Bei Mendel war ein Gen (Erbanlage)
ein unbekannter Faktor, der ein Merkmal oder eine Eigenschaft hervorbrachte.
Später fand man heraus, dass die meisten Gene mehrere Merkmale und/oder
Eigenschaften beeinflussen (Polygenie) und dass ein Gen meistens mehrere Merkmale
und/oder Eigenschaften beeinflusst (Polyphänie). Außerdem erkannte man das
eigentliche Wesen des Gens. Materiell war und ist ein Gen ein Stück DNA (ein
DNA Abschnitt). Gleichzeitig hatte und hat der Begriff aber auch eine ideelle
Bedeutung. Zu Mendels Zeit war ein Gen charakterisiert durch eine unbekannte
abstrakte Schöpfungskraft (Gottes). Heute ist die ideelle Bedeutung des
Genbegriffs auf die Erbinformation, die in einem bestimmten DNA-Abschnitt
steckt, reduziert. Ein Gen ist in moderner Sprache ein DNA Abschnitt, der die
Bauanleitung für die Bildung ein Peptids oder Eiweißes oder einer RNA liefert.
Es wird also sowohl das DNA-Material, insbesondere die Basen, als auch die
Reihenfolge dieser Moleküle (=Erbinformation) als Gen bezeichnet.
Grundsätzlich werden also die meisten Befehle (Bauanleitungen) der DNA
durch die Bildung von Eiweißmolekülen ausgeführt beziehungsweise
weitergeleitet. Genauer: Gene veranlassen die Bildung von Eiweißen und RNAs
(Ribonukleinsäuren), die wiederum Strukturen bilden (Struktureiweiße, Ribosomen
usw.) oder gezielt den Abbau oder Aufbau von Stoffen beschleunigen (Enzyme s.
o.) und die (genetische) Aktivität regulieren. Ein Teil dieser Nukleinsäuren
dient dem Bau von Eiweißen, ein Teil aber auch der (direkten) Regulation anderer
Zellaktivitäten, z. B. der Genaktivität.
Wie aber wird nun aus dem Gen (oder aus mehreren Genen) ein (oder
mehrere) Merkmale oder Eigenschaften? Wir wollen hier das Prinzip dieser
Vorgänge kurz exemplarisch beleuchten. Unten folgen die Details.
Vom Gen zum Phän
Phän = äußeres Erscheinungsbild,
Phänomen = Erscheinung
Im einfachsten Falle ist das Eiweiß, das nach der Bauanleitung der DNA
gebaut wird, selbst das Merkmal oder bewirkt unmittelbar eine Eigenschaft. Es
gibt z. B. Pflanzen, die ein rotes Eiweiß bauen, welches das Merkmal „rote
Blütenfarbe“ bildet.
Im Falle des Melanin ist es dagegen so, dass mehrer Enzyme für den Bau
dieses Hautfarbstoffes sorgen. Dabei bauen sie eine Aminosäure (Tyrosin), die
i. d. R. mit der Nahrung aufgenommen wurde, mittels Beschleunigung chemischer
Reaktionen um.
Nun ein Beispiel zu den Eigenschaften: Es gibt eine Erbkrankheit, die
bewirkt, dass die betroffenen Patienten sich selbst Hände, Füße, Zunge usw.
zerbeißen. Diese Krankheit beruht auf einer winzigen Veränderung innerhalb
eines Gens (=Mutation = Erbänderung [s. u.]) (s. auch unter
„Sichelzellenanämie“).
Alle Eigenschaften, z. B. Gefühle, werden entscheidend durch bestimmte
Hormone und Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn verursacht und bestimmt.
Oxytocin beeinflusst Treue, Dopamin Verliebtheit, Serotonin Unruhe usw. Die
Bildung und Konzentration dieser Stoffe (und damit alle Eigenschaften wie
Ehrgeiz, Wut, Phlegma usw.) werden vor allem von Enzymen und Nukleinsäuren
reguliert.
Das Prinzip der
Entwicklung eines Lebewesens
Die Entwicklung eines menschlichen Lebewesens beginnt mit der
Befruchtung. Das wichtigste Steuerungsprinzip dieser Entwicklung besteht darin,
dass verschiedene Gene in bestimmter sinnvoller Reihenfolge abgerufen werden,
also die dem jeweiligen Gen entsprechenden Eiweiße gebildet werden.
Wir betonen an dieser Stelle, dass zeitliche Reihenfolgen genauso das
Wesen der Information ausmachen, wie räumliche. (Zur Wesensgleichheit
(Äquivalenz) von Raum und Zeit siehe unter: www.daswesenderzeit.de). Die Zahl der betroffenen
und beteiligten Dimensionen spielt grundsätzlich keine entscheidende Rolle.
Dabei kommt es häufig zu Fehlregulierungen. Wenn, dank defekter Gene,
ungünstige Befehle gegeben werden, die Befehle in ungünstigen Reihenfolgen
gegeben werden oder Störfaktoren (Contergan, Alkohol, Nikotin usw.) wirken,
sterben Embryonen (Kinder) oder es entstehen Individuen mit Behinderungen.
Auch die Menschheit gibt bei ihrer ethischen und politischen
Selbststeuerung zahllose destruktive Befehle (Gebote, Gesetze, Normen,
technische Anweisungen usw.) in noch zahlloseren destruktiven Reihenfolgen
(Werte- und Informationschaos). Deshalb kann man die Menschheit als Ganzes als
ein behindertes Individuum bezeichnen.
Menschen vermehren sich z. B. oft, bevor sie die Voraussetzungen für die
langfristige Bereitstellung der notwendigen Nahrungsmittel geschaffen haben.
Sie bauen auch Massenvernichtungswaffen, bevor sie die ethische Reife
(z. B. die Überwindung von Statuswahn, rassistischen Wahnvorstellungen usw.)
erreicht haben, um die Verwendung dieser Waffen und vieler anderer technischer
Entwicklungen sinnvoll kontrollieren zu können (weitere Erläuterungen u. a. im
Kapitel „Ethik“).
Doch zurück zur Entwicklung eines Lebewesens (Ontogenese)
Auch der Plan für den sukzessiven Abruf von Genen ist Teil der
genetischen Information. Diese (die meisten) Steuerungsprozesse werden aber
nicht nur mittels Proteinen, sondern auch durch die Bildung zahlreicher
verschiedener Nukleinsäuren (meistens RNAs) gelenkt. Etwas vereinfacht kann man
sagen: Ein Gen verursacht die Bildung eines Eiweiß- oder RNA-Moleküls, das
wiederum ein oder mehrere Gene aktiviert, die wieder andere Eiweiße oder RNAs
bilden, die wieder die Aktivierung oder Inaktivierung anderer Gene bewirken.
Auf diese Weise werden z. B. die Embryonalentwicklung, die Pubertät und
wahrscheinlich auch der biologische Tod eingeleitet.
Die Bildung und der Transport dieser Stoffe sind natürlich mit der
Bildung von Strukturen verwoben. In einem bestimmten Bereich eines Embryos
werden z. B. Stoffe gebildet, die in benachbarte Zellverbände wandern und dort
z. B. kontrolliertes Zellwachstum anregen. Dieser Vorgang heißt Induktion. Das
Zellwachstum kann die Bildung der Wirbelsäule oder von Extremitäten oder
Organen beinhalten.
Bei all diesen Prozessen spielen auch Außenreize und -faktoren, wie z.
B. Strahlung, Gifte, Gravitation, Geräusche, Nahrung usw. (s. u.). eine Rolle.
Von vielen dieser Reizen hat das komplexe vierdimensionale Netzwerk aus Genen,
RNA und Eiweißen bereits Vorabinformationen, die sinnvoll in alle
Selbstorganisationskonzepte eingearbeitet werden können (s. o.).
Die DNA „weiß“ z. B., dass UV-Strahlen die Haut schädigen, aber auch
beim Bau von Vitamin D genutzt werden, können. Deshalb enthält sie Programme
zum Bau von schützendem Melanin (=brauner Hautfarbstoff), zur Reparatur von
UV-Schäden und zur Nutzung der Strahlung für Vitaminsynthesen. Sie sorgt sogar
dafür, dass das Knochenwachstum mittels Produktion von Wachstumshormonen an die
Stärke der Gravitationskräfte angepasst werden kann.
Bei all diesen Regulationen steht sie aber nicht allein da, sondern es
liegt ein hochkomplexes Netzwerk von Innen- und Außenfaktoren vor, dessen
Zusammenwirken Menschen gerade erst zu verstehen beginnen. Wir erinnern an die
Regulation von Enzymaktivitäten (s. o. und unten u. a. unter „allosterische
Effekte) und die Wirkungen aller (insbesondere hormonähnlicher) Umweltgifte (s.
u. „Ökologie“).
Nun könnte man noch fragen, was die Zygote (=befruchtete Eizelle) zu
ihrer ersten genetischen Aktivität veranlasst. Die Ursachen für diese (alle)
Aktivierung liegen in der Eizelle vor der Befruchtung und im Spermium. (Es gab
niemals eine Henne vor oder ohne Ei und umgekehrt.). Für jede genetische
Aktivität gibt es eine Ursachenkette, die ca. 3,8 Milliarden Jahre, also bis an
den Anfang des Lebens, zurückreicht. Dieser Zusammenhang wird deutlich, wenn
man sich bewusst macht, dass alle heutigen befruchteten Eizellen in direkter
Linie von einer (oder wenigen?) Urzelle(n) abstammen, die vor ca. 3,8
Milliarden Jahren entstanden ist. Diese direkte Linie von immer wieder
geteilten Zellen nennt man Keimbahn. Streng genommen reicht die Ursachenkette
sogar mindestens bis zum Urknall zurück. Diese Kette und auch die
Entwicklungssteuerung eines Organismus und einer Zelle bestehen vor allem
darin, dass ein oder mehrere Gene ein oder mehrere andere Gene aktivieren oder
deaktivieren.
Dies ist noch in einer weiteren (oben noch nicht umfassend
angesprochenen) Beziehung kein völlig autonomes umweltunabhängiges Programm.
Vielmehr ist es so, dass dieses Programm, wie alle Gene, von der Umwelt
beeinflusst und verändert wird und auch selbst die Umwelt beeinflusst und
verändert (s. o. und unter „Evolution“). Alle genetischen Programme sind durch
Lernprozesse entstanden. Dabei war und ist die DNA der Schüler und die Umwelt
der Lehrer. Die Selektion ist das Belohnungs- und Züchtigungsmittel des
Lehrers. Die Höherentwicklung des Lebens entspricht der Reifung eines Schülers.
Verbesserte DNAs schaffen leistungsfähigere Gehirne, diese komplexere
technische Umwelten. Diese wiederum werden zu neuen Selektionsbedingungen für
DNAs. Letztere geistern u. a. unter dem Label „Genetische (Selbst)manipulation“
durch menschliche Gesellschaften. Offenbar schaukeln DNAs, Gehirne, Computer,
die Natur und eine äußerst informationshaltige Umwelt sich wechselseitig zu
immer größeren Höchstleistungen hoch, z. B. zu Entwicklungshilfe, Marsflügen,
Massenausbeutung und Weltkriegen.
Betrachten wir diese spannenden gegenseitigen Beeinflussungen
(Neukombinationen) biologischer und kultureller Programme (Erbinformationen,
Gefühle, Verhaltensprogramme, Computersoftware usw.) noch etwas genauer. Seit
einigen Jahren ist z.B. bekannt, dass (im Gegensatz zu früheren Überzeugungen)
erworbene Fähigkeiten manchmal auf Gene Einfluss nehmen, und auch vererbt
werden können. Am spannendsten wird es, wenn man betrachtet, wie menschliche
Gehirne und Gesellschaften gezielt die Erbinformationen von sich und anderen
Lebewesen verändern. Gene haben Menschen mittels Emotionalität dazu getrieben,
Maschinen und Computer zu schaffen und Menschen verändern mithilfe von
Maschinen und Computern diese und sich selbst einschließlich aller
Erbinformationen.
Der Mensch bildet u. a. genetisch mit der (scheinbaren!) Außenwelt ein
vernetztes Gesamtsystem.
Dies nicht zu erkennen, sondern den Menschen als isolierten Beobachter
und Gestalter der Welt zu betrachten, gehört ebenfalls zu den größten Fehlern
der Menschheit. Um die Menschheit sinnvoll zu steuern, muss man jedoch u. a.
physikalische, genetische, ökologische, wirtschaftliche, politische und
philosophische Vernetzungen berücksichtigen. Zum Teil katastrophale Fehler,
welche durch entsprechende Nichtberücksichtigungen entstehen, werden in allen
Kapiteln angesprochen.
Genetische Programme bewirken weitgehend umweltunabhängig, dass zunächst
die Gene, die die Embryonalentwicklung einleiten und steuern aktiviert und
später weitgehend deaktiviert werden. Wenn die Umwelt es erfordert (Selektion
[Konkurrenz, Temperaturschwankungen usw.]), können diese Programme geändert
werden.
Es gibt zum Beispiel Amphibien, die ausschließlich im Wasser
unterirdischer Grotten leben, so dass eine normale Entwicklung zum sehfähigen
und lungenatmenden erwachsenen Landtier keinen Sinn mehr macht. Außerhalb des
Wassers findet sich in den Grotten kaum Nahrung. Diese Tiere (Axolotl) haben
die meisten Gene, die sie für die Entwicklung zum erwachsenen Tiere benötigen,
abgeschaltet oder aufgelöst und werden als Larven geschlechtsreif (Neotenie [s.
o.]). Sie entwickeln z. B. keine Beine oder Augen.
Ein anderes Beispiel für das
Zusammenwirken von Umwelt und Erbinformation (das wir oben schon kurz
angesprochen haben) ist die Bildung des braunen Hautfarbstoffs Melanin. Die
entsprechenden Gene werden nur aktiv, wenn die Haut ultravioletter Strahlung
ausgesetzt wird. Hier verrät die DNA sogar Kenntnisse über mögliche
Veränderungen der menschlichen Umwelt und über die Notwendigkeit (Fähigkeit) zu
sparen. In gemäßigten Zonen werden (u. a. abhängig von Jahreszeiten und
Sonnenstudiobesuchen) –viel stärker als in Äquatornähe- Gene für die Bildung
des Melanins abwechselnd aktiviert und inaktiviert.
Die Steuerung der Lebensprozesse wird von den Eiweißen z. T. auch
halbautonom vorgenommen. Die bekanntesten dieser Steuerungen sind Regelungen
durch Hormone. RNAs und Eiweiße können Gene an- und abschalten. Sie können aber
auch Enzyme aktivieren und deaktivieren. Sowohl Gene, als auch Enzyme werden
aber häufig auch durch andere Stoffe (z. B. Nahrung) aktiviert oder
deaktiviert. Besonders typisch sind zwei Regulationsmechanismen.
Wenn ein Stoff (z. B. ein Nährstoff) in hoher Konzentration vorliegt,
werden die Enzyme, die ihn um- und abbauen, verstärkt gebildet. Dieser
Mechanismus heißt Substratinduktion. Solch ein Ausgangsprodukt kann ein
Nährstoff (z. B. ein Zucker) sein.
Wenn ein Stoff (meistens ein Endprodukt) in hoher Konzentration
vorliegt, werden die Enzyme, die ihn bilden, durch ihn inaktiviert, bzw. deren
Bildungsrate verringert. Man spricht von Endproduktrepression.
Zu diesen Regulationen (speziell die, die sich auf die Aktivierung von
Genen beziehen) haben Biologen ein Erklärungsmodell entwickelt, das
Operon-Modell. Man sollte es mit Abbildungen in Büchern, Internet usw. genauer
studieren.
Manche Enzyme verfügen über einen direkten Regulationsmechanismus. Sie
haben neben dem aktiven Zentrum noch einen zweiten Kontaktbereich, der
allosterisches Zentrum genannt wird. In dieses Zentrum passen bestimmte Stoffe
so, wie Substrate in das aktive Zentrum. Diese Stoffe verändern die
Enzymaktivität, wenn sie das allosterische Zentrum besetzen. Das Endprodukt
einer Stoffwechselkette kann sich z. B. an das allosterische Zentrum eines
Enzyms, das an der Herstellung dieses Endprodukts arbeitet, anlagern und
dadurch die Bildung dieses Endprodukts verlangsamen (negative Rückkopplung).
Dies ist ein Beispiel für einen Regulationsmechanismus für
Stoffwechselaktivitäten, bei dem Enzyme ihre eigenen Aktivitäten teilweise
autonom steuern.
Auch zu diesem Vorgang finden sich Parallelen in der übrigen Natur und
in der Kultur: Ein Beispiel aus Natur und Kultur ist die oben schon besprochene
intraspezifische Selektion (s. auch unter „Evolution“). Diese Auslese innerhalb
einer Art, findet z. B. statt, wenn die Individuen große, starke, schöne,
wohlriechende usw. Fortpflanzungspartner eindeutig bevorzugen. Wenn so das
äußere Erscheinungsbild der Individuen einer Art gleichgehalten wird
(stabilisierende Selektion), liegt eine Regelung (negative Rückkopplung) vor.
Dies entspricht der Konstanthaltung irgendwelcher Stoffkonzentrationen in
Zellen, oder der Wohnzimmertemperatur, oder von Bevölkerungsdichten, oder von
Bauteilen eines Autos in der Fabrik. Kulturell betrachtet entspricht es dem
Prinzip der Konservation.
In der menschlichen Kultur wimmelt es von Beispielen menschlicher und
unmenschlicher Rückkopplungen (Selbststeuerungen). Eines (für Liebhaber des
Horrors) ist die Globalisierung. Hier steuern die fettesten Bonzen (spitzesten
Manager) und Feinde der Anarchie mit Hilfe einer interkontinentalen Anarchie
die Renaissance (=Wiedergeburt) der Ausbeutung des vierten Standes. Die
wichtigsten Größen, die hier konstant gehalten werden müssen, sind die
niedrigen Löhne der Arbeiter, die hohen Arbeitsleistungen von Kindern und der
niedrige Informationsfluss über diese kindliche „Freizeitgestaltung“.
Die zentrale und übergeordnete Steuerung der zellulären
Stoffwechselregulationen geht natürlich von der DNA aus.
Schon diese kurze Übersicht über die wichtigsten Regulationsmechanismen
zeigt die Komplexität der Steuerung eines Lebewesens. Sie ist wahrscheinlich
ähnlich komplex, wie die Steuerung der menschlichen Gesellschaft. Kein Arzt,
kein Biochemiker und kein Direktor eines Chemieunternehmens hat die Komplexität
des biochemischen Geschehens in einem Lebewesen auch nur annähernd verstanden.
Millionen von (teilweise unbekannten) Stoffen treten in Trilliarden von
(größtenteils unbekannten) Wechselwirkungen (z. B. Nebenwirkungen). Bekannt
sind nur die wichtigsten Grundzüge und ein Teil der Details, aber nur ein
kleiner Teil der Abhängigkeiten zwischen allen Details. Auch die besten
Computer wären völlig überfordert, wenn sie das Zusammenwirken von über 30.000
Genen, mindestens 50.000 Genprodukten und Hunderttausenden von aus der Umwelt
aufgenommenen Stoffen berechnen müssten. Viele Schadstoffe, Gifte, Medikamente
usw. verändern die Aktivität von Genen und Enzymen. Diese Veränderungen können
wieder unübersehbare weitere Veränderungen nach sich ziehen.
Es ist also z. Zt. grundsätzlich unmöglich, die völlige Unschädlichkeit
irgendwelcher synthetischer Chemikalien zu beweisen. Beweisen kann man nur,
dass in der Gegenwart an bestimmten Orten keine wesentlichen messbaren Effekte
auftreten. Wir können uns jedoch ganz sicher sein, dass viele, wahrscheinlich
die meisten, Effekte z. Zt. nicht messbar sind. Wir wissen aber, dass z. B.
Hormone und hormonähnliche Pestizide auch in sehr geringen Konzentrationen
Wirkungen zeigen. Am bekanntesten sind einige Billionen Verweiblichungen
(einschließlich Unfruchtbarkeit) bei allen männlichen Wirbeltiere (auch beim
Menschen) mittels östrogenähnlicher Pflanzenschutzmittel.
Die genetische Verschiedenheit der Lebewesen bewirkt außerdem, dass
viele Schadstoffe nur bei einem Teil der Lebewesen, auch der gleichen Art, als
Gifte wirken. Dies gilt zum Beispiel für das Wirken einiger Holzschutzmittel
auf den Menschen.
Alle (üblichen!) beschönigenden Aussagen über die Gefährlichkeit von
Chemikalien werden dadurch nochmals zusätzlich fragwürdig, dass sie sich immer
nur auf die Gegenwart, nicht aber auf die Zukunft beziehen können. Ein in der
Gegenwart harmloser Stoff kann z. B. in der Zukunft durch die Kombination mit
einem Stoff, der erst Jahre später zum ersten Mal synthetisiert wird, zu einem
Gift werden. Tückischer Weise tritt dann die Giftwirkung nur an Orten auf, an denen
beide (oder noch mehr) Stoffe gemeinsam auftreten. Auch in der Gegenwart ist es
nie so, dass bei der Überprüfung der Gefährlichkeit eines Stoffes alle
möglichen Umfelder, das sind vor allem andere Stoffe und Strahlungen,
berücksichtigt werden. Auch die Verschiedenheit der Menschen und anderer
Lebewesen wird fast immer zu wenig berücksichtigt.
Eiweißsynthese Proteinbiosynthese Translation
Protein = Eiweiß Translation =
Übersetzung
Als Nächstes wollen wir uns etwas genauer ansehen, wie Eiweißmoleküle
nach der Bauanleitung der DNA gebildet werden. Zunächst erinnern wir noch
einmal an das Prinzip.
Eiweiße bestehen aus Bauelementen (Molekülen), den Aminosäuren, die in
einer bestimmten Reihenfolge chemisch verknüpft werden müssen. Die Reihenfolge
der 20 verschiedenen Aminosäuren (Zeichen) in Eiweißmolekülen stellt eine Kopie
der genetischen Information (=Reihenfolge von Basen oder Tripletts) dar und
bedingt die Funktionsfähigkeit des Enzyms. Die informatorische und
architektonische Leistung der DNA besteht also darin, dafür zu sorgen, dass die
Aminosäuren der Eiweiße in der für das langfristige Überleben günstigsten
Reihenfolge verknüpft werden. Günstig heißt, dass Eiweiße (usw.) die Struktur
erhalten, welche optimale Regulationen (z. B. kontrollierte Reaktionsbeschleunigungen
und Genaktivierungen) und den optimalen Bau größerer Strukturen (z. B. Zellen,
Organe, Körper, Gesellschaften) ermöglichen.
Dazu verwendet die DNA eine simple Strategie. Sie sorgt dafür, dass die
Reihenfolge ihrer eigenen Bausteine bei der Eiweißbildung kopiert (besser:
übersetzt) wird. Der Bau der Eiweiße kann also als Übersetzungsvorgang oder
Codierung aufgefasst werden. Das Wesen der Sprache der DNA, also der
genetischen Information, liegt bekanntlich in der Reihenfolge ihrer Bausteinmoleküle,
den Nukleotiden (Definition s. o.) bzw. Basen. Die beste Reihenfolge ist die,
die den Organismen die höchste biologische Fitness (Lebensdauer und
Lebensqualität?!!) verleiht. Das gilt natürlich auch für Informationen und
Funktionen in Gehirnen.
Was Lebensqualität ist und wie man sie erreicht, könnte übrigens die
wichtigste grundsätzliche Frage sein, die Menschen sich stellen können und
sollten. Das gilt besonders deshalb, weil sie sich relativ wenig damit
beschäftigen und in allen Kulturen eine Menge antihedonischer und sich
widersprechender Vorschläge verbreiten, aufzwingen und verwirklichen.
An dieser Stelle wollen wir klären, was die Strukturen und Informationen
von und in Eiweißen bzw. Nukleinsäuren mit Fitness und Lebensqualität zu tun haben.
Wodurch kann die Reihenfolge von Aminosäuren in einem Eiweiß für Leben und
Lebensqualität entscheidend werden? Dazu sollte der Leser sich zunächst noch
einmal über den Bau von Eiweißen (Strukturtypen, aktives Zentrum usw.)
informieren. Der wichtigste Gedanke in diesem Zusammenhang besteht darin, dass
die Primärstruktur (Reihenfolge der Aminosäuren) alle anderen Strukturen
bestimmt. Dass ein fehlerhaft gebautes Strukturprotein (z. B. ein Muskeleiweiß)
zu fehlerhaften Makrostrukturen und Fehlfunktionen (Muskelschwund,
Muskelschwäche usw.) führen kann, ist offensichtlich.
Bei Enzymen ist das Geschehen etwas komplizierter. Bei ihnen stehen die
Funktionen im Vordergrund. Dafür aber sind wieder Strukturen entscheidend. Es
ist vor allem das aktive Zentrum, das über das Funktionieren entscheidet. Hier
muss die Form genau zum Substrat passen und an den richtigen Stellen müssen
geladene Seitengruppen liegen. Diese können bestimmte Bindungen, also
(elektrisch negativ geladene!) Elektronen, so verschieben, dass chemische
Reaktionen leichter möglich werden. All diese Strukturen entstehen nur dann
optimal, wenn die Reihenfolge von Basen (=Erbinformation) und Aminosäuren
(Enzymstrukturen) stimmen.
Wir wollen an dieser Stelle nochmals betonen, dass die menschliche Unterscheidung
zwischen Funktion und Struktur mehr oder weniger künstlich und anthropomorph
ist. Das Wesen aller Funktionen (Prozesse) liegt im Gleiten über
vierdimensionale Strukturen (s. „Das Wesen der Zeit“, Einstein, H. Weyl usw.).
In der DNA finden sich vier verschiedene Basen. Sie heißen Adenin,
Thymin, Cytosin und Guanin und werden mit A, T, C und G abgekürzt. Den 20
verschiedenen Zeichen der Eiweiß“sprache“ stehen also nur vier Zeichen der
genetischen Sprache gegenüber. Unter diesen Bedingungen ist eine Übersetzung
unmöglich. Dieses Problem hat die „DNA gelöst“, indem sie ihre vier Zeichen zu
Gruppen zusammengefasst hat, die dann ihrerseits zu (mehr) neuen Zeichen
wurden.
Wenn sie Zweiergruppen, wie z. B. „AT“ gewählt hätte, hätte sie 42 also 16 verschiedene Zeichen zur Verfügung
gehabt. (Die Zahl [2] der Elemente einer Gruppe erscheint hier als Hochzahl
[=Exponent]). Es sind die Zeichen AA, AT, AC, AG, TA, TT, TC, TG, CA, CT, CG,
CC, GG, GT, GA, GC. Auch das sind zu wenig für 20 Aminosäuren. Deshalb „wählte"
die DNA Dreiergruppen als Zeichen. Diese Dreiergruppen heißen allgemein
Tripletts. Es gibt also 43 = 64
verschiedene Tripletts.
Damit haben wir die biochemischen und informationstheoretischen
Grundlagen gelegt, um den Prozess der Eiweißsynthese (Proteinbiosynthese) zu
verstehen und machen uns zur Erleichterung des Verständnisses nun kurz mit den
räumlichen Bedingungen vertraut.
Die Proteinbiosynthese
Die Proteinbiosynthese findet am endoplasmatischen Retikulum in fast
jeder einzelnen Zelle statt (endoplasmatisches Retikulum = ER = im Cytoplasma
gelegenes Netzwerk). Das
endoplasmatische Retikulum ist ein aus Membran gebildetes Netzwerk aus Röhren
und Platten (endo = innen, Retikulum = Netzwerk). Wenn es mit Ribosomen besetzt
ist, nennt man es raues endoplasmatisches Retikulum. Die Ribosomen sind kleine
Körperchen, an denen die Proteinbiosynthese stattfindet (soma = Körper). Die
DNA befindet sich im Zellkern. Das ist, aus der Sicht der beteiligten Moleküle,
vom endoplasmatischen Retikulum relativ weit entfernt.
Um diese Entfernung zu überbrücken, bildet und benutzt die Zelle ein
Botenmolekül namens Boten- oder messenger-RNA. Diese m-RNA bringt die Botschaft
„Reihenfolge von Tripletts“ in kleinen, gut transportierbaren fädigen Portionen
durch die Kernporen zum endoplasmatischen Retikulum. Diese Botschaft (Bauplan
für ein Eiweiß) wird vorher (im Kern) durch ein nicht ganz genaues Kopieren von
der DNA auf die m-RNA übertragen. Dabei bezieht sich die Ungenauigkeit nicht
auf die ideelle (Erb)information, sondern auf die Bausteinmoleküle, also auf
materielle Strukturen. Diese sind bei DNA und RNA teilweise unterschiedlich.
Die m-RNA unterscheidet sich von der DNA vor allem durch zwei Dinge. Zum Ersten
wird in RNA die Base Uracil statt, wie in DNA, Thymin eingebaut. Zum Zweiten
wird statt des Zuckers „Deoxyribose“ der Zucker „Ribose“ verwendet. Wegen
dieser Unterschiede spricht man bei der Bildung von RNAs nicht von Kopieren
oder Duplizieren, sondern von Transkription (Überschreibung).
Im einfachsten Falle ist eine m-RNA ziemlich genau die Abschrift eines
Gens, also auch genau die Vorlage für die Bildung eines Eiweißes oder
Polypeptids. Bei der Transkription, werden Nukleotide (Bausteinmoleküle) der
m-RNA entsprechend der Reihenfolge der DNA-Nukleotide mit Hilfe von Enzymen
zusammengebaut. Dabei sind die Nukleotide beider Nukleinsäuren, wie die Perlen
einer Perlenkette auf einem Faden, auf einem so genannten Nukleinsäurestrang
aufgereiht. Sie sind in Längsrichtung durch chemische Bindungen miteinander
verknüpft.
Die Nukleotide bringen sich gewissermaßen selbst in die richtige
Reihenfolge, indem immer nur ganz bestimmte Basen (die informatorisch
wichtigsten Bestandteile der Nukleotide) durch Wasserstoffbrückenbindungen
miteinander paaren. Bei der Transkription liegen sich ein m-RNA-Einzelstrang
und ein DNA-Einzelstrang mehr oder weniger parallel gegenüber. Dies entspricht
den beiden Strängen eines Reißverschlusses. Ein Einzelhaken des
Reißverschlusses kann mit einem Nukleotid verglichen werden. Diese und viele andere
Prozesse werden nur restlos verständlich, wenn man sie auch an Abbildungen und
filmischen Darstellungen in Schulbüchern, im Internet usw. studiert.
Die m-RNA wandert durch Poren in der Doppelmembran des Zellkerns
(=Kernhülle) zu den Ribosomen am endoplasmatischen Retikulum im Cytoplasma. Sie
trägt in sich die Informationen für den Bau eines Eiweißes in Form der
Reihenfolge ihrer Tripletts, die aufgrund der Reihenfolge von DNA Bausteinen
festgelegt wurde.
Die DNA hat diese Reihenfolge durch milliardenjährige Lernerfahrungen
(Evolution, Selektion) entwickelt und mit Hilfe von Mutation und Rekombination
immer wieder verbessert (Erklärungen unten unter „Evolution“). Entsprechend
dieser Reihenfolge müssen nun Aminosäuren miteinander verknüpft werden. Diese
Verknüpfungen nehmen Enzyme auf der Oberfläche von Ribosomen
(Eiweißbaumaschinen) vor. Um die jeweils richtige Aminosäure, wie die Waggons
eines Zuges, an die jeweils richtige Stelle zu transportieren, bedarf es noch
eines weiteren Hilfsmoleküls, der transfer-RNA abgekürzt t-RNA (transferre =
übertragen). Von diesen „Rangierlokomotiven“ der Zelle gibt es, wie von
Aminosäuren, mindestens 20 verschiedene. Jede t-RNA passt genau zu nur einer
Aminosäure (Waggon). Jede t-RNA wird von einem von mindestens 20 verschiedenen
Enzymen mit seiner zugehörigen Aminosäure verbunden. In jeder normalen Zelle
finden sich unzählbar viele solcher Komplexe, die zum Zwecke der Eiweißsynthese
zu den Ribosomen wandern können.
Die Aminosäuren stammen i. d. R. aus der Nahrung, die t-RNAs werden
genau wie M-RNAs nach DNA-Bauanleitungen gebaut. Ihr Baumaterial stammt
ebenfalls zum Teil direkt aus der Nahrung. Z. T. werden aber sowohl viele
Aminosäuren als auch alle Nukleotide (auch mittels Enzymen) aus einfachen
Molekülen von der Zelle selbst aufgebaut.
Jede t-RNA hat eine Erkennungsregion, die genau zu einem Triplett der
m-RNA am Ribosom passt. Diese Erkennungsregion ist ebenfalls ein Triplett. Die
Erkennungstripletts der t-RNA heißen Anticodons, weil sie wie ein Spiegelbild
zum Codon (=mRNA-Triplett) passen. Die Paarung zweier verschiedener Tripletts
miteinander beruht auf der Paarung jeder der drei Basen eines Tripletts mit je
einer Base des anderen Tripletts. Adenin paart durch
Wasserstoffbrückenbindungen mit Thymin (Uracil), Cytosin entsprechend mit
Guanin. Diese Paarungen stabilisieren auch die Doppelhelixstruktur der DNA.
Ein Triplett der RNA heißt Codon. Ein Triplett der DNA heißt Codogen,
weil es ein Codon hervorbringen hilft (zur Erinnerung: genein [griechisch, e
und i werden getrennt gesprochen] heißt hervorbringen). Gene sind also
Hervorbringer oder Schöpfer. Zu jedem der zwanzig verschiedenen Codogene passt
ein Codon, zu jedem Codon passt ein Anticodon. Die Codogene der DNA paaren bei
der Synthese der m-RNA genauso mit den Codons der m-RNA, wie Codons mit den
Anticodons bei der Eiweißsynthese.
Codon und Anticodons paaren kurzzeitig miteinander. So wird einem
bestimmten Codon ein bestimmtes Anticodon und damit natürlich auch eine
bestimmte Aminosäure zugeordnet. Die m-RNA steht stets mit zwei nebeneinander
liegenden Codons in lockerem Kontakt mit einem Ribosom. An jedem dieser Codons
paart stets gleichzeitig je eine t-RNA (ihr Anticodon) mit ihrer zugehörigen
Aminosäure. So kommen zwei Aminosäuren entsprechend der von der m-RNA
vorgegebenen Reihenfolge nebeneinander zu liegen. Während dies geschieht,
werden die beiden Aminosäuren, mit Hilfe von Enzymen auf den Ribosomen,
chemisch miteinander verbunden (Peptidbindung). Sobald dies geschehen ist
wandert die bisher letzte t-RNA von ihrer Bindungsstelle am Ribosom zur
Bindungsstelle der bisher vorletzten. An der nun freien
(Aminoacyl-tRNA-)Bindungsstelle lagert sich eine neue tRNA (mit Aminosäure) an.
Die neue ist eine t-RNA, deren Anticodon zum nächsten Codon passt. Auch die
neue mitgebrachte Aminosäure wird mit den schon miteinander verbundenen
Aminosäuren (Peptid) verknüpft, nämlich mit der letzten. So wird eine
Aminosäure nach der anderen entsprechend der Reihenfolge der Codons
herangeführt und mit den schon zusammengebauten verknüpft, bis das benötigte
Peptid gebildet ist.
Die Begriffe Peptid und Eiweiß sind weitgehend synonym
(gleichbedeutend). Ein Peptid aus zwei Aminosäuren heißt „Dipeptid, aus drei
Aminosäuren „Tripeptid“ usw., aus mehreren „Oligopeptid, aus vielen „Polypeptid“
oder „Eiweiß“.
Die fertigen Eiweiße können nun und nur, wenn ihre Aminosäuren die
korrekte Reihenfolge aufweisen, ihre Aufgaben in Zellen oder Organismen
erfüllen. Bestimmte Struktureiweiße bilden zum Beispiel fädige Moleküle, die in
Muskelzellen und Muskelfasern der Bewegung dienen.
Enzyme beschleunigen chemische Reaktionen.
Um dies zu veranschaulichen, werden gerne die Bildungen von Farbstoffen
als Beispiele herangezogen. Wir erinnern: Blütenfarbstoffe oder Melanin, der
braune Hautfarbstoff des Menschen und vieler Tiere, werden mit Hilfe von
Enzymen aus Biomolekülen (=Vorstufen) hergestellt. Für die Herstellung des
Melanins zum Beispiel dient eine Aminosäure namens Tyrosin, die u. a. im
Nahrungseiweiß vorkommt, als Ausgangsprodukt.
Enzyme sind aber auch an allen z.
T. weniger deutlich erkennbaren Leistungen, wie Denken, Fühlen, Bewegung usw.
von Zellen und Organismen entscheidend beteiligt. Neurotransmitter wie
Adrenalin, Dopamin, Oxytocin, Serotonin, Acetylcholin usw., die Unruhe,
Verliebtheit, Treue usw. (mit)verursachen oder beeinflussen, werden mit Hilfe
von Enzymen hergestellt. Auf diesem Wege werden z. B. viele angeborene Anlagen
für Verhaltensweisen aktiv.
Ein Organismus (bzw. seine Erbinformation) ohne (nennenswerte)
Erbfehler, also mit ausschließlich funktionsfähigen Eiweißen, wird in der
Biologie als Wildtyp bezeichnet. Die Bezeichnung Wildtyp rührt daher, dass die
ursprüngliche arterhaltende Erbinformation bei Wildtieren deutlich häufiger
auftritt als bei Haustieren und Menschen (s. u.).
Wie kommt es nun, dass bei Strukturen und Funktionen von Eiweißen Fehler
auftreten können?
Die meisten grundsätzlichen Fehlertypen und Ursachen sind: Vergiftungen,
Strahlungen, Mutationen, Temperaturschwankungen usw.
Die meisten Fehlertypen bewirken, dass Enzyme nicht korrekt arbeiten. Es
können natürlich auch die verschiedenen Nukleinsäurepolymerasen sein. Besonders
interessant wird es, wenn die Enzyme, die t-RNAs und die zugehörigen
Aminosäuren verknüpfen fehlerhaft arbeiten. Diese Zuordnung ist genauso
wichtig, wie der gesamte genetische Code. Deshalb spricht man bei dieser
Zuordnung zwischen den 20 Aminosäuren und den 20 tRNAs auch vom 2. Genetischen
Code. Fast alle Fehler, die Enzyme, Nukleinsäuren usw. im Körper machen,
vermindern die Leistungsfähigkeit des betroffenen Organismus, wirken sich aber
meistens nicht unmittelbar tödlich aus.
Viele Menschen wünschen sich Fehler dieses Typs sogar, weil
unökonomisches Arbeiten in ihrem Innern sie u. a. zu schlechten Kostverwertern,
also schlank, macht. Es ist in der menschlichen Überflussgesellschaft
interessanterweise nicht unüblich, diese (alle) schlechten Kostverwerter als
normal, gesund und beneidenswert zu bezeichnen. Gute, also genetisch
ursprüngliche, Kostverwerter, werden, zumindest wenn sie übergewichtig sind,
gerne als bedauernswerte, vom Schicksal hart getroffene Geschöpfe bezeichnet.
Dies ist eine der interessantesten Methoden, um von Bewegungsfeindlichkeit,
Erziehungsfehlern, Selbstschädigung durch Übergewicht und mangelnder
Selbstdisziplin abzulenken.
Ein Teil der Fälle von menschlichem Übergewicht geht allerdings wirklich
z. T. auf genetische (zum größten Teil auch auf erworbene) Fehler zurück, für
die man die einzelnen Übergewichtigen nicht verantwortlich machen kann, und
welche diese auch nur schwer beeinflussen (kontrollieren) können.
Unabhängig von Schuld und Sühne kostet das Übergewicht in den reichen
(kulitivierten?) Nationen Millionen Menschen Leben und/oder Lebensqualität,
während die armen überhaupt nicht an (Über)gewicht leiden. Hier stieß man auf
eine himmelschreiende Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Das ließ sich mit den
Idealen „Gleichheit und Gerechtigkeit“ der kultivierten Herrschaften nicht
vereinbaren. Gleichgültig, ob sie sich schuldig fühlen oder nicht, beteiligen
sich doch die meisten an weltweiten „Wiedergutmachungs“- und
„Ausgleichs“maßnahmen bei der globalen gerechten Verteilung der Sterbe- und
Fettanteile. In solchen Fällen gehen bekanntlich selbst die fettesten großen
Massen mit den schlanksten Minderheiten durch dick und dünn:
Um wenigstens global ein „gesundes“ (un)menschliches
Durchschnittsgewicht und gleiche Sterberaten zu erreichen, ließ und lässt man
rund um den Äquator mit Vorliebe magersüchtig wirkende Kinder höchst allmählich
in Sand beißen (Gras ist meist keins da).
Würde man dabei nur Kinder, die schlechte Kostverwerter sind,
berücksichtigen, käme man auf ziemlich niedrige Quoten. Diese „faulen Bengel“
des unkultivierten Südens haben ihre Erbinformationen noch nicht so erfolgreich
hingerichtet, wie die fleißig fressenden frikadellophilen fast-food-Fettsäcke
des kultivierten Festens. Da aber Quoten und Brüderlichkeit ebenfalls zu den
heiligen Idealen der industriellen Ethik gehören, entschloss man sich auch
jedes Jahr einige Millionen unterentwickelte „Blagen“ des Südens ohne
Kostverwertungsdefekte solidarisch, brüderlich mitverrecken zu lassen. Diesen
hässlichen Vorgang schaut man sich zwar nicht an, zählt aber jedes Jahr zu
Weihnachten nach, ob man die Quote erfüllt hat. Da man das Runde so liebt, hat
man sich seit Jahrzehnten auf eine runde Zahl, nämlich 10 Millionen,
eingeschossen.
Mutationen
Besonders schwerwiegend können Fehler sein, welche die DNA betreffen
(Mutationen, genetische Veränderungen). Diese Fehler werden in der Regel an
jedes gebildete Eiweiß weitergegeben und können in Keimzellen (Spermien, Eiern)
auch vererbt werden.
Definition
Wenn mindestens eine Base (Zeichen) der DNA verändert ist, spricht man
von einer Mutation. Es kann z. B. eine Base fehlen, oder durch eine andere
ersetzt sein.
Je nach Größe der betroffenen Bereiche unterscheidet man verschiedene
Mutationstypen.
Wenn nur ein einzelnes Gen betroffen ist, spricht man von Genmutationen.
Wenn eine oder wenige Basen ausgetauscht sind, spricht man von Punktmutationen.
Besonders interessante Punktmutationen sind die Rastermutationen. Dieser
Mutationstyp liegt vor, wenn eine oder einige Basen (nicht aber 3, 6, 9 usw.)
fehlen oder zuviel sind. Rastermutationen wirken sich in der Regel viel
schwerwiegender aus als die anderen Punktmutationen, weil meistens das gesamte
folgende Leseraster verändert ist. Dann werden nach der Mutationsstelle beim
Codieren aller RNAs überwiegend falsche Nukleotide eingebaut. In der Folge
werden fast immer funktionsunfähige Eiweiße gebaut, da auch die Reihenfolge
ihrer Bausteine (Aminosäuren) völlig falsch ist.
Wenn die Struktur eines Chromosoms betroffen ist, spricht man von
Chromosomenmutationen
Wenn ganze Chromosomen oder sogar die Gesamtheit der Chromosomen (Genom,
Chromosomensatz) betroffen sind, von Genommutationen.
Ursachen
Mutationen entstehen durch Strahlung oder bestimmte Stoffe.
1. Strahlung
Alle elektromagnetischen Wellen, die energiereicher sind als Licht,
können DNA verändern. Diese Strahlungen sind z. B.: UV-, Röntgen-, radioaktive-
und Höhenstrahlung.
2. Stoffe, Chemikalien, Gifte
Die Stoffe, die DNA chemisch verändern können, heißen Mutagene oder
Cancerogene (=krebserregende Substanzen). Krebs beruht i. d. R. auf mindestens
4 Mutationen. In den meisten Fällen verändern Mutagene rein zufällig
irgendwelche Gene. Deshalb ist die übliche Gleichsetzung von Cancerogen und
Mutagen eigentlich etwas unglücklich. Die meisten Mutationen zeigen geringe,
keine oder tödliche Folgen. Sonnenbrand z. B. führt in den meisten betroffenen
Zellen zu deren Tod, in seltenen Ausnahmefällen zu unkontrollierten Teilungen,
die der Beginn eine Krebsbildung sein können.
Mutationen wirken sich immer dann unmittelbar tödlich aus, wenn
lebenswichtige Eiweiße oder RNAs nicht mehr, oder nur noch unzureichend,
funktionieren.
Enzyme können verringerte Aktivität aufweisen, weil ihre Zahl zu gering
ist, oder weil ihre Struktur so verändert worden ist, dass sie langsamer
arbeiten, oder weil sie chemische Reaktionen beschleunigen, für die sie gar
nicht „gedacht“ waren.
Lebenswichtige Enzyme sind z. B. solche, die bei der (inneren) Atmung
entscheidend beteiligt sind. Die von solchen Mutationen betroffenen Embryonen
sterben fast immer sehr früh und werden bei Menschen (und Säugetieren) meistens
während einer Regelblutung unbemerkt ausgestoßen (Abort).
Wenn nicht lebenswichtige Eiweiße betroffen sind oder nur die
Enzymaktivität (nicht zu stark) verändert worden ist, können die betroffenen
Organismen (z. B. Behinderte) mehr oder weniger langfristig überleben. Dabei
ist ihre Leistungsfähigkeit und Lebensqualität meistens vermindert.
Manche (sehr seltene) Mutationen schaffen die Möglichkeit, in
veränderten Umwelten zu überleben und (oder) erhöhen die Leistungsfähigkeit
(biologische Fitness) der betroffenen Lebewesen (=Mutanten) auch in der
gewohnten Umwelt. Auf ihnen beruht die Höherentwicklung (Anagenese) des Lebens.
Die meisten Mutationen verändern die Wahrnehmungsfähigkeit, Kraft,
Intelligenz, Emotionalität usw. negativ. Die Selektion durch Raubfeinde, Nahrungsmangel,
Klimafaktoren usw. bewirkt, dass derartige Mutationen bei wildlebenden
Organismen selten bleiben. Da der Mensch diese Selektionsfaktoren für sich und
seine Nutz- und Haustiere teilweise ausgeschaltet hat (Domestikation und
Selbstdomestikation), sind genetische Defekte bei Haustier und Mensch im
Durchschnitt häufiger als bei Wildtieren und -pflanzen. Menschen, die schlecht
sehen, emotional gestört sind, angeborene Intelligenzmängel aufweisen usw.
überleben in modernen Kulturen und pflanzen sich fort, weil technische und
humanitäre Hilfe (Brille, Psychotherapie, Zusatzausbildungen usw.) ihren Tod
durch Raubfeinde, Mitmenschen, Selbstmord, Umweltbelastungen usw. verhindern.
Die weitgehende Beseitigung vieler ungünstiger Umweltbedingungen, also des
Selektionsdrucks, durch den Menschen wird, wenn sie wie bisher beibehalten
wird, zum Aussterben der Menschheit führen.
Diese Aussage gefällt den meisten Menschen nicht, da sie religiösen
Forderungen zu widersprechen scheint und an perverse Euthanasiemethoden im
Dritten Reich erinnert. Es handelt sich dennoch bei dieser Aussage um eine
wissenschaftliche (thermodynamische) Tatsache, nicht um etwas ideologisch
Diskutierbares. Eine sinnvolle kritische Bewertung der miesen
Euthanasiemethoden Hitlers kann nichts an der Tatsache ändern, dass die
Menschheit ihre ursprünglichen Erbinformationen allmählich vernichtet. Hitlers
Wirken selbst ist möglicherweise ein Beispiel für die Folgen (scheinbar?)
leichter genetischer Defekte.
Spleißen = splicen (engl. verkleben, verbinden)
Abschließend kommen wir noch auf ein wichtiges Spezialverfahren bei der
Proteinbiosynthese zu sprechen: In (den meisten?) Tieren, Pilzen und Pflanzen
(Eukaryonten =“Echtkernler“ von griechisch eu = echt, wirklich und karyon =
Kern) werden die m-RNAs, die zum Proteinbau verwendet werden, nicht an einem
Stück an der DNA synthetisiert. Stattdessen wird meistens ein viel längeres
Stück mRNA (die so genannte Prä-mRNA) gebildet. Diese kann aus 2 bis ca. 100
Einzelbereichen bestehen, von denen einige wirklich zum Codieren (Translation)
verwendet werden, andere aber nicht. Die Teile, die zum Bau des Eiweißes
verwendet werden, heißen Exons, die Umgebungsmaterialen heißen Introns. Die
Prä-mRNA wird in ihre Einzelstücke zerlegt und bestimmte Einzelstücke (nicht
immer die gleichen) werden danach wieder zu der codierenden (=eiweißbauenden)
mRNA zusammengesetzt (=Splicen).
Bleibt noch die Frage, was das Ganze soll.
Durch das Spleißen entstehen zusätzliche Regulations- und
Variationsmöglichkeiten. Aus manchen PRÄ-mRNAs lassen sich Zehntausende
verschiedener Eiweißmoleküle aufbauen.
Wir erinnern: Die (genetische) Variabilität (=Verschiedenheit,
Diversität) macht es möglich, dass Lebewesen sich höher entwickeln und an
Umweltveränderungen anpassen.
U. a. diese Variationsmöglichkeiten machen auch Leistungsunterschiede
zwischen Menschen und Tieren (aber auch z. B. zwischen verschiedenen
Tiergruppen) verständlich, die auftreten, obwohl die verschiedenen Gruppen nur
geringe Unterschiede bezüglich Zahl und Aufbau ihrer Gene aufweisen.
Der Informationsfluss
durch die Dimensionen
Am Beispiel der Verwirklichung von Erbinformationen lässt sich sehr gut
die Übertragung von scheinbar einfachen eindimensionalen Informationssystemen
(Zeichenfolgen) in komplexe mehrdimensionale Systeme verfolgen. Grundsätzlich
kann man jeden Körper (gleichgültig aus wie viel Dimensionen er besteht) als
Informationssystem auffassen. Das zweidimensionale Bild auf dem Computer- oder
Fernsehbildschirm ist ebenso aus einer Serie von Bildpunkten (Pixeln)
aufgebaut, wie ein ein- oder dreidimensionaler Körper. Bei einem
vierdimensionalen Körper kommen nochmals Punkte in der Zeit hinzu. Die DNA
sorgt nun dafür, dass ihre lineare (=eindimensionale) Information in zunächst
ebenfalls eindimensionale Informationen auf Eiweißebene umgeformt wird. Da aber
die Polypeptide stets auch dreidimensionale Strukturen (Sekundär-, Tertiär- und
Quartärstruktur) bilden, entstehen automatisch auch dreidimensionale
Informationssysteme aus der Erbinformation. Bestimmte Aminosäuren bewirken z.
B., dass in die Aminosäurekette Knickstelle eingebaut werden. Dass und wie
Proteine nun Merkmale und Eigenschaften hervorbringen, haben wir oben
besprochen. Die Summe der Merkmale ist nun ein ganzer Körper. Dieser Körper ist
aber ein System aus Einzelelementen (Zeichen), das genauso wie jedes Bild,
Buch, Festplatte usw. als Informationssystem aufgefasst werden kann. Es ist ein
System aus Zeichen, die in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sind. Neu
ist, dass auch Zeichen da sein müssen, die in die jeweils neue Dimension
weisen. Da DNAs auch die Entwicklung des Körpers steuern, bilden sie auch
vierdimensionale Körper. Der Entwicklungsvorgang (jeder Prozess) ist etwas, was
einem vierdimensionalen Körper weitgehend entspricht. Das Wesen eines
vierdimensionalen Körpers liegt nämlich in einer Serie aus dreidimensionalen
Körpern durch die Zeit. Auch diese Serie ist natürlich wieder eine Serie von
Zeichen (also Information), die von DNA im Zusammenwirken mit Umwelteinflüssen
geschaffen wird.
Klassische Genetik
Wir erinnern: In diesem Teilgebiet geht es um die Regeln der Vererbung,
insbesondere um die Mendelschen Regeln. Molekulare Genetik, Diploidie, Meiose,
Sexualität (s. u. unter Evolution [Sexualität]) usw. müssen bekannt sein, um dieses
Teilgebiet zu verstehen.
Die Mendelschen Regeln gelten nur für Lebewesen wie z. B. Menschen, die
in ihren Körperzellen von allen Genen zwei Ausführungen (=Allele) haben
(doppelter Chromosomensatz, Diploidie) und Keimzellen mit halbem
Chromosomensatz (Haploidie) bilden.
Wir betrachten ausschließlich einfache Fälle, bei denen ein Gen nur ein
Merkmal schafft. Dies ist z. B. bei der Farbe der Blüten von Wunderblume
(mirabilis jalapa) und Erbsen der Fall. Es gibt also nur ein Gen für die
Blütenfarbe. Die Blüten können aber z. B. rot oder weiß sein.
Die weiße Farbe ist allerdings bekanntlich gar keine Farbe. Vielmehr
entsteht sie, wenn ein Körper alle Farben (Lichtwellenlängen) reflektiert. In
den Blütenblättern befinden sich nun viele winzige Luftbläschen, an denen alles
Licht kunterbunt gebrochen wird. Dadurch strahlen die Blätter tatsächlich alles
Licht ab, erscheinen also weiß, wenn kein anderer Farbstoff da ist. Vereinfacht
können wir sagen: Wenn das Gen vorschriftsmäßig arbeitet, wird ein roter Blütenfarbstoff
gebildet, der alle anderen Farben und Wirkungen überdeckt. Wenn es nicht
vorschriftsmäßig arbeitet, wird kein funktionsfähiger Farbstoff gebildet und
die Luftbläschen sorgen für den Eindruck „weiß“. Nun wissen wir aber, dass an
der Bildung jedes Merkmals zwei Ausführungen desselben Gens beteiligt sein
können. Von diesen Ausführungen (Allelen) stammt eines vom Vater und eines von
der Mutter. Diese Allele können nun auf verschiedene Weisen zusammenwirken. Sie
können beide zum Merkmal beitragen oder nur eines. Meistens überwiegt eindeutig
die Wirkung eines Allels (Dominanz). Wenn aber beide zum Merkmal beitragen, tun
sie dies meistens beide vollkommen oder halbe halbe. Der erste Fall wird
Codominanz genannt. Im zweiten spricht man von einem intermediären Erbgang.
Mit ihm wollen wir unseren Einstieg in die Regeln der Vererbung
beginnen.
Er liegt z. B. bei der Bildung des Blütenfarbstoffes bei der Wunderblume
vor. Wenn ein Pflanzenembryo dieser Art entsteht (Befruchtung), kann er z. B.
ein Allel für rote- und eines für weiße Blütenfarbe (=Defektallel) enthalten.
Dann werden beide zusammenwirken und je zur Hälfte zur Ausbildung des Merkmals
beitragen. Das führt in diesem Fall zu einer rosafarbenen Blüte. Die Allele
können aber auch gleich sein. Diesen Zustand nennt man reinerbig oder homozygot
(homo = gleich, Zygote =befruchtete Eizelle). Wenn beide Allele defekt sind,
wird die Blüte weiß (kein Farbstoff). Wenn beide Allele normal sind (=Wildtyp),
wird die Blüte rot. Wenn die Allele desselben Gens verschieden wirken, spricht
man von mischerbig oder heterozygot (hetero =verschieden, anders).
Die Mendelschen Regeln beschäftigen sich nun damit, wie diese Gene
miteinander kombiniert werden können, und mit welchen Wahrscheinlichkeiten
welche Merkmalsausprägungen entstehen. Letztere nennt man Phänotypen (äußere
Erscheinungsformen), auch wenn diese manchmal im Körperinneren liegen. Die dazu
gehörigen genetischen Informationen (Bauanleitungen) nennt man Genotypen.
Unsere Frage lautet also: „Welche Phänotypen können aus den verschiedenen
möglichen Elterngenotypen entstehen?“ Wir haben es immer mit zwei Eltern zu
tun. Beide können 3 verschiedene Genotypen haben. Wir wählen als Symbole: „r“
für rot, „w“ für weiß. Für homozygot rot steht dann rr. Für homozygot weiß ww und
rw für heterozygot (rosa). In diesem (intermediären) Fall haben wir das Glück,
dass wir den Genotyp der Eltern an ihrem Phänotyp stets eindeutig erkennen
können. Wir können also zur Betrachtung der sexuellen Fortpflanzung schreiten.
Die nennen wir in Zukunft „Kreuzen“.
Dazu bildet jeder Elter bekanntlich während der Meiose (=Reifeteilung)
Spezialzellen, die Keimzellen (Spermien und Eier). Diese enthalten die
Chromsomen (also [fast] alle Gene) nur noch einmal. Das muss so sein, weil sie
sich ja bei der Befruchtung stets zu zweit zusammentun. Nach der Befruchtung
hat die Eizelle (=Zygote) dann (und nur dann) wieder 46 Chromosomen, wenn die
Keimzellen nur je 23 enthalten. Weil also während der Meiose die Chromosomen
der Ausgangszellen (Ei- und Spermienmutterzellen) ihre Chromosomenzahl
halbieren, nennt man diese Teilung auch Reduktionsteilung.
Damit zurück zur Wunderblume: In jedes Spermium (in diesem Falle Pollen)
gelangt nur ein Allel für die Blütenfarbe, entweder eines für rot oder eines
für weiß. Dasselbe gilt natürlich auch für jedes Ei. Was gibt es nun für
Kombinationsmöglichkeiten? Wenn die Gameten beide ein r enthalten, wird die
Tochterblüte rot. Entsprechendes gilt für w. Bei der Kombination rw wird die
Tochterblüte rosa.
All diese Tochtergenerationen nennt man F 1 = Filialgeneration 1. Die
folgende Tochtergeneration heißt F 2 usw. Die Elterngeneration wird mit P
(parental [englisch parents]) bezeichnet.
Nun betrachten wir noch die Wahrscheinlichkeiten der Tochterphänotypen:
Nehmen wir zunächst wieder die einfachsten Fälle: Wenn beide Eltern homozygot
rot (oder weiß) sind, sind alle Tochterindividuen genauso wie ihre Eltern, also
genotypisch gleich und phänotypisch rot (oder weiß). Wenn ein Elter homozygot
weiß, der andere homozygot rot ist, sind alle Nachkommen heterozygot, also
rosa. In allen Fällen sind alle Nachkommen gleich (=uniform). Damit haben wir
die
1. Mendelsche Regel (die Uniformitätsregel) aufgedeckt. Sie lautet: Die
Nachkommen von Eltern, die beide bezüglich eines Merkmals homozygot aber
verschieden sind, sind genotypisch und phänotypisch bzgl. dieses Merkmals
gleich (uniform).
Spannender wird es, wenn die Eltern heterozygot sind. Dann können sie
verschiedene Allele in ihre Keimzelle bringen entweder r oder w. Diese lassen
sich nun zu allen Phänotypen (rot, weiß und rosa) kombinieren. Die Frage ist
wie häufig (wahrscheinlich) treten diese 3 Möglichkeiten auf. Um das
herauszufinden, muss man große Zahlen (mindestens ca.100) von Kreuzungen
durchführen. Nur so kommt man an ausreichende statistische Grundlagen.
Es ist Mendels Verdienst, dass er solche große Zahlen untersuchte und
überhaupt genau und wissenschaftlich protokollierte und dachte. Seine Kollegen
(Mendel war Mönch) und die Wissenschaftler seiner Zeit dagegen glaubten lieber
an Gottes unerschaubares Wunderwerk und ließen Mendels Werk in der Versenkung
verschwinden.
Heterozygote Eltern bilden je zur Hälfte Keimzellen mit r und zur Hälfte
Keimzellen mit w. Wenn wir davon nun Hunderte mischen (kreuzen), wird ziemlich
genau ¼ der Nachkommen rr, also rot, ¼ ww, also weiß und die Hälfte rw, also
rosa sein. Hier teilen sich die Geno- und Phänotypen also im Verhältnis 1:2:1
auf. Deshalb nannte Mendel die zugehörige Regel, die 2. Mendelsche Regel,
„Spaltungsregel“. Sie lautet genau:
Kreuzt man bzgl. eines Merkmals heterozygote Eltern, so spaltet die
Tochtergeneration genotypisch immer im Verhältnis 1:2:1 auf. Bei intermediären
Erbgängen spaltet sie phänotypisch ebenfalls im Verhältnis 1:2:1 auf. Bei
dominanten Erbgängen spaltet sie phänotypisch im Verhältnis 3:1 auf.
Betrachten wir also nun den Fall der Dominanz genauer: Hier herrscht ein
dominantes Allel (Großbuchstaben als Symbole) vollständig über ein unterlegenes
(=rezessives) Allel (dominant-rezessiver Erbgang) (Kleinbuchstaben als
Symbole). Das ist z. B. bei der Blütenfarbe der Erbse der Fall. Im Prinzip
herrscht hier dieselbe Situation, wie bei der Wunderblume (und es gelten auch
alle Mendelschen Regeln). Es gibt rote Blütenfarben, wenn ein Farbstoff
gebildet wird und weiße, wenn kein Farbstoff gebildet wir und nur Luftbläschen
den Eindruck „weiß“ erzeugen. Bei der Erbse sind das Gen und die Genprodukte
für die Blütenfarbe aber „fleißiger“. Sie bauen genauso viel Farbstoff, wie
beide Normalallele zusammen, wirken also dominant (=voll rot).
Dies ist übrigens der Normalfall. Oft ist es sogar normal, dass nur
eines der zwei Allele arbeitet, obwohl beide „o. k.“ sind. Meistens übernimmt
ein Normalallel die Aufgaben eines zugehörigen Defektallels.
Wie verhält es sich nun aber mit den Vererbungsregeln bei
dominant-rezessiven Erbgängen? Bei homozygoten Eltern bleibt alles wie
gehabt uniform (s. o. unter
„intermediärer Erbgang“).
Bei heterozygoten sieht das Ergebnis aber etwas anders aus. Hier wird
genotypisch zwar im Verhältnis 1:2:1 gespalten, wie oben bei intermediären
Erbgängen. Die Phänotypen dagegen spalten im Verhältnis 3:1 auf. Das liegt
daran, dass die 50% Nachkommen, die genotypisch heterozygot sind, durch die
dominierenden Allele rote Blütenfarben erhalten. Bei der Wunderblume waren sie
rosa.
Rück- oder Testkreuzung
Es gibt einen Phänotyp, bei dem man nicht eindeutig auf den zugehörigen
Genotyp schließen kann. Bei dominant rezessivem Erbgang sind die Merkmale bei
zwei dominanten Allelen (homozygot) genauso, wie bei Heterozygoten. Eine
Erbsenblüte ist z. B. rot, wenn die zugehörige Pflanze die Allele RR aufweist,
aber auch, wenn sie Rw aufweist.
Welcher Genotyp bei verschiedenen derartigen Pflanzen vorlag, fand
Mendel mithilfe von Kreuzungen heraus. Dabei erwies sich ein homozygot
rezessiver Kreuzungspartner als ideal. Er hat den Vorteil, dass er kein äußeres
Erscheinungsbild unterdrücken kann. Anders ausgedrückt: Die Phänotypen werden
immer erkennbar durch die gesuchten (unbekannten) Allele bestimmt. Er kreuzte
also Erbsen mit roten Blüten mit Erbsen mit weißen Blüten. Waren alle
Nachkommen rot, so wusste er, dass der gesuchte Elter homozygot rot war. Waren
die Nachkommen zur Hälfte rot, zur Hälfte weiß, so war der gesuchte Elter
heterozygot.
3. Mendelsche Regel
Nun müssen wir noch Fälle betrachten, bei denen mehrere verschiedene
Gene mit jeweils verschiedenen Allelen und/oder gleichen kombiniert werden.
Zunächst betrachten wir den einfachsten möglichen Fall, nämlich zwei
verschiedene Gene (=2 Allelenpaare). Das zugehörige Erbgeschehen beschreibt die
3. Mendelsche Regel. Sie geht davon aus, dass verschiedene Gene beliebig
zusammengestellt werden können und heißt deshalb auch „Regel von der freien
Kombinierbarkeit der Gene“. Allerdings sind nicht alle verschiedenen Genpaare
(oder auch größere Gruppen) frei kombinierbar (s. u.).
Mendel kreuzte reinerbige Erbsen, die dominant runde (SS) und dominant
gelbe Samen (GG) hatten mit solchen, die rezessiv runzlige (ss) und rezessiv
grüne Samen (gg) hatten. In der F1 galt und gilt natürlich wieder die
Uniformitätsregel. Interessant wurde es wieder in der F2, also bei den
Nachkommen heterozygoter Eltern. In der F2 findet sich ein Spaltungsverhältnis
von 9:3:3:1.
Das Wunderbare ist nun, dass durch diese Kombinationen völlig neue
Genotypen und Phänotypen entstehen können. In diesem Fall entstanden Erbsen mit
grünen, runzligen Samen.
Hier sollten wir noch einmal die Verbindung zu den oben besprochenen
Anpassungen an Umweltveränderungen durch Kombination von verschiedenen Genen herstellen.
Die 3. Mendelsche Regel macht deutlich, wie bei Beginn einer Eiszeit Füchse mit
weißem und dichtem Fell entstehen können, selbst wenn kein Elter diese Merkmale
aufweist.
Nun wollen wir noch genauer erklären, weshalb nicht alle Allelenpaare frei
kombinierbar sind. Sie sind meistens frei kombinierbar, wenn sie auf
verschiedenen Chromosomen liegen. Wenn sie auf dem gleichen Chromosom liegen,
sind sie nur dann frei kombinierbar, wenn sie an genügend weit
auseinanderliegenden Stellen auf dem Chromosom liegen. Das liegt daran, dass
sie durch cross over (s. o.) mit 50 prozentiger Wahrscheinlichkeit getrennt
werden, wenn sie einen bestimmten Mindestabstand haben.
Bei kürzeren Abständen werden sie mit entsprechenden niedrigeren
Wahrscheinlichkeiten getrennt. Man kann also bestimmten Wahrscheinlichkeiten
bestimmte Längen der Chromsomen zuordnen. Dadurch ist es möglich,
herauszufinden, an welchen Stellen auf den Chromosomen bestimmte Gene liegen
(s. u. Genkartierung, Dreipunktanalyse).
Die Genetik liefert das Fundament für das Verständnis anderer
Teilwissenschaften der Biologie. Besonders wichtig ist sie für das Verständnis
der Entwicklung des Lebens. Die Entwicklung des Lebens haben die Biologen
nochmals in zwei Teilwissenschaften unterteilt: es sind die Evolutionslehre und
die Entwicklungsphysiologie (griech. physis = Natur).
In der Evolutionslehre wird die Entwicklung des gesamten Lebens
thematisiert. Mit ihr beschäftigen wir uns später.
Die Entwicklungsbiologie (Entwicklungsphysiologie)
Sie beschäftigt sich mit der Entwicklung eines einzelnen Lebewesens. Mit
ihr wollen wir uns im Folgenden kurz befassen.
Biologen benutzen auch gerne Begriffe wie "Ontogenese" oder
"Embryologie", die teilweise mit dem Begriff
"Entwicklungsphysiologie" übereinstimmen (griech. on = sein).
Die zentrale Frage lautet: Wie entsteht aus einem Ei ein fertiges
Lebewesen?
Wir wissen bereits, dass grundsätzlich die genetische Information diese
Prozesse steuert. Aber, wie genau Gene zum richtigen Zeitpunkt die Bildung von
Augen, bestimmten Eigenschaften, den biologischen Tod usw. bewirken, ist noch
nicht klar. Hier gilt grundsätzlich das oben Gesagte: Die Wirkung eines Gens
wird durch die vorherige Wirkung eines anderen Gens verursacht und auch
Außeneinflüsse haben einen (allerdings relativ geringen) Einfluss. Streng
genommen sind es in der Regel Genprodukte (Eiweiße oder Nukleinsäuren), die die
Aktivierung von Genen bewirken. Diese Erscheinung ist allgemein bekannt.
Wachstumshormone sind z. B. Genprodukte, die das Wachstum vieler verschiedener
Zellen hervorrufen können, indem sie u. a. Gene in diesen Zellen aktivieren.
Entsprechend bewirken Sexualhormone die Bildung der Sexualorgane, der
sekundären Geschlechtsmerkmale und auch eine geschlechtsspezifische Entwicklung
des Gehirns.
Ähnliche Prozesse laufen während der gesamten Embryonalentwicklung ab.
Wenn also im Embryo Organanlagen und Organe entstehen, liegt dies ganz
wesentlich daran, dass bestimmte Zellen zu bestimmten Zeiten in der richtigen
Menge Stoffe (und auch elektrische Signale) aussenden, die in diesen oder
anderen Zellen Aktivitäten auslösen. (Man spricht von Induktion). Eine dieser
Aktivitäten ist Zellteilung. Es finden aber auch viele innere Differenzierungen
statt.
Zum Beispiel werden in den Zellen der Netzhaut Gene aktiv, die für die
Bildung von Farbstoffen sorgen, welche das Farbensehen ermöglichen. In roten
Blutkörperchen wird der rote Blutfarbstoff Hämoglobin gebildet usw.
Solche Vorgänge bewirken auch, das Gewebe eines Embryos oder Kindes zu
bestimmten Zeitpunkten nur noch zu bestimmten Entwicklungen in der Lage sind,
also allmählich ihre Omnipotenz (= Fähigkeit sich im Rahmen aller vorgegebenen
Möglichkeiten zu entwickeln). Zerlegt man einen einige Tage alten Embryo in
mehrere Teile, so kann sich aus jedem Teil ein vollständiges gesundes
Individuum entwickeln. Zerlegt man einen mehrere Monate alten Fötus, so sterben
alle Teile ab, weil die meisten Zellen ihre offene Entwicklungspotenz zu
Gunsten einer bestimmten Spezialisierung und Differenzierung verloren haben.
Manche Zellen und Gewebe bewahren ihre universelle Entwicklungspotenz
(besonders bei der Entwicklung von tiefer stehenden Tieren [Wirbellose]) länger
oder sogar das ganze Leben.
Bei Embryonen und Kindern können z. B. manche Hirnteile die Funktionen
anderer Hirnteile übernehmen, wenn diese zerstört oder beschädigt wurden.
Zellen, die lebenslang universell entwicklungsfähig (totipotent) bleiben,
heißen Stammzellen. Aus ihnen kann man Organe, Embryonen usw. bilden.
Diese Verfahren werden zurzeit sehr widersprüchlich (kontrovers)
diskutiert, weil Menschen (leider?!) sehr widersprüchliche ethische Standpunkte
gleichzeitig vertreten. In Deutschland z. B. hängt die Strafbarkeit der Nutzung
von Embryonen auf eine absolut merkwürdige Weise von der geographischen Lage
und dem Zeitpunkt der Gewinnung ab (s. unter „Embryonenschutzgesetz“). Man
könnte meinen, dass Satan (das Böse) beim Überschreiten von Staatsgrenzen
ständig zum Erzengel Gabriel und wieder zurück mutiert. Da diese Verwandlungen
schon seit über 2000 Jahren immer wieder geschehen, weiß keiner mehr genau, wer
Satan und wer Engel ist.
Die Entwicklung eines Lebewesens wird auch direkt von äußeren Faktoren
beeinflusst. Solche Faktoren sind z. B. Nahrung, Artgenossen, Klima, Feinde,
Schadstoffe (insbesondere hormonähnliche Pestizide) usw.
Mit den Wechselwirkungen dieser Faktoren beschäftigen sich vor allem die
Teilwissenschaften "Ökologie" und "Verhaltensforschung".
Das Spielen junger Säugetiere kann z. B. bei der Entwicklung von Kraft,
Geschicklichkeit, Rangordnungsverhalten, Jagdverhalten, Fluchtverhalten,
sozialem Verhalten usw. helfen.
Unser nächstes biologisches Wissenschaftsgebiet ist also die Ethologie
(Verhaltenslehre). Da tierisches und menschliches Verhalten aufs Engste
miteinander verwandt sind, betrachten wir im Folgenden die Verhaltenslehre
nicht separat, sondern das Verhalten und die Psychen von Mensch und Tier
gemeinsam.
Wir besprechen also auch wichtige Informationen aus den Wissenschaften
Pädagogik und Psychologie. Dabei werden die Möglichkeiten der Veränderung von
menschlichen und tierischen Psychen, also z. B. das Lernen, im Mittelpunkt
stehen.
Solche Verbindungen zwischen Ethologie und Psychologie (einschließlich
Soziologie, Pädagogik, Politik usw.) sind zurzeit besonders in Deutschland
genauso verpönt, wie alle oben angesprochenen genetischen Eingriffe und
Anwendungen (s. u.: genetic engineering, Stammzellforschung,
Embryonenschutzgesetz, genetische Selbststeuerung usw.). Wir empfehlen sehr
dringend zwischen wirklich überzeugenden Argumenten und aus religiösen Dogmen
und nationalsozialistischen Traumata entstandenen zu unterscheiden. Bei den
Nazis war der Begriff „Tierpsychologie“ gebräuchlich. Das allein genügt vielen
68-gern um alles, was damit zusammenhängt mit dem Bade auszuschütten, selbst
wenn dabei die eigenen Kinder genauso ertrinken, wie im Brei der
hyperantiautoritären Schmusepädagogik.
Physikalische,
mathematische und kybernetische Grundlagen
Wir hatten oben gesagt, dass das A&O und das Wesen der Welt in einem
Netzwerk miteinander wechselwirkender Weltlinien bestehen. Durch dieses
vierdimensionale Netzwerk gleitet das menschliche Bewusstsein aus der
Vergangenheit in die Zukunft (Zeitgleiten, Zeitfluss). Dadurch entstehen alle
Vorstellungen von Bewegung, Prozessen und Veränderung, auch von Kausalität. Zum
Zwecke der einfacheren Verständigung tun wir im Folgenden (wie auch schon oben)
so als entsprächen die menschlichen Bewegungsvorstellungen realen Bewegungen.
Üblicherweise nennt man die Wechselwirkungen Energie- bzw.
Informationsübertragungen (z. B.: Zusammenprall zweier Kugeln, Aussenden eines
Lichtblitzes). Diese Wechselwirkungen (die 4 Grundkräfte des Universums)
bestimmen alles, was in der bekannten Welt geschieht, also auch alle
biologischen und psychischen Prozesse. Es ist übrigens kein Prozess im
Universum bekannt, der nicht das Bewegungsverhalten von mindestens zwei Körpern
verändert, bzw. besser, diese Veränderung ist. Korrekter, aber
unverständlicher, gesagt heißt das, dass alles, was im Universum geschieht, u.
a. mit der Veränderung der Krümmung von mindestens zwei Weltlinien verbunden
ist. Einfach ausgedrückt: Alles Bekannte, was geschieht, hat mit Bewegung
(Beschleunigung) von Körpern oder Teilchen zu tun. Alle Prozesse
(Wechselwirkungen) scheinen klaren Regeln oder Gesetzen zu folgen und
mathematisch beschreibbar zu sein. Das gilt sogar, obwohl möglicherweise alle
Prozesse (z. B. alle menschlichen Selbststeuerungen), die Menschen betrachten,
messen, analysieren usw., aus unzählbar viele Einzelwechselwirkungen aufgebaut
sind.
Wahrscheinlich liefert (ist?) die Mathematik eine abstrakte Beschreibung
aller Prozesse im Universum bzw. der Raumzeit oder des Multiversums.
Von diesen Regeln und Gesetzmäßigkeiten wollen wir uns die wichtigsten
etwas genauer ansehen: Es geht um die Bedeutung bestimmter Zusammenhänge und
Abhängigkeiten in der Welt. Ein tieferes Verständnis dieser Zusammenhänge und
Gesetzmäßigkeiten und ihrer mathematischen Beschreibungsmittel ist
Voraussetzung für ein wirkliches Verständnis aller Wissenschaften. Das
Zusammenwirken komplexer Systeme folgt Regeln, die z. T. von anderen
Wissenschaften (oder Unterwissenschaften) [als] der Mathematik untersucht
werden. Diese Wissenschaften sind Kybernetik, Chaostheorie, Spieltheorie,
Topologie usw. Besonders biologische, technische, soziologische und
wirtschaftswissenschaftliche Erscheinungen lassen sich ohne verschiedene Regeln
aus diesen Wissenschaften kaum verstehen. Es geht u. a. um mathematische
Funktionen, Steuerung und Regelung (Rückkopplungen), statistische Grundlagen
usw.
Besonders wichtige Gesetzmäßigkeiten sind Kausalität und Stochastik. In
ihrem Mittelpunkt stehen Beziehungen (Relationen). Wir wollen zu verstehen
versuchen, was es mit Relationen, also mit Abhängigkeiten, die mathematisch als
Funktionen bezeichnet werden, auf sich hat. Wir wollen versuchen, das Wesen
dieser Begriffe zu erkennen und zu definieren.
Besonders interessant und relevant sind systematische Abhängigkeiten von
zwei oder mehr Faktoren (Parametern, Größen). Viele Prozesse im Universum
laufen ulkiger weise so ab, dass eine (physikalische) Größe sich ändert, und
eine andere ändert sich nach klar definierten (mathematischen Regeln,
gesetzlich) entsprechend dieser Änderungen. Die beiden Größen nennt man
Variablen. Wie viel Elektronen durch einen Draht fließen, also die Stromstärke
(=Variable 1) hängt z. B. vom Widerstand (= Variable 2) ab. Die meisten
(vielleicht auch alle) Variablen bestehen auch ihrerseits aus (vielleicht
unendlich vielen) (Unter)Variablen (s. o.). Das ist offensichtlich, wenn man z.
B. das Bevölkerungswachstum (Untervariablen: Ernährung, Sterberate, Temperatur
usw.) betrachtet. Doch gilt es auch bei physikalischen Größen. Die Temperatur
ist z. B. sogar als der Durchschnittswert -meist unzählbar vieler- Bewegungen
verschiedener Moleküle definiert. Selbst bei Grundgrößen (Weg, Zeit, Masse)
weiß niemand ob sie wirklich mit Recht als nicht weiter unterteilbare
Grundgrößen bezeichnet werden, weil niemand ihr Wesen wirklich verstanden hat.
Je mehr Variablen an einem Prozess beteiligt sind, desto unsicherer
(probabilistischer) werden im Durchschnitt menschliche Aussagen über diese
Prozesse.
Zurück zu den Relationen: In der Mathematik spricht man von funktionalen
Zusammenhängen, die man in graphischen Schaubildern (Kurven) verdeutlichen
kann. Beispiele für solche Abhängigkeiten finden wir in allen Wissenschaften u.
a. in der Ökologie. Z. B. hängt die Photosyntheserate einer Pflanze von der
Lichtstärke ab. Viele physikalische Formeln wie: Geschwindigkeit = Weg:Zeit beschreiben
die Abhängigkeit solcher Variablen.
Wenn eine Größe steigt und die andere steigt ebenfalls, nennt man den
entsprechenden Zusammenhang proportional. Wenn eine steigt, während die andere
fällt, nennt man ihn umgekehrt proportional.
Wenn man jedem Wert der einen Größe stetig einen Wert der anderen Größe
zuordnen kann, liegen mathematische Funktionen vor. Wir betrachten als Beispiel
die Geschwindigkeit eines bewegten Körpers: Die Geschwindigkeit drückt den
Zusammenhang zwischen Zeit und Ort aus, an dem der Körper sich befindet. Ein
besonders einfacher Fall liegt vor, wenn Weg und Zeit sich genau um gleiche
Beträge verändern. Wenn also z. B. der Körper nach 1 sec. 1m, nach 2 sec. 2m,
nach 3 sec. 3m usw. zurückgelegt hat. Das Ganze wird deutlicher, wenn man es
grafisch darstellt. Machen wir uns also
klar, wie so etwas läuft: Man zeichnet ein zweidimensionales rechtwinkliges
Koordinatensystem. Auf der X-Achse trägt man die Werte der unabhängigen
Variablen (Zeit) auf, auf der Y-Achse die der abhängigen, also des Weges (=
verschiedene Orte). Die zueinandergehörigen X- und Y- Koordinaten treffen sich
an bestimmten Punkten. Wenn man diese Punkte durch eine Linie verbindet erhält
man eine Gerade. Es ist in unserem Falle die Winkelhalbierende des Winkels, den
X- und Y-Achse bilden. Die zugehörige mathematische Funktion lautet y=x.
Die Summe der Punkte und die mathematische Regel zur Ermittelung dieser
Punkte (Zuordnungsvorschrift) machen das Wesen der Funktion aus. Die
Geschwindigkeit im oben gewählten Fall kann als ein Beispiel für dieses Wesen
aufgefasst werden. Man erhält immer Geraden, wenn in der Funktion nur addiert
und subtrahiert wird.
Sobald Multiplikation und/oder Division und Potenzen ins Spiel kommen,
kann man auch Kurven erhalten. Die Funktion y=x2 ergibt z. B. in der
grafischen Darstellung eine Parabel. Hier steigt (oder fällt) eine Variable
wesentlich stärker als die andere (Beschleunigung). Alle beschleunigten
Bewegungen werden grafisch als Kurven dargestellt. Das hat damit zu tun, dass
die Beobachtung einer Beschleunigung der Beobachtung einer gekrümmt
erscheinenden Weltlinie entspricht. In unserem obigen Beispiel hat der Körper
nach 1 sec. 1m, nach 2 sec. 4m, nach 3 sec. 9m usw. zurückgelegt.
Richtig rund geht es aber erst, wenn die Variable als Exponent auftritt
(y=ex). Man spricht von
Exponentialfunktionen und exponentiellem Wachstum. Sehr beliebte Beispiele sind
das Wachstum von Bakterienpopulationen und das der Menschheit. Unter idealen
Bedingungen verdoppelt sich jede Bakteriengeneration nach der Devise: Erst 1,
dann 2, dann 4, dann 8, dann 16 usw. Bei der Menschheit kann man vielleicht
sogar weitsichtig reimen: Erst 1 Milliarde, dann 2, und bald gar 4, schon steht
der Untergang vor der Tür. Sind´s erstmal der Milliarden 8, sagt sich ein Teil
schon gute Nacht. Sind´s der Milliarden dann gar 16, wird selbst der liebe Gott
wohl wechsehn.
In der Natur gibt es solche einfachen Abhängigkeiten wahrscheinlich
überhaupt nicht bzw. nur scheinbar (s. u.). Das Wachstum und die
Photosyntheserate einer Pflanze hängen z. B. neben dem Licht auch von Wasser,
CO2, H2O, Temperatur usw. ab. Ein derartiges Zusammenwirken von vielen Faktoren
ist für den menschlichen Geist meistens viel zu komplex, um sichere, exakte
Voraussagen machen zu können.
Wir wollen nun ein weiteres Problem, dass wir oben erwähnt haben kurz
beleuchten. Es geht um den Unterschied zwischen stochastischen und kausalen
Beziehungen. Dass Menschen diesen Unterschied häufig ignorieren, ist eine
wichtige Ursache für viele menschliche Probleme. Kausale Zusammenhänge liegen
vor, wenn ein Faktor (z. B. eine Variable) Ursache für einen anderen Faktor
(Wirkung, Folge) ist. Temperaturunterschiede verschiedener Luftströmungen
können z. B. als Ursache für Regen aufgefasst werden, Frösche, die eine Leiter
hinaufklettern, dagegen nicht. Stochastische Zusammenhänge liegen vor, wenn
zwar eine Beziehung nachweisbar ist, nicht jedoch eine ursächliche. Wenn z. B.
Wüstenbewohner vor einem Regen um Regen gebeten haben, gibt es keine
ursächliche Beziehung zwischen Gebet und Regen, wohl aber eine stochastische.
Es gibt auch keinen zutreffenden Beweis für die Existenz von Regengöttern
aufgrund des scheinbaren Gebetserfolges. (Das gilt übrigens für alle Götter und
alle Gebete.) Es liegt ein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen
(Koinzidenz) vor. Alle Formen von Aberglauben, metaphysischen Spekulationen,
esoterischen Ideen, Spiritismus, Religionen, astrologischen Voraussagen usw.
beruhen u. a. auf der Fehlannahme, dass stochastische Zusammenhänge kausale
seien. Machen wir uns das an einem Beispiel deutlich: Wenn die Zahl der Störche
in Polen höher ist als in Deutschland und gleichzeitig die Zahl der Geburten in
Deutschland geringer als in Polen, ist der Schluss, dass der Storch die Kinder
bringt, unzulässig. Schlüsse dieser Art kennzeichnen menschliche Deutungen des
Weltgeschehens und tragen zu jeder Form von destruktivem Leid und Aberglauben
bei. So hatten viele Politiker wenig mit den politischen Leistungen und
-entwicklungen zu tun, die (zufällig) während ihrer Regierungszeit stattfanden.
Helmut Kohl hatte z. B. kausal vielleicht sehr viel mit schweizerischen
Schwarzgeldkonten, aber nur sehr wenig mit der deutschen Wiedervereinigung zu
tun. Ähnliches gilt für die Erfolge mancher Trainer und Mannschaften im Sport,
von Wahrsagern, Ärzten usw.
Zäumen wir die ganze Geschichte (funktionale Abhängigkeiten) noch einmal
von hinten auf: Wir entdecken ein Phänomen in der Welt, und fragen uns, ob es
dazu eine mathematische Beschreibung gibt. Wenn wir eine Schar Krähen sehen,
können wir z. B. die einzelnen Tiere addieren. Wenn eine von ihnen davon
fliegt, können wir eine Flugkurve erstellen.
Noch einfacher lässt sich die Bewegung eines fallenden oder geworfenen
Steins mathematisch beschreiben. Das sind Beispiele für die Bewegung von
Körpern in der Zeit. (Wahrscheinlich lassen sich alle Prozesse als ein
komplexes Muster vieler bewegter Körper auffassen).
Noch einfacher ist die mathematische Beschreibung paralleler Linien. Man
stelle sich einmal vor, man müsse Soldaten oder Schülern in mathematischer
Sprache die Anweisung geben, sich in zwei parallelen Linien aufzustellen. Gibt
es dazu eine Formel? Ja! Sie lautet y=a. Dabei ist a eine Konstante, also eine
feste Zahl, z. B. 1. Wenn wir wollen, dass die Soldaten sich im Abstand von 1m
voneinander Linie aufstellen, würde unsere Anweisung also lauten: Stellt euch
so auf, dass die Aufstellung der Funktion y=1 gerecht wird.
Nun lassen sich (theoretisch?) für jede Zuordnung von zwei oder mehr
Linien mathematische Funktionen finden. Man stelle sich vor, die Welt sei ein
Filz aus Linien. Alle Beziehungen zwischen diesen Linien müssten sich
mathematisch beschreiben lassen. Wir erinnern uns an unsere Behauptung, die
Welt sei wahrscheinlich ein unveränderliches Netzwerk aus vierdimensionalen
Weltlinien, und erahnen, weshalb die Mathematik möglicherweise die ganze Welt
abstrakt abbildet. Somit wird deutlich, welche zentrale Bedeutung mathematische
Funktionen für die Beschreibung der Welt haben (vgl. Einsteins
Relativitätstheorie).
Da der menschliche Geist durch dieses Netzwerk zu gleiten glaubt
(Zeitfluss), unterstellt er der Welt die Existenz von bewegten Körpern und
beschreibt alle mechanischen Prozesse mit den Begriffen Geschwindigkeit, Zeit
und Weg (und Masse). Das ist zwar anthropomorph und manchmal verfälschend,
führt aber zu den gleichen Ergebnissen. Alle Bewegungen (Funktionen,
Relationen) beschreiben die geometrische Struktur einer unveränderlichen
unvorstellbaren vierdimensionalen Welt. Wir können uns dennoch grob vorstellen,
was unser Beobachten, Messen, Berechnen usw. der vierdimensionalen Welt ist.
All dies entspricht nämlich dem Vermessen (usw.) eines dreidimensionalen
Netzwerkes, z. B. dem Astwerk eines Baumes, durch das man hindurch gleitet.
Ein Teil der Wechselbeziehungen und funktionalen Abhängigkeiten, mit
denen sich die Ökologie (und viele andere Wissenschaften) beschäftigt, haben
den Charakter von Regelungen und Steuerungen. Es bietet sich daher an, sich
auch mit der entsprechenden Wissenschaft, ein wenig zu beschäftigen. Es ist die
Kybernetik.
Alle Fremd –und Selbstorganisationen folgen kybernetischen Prinzipien.
Die Kybernetik hilft also, Natur, Kultur und Technik einschließlich ihrer
Entwicklungen besser zu verstehen.
Kybernetik
Der Begriff kommt aus dem Griechischen von „Kybernas“ der Steuermann.
Diese Wissenschaft beschäftigt sich mit Regulation, Steuerung und
Kommunikation.
Wir werden uns vor allem mit zwei wichtigen Steuerungsprinzipien
beschäftigen, der negativen und der positiven Rückkopplung (Rückkopplung =feed
back). Das lohnt sich besonders, weil sie in vielen menschlichen Lexika und
Ausbildungsinstitutionen ziemlich stiefmütterlich behandelt werden.
Negative Rückkopplung
Bei negativer Rückkopplung (Dämpfung) wird eine Größe durch eine oder
mehrere andere mit geringen Schwankungen konstant gehalten. Beispiele für so
geregelte Größen sind: die Zimmertemperatur, die Kaninchenpopulation in
Australien oder die Zahl der Lehrer oder Schüler a einem Gymnasium. Dabei
bedeutet negativ hier keine moralische Bewertung, obwohl die Kräfte, die die
Zahl der moralisch wertvollen Lehrkräfte verringern wollen, manchmal bösartig
und verlogen sind (es sind moralische Leerkräfte, auch kleinbürgerliche
Wehrkräfte, und in der münsterländischen Provinz „lütke Landwehrkräfte“,
genannt. Hier konnte es im 21. Jahrhundert noch geschehen, dass eine
inquisitorische Kleingruppe mit Mafiamethoden Lehrer verjagte, die nicht
ausreichend bibelkonform unterrichteten).
In Lebewesen wird eine ganze Reihe von Zuständen konstant gehalten
(Homöostase), z. B. Temperatur, Stoffmengen, pH, Salzkonzentration usw. Dazu
dient u. a. die Regulation der Enzymaktivität (s. o.), die selbst als negativer
Rückkopplungsprozess aufgefasst werden kann. Auch die Regulation der
Bevölkerungsdichte von Arten durch Krankheiten, Fressfeinde usw. ist ein
Beispiel für negative Rückkopplung (s. u.).
Damit ist grundsätzlich klar, dass und wie mit Hilfe des Begriffes
„negative Rückkopplung“ bestimmte Regelungen beschrieben werden können. Wir
wollen dies jetzt noch konkret am Beispiel der Regulation der
Wohnzimmertemperatur verdeutlichen: Angestrebt ist eine Temperatur, die in
geringem Maß um 20°C schwankt. Diesen Temperaturwert nennen wir den Sollwert.
Der Temperaturwert, der gerade tatsächlich vorherrscht, heißt Istwert. Die
Temperatur ist die Größe, die wir regeln wollen. Sie heißt deshalb
„Regelgröße“. Das Gerät, mit dem wir Regeln, das Thermostat, heißt allgemein
„Regler“. Das gesamte System aus den beschriebenen Größen kann man als
zyklisches System auffassen. Deshalb bezeichnet man es als Regelkreis. Der
zyklische Charakter entsteht dadurch, dass ein Teil die fließenden Energien und
Informationen in einen Kreislaufprozess immer wieder zurückgemeldet werden.
Jetzt betrachten wir noch, wie diese Regelung genau funktioniert.
Ein einfaches Thermostat älterer Bauart, beziehungsweise der
Temperaturregler, enthält nur ein für die Regelung wichtiges Element. Es ist
ein spezielles Thermometer, das gleichzeitig als Schalter dient. Dieses
Thermometer besteht aus zwei Metallplatten die fest miteinander verbunden sind
(aufeinander kleben). Die beiden Metalle (Bimetall) dehnen sich bei
Temperaturänderungen unterschiedlich stark aus. Dadurch verbiegt sich die
Metallplatte. Diese Biegebewegung kann man für einen elektrischen Schaltvorgang
nutzen. Der Schaltvorgang, den das Heizungsthermostat vornimmt, besteht im Ein-
und Ausschalten der Heizung. Wenn die Temperatur rund um und im Thermostat
fällt, verbiegt sich das Bimetall so, dass die Heizung eingeschaltet wird. Wenn
die Temperatur steigt, erfolgt entsprechend das Abschalten der Heizung. In
modernen Thermostaten übernehmen natürlich moderne Prozessoren diese (und
verschiedene andere) Funktionen, am Prinzip hat sich es dabei aber nichts
geändert.
Die angesprochenen Regelkreise kann man zur Veranschaulichung sehr schön
grafisch darstellen. Es lohnt sich in der Literatur nach verschiedenen
Beispielen für solche Regelungen und Regelkreise zu suchen, um das Prinzip
dieser Regelungen wirklich zu verstehen.
Positive Rückkopplung (Aufschaukeln) führt zum
exponentiellen Wachstum einer Größe z. B. bei der Explosion einer Atombombe
oder der (un)menschlichen Bevölkerungszahlen.
Bei positiver Rückkopplung verstärken sich mindestens zwei Größen wechselseitig.
Um zu verdeutlichen, dass „positiv“ hier nicht im Sinne von „gut“ gemeint ist,
erläutern wir diese Erscheinung an einem sehr negativen Beispiel:
In einer Kneipe sitzt ein leicht angesäuselter Typ. Ein anderer
Kneipenfreund kommt herein, setzt sich neben den ersten und berührt ihn
versehentlich leicht. Der erste: „Ey, kann´s nich aufpassen?“ Der zweite: Dat
war aus Versehen, Bruder, reg dich ab!“ „Bruder?!, nich in dem Ton, Jungchen,
sons zeigt Papa dir ma wat´n richtigen Bruder is.“ Nu reg dich endlich ab, du
primitiven Saufkopp!“ Darauf folgt ein kräftiger Schubser, dann der erste
Schlag usw. Es entsteht eine Schlägerei. Wenn es wirklich menschlich zugeht,
mischen sich auch die anderen Gäste mit ein, dann ein ganzes unbezwingbares
gallisches Dorf und schließlich stürzen ganze unbelehrbare Nationen oder
Religionen rundum Prag und Sarajewo in mehr als 30 (jährige) Kriege.
Jeder reagiert auf jede Reaktion des anderen mit einer jeweils
heftigeren Gegenreaktion (Beleidigungen, Berührungen usw.). Viele emotionale
Ausbrüche (Liebe, Rache, Verliebtheit, Völkermord, Revolutionen usw.) beruhen
auf ähnlichen Aufschaukelungsprozessen von individuellen und/oder kollektiven
Emotionen und Reizserien. Dies trägt z. B. zur Erklärung der Kreuzigung Jesu,
des Sturms auf die Bastille, der Reformation, aller Kriege, der glorious und
aller anderen Revolutionen, der Konflikte in Palästina, Mordirland, Kosovo,
Kongo, Ruanda, Südafrika usw. bei.
Bei all diesen (allen) Konflikten und allen kulturellen Entwicklungen stehen
übrigens ursächlich Emotionen im Mittelpunkt, die Menschen mit Schimpansen
gemeinsam haben. Wenn diese Konflikte und alle von positiven Rückkopplungen
(mit)bestimmten Prozesse dann manchmal zur Ruhe kommen, liegt das i. d. R.
daran, dass u. a. negative Rückkopplungen einsetzen. So eine negative
Rückkopplung stellte u. a. die Aufklärung des deutschen Volkes über die eigenen
Missetaten während des 2. Weltkriegs dar. Sie trug u. a. zur teilweisen
Verschmelzung der europäischen Staaten und antirassistischem Denken bei.
Oft war es die Vernunft, die solche Dämpfungen bewirkt(e). „Deshalb?“
wurde und wird sie auf diesem Planeten seit es sie gibt, mit großen Erfolgen
bekämpft.
Ein weiteres Beispiel für positive Rückkopplung, das wir oben schon kurz
angesprochen haben, ist das exponentielle Wachstum von Bevölkerungszahlen. Alle
Lebewesen wachsen zahlenmäßig, wenn nichts ihr Wachstum behindert (s. o.). Je
mehr Vorfahren da sind (waren), desto mehr Nachfahren werden geboren.
Die Entstehung und Entwicklung des Lebens
Als die ersten Lebewesen entstanden, bezogen sie ihre Energie von
energiereichen chemischen Substanzen. Sie fraßen, was auf den Tisch kam, die
Ursuppe. Der Koch war die Erde. Sein Herd waren Blitze, Vulkane und die an
vielen Stellen noch glühende Erdoberfläche. Was gekocht wurde, waren zunächst
einfache chemische-, hauptsächlich organische Verbindungen. Das fertige Gericht
war das Leben.
Organische Verbindungen sind fast alle Stoffe, die Kohlenstoff
enthalten. Man nennt sie organisch, weil man ursprünglich glaubte, dass sie nur
von Lebewesen gebildet werden können. Dennoch hat 1953 ein junger Forscher
namens Miller, belächelt von seinen Professoren, die Bedingungen auf der Urerde
im Labor nachgestellt. Er hat ein bisschen von der toten Materie (= anorganisches
Material, Wasserstoff, Wasser, Ammoniak, Methan usw.), die sich vor der
Entstehung des Lebens auf der Erde fanden, in ein großes Glasgefäß gegeben.
Dann hat er das Ganze 7 Tage lang immer wieder gekocht und kräftige künstliche
Blitze hinein gejagt. Am 7. Tage ruhte er, analysierte aber noch sein
Schöpfungswerk. Er fand Aminosäuren, die Bausteine der Eiweiße und viele andere
einfache organische Verbindungen. Er hatte (allerdings nicht als erster) aus
toter Materie das Material des Lebens geschaffen, was die Menschen Millionen
Jahre lang nur Göttern zugetraut und gestattet hatten. Deshalb steht sein Name
heute in den Biologiebüchern, während seine Professoren kein Schwein mehr
kennt. Die konservativen gelehrten Herren hatten es, wie schon so oft, vorgezogen,
die Schöpfung dem Schöpfer zu überlassen und in ihren alten Denkmustern zu
verharren. Dazu sagt Einstein: „Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde
sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein“.
Die biologische Evolution
Die freien organischen Energiereserven auf der Urerde waren schnell
aufgefuttert (Erläuterungen in Kap. 11). Außerdem strahlte die Erde immer mehr
Wärmeenergie in den Weltraum ab. Hitze und Blitze ließen nach. Die Lebewesen
mussten froh sein, wenn ab und zu ein Kumpel starb und sie zum Leichenschmaus
eingeladen wurden. Da taten die Hungerleider, getrieben von konkurrierenden
Mitessern, etwas, was alle Lebewesen bis heute immer tun, wenn ihnen etwas
fehlt. Sie wühlten rum in dem Gelände, ob sich nicht was Besseres fände. Im
Biologenjargon heißt das, sie mutierten (eigentlich wurden sie mutiert) und
suchten und/oder und besetzten freie ökologische Nischen.
Die „ökologische Nische“ ist ein ungewöhnlich schwieriger, abstrakter,
seltsamer, etwas unglücklich definierter wissenschaftlicher Begriff. In
Lehrbüchern finden sich zwei verschiedene Definitionen:
1. Sie ist die Summe aller Umweltfaktoren, die für das Überleben einer
Art Bedeutung haben.
2. Sie ist die Summe aller Wechselwirkungen zwischen einer Art
(Individuum) und aller für sie relevanten Umweltfaktoren, die für das Überleben
einer Art Bedeutung haben.
Im Sinne der zweiten Definition ist die ökologische Nische so etwas, wie
der Beruf einer Art. Das heißt, sie ist ein abstraktes Netz aus
Wechselwirkungen.
Der Begriff „Nische“ beinhaltet dagegen etwas Konkretes. Das passt zu
unserer ersten Definition, die wir deshalb und weil sie (anschaulicher) ist,
auch bevorzugen. Andererseits klingt dieser Begriff allerdings zu konkret, man
denkt an etwas Räumliches, z. B. das Flachwasser eines Sees oder einen
Waldrand. Damit trifft man aber nur einen kleinen Teil der Definition. Bei
beiden Definitionen spielt nämlich alles, was einer Art zu ihrer
Lebensverlängerung dient (Futter, Verstecke, Schlafplätze, angenehme
Temperaturen, Konkurrenz usw.), eine Rolle.
Fast alle Lebewesen bemerkten gleich nach der Entstehung des Lebens die
vielleicht beste denkbare ökologische Nische, ein echtes Paradies, nämlich ihre
Kumpel.
Das Gleiche geschah übrigens bei den Menschen schon während der
Entstehung der Menschheit und auch bei der Entstehung der neuesten Lebensform,
die Menschen als Computer bezeichnen.
Die meisten kannten keine Skrupel und stiegen deshalb, als die Ursuppe
knapp wurde, in kriminelle Lager um. Sie beschlossen, nicht länger zu warten,
bis ihre Nachbarn freiwillig den Geist aufgaben, sondern halfen mit miesesten
Mafiamethoden nach. Die raffiniertesten, widerlichsten und faulsten fraßen ihre
Kumpel nicht vollständig auf, sondern saugten und bissen nur soviel von ihnen
oder ihrer Nahrung (z. B. im Darm) ab, dass diese Kumpel oft unter grausamen
Qualen gerade überlebten. Diese Mafiosi nennen Wissenschaftler Parasiten und
die dümmlichen Kumpel Wirte. Es klingt nach Großmut, wenn die Wirte (Sklaven)
meistens überleben und sich sogar fortpflanzen durften, aber es war eher das
Gegenteil, reiner Egoismus. Parasiten, die ihre Wirtsart nicht ausrotteten,
erhielten sich ihre ökologische Nische oft viele Millionen Jahre lang. So
überlebten vor allem die Schmarotzer, die ihren Wirten keinen schnellen
Gnadentod gönnten.
Auch diese seltsame Sitte findet sich beim Menschen. Viele menschliche
Parasiten, besonders Schutzgeldbanden, sind sehr rücksichtsvoll gegenüber
zahlenden Unternehmern (Wirten). Einige Spezialschutzgeldbanden nennen sich
selbst zur Tarnung „Regierungen, Unternehmer, Banken oder Versicherungen“.
Diese Regierungen (ihre Chefs) sind, besonders vor ihre Machtübernahme, oft
sehr viel versprechend und freundlich, aber nicht sehr sprach- und
schriftgelehrt. Ein Paradebeispiel wütete um 2003 in der Karibik. Das Volk dort
wurde solange ausgebeutet, bis es beschloss und sagte: “Aristid, zu
beschießen“. Am liebsten hätte man diesen kirchlichen Unfairführer (Aristid)
weit hinter den Mond geschossen. Dort könnte der ehrenwerte Herr nämlich grüßen
wie es sich gehört, nicht „Haiti(aner)“
sondern „Hi, E.T.-“ oder korrekt und ehrlich Hai-alien-ahner. Auch wenn ich nach Südamerika Chile, entdeck
ich von solchen Chefs ziemlich viele. Ebenso birgt Afrika Millionen Ruanda
politischer Leichen. Und auch in Asien werden Milliarden Menschen von
Machthabern hineingelegt, was auf Englisch Putin heißt. Am perfektesten gelingt
das Verkohlen der Bevölkerung in Europa. Man spricht von Verkohlungen, weil
besonders bei Schwarzen bei vollständigen Verkohlungen Schwarzgeldkonten
entstehen. Erfreulicherweise führte am Ende des 20. Jahrhunderts eine
Schwarzgeldvolksverkohlung zu einem voluminösen Kohl(e)abbau, bei dem
allerdings nur Holzkohle gebildet wurde, die zudem nicht aus einem Stamm,
sondern aus einer Frucht (Birne) entstand. Doch nun zur gesamteuropäischen
Volksverarschung:
Die großmütigen Großparasiten
pardon Großkonzerne lassen die Wirte, pardon das Volk regelmäßig, meist alle
vier Jahre „demokratisch“ entscheiden welche Parteimitglieder zur Ausbeutung auserkoren
und zur Bestechung freigegeben werden. Doch der Großmut geht noch weiter: Eine
solche Situation könnte die kritische Minderheit der Bevölkerung frustrieren
und aufmüpfig machen. Deshalb bekommen die Ärmsten diverse Schweigegelder,
namens Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld (Hartz 4) von den Butterbergbauern im
Hartz. Außerdem gaukelt man allen liebevoll vor, dass die Marionetten
(Regierungen) der Großindustrie demokratisch im Sinne des Gemeinwohls regieren
und gewählt werden. (In Wahrheit setzen z. B. die großen Stromversorger die
Politiker, welche diese Konzerne kontrollieren sollten, auf weiche intelligente
elektrische Aufsichtsratsstühle. Diese erteilen bei kritischen Äußerungen
automatisch Stromschläge, während sie jegliche Zustimmung als hochqualifizierte
Beratung auffassen und entsprechende zuckersüße aber überdosierte
Beraterhonorare direkt und unsichtbar rektal einspritzen. Manche Politiker
umgehen diese Überdosierung geschickt:
Sie nehmen einen Teil ihrer „wohlverdienten“ Schweigegeldentlohnung in
Form erotischer und/oder automobiler Vibrationen verschiedenster Art
(Blaskonzerte, Kolbenbewegungen usw.) auf den elektrischen Sesseln der
(Elektro?)mafia [oder der Autoindustrie] entgegen.).
Andererseits muss man anerkennen, dass die „hochqualifizierten“
Marionetten, regional bis zu 30% ihrer Schäfchen von anstrengender Arbeit
befreit haben. Das liegt allerdings daran, dass sie Arbeitslosigkeit und
Gemeinwohl gleichsetzen, wohingegen sich leider viele „gemeine“ Arbeitslose
nicht wohlfühlen.
Werfen wir nun auch noch einen vergleichenden Blick auf die grauenhaften
Qualen, die viele Bioparasiten ihren Wirten zufügen und die die Natur scheinbar
gelassen zulässt, statt einen schnellen Tod zu gewähren, wie ihn Raubtiere oft
ihren Beutetieren „gönnen“.
In der Kultur geht es ganz ähnlich zu:
Alle Menschenparasiten (diverse Herrscher, die spitzenManager usw.)
lassen ihren Wirten (Schafen, Dummchen, Sklaven, Kunden, Wählern usw.) seit der
Abschaffung der Guillotine oft das Leben, selten aber die Lebensqualität. Dabei
bestärken sie ihre Vorschriftenkataloge (Koran, Bibel usw.). Aufgrund solcher
Kataloge ist es in der „menschlichen“ Kultur nicht ganz unüblich, den Tod
schlimmer einzuschätzen als grauenhafteste Qualen. Menschen haben diesen
Glauben sogar noch zusätzlich mit anderen Tabus gewürzt. So gelang es ihnen,
sich (selbst bei hoffnungslos Leidenden) gegenseitig grauenhafteste Qualen und
Depressionen zu gönnen und das humane Sterben zu verbieten. Ihren Nutz- und
Haustieren dagegen gönnen und gewähren Menschen oft den schnellen Gnadentod.
Damit zurück in die Entstehungsgeschichte des Lebens.
Parasitismus
Wir haben gesehen, dass gleich nach der Entstehung des Lebens, eine der
grässlichsten Errungenschaften geboren wurde, die das Leben je hervorgebracht
hat, der Parasitismus. Die weitaus meisten Lebewesen sind Parasiten. Dümmlich
nennen wir die Wirte deshalb, weil sie sich, einschließlich der Menschen, ohne
entscheidende Gegenwehr über Milliarden Jahre haben ausnehmen lassen. Ein Grund
für diesen laschen Umgang mit den Quälgeistern lag darin, dass die ersten
Lebewesen diese Quälerei gar nicht bemerkten. Ja man konnte zunächst gar nicht
von Quälerei sprechen, da es weder Gefühle noch Wahrnehmungsorgane gab. Aus
diesem Grund ist auch das Verhalten aller Parasiten und Kumpelfresser (wie
heute das Verspeisen von Pflanzen) bis zur Entstehung der Gefühle ethisch
völlig o. k. Als das Leben nach der Entstehung der Gefühle die Parasiten
fragte, ob sie jetzt nicht von der Bühne des Lebens abtreten wollten, lächelten
diese müde. Sie rechtfertigten ihre Existenz und die ihrer Verhaltensprogramme
(Ideologien) damit, dass sie schon immer dagewesen und ein Teil der Schöpfung
seien.
Diese Sitte haben Menschen, und nicht nur Kultusminister und
Religionsfürsten, ebenfalls übernommen. Auch Arbeitsplätze in der
Rüstungsindustrie oder beim Dualen Systems Deutschland und Pestizideinsätze in
der Landwirtschaft werden mit diesem Argument gerechtfertigt und erhalten.
Außerdem lallten die Parasiten etwas von Tierrechten, Gleichheit, Freiheit
usw. und beanspruchten deshalb selbst den Genuss schöner Gefühle. Es folgten
zwei bis drei Milliarden Jahre Krieg und grausames gegenseitiges Foltern und
Abschlachten.
Das ganze Geschehen wiederholte sich milliardenfach mindestens drei
Millionen Jahre lang in der menschlichen Kultur, z. B. in einem 30jährigen
Krieg. Dieser Krieg wurde u. a. ausgelöst, weil die größten Vorbilder jener
Zeit (z. B. Papst Leo X.) mit und ohne Ablass als prunkbewusste Abzocker aktiv
wurden.
Allerdings zeigten die Menschen in diesen Bereichen vielmehr Fantasie
und „Humanität“ als die Naturparasiten. Einige fesseln z. B. an besonderen
Festtagen einen Affen mit geöffnetem Schädel so unter einer Öffnung in einem
Tisch, das sie das Gehirn des lebenden Tieres langsam und genüsslich auslöffeln
können, ohne durch die „taktlose“ Zappelei des Affen gestört zu werden. Die
meisten finden das widerlich und schauen deshalb und aus Höflichkeit weg. Man
achtet überall gern die „hochkultivierten“ Sitten fremder Völker. Beide Gruppen
([Mit[esser] und Weggucker) sind überaus typisch menschlich.
Kein Papstasit –Verzeihung
Parasit wollte freiwillig die herrliche, warme ökologische
(Klingelbeutel)Nische aufgeben, an die er sich doch schließlich so gewöhnt
hatte.
Die Bezeichnung Schlaraffennische wäre angemessen, da zum Beispiel
Bandwürmer und Mafiabosse, Vorstandsvorsitzende und Fürsten aller (aber meist
männlicher) Art ständig da leben, wo Milch und Honig fließen und gebratene
Tauben in ihre gefräßigen Rachen fallen. Diese vampiröse Lebensweise
(ackermannesmanische MitEsserei) und ihre selbstzerstörerischen Folgen
(Verweichlichung, Verfettung, Verblödung usw.) haben wir an anderer Stelle
näher beschrieben.
Man stelle sich einmal vor, was aus den heutigen Menschen würde, wenn
sie alle ein paar tausend Jahre lang in einem solchen grauenhaft,
entmenschlichenden Schlaraffenland leben müssten. Noch grauenhafter ist die
Gewissheit, dass viele gerade dabei sind, sich mit „großartigen“
Selbstquälungserfolgen ein ähnliches Paradies zusammenzumarxen oder zu
kapitalisieren. „Zum Glück“ ackern und arbeiten zahllose MitEsser, militante
Diktatoren und Bushmänner treusorgend, also „frei“ von jeglicher Veruntreuung,
mit manischer Akribie daran, Milliarden armen Wirten (z. B. neowilhelminischen
Pickelhauben) ein Leben voller Entbehrungen zu erhalten.
Eine kleine aggressivere aber ehrlichere und etwas anständigere Gruppe
der ersten und zweiten Lebewesen fraßen ihre Freunde und Nachbarn gleich
vollständig auf. Das tat zwar, als die Gefühle erfunden waren, auch weh, aber
meistens nur kurz.
Die Kumpelfresser spalteten sich später in drei Gruppen auf. Die einen
fraßen hauptsächlich Pflanzen, die anderen hauptsächlich Tiere und die dritten
beides.
Niemals fraß irgendein Tier, auch kein BSE-Rind, ausschließlich Pflanzen
oder Tiere. Doch genau dies wünschen einige (rinderwahnsinnige?) Mitglieder der
panveganischen Ethikkommissionen (pan =überall, Veganer essen überhaupt keine
tierischen Produkte). Müssten die pflanzenfressenden Nutztiere der Menschen
sich an die Vorschläge menschlicher Ethikkommissionen halten, so würden sie
sehr schnell verhungern. Sie müssten Billiarden von winzigen Tieren in und auf
ihrer Nahrung aussortieren, um sich an das vorgeschriebene Reinheitsgebot der
jakobinischen Aberglaubenethiker für Pflanzenfresser zu halten. Gerüchten
zufolge sollen diese Ethiker sich zu häufig unter wackligen Kreuzen aufgehalten
haben. Wenn nämlich auf den Kopf ein Kreuz fällt, ist der Jakob kaputt,
Verzeihung: der Kopf ja kaputt! Weitere Gerüchte besagen, dass durch diese
Kreutzfelle der alte Name für die zur Diskussion stehende Krankheit (BSE)
entstanden sei.
Anderen Gerüchten zufolge soll es sich bei diesen Aberglaubenethikern um
außerirdische rote Riesen, so genannte Veganer handeln. Jedenfalls entwickelten
die Kommissionen ein ethisches (christliches?) Reinheitsgebot, nach dem
pflanzenfressende Nutztiere sich an ihre göttliche Bestimmung zu halten hatten:
kein Fleisch für verfressenes Pflanzenfresservieh. Die kritischen,
aufgeklärten, atheistischen Freimaurerviecher aber streikten. Nicht einmal die
kleine Mühe, täglich ein paar Milliarden Tiere (Schnecken, Würmer, Einzeller
und so weiter) und Tierprodukte von den Blättern zu lecken und auszuspucken,
wollten sie auf sich nehmen.
(Wir kritisieren hier das Verbot, an Pflanzenfresser nach dem
BSE-Skandal Tiermehl zu verfüttern. Schlecht und bekämpfenswert sind
Krankheitserreger und unzureichendes Erhitzen der Nahrung, grundsätzlich
gefährlich sind tierische Eiweiße für Pflanzenfresser nicht.).
Die Pflanzenfresser nennt man Konsumenten 1. Ordnung. Die Tierfresser
nennt man Konsumenten 2., 3. usw. Ordnung oder Räuber, weil diese „Ungeheuer“
Menschen schon mal Haus- oder Nutztiere stehlen. Die Tiere, die gefressen werden,
heißen Beute. Das Fressen von Pflanzen blieb (wie gesagt) immer ethisch
vertretbar, weil Pflanzen nie Gefühle entwickelt haben. Allerdings gilt diese
Fresslizenz nur für kontrollierten Fraß. Wenn z. B. Heuschreckenschwärme so
viele Pflanzen fressen, dass deshalb anderen diese Nahrung fehlt, ist dies
ethisch nicht vertretbar.
Diese Überlegungen machen deutlich, dass es zwar menschlich und üblich
aber schwachsinnig ist, den Begriff Ethik nur auf Menschen anzuwenden, als
seien Freud und Leid bei Menschen wichtig, bei Tieren dagegen unwichtig. Im
Zusammenhang mit den eben erwähnten Heuschrecken können wir daher nicht umhin,
einen kleinen tierschützerischen Hinweis loszuwerden: Der Münterferingvergleich
von gewissen Unternehmern und Insolvenzverwaltern mit Heuschreckenschwärmen ist
eine Beleidigung für diese Tiere, die nicht hingenommen werden kann.
Zwischen Räuber und Beute, Parasit und Wirt, Pflanzenfresser und
Pflanzen entstanden nun Kämpfe. Wenn die Nahrungsorganismen ihre
Verteidigungsmaßnahmen verbesserten, verbesserten die Angreifer ihre
Angriffsmaßnahmen (Coevolution). Das führte dazu, dass alle auf ihrem Gebiet
immer leistungsfähiger wurden und, als kleiner Nebeneffekt, einige Arten sich
immer höher entwickelten. Für diese Höherentwicklung (Anagenese) gab es noch
weitere Gründe, z. B. die Konkurrenz zwischen Lebewesen und jeglicher Ärger mit
toter Materie. Wenn z. B. zwei Räuber die gleiche Beute in gleichen Gebieten
jagten, verhungerte der schlechtere Jäger. Die Wirkungen der toten Materie
werden „mundartlich“ als Selektion durch abiotische Umweltfaktoren bezeichnet.
Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit, Strahlung usw. zwangen die Lebewesen,
sich, z. B. bzgl. ihrer Intelligenz, Schnelligkeit, Wahrnehmungsfähigkeit,
Emotionalität usw. höher zu entwickeln.
Symbiose, Konkurrenz und die Beziehungen zwischen Parasit und Wirt, bzw.
zwischen Räuber und Beute, sind Prinzipien, die auch ganz wesentlich die
menschliche Geschichte und Kultur bestimmen und erklären. Interessante
Coevolutionen, bei denen die angesprochenen Beziehungen (insbesondere
parasitäre) eine Rolle spielen, beobachtet man z. B. zwischen Herrschern und
Sklaven, Kriminalität und Polizei, Doping und Dopingkontrolle usw.
Damit zurück zu den Anfängen des Lebens:
Als es später auf der Erde heller wurde, weil die Vulkane erkannten, wie
schädlich das Rauchen ist und das meiste Wasser sich faul auf den Boden legte,
statt die Erde einzunebeln, begannen einige weitsichtige Bakterien, das Licht
als Energiequelle zu nutzen. Biologen behaupten allerdings, dass die Abkühlung
der Erde der Grund für die allgemeine Erhellung war, vermutlich, weil sie
meistens einen kühlen (klaren) Kopf bewahren. Jedenfalls hörten diese netten
Lebewesen mit Leichenschmaus und Kannibalismus, die sie eklig fanden, auf. Um sich
von verwandten Verbrecherbakterien, die weiterhin auf Kosten anderer lebten, zu
distanzieren, gaben sie sich einen eigenen Namen. Sie wurden zunächst „Blaualgen“, später „photosynthetisierende
Bakterien“ oder "Cyanobakterien" genannt. Bald darauf kamen sie auf
die - nach der Erfindung der angenehmen Gefühle - zweitbeste Idee, die jemals
im Universum entwickelt wurde. Sie beschlossen, sich freundschaftlich mit
anderen Lebewesen zusammen zu tun. Jeder Partner gab dem anderen etwas Gutes
und erhielt etwas Gutes dafür zurück. Diese Lebensgemeinschaft zum Zwecke des
gegenseitigen Nutzens nennen Biologen eine Symbiose. Die Freunde (spätere
Pflanzenzellen) der Blaualgen waren groß. Deshalb schlüpften die Blaualgen,
nach einiger Zeit des Kennenlernens, wie es der Anstand bei derlei Einschüben
bis heute gebietet, in ihre Freunde hinein. Sie schenkten ihnen energiereiches
Essen (hauptsächlich Zucker), belästigten sie aber auch mit einem damals
ungeliebten, sehr radikal wirkenden Gift, das die Zellen sauer machte. Sie
schmissen das Zeug raus und gaben ihm, wegen seiner unangenehmen Wirkungen, den
Namen „Sauerstoff“. So vergifteten sie die ganze Erdatmosphäre, was sich später
jedoch als nützlich erwies, weil es die Erfindung der Atmung ermöglichte. Stolz
auf ihre symbiotische Idee gaben sich die photosynthetisierenden Bakterien
wieder einen neuen Namen, nämlich Chloroplasten. Als Gegenleistung für ihre
Gaben erhielten sie von den dicken Pflanzenzellen Schutz und energiearmes Essen
und Trinken, vor allem Kohlendioxid und Mineralwasser. Das Wasser war Essen und
Trinken zugleich.
Alle Lebewesen nehmen Wasser auf, weil sie z. T. aus Wasser bestehen,
aber ständig etwas davon abgeben. Dieses Auffüllen von Wasserspeichern wollen
wir großzügig als Trinken bezeichnen. Aber was soll nun Wasser essen sein?
Pflanzen basteln sich mit Hilfe ihrer Chemiearbeiter, den Enzymen, aus
Kohlendioxid und Wasser zunächst Zucker und daraus alles, woraus sie bestehen
(Eiweiße, Fette, Vitamine usw.). (Für Letzteres benötigen Sie allerdings zusätzlich
noch einige Salze.). Das Wasser war feinstes keimfreies und doch kostenloses
Mineralwasser, enthielt also schon unter anderem all diese Salze, die sie aus
zwei Gründen brauchten.
Menschen handeln übrigens untereinander ebenfalls mit Mineralwasser, das
man gratis aus dem Boden fördern kann. Sie tauschen dieses Wasser gegen Geld.
Sie sind dabei aber menschlicher (also bestialisch) und weniger symbiotisch,
wie die Tiere. Sie gönnen sich z. B. Gewinnspannen von manchmal 1000%, selbst
wenn sie mit Krankheitserregern verseuchtes Mineralwasser liefern, das
schlechter ist als das Wasser aus dem heimischen Wasserkran.
Doch zurück zu unseren menschlicheren Symbionten.
Erstens benötig(t)en unsere Chloroplasten einige Salze, um das Material,
aus dem sie bestanden, aufzubauen. Die Enzyme z. B., die ständig mit
Höchstgeschwindigkeit Stoffe zusammenbauen und zerlegen, bestehen nicht nur aus
Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Diese drei Elemente sind in den
Grundnahrungsmitteln für Chloroplasten, Kohlenstoffdioxid und Wasser,
enthalten. Enzyme sind Eiweiße. Sie enthalten auch Stickstoff und Schwefel.
Diese und noch viele andere chemische Elemente finden sich im Mineralwasser z.
B. in Nitrat und Sulfat. Menschen nennen dieses ganze Zeug Nährsalze,
Mineralien oder Dünger.
Der zweite Grund für den manchmal übertriebenen, ewigen und
allumfassenden Wunsch nach diesen Nährsalzen ist ein ebenfalls gelegentlich
übertriebener Konservatismus. Ein solcher Konservatismus charakterisiert die
Entwicklung des gesamten Lebens, einschließlich des menschlichen. Alle
Lebewesen sind sehr vorsichtig bei der Einführung von Neuerungen, um dafür zu
sorgen, dass die beste Kombination aus Alt und Neu entsteht. Es ist nämlich die
beste Kombination aus bewährten alten Programmen und guten neuen Erfindungen,
die dem Überleben der Arten und dem Erfolg in der menschlichen Kultur am besten
dient. Hier ein kleines Beispiel für biologischen Konservatismus (der
menschliche ist wesentlich übler, doch manchmal auch konstruktiv):
Das Leben war in Salzlösungen entstanden und hatte sich an diese so
gewöhnt, dass es nie gelernt hat, ohne sie zu funktionieren oder ihre
Konzentrationen wesentlich zu ändern. Alle Lebewesen müssen also Salze
aufnehmen, weil Leben nur in Salzlösungen funktioniert.
Als die Tiere (z. B. Fische) an Land gingen, nahmen sie sich eine
meeresähnliche Salzlösung, die weiterhin ihre Zellen umspülte, mit. Diese
Lösung bekam den Namen Blut und/oder Lymphe.
Die Landwirbeltiere, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere hatten
übrigens die gleichen Probleme bei der Besiedlung des Landes, wie Pflanzen,
Insekten usw. Um mit der Anziehungskraft fertig zu werden, bildeten sie
Skelette. Gegen die Strahlung und Austrocknung entwickelten sie Schuppen,
Federn, Fell usw. (s. u.). Alle grundlegenden Veränderungen dieser Art wurden
von Lebewesen nach dem Prinzip vorgenommen, das unten für die Entstehung der
Mitochondrien aus Bakterien beschrieben ist. (Für Fachleute: Mutationen,
Selektion, Gendrift, Rekombination, Isolation) (s. auch Kap. „Evolution“. Erst
viel später entwickelten sie Gehirne, die sich und die Außenwelt schneller und
z. T. mit gezielter Absicht lernen und verändern konnten.
Doch zurück zu den Chloroplasten. Sie, und die Zellen, in denen sie sich
befanden, hatten bald vergessen, dass sie eigentlich zwei Lebewesen waren. Als
später noch andere Freunde aufgenommen oder alte endlich entdeckt wurden, von
denen die Mitochondrien (s. u.) am bekanntesten wurden, gaben sie sich einen
neuen gemeinsamen Namen, nämlich Pflanzen. Sie feierten ihren Fortschritt wie
Karneval und malten sich bunt an wie das Licht, von dem sie lebten. Die ersten
Stämme nannten sich Grünalgen, Braunalgen und Rotalgen. Zunächst hatten
Blaualgen und Chloroplasten allmählich die Meere immer mehr mit dem äußerst
munteren Sauerstoff gefüllt. Dieses Gas ist so fleißig, dass es mit dem
meisten, was es auf Erden gab und gibt, chemisch reagiert(e). Leider haben die
meisten bekannten Systeme im Kosmos aber den notorischen Wunsch, so zu bleiben,
wie sie sind. Das nennt sich Trägheitsgesetz, Energieerhaltungssatz, Prinzip
vom kleinsten Zwang, Arterhaltung, Selbsttötungshemmung, Lebenswille usw. Man
wollte bleiben, wie man war. Aber Eisen wurde zu Rost, Kupfer zu Grünspan und
organisches Material wurde auf ulkigste Weise in verschiedenste Teile zerlegt.
Diese Teile (organische Moleküle, Kohlenwasserstoffe) sind z. T. für Lebewesen
sehr schädlich, z. B. krebserregend. Wenn ein Stoff mit Sauerstoff reagiert,
spricht man von Verbrennung (Oxydation). Dabei spielt es keine wesentliche Rolle,
ob man mit sichtbarer offener Flamme z. B. Wälder, Erdöl oder Kohle verbrennt
oder ob man Lebewesen frisst und veratmet. Immer werden CO2, H2O und Nährsalze
und leider auch die giftigen Bruchstücke der organischen Moleküle ausgestoßen.
Der Sauerstoff reagierte mit allem, was sich nicht, wie zum Beispiel die
Edelgase, wehren konnte. Edelgase verdanken ihren Namen der Tatsache, dass sie
über fast alle chemischen Angriffe nur edelmüdig lächeln.
Nur Moore, Seen und Meere schlugen dem Sauerstoff, den Parasiten und
Raubtieren hier und da ein Schnippchen. Am Grund vieler Seen, Moore und Meere
gab es so wenig Sauerstoff, dass alles (vor allem Lebewesen), was hinab sank,
nur sehr wenig verändert wurde. Deshalb können die Menschen sich heute an
Moorleichen, Fossilien, Kohle, Erdöl und Erdgas erfreuen und letztere nutzen
für Mord und Transport. Diese Bruchstücke sind z. B. unter dem Namen FCKW
bekannt. Dies sind Kohlenwasserstoffverbindungen, die Fluor und Chlor enthalten
(s. o.).
Viele solcher Giftstoffe werden von Menschen ganz gezielt hergestellt,
um sie als Gifte zu nutzen. Zur Tarnung gibt man ihnen wohlklingende Namen wie
z. B. „Pflanzenschutzmittel.“ So fällt es weniger auf, dass gewisse
Mistschweine sie, aus Zeit-, Tierschutz- und „Sicherheits“gründen am liebsten
an der ganzen Menschheit testen (und manche auch wirklich getestet haben).
Zudem sind unter den Bossen chemischer Konzerne auch Sparschweine. Seitdem
„eklige“ Störenfriede (Greenpeace usw.) sich einmischen, begnügen sich solche
Bosse hoechst „rücksichtsvoll“ entgegenkommend mit Stichproben. Aus
ökonomischen Gründen wählt man als Stichproben besonders gerne die Mitarbeiter
chemischer Großkonzerne und die übermutige Bevölkerung, die sich rund um solche
Konzerne ansiedelt. Spitzenreiter bei diesen „humanen“ Tests ist die Firma
Hoechst, deren höchst erfreuliche Erfolge wir an höherer Stelle bereits aufs
höchste gelobt haben (vgl. z.B. D. Hallervorden in den 90ern). Hoechst
erreichte rund um das Jahr 2000 mehrfach höchste Ausstöße höchst
„ungefährlicher“ Gase in die nächste Umgebung des Werkes, wo viele arme
Frankfurter Würstchen hausten. Diese Würstchen (echte Deutschländer) wuschen
sofort höchst selbstmörderisch die „ungefährlichen“ Substanzen von den
höchstgeliebten Autos, während am nächsten Tag die Firma Hoechst Mitarbeiter
mit höchstwasserdichten Schutzanzügen zur Reinigung in die
höchst(„un“)verseuchten Gebiete schickte. Natürlich ist es Seveso –pardon
sowieso klar, dass auch andere Firmen nicht nur Sandoz – Verzeihung Sand
aus-gestoßen haben. Sehr beliebt war der meist (un)heimliche Ausstoß von Gasen
und Flüssigkeiten.
Auch andere „verantwortungsbewusste“ Firmen führten vorsorgliche Tests
(Gasausstöße), z. B. von Holzschutzmitteln, an Firmenmitarbeitern durch. Das
Verantwortungsbewusstsein war so „groß“, dass man die tödlichen Ergebnisse
geheim hielt, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Hier wurde jedoch
niemals (wie Umweltschutzmeckerköppe behaupten) einfach nur schlampig
Schindluder getrieben. Dies erkennt man schon daran, dass bei allen derartigen
Tests mit „brutaler Rücksichtslosigkeit“ den Mitarbeiter aus den Führungsetagen
die (An?)teilnahme verweigert wurde.
Nicht nur Sauerstoff konnte all dieses künstliche Zeug
(Kohlenwasserstoffe usw.) kaum noch zersetzen, sondern auch Organismen wie
Bakterien, Pilze, Maden, Würmer, Käfer usw., die normalerweise alle Lebewesen
zersetzen (dabei allerdings auch Sauerstoff benötigen).
All diese Lebewesen heißen Destruenten (siehe unten). Auch sie gehören
zum Lebenslangzeiterhaltungsteam. Sie sind es, die aus Leichen, Haaren,
Schuppen, Holz, Blättern usw. wieder Nahrung für die grünen Pflanzen machen,
nämlich Kohlendioxid, Wasser und Nährsalze wie NO3, NO2, PO4, SO4, Mg, Ca usw.
Da Sauerstoff auch Oxygenium genannt wird, nennen Menschen die
Verbrennung und alle Vorgänge, bei denen ein Stoff einem anderen Elektronen
„klaut“, auch Oxidation.
In dieser üblen Sauerstoffüberschusssituation beriefen die Lebewesen das
erste antioxidative Konzil ein.
Man war sich schnell darüber einig, dass jedes einzelne Lebewesen sich
mit den üblichen Methoden (Mutationen, Selektion usw.) selbst um das Überleben
seiner Art kümmern musste. Es war aber ebenfalls offensichtlich, dass die
rücksichtslose Umweltverschmutzung durch die angeblich so ehrenwerten Blaualgen
und Chloroplasten immer weiter zunehmen und dann das ganze Leben vernichten
würde.
Man entschloss sich einer ganz tollen collection von Lebewesen den
Auftrag zu geben, ein technisches Rettungswerk zu entwickeln. Man wählte eine
Gruppe pyromaner (feuersüchtiger), aber dennoch intellektueller,
Wissenschaftsbakterien (spätere Mitochondrien) aus der radikalen Familie der
Hausbesetzer, Unterfamilie Ökofreaks. Die „großartige“ Auswahl wurde später
„toll collect“ genannt (s. u.). Dieser Gruppe sagte man: „Siemensu, dass du das
Problem schnell löst, sonst gibt es eine daimliche Konventionalstrafe oder wir
stolpern alle in den Untergang. Und der Untergang wird aus der Ferne komm` (auf
Latein: Telekom)“. Die Gruppe dachte nach: „Man könnte für alle
Sauerstofftransporte eine Mautgebühr erheben oder Sauerstoffzertikate
verkaufen“. Das erschien kompliziert, aufwendig und teuer.
Konnte der eklige Sauerstoff nicht vielleicht als Teil einer
fortschrittlichen, feurigen, neuen ökologischen Nische aufgefasst, genutzt und
besetzt werden? Man hatte beobachtet, dass Blaualgen die Lichtenergie viel
besser ausnutzten, als die anderen Lebewesen die chemische Energie, die in
ihrer Nahrung steckte. Auch der Sauerstoff zerlegte das organische Material
(=Nahrung) gnadenlos in Kohlendioxid und Wasser und setzte dabei fast die
gesamte chemische Energie frei, allerdings nur, um sie ebenso gedankenlos (z.
B. als Wärme) zu verpulvern. Man musste also ein Verfahren finden, mit dessen
Hilfe diese sinnlose Verbrennung biologisch nutzbar gemacht werden konnte.
Dieses Verfahren wurde nach wenigen Millionen Jahren Entwicklungsarbeit
unter der Bezeichnung „Atmung“ zum Patent angemeldet.
Die Menschen haben um 2003 ebenfalls einige „tolle“ Unternehmen
collected, um Autobahnnutzungsgebühren mit Satellitenhilfe abzukassieren. Was
die Zeit anbelangt, hat sich diese tolle collection scheinbar an den
Wissenschaftsbakterien ein Vorbild genommen. Allerdings wussten die tollen
menschlichen Kollektoren schon bei der Auftragsannahme, dass sie erst
allmählich während der Durchführung die auftretenden Probleme lösen würden. Das
verschwiegen sie allerdings wohlweislich (wie üblich) ihren Auftraggebern,
weshalb der Verkehrtsminister Stolpe leicht ins Stolpern geriet.
Das Atmungsverfahren ist teilweise später von Menschen (wenn auch leicht
verändert) „illegal“ kopiert und „zur Tarnung“ unter der Bezeichnung
„Brennstoffzelle“ gewinnbringend auf den Markt gebracht worden. Wie man
munkelt, haben die Tiere wegen dieser Industriespionage noch nicht prozessiert,
weil der Diebstahl die Menschen in der Zukunft vor der Selbstvergiftung
bewahren könnte, so wie damals die Atmung das Leben gerettet hat. Bestimmte
Brennstoffzellen betreiben nämlich Motoren usw. mit Wasserstoff und setzen
dabei nicht, wie sonst üblich, Gifte, sondern nur Wasser frei. Durch ihre
Nutzung würden auch viele Tier- und Pflanzenarten der Zerstörung durch den
Menschen entgehen.
Die Bakterien studierten ihr Inneres und stellten fest, dass sie nur
einige Strukturen und Funktionen, also Membranen, Enzyme und anderen Kram, umbauen
mussten, um sich in Biobrennstoffzellen zu verwandeln. Sie verfügten nur über
äußerst primitive Fertigungstechniken. Statt eines Planungsbüros kannten sie
nur blindes Herumprobieren. Es war ihr ehrenwerter aber dümmlicher Boss, die
DNA, die sich nur durch Versuch und Irrtum langsam lernend an die richtige
Lösung herantasten konnte. (Diesen Lernvorgang der DNA nennt man üblicherweise
„Evolution des Lebens“).
Die Bakterien legten sich also, so gut es im Wasser ging, an die Sonne
und ließen energiereiche Strahlen, aber auch Giftstoffe (Mutagene) x-beliebig
in ihrer DNA herumblitzen und –hacken (=chemische Reaktionen auslösen). Die DNA
enthält die Baupläne aller Lebewesen. Dabei ergaben sich irgendwelche
zufälligen Veränderungen dieser Pläne, so genannte Mutationen. Der Zufall
wollte es, dass einige dieser Mutationen auf die Ziele „Atmung“ und
„Biobrennstoffzelle“ zu führten.
(Auf diese Weise entstanden und entstehen alle Merkmale und
Eigenschaften der Lebewesen. Nur die Tiere entwickelten später Gehirne, die
ebenfalls derartige Veränderungen bewirken konnten und können, aber dennoch,
bzgl. der Grundprinzipien des Lernens, z. T. ähnlich funktionieren wie DNA.).
Die menschlichen Biowissenschaftler glauben allerdings nicht an die
Klugheit der Bakterien. Sie behaupten, dass die Umwelt aus den Zufallsmutanten
(=Lebewesen mit mindestens einer Mutation) diejenigen herauspickt, die sich in
ihr am erfolgreichsten fortpflanzen. Die anderen sterben aus. Diesen Vorgang
nennen die Wissenschaftler Auslese oder Selektion. Wie die Sexualität, kurze
Generationsdauern und der natürliche Tod dafür sorgen, dass immer möglichst
viele verschiedene Mutanten (genetische Variabilität) zur Verfügung stehen,
damit es ordentlich was zu picken gibt, ist unter „Evolution“ und im Kapitel
Sexualität erläutert. Hier sei nur kurz gesagt, dass auch die Sexualität vor
allem dafür sorgt, dass es etwas Ordentliches zu picken gibt. Es geht vor allem
um gute Mischungen der Gene.
Lust- und Unlustbetonte ähnliche Schreibweisen des Wortes „picken“ charakterisieren
nicht so sehr die Sexualität im biologischen Sinne, als vielmehr die
emotionalen Motive (Störungen?) und einen häufigen kleinen Nebeneffekt namens
Fortpflanzung. Hier wird auch ein extrem merkwürdiger (schamhaft
[un]menschlicher) Umgang und eine ebensolche Bewertung der Sexualität deutlich.
Die perverse „himmlisch menschliche“ Gesellschaft schaffte es z. B., Begriffe
aus der höllisch weltlichen Sexualität zum effektivsten Beleidigungsmittel zu
erheben.
Alle diese soeben beschriebenen Vorgänge und Erscheinungen (Selektion,
Sexualität, Mutation usw.) sind Ursachen für die Entwicklung und
Höherentwicklung des Lebens. Besonders die Selektion hat also unter anderem
Gefühle, Intelligenz und den Menschen geschaffen. Dieser „Kleinkram“ geht
gerade in genau dem Maße, in dem der Mensch die Selektion beseitigt, allmählich
zugrunde (vgl. Kapitel Genetik). Doch zurück zu Erfreulicherem, unseren
Bakterien.
Bald funktionierte die Atmung einwandfrei. Nun konnte man dem Sauerstoff
an den Kragen gehen. Da die Atmung nun wunderbar effektiv arbeitete, beschloss
man jedoch, nicht den gesamten Sauerstoff zu verbrauchen, sondern ihn in einem
Recycling-Prozess von Blaualgen und Chloroplasten immer wieder in vertretbaren
Mengen herstellen zu lassen. Dies war einer der genialsten Schachzüge des
Lebens. Es konnte eine globale Symbiose entstehen, bei der die atmenden
Lebewesen den photosynthetisierenden Kohlendioxid und Wasser lieferten, während
diese den atmenden Zucker und Sauerstoff lieferten. Pflanzen „fressen“ den Abfall
und die zersetzten Leichen(teile) der Bakterien, Blaualgen, Tiere, Pilze und
Pflanzen. Tiere fressen die mehr oder weniger frischen Leichen und
Abfallprodukte aller Lebewesen und atmen den Sauerstoffabfall der Pflanzen ein.
Das Zersetzen der Leichen, Blätter, Haare, Hufe, Knochen usw. bewerkstelligen
Sauerstoff, energiereiche Strahlung, Pilze, Tiere, Bakterien usw. (Destruenten
siehe oben). Sie sind sehr wichtig, weil sie das tote organische Material
wieder in den Kreislauf des Lebens zurückführen. Ohne sie hätte das Leben nicht
lange überleben können. Nur durch diesen globalen Kreislauf wurde es möglich,
dass das Leben auf der Erde etwa 3,6 Milliarden Jahre überleben konnte. Dabei
ist nicht nur dieser geniale Kreislauf entscheidend, sondern auch die Tatsache,
dass man mit der Sonne eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle anzapfen
konnte.
Am Rande sei erwähnt, dass Pflanzen auch Sauerstoff einatmen. Sie atmen
nachts und mit ihren Wurzeln immer, weil dann und dort kein Licht für
Photosynthese zur Verfügung steht. Abb. 1
Die Sonne liefert, auch für Menschen, fast die gesamte Energie. Die
Atmung erwies sich als ein so großartiges Verfahren, dass es bis heute auf der
Erde von fast allen Lebewesen verwendet wird. Entwickelt haben es aber nur die
oben erwähnten Wissenschaftsbakterien. Wie konnte es dann in alle Lebewesen
gelangen? Nun ganz einfach, auch die Wissenschaftsbakterien, bzw. ihre DNA,
„erkannten“ natürlich die Trends der Zeit und die Weichen in die Zukunft.
Deshalb verbündeten sie sich genau wie die Blaualgen mit größeren Zellen. Sie
schlüpften, wie oben schon angedeutet, unter anderem in die Zellen, in denen
schon Chloroplasten waren. Hier konnten sie zu aller Zufriedenheit mit den
Chloroplasten optimal die erwähnten Stoffe austauschen. Zum Glück für Mensch,
Pilz, Bakterium und Tier waren die Pflanzen so großzügig, dass sie mehr
Sauerstoff abgaben als sie selbst verbrauchten.
Es gab aber auch noch Zellen ohne Chloroplasten und Mitochondrien. Viele
dieser dümmlichen Konservativen begnügten sich noch immer damit, die Energie in
den Nahrungsstoffen nur zu geringen Teilen zu nutzen (Gärungen durchzuführen).
Die meisten haben ihre Sturheit und Indoktriniertheit mit dem Leben bezahlt.
(Das haben viele konservative menschliche Ideologien [nicht nur talibanausische]
leider noch vor sich.).
Aus Zucker z. B. machten diese Verschwender nicht Kohlendioxid und
Wasser, sondern Milchsäure, Alkohol und viele andere Gifte, die noch massenhaft
Energie enthielten. Menschen nennen solche Vorgänge „Gärungen“. Eines dieser
Gifte, den Alkohol, pressen sie unheflich aus den Pflanzen oder Hefepilzen, die
diese meist blödsinnige Gärung (unvollständiger Abbau von Zucker usw.) mit
Vorliebe durchführen. Dann gießen Menschen dieses Zeug in sich hinein, um
lustig zu werden, ihre Hemmungen zu verlieren, ihre Sorgen zu vergessen oder
sich und andere z. B. mit Hilfe diverser (Transport)Mittel umzubringen. Die
Wissenschaftsbakterien dagegen einigten sich mit allen ihren symbiotischen
Partnern, all diese Gifte in Essigsäure umzuwandeln, welche die
Wissenschaftsbakterien dann mit Hilfe des Sauerstoffs endgültig verbrannten.
Glücklicherweise gewinnen sie ungefähr 13-mal mehr Energie als die
unglücklichen (abergläubischen?) gärenden Kollegen. Die überschüssige Energie,
die dabei frei wird, geben die Wissenschaftsbakterien seither zum größten Teil
als Dank für die erhaltene Essigsäure an ihre großen Freunde (Zellen) ab. Seit
dieser Zeit nennen sich die Wissenschaftsbakterien Mitochondrien und bekamen
später für ihre Energieleistungen von den Menschen den Ehrentitel „Kraftwerke
der Zelle“. Auch die großen Zellen, die Dümmlinge, gaben sich jetzt
wohlklingende Namen. Sie zerfielen in zwei Gruppen. Die einen- meist fleißige,
quirlige Gesellen- nannten sich Tiere, die anderen- eher faules, lichtscheues
Gesindel- nannten sich Pilze. Viele Pilze und die meisten Tiere wurden leider
später zu Parasiten.
Da mit den Pilzen keiner etwas zu tun haben wollte, weiß man nicht
genau, ob sie von Pflanzen, Tieren oder beiden abstammen. Die
Abstammungsdokumente wurden wahrscheinlich damals von einer gewissen Klau- oder
Gau- oder Gauckel-Behörde (oder so ähnlich) vernichtet, da man die Pilze,
besonders das Ostberliner Pils, nicht ganz zu Unrecht und schon gar nicht ganz
zu Recht für den größten anzunehmenden Unfall (Marx und Murx) der Natur hielt.
Jedenfalls kam es quasi (oder Stasi?) zu tierischen staatssichernden
Vernichtungsmaßnahmen, bei denen ein gewisser Markus Reißwolf zum gestreiften
Papiertiger wurde.
Solche Vernichtungsaktionen (beispielsweise kleine Gaus im Haus von der
Familie Strauß) haben sich später noch maximalisch oft wiederholt. Bekannt
wurden z. B. ein berühmter depressiver bayrischer Straußenvogel und dessen
Verwandtschaft sowie diverse teils großvolumige, schweigesüchtige
Parteifreunde. Natürlich ist es möglich, dass tatsächlich die, wegen
Bestechlichkeitsverdacht, beschlagnahmte Festplatte von Maxens Computer von
ganz normalen Dieben gestohlen wurde. Es könnte aber auch sein, dass nicht eine
lockere Schraube im Computer oder Depressionszentrum besagten Jungstraußes zum
Verlust seiner Festplatte führte, sondern eine lockere Schraube in den
Abteilungen, Anstand und Charakter im Stirnhirn dieses merkwürdigen
unschuldigen Vogels und gewisser Parteifreunde.
Wahrscheinlich stammen Pilze teilweise von tierischen und teilweise von
pflanzlichen Vorfahren ab.
Die Bakterien und Mitochondrien und alle ihre Nachkommen verbrannten
stets alles, was sie zu beißen bekamen, vollständig. Das einzige was übrig
blieb, Kohlendioxid und Wasser, schmissen sie, bzw. die Tiere, Pflanzen und
Pilze, in deren Zellen sie wohnten, einfach mehr oder weniger hinaus.
Genau genommen sind Pflanzen usw. natürlich Gemeinschaften aus
Mitochondrien, Chloroplasten, Zellen und noch einigen fast völlig verstümmelten
Symbionten, die wir hier nicht näher behandeln.
Auch Menschen (und die Menschheit) sind übrigens eigentlich Symbiosen
aus vielen Zellen, Mitochondrien, Computern, technischen Geräten, (Menschen)
usw.
Das Kohlendioxid jedenfalls erregte die Aufmerksamkeit einer
Algenfamilie aus der Ordnung der Müllschlucker, Unterordnung Vielfraße. Hier
wurde das weggeworfen, wonach sie hungerten, Kohlendioxid. Es ist zu allen
Zeiten für die Pflanzen Mangelware geblieben. Aus diesen ersten Algen
entwickelte sich das, was wir heute grüne Pflanzen nennen (Grünalgen, Moose,
Farne, Samenpflanzen).
Menschen verbrennen zurzeit ebenfalls große Mengen organischen Materials
(Erdöl, Erdgas, Kohle) und erhöhen dadurch die Kohlendioxidmenge in der
Atmosphäre. Dadurch wird es auf der Erde wärmer (Treibhauseffekt), weil weniger
Wärme ins Weltall abstrahlen kann.
Ein mit Sicherheit falsches Gerücht besagt, dass die Menschen heute mit
diesem Zeug den Planeten überhitzen, um den Pflanzen eine Freude zu machen.
Einige menschliche Wissenschaftler warnen vor den schädlichen Folgen dieses so
genannten Treibhauseffektes. Bestimmte amerikanische Wissenschaftler konnten
jedoch für wenig Geld beweisen, dass diese Bedenken überflüssig sind. Durch den
Treibhauseffekt schmelzen die Polkappen. Dadurch dringt viel Süßwasser in die
Nordmeere. Das wiederum kann dazu führen, dass der Golfstrom und in der Folge
alle großen Meeresströme abgeschaltet werden. Der Golfstrom sinkt im
Nordpolarmeer ab. Dieses Absinken wird vom Süßwasser verlangsamt, weil das
Sinken des Wassers von seiner Dichte und diese vom Salzgehalt abhängt. Ohne die
Meeresströmungen werden die Temperaturen in außeramerikanischen, also „weniger
wichtigen“, Regionen der Erde, z. B. in Europa, um durchschnittlich bis zu 10°
fallen. Amerikanische Industriebosse scheinen dies zu wissen. Sie heizen also
aus altruistischen Motiven „vorausschauend“ lustig weiter, um sich Europa
warmzuhalten. Sie wollen das Wasser eiskalt fest machen und andere vor dem
Hitzeschock bewahren. So ist jetzt richtig was los im amerikanischen Busch,
weil in und mit dem amerikanischen Bush nicht viel los ist. Wir hoffen und
fürchten, dass Europa diesem (leider?) nicht brennenden Bush bald die kalte
Schulter zeigen wird.
Zurück zur weniger hirnlosen Natur.
Chloroplasten konnten wie gesagt mit Hilfe des Lichts aus
Kohlenstoffdioxid, Wasser und diversen Zusätzen (Nährsalze) die herrlichsten
Speisen und Baumaterialien zubereiten. Diesen Vorgang nennen Wissenschaftler
Photosynthese, weil mit Hilfe von Photonen, also Licht, etwas zusammengebaut wird.
Die wichtigsten Speisen und Baumaterialien (Produkte der Photosynthese) nennen
sie Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate und Nukleinsäuren. Die Algen waren mit ihrem
neuen Energienutzungsverfahren (Fotosynthese) ihren Konkurrenten überlegen und
besetzten nun zunächst alle für sie nutzbaren freien ökologischen Nischen im
Wasser.
Konkurrenz (s. o.) führt in der Natur manchmal zum Aussterben von Arten.
Eine Art, die einer anderen ähnlichen Art geringfügig überlegen ist, kann
dieser die Nahrung wegfressen, Brut- und Versteckmöglichkeiten besetzen, sie
direkt vertreiben usw. Neben der Konkurrenz gab es noch eine zweite, eigentlich
sehr vernünftige, Ursache für Streit und Ausbreitung der Arten. Es handelt sich
um Streitereien die auch innerhalb einer Art stattfinden können. Unter Biologen
wird die Erscheinung, über die wir jetzt sprechen wollen, Revierverhalten oder
Territorialaggression genannt. Alle Lebewesen einer Art, die sich gegenseitig
vertreiben, breiten sich auf dem Planeten aus. Wenn es zu einer lokalen Katastrophe
(Überschwemmung, Waldbrand, Vulkanausbruch usw.) kommt, überleben alle
Individuen, die außerhalb solcher Gefahrenzonen leben. Wir haben dieses
Phänomen, das die wichtigste Grundlage des menschlichen Rassismus bildet, oben
bereits näher beschrieben.
Damit zurück zu unseren Algen. Einige Abstinenzler schafften es sogar,
Flüsse und Seen zu besiedeln, obwohl dort der Natriumchloridgehalt schon fast
destilliertem Wasser zur Ehre gereicht hätte. Es fehlte u. a. das Kochsalz
(=Natriumchlorid) in der Suppe. Nun waren alle Gewässer besiedelt. Man sollte
denken, dass die Streitereien, die der Ausbreitung dienten, nun keinen Sinn
mehr machten und aufhörten. Aber die Streitereien hörten zum Glück nicht auf.
An dieser Stelle vergleichen wir noch einmal die Natur mit der Kultur.
Auch die Menschen haben den gesamten Erdball besiedelt, hören aber leider nicht
oder zu wenig auf, sich rassistisch zu bekämpfen. Menschen könnten im Gegensatz
zur Natur ihre Ausbreitung, z. B. auf den Mars, durch Vernunft statt durch
leidiges (Un)fairkloppen steuern, doch sind sie dazu (noch?) zu bekloppt.
Wasser und Platz gab es für die Algen zwar genug, aber Kohlendioxid und
Licht waren Mangelware. Dieser Notstand inspirierte einige Notstandsgesetzlose
aus der Familie der braunen Reise- und Kampffanatikeralgen. Diese Herrenrasse,
von der nach Meinung mancher dummdreister Philosophen und
Sozialdarwinisten alle Arier, aber ganz
besonders die Germanen (Germanien als ökologische Nietzsche?), abstammen
sollen, kam auf eine übermenschliche, „schwarSSglänzende“ Idee: Diese Algen
hatten, wenn sie sich an der Wasseroberfläche die Sonne auf Bauch- und nackte
Kopfhaut (skin) scheinen ließen, herrliche einsame Strände mit ultrageiler
Beleuchtung, aber ohne Parasiten und Pflanzenfresser, bemerkt. So warfen sich
viele besonders dumme, nahezu kahlköpfige Urlaubsüchtige mit Wind und Wellen
begeistert an die französische Riviera, Petersburger Bucht und andere Strände
und auf alles, was nach Blut und Boden roch. Eine fernöstliche gelbliche
schlitzäugige Variante dieser imperialistischen Wanderratten warf sich sogar
perlensüchtig aber raubtierlich kamikatzisch auf die Pearl Habor Beach. Dort
merkten sie, dass die Strahlung nicht nur ultrageil, sondern auch ultraviolett,
radioaktiv usw. war. All diese energiereichen Strahlen zerstörten
Erbinformationen und Eiweiße (auch die wenigen cerebralen = hirnlichen) selbst
in den braunsten, die sich doch stets selbstaufopfernd um die Reinheit ihres
Erbguts gekümmert hatten. So dauerte es länger als tausend Jahre, bis ihr
dummes Erbgut gelernt hatte, dass Haare vor Austrocknung und Strahlung
schützen. Schließlich verwandelten sich über 1945 der dummen Braunen allmählich
in intelligentere Grüne, die es lernten, mit Umweltgefahren, wie Strahlung,
Anziehungskraft, Austrocknung, Giftgasen usw., zurechtzukommen. Ihre
Erbinformationen wurden so geändert, dass sie Wachsschichten und Härchen gegen
Austrocknung bildeten. Damit sie nicht wegen der Erdanziehungskraft hilflos platt
am Boden lagen, umhüllten sie ihre Zellen mit Zellwänden und drückten von innen
so kräftig mit Wasser gegen die Wände, dass stabile Pflanzenkörper entstanden.
Dieses Verfahren meldeten sie unter der Bezeichnung Osmose zum Patent an.
Auch dieses großartige Patent haben Menschen später -wenn auch nur
schlecht- kopiert. Auf die gleiche Weise bauen sie z. B. stabile
Wasserbettmatratzen und Luftmatratzen, in die sie allerdings Gase blasen.
Die Nachfahren dieser grünen Algen, die Moose, Farne und Samenpflanzen
entwickelten sich nun großartig. Sie kämpften nämlich gegeneinander um Licht
und wurden dabei immer größer und stabiler (Verholzung), da die Sonne häufig
oben war.
Hier wird nochmals deutlich, dass alle Lebewesen, auch Menschen, sich
bisher nur dann großartig entwickeln können, wenn sie sich ein bisschen bis
mittelprächtig anstrengen müssen. Das erinnert uns evtl. an die oben erwähnte
grauenhafte Vorstellung vom paradiesischen Schlaraffenland und an die jüngsten
Erfolge des deutschen Schul- und Erziehungssystems. Sie ergötzen sich solange
an ihrer Überverwöhnung, bis der schiefe Turm von Pisa bricht. Übrigens brechen
auch die überverwöhnten Kinder nicht weniger als die autoritär unterdrückten
Kinder früherer Zeiten. Beide sind in den Brunnen gefallen, weil sie aus den
zerbrochenen Krügen (Kuschelpädagogik und Peitsche) nicht trinken konnten.
Die bunten Pflanzen sind die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten,
welche die Bezeichnung „menschlich“ verdient haben, weil sie sich anständig
ernähren. Sie nehmen im Gegensatz zu Tieren, nicht andere Tiere aus wie
Weihnachtsgänse und überfressen sich nicht, wie viele Menschen. Sie bilden das
2. Reich des Lebens, das Pflanzenreich. Das 1. Reich bilden die Bakterien und
Blaualgen. Blaualgen sind nicht Algen wie die anderen, sondern ganz anders
gebaut, nämlich wie Bakterien. Sie gehören aber auch zu den „anständigen“
Lebewesen, denn sie ernähren sich von Licht und Abfall, hauptsächlich
Kohlendioxid, Nährsalzen und Wasser. Unter den Bakterien dagegen gibt es viele,
die sich wie Tiere, und einige, die sich wie Parasiten ernähren. Das gleiche
gilt für Pilze, die früher zu den Pflanzen zählten, heute aber von vielen
Biowissenschaftlern als eigenes Reich, das Pilzreich, bezeichnet werden. Wir
begnügen uns hier mit drei Reichen, damit das dritte Reich, das Tierreich,
seinen wohlverdienten Platz zugewiesen bekommen kann. Es ist, wie es sich für
ein Drittes Reich gehört, das mieseste aller Reiche. Es besteht nämlich
zahlenmäßig fast nur aus Parasiten und neigt auch sonst an allen Ecken und
Kanten zur (Selbst)quälerei. Menschen, die man biowissenschaftlich, obwohl sie
Säugetiere sind, als viertes oder fünftes Reich bezeichnen könnte, sind die
einzigen, die diesem dritten Reich reichlich Wasser reichen können und
besonders während des Dritten Reiches auch gereicht haben. Aber jetzt reicht´s,
was dieses glorreiche Thema anbelangt.
Die Entstehung des Menschen
Die Ursachen der
Menschwerdung
Der Inhalt der folgenden Abschnitte entstammt teilweise Vorlesungen von
Konrad Lorenz. Seine Bücher liefern eine Menge wertvolle Informationen für ein
tieferes (vor allem ethologisches) Verständnis der Menschen (Ethologie =
[vergleichende] Verhaltensforschung).
1. Neotenie
Der Mensch wird in einem Entwicklungszustand geboren, in dem er
eigentlich noch Embryo, also völlig unselbstständig und -besonders bezüglich
des Gehirns- noch nicht fertig entwickelt ist. Diese Erscheinung heißt Neotenie
oder Fötalisierung. Eine (mögliche!) äußere Folge ist unser fehlendes
Haarkleid. Die wichtigsten inneren Folgen sind: teilweise Beibehaltungen von
kindlichen Eigenschaften wie Spieltrieb, Neugier, pubertäre Protest- und
Innovationsappetenz usw. bis ins Alter. Dadurch bleibt der menschliche Geist
länger flexibel (weniger indoktriniert) und lernfähig. Dies ist ein wichtiges
Fundament für die Höherentwicklung der Intelligenz und die prinzipielle
Überlegenheit gegenüber allen Tieren. Der Hauptsinn der Fötalisierung besteht
in der Verbesserung der Möglichkeit der Anpassung an spezifische
Umweltbedingungen und schnelle Veränderungen der Umwelt durch Lernen. Solche
schnellen Veränderungen sind typisch für die vom Menschen bestimmte Umwelt
(Kultur). Machen wir uns dies an Beispielen klar. Kindliche und jugendliche
Eigenschaften wie Neugier, übertriebener Mut, Ungehorsam usw. förderten die
Entwicklung von Waffen und die Veränderung von Verhalten z. B. gegenüber
Feinden und Feuer. Die Entwicklung und Nutzung von Speeren und Fallen
veränderte z. B. den sinnvollen Umgang mit Löwen und Antilopen. Löwen verloren
immer mehr von ihrer Gefährlichkeit und Antilopen wurden immer häufiger
erbeutet. Auch die Gehirne und die Gene der Löwen lernten übrigens schnell,
Menschen nicht mehr als Beute, sondern als einzigen echten Feind zu betrachten.
Froschgehirne sind für derartige Lernleistungen zu wenig flexibel.
Menschengehirne konnten (u. a. aufgrund der Neotenie) sogar eine sich immer
schneller verändernde Kultur schaffen und überleben.
Später forderte z. B. die ständige Verbesserung der Kriegswaffen
innerhalb weniger Jahrzehnte (manchmal sogar Tage) schnelle Veränderungen der
Verteidigungsmethoden und umgekehrt. Noch schneller müssen heute
Softwareprogramme auf den neuesten Stand gebracht werden. Manche Menschen
mussten und müss(t)en sogar ganze Ideologien aufgeben. So war K. Popper nur in
seiner Jugend, Honecker bis zu seinem Tode, Kommunist. Viele DDR-Bürger mussten
ihre kommunistische Ideologie in Frage stellen, als sie sahen, dass in der BRD
nicht die meisten kapitalistisch ausgebeuteten Menschen unter Brücken, sondern
in hübschen Wohnungen oder sogar Eigenheimen schliefen. Das Regime hatte ihnen
ziemlich übertrieben viel von armen ausgebeuteten Bundesbürgern vorgelogen.
Manche ehrliche Menschen lehrt u. a. die kapitalistische Gesellschaft, dass sie
nur mit kriminellen Methoden Erfolg haben. Viele Regierungen, Kirchen,
Unternehmen, Institutionen, Berufsgruppen, Eltern usw. leben diesen
Parasitismus sogar (als Nachahmungsanregung?) vor.
2. Der aufrechte Gang
Menschen gehören zu den wenigen (Säuge)tieren auf diesem Planeten, die
auf zwei, statt auf vier Beinen laufen. Dadurch wurden ihre Hände für andere
Aufgaben frei. Sie schreiben damit, bau(t)en Werkzeuge und entwickel(t)en mit
ihrer Hilfe fast ihre gesamte Kultur und Technik. Diese Kultur enthält ähnlich
wie Gehirne sehr viel Informationen, welche durch Lernvorgänge in Gehirne (und
wieder zurück) gespiegelt werden. Ein Computer z. B. wird mit Hilfe
menschlicher Intelligenz (in Gehirnen) hergestellt. Er erzeugt aber auch bei
seiner Nutzung und Verbesserung Intelligenz, weil er selbst ein informationshaltiges
und informationsverarbeitendes System ist. Besonders wirkungsvoll sind
schlechte und unverständliche Betriebssysteme, Programme und
Bedienungsanleitungen.
So besehen ist tiefe Dankbarkeit für den Zwang zur Entwicklung
gewaltiger Intelligenzleistungen z. B. beim Umgang mit Bill
Gates-Mikrosoftprodukten der 90ziger Jahre angemessen. Noch mehr Achtung
gebührt denen, die nur den Computer und nicht den monopolmissbrauchenden
Kotzsoftwarelieferanten an die Wand werfen, obwohl man weiß, dass der Computer
unschuldig ist.
Durch Rückkopplungsprozesse zwischen komplexer äußerer Realität und
komplexen Gehirnen ist die Entwicklung der menschlichen Intelligenz erheblich
beschleunigt worden.
3. Die räumliche
Wahrnehmung
Die äffischen menschlichen Vorfahren mussten auf Bäumen ihre optische
Wahrnehmungsfähigkeit erheblich verbessern. Bei Menschen (Affen, Eulen usw.)
liegen beide Augen relativ weit vorne und nahe beieinander. Dadurch wird eine
räumliche Abbildung der dreidimensionalen Außenwelt im Gehirn überhaupt erst
möglich. Darüber hinaus war das Astwerk der Bäume eine ziemlich
(absturz)gefährliche Umwelt. Solche Umwelten fördern bekanntlich
Höherentwicklungen. Im Falle des Menschen (der Menschenaffen) war es nicht nur
die Geschicklichkeit, sondern auch die Intelligenz, die sich besonders stark
höher entwickelt. Alle Intelligenzleistungen, die im Zusammenhang mit
räumlichen Vorstellungen (Orientierungen, Geometrie, Astronomie, technische
Kreativität usw.) stehen, sind bei Menschen besonders gut entwickelt. Sie sind
wichtige Grundlagen für viele andere Intelligenzfähigkeiten wie Sprache,
künstlerische Kreativität, Gedächtnis, mathematische Intelligenz usw. Ein
Beispiel für Zusammenhänge zwischen räumlicher Wahrnehmung und
Intelligenzleistungen findet sich schon im Urwald. Affen, die unter anderem auf
Grund ihrer guten optischen Wahrnehmung gut zwischen morschen (dünnen) und
gesunden (dicken) Ästen unterscheiden können, zeigen Intelligenz. Diese wurde
früher durch relativ hohe Fortpflanzungserfolge der im Durchschnitt
intelligenteren Nachkommen immer mehr verbreitet. Heute bemüht sich die
Menschheit um kaum etwas mehr als um das Gegenteil.
4. Intraspezifische
Selektion
Wörtlich übersetzt bedeutet dieser Begriff „ innerartliche Auswahl“. Es
geht also darum, dass die Individuen einer Art selbst auf die Auswahl ihrer
Nachkommen, insbesondere auf deren Gene, Einfluss nehmen. Typisch und allgemein
bekannt ist, dass äußere Faktoren wie Klima, Raubfeinde, Konkurrenten usw.
selektiv wirken. Als Beispiele für intraspezifische Selektionsprozesse ist die
Partnerwahl nach bestimmten Merkmalen besonders bekannt. Viele Tierarten und
auch der Mensch wählen Fortpflanzungspartner nach Körpergröße, Attraktivität,
Intelligenz, altruistischem Verhalten usw. aus. Der Mensch konnte schon vor
Millionen Jahren besser nach Intelligenz auslesen als alle anderen Tiere. Je
intelligenter er war und durch intelligente Auslese wurde, desto besser wurde
seine Intelligenz und seine Fähigkeit nach Intelligenz auszuwählen. Es entstand
also ein positiver Rückkopplungsprozess, der die Entwicklung aller menschlichen
Intelligenzfähigkeiten beschleunigte.
Menschen gelang es allerdings hervorragend, diese Höherentwicklung durch
negative Rückkopplung (Blödheitsstabilisierung) zu bremsen. So wurde Archimedes
von einem hirnrissigen Soldaten, Sokrates von dümmlichen Spießern, unzählige
Wissenschaftler von dogmatischen Inquisitoren und ungezählte Intellektuelle von
vernebelten Stalinisten umgebracht.
Ein Beispiel für viele negative Wirkungen der intraspezifischen
Selektion ist die Verringerung (teilweise Vernichtung) der weiblichen sexuellen
Empfindungsfähigkeit. Frauen ohne die ursprünglichen starken angeborenen
Anlagen für sexuelle Lust können sich fortpflanzen, weil sie z. B. das
Mutterglück erleben oder ihren Partner binden wollen, vergewaltigt werden oder
ihrem Partner eine Freude machen wollen usw. All dies sind (unbewusste)
Selbstzuchtverfahren, die nicht nur direkt Lebensfreude verringern, sondern
außerdem Konflikte mit im Durchschnitt sexuell stärker motivierten Männern
schaffen. Männliche Zeugungsprobleme lassen sich bekanntlich weitaus
schwieriger vererben als weibliche. Eine Ungerechtigkeit, die Menschen zwar in
jüngster Zeit kräftig (medicomasochistisch) bekämpfen, die aber
erstaunlicherweise noch keine Gleichstellungsbeauftragten auf den Plan gerufen
hat. Der „großartige“ Kampf besteht darin auch eigentlich (ohne medizinische
Hilfe) zeugungsunfähigen Männern zu Fortpflanzungserfolgen zu verhelfen. Man
zwingt z. B. selbst die unbeweglichsten Spermien einfach mit Gewalt ins Ei. Das
Ziel dieser Kämpfe soll im Jahre 2280 erreicht werden: Eine größenwahnsinnige
„Schöne neue Welt“, in der die großartige Zeugung eines Kindes zur größten
Freude pharmazeutischer Großparasiten nur noch durch ein 10 Millionen Euro
teures medizinisches Großprojekt im entsprechenden Großklinikum vom
entsprechenden Großärzteteam durchgeführt werden kann.
Bei dieser Kritik muss man allerdings beachten, dass die meisten
impotenten (zeugungsunfähigen) Männer nicht genetisch defekt sind. Sie
verdanken ihre „humoral(isch)en“ Defizite vielmehr moralischen Defiziten in den
finanziell stets humoralen [=(über)flüssigen] Führungsetagen der chemischen
Industrie (s. u. a. oben unter Weichmacher, PVC usw.).
Ethologie
=Verhaltenslehre Sinnesphysiologie
Psychologie Pädagogik
Einführung
Wir erinnern noch einmal daran, dass wir die menschliche Selbststeuerung
in der Einleitung als chaotisch (eine Mischung aus angeborenen Programmen,
religiösen Wertvorstellungen und Geboten, Vernunft, Aufklärung, Machtmissbrauch
usw.) bezeichnet haben. Dies dürfte das größte Problem der heutigen Menschheit
sein, also am meisten Lebensqualität unnötig vernichten. Deshalb sind
Kenntnisse über das Funktionieren und die Veränderungsmöglichkeiten von Geist
und Körper für Menschen besonders interessant. Zum menschlichen Körper gibt es
genügend verständliche Informationen (Literatur, Internet, Fernsehen usw.).
Weniger gut ist das allgemeinverständliche Literaturangebot zur Funktion und
Veränderbarkeit des menschlichen Geistes, also in den Wissenschaften Pädagogik
und Psychologie. Da diese Informationen jedoch besonders wichtig sind und
besonders wenig vermittelt werden, haben wir im Folgenden einige (nicht alle)
besonders wissenswerte Informationen aus diesen Bereichen zusammengefasst.
Funktionsprinzipien des
Gehirns
Übersicht
Menschliches Verhalten wird von folgenden Faktoren bestimmt:
1. Angeborene Programme
1.1 Automatismen
1.2 Reflexe
1.3 Triebe, Instinkte
2. Lernen
2.1 Imitationslernen
2.2 Einsicht, rationale Selbststeuerung, Vernunft
2.3 Konditionierungslernen
3. Direkte Beeinflussung des Gehirns durch Stoffe oder Strahlung
(Drogen, alle energiereichen elektromagnetischen Welle, Umweltgifte usw.)
4. genetische Veränderungen
Biologische Grundlagen
Wir beginnen mit den biologischen Grundlagen, da sie ein wichtiges
Fundament für das Verständnis und besonders wenig bekannt sind. Viele Menschen
glauben mir Recht, dass sie ihren Körper nur verstehen können, wenn sie die
Körper von Tieren, also die Vorgeschichte ihrer Körper verstanden haben. Auch
ihre Psyche können sie nur auf der Basis der tierischen Psyche verstehen. Diese
Erkenntnis wir jedoch seit mindestens 2000 Jahren von gewissen Kreisen und
Greisen bekämpft. Auch die physikalischen, chemischen und biologischen
Fundamente von Psychologie, Pädagogik usw. wurden über Jahrtausende verleugnet
und bekämpft und werden bis heute vielfach ignoriert. Dennoch gilt:
Alle emotionalen, sensorischen, intellektuellen und motorischen
Leistungen stehen im Zusammenhang mit elektrischen und chemischen Vorgängen in
Gehirnen (und Körpern).
Das eigentliche Wesen von Denken und Emotion kann wahrscheinlich niemand
exakt verstehen. Das hat mit unzureichenden wissenschaftlichen Kenntnissen,
mit unzureichender
Informationsverarbeitung (Intelligenz) und mit dem Problem der Beobachtung
eines Systems durch sich selbst zu tun. Möglicherweise ist es grundsätzlich
unmöglich, dass ein System (Gehirn) sich selbst restlos versteht.
Wir konzentrieren uns auf unser wichtigste Ziel: Um unser Leben so
konstruktiv wie möglich steuern zu können, müssen wir unsere Psychen möglichst
gut verstehen. Dazu ist ein besonders wertvolles Hilfsmittel die Verbindung der
bekannten psychologischen und ethologischen Kenntnisse mit den bekannten
neurobiologischen und biochemischen Kenntnissen.
Menschliches Verhalten wird von sechs angeborenen und vier erworbenen
Hauptkomponenten bestimmt. Angeborene und erworbene Komponenten wirken bei
allen menschlichen Handlungen ursächlich zusammen. Kein menschliches Verhalten
wird also ausschließlich durch eine dieser Komponenten ausgelöst. Selbst die
Ausführung des Saugreflexes, der direkt nach der Geburt auftritt, ist von
Erfahrungen während der Embryonalentwicklung abhängig. Kein erlerntes Verhalten
kann ohne angeborene Voraussetzungen, wie z. B. bestimmte Hirnstrukturen,
erworben werden. Alle Lernfähigkeiten beruhen auf angeborenen Grundlagen.
Wir betrachten zunächst die wichtigsten angeborenen Komponenten und
biologischen Grundlagen:
1. Automatismen
2. Reflexe
3. Habituation (= Gewöhnungslernen)
4. Triebe
5. Reifung
6. genetische Defekte
1. Automatismen sind angeborene
Verhaltensprogramme für Grundbewegungen wie
Gehen, Schwimmen, Fliegen
2. Reflexe sind angeborene
Verhaltensweisen, die ohne bewusste Kontrolle
automatisch bei Aufnahme eines
bestimmten Reizes ablaufen. Beispiele:
Lidschlussreflex,
Kniesehnenreflex, Speichelsekretion usw.
3. Gewöhnungslernen
Fast alle Motivationen
(Gefühle, bestimmte Wirkungen von Reizen) können, wenn dies arterhaltend ist,
durch Gewöhnungslernen in ihrer Intensität reduziert werden.
4. Triebe
Die biowissenschaftliche Definition für Triebe (= Instinkte) lautet:
Triebe sind tierische und menschliche Verhaltensweisen, die durch eine innere
veränderliche Triebenergie und einen bestimmten Reiz ausgelöst werden und auf
angeborenen Verhaltensprogrammen beruhen.
Die meisten Sozialwissenschaftler und noch mehr Philosophen, Philologen,
Theologen usw. leugnen die prinzipielle Gleichheit und Verwandtschaft
menschlicher und tierischer Antriebe. Einen Beweis für ihren Standpunkt haben
sie nie vorgelegt, wohl aber Konrad Lorenz, den bekanntesten
Verhaltensforscher, verfolgt und verteufelt. Dennoch müssen sie sich in den letzten
Jahrzehnten immer mehr dem Druck naturwissenschaftlicher Erkenntnisse beugen.
Triebhandlungen sowie der Wunsch nach und der Verzicht auf
Triebhandlungen sind in der Regel mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen
verbunden. Die Häufigkeit, Intensität und Dauer der Triebhandlungen sind
veränderlich. Diese Veränderungen gehen meistens mit entsprechenden
Veränderungen der zugehörigen Gefühle einher. Je stärker z. B. die Energie des
Nahrungstriebes ist, desto stärker ist in der Regel auch das Hungergefühl. Da
Gefühle durch andere Komponenten, wie z. B. Lernen, Einsicht, andere Triebe,
Gifte usw. beeinflusst werden können, sind diese Zuordnungen nicht immer
eindeutig.
Die Veränderungen der Triebenergie und das gesamte Triebgeschehen hat
der Verhaltensforscher K. Lorenz an einem Modell, dem Triebstaumodell,
verdeutlicht.
Dieses Modell besagt vereinfacht, dass Triebhandlungen umso intensiver
und länger ausgeführt werden, (dass ein Trieb umso stärker ist) je länger die
letzte Triebbefriedigung zurückliegt und je wirksamer die aufgenommenen Reize
sind.
1. Die Zeit nach der letzten Triebbefriedigung
Mit der Zeit wird also (möglicherweise elektrische) Triebenergie wie in
einem Akkumulator immer mehr angesammelt (aufgestaut). Es könnte auch die Menge
(Konzentration) eines Stoffes erhöht werden oder die Stärke einer Triebblockade
verringert werden. Dass die Konzentrationen von Stoffen (z. B.
Neurotransmittern =Botenstoffe des Gehirns) Motivationen beeinflussen, ist
inzwischen erwiesen (s. u.). Wer gerade gegessen hat, hat z. B. wenig Hunger.
2. Die Abhängigkeit der Intensität und Häufigkeit von Triebhandlungen
von der Wirksamkeit der Reize der auslösenden Triebhandlungen.
Auch die Beeinflussung von Neurotransmitterkonzentrationen durch Reize
(Ausschüttung von Adrenalin in Stresssituationen usw.) ist nachgewiesen.
Ein ausgezeichneter Auslöser für Jagd- und Fressverhalten des Fuchses
könnte z. B. eine Maus sein. Weniger ideal aber wirksam könnte eine Heuschrecke
sein. Überhaupt nicht ideal und unwirksam ist ein Felsen. Hier wirkt
wahrscheinlich u. a. Dopamin. Dies ist ein Botenstoff, der die Grundaktivität
und –motivationen beeinflusst.
Der Mechanismus, der bei der Wahrnehmung verschiedener Reize filtert,
auswählt und entscheidet, ob und welche Triebenergie freigeschaltet
(Triebhandlungen ausgeführt) werden, heißt AAM =angeborener Auslösemechanismus.
Je ähnlicher der auslösende Reiz dem optimalen Reiz (= optimaler Auslöser oder
Schlüsselreiz) ist, desto häufiger und intensiver wird die zugeordnete Triebhandlung
ausgeführt. Die Lieblingsspeise wird mit Heißhunger verspeist, ungeliebte
Speisen nur in der Not und mit Ablehnung aufgenommen. Die Reize (besser
Reizmuster), die Instinkthandlungen auslösen können, nennt man Schlüsselreize
oder, wenn sie von Artgenossen ausgehen, Auslöser. Die Wahrnehmung solcher
Reize kann direkt die Triebenergie erhöhen (Blockaden der Triebenergie
schwächen?).
Es spricht vieles dafür, dass die Veränderung des Wunsches nach
Triebbefriedigungen (=Appetenz) nicht oder nicht immer auf der Veränderung der
Triebenergie beruht. Es ist z. B. auch möglich, dass die Triebenergie gleich
bleibt und mehr oder weniger stark blockiert wird. Wir bezeichnen das
entsprechende Erklärungsmodell als Triebhemmungsmodell.
Es ist auch möglich, dass für verschiedene wie auch für ein und den
selben Trieb beide Modelle zutreffen. Blockaden oder Hemmungen sind typische
Mittel der Regulation psychischer Aktivitäten wie z. B. des Gewöhnungslernens,
der Automatismen (s. u.) und des Gedächtnisses. Der Antrieb (psychische
Energie), der Grundbewegungen =Automatismen (Laufen, Schwimmen, Fliegen)
aktiviert, liegt z. B. auch immer in
vollem Umfang vor. Bestimmte, zielgerichtete Bewegungen entstehen nicht, weil
gezielt bestimmte Energien für bestimmte Muskeln erzeugt werden, sondern, indem
bestimmte Hemmungen der Energie für alle beteiligbaren Muskeln aufgehoben
werden. Das ist kompliziert. Deshalb verdeutlichen wir es noch einmal an einem
Beispiel. Wenn ein Mensch läuft, werden von allen Muskeln, die er zum Laufen benötigt,
in bestimmten zeitlichen Reihenfolgen ganz bestimmte aktiviert (kontrahiert).
Diese Aktivierungen werden dadurch erreicht, dass die immer bereite
Gesamtenergie für die Aktivierung aller Laufmuskeln im Gehirn nur für bestimmte
Muskeln freigegeben wird. Dieser Mechanismus hat den großen Vorteil (Sinn,
Ursache), dass Muskelaktivierungen ohne artschädigende große Verzögerungszeiten
vorgenommen werden können. Dieser Vorteil dürfte auch für die Aktivierung von
(zumindest einigen)Triebhandlungen eine hohe arterhaltende Bedeutung haben.
Deshalb neige ich zu der Hypothese, dass zumindest ein Teil der scheinbaren
Zunahme von Triebenergien von Instinkthandlungen in der zunehmenden Aufhebung
von Hemmungen dieser Energie besteht.
Ähnlich arbeitet auch das Gedächtnis: Fast alle Erinnerungen eines
Menschen verschwinden -außer bei Verletzungen, Erkrankungen, Vergreisung usw.-
nicht, auch wenn der Mensch sie vergessen hat. Nur der Zugang zu der Erinnerung
wird, um Gedächtnisinhalte nach Wichtigkeit zu ordnen, mehr oder weniger stark
blockiert. Bei künstlichen elektrischen Reizungen bestimmter Hirnregionen
können vergessene Erlebnisse sogar so wieder erlebt werden, dass der Betroffene
sie absolut sicher für real hält.
Auch das Gewöhnungslernen arbeitet wahrscheinlich mit Blockaden.
Experimente haben gezeigt, dass bei direkter Hirnreizung kein Gewöhnungslernen
stattfindet. Wenn man z. B. Ratten Elektroden ins Gehirn pflanzt, mit deren
Hilfe angenehme Gefühle erzeugt werden können, betätigen diese ohne Unterlass
Schalter, die den elektrischen Strom in der Elektrode aktivieren. Die
Vermutung, dass die Verminderung der Wirkung von Reizen durch Gewöhnungslernen
auf der Wahrnehmungsebene durch Hemmungen erzeugt wird bietet sich demnach an.
Das Triebhemmungsmodell wird auch dadurch bestätigt, dass sich gezeigt
hat, dass das Triebstaumodell für viele Triebe nicht oder nicht vollständig
gilt. Im Falle von Flucht und Schmerz gibt es z. B. keine Abnahme der
(Trieb)energie, weil es für jedes (Wirbel)tier arterhaltend ist, so lange zu
fliehen, bis es nicht mehr laufen kann und so lange das gebrochene Bein wegen
des Schmerzes still zu halten, bis es wieder geheilt ist. Auch bei anderen (so
genannten?) Trieben, wie z. B. Aggression, Rangordnungsverhalten, Spiel,
Bewegung, tritt eine Abnahme von Triebenergie gar nicht oder nicht so deutlich,
wie bei Sexualität und Nahrungstrieb, auf. Deshalb sprechen wir im Folgenden,
besonders in der folgenden Übersicht, nicht von Trieben, sondern von
Verhaltensweisen, -programmen und Gefühlen, die primär und direkt auf
angeborenen Anlagen beruhen. Primär und direkt deshalb, weil indirekt alle
menschlichen und tierischen Merkmale und Eigenschaften, wie z. B. Intelligenz
und Lernfähigkeit, auf angeborenen Anlagen beruhen. Alle werden aber auch durch
Lernen beeinflusst.
Das gesamte wirkliche (triebhafte) Handeln von Tier und Mensch ist nicht
einfach verstehbar, weil es, besonders bei Menschen, u. a. durch Lernen,
Verstand, Gewöhnung und Reifung beeinflusst werden kann. Das psychische
Geschehen im Menschen ist so komplex, dass viele Menschen (wahrscheinlich
irrtümlich) glauben, sie seien wesentlich mehr (und anders) als hochkomplex
programmierte Automaten mit Gefühlen.
Die Beeinflussungsmöglichkeiten angeborener Verhaltensprogramme sind für
die menschliche Selbststeuerung von ganz besonderer Bedeutung und deshalb Thema
dieses Kapitels. Es wäre für die Menschheit sehr wertvoll von jeder
menschlichen und tierischen Handlung herauszufinden, in welchem Maße angeborene
oder erworbene Komponenten zu ihrer Ausformung beitragen und in welchem Maße
sie beeinflussbar ist. Der verbreitete Glaube, dass erworbene Eigenschaften
grundsätzlich veränderbar sind, angeborene dagegen nicht, ist ein fataler
Irrtum. Der Mensch besitzt nicht weniger sondern (vielleicht) mehr Instinkte
(Triebe, Motivationen, angeborene Verhaltenstendenzen) als alle Tiere.
Alle höheren Säugetiere können angeborene Verhaltenstendenzen durch
Lernen und Verstand beeinflussen. Der wichtigste Unterschied zwischen Mensch
und Tier liegt darin, dass Menschen dies deutlich besser können als alle Tiere.
Andererseits können auch beim Menschen zum Beispiel extrem starke
Phobien, die primär erworben werden (wurden), manchmal kaum beeinflusst
(therapiert) werden.
Der irrtümliche ursprüngliche biowissenschaftliche Glaube an die
Triebenergieabnahme bei allen Trieben hat, besonders beim Aggressionstrieb, zu
Fehleinschätzungen geführt. Diese werden im Folgenden unter dem Stichwort
Katharsis diskutieren.
Katharsis
In diesem Wort wird die erste Silbe betont, im Adjektiv (kathartisch)
die zweite. Wörtlich bedeutet es sinngemäß „Reinigung“. Gemeint ist im
Allgemeinen eine Befreiung von unerwünschten Bedürfnissen oder Konflikten.
Früher dachte man dabei gerne moralisierend an päpstlichen oder calvinistischen
Lustverzicht, besonders an (sexuelle) Leidenschaften (s. Aristoteles), heute
oft auch an andere Antriebe, z. B. an Aggression. Die zentrale Idee: Wenn
jemand schädliche Triebenergie abbaut, indem er entsprechende Verhaltensweisen
auf unschädliche Weise ausübt, ist weniger Triebenergie für schädliches
Verhalten da.
Betrachten wir einige Beispiele: Wenn ein Schimpanse wild im Busch
herumtobt und auf Bäume einschlägt, wird er weniger oft auf (stärkere)
Artgenossen einschlagen. In der Alltagssprache nennen Menschen dieses Verhalten
(auch bei sich selbst) Energie- oder Frustabbau, oder Abreagieren. Oft wird das
Ganze mit anderen Antrieben vermischt: Joggen statt den Chef (die Kinder)
anbrüllen, internationale Sportwettkämpfe statt Krieg usw. S. Freud hat
Vorgänge dieser Art, wenn andere („bessere“?) Antriebe als der frustrierte
befriedigt werden, mit dem Begriff „Sublimation“ (=Erhöhen, Verfeinern)
bezeichnet. Wenn man den gleichen Trieb an anderen Objekten befriedigt, spricht
Freud von Verschiebung. Das geschieht z. B. im Falle der Affen, die auf Bäume,
statt auf Artgenossen einschlagen. Die „höchste“ Form von kathartischer
Verschiebung wird erreicht, wenn Papa die Kinder verprügelt, weil er sich das
beim Chef nicht traut.
Alle kathartischen Verfahren sind aus verschiedenen Gründen zwar
manchmal wirksam aber bedenklich oder sogar gefährlich.
In allen Fällen scheinbar unschädlichen Aggressionsabbaus können die
Betroffenen Erfolgserlebnisse bei aggressiven Handlungen erleben. Ihre
grundsätzliche Aggressionsbereitschaft wird also durch Lernen (Konditionieren)
gefördert. In Zukunft (nach solchen Lernprozessen) kann diese Bereitschaft
durch viele Reize aktiviert werden und auch destruktives aggressives Verhalten
auslösen. Diese Problematik wird durch das Wirken von Gewöhnungslernen verstärkt.
Wenn Aggressionen (jede destruktive Motivation) häufig an ausgewählten Objekten
(Reizen), bei denen kein unmittelbar erkennbarer Schaden auftrat, abreagiert
wurde, können diese (scheinbar?) harmlosen Handlungen durch Gewöhnungslernen
langweilig werden. Es kommt zur Suche nach neuen, stärkeren Reizen. Da in der
menschlichen Gesellschaft die Suche und das Angebot nach (an) neuen Reizen
beliebt sind, führt die Suche häufig zum Erfolg. Die Bereitschaft wirksamere
(gefährliche) aggressive Handlungen auszuüben, wäre durch die oben beschriebene
Scheinkatharsis trainiert worden. Viele so genannte Fußballfans begnügen sich
z. B. nach einiger Zeit nicht mehr mit aggressivem Brüllen, sondern treffen
sich mit gegnerischen Fans zu wechselseitigen Verprügelungsorgien.
Merkwürdigerweise beanspruchen sie das die Kosten (kaputte Fensterscheiben,
zerstörte Verkaufsgegenstände, Polizeieinsätze, Arztkosten) usw. von der
Allgemeinheit bezahlt werden. Noch merkwürdigerer Weise verweigert die
Allgemeinheit dies auch kaum. Eine weitere sehr beliebte Steigerung der
aggressiven Befriedigung stellt das Vermöbeln von Polizisten dar.
Ein „schönes“ weiteres Beispiel für diese Problematik haben wir im Kap.
Sexualität angesprochen: „Harmlose“ Abreaktionen pädophiler Bedürfnisse mittels
onanistischem Genuss von Kinderpornographie stärken pädophile Motivationen
durch Konditionierung und Imitationslernen. Einfach gesagt: Die Lust beim
Kinderpornogenuss kann geil auf echten Sex mit Kindern machen. Diese Motivation
kann auch zur Grundlage für reale Kindesmisshandlungen werden, falls irgendwann
die fi(c)ktiven Handlungen vor Bildschirmen und Magazinen nicht mehr „den
richtigen Kick“ bringen. Erfreulicherweise hat man Genuss, Produktion usw. von
Kinderpornographie in den letzten Jahrzehnten nicht nur verboten, sondern
(manchmal) auch verfolgt und bestraft. Dass auch Zeichnungen, 3D-Darstellungen,
Computerspiele und Animationen aller Art die Wünsche nach Kindersex, Gewalt und
Perversionen aller Art fördern können, wird dabei weitgehend vernachlässigt.
Die kathartische Idee durchgeistert die Geschichte der Menschheit (und
Vormenschheit) wahrscheinlich schon seit Jahrmillionen. Wahrscheinlich wurde
sie schon immer mit den (wirksameren) Methoden Sublimation und Verschiebung
durchmischt. Besonders Verschiebung und Katharsis haben viel gemeinsam.
Schon der Gebrauch dieser Fachausdrücke weist uns darauf hin, dass auch
die Katharsis in der Psychoanalyse ihren traurigen Hochpunkt erreichte.
Tatsächlich wurden alle angesprochenen Methoden der Konfliktbewältigung
(Abwehrmechanismen, Verdrängung usw. [s. u.]) von Sigmund Freud systematisch
untersucht und z. T. als Therapiemethoden genutzt.
Auch in der Ethologie wurden leider zeitweise, z. B. von K. Lorenz,
kathartische Konzepte entwickelt und vertreten.
Obwohl die Wissenschaft inzwischen viele dieser Methoden (insbesondere
die kathartische) in Frage stellt, werden sie von Laien und manchen
Psychoanalytikern bis heute oft erfolglos angewendet.
Jede kathartische Handlung kann aber die Grundmotivation für schädliche
Handlungen fördern und ist deshalb als therapeutisches Mittel fragwürdig. Wie
soll man dann gegen destruktive Handlungen und Motivationen pädagogisch und
therapeutisch vorgehen und wie kann man menschliches Verhalten überhaupt
beeinflussen?
Therapie und Vorbeugung
Alle Verhaltenweisen, auch solche mit erheblichen angeborenen
Grundlagen, lassen sich durch Einsicht, Lernen und physikalisch-chemische
Einwirkungen (Medikamente usw.) beeinflussen. Die drei wichtigsten
Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung (Konditionierungslernen,
Imitationslernen, und Lernen durch Einsicht) können und müssen dabei alle drei
angewendet werden. Da sie sich in ihren Wirkungsweisen und Erfolgsaussichten
unterscheiden, ist es wichtig ihre Vor- und Nachteile zu studieren, um die
jeweils beste Mischung bei verschiedenen Problemstellungen auswählen zu können.
Dazu wollen wir an dieser Stelle einige grundsätzliche Gedanken diskutieren.
Details werden unten besprochen.
Die Entstehung der meisten destruktiven menschlichen Bedürfnisse kann
und muss vor allem schon in der Kindheit und Jugend verhindert werden. Das
beste Mittel ist die Förderung konstruktiven Verhaltens. Dazu wiederum eignet
sich das Vorleben konstruktiven Verhaltens, seine positive Verstärkung
(Belohnung von konstruktivem Verhalten) und natürlich auch die Entwicklung von
Einsicht in seinen Wert. Auch die Förderung und Entwicklung genereller guter
Selbststeuerungsfähigkeit und sozialer Kompetenz kann und muss auf diese Weisen
entwickelt werden. Diese Fähigkeiten entstehen nämlich keineswegs, wie manche
konservativen Kräfte glauben, von allein oder gar durch irgendwelche göttlichen
Wunder während und nach der Pubertät.
Das Vorleben und das Lernen durch Einsicht (rationale Selbststeuerung)
haben den großen Vorteil extremer Ökonomie. Manchmal genügen wenige Sätze, um
durch rationale Umstrukturierung (Einsicht) ein Verhalten lebenslang zu ändern,
meistens allerdings nicht. Beide haben jedoch gegenüber dem operanten
Konditionieren einen großen und entscheidenden Nachteil. Sie sind gering oder
gar nicht mit der Erzeugung von angenehmen Gefühlen (Motivationen) verbunden.
Wenn wir also das operante Konditionieren als Mittel der Verhaltenssteuerung so
ungeheuer hoch einstufen, so deshalb, weil es nicht nur zur Verhaltensänderung
dient, sondern gleichzeitig angenehme Gefühlen, also Lebensqualität, schafft
und beinhaltet. Zwischen den Folgenden beiden (und allen vergleichbaren)
Prozessen liegen trotz gleicher Ergebnisse ungeheure Unterschiede:
Person A lernt, weil sie die konstruktive Bedeutung des guten
Schulabschlusses eingesehen hat und/oder ihren fleißigen Vater imitiert, zwölf
Jahre lang mit viel Widerwillen intensiv und fleißig für die Schule und
schließt sein Abitur mit der Note 1 ab.
Person B lernt, weil sie viele Erfolge, gezielte Belohnungen und andere
Verstärkungen erlebt hat, zwölf Jahre lang, mit viel Genuss, intensiv und
fleißig für die Schule und schließt mit der gleichen Note ab.
Im Bereich der Steuerung menschlichen und tierischen Verhaltens gibt es
nichts besseres, als konstruktives Verhalten mit angenehmen- und destruktives
Verhalten mit unangenehmen Gefühlen zu verbinden.
Wahrscheinlich deshalb ist, wie gesagt, das Gegenteil bei Menschen sehr
beliebt. Auch die Gabe angenehmer Reize (vor allem in Form materieller
Geschenke, wie tonnenweise Spielzeug, Kleinwagen usw.) ohne Bindungen an
irgendwelche konstruktive Leistungen gehört zu den beliebten Tricks von
Erziehern aller Art, die Seelen ihrer Zöglinge kaputt zumachen (siehe unten).
Wir halten zusammenfassend fest: unser wichtigstes Mittel gegen
destruktives Verhalten ist die Erziehung zu konstruktivem Verhalten, zu
sozialer Kompetenz. Wer z. B. verbale Konfliktlösungen beherrscht, wird
destruktive (z. B. aggressive) Konfliktlösungen seltener oder nie anzuwenden versuchen.
Wie steht es nun aber mit Bestrafungsreizen? Prinzipiell gilt:
Bestrafungsreize sind nicht immer grundsätzlich falsch. Sie sind wahrscheinlich
(zumindest fast) immer falsch, wenn aktives konstruktives Verhalten (Zimmer
aufräumen, Moped reparieren usw.) erzeugt werden soll. Hier müssen durch
Belohnungen Motivationen geschaffen werden. Wahrscheinlich sind auch sehr harte
Strafreize (fast?) immer falsch. Mäßige Strafreize sind jedoch, um destruktives
Verhalten zu unterdrücken, grundsätzlich manchmal sinnvoll. In einer
Gesellschaft, die -wie die menschliche- durch Milliarden von Erziehungsfehlern
sowie genetische- und Sozialisationsdefizite gekennzeichnet ist, sind Zwänge
(Bestrafungsreize) aller Art sogar leider unverzichtbar. Viele Kriminelle,
Drogensüchtige, Schwererziehbare, Autofahrer usw. können oft nur durch Zwänge
von destruktivem Verhalten abgehalten beziehungsweise zu konstruktivem
Verhalten gezwungen werden. Dabei erreichen allerdings die Zwänge (z. B. Haft)
meistens nur das Ziel, Fehlverhalten zu verhindern, nicht die Beseitigung
destruktiver Motivationen oder die Bildung konstruktiver. Letzteres gelingt bei
Erwachsenen leider viel seltener, als viele Sozialwissenschaftler es behaupten
und sich wünschen.
Bei allen Strafreizen gilt zu beachten, dass Gewalt oft (nicht immer!)
Gegengewalt erzeugt.
Einer der größten Fehler der gegenwärtigen Industriegesellschaften ist
(wie an anderer Stelle bereits diskutiert) eine generelle „Hyperhumanie“. Als
Reaktion auf brutale Unterdrückungen, Sklaverei, Tyrannei, parasitäres
Verhalten aller Art usw. werden gegenwärtig Hilfsbereitschaft, Verwöhnen,
humanitäre Rücksicht jeder Art usw. teilweise übertrieben (teilweise aber auch
untertrieben). Das zeigt sich im Gesundheitswesen, Arbeitslosenunterstützung,
Überverwöhnen von Kindern, übertrieben verständnisvollem Umgang mit jeder Art
von Kriminalität usw. (Details vgl. Kap. X). Ein Beispiel ist das nahezu
vollständige Verbot von Bestrafungsmaßnahmen für Lehrer, nachdem über
Jahrhunderte oft sinnlos auf Schülern herumgeprügelt wurde. Inzwischen (Anfang
des einundzwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland) sind zum Glück einige
gemäßigte konstruktive Bestrafungsmöglichkeiten wieder zugelassen worden. Bei
der Erziehung im Elternhaus werden diese allerdings weiterhin häufig radikal
tabuiert.
Dieses Defizit wird „tröstlicher Weise“ durch manchmal verzehnfachte
Prügel“arbeit“ im (keineswegs immer orientalischen) Nachbarhaushalt
ausgeglichen, wieder mal ein ideales Arbeitsfeld für Gleichstellungsbeauftragte
aller Art. Diese magische Kompensation bewirkt zur „Freude“ aller, dass das
Jugendamt, mit der mittleren Gesamtbestrafungsbilanz zufrieden, von Eingriffen
in die „heiligen“ Privatsphären der Bürger absehen kann. Über derlei Effekte
freuen sich z. B. auch einige ehrenmörderisch „nette“ Jungmuslime, die
weiterhin ihre Schwestern, Nachbarstöchter usw. gegen deren Willen mit
jeglichen Prügeln „beglücken“ können.
Kommen wir an dieser Stelle noch einmal auf unser Ausgangsproblem, die
Katharsis, zurück. Wir können resümierend festhalten:
Kathartische Problemlösungen sollten wahrscheinlich nur in begründeten
Ausnahmefällen zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Viele Menschen neigen u. a.
deshalb zu kathartischen Lösungsvorschlägen, weil sie andere Lösungen, z. B.
jegliche Unterdrückung von Antrieben tendenziell ablehnen. Hier spielen
ursächlich Liberomanie, Schmusepädagogik und schlechte Erfahrungen mit der
Unterdrückung von Sexualität und Aggression eine Rolle. Aggressiv unterdrückte
Gewalt macht tatsächlich den Gewalttätigen manchmal noch aggressiver und
unterdrückte Sexualität kann verschiedene psychische Störungen hervorrufen. Die
meisten dieser Störungen treten jedoch nur dann auf, wenn die Unterdrückungen
pädagogisch und psychologisch fehlerhaft vorgenommen wurden und wenn nach der
Unterdrückung Konflikte entstehen. Der wichtigste Konflikt besteht in später
entstehenden Wünschen nach Triebbefriedigungen, die den Unterdrückungen
widersprechen. Mancher Mönch (Eremit, katholischer Priester) kann z. B. in Einklang
mit einer erworbenen persönlichen Vorliebe für sexuellen Verzicht sehr gut
leben, solange er nicht mit sexuellen Reizen und sexualfreundlichen Änderungen
seiner Einstellungen konfrontiert wird. Dasselbe gilt für Menschen mit
genetischen Anlagen für übertriebene Aggressivität, die durch Konditionieren,
Einsicht und Imitationslernen konstruktiv unterdrückt wurden. Diese Menschen
können Jahrzehnte ohne Wutanfälle leben ohne dass psychische Störungen
irgendwelcher Art auftreten. Dies gilt besonders, wenn die Unterdrückung der
Aggressivität (z. B. in Form von Misserfolgen bei aggressiven Handlungen) schon
in Kindheit und Jugend stattfindet und von den Betroffenen und der Gesellschaft
als sinnvoll anerkannt wird. Auf ähnliche Weise steuern sich Menschen in vielen
Bereichen sinnvoll. Millionen Männer verzichten in Fußgängerzonen auf
Begattungsversuche an Millionen hübscher Frauen. Ebenso viele verspeisen im
Restaurant nicht die leckeren Gerichte der Gäste am Nachbartisch, es sei denn
es würde (Dieter) Krebs mit Sketchup serviert. Kein vernunftbegabter Mensch
nimmt Anstoß an derartigem erzwungenem Verzicht und fast nie bewirkt er
psychische Störungen. Dennoch kommt es gelegentlich zu (manchmal extremem)
Fehlverhalten auch wenn Triebunterdrückungen konstruktiv vorgenommen wurden.
Dafür gibt es zwei Hauptursachen: Starke oft unberechtigte Frustrationen und
starke übernormale angeborene Anlagen. Jähzorn z. B. entsteht i. d. R. auf der
Basis solcher Anlagen und kann auch durch optimale Sozialisation nicht
unbedingt unterdrückt werden. Ähnliches gilt für extremes Ess-, Sexualverhalten
usw. Hier helfen nur Eingriffe in die eigenen Gene, die die Menschheit
bekanntlich im Durchschnitt intensiv ablehnt, obwohl die Natur sie seit
Milliarden Jahre durchführt.
Noch ein Wort zur Katharsis: Wir wissen, dass manchmal kathartische
Lösungen erfolgreich sein können. Millionen Männer befriedigen z. B. ihre
sexuellen Wünsche anhand von Abbildungen und Filmen
(Selbstbefriedigungsvorlagen) der Frauen, die die meisten in der Realität nie bekommen.
U. a. aus diesem Grund führte die Freigabe von Pornographie in der Regel
zunächst stets zu einer Abnahme der Vergewaltigungskriminalität. Langfristig
nahm diese Kriminalität aus verschiedenen Gründen oft wieder zu. Ein Grund sind
die oben beschriebenen Lern- und Gewöhnungseffekte. Der Umgang mit der
Katharsis erweist sich also als ein Drahtseilakt, der unter Berücksichtigung
vieler Variablen und Probleme ständig kontrolliert und gesteuert werden muss.
Die kathartische Behandlung hat viel mit dem überverwöhnenden, möglichst
frustrationsfreien Erziehen von Kindern gemeinsam. Beide können z. B. besonders
aggressive Erwachsene hervorbringen. Wir gehen unten, unter „David“ auf dieses
Problem noch einmal ein.
5. Reifung
Auf Grund angeborener Programme entwickeln sich Gehirne z. T. unabhängig
von Lernprozessen in bestimmten Phasen in besonderer Weise. Wie bei der Prägung
müssen also auch bei der Reifung erst bestimmte Entwicklungsstadien, erreicht
sein, damit bestimmte Lern– und Verstehensprozesse einsetzen können. Es ist
sinnlos (aber nicht selten), von Kindern geistige oder körperliche Leistungen
zu fordern, wenn die entsprechende Reifungs- oder Prägungsphase noch nicht
erreicht ist. Dies gilt z. B. für den Versuch, einem 3-4 jährigen Kind immer wieder
zu erklären, dass in einem schmalen Glas mit hohem Wasserstand genauso viel
Wasser ist, wie in einem breiten Glas mit niedrigem Wasserstand.
Ein besonders kritisches Reifungsphänomen sind die so genannten
Flegeljahre. In der Kindheit – vor allem in der Pubertät -verstoßen besonders
Jungen gerne gegen Normen und Vorschriften (S-Bahn-Surfen, Rauchen, zu spät
nach Hause kommen usw.). Diese Verhaltensweisen beruhen auf arterhaltenden,
angeborenen Anlagen. Sie treten bei vielen jungen Säugetieren auf, und kosten
viele das Leben oder die Gesundheit, der Art aber bringen sie Vorteile. Das
aufmüpfige Verhalten (in der Pubertät) führt manchmal zur Entdeckung von neuen
Reizen und Verhaltensweisen, die (kulturellen) Fortschritt und damit
Konkurrenzvorteile mit sich bringen. Beispiele sind das Waschen von
Süßkartoffeln bei Makaken und die Nutzung des Feuers bei Menschen (s. Kap.X).
Das angeborene Bedürfnis, gegen Normen zu verstoßen, ist häufig im Verbund mit
Imponiergehabe und Neugier eine wichtige Grundlage für die Höherentwicklung des
Lebens (Anagenese), die Entstehung der Menschheit und den kulturellen
Fortschritt der Menschheit (s. o.).
Der Wunsch, gegen Normen zu verstoßen, tritt auch schon in der frühen
Kindheit und im Erwachsenenalter auf. Viele Menschen (Eltern, Lehrer usw.)
können mit diesen Normenverstößen schlecht umgehen. Die häufig in Erziehern
auftretenden Aggressionen beruhen z. T. ebenfalls auf arterhaltenden,
angeborenen Grundlagen. Sie führten ursprünglich über Bestrafungen dazu, dass
Kinder und Jungtiere im Durchschnitt die arterhaltendsten Verhaltensweisen
lernten bzw. besonders artschädigende verlernten. Sie sind also ein
pädagogischer Filter. Jeder Flegel verdient deshalb Aufklärung über die
Ursachen seines eigenen Verhaltens und ebenso viel Verständnis wie sanfte aber
deutliche Bestrafungsreize für und gegen destruktives Flegeln.
6. Genetische
Veränderungen
Alle angeborenen Eigenschaften und Merkmale können durch genetische
Veränderungen (Mutationen) ebenfalls verändert werden. Die meisten Veränderungen
führen zu Verschlechterungen der Leistungsfähigkeit. Mit Sicherheit besitzt die
Menschheit heute die größte genetische Vielfalt aller Zeiten. Diese Vielfalt
wird, wenn es um Probleme (Verhaltensstörungen, psychische Krankheiten,
Kriminalität, emotionale und intellektuelle Defizite usw.) geht mit Vorliebe
vernachlässigt oder ignoriert und dennoch (unwissentlich) gefördert. Es ist
ebenso üblich wie antihedonisch menschliches Fehlverhalten primär oder sogar
ausschließlich auf erworbene Störungen (Neurosen usw.) zurückzuführen.
Wir haben nun Verhaltensweisen, die hauptsächlich von angeborenen
Anlagen bestimmt werden ausreichend besprochen. Im Folgenden widmen wir uns
Verhaltensweisen, die zwar auch auf angeborenen Grundlagen beruhen, bei denen
jedoch das Lernen (Erworbenes) im Vordergrund steht.
Erworbene Merkmale und
Eigenschaften (Lernen, Sozialisation, Umwelteinflüsse)
1. Imitationslernen
(Lernen durch Nachahmung)
2.
Konditionierungslernen
2.1
Klassisches Konditionieren
2.2
Operantes Konditionieren (≈ u. a. Programmierung des Über-Ich)
3.
Lernen durch Einsicht, Verhaltenssteuerungen durch Vernunft, rationale
Selbststeuerung, Ich)
4.
Prägung
5.
Zufall, z.B. Sozialisationsfehler, zufällige Erlebnisse, Hirnschäden,
angeborene Defekte
6. Verhaltensänderung
durch direkte chemische und physikalische Einflüsse
1. Imitationslernen
Beim Imitationslernen werden Verhaltensweisen durch Nachahmung erworben.
Menschen, alle Wirbeltiere usw. haben die Fähigkeit dazu. Die Natur
(Erbinformationen, Auslese) sorgt dafür, dass nicht alles, was beobachtet wird
unkontrolliert (artschädigend) nachgeahmt wird. Es werden bei der Imitation z.
B. Artgenossen, meistens besonders Mütter, emotional positiv bewertete und
ranghohe Tiere, bevorzugt. Es gibt daher z. T. angeborene Anlagen, die bei
Menschen bewirken, dass vornehmlich geachtete und geliebte Personen wie z. B.
Idole imitiert werden. Manche ungeliebte Eltern hätten deshalb leider oft
Erfolg, wenn sie das Gegenteil von dem fordern würden, was sie für sinnvoll
halten. Beim Imitationslernen sind Menschen allen Tieren deutlich überlegen.
Menschen nutzen das Imitationslernen jedoch häufig wenig oder antihedonisch.
Die irrationale (liberomane, heteromane, raromane, humanomane usw.)
Selbststeuerung der Menschheit führt dazu, dass eine Unmenge von nicht
nachahmenswerten Verhaltensweisen vorgeführt werden, und dass viele Erzieher
nicht nachgeahmt werden, obwohl sie konstruktives Verhalten und Denken zeigen.
Viele altruistische Menschen sind wenig bekannt (und deshalb auch wenig
als Vorbilder wirksam), weil sie bescheiden waren oder sind. Albert Schweitzer
wird z. B. wenig imitiert, während Containerchristian mit seinem Lied „Es ist
geil ein Arschloch zu sein“ riesige Erfolge (Verarschungserfolge) feiert. Noch
erfolgreicher ist ein (keineswegs ungebildeter) aber ungehobelter Holzkopf, der
aber mit Vulgarität und simulierter Blödheit die Quoten steigert. Dieter Bohlen
versorgt die ganze Welt mit „Texten und Büchern, die die Welt nicht braucht“
und Millionen Holzköpfe geben in einem Land, das unter einer angeblichen
furchtbaren Wirtschaftskrise stöhnt, ihr geliebtes Geld für derartige
Ausscheidungen aus. Solche „wertvolle“ Literatur schützt im Verbund mit
diversen Privatsendern Millionen Bürger vor kritischen Bemerkelungen. Man
merkelt z. B. nicht, dass Millionen Menschen froh wären, wenigsten die
Kakerlaken essen zu dürfen, die ihren Dschungelsternchen, welche sich sonst bei
Kakerlaken zum Kübel böcken, nur Gruseln beibringen sollen.
2. Konditionierungslernen
Kondition heißt ursprünglich „Bedingung“ nicht „Ausdauer“!
Das Konditionierungslernen zeigt beispielhaft ein hochinteressantes
Dilemma auf. Einerseits kann man es ohne klare Definitionen schlecht verstehen,
andererseits kann man (in diesem Falle besonders) die Definitionen schlecht verstehen,
wenn man es nicht kennt.
Zum Glück gibt es aus diesem Dilemma einen Ausweg. Wir empfehlen den
gesamten Punkt "2" zunächst zu lesen und danach zumindest die ersten
Abschnitte, die sich mit der Problematik der Definition auseinandersetzen, noch
einmal zu lesen.
Man unterscheidet zwischen klassischen und operantem (=instrumentellem)
Konditionieren. Diese Begriffe sind ziemlich unglücklich gewählt, weil sie das
Wesen der Vorgänge kaum treffen. Außerdem überschneiden sich die beiden
Phänomene so sehr, dass klare Unterscheidungen oft weder möglich noch gegeben
sind.
Alle Konditionierungen sind Lernvorgänge, bei denen Verhalten durch
meist mehrfache Gaben von Reizen (durch Verarbeitung von Wahrnehmungsinhalten
[oder bestimmte Hirnaktivitäten]) erzeugt oder verändert wird. Es werden also
Verhaltensprogramme im Gehirn geschaffen oder verändert. Dabei spielen Gefühle
(Motivationen) eine deutlich größere Rolle als bei Imitationslernen und Lernen
durch Einsicht. Beim operanten Konditionieren sind immer, beim klassischen
meistens Gefühle beteiligt.
Auf anatomischer Ebene geschieht das Konditionieren (jegliches Lernen),
indem z. B. neue Verzweigungen von Hirnzellen oder neue Synapsen gebaut oder
abgebaut werden.
Auf biochemischer Ebene werden z. B. Neurotransmitterkonzentrationen
oder Porenproteinzahlen, durch Veränderungen von Enzymarten und
–konzentrationen verändert (s. u.).
Auf psychologischer Ebene werden u. a. Motivationen verändert,
geschaffen oder neuen Reizen zugeordnet.
Beim klassischen Konditionieren steht die Zuordnung neuer (neutraler)
Reize zu Motivationen und Handlungen mit angeborenen Grundlagen im Vordergrund.
Ein mehrfach gleichzeitig mit Futter wahrgenommenes Klingelgeräusch kann
z. B. beim Hund Fresslust und Speichelfluss auslösen (Versuche von Pawlow).
Ein gleichzeitig mit dem Schulgebäude wahrgenommenes Hunger- und/oder
Angstgefühl kann bei Schülern zur Ablehnung der Schule führen (Auslösung der
Angstgefühle durch den neutralen Reiz „Schule“).
Reizt man ein Auge einige Male gleichzeitig mit einem Luftstrom und
einem Lichtblitz, so kann man den Lidschlussreflex (der [fast?] ohne Lernen
durch den unkonditionierten Reiz "Luftstrom" ausgelöst wird) auch
allein durch die Gabe des Lichtblitzes auslösen.
Bei diesem klassischen Konditionierungsvorgang spielen Gefühle, obwohl ein
bisschen Angst im Spiel ist, keine große Rolle.
Beim operanten Konditionieren steht das Verändern des Verhaltens durch
i. d. R. von Außenreizen erzeugte Gefühle im Vordergrund. Belohnungen in Form
von Futter, Zuwendung usw., die gleichzeitig mit menschlicher verbaler
Aufforderung zum Männchen-Machen und eben diesem Männchen-Machen des Hundes
auftreten, führen dazu dass der Hund in Zukunft auf das Zeichen „Mach-Männchen“
Männchen macht.
Die Kopplung angenehmer Reize (Gefühle) mit Verhaltensweisen erhöht die
Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Verhaltensweisen, bei unangenehmen Reizen
(Gefühlen) wird die Auftretenswahrscheinlichkeit erniedrigt.
Nun gibt es wahrscheinlich in keinem grundsätzlich emotionsfähigen Tier
jemals einen Zustand völliger emotionaler Neutralität. Auch nimmt unter
natürlichen Bedingungen niemals ein Lebewesen nur einen (reinen) Reiz auf,
sondern stets Reizmuster. Deshalb kann es auch unter natürlichen Bedingungen
reine klassische (schulmäßige) Konditionierungen nicht geben.
Alle Konditionierungen sind Konditionierungsmuster, bei denen meist
mehrere Gefühle und Reize gleichzeitig wirken, man aber meist nur einen Reiz
und ein Gefühl in den Vordergrund stellt. Dies kann man oft, aber nicht immer,
mit Recht.
Beim klassischen Konditionieren geht man davon aus, dass es
unkonditionierte (angeborene, ohne Bedingungen auftretende) Reize und
Verhaltensweisen gibt. Das sind z. B. das Futter (Reiz) und die
Speichelsekretion (Verhalten) im Falle des Pawlowschen Hundes. Bei der
Entstehung der meisten dieser Verhaltensweisen dürften aber doch Bedingungen
(z.B. operantes Konditionieren) eine, wenn auch geringe, Rolle spielen.
Säuglinge haben z.B. das (scheinbar vollständig angeborene) Saugen schon als
Embryo (genüsslich?) mit ihren Daumen geübt.
Des Weiteren gibt es kein Gefühl, das nicht auf angeborenen Grundlagen
(unkonditionierte Reize und Reizreaktionen) beruht. Also bauen operantes
Konditionieren und klassisches Konditionieren immer auf angeborenen Komponenten
auf. Beim klassischen Konditionieren liegt aber, wenn Gefühle beteiligt sind,
immer eine feste Bindung zwischen Gefühl und Verhalten vor. Es ist immer das
Gefühl beteiligt, was das betroffene Verhalten auslöst. Beim operanten
Konditionieren können dagegen nahezu beliebige Gefühle mit nahezu beliebigen
Verhaltensweisen gekoppelt werden. Auch können hier Gefühle, bei deren Erleben
Lern- oder Mischprozesse eine starke Rolle spielen (z.B. spezifischer
Musikgenuss, Liebe usw.), zum Tragen kommen.
Betrachten wir nun, um die Ähnlichkeit der beiden Konditionierungsformen
zu verdeutlichen, nochmals unser Schulbeispiel.
Der Lehrer erzeugt durch Strafen, fremde Zeichen, unklare Darstellungen
usw. Angst in Schülern. Dadurch wird die Auftretenswahrscheinlichkeit des
Betretens der Schule (einschließlich der Lernmotivation) erniedrigt. Ein
klassisches Beispiel für operantes Konditionieren, mit dem überall in der
gängigen Literatur als Beispiel für klassisches Konditionieren operiert wird.
Nochmals: Die Schule wird hier als neutraler Reiz verstanden, der nach einigen
Wiederholungen das unbedingte Verhalten (jede Form von Übelkeit und Abwehr)
auslöst.
Die Reize, die der Lehrer verströmt, heißen im Falle des operanten
Konditionierens aversive Stimuli oder Bestrafungsreize, beim klassischen
Konditionieren sind es die Auslöser eines unbedingten Reflexes (Futter beim
Hund). Die Schule (der Lehrer, das Klingeln) sind beim klassischen
Konditionieren neutrale Reize, beim operanten sind es die Zusatzreize („mach
Männchen!“), die immer mit den Straf- oder Belohnungsreizen auftreten. Solch
ein Zusatzreiz kann z. B. auch eine grüne Brombeerhecke sein, wenn die
Strafreize (Stacheln) wirken.
In unserem Schulbeispiel scheint es völlige Übereinstimmung zwischen
operantem und klassischem Konditionieren zu geben.
Einen feinen, aber kleinen Unterschied gibt es jedoch. Der klassische
Konditionierungsvorgang ist beim Entstehen der Angst abgeschlossen. Beim
operanten Konditionieren erfolgt noch das Meidungsverhalten gegenüber Schule,
Lehrer und unter Umständen später (generalisiert) gegenüber jeglichem Lernen.
Es zeigen sich also erhebliche Übereinstimmungen zwischen klassischem
und operantem Konditionieren. Insbesondere sind die Prozesse, die in den
Gehirnen der Konditionierten ablaufen, weit gehend identisch. Deshalb ist die
Verwendung der unterschiedlichen
Begriffe (einschließlich der Definitionen) verwirrend und fragwürdig.
2.1 Klassisches
Konditionieren
Das klassische Konditionieren ist ein Lernvorgang, der ähnlich wie das
Gewöhnungslernen durch angeborene Grenzen stark eingeschränkt ist (wenig
Veränderungsspielraum besitzt). Der Vorgang besteht darin, dass ein Tier
(Mensch) lernt, auf einen neutralen Reiz hin eine unbedingte Reflexhandlung
oder sonstige Reaktion auszuführen.
Um den Vorgang zu verstehen, müssen wir uns zuerst die genannten
Begriffe klar machen. Wir beginnen mit dem Begriff „“unbedingter Reflex“,
unbedingt (=unkonditioniert), (Kondition =Bedingung). Gemeint ist ein Reflex,
der ohne Konditionierungslernen ausgeführt werden kann, also (immer?) auf
angeborenen Verhaltensprogrammen beruht. Solche Reflexe sind z. B.
Lidschlussreflex, Speichelsekretion, Kniesehnenreflex. Für diese Reflexe gibt
es zugehörige (nichtneutrale) auslösende Reize. Speichelsekretion wird z. B. durch
den Anblick und Geruch von Futter ausgelöst. Ein Reiz, wie ein Lichtblitz, oder
ein Klingelzeichen, haben ursprünglich nichts mit der Speichelsekretion zu tun
und werden deshalb neutrale Reize genannt.
Ein Beispiel für klassisches Konditionieren wäre also das Lernen eines
Hundes, auf ein Klingelgeräusch hin Mundspeichel abzusondern. Man erreicht
dies, indem man mehrfach dem Hund gleichzeitig Nahrung und Klingelzeichen
präsentiert. Nach einigen Wiederholungen sondert der Hund Speichel ab, auch
wenn nur das Klingelzeichen ohne Futter präsentiert wird. Dieser Lernvorgang in
Reinform spielt in der Pädagogik eine untergeordnete Rolle. Trotzdem spielt er
in der menschlichen Gesellschaft eine nicht unbedeutende Rolle, weil eine reine
klassische Konditionierung nicht vorkommt und viele psychische Störungen durch
eine Kopplung von operantem - und klassischem Konditionieren ausgelöst werden.
Beim operanten Konditionieren (s. u.) steht die Kopplung eines Verhaltens mit
Gefühlen im Vordergrund. Da Menschen niemals emotional völlig neutral sind,
erleben sie auch bei der Ausführung jedes unbedingten Reflexes und jeder
Triebhandlung ein oder mehrere Gefühle.
Häufig ist die Kopplung von Angst mit neutralen Reizen, wie kleinen
Räumen (Klaustrophobie), Spinnen, Kleintieren, großen Menschenmassen, offenen
Plätze usw. Bei der Kopplung von Gefühlen mit Triebhandlungen sind nicht die
Gefühle gemeint, die angeboren mit der Triebhandlung gekoppelt sind, also z. B.
nicht sexuelle Lust im Falle des Sexualtriebes. Das menschliche Sexualverhalten
wird oft mit Angst (zur Tarnung meist als „Scham“ bezeichnet) gekoppelt. Dies
ist ein wichtiges Beispiel für die Beeinflussbarkeit menschlicher Triebe durch
Lernen.
2.2 Operantes
Konditionieren
Besonders wichtig für die Veränderung von Verhalten (Tierhaltung,
Pädagogik und Psychotherapie) ist das operante Konditionieren. Es steht in
enger Beziehung zum klassischen Konditionieren. Die meisten Menschen kennen es
unter der Bezeichnung „Dressieren“. Wir beginnen mit einer einfachen und verständlichen
Definition: Beim operanten Konditionieren wird ein Verhalten meistens häufiger,
wenn man gleichzeitig ein angenehmes Gefühl erlebt, bei einem unangenehmen
Gefühl wird ein Verhalten seltener. Die wissenschaftliche Definition lautet:
Operantes Konditionieren ist eine Lernform, bei der die
Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens durch Kopplung mit angenehmen
oder unangenehmen Reizen erhöht oder erniedrigt wird. Der Lernvorgang, der ein
Verhalten häufiger werden lässt, heißt Verstärkung. Der angenehme Reiz (seine
Gabe) wird auch als Belohnung bezeichnet, beim unangenehmen (= aversiver
Stimulus) spricht man von Bestrafung. Die Verstärkung kann auch dadurch
erfolgen, dass man ein unangenehmes Gefühl verringert oder beseitigt (negative
Verstärkung). Entsprechend kann die Bestrafung auch dadurch erfolgen, dass man
ein angenehmes Gefühl verringert oder beseitigt.
Da das Gefühl im Mittelpunkt des operanten Konditionierens steht, wäre
die unübliche Bezeichnung „emotionales Konditionieren“ oder (am besten)
„emotionale Verhaltensänderung“ wesentlich sinnvoller als die üblichen:
„operantes“ oder „instrumentelles Konditionieren“. Zu allem Überfluss wird bei
allen Konditionierungsformen (bei allen Lernprozessen) von allen Beteiligten
operiert, was auch dem „operant“ (=wirksam, aktiv) seinen definitorischen Wert
nimmt. Es kommt noch hinzu, dass Bestrafungsreize meist passiv machen.
Die ursprüngliche Definition des Entdeckers (Skinner) für operantes
Konditionieren meidet alles Emotionale und beschreibt positivistisch nur das
äußere, sinnlich wahrnehmbare Geschehen.
(Der Positivismus ist eine philosophische (erkenntnistheoretische)
Position, die nur objektive, nachweisbare, sinnliche Informationen als
Erkenntnisquelle zulässt.)
Vage, nicht messbare Gefühle passten Skinner nicht in seine
hyperpositivistischen Vorstellungen von Wissenschaft und Forschung.
In der Zeit der Entdeckung des Konditionierens -am Anfang des 20.
Jahrhunderts- gab es in der Wissenschaft gerade eine starke Strömung, alles
Spekulative, Subjektive, nicht eindeutig empirisch Überprüfbare abzulehnen. Das
war als Reaktion auf viele fehlerhafte Spekulationen von Philosophie und
Religionen verständlich, aber etwas übertrieben. Spekulationen können in jeder
Wissenschaft sehr wertvoll sein, wenn man sie nur eindeutig als Hypothesen
kennzeichnet und zunächst nur als Denkanstöße verwendet.
Die ursprüngliche Definition für das operante Konditionieren ignoriert
die inneren emotionalen Prozesse und verhindert dadurch ein tieferes
Verständnis des Lernvorgangs. Besser ist daher folgende Definition: Wenn ein
Verhalten in Verbindung mit einem angenehmen Gefühl ausgeführt wird, wird die
Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens erhöht.
Dass beim emotionalen Konditionieren nicht immer ein offen für jedermann
nachweisbarer Reiz wahrgenommen werden muss, beweist das folgende erfolgreiche
Therapieverfahren:
Rauchen kann seltener werden, wenn der Raucher beim Gedanken an das
Rauchen mehrfach durch Erinnerungen an frustrierende Erlebnisse unangenehme
Gefühle reaktiviert, also auch ohne die Wahrnehmung realer unangenehmer Reize.
Die enge Definition von Skinner verhindert das Verständnis noch weiterer
sehr wichtiger Funktionen des emotionalen Konditionierens.
1. Die wichtigste unmittelbare Folge des emotionalen Konditionierens
liegt in der Veränderung von Gefühlen, Erwartungen und Bewertungen. Diese
Gefühle nennen wir Motivationen. Wenn also nach dem Konditionieren ein
Verhalten häufiger oder seltener wird, liegt es daran, dass mit Hilfe von
Gefühlen gleiche oder andere Gefühle (Motivationen) geschaffen oder verändert
wurden.
2. Das Konditionieren verändert nicht nur Verhaltensweisen, sondern auch
Bewertungen von Reizen (Reizmustern). Die emotionale Bewertung jedes
wahrgenommenen Reizmusters wird verändert, wenn während der Wahrnehmung Gefühle
erlebt werden. Das heißt, wenn jemand das gleiche (oder ähnliche) Reizmuster
später erneut wahrnimmt, erlebt er andere und/oder in ihrer Intensität
veränderte Gefühle. Diese Gefühle können Ursache für Verhalten(sänderungen) sein.
(Diese Erscheinungen sind die Grundlage für das Verständnis der Intuition
[siehe unten]).
Man verliert z. B. die Angst vor dem Reizmuster „Sauna“ (=kleiner Raum),
wenn man während der Wahrnehmung angenehme Gefühle erlebt. Die Folge kann die
oben beschriebene allgemein formulierte Verhaltensänderung nach Skinner sein.
Konkret formuliert: Das Betreten der Sauna könnte wieder auftreten.
Der Grund für Verhaltensänderungen durch operantes Konditionieren ist
die Wiederaktivierung bzw. die Erwartung der Wiederaktivierung des angenehmen
Gefühls (Motivation, Appetenz). Dabei muss das Gefühl (Motivation) nicht durch
die Wahrnehmung eines äußeren Reizes erzeugt werden. Es kann vielmehr auch in
entsprechenden emotionalen Zentren im Gehirn fiktiv erzeugt werden. Dabei kann
(wie wir oben am Beispiel des Rauchens gesehen haben) die Erinnerung an andere Reize (z. B. ein innerlich
reaktiviertes Bild) die Entstehung des Gefühls bewirken.
Bei unangenehmen Gefühlen gilt natürlich wieder das Umgekehrte dessen,
was oben für angenehme Gefühle dargestellt wurde. Die entsprechenden
Erwartungsgefühle nennt man z. B. Angst oder Aversion.
Man kann Verhalten (Motivationen) auch ändern, indem man die Intensität
unangenehmer Gefühle mittels angenehmer Gefühle verringert (Gegenkonditionierung).
Um einen dauerhaften Lernvorgang zu erzielen, müssen die Kopplungen
meistens mehrfach wiederholt werden. Beispiele:
Kinder räumen (relativ!) gerne ihr Zimmer auf, lernen für die Schule
usw., wenn sie während oder nach diesen Handlungen mehrfach angenehme Gefühle
z. B. durch Belohnungen der Eltern oder durch Erfolge in der Schule oder beim
(nicht langen) Suchen im Zimmer hatten.
Wenn allerdings noch attraktiver erscheinende Verhaltensangebote (Spiel,
Drogenkonsum usw.) vorliegen, wählen viele gerne diese.
Das Verhalten „Männchen machen“ eines Hundes wird häufiger, wenn es mit
Lob, Streicheln oder Nahrungsaufnahme verbunden wird. Bei Tieren wird
wahrscheinlich das beim Lernen erlebte Gefühl durch den gleichzeitig gegebenen
Befehl reaktiviert.
Erläutern wir dies an einem Beispiel: Nehmen wir an, wir haben unseren
Hund mittels angenehmer Reize dressiert, sich auf das Kommando: „Sitz!“ zu
setzen. Wenn man Tage oder Jahre nach dieser Dressur seinem Hund das Kommando:
„Sitz!“ gibt, tut er das, weil das Kommando (die Laute) in ihm das beim
Dressieren erlebte angenehme Gefühl (Motivation und Erwartung) wieder
hervorruft.
Bei Tieren darf der zeitliche Abstand zwischen Verhalten und Gefühlen
nicht mehr als ca. 5 Sekunden betragen.
Bestraft man den Hund, weil er erst nach stundenlangem Rufen nach Hause
gekommen ist, verbindet er diese Strafe mit dem Zurückkehren, nicht mit dem
Wegbleiben und bleibt in Zukunft noch länger weg. Dies führt zu noch härteren
Strafen, zu noch weniger „Gehorsam“. Das Resultat ist ein auf menschlicher
Dummheit beruhendes (also nicht seltenes) aggressives Missverhältnis zwischen
Tier und Halter. In der Folge bezeichnet blödsinnigerweise dennoch der Halter,
statt sich und seine Kultusminister, den Hund als blöd.
Das operante Konditionieren und angeborene Anlagen bestimmen und bilden
weit mehr als alle anderen erworbenen Faktoren das emotionale Wesen und die
Persönlichkeit eines Menschen. Emotionale Entscheidungen (Intuition),
Motivationen und Aversionen werden z. B. hauptsächlich durch diese beiden
Faktoren gebildet.
Die meisten Menschen erklären die menschliche Persönlichkeitsentwicklung
gar nicht, mystisch-idealistisch oder durch andere Lernprozesse wie z. B. das
Nachahmen von Vorbildern, also Imitationslernen, und eine mysteriöse
Selbstfindung (Reifungen und Prägungen spielen allerdings tatsächlich eine
wichtige Rolle.).
Für das Verständnis und die Heilung der menschlichen Psyche ist es aber
sehr wichtig, die tatsächlichen und hauptsächlichen Ursachen und
Wirkmechanismen der Persönlichkeitsentwicklung und die Funktionsprinzipien der
Psyche zu verstehen. Wir wollen deshalb kurz erläutern, weshalb die meisten
Menschen die beiden wichtigsten Ursachen ignorieren und ablehnen:
Im Falle der angeborenen Anlagen ist der wichtigste Grund eine alte, u.
a. religiös motivierte, Arroganz gegenüber der Tierwelt. Angeborenes
triebhaftes Verhalten wird Tieren zugeordnet, obwohl alle Tiere auch durch
Lernen und viele sogar z. T. durch rationale Prozesse gesteuert werden. Als
Menschen sich ihrer selbst, und damit auch ihrer Intelligenz, bewusst wurden,
waren sie von ihrer, bis heute relativ geringen, Vernunft so geblendet, dass
die meisten sich für Vernunftwesen hielten und halten und viele das Geistige
überschätzen. Die meisten Religionen bestärkten Menschen in diesen Irrtümern.
Nach der christlichen Religion sind Menschen das Abbild Gottes, also eines
Vernunftwesens. Wir sehen, dass Menschen ihre triebhafte tierähnliche Natur
gerne verleugnen. Sie widerspricht dem Wunsch etwas Besseres zu sein, der
übrigens zu wesentlichen Teilen auf tierhaftem Rangordnungsverhalten
(Statusdenken) beruht. Aber auch die krankhafte Überverherrlichung von Freiheit
(Liberomanie) trägt zur Ablehnung tierwürdiger Gebundenheit an Triebsteuerungen
bei. Nun sollte man glauben, dass wenigstens das Konditionierungslernen den
Menschen menschenwürdig erscheint, doch weit gefehlt. Viele lehnen es ab, das
Konditionieren als Lernmethode bewusst zu nutzen oder sogar, es überhaupt
kennen zu lernen.
Die Ablehnung des operanten Konditionierens hat mehrere Ursachen. Das
operante Konditionieren ist vielen Menschen als Dressieren bekannt. Dressieren
ist eine Form des Lernens, die bei Tieren angewandt wird, und an
Computerprogrammierungen erinnert. Der Mensch möchte aber bekanntlich im
Allgemeinen etwas Besseres sein als Tiere und Maschinen. Es kommt hinzu, dass
alle Dressuren Manipulationscharakter haben. Manipulation steht aber, auch wenn
sie konstruktiv ist, in unvereinbarem Widerspruch zur typisch menschlichen
Überverherrlichung der Freiheit (Liberomanie), insbesondere der
Selbstbestimmung. Das operante Konditionieren ist ein Prozess der mechanischen,
nüchternen, wissenschaftlichen Charakter hat. Viele Menschen meiden die
Auseinandersetzung mit solchen Sachverhalten, weil es anstrengend und ein
religiöses Tabu ist. Das Verständnis dieser Welt soll mystisch und Gott
vorbehalten bleiben.
Der logische, wissenschaftliche Charakter des Konditionierens passt
zudem nicht in idealistische philosophische Traditionen, nach denen die
menschliche Psyche durch mystisches, vitalistisches, göttliches Wirken
entsteht. Die Philosophie hat zwar in den letzten Jahrzehnten erheblich an
Bedeutung verloren (und/oder sich teiweise postitiv wissenschaftlich
gewandelt), bestimmt aber immer noch wesentlich das Alltagsdenken und teilweise
auch die wissenschaftliche Psychologie.
Damit zurück zum Konditionierungslernen:
Da ein Zustand völliger emotionaler Neutralität in fühlenden Menschen
und Tieren spätestens nach der Geburt nie auftritt, ist jedes Erlebnis (Reizaufnahme)
eine operante Konditionierung. Weil täglich unzählbar viele Reize auf Menschen
einwirken, finden täglich unzählbar viele Konditionierungen statt. Diese werden
fast alle nicht bewusst wahrgenommen, und ihre Bedeutung ist weitgehend
unbekannt (siehe Intuitionswahn). Sie
sind aber die wichtigste Grundlage der Intuition (Vorlieben, Abneigungen,
Sympathie, emotionale Entscheidung), des Charakters (Persönlichkeitsbildung
durch Lernen), psychischer Störungen, des Über-Ichs und der Psychotherapie. Konditionierungsprozesse
sind - abgesehen von der emotionalen Komponente - der Programmierung eines
Computers völlig analog.
(Anmerkung des Autors: Mein
Computersprachprogramm schreibt z. B., nach dem zwei- oder dreimal zufällig das
Geräusch der Katzenklappe ertönte, als ich „ist“ sagte, dieses Wort jetzt auch,
wenn nur das Geräusch der Katzenklappe ertönt.)
Intermittierende
Verstärkung:
Das operante Konditionieren erfolgt wirkungsvoller, wenn man nicht bei
jedem Lernvorgang einen (un)angenehmen Reiz gibt, sondern in einer Reihenfolge,
die der Lernende nicht vorhersagen kann. Diese Vorgehensweise heißt
intermittierende Verstärkung. Wir erinnern: Mit Verstärkung werden die Prozesse
bezeichnet, die zum häufigeren Auftreten des konditionierten Verhaltens führen.
Durch dieses Verfahren entsteht ein Überraschungseffekt, der die Intensität und
Wirksamkeit der Gefühle erhöht. Das bewusste Einsetzen von Überraschungen ist
eines der einfachsten und ökonomischsten Mittel zur Erhöhung von
Lebensqualität. Ein schönes Beispiel liefert eine Werbung eines
Mobilfunkanbieters: Die Freundin ruft ihren Freund an und sagt ihm, dass sie
zur Verabredung nicht kommen kann. Während des Gesprächs klingelt es an der Tür
des Freundes. Er öffnet, und sie steht mit dem Handy telefonierend vor der Tür.
Diese Frau hat neben dem Überraschungseffekt auch noch das Kontrastphänomen
genutzt, um viele angenehme Gefühle (Liebe?) in ihrem Partner zu erzeugen. Die
erwartete Frustration (Nichterscheinen) wird durch besondere Freude ersetzt
(kontrastiert). Solche Maßnahmen (z. B. „versteckte Kamera“) sind grundsätzlich
empfehlenswert. Etwa 20 % dieser hedonischen Möglichkeiten werden von Menschen
genutzt, u. a. weil sie kaum bekannt gemacht werden.
Intuition
Wenn Menschen Entscheidungen fällen, sind immer mindestens zwei
verschiedene Entscheidungsmechanismen beteiligt. Der erste Mechanismus wird
Intuition, der zweite bewusste rationale Steuerung (Denken) genannt. Intuitive
Entscheidungen werden auch mit Begriffen wie instinktiv oder gefühlsmäßig bezeichnet.
Sie tragen auch zur Steuerung tierischen Verhaltens erheblich bei. Viele
Menschen sind stolz auf ihre intuitiven (scheinbar emotionalen) Entscheidungen
und lehnen sogar bewusste rationale Entscheidungen ab. Das Rationale, das in
besonderem Maße typisch menschlich ist, hat für viele etwas Fremdes, Kaltes,
Beängstigendes und technisch, mathematisch Unmenschliches. Sie ignorieren, dass
ihre intuitiven Entscheidungen oft fehlerhaft sind. Sie ignorieren auch, dass
sie die intuitiven Entscheidungsmechanismen mit Tieren, welche sie zum Teil
ablehnen, gemeinsam haben. Sie ignorieren aber vor allem, dass das Wesen der
intuitiven (so genannten emotionalen) Entscheidung ein überwiegend rationaler
mathematischer Prozess ist. Das machen wir uns an Beispielen klar: Wir stellen
uns vor, dass wir zwischen zwei Häusern, Adoptivkindern, Autos usw. auszuwählen
hätten. Bei jeder Auswahl verrechnen (addieren) wir unbewusst alle Gefühle, die
wir früher mit ähnlichen Reizen erlebt haben und die Gefühle, welche wir in der
Zukunft erwarten. Dabei verrechnen wir sowohl die Art der Gefühle (angenehm
oder unangenehm) als auch die Intensität, als auch das Maß an Ähnlichkeit
zwischen erinnerten und gegenwärtig wahrgenommenen Reizmustern. Auf die gleiche
Weise entsteht z. B. auch Sympathie (Zuneigung) oder Antipathie (Ablehnung),
wenn wir ein Gesicht (Reiz) erstmalig wahrnehmen.
All diese Verrechnungsvorgänge (sowohl intuitive als auch rationale)
werden im Gehirn unter anderem durch die Addition der Wirkung von hemmenden und
erregenden Synapsen geleistet. Der wichtigste Unterschied zwischen Intuition
und Denken besteht darin, dass beim Denken der Verrechnungsvorgang z. T.
bewusst wahrgenommen, gesteuert und kontrolliert werden kann. Dies dauert zwar
wesentlich länger als das intuitive Verrechnen, führt dafür aber häufig zum
Entdecken von Fehlern. Dies ist der wichtigste Grund dafür, dass das rationale
Denken in den Gehirnen von Säugetieren (Menschen) entstanden ist. Da die
Intuition für menschliche Entscheidungen so große Bedeutung hat, beleuchten wir
sie noch einmal von einer anderen Seite und etwas genauer:
Intuition emotionales Entscheiden Sympathie - Antipathie
Die Bewertung von neuen Reizen und Ereignissen hängt auch noch in
anderen Bereichen von emotionalen Vorerfahrungen ab. Dabei werden alle
angenehmen und unangenehmen Gefühle, die im Zusammenhang mit ähnlichen Reizen
erlebt worden waren, in Millisekunden reaktiviert und verrechnet. Das heißt,
ihre Intensitäten werden, unter Berücksichtigung ihrer Ähnlichkeit mit dem
neuen Reiz, addiert. Unangenehme Gefühle haben dabei negative, angenehme
Gefühle haben positive Vorzeichen. Es entsteht ein Gesamtgefühl (Bilanzgefühl).
Dieses Gesamtgefühl nennen Menschen, wenn der neue Reiz ein anderer Mensch ist,
Sympathie oder Antipathie.
(Wenn es ein anderes Reizmuster ist, sprechen sie von Vorlieben,
Appetenzen, Aversionen usw. Die Gefühle, die sie mit ähnlichen Menschen
(Reizen) erlebt haben, wurden (werden) zu einem Gesamtgefühl addiert.)
Je ähnlicher ein unterbewusst erinnertes ähnliches Gesicht ist, desto
stärker trägt das diesem Gesicht zugeordnete Gefühl zur Sympathie oder
Antipathie bei. Diese Erscheinung heißt „optische Ähnlichkeitsintuition“.
Ihre Wirkprinzipien werden den meisten Menschen nicht bekannt gemacht.
Dies wirkt sich besonders deshalb negativ aus, weil die meisten Menschen
glauben, dass ihre Ähnlichkeitsintuition sich fast nie irrt. Diese irrt sich
jedoch sehr häufig. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei optisch ähnliche Menschen
ebenso ähnliche Charaktereigenschaften haben, ist niedrig. Die
Ähnlichkeitsintuition entstand in einer Zeit, in der optisch ähnliche Menschen
meistens eng verwandt und deshalb häufig auch psychisch ähnlich waren. Der
naive Unfehlbarkeitsglaube beruht vor allem darauf, dass Menschen unsympathisch
erscheinende Menschen meistens unfreundlich behandeln. Diese beantworten
meistens die Unfreundlichkeit mit ähnlicher Unfreundlichkeit. Dadurch schaffen
und bestätigen sie das Intuitionsvorurteil.
Beim ersten Hören von akustischen Reizmustern, wie Musik, Dialekten,
fremdsprachlichen Sätzen usw. werden ebenfalls alle Gefühle, die im
Zusammenhang mit ähnlich klingenden Tönen, Sätzen und Stimmen erlebt worden
waren, zu einem mehr oder weniger angenehmen oder unangenehmen so genannten
(Sprach)gefühl intuitiv verrechnet. Entsprechendes gilt zum Beispiel auch für
Gerüche und jede Kombination von Sinneseindrücken, wenn verschiedene Sinne
gleichzeitig Informationen aufnehmen, was im Übrigen der Normalfall ist.
Ähnlichkeitsintuition tritt also nicht nur bei optischen Reizen und auch nicht
nur bei menschlicher Sympathiebildung auf. Bei jedem Reizmuster -Gebäude, KFZ,
Vogelgesang, Blumenduft usw.- werden alle Emotionen, die vorher im Zusammenhang
mit ähnlichen Reizkombinationen erlebt worden waren und die zufällige Gegenwartsstimmung
zu einem Gesamtgefühl verrechnet (s. Kapitel Irrationale
Informationsverbreitung und Kapitel Irrationales Denken und Handeln). Die
Ablehnung vieler Reize, wie sprachlicher Akzente, bestimmter Musikrichtungen
und, Modeerscheinungen, vieler Gesichtsstrukturen und die Ablehnung der meisten
dazugehörigen Menschen ist völlig unberechtigt und antihedonisch.
Zum Wesen der Intuition gehört nichts Mystisches, Unverstehbares.
Abschießend weisen wir auf zwei wichtige Prinzipien hin:
Zunächst erfand die Natur Gefühle mit unterschiedlichen Intensitäten, um
Verhalten (Antriebe) fein steuern zu können. Später erfand sie das operante
Konditionieren (und Rationalität), um diese Feinsteuerung fein steuern zu
können.
3. Lernen durch Einsicht
(≈Rationale Selbststeuerung ≈rationale Umstrukturierung)
Bei dieser Form des Lernens werden Menschen oder hoch entwickelte Tiere
dazu gebracht, sich selbst mit Hilfe ihres Verstandes oder ihrer Vernunft zu
steuern. Auch und gerade das Resultat (die rationale Selbststeuerung) wird oft
als Lernen durch Einsicht bezeichnet. Die wichtigsten Vorteile dieses Lernens
liegen in seiner Geschwindigkeit und extremer Ökonomie (Wirtschaftlichkeit).
Manchmal genügt ein einziger Satz, um das Verhalten (die Selbststeuerung) und
damit vielleicht das ganze Leben eines Menschen für Jahrzehnte zu verändern (s.
o.). Ein Beispiel für solch einen Satz, der (aus Gründen, die wir unten
erläutern werden) leider nicht immer zum Erfolg führt, lautet: „Das Leben ist
mit Abitur in der Regel wesentlich einfacher als ohne.“ Ein großer Nachteil
dieses Lernens liegt darin, dass es nicht direkt Gefühle (Motivationen)
schafft.
4. Prägung
Prägung ist eine pädagogisch besonders wichtige Form des Lernens, bei
der die Verschränkung zwischen Lernen und angeborenen Programmen besonders
stark ist. Bei der Prägung wird ein Verhalten bzw. eine psychische
Umstrukturierung nur innerhalb einer bestimmten –genetisch weitgehend
festgelegten Entwicklungsphase (sensible Phase, Prägungsphase) erworben. Die
bekannteste Prägung ist der Erwerb der Sprache. Die Fähigkeiten, die durch das
Prägungslernen erworben werden, bilden sich allerdings zum Teil schon vor der
Prägungsphase. Säuglinge erwerben z. B. schon sprachliche Fähigkeiten, wenn sie
sprachliche Laute hören, auch wenn sie selbst noch nicht Wörter artikulieren
können.
Das durch Prägung erworbene Verhalten ist weitgehend irreversibel
(unumkehrbar). Jeder erzieherisch Tätige muss also wissen, wie und wann Kinder
(Tiere) geprägt werden können. Tatsächlich wissen es, dank der hochgeistig
qualifizierten Bildungspolitik, ca. 5%.
Beim Menschen gibt es mindestens 5 prägbare Eigenschaften:
4. 1. Bildung von
Urvertrauen und Bindungsfähigkeit
4. 2 Sprache
4. 3 Sexualität
4. 4 Ideologien
4. 5 Musikalische Prägung
4. 1 Urvertrauen
Die Fähigkeit, Menschen zu vertrauen, der Wunsch nach sozialem Kontakt,
Beziehungsfähigkeit, soziale Kompetenz usw., können nur dann in vollem Umfang
entstehen, wenn Säuglinge dauerhaften, angenehmen Kontakt zu maximal drei
Bezugspersonen haben (vgl. „Hospitalismus“).
4. 2 Die Sprachfähigkeit wird nur dann voll
entwickelt, wenn Kinder zwischen zweitem und viertem Lebensjahr auf angenehme
Weise sprechen lernen. Die Sprachfähigkeit entwickelt sich, wie alles
Prägungsverhalten, nur dann optimal, wenn schon vor der eigentlichen
Prägungszeit angenehme Reize aus dem jeweiligen Bereich (Prägungsverhalten)
aufgenommen werden.
4. 3 Das Sexualverhalten und die sexuelle
Empfindungsfähigkeit entwickeln sich am besten, wenn Kinder (Jungtiere) während
der Pubertät alle konstruktiven Formen des Sexualverhaltens kennen– und ausüben
lernen. Trotzdem wird pubertäre Sexualität weltweit überwiegend unterdrückt, u.
a. um frühe Schwangerschaften zu verhindern. Es lohnt sich, die zahlreichen
Argumente für und gegen die pubertäre Sexualität einmal objektiv und kritisch
zu sammeln und abzuwägen. So etwas ist bisher auf Erden kaum geschehen
(vergleiche Kapitel X „Sexualität“).
4. 4 Ideologische Prägung
Ebenfalls in der Pubertät liegt die Prägungsphase für die Bildung der
Persönlichkeit, des Charakters und von Ideologien. Es werden vor allem solche
Glaubenslehren, Charakterzüge und Persönlichkeitsstrukturen übernommen, die
geliebte, geschätzte, geachtete Personen (z. B. Idole) aufweisen oder
verherrlichen (s. o. unter „Imitation“). Gefühle zu solchen Personen spielen
oft für diese Prägung eine größere Rolle, als Vernunft, Sachlichkeit und
Objektivität. Es ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben der Menschheit, den
Glauben an Logik, mathematische Beweisbarkeit und empirisch wissenschaftliche
Erkenntnisgewinnung spätestens in der Pubertät zu entwickeln. Ebenso wichtig
wäre es, dafür zu sorgen, dass nur solche Menschen zu Idolen werden, die
Vernunft, Charakter, Intelligenz und konstruktive Ideale aufweisen. Michael Jackson,
Helmut Kohl, Slatko, Saddam Hussein usw. sind dennoch für viele Vorbilder.
Alle Prägungen sind mehr oder weniger irreversibel (=unumkehrbar). Wenn
Entenküken in ihrer 14. Lebensstunde einem Menschen gefolgt sind
(Nachfolgeprägung), werden sie es nie mehr lernen, ihrer leiblichen Mutter wie
einer Mutter zu folgen.
Beim Menschen lassen sich jedoch alle angeborenen Verhaltensweisen durch
Lernen und rationale Selbstkontrolle beeinflussen. Die meisten Menschen können
in jedem Alter Fremdsprachen studieren, lernen, fremden Personen zu vertrauen,
Sexualität mit Menschen zu genießen, die überhaupt nicht ihrem Prägungspartner
entsprechen und Ideologien zu verherrlichen, die ihren eigenen Urideologien
völlig widersprechen. Diese Umprägungen erfolgen jedoch auch beim Menschen
immer gegen mehr oder weniger starke Widerstände und oft nur unvollständig. So
mag ein Zwanzigjähriger virtuose Musik von „Cream“ oder „Bach“ trotz der
Einsicht in ihren hohen qualitativen Wert niemals so genießen lernen, wie die
simple Schmusemusik, auf die er mit dreizehn geprägt wurde. Urvertrauen und
Sprache können umstrukturiert, aber fast gar nicht in höherem Alter erstmalig
entwickelt werden. Kaspar Hauser, ein Junge, der fast ohne sprachliche
Erfahrungen in der Prägungsphase aufwuchs, lernte später, nachdem man ihn aus
seiner Isolation befreit hatte, nur noch wenige Worte.
Für alle Prägungen gilt, wie gesagt, dass sie intensiver erfolgen, wenn
die Prägungsreize schon vor der sensiblen Phase geboten und empfangen werden.
In Säuglingen verändern sich Hirnstrukturen und –funktionen, wenn sie Reize,
wie z. B. menschliche Stimmen, Wärme, Fellberührungen und so weiter wahrnehmen,
schon lange bevor sie selbst ihre ersten Worte sprechen beziehungsweise
vorzugsweise in warmen, weichen Decken kuscheln.
Entsprechendes gilt für alle angenehmen sexuellen, musikalischen und
ideologischen Stimulationen vor der Pubertät. In allen Fällen werden
Fähigkeiten, Motivationen und Empfindungsfähigkeiten stärker ausgebildet.
4. 5 Prägung auf Musik
Auch wenn es um Musik geht, ist die menschliche Psyche während der
Pubertät besonders sensibel. Viele Menschen entwickeln in dieser Zeit wenig
umkehrbare Vorlieben (leider auch irrationale Aversionen) gegen bestimmte
Stilrichtungen, Instrumente, Stimmen, Künstler usw. Diese Prägungen gelten auch
für andere Kunstrichtungen und sind –auf bisher wenig verstandene Weise- mit
der ideologischen Prägung verwandt.
Damit kommen wir zu einer abschließenden Gesamtbetrachtung des Lernens:
Alle Formen des Lernens haben die Funktion, das Verhalten von Tieren und
Menschen arterhaltend zu regulieren. Sie ermöglichen eine schnellere und
exaktere Anpassung an Umweltveränderungen als die Lernprozesse der
Erbinformationen (biologische Evolution). Zur Entwicklung dieser
Lernfähigkeiten trieb die Tiere u. a. die Konkurrenz untereinander, der
Parasitismus, Räuber-Beute-Beziehungen und ungünstige Wirkungen der toten Natur
wie Schwankungen von Temperatur, Helligkeit, Wind, Feuchtigkeit usw. Das
Konditionieren dient z. B. dazu, (kausale) Zusammenhänge in der äußeren Welt zu
erkennen, also die Welt zu verstehen bzw. in Gehirnen abzubilden. Durch
Konditionierung lernen Antilopen z. B., dass an Wasserstellen besonders häufig
Gefahren lauern. Löwen lernen, dass dort besonders häufig erfolgreich Nahrung
erbeutet werden kann. Die mit dem operanten Konditionieren und den Trieben
verbundene Emotionalität liefert im Verbund mit Gedächtnisleistungen auch eine
primitive Abbildung der vierten Dimension (der Zukunft). Ein Tier, das leichten
Hunger verspürt, „weiß“ mittels Erinnerung (Erfahrung, Konditionierung), dass
dieses Gefühl ohne Nahrungsaufnahme zunehmen wird. Deshalb beginnt es
(motiviert) mit der Suche nach Nahrung, auch wenn kein Nahrungsreiz wahrnehmbar
ist. Dies ist eine sinnvolle Verhaltenssteuerung, die Fortpflanzungsvorteile
gegenüber emotional weniger leistungsfähigen Konkurrenten bringt. Die Folge ist
eine Höherentwicklung des Lebens.
5. Zufall, z.B.
Sozialisationsfehler, zufällige Erlebnisse, Hirnschäden, angeborene Defekte
Die Erscheinungen sind entweder klar (zufällige Erlebnisse, Hirnschäden)
oder in anderen Kapiteln ausführlich erläutert (Sozialisationsfehler,
angeborene Defekte).
6. Verhaltensänderung
durch direkte chemische und physikalische Einflüsse
Der Zufall will es, dass die folgenden Abschnitte etwas sehr wichtiges,
nämlich interdisziplinäre Zusammenhänge, verdeutlichen. Wir werden einige
wichtige Informationen zwischen Ethologie, Psychologie und Biochemie
beleuchten. Bevor wir dies tun, wollen wir noch einmal betrachten, was am
interdisziplinären Denken so wichtig und wertvoll ist:
Menschen haben die Welt, die eine zusammenhängende Einheit bildet, bei
ihrem Studium ziemlich künstlich in Wissenschaften unterteilt
(Schubladisierung). Schülergehirne werden mit Vorliebe zu Speicherschubladen
herabgestuft. Wesentliche Zusammenhänge werden weder direkt vermittelt noch
wird Schülern wenigstens erläutert, dass sie selbst welche entdecken würden,
wenn sie ihre Hirnschubladen einmal gleichzeitig öffnen würden. Verbindungen
zwischen Wissenschaften vernachlässigen die meisten mit Vorliebe. U. a. deshalb
finden sich gerade zwischen diesen Wissenschaften besonders interessante
unbekannte Neuigkeiten (Innovationen) und Vernetzungen. Gerade die Kenntnis
dieser Zusammenhänge kann zur Lebensqualität (z. B. in Form von Nobelpreisen)
der Menschen erheblich beitragen und Fehler (z. B. politische, wirtschaftliche
und pädagogische) vermeiden helfen.
Zwischen den
Wissenschaften (Beispiele für interdisziplinäres Denken)
Grundsätzlich können alle Formen von Energie (Strahlung, Stoffe) auf
Psychen Einfluss nehmen. Starke Wirkung haben energiereiche elektromagnetische
Wellen (Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlen usw.). Besonders interessant sind
für uns Schadstoffe, Gifte, Drogen und Medikamente.
Alle diese Mittel wirken u. a., indem sie Strukturen, elektrische
Prozesse oder Stoffkonzentrationen verändern. Das Gleiche tun übrigens auch
alle natürlichen Mittel, die wir oben besprochen haben (z. B. Lernen und
Mutationen). Der wichtigste steuerbare bekannte Einfluss auf Psychen liegt in
der Veränderung der Konzentration von Botenstoffen im Gehirn. Man weiß, dass
Gefühle und Verhalten erheblich durch Hunderte von Botenstoffe
(Neurotransmitter) im Gehirn reguliert und verursacht werden.
Einige Beispiele:
Oxytocin ist ein Neurotransmitter, der zu sexueller Lust und jeder Art
von Treue beiträgt. Außerdem bewirkt er bei Frauen Milchbildung,
Geburtsauslösung und Mutter-Kind-Bindung.
Sehr sinnvoller Weise bewirkt also Oxytocin gleichzeitig die Auslösung
der Geburtswehen und die Fähigkeit (den Wunsch), das Kind lange zu lieben, zu
beschützen und bei sich haben zu wollen.
Serotonin und Dopamin tragen u. a. zur Fähigkeit, sich zu verlieben und
zu Generalmotivation bei.
Endomorphine (=Endorphine) sind z. B. für die Entstehung der Liebe
notwendig.
Adrenalin macht aufmerksam und kampfbereit.
Wenn Drogen, Psychopharmaka, Schadstoffe usw. menschliches und
tierisches Verhalten verändern, geschieht dies hauptsächlich über die
Veränderung von Hirnstrukturen, elektrischen Einflüssen und von Konzentrationen
oder Wirksamkeiten von Stoffen, wie z. B. Hormonen und Neurotransmittern. Viele
dieser Gifte (auch manche Strahlungen) verändern z. B. die Wirksamkeit der
Enzyme, welche Transmitter herstellen helfen. Manche Stoffe wirken dadurch dass
sie den Transmittern oder Hormonen oder sonstigen Stoffen ähnlich sind. Diese
können Enzyme oder Wirkorte der Transmitter (z. B. Tunnel durch Membranen)
blockieren. Dadurch werden die Aufgaben der Transmitter (usw.) nicht mehr oder
nur noch teilweise erfüllt. Es kommt zu emotionalen-, intellektuellen-,
Wahrnehmungsstörungen usw. In embryonalen, kindlichen und jugendlichen Körpern
kommt es auch zu grundsätzlichen Entwicklungsstörungen.
Auch die Wirkung vieler angeborener Anlagen für psychische Eigenschaften
und alle Formen des Lernens, die wir oben angesprochen haben, beruhen zu
wichtigen Teilen auf der Veränderung der Konzentrationen von Neurotransmittern.
Bei allen Lernprozessen werden Strukturen und/oder elektrochemische
Bedingungen in Nervensystemen verändert. Das besonders wichtige
Konditionierungslernen beruht u. a. darauf, dass die Zahl der Porenproteine
(Tunnel) in Nervenzellen, die mittels Neurotransmittern Nachrichten empfangen,
erhöht wird. Dadurch wird die Wirkung der Neurotransmitter erhöht.
Porenproteine vermitteln die Bildung von elektrischen Potenzialen an der
Membran der Empfängerzellen. Dieser Effekt führt z. B. zu dem, was wir oben
Verstärkung genannt haben, also i. d. R. zur Veränderung der Häufigkeit eines
Verhaltens.
Natürlich können psychische Veränderungen auch auf dem Auf- und Abbau
von Netzwerken und Synapsen in jeglichem Nervengewebe beruhen.
Gewöhnungslernen
Die meisten Reize verlieren bei den meisten Menschen und Tieren an
Wirkung, wenn sie häufig wahrgenommen wurden. Beispiele für Gewöhnungslernen:
Hühnerküken fliehen nicht mehr vor ungefährlichen Enten, die häufig über
sie geflogen sind, wohl aber vor seltenen und gefährlichen Raubvögeln.
Wenn Menschen immer ihre Lieblingsspeise essen, mit demselben Partner
schlafen usw., lässt die Freude an diesem Verhalten meistens (übrigens
individuell unterschiedlich) nach. Discothekeneinrichtungen werden in
Industrienationen häufig alle 5 -10 Jahre für Unsummen ausgewechselt, weil das
Neue den „richtigen Kick bringt“, bzw. das Alte nicht mehr „voll anturnt“.
Menschen reisen, trotz hoher Umweltbelastungen, an exotische Stellen, weil sie
die gewohnten Stellen nicht mehr „geil“ finden. Stress und Tod für die
bewunderte Tierwelt oder Tod für Teile der (bewunderten) Pflanzenwelt müssen da
schon mal in Kauf genommen werden. In diesen Fällen liegt die wichtigste
Ursache für all diese Veränderungen (Gewöhnungslernen) in den oben
angesprochenen Veränderungen der Konzentrationen und Wirksamkeiten bestimmter
Neurotransmitter (=Hirnbotenstoffe).
Wir vertiefen das Verständnis für die Problematik des Gewöhnungslernen
an einigen weiteren unmenschlichen Beispielen, bei denen wir einmal das
„menschliche“ Jagdverhalten in den Mittelpunkt stellen:
Jagd Flurbereinigung
Nicht nur die antipflanzliche Flurbereinigung, sondern auch das
„degutante“ Gewöhnungslernen hatte den „besseren“ europäischen Herrschaften die
Lust auf die Jagd nach Hase, Fuchs, Reh usw. schon vor Jahrhunderten ein wenig
verlangweilt. Deshalb hat der „feine“ Jagdherr gerne in exotischen Ländern nach
Großwildjagdabwechslungen gesucht (und gefunden). Die reizvollste Beute waren
sehr dunkelhäutige, krausköpfige sonst aber unbehaarte große Wilde, die man
gleich ganz spontan, gerne und ohne nähere Prüfung den Affen zugeordnet hatte.
Man traute sich zwar wegen ihrer erstaunlichen Menschenähnlichkeit nicht, sie
zu essen, hatte aber dennoch große Freude beim Erschlagen, Foltern oder
Erschießen. (Der antikannibalische Verspeisungsverzicht fiel nicht sonderlich
schwer, weil man auch die Kadaver „anderer Tiere“ i. d. R. „pietätvoll“ einfach
verrotten oder den schwarzen „Wilden“ über-) ließ. Diese vergnügliche
„Schwarzwild“jagd" wurde u. a. von
"widerlichen" religiösen Kräften, bei denen an den Kreuzen die
„niedlichen“ Zierhaken fehl(t)en, aufs "Ekligste" unterdrückt. Aus
der Sicht von Missionaren waren diese Jagdaktivitäten unmenschlich und
Arbeitsplatzvernichtungsmaßnahmen. Der vorausschauende Papst soll damals sogar,
obwohl die Brieftaschen dieser Schwarzen gar nicht tief waren, noch tiefgreifendere
Motive gehabt haben. Jedenfalls fand man allmählich heraus, dass die Schwarzen
sprechen und arbeiten konnten und so entwickelte man zur Abwechslung eine
antike „ganz neue“ Jagd, die Sklavenjagd. Aber auch bei diesem Geschäft
tauchten im Laufe der Jahrhunderte „gemeine“ humane Querulanten auf (oft
unpäpstliche Christen), die das Geschäft verteufelten und verdarben. Seitdem
lässt man Sklaven und Kinder nicht mehr sichtbar im eigenen Betrieb schuften,
sondern unsichtbar im fernen Ausland allerbeste Fußbälle nähen, zwangsbetteln
oder man verschafft ihnen bei
"lustigen" Sportfesten (z. B. Zick-zack-Lauf in Minenfeldern)
körperliche Erleichterung. Die wirtschaftsorientierten Jäger sprechen in diesem
Falle allerdings von „sinnvoller Nutzung des nicht jagdbaren Schwarzwildes“.
Sie glauben, endlich den „hohen Wert“ der jungen Schwarzen als besonders
preiswerte Minenräumgeräte erkannt zu haben. Der „Wert“ dieser
Minenräumkommandos liegt darin, dass jagdbares Wild vor den grauenhaften
Wirkungen von Minen verschont wird. Mancher besonders liebevolle (pädophile)
Jäger kümmert sich sogar durch kleine Zuwendungen (manchmal nur
Nahrungsspritzer, manchmal kleine Geldbeträge) um die Spreizung, Vermehrung
oder Erhaltung trittsicherer Kinderbeine. Das Verstecken all dieser Vorgänge
(optische Deprivation) nimmt zwar, trotz einiger petzerischer
Fernsehkamerateams, den Spaß beim Zuschauen, bringt aber dennoch wieder ein
bisschen Abwechslung. Diese fand man darüber hinaus auch bei der Großwildjagd
auf verschiedenste "weitere" afrikanische und sonstige
außereuropäische Tiere. So reduzierte man die Zahl der liebenswerten Elefanten,
Nashörner usw. ruckzuck durch millionenfache Tötungen (tierische
„Landflurbereinigung“). Diesen Fehler glich man egalitär geschickt dadurch aus,
dass man in Europa fast keine konstruktiven Tötungen „großer Tiere“ vornahm.
Ludwig XVI., Zar Nikolaus II. und Charles I. sind allerdings rühmliche Ausnahmen. Beim größten
Tier (Adolf) war man schon so gehorsam, gönnerhaft, human und liberal, dass man
ihm zur Abwechslung das Töten selbst überließ („humane“ Bunkerflurbereinigung).
Als „kleinen Nebeneffekt“ erzielte man zusätzlich eine völlige Neugestaltung
der europäischen Bevölkerung und Landschaft (Stadtflurbereinigung). Als
Höhepunkt dieser nie genügenden Abwechslung erlebten vor allem amerikanische
und englische Bomberpiloten ein neues uraltes Jagdvergnügen, bei der
kriegsstrategisch völlig "unvermeidlich notwendigen" Beseitigung
alter und junger deutscher Verwandter, besonders der Frauen und Kinder und
ihrer Wohnungen (unmenschliche Hausflurbereinigung und erste
Ganzgroßstadtbereinigung). Bei dieser Großdeutschen Lösung ging man mit der
Heimat des Terroristen (Österreich) etwas schonender um als mit den nördlichen
Heimgesuchten. (Man hatte etwas oberflächlich die Österreicher, weil diese es
auch selbst getan hatten, zu Heimgesuchten erklärt.). Als Folge kam es im
westlichen wie im südlichen Osten (Österreich) zu einer hässlichen
Lautverschiebung. Aus „l“ wurde „d“. Aus „Heil“ wurde Heid“. So trat und tritt
(stampft) in Österreich aufgrund der vergleichsweise schonungsvollen Aufklärung
über die eigenen Verbrechen nicht Heidi, sondern Haider auf, was das Land
allerdings nicht heiler machte.
Auch aus den braunen sächsischen und Mc-polnischen Heiden marschieren
braune Heiden in die bunten Parlamente, um ungestörter (ohne Heidenlärm) mit
amerikanischen Baseballschlägern an zu dunkelbraunen Einwanderern
wehrsportliche Trainingsübungen für eine tausendjährige rein weiße ari(el)sche
Zukunft ausführen zu können. Im Osten hatte es ebenso wenig für Aufklärungen
über die eigene Vergangenheit gereicht, wie im Süden. Das lag u. a. daran, dass
rund 1 Million Racherussen rund um Hoyerswerda ebenso rundum mit Plünderungen
und Vergewaltigungen aller erreichbaren Rundungen voll ausgelastet waren.
Doch zurück zu den Großstadnivellierungsmaßnahmen:
Im Bombenhagel lauteten damals die letzten Worte manches Münchners, wenn
seine Ferngasleitung getroffen wurde, „Ferngasaki“, während die amerikanische
Führung (im Gegensatz zu einigen Hunderttausend Japanern) wenig später
„Nagasaki“ murmelte. Historiker sprechen in diesem Zusammenhang von der ersten
kombinierten Wald- und Flurbereinigung. Nach dieser radikalen Wurzelbehandlung
(selbst die Bäume verloren hier ihre Wurzeln) war man sehr stolz und ging doch
(bis heute) auf dem Zahnfleisch. Man hatte nämlich (nicht nur in Österreich und
der DDR) vergessen, auch die Wurzeln des Übels (Rassismus, Imperialismus,
Parasitismus usw.) auszureißen. Deshalb hat und wird man noch Milliarden von
konventionellen Geschossen verfeuern.
Für die Zerbombung der deutschen Städte bekamen die Jagdbomber und
andere Eisenhauer niemals ihre wohlverdiente Schelte, weil die Deutschen sich
(im Gegensatz zu fast allen Jägern aller Zeiten) (aber mit Recht) schuldig
fühlten.
Ganz anders erging es den Großwildjägern in fernen Ländern. Es bildeten
sich Tier-, Natur- und Umweltschutzorganisationen, die u. a. den Jagdspaß zum
Nutzen von Jägern und Gejagten kurz vor der Ausrottung des Großwildes hier und
da erfolgreich verdarben. Was nun? Es sah übel aus.
Einige vernünftige Jäger stiegen auf Schnappschussjagd auf Fotosafaris
um. Die meisten aber blieben menschlich. So entstanden zur Abwechslung
Schürzenjägergruppen, die mit Hilfe des Aidsvirus an die mordsmäßigen alten
Erfolge anknüpfen konnten.
Einige bushikose Amerikaner stellten sich auf die Jagd nach Arabern um,
welche sie wegen des besseren Klanges Massenvernichtungstalibanausen nannten.
Die meisten aber spezialisierten sich auf die Jagd nach Geld und Ruhm.
So ackertemann in der Deutschen Bank, möllertemann sich platt und schlank oder
zimmertemann Meineide auf der Anklagebank. Um (eidesstattlichen) Bloßstellungen
und der farblosen Monotonie des Gewöhnungslernens zu entgehen, haben der
schwarze Kohlmann, der rote Scharpingmann, der blasse Nixonmann, der dunkelrote
Gysimann, der gelbe Lambsdorffmann, die grüne BSE-Königin Fischermann, der
bunte Flickmann, der braune Springermann, der schwarzbraune Straußmann
(Spitzname: flugunfähiger Starfighter-man) und zahllose andere die Endsilbe in
ihren Namen, mit dem mitEsserischen Ausruf: „Oh Mann oh Mann Herr Mannesmann“,
streichen lassen.
Nach all diesen Vorgängen war die bunte, abwechslungsreiche Vielfalt
dermaßen zur Gewöhnung geworden, dass das Gewöhnungslernen sich ganz
ungewöhnlich ins Fäustchen lachte.
Neuerdings suchen die modernen gewöhnungsgeplagten
(Diskotheken)Erneuerer, Großwildjäger, Drittweltaussauger usw. neben ihrem
Haupthobby, der globalen „gerechten“ Verteilung des Reichtums mittels
Drogenhandel, Kinderarbeit, Waffenlieferungen usw. eine ganz neue Art der
Abwechslung: den Genuss von Humanität, Solidarität und ähnlichen Fremdwörtern.
Sie selbst behaupten allerdings bescheiden, die folgenden Nettigkeiten wegen
ihres plagenden, schlechten Gewissens zu verschenken. Warum auch immer, man
sorgt(e) liebevoll dafür, dass selbst den Ärmsten auf dieser Welt das
Verhungern ein wenig versüßt wurde und wird. Das schlechte Gewissen beruhte
häufig darauf, dass die Medienschellten. Darauf läutete man eine große
Verkaufs- und Geschenkaktion von Medien ein. Millionen alter Fernseher, Radios,
Zeitschriften usw. wurden und werden in den Entwicklungsländern verschenkt und
verscherbelt (entsorgt?!), damit die „übergewichtigen veraidsten Negerblagen“
etwas Abwechslung bekamen. Sie soll(t)en sich wenigstens fiktiv an
zivilisierten Fressorgien ergötzen können, während sie nicht einmal Hirsebrei,
allenfalls diverse Fernsehköche, wie z. B. den Bioleken, können. Trotz des
akuten Mitgefühls bereitet die Not der Hungerleider in Entwicklungsländern jedoch
dem abwechslungsorientierten kultivierten europäischen Gourmet keine
schlaflosen Nächte und Herzrhythmusstörungen.
Zwar hört man der Herzen so manche loshämmern, doch dies nur bei einigen
wengen Mooshämmern.
Diese Ruhe hat ihren guten Grund: Der typische weltmännische
gehandikapte Rundmolchgolfer (Achtzehngreenkenner) weiß schließlich, dass ein
wirklich hungriges afrikanisches Kind der Savanne notfalls ins Gras beißen
kann, wenn nichts zu essen da ist. Nächtliche Unruhe ist im „kultivierten“
Nadelstreifenträger nur durch extrem abwechslungshaltige, wichtige Ereignisse
erzeugbar: ein verpasster Friseurtermin mit dem Edelpudel, Champagnermangel bei
Formel-1-Siegesfeiern, eine Erbse zwischen dritter und vierter Matratze in
seiner Sänfte, Kaviarmangel im Katzennapf usw.
Die biologischen
Funktionen des Gewöhnungslernens
Gewöhnungslernen ökonomisiert das Verhalten, schützt vor exzessiven,
schädlichen Dauertriebbefriedigungen (z. B. Essen, Sex) und reguliert somit das
Verhalten in dem Sinne, dass lebensnotwendige Aktivitäten wie
Nahrungsbeschaffung, Kinder- bzw. Jungtieraufzucht usw. nicht vernachlässigt
werden. „Anspruchsvoller“ formuliert:
“Machst du mal dies, mal das, machst du von allem was, dann macht das
Leben Spass.“ Abwechslungsreiche Ernährung ist z. B. für Menschen wertvoll,
weil auf diese Weise alle möglichen nützlichen Stoffe und selten große
Giftmengen aufgenommen werden.
Da dieses Prinzip arterhaltend wirkt, hat die Natur dafür gesorgt, dass
es erheblich zum Wohlbefinden von Mensch und Tier beiträgt. Menschen und Tieren
die Freude - und die Fähigkeit zur Freude - an vielen verschiedenen
konstruktiven Aktivitäten zu verschaffen, ist das wahrscheinlich beste
Psychotherapeutikum.
Menschen gehen mit dem Gewöhnungslernen häufig destruktiv um. In manchen
Bereichen verstärken sie es durch Lernen noch zusätzlich. Die Negativbewertung
von schon bekannten Reisezielen, „nur 4-Sterne“ Hotels, Discotheken,
Arbeitsplätzen, (Fernseh)filmen usw. ist z. B. typisch für so genannte feine
Kreise mit „Niveau“.
“Snobismus ist zwar nackter Hohn, gehört jedoch zum guten Ton“.
Häufige - z. B. filmische - Betrachtungen von Liebe, Aggression, Krieg,
Kriminalität, unschädlichen erotischen Darstellungen usw. führen aufgrund des
Gewöhnungslernens zum Wunsch nach Steigerung zu z. B. Zombie, Extremhorror,
realen sadistischen Handlungen, destruktiver Pornographie usw. Diese
Wunschhandlungen werden milliardenfach auch wirklich ausgeführt.
In manchen Bereichen werden Veränderungen, die sich z. T. konstruktiv
gegen das Gewöhnungslernen richten würden, abgelehnt oder verteufelt.
Beispielsweise werden Veränderungen von Partnern, religiösen oder politischen
Ideologien, Normen, Konventionen, Konsumprodukten wie Deos, Zigarettenmarken,
Biersorten, Automarken usw. vielfach negativ bewertet.
Verwöhnen unterstützt extrem die schädlichen Wirkungen der Gewöhnung. Je
mehr und häufiger vor allem Kinder Wünsche (nach Neuem) ohne eigene Anstrengung
erfüllt bekommen, desto weniger Freude und Zufriedenheit erzeugen meistens
langfristig die betroffenen Bedürfnisbefriedigungen. Gleichzeitig steigt der
Wunsch nach immer stärkeren Reizen besonders stark und die Motivation zu -bzw.
die Freude über- eigene Aktivitäten sinkt. Umgekehrt ausgedrückt: Die
Fähigkeit, Frustrationen zu verarbeiten, bzw. die Freude am Erfolg durch
Selbstbelastungen und anstrengende Leistungen, entsteht unter fordernden
konstruktiven Sozialisationsbedingungen hauptsächlich in der Kindheit und
Jugend. Später kann sie kaum noch entwickelt werden.
Einige wichtige
Ergebnisse:
Das Lernen durch Verstärkung hat gegenüber anderen Formen des Lernens
einen wichtigen Vorteil:
Die angenehmen Gefühle, die während der Verstärkung erlebt werden,
entwickeln sich i. d. R. zu einem selbstständigen, dauerhaften, antreibenden
Gefühl und positiven Erwartungen. Diese Gefühle (Motivationen, Ehrgeiz,
Engagement) können dazu führen, dass das zugeordnete Verhalten lebenslang ohne
weiteres Zutun von außen auftritt. Mit der Verstärkung lässt sich konstruktives
Verhalten dauerhaft mit angenehmen Gefühlen verbinden, also menschliche
Lebensqualität und Selbststeuerung erheblich verbessern. Wenn Menschen gerne
ihr Zimmer aufräumen, für die Schule lernen, Sport treiben, sich fair
verhalten, sich sinnvoll selbst steuern usw. spielen immer positive
Verstärkungen als Ursache eine Rolle. Bestrafungsreize führen in diesen
Bereichen fast immer zu weitaus geringeren Erfolgen oder sogar zu Demotivation.
Es fördert die konstruktive Entwicklung von Menschen und Tieren, wenn
sie selbst Probleme erfolgreich lösen. Sie erfahren dabei angenehme Gefühle,
also positive Verstärkungen. Überfordern und Überverwöhnen sind jedoch leider
in unserer Gesellschaft nicht selten.
Wenn man aktives Verhalten erzeugen will, ist die positive Verstärkung
(Belohnung) das sinnvollste Mittel. Lernen durch Bestrafung ist erstens nur in
viel geringeren Maßen und zweitens (fast?) nur, wenn destruktives Verhalten
unterdrückt werden soll, sinnvoll.
Das operante Konditionieren ist (neben Medikamenten) auch das wichtigste
Hilfsmittel der Psychotherapie.
Nicht nur erlerntes, sondern auch angeborenes Verhalten ist beim
Menschen durch Lernen grundsätzlich beeinflussbar. Andererseits sind sowohl
erlerntes, als auch angeborenes Verhalten manchmal durch Lernen nur geringfügig
und sehr schwer beeinflussbar.
Psychosen (Schizophrenie, Manisch-Depressiv-Sein) sind psychische
Krankheiten, die zum Teil auf angeborenen Ursachen beruhen. Sie lassen sich
durch Lernen mehr oder weniger beeinflussen, aber in der Regel nicht restlos
heilen.
Oft noch schwerer durch Lernen beeinflussbar sind psychische Störungen,
die durch extreme (traumatische) Erlebnisse oder Erfahrungsentzug entstanden
sind. Kinder z. B., die die Ermordung ihrer Eltern bewusst miterleben mussten
oder vergewaltigt wurden, können später fast nie von den daraus folgenden
psychischen Störungen vollständig befreit werden.
Kinder, die nicht in den Prägungsphasen die entsprechenden Fähigkeiten
erwerben, können dies später nicht nachholen (siehe oben).
Alle Fähigkeiten zu lernen, beruhen auf angeborenen Anlagen. Da die
Menschen untereinander genetisch sehr verschieden sind, wahrscheinlich
verschiedener sind als alle anderen Arten, sind auch alle ihre Fähigkeiten zu
lernen verschiedener, als es bei anderen Lebewesen der Fall ist. Unterschiede
bezüglich der Intelligenz, Sportlichkeit, Emotionalität usw. erklären sich
daher nicht nur aus Unterschieden bezüglich der angeborenen Anlagen für diese
Eigenschaften. Auch angeborene Unterschiede bezüglich der Fähigkeit, diese
Eigenschaften durch Lernen zu verändern, tragen zu den beobachtbaren
Unterschieden bei. Dies ist ein wichtiges, aber sehr vernachlässigtes, Argument
für die Bedeutung und Wirksamkeit angeborener Anlagen für und auf das
Verhalten.
Die Bedeutung des operanten (emotionalen) Konditionierens
Im Folgenden wollen wir noch einmal wiederholen und genau begründen,
weshalb uns das operante Konditionieren für die menschliche Selbststeuerung so
besonders wichtig erscheint. Dazu müssen wir es mit den anderen Formen des
Lernens (Imitation, Einsicht, Prägung usw.) und allen anderen Möglichkeiten der
Verhaltensänderung (Medikamente, Drogen, Reifung usw.) vergleichen. Warum
genügt es nicht, einen Menschen durch Imitationslernen, günstige genetische
Voraussetzungen, rationale Überzeugungen usw. zu steuern? Die Antwort ist
einfach: Ein erheblicher Anteil an Lebensqualität würde unnötigerweise
verschwinden. Warum? Wenn Verhaltensweisen durch operantes Konditionieren,
genauer gesagt durch Verstärkung, erworben werden, beruhen sie nicht nur auf
Motivationen (angenehmen Gefühlen), diese angenehmen Gefühle werden auch immer
wieder erlebt. Das bedeutet Lebensqualität. Man kann also mit Hilfe des
operanten Konditionierens das menschliche Verhalten erheblich konstruktiv
beeinflussen. Sinnvoll bedeutet vereinfacht, wie im Kapitel Ethik bereits
besprochen, dass konstruktives Verhalten mit angenehmen Gefühlen und
destruktives Verhalten mit unangenehmen Gefühlen verbunden wird. Konstruktives
Verhalten ist so definiert, dass es sowohl Lebensqualität schafft als auch
Systemerhaltung (Überleben der Menschheit) bewirkt. Wenn Menschen sich also
konstruktiv (=prohedonisch) konditionieren, dient das direkt diesen Zielen. Die
beiden sinnvollsten allgemeinen Werte verschmelzen bezüglich ihrer Verwirklichung
zu einem. Auch ohne diese Verschmelzung ist aber die Möglichkeit,
prohedonisches Verhalten mit angenehmen Motivationen verknüpfen zu können,
bereits eine der wunderbarsten Fügungen (und Ziele) der menschlichen Welt.
Wir können uns die gesamte Problematik an einem Beispiel noch klarer
machen: Nehmen wir an, wir hätten unser Kind durch Gespräche zu der vollen
Überzeugung gebracht, dass sein zukünftiges Leben mit Abitur bei weitem
angenehmer werden wird als ohne. Außerdem haben wir ihm das intensive Lernen
vorgelebt und es ahmt dieses mehr oder weniger nach. Beides zusammen wird
hoffentlich dazu führen, dass es intensiv lernt. Wir hätten dies auch nur durch
(und/oder durch zusätzliches) operantes Konditionieren erreichen können. Wir
hätten die Häufigkeit des Lernens durch Kopplung der Lernaktivitäten mit
angenehmen Gefühlen erhöht. Ist es nicht gleichgültig, welches Verfahren wir
wählen? NEIN! Der entscheidende Unterschied liegt in den Gefühlen, die beim
Lernen (allen Aktivitäten) erlebt werden. Es geschieht oft, dass jemand aus
Überzeugung (rational gesteuert) vernünftig handelt und dabei intensive
unangenehme Gefühle erlebt (s. o.).
Ein wichtiger Grund für die manchmal mangelhafte Wirksamkeit von
Einsicht liegt also in ihrer größten Schwäche: Einsicht schafft, im Gegensatz
zum operanten Konditionieren, nicht Motivationen (antreibende angenehme
Gefühle). Milliarden Menschen erledigen billiardenfach Arbeiten
(Verhaltensweisen) aus Einsicht, obwohl sie bei diesen Aktivitäten (leider!)
unangenehme oder keine Gefühle erleben. Wenn man z. B. in der zwölften Klasse
durch eine 5 in Latein geplagt wird, kann man sich hinsetzen und lernen, um das
Latinum, welches man für das geplante Medizinstudium (angeblich wirklich)
benötigt, zu schaffen. Da man aber verständlicherweise allenfalls Gefühle des
Erbrechens empfinden kann, wenn man in einer toten Sprache die ausgeklügelten
römischen Tötungsverfahren für widerspenstige Gallier studiert, kann sich
dieser Lernvorgang aus Einsicht als unangenehmer Akt erweisen. Gerne lernt
jemand Latein, wenn man sein Gehirn durch Konditionierung so
(fehl!)manipuliert, dass es mit Freude „De bello gallico“ (=Über den gallischen
Krieg“) liest. Die Folgen können allerdings noch übler sein. Derartige
Manipulationen sind Menschen millionenfach gelungen. Dabei muss unser Kind gar
nicht zu einem kriegsfreundlichen, konservativen Verteidigungs- oder
Angriffsminister aufsteigen. Es genügt völlig, wenn es ein lateinfreudiger
Kultusminister wird, der durch weitere Zwangsmaßnahmen den steigenden,
vernünftigen, weitgehenden Verzicht der Schüler auf Lateinunterricht
unterbindet.
Diese Betrachtungen sollen zeigen, dass das operante Konditionieren zwar
Lebensqualität schaffen kann, indem Handlungen mit angenehmen Gefühlen
verknüpft werden, man jedoch genau prüfen muss, welche Handlungen mit welchen
Gefühlen verknüpft werden. Wenn aber Menschen konstruktiv emotional
konditioniert werden hat dies auch noch viele weitergehende prohedonische
Folgen. Konstruktive Informationen und konstruktive Emotionalität (Sanguinik)
können sich wie Infektionskrankheiten exponentiell verbreiten. Hier gilt das
gleiche, wie z. B. auch für die Verbreitung von Altruismus und Parasitismus. Je
größer die Zahl von Altruisten, Parasiten, konstruktiven Geistern und so weiter
in einer Gesellschaft ist, desto häufiger werden diese nachgeahmt oder zur
Rechtfertigung des eigenen Handelns genutzt oder missbraucht. So kann seit
vielen Jahrhunderten der italienische imitierende Mafiosi sagen: „Ich verhalte
mich nicht grundsätzlich anders als viele mörderische, kriegerische und
parasitäre Päpste und Monarchen. Die Vorstandsriege der Deutschen Bundesbahn
kann Anfang des Jahrtausends ihre Löhne um 400% erhöhen und als Rechtfertigung
wahrheitsgemäß! vortragen: „Die anderen (Vorstandsparasiten) verdienen ja noch
viel mehr.“ Ob Herr Mehdorn und einige Milliarden Gleichgesinnloste ihren
Kindern mitteilen, dass man ein Unrecht nicht mit anderem Unrecht rechtfertigen
kann, ist nicht bekannt. Sicher ist dagegen eine viel größere Perversion,
nämlich dass viele der Managerparasiten ihre Gehälter für moralisch
gerechtfertigt halten.
Zur Frage, wie konstruktive Verhaltensweisen mit angenehmen Gefühlen und
destruktive mit unangenehmen Gefühlen verbunden werden können, siehe Kapitel
„irrationale Konventionen“.
Aus dem oben Gesagten könnte man nun schließen, dass das emotionale
Konditionieren das optimale Selbststeuerungsmittel sei. Man wird es aber in
wenigen Jahrhunderten mit zwei anderen effektiveren heute aber tabuisierten
Mittel kombinieren, nämlich mit genetischer Selbstveränderung und
elektronischer Symbiose.
Früher waren Gefühle (allerdings nur im Sinne der Arterhaltung) besser
(nicht gut) an die Umwelt angepasst als heute. In die heutige technisch
kulturelle Welt passen die meisten alten Programme und Motivationen schlechter.
Außerdem müssen sie an das neue Ziel „Lebensqualität“ angepasst werden.
Der theoretische Lernaufwand (Ausbildungen usw.) z. B. hat sich in den
letzten Jahrzehntausenden vervielfacht, die Motivationen nicht. Konstruktive
Bildung dient aber tatsächlich mehr denn je der Selbsterhaltung und
Lebensqualität. Es geht also darum Menschen so zu verändern, dass schon ihre
angeborenen Antriebe und die zugehörigen Gefühle in den jeweiligen
Gesellschaftsverhältnissen zu optimalem Überleben führen.
Um die gewünschten Motivationen zu erzeugen wird die zukünftige
Menschheit nicht monatelange Konditionierungsorgien veranstalten, sie wird
nicht einmal die direkte Beeinflussung der Gene zu ihrem Hauptmittel erheben,
um z. B. lebenslange starke Neugier zu erzeugen. Diese Beeinflussung hat
nämlich den großen Nachteil ebenso großer Trägheit. In der Zukunft wird aber
Flexibilität eine noch viel größere Rolle spielen als heute. Deshalb werden
elektrische Signale, die von im Gehirn integrierten Chips ausgehen werden,
jegliche Motivationen (alle Gefühle, auch Motorik und Wahrnehmung) entsprechend
der Wünsche von Individuum und Gesellschaft steuern. Man kann auch sagen: „ Von
dem, was Aldous Huxley in „Schöne Neue Welt“ beschreibt, wird viel mehr wahr
werden als den meisten Lesern lieb ist“. Hoffen wir, dass dann diese Steuerung
von weniger fetten Parasiten ausgeht als heute.
Damit haben wir einiges aus dem Bereich Konditionierungslernen geklärt,
wollen uns aber dennoch nochmals genauer der folgenden Frage widmen „Warum
wirkt Einsicht bei der Verhaltenssteuerung oft nicht vollständig?“.
Ursprünglich wirkte es sich meistens arterhaltend aus, wenn Bedürfnisse
i. d. R. möglichst unmittelbar befriedigt wurden. Langfristige
Zukunftsplanungen waren gar nicht möglich und oft auch nicht sinnvoll, da z. B.
Krankheiten, Katastrophen usw. mehr als heute alle Planungen unsinnig machen
konnten. Deshalb haben Menschen und Säugetiere angeborene Anlagen, die
bewirken, dass sie häufig nach sofortiger Triebbefriedigung streben. Das
Erreichen des Abiturs liegt in der Regel zeitlich in weiter Ferne und die
emotionalen Vorteile, die es mit sich bringt, sind nahezu unsichtbar und vor
allem unfühlbar. Menschliches Verhalten wird praktisch immer von mehreren
Kräften (Ursachen) bestimmt. Dem Lernen für die Schule (oder für sonstige ferne
Ziele) werden also verständlicherweise oft andere unmittelbare
Triebbefriedigungen durch Computerspiele, Badeanstaltsbesuche, Liebeleien,
Plaudereien, Saufereien usw. vorgezogen. Hier haben wir einen weiteren Nachteil
einer rein rational motivierten Verhaltenssteuerung. Sobald z. B. dem aus
Vernunftgründen fleißig lernenden Schüler ein Verhalten (Fußball,
Computerspiel) angeboten wird, welches unmittelbar angenehme Gefühle liefert,
besteht die Gefahr des Zusammenbruchs der vernünftigen Selbststeuerung.
Ein weiterer simpler Grund für das mangelnde Engagement vieler Menschen
bei konstruktiven Aktivitäten aller Art (z.B. bei schulischem Lernen) liegt in
der unterschiedlichen Stärke von Motivationen. Auch wenn der Schüler durch
Konditionierung oder die Wirkung angeborener Anlagen Freude an der Schularbeit
erlebt, können andere, stärkere Motivationen andere Verhaltensweisen
aktivieren. Viele der gerade genannten Aktivitäten erzeugen auch bei fleißigen
Schülern (zum Glück!?) stärkere angenehme Gefühle und Motivationen als Lernen.
Deshalb werden sie (zu?) häufig bevorzugt. Wie kommt das? Die Stärke
menschlicher Gefühle hängt überwiegend von ihrer arterhaltenden Bedeutung in
prähistorischer Zeit ab. Fortpflanzung und Nahrungsaufnahme waren z. B.
wichtiger als Neugierbefriedigung.
Wir vernachlässigen an dieser Stelle einmal, dass viele Ausbildungen auf
Erden eher an Neugiervernichtungsmaßnahmen erinnern.
Man kann also vereinfacht sagen, dass der Mensch biologisch gesehen
nicht für ganztägige Dauerausbildungen geeignet ist. Wahrscheinlich ist der
Urmensch grundsätzlich für Halbtagsarbeit geeignet. Während der letzten
Jahrzehntausende hatten allerdings in den meisten Kulturen besonders
leistungswillige (z. B. calvinistische) menschliche Individuen höhere
Fortpflanzungserfolge als ursprüngliche Genießertypen.
Die Rettung der Dritten Welt
In einigen versteckten Ecken auf der Erde hatten kleine Minderheiten
solcher liebenslustiger Menschen die religiösen „Befreiungsfeldzüge“ überlebt.
Als man, z. B. auf Südseeinseln, solche „überholte“, alte „Modelle“ fand, hat
man sie schnellstmöglich von ihrer schamlosen, natürlichen Lebenslust befreit
und sie zu „glücklichen“, verklemmten Schafen (oder Sklaven) ummissioniert oder
eingeschläfert. Da man zum Einschläfern noch keine feinen Kanülen entwickelt
hatte, lanzierte man lust- und nächstenliebevoll Lanzen in die lusterprobten
Leiber der liebeslustigen Leibeigenen. Später überkamen die Eroberer deshalb
starke Schuldgefühle. Darum versorgen sie heute global alle Eroberten mit
allem, was Triebe befriedigen kann: Seifenopern, Regenbogennachrichten,
Rüstungsgütern, Lustchemikalien (Alkohol, Rauchwaren, harte Drogen) und allem,
womit sich viel Geld verdienen lässt. Damit die Freude in unterentwickelten
Ländern nicht völlig aus den Fugen gerät (Gleichheitsprinzip im Sinne der
galligen Viersäftetheorie), verschickt man auch Aids-Viren, Schutzgeldbanden,
Chaosethiken, Entwaldungsfirmen, Landminen, Küchenmesser für Ehrenmorde und
Beschneidungen usw.
Sogar Dome werden geliefert, nur keine Kondome. Warum? Um diese Frage zu
beantworten, müssen wir einen Blick auf moderne religionswissenschaftliche
Erkenntnisgewinnungsverfahren werfen: Man hatte beobachtet, dass in der „Sacre
Coeur“ und in der „Notre Dame“ immer seltener Pariser anzutreffen waren. Daraus
zog man messescharf den Schluss, dass die Zahl der Kondome in reziproker
Relation zum Füllungsgrad der Dome stünde. Bis heute hat man im Petersdom nicht
bemerkt, dass sich (besonders) auf der Südhalbkugel auch diese Relation in ihr
Gegenteil umkehrt. Seit 1933 mied und fürchtete man nämlich (wie manch
berühmter Schriftsteller) nichts mehr, als das „s“. Deshalb entwickelte man die
Devise: „first aid, last Aids“, wobei man paradoxerweise bis heute Aids (und
Gates) den billigen Vortritt lässt (mit zwei „ss“). Zur Erläuterung: Auf der
Südhalbkugel trifft man zwar selten Botswahnan, doch vielen tut der Simbabwe.
Und wer mit warmen Erinnerungen an heiße deutsche Kolonialzeiten mit letzter
Kraft ins Krankenhaus kriecht, keucht mit fiebriger Stimme und bayerischem
Akzent: „Nairobi, Nairobi“.
Wie kann man nach all dem Gesagten konstruktive Motivationen und
Verhaltensweisen anerziehen?
Gewünschtes Verhalten, wie z. B. „für die Schule lernen“, kann nur durch
eine Kombination von Einsicht, operantem Konditionieren, Imitationslernen,
Berücksichtigung von Prägungen und Reifung, Kombination mit anderen Antrieben
(z. B. Rangordnungsverhalten, sexuelles Imponieren, Neugier, Spiel usw.),
Berücksichtigung angeborener und erworbener individueller Unterschiede usw.
erzeugt werden.
Fassen wir die wichtigsten Ergebnisse zum Erziehungsverhalten noch
einmal zusammen:
Zusammenfassung
1. Sehr starke Straffreize sind wahrscheinlich nie richtig.
2. Eine starke Lenkung durch angenehme Reize macht die meisten
Bestrafungen überflüssig.
3. Die Bestrafungsreize sollten möglichst aus dem natürlichen Umfeld und
nicht von Erziehern ausgehen.
In der Natur der Tiere bestrafen meistens nicht Eltern, sondern die
gefährlichen Gegenstände (Dornhecken, Raubfeinde usw.) selbst. Wenn Strafreize
jedoch von Erziehern ausgehen, verbindet das Kind den unangenehmen Reiz mit dem
Erzieher und entwickelt ablehnende Gefühle und Verhaltensweisen gegen ihn. Dies
ist einer der Gründe, weshalb Großeltern, Nachbarn, Freunde usw. bei Kindern
manchmal beliebter sind als die eigenen Eltern.
4. Eine der effektivsten pädagogischen Methoden ein Kind zu einem
aktiven, lebensbejahenden Menschen zu sozialisieren, ist, dafür zu sorgen, dass
es selbst erfolgreich Aufgaben und Probleme löst. Dabei wirkt die Freude am
Erfolg als positiver Verstärker (=angenehmer konditionierender Reiz). Das spart
nicht nur Schokolade oder sinnvollere angenehme Reize, sondern schafft
intrinsische Motivation. Das heißt, die Motivation bezieht sich direkt auf das
Verhalten und ist nicht von außen zugegeben (extrinsische Motivation). Im
Idealfall führt solches Vorgehen zurück in eine Welt, in der alle
systemerhaltenden und prohedonischen Verhaltensweisen mit angenehmen Gefühlen
verbunden sind und alles destruktive Verhalten mit unangenehmen Gefühlen
verbunden ist. Die erzieherische Kunst besteht darin, solche Aufgaben zu
stellen, die das Kind (Tier) gerade erfolgreich bewältigen kann,
beziehungsweise ggf. nur die unbedingt notwendige Hilfe zu geben. Beispiel:
Wenn das Fahrrad geflickt werden muss, ist es genauso falsch, voller
„Liebe“ dem Kind alle Arbeit abzunehmen, wie, es ohne Hilfe vor diese Aufgabe
zu stellen, wenn es sie nicht bewältigen kann. Ersteres ist ein Beispiel für
den größten erzieherischen Fehler der zivilisierten Nationen seit ca. 1950.
Nachdem über Jahrhunderte Kinder häufig autoritär unterdrückt wurden, ist
zurzeit das Gegenteil, besonders bei Laien, der Trend. Verweichlichung und
Überverwöhnen können sich mit zunehmendem Lebensstandard und zunehmender
Humanomanie und Hyperhumanität immer mehr durchsetzen. Viele Kinder werden
wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt geschleppt, bei Regen - wenn nicht sogar immer
- zur Schule gefahren, mit Spielzeug überhäuft usw. Sie lernen kaum noch, was
Menschen aber nur als Kinder und Jugendliche lernen können: Konflikte
konstruktiv zu lösen, Gratifikationen (Befriedigungen) aufzuschieben und
Frustrationen zu ertragen. Das Resultat ist verringerte Lebensfreude,
Genussfähigkeit, Engagement usw.
Die Bedeutung der
Entwicklung der menschlichen Psyche für die Sozialisation
Bei allen Lebewesen wirken sich Reize im Durchschnitt umso mehr auf die
Entwicklung eines Individuums aus, je intensiver sie sind, und je früher sie
gegeben werden. Dies ist bei Menschen durch Fötalisierung (s. o. unter
Neotenie) nochmals verstärkt. Die Lernerlebnisse des Säuglings (Embryos) führen
zu anatomischen (=strukturellen) und
biochemischen (≈funktionellen) Veränderungen des Gehirns. Die
anatomischen Veränderungen bestehen u. a. in spezifischen Vernetzungen der
Gehirnzellen. Man spricht von der Bildung eines Grundmusters. Dieses
Grundmuster bestimmt ganz wesentlich die Persönlichkeitsstruktur (Ehrgeiz,
Temperament, Intelligenz, Emotionalität) und jegliche psychische Leistungsfähigkeit.
Menschen, die sich gut verstehen, haben oft ähnliche Grundmuster, weil
sie ähnliche Kindheiten und/oder ähnliche Erbinformationen hatten bzw. haben.
Die biochemischen Veränderungen im Gehirn beinhalten die Steuerung von
Systemen und Prozessen, die dafür sorgen, dass im richtigen Moment am richtigen
Ort die richtige Menge an Enzymen, Neurotransmittern, Ionen usw. bereit
gestellt wird, also für das optimale Funktionieren. Grundmuster und
biochemische Regulation sind Grundlage aller intellektuellen und emotionalen
Fähigkeiten. Das optimale Funktionieren kann nur erreicht werden, wenn der
Säugling alle für seine spätere Lebensqualität relevanten Reize auf
konstruktive Weise in richtiger Menge kennen lernt. Das heißt konkreter: Er
muss viele angenehme Anregungen bekommen (Spielzeug, am Körper getragen werden,
die Natur optisch, akustisch, geruchlich usw. wahrnehmen, Stimmen und Musik
hören usw.). Destruktives Verhalten darf manchmal mit schwachen unangenehmen
Reizen gekoppelt werden. Bewusst gegebene Strafreize sind beim Säugling
wahrscheinlich überhaupt nicht angebracht, da er kaum im Sinne von
Verhaltensunterdrückung konditionierbar ist. Die Konditionierbarkeit entwickelt
sich vor allem in der Embryonalentwicklung und in den ersten Lebensjahren. Grundsätzlich
gilt, je jünger das Individuum, desto unangebrachter sind Strafreize. Umgekehrt
gilt aber auch, dass nur während der Entwicklungszeit die Fähigkeit,
Frustrationen konstruktiv zu verarbeiten, optimal entwickelt werden kann (s.
o.).
Die Fähigkeit zu Vertrauen (Beziehungsfähigkeit, Treue) entsteht nur,
wenn in den ersten Lebensjahren eine dauerhafte angenehme Beziehung zu maximal
drei Bezugspersonen hergestellt wird. Es entsteht das so genannte Urvertrauen
(s. o.). Wenn dies nicht entsteht, spricht man von Hospitalismus, weil die
entsprechenden Vertrauensstörungen erstmalig bei Kindern beobachtet wurden, die
in Heimen (Hospitälern) aufwuchsen, in denen häufig die Pflegepersonen
wechselten.
Pädagogische Anwendungen
Fehler Probleme
Im Folgenden werden wir einige häufige pädagogische und psychologische
Fehler ansprechen. Dabei wird das operante Konditionieren oft thematisiert
werden, da es einer der wichtigsten Lernvorgänge auf diesem Planeten ist.
Da die meisten Erzieher, Tierhalter oder sonst wie sozial Aktiven die
Prinzipien des Konditionierens nicht oder nur teilweise kennen (wollen), machen
sie auch alle denkbaren Fehler in diesen Bereichen.
1. Viele setzen Konditionierungslernen überhaupt nicht bewusst ein.
Einige kennen diese Lernform als Dressur aus der Tierwelt. Sie meinen, ihr Kind
nicht manipulierend und wie ein Tier behandeln zu dürfen
(Antimanipulationsmanie, „Lieber frei, als glücklich“ [s. o.]). Liberomanie,
Mystomanie und Humanomanie bilden hier die ursächliche Grundlage. Diese Menschen
erziehen oft fehlerhaft z. B. übertrieben stark antiautoritär. Psychische
Störungen wie z. B. Aggressivität können die Folge sein.
Andere Erzieher unterdrücken autoritär und loben nie oder selten. Das
Resultat sind neben fast allen denkbaren psychischen Störungen häufig
verängstigte, schüchterne Kinder bzw. spätere Erwachsene mit wenig
Selbstbewusstsein.
2. Viele setzen Konditionierungslernen fehlerhaft ein (s. u.).
Wenn ein aktives Verhalten bei dem Lernenden erzeugt werden soll, so
muss Motivation geschaffen werden. Dies geht am besten über die Gabe angenehmer
Reize (=positive Verstärker, Belohnungen). Stattdessen werden oft Strafreize
gegeben, wenn das gewünschte Verhalten (u. a. wegen der mangelnden Belohnungen)
nicht auftritt. Sehr beliebt ist z. B. Fernsehverbot, wenn das Kind sein Zimmer
nicht aufgeräumt hat, seine Schularbeiten nicht gemacht hat usw. Selbst Lehrer,
die sich witzigerweise alle Pädagogen nennen, setzen vielfach fehlerhaft
Strafreize ein, weil einige die Bedeutung positiver Verstärker nicht angemessen
einschätzen können. Strafreize wirken in diesem Falle - wenn überhaupt - nur
über rationale Selbststeuerung (Einsicht). Mittels seines Verstandes kann ein
Kind ab einem bestimmten Alter zwar die Beziehung zwischen Strafe und Verhalten
herstellen, Motivationen (Antriebe) entstehen jedoch durch Bestrafungen kaum.
Dass dieses Verfahren nicht besonders erfolgreich ist, wissen viele Eltern.
Trotzdem setzen sie sie immer wieder (ohnmächtig überfordert) ein, bis die
Supernanny fine kommt. Es wäre überhaupt nicht zur Anwendung gekommen, wenn die
gewünschten Motivationen schon frühzeitig durch bewusstes Konditionieren
(„Manipulation“) mit positiven Verstärkern (angenehmen Gefühlen) erzeugt worden
wären. (Erfolgserlebnisse, die das Kind durch sein Handeln direkt erlebt, sind
natürlich noch wünschenswerter und wirkungsvoller als künstliche Eingriffe von
außen.). Nichts ist einfacher, als einem Kind gelegentlich ein angenehmes
Gefühl zu schenken (Umarmung, Lob, kleine Geschenke usw.), wenn es seine Schulaufgaben
macht, Sport treibt, sich altruistisch verhält, fair und rücksichtsvoll mit
Spielkameraden umgeht usw.
Strafreize sind - wenn überhaupt – mit wenigen Ausnahmen nur dann
sinnvoll, wenn es gilt, ein unerwünschtes Verhalten zu unterdrücken. Ein mäßiger
aber echter Strafreiz ist jedoch fast immer besser als stundenlanges Bitten,
Nörgeln und Meckern. Unbedingt zu vermeiden sind intensive, schmerzhafte
(traumatische) Erlebnisse, wie brutale Prügelstrafen usw. Solche Ereignisse
können schon bei einmaligem Erleben –besonders bei Kleinkindern -
Verhaltensstörungen für das ganze Leben auslösen. Das gilt für jedes
traumatische Erlebnis, auch wenn –wie z. B. bei den meisten Vergewaltigungen-
eine Bestrafung gar nicht beabsichtigt ist.
Psychische Störungen durch Fehlkonditionierungen entstehen häufig durch
ständiges Hänseln wegen Dummheit, Unsportlichkeit, Erröten usw., und durch
Langzeitfrustrationen wie Isolation, Beziehungsstress, Misserfolge,
inkonsequente Erziehung usw.
Betrachten wir nun noch einige Beispiele für typische und häufige Fehler
beim Konditionieren:
1. Das Konditionieren
eines Säuglings zum Schreihals
Liebevolle Mütter, die viel Zeit für ihren Säugling haben, gehen bei
jedem Schreien des Kindes zu ihm, trösten es und nehmen es in den Arm. Der
Säugling kann dabei ab einem gewissen Alter lernen, dass Schreien Wärme,
Kontakt, Abwechslung, also angenehme Gefühle, verursacht.
(Die Konditionierbarkeit von Kindern wächst über Jahre, besonders
während der ersten Lebensmonate.)
Zu diesem Zweck wenden manche Säuglinge das Schreiverfahren, ohne jede
Boshaftigkeit, immer wieder an. Viele Eltern fühlen sich jahrelang genervt.
Viele reagieren aggressiv, ohne zu wissen, dass ihre eigene Dummheit Ursache
des Geschreis sein kann. Manche schütteln ihren Säuglinge wütend kräftig durch
und machen ihn dadurch zum Schwerbehinderten. Richtig ist es, möglichst immer
zum Säugling zu gehen, wenn er schreit, aber nur dann, wenn er wirklich
Probleme, wie z. B. Hunger, Krankheit usw. hat, ihm Zuwendung zu schenken. Wenn
man dem Kind häufig Zuwendung schenkt, wenn es gerade nicht schreit, kann es
lernen, Schweigen als Mittel, angenehme Gefühle zu bekommen, zu nutzen.
Das sollte man aber auch nicht übertreiben, sonst erzeugt man vielleicht
verkohlende Altkanzler, die selbst Schweigemönchen mit ihrer ehrenwörtlichen
Stummheit auf den Zeiger gehen.
Ständiges Säuglingsgeschrei kann natürlich noch zahlreiche andere
Ursachen, wie z. B. genetische Defekte oder Krankheiten, haben.
2. Das Konditionieren
eines Vierjährigen zum Bettnässer
Bettnässen entstand, wie viele andere psychische Störungen, bis Mitte
des 20. Jahrhunderts in Industrienationen häufig u. a. durch Erziehungsfehler
wie Schlagen, Vernachlässigung, Inkonsequenz, autoritäre Unterdrückung und
traumatische Erlebnisse aller Art, aber (zunehmend) auch durch angeborene
Fehler. Häufig sind Entwicklungsstörungen insbesondere Störungen der Regulation
des Wasserhaushalts durch ADH (Vasopressin).
In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurde es immer häufiger auch
schmusepädagogisch ankonditioniert. Verwöhnungsfreudige Eltern nahmen und
nehmen voller Verständnis ihr drei- bis fünfjähriges Kind in den Arm und
tröst(et)en es, wenn es gerade ins Bett gemacht hat(te). Bestrafungsreize waren
und sind vielfach völlig tabu. Das Kind lernt, dass Bettnässen angenehme
Gefühle herbeiführt und wendet diese Möglichkeit Nacht für Nacht, ohne boshafte
Motivation, die aber manche Eltern unterstellen, an. Richtig wäre es,
Verständnis, aber auch seinen Unmut, in sanfter Form zu zeigen, das Kind zur
Toilette zu schicken, den Schaden selbst beheben zu lassen usw. Ein
konstruktiver Umgang mit Bettnässern ist auch die übliche Verhaltenstherapie
(Klingelhöschen). Hier wird dem Kind ein Höschen angezogen, das, wenn darin
Urin eindringt, einen Klingelton auslöst. Dieser weckt das Kind. Führt also zu
schwachen Bestrafungen, die das Bettnässen meistens seltener werden lassen.
Vor all diesen Maßnahmen muss natürlich geprüft werden, ob das
Bettnässen Ursachen (körperlich medizinische) hat, die durch Konditionieren
nicht beeinflussbar sind. Wir wollen noch einmal betonen, dass Bettnässen genau
wie Säuglingsdauerschreien (s. o.) noch viele andere psychische Ursachen haben
kann. Wenn destruktive Erziehungsmaßnahmen die Ursache sind, müssen diese
primär beseitigt werden. Oft sind die Erzieher die unerkannten psychisch
Kranken.
Grundsätzlich schafft übertriebenes Verwöhnen heute ähnlich viele
Frustrationen und psychische Störungen wie früher autoritäre Unterdrückung.
3. Überbehütung
(Overprotection)
Kinder werden häufig davon abgehalten, erfolgreich risikobesetzte
Situationen zu bewältigen. Das häufige Abschotten von mehr oder weniger leicht
risikobesetzten Erlebnissen, wie z. B. auf Bäume klettern, selbstständig Wege
zu finden usw., bildet unselbständige – manchmal sogar verhaltensgestörte
Kinder heraus. Für Überforderungen im Risikobereich gilt Letzteres natürlich
auch.
Wir haben nun einiges über die menschliche Psyche gehört und wollen diese Kenntnisse auf einige komplexe
Situationen und Problembereiche anwenden:
Angewandte Psychologie an
Beispielen
1. Das Zusammenwirken verschiedener angeborener und erworbener
Komponenten bei der Entstehung und Veränderungen von Verhalten und Motivationen
am Beispiel der Musik
Auch der Musikgenuss wird erheblich – selbst gegen angeborene emotionale
Tendenzen – durch alle Lernformen, vor allem aber operantes Konditionieren,
mitgestaltet.
Beispiel:
Jeder Ton, Klang, Melodie, Rhythmus usw. wird beim Hören mit allen
Gefühlen, die der Hörende gerade hat, verknüpft und entsprechend intuitiv,
unbewusst und zum Teil auch rational bewusst bewertet. Manchmal stehen die
gerade erlebten Gefühle in rein zufälligem Zusammenhang mit der wahrgenommenen
Musik. Sie können dann zu irrationalen Bewertungen und zu antihedonischen
Verknüpfungen von Gefühlen und Musik führen.
Beispiel: Ein Kind hört die Beatles, während es (er) erbricht, die
Treppe hinunter fällt, geschlagen wird usw. Die möglicherweise entstehende
Abwertung des Beatles-Sounds (Klang der Stimmen, Auswahl der Instrumente usw.)
ist irrational. Trotzdem ist der spätere erwachsene Antibeatle sich der
Richtigkeit und Berechtigtheit seiner Beatles-Aversion meistens ganz sicher.
Generalisierung
Alles im vorherigen und in den folgenden Abschnitten Gesagte gilt
sinngemäß auch für andere Aktivitäten wie zum Beispiel: Lieben, Autofahren,
Kindererziehen, Partnersuche, Diebstahl, Betrachten von Kunstwerken, Gebäuden,
Fahrzeugen, Landschaften, Modeerscheinungen, Möbeln und so weiter. Es gilt für
alle menschlichen Aktivitäten und erklärt deshalb wesentliche Teile des
menschlichen Glücks und Leidens, der Persönlichkeit.
Die Ohnmacht der Konditionierten
Es gibt Teilantworten auf unzählbare Fragen von Moderatoren, Eltern,
Priestern, Politiker usw. an Talkshowgäste, Kinder, Kriminelle,
Verhaltensgestörte usw. Es sind die Fragen, die fast alle Gefragten
(ohnmächtig) nicht oder nur fehlerhaft und unvollständig beantworten können,
weil man sie über Lernen und Genetik nicht aufgeklärt hat. Man fragt z. B.:
„Warum lieben oder verachten sie das andere Geschlecht, bestimmte Hobbys,
Länder, Völker, Abenteuer, Sex, Vergewaltigungen, Angeberei, Hilfsbereitschaft,
Musik, Kunstrichtungen, Sport usw.“ Manchmal gelingt es einem Psychologen, die
wichtigsten von Millionen kleinen Konditionierungen im Gehirn der Betroffenen aufzuspüren.
Den Betroffenen hilft man (z. B. in Ausbildungsinstitutionen) nicht
einmal dabei, nach ihren Konditionierungserlebnissen (einschließlich
Manipulation und Hirnwäsche) zu suchen oder deren ungeheure Bedeutung zu
erkennen. Mit diesen unterlassenen Hilfeleistungen gelingt es der erlesenen
Minderheit der Kultusminister die Entdeckung von Millionen Ursachen von
psychischen Störungen zu verhindern (schamanische Schavanisierung). Zum
„Ausgleich“ fördern ihre „Bildungs“maßnahmen in noch viel höherem Maße die
Entstehung jeglicher Störungen.
Vertiefen wir also unsere Betrachtungen noch etwas weiter:
Menschen hören Musik (oder was auch immer) während sie hungern, frieren,
im Stau stehen, Schmerz, Eifersucht, Angst und so weiter empfinden oder lieben,
gemütlich zu Hause sitzen, einen Sieg feiern, Lust, Freude usw. empfinden.
Welche emotionale Wirkung Musikhören (jede Reizwahrnehmung) hat, hängt nicht
nur von der Qualität der Musik und den Gefühlen bei allen früheren
Hörerlebnissen ab, sondern auch von der zufälligen, oder auch absichtlich
herbeigeführten, gegenwärtigen Stimmung des Hörers bei der Musikwahrnehmung.
Rationale Kontrolle
Menschen besitzen allerdings die, ab dem ca. zweiten Lebensjahr immer
mehr zunehmende, Fähigkeit, irrationale Bewertungen teilweise zu
neutralisieren. Bestimmte Strukturen der Großhirnrinde erkennen, ob zwischen
erlebten Gefühlen und Reizen ein kausaler Zusammenhang besteht und können die
unterbewusste Wirksamkeit der Konditionierung mindern. Beispiel: Sie hört ihre
Lieblingsmusik oder verspeist ihre Lieblingsspeise. Er kommt betrunken nach
Hause und schlägt sie. Die angenehme Wirkung der Musik (Speise), die sie gerade
hörte (aß), wird weniger gemindert, als es bei einem Säugling oder Hund der
Fall wäre, weil nur ein entsprechend entwickelter Mensch erkennt, dass die
Musik den Schmerz nicht verursacht.
Reziproke Konditionierung
Dies ist übrigens gleichzeitig ein Beispiel für reziproke oder
wechselseitige Konditionierung (s. Kap.X Irrationale Informationsverbreitung).
Beim obigen Beispiel für Konditionierung wird nicht nur der Musikgenuss durch
den Schmerz beeinflusst, also die Auftretenswahrscheinlichkeit des
Musikgenusses vermindert. Gleichzeitig wird auch die Abwertung des Mannes und
seines Verhaltens durch das angenehme Gefühl beim Musikkonsum (leider!?)
vermindert. Diese wechselseitige Konditionierung tritt bei jeder
therapeutischen Konditionierung auf. Wenn z. B. ein Mensch wegen der angenehmen
Gefühle, die die Anwesenheit seines Partners auslöst, die Angst vor Spinnen
allmählich verliert, kann sich gleichzeitig die Liebe zu seinem Partner wegen
des gleichzeitigen Erlebens von Angst und Partner vermindern. Diese Problematik
wird von Psychotherapeuten kaum berücksichtigt.
Besser als die Wirkungen musikalischer Reize im Beispiel oben ist
folgendes Beispiel auch auf Tiere übertragbar: Jemand tritt einem Menschen
(Hund) versehentlich auf die Hand (Pfote). In diesem Falle würde auch ein Hund
- besser als z. B. eine Katze - die
Bedeutung der Absichtlichkeit teilweise erkennen.
Intentionale
Konditionierung
Manchmal werden die Gefühle, die durch Musik (jegliche
Konditionierungsreize) ausgelöst werden, auch absichtlich erzeugt
(konditioniert) und genutzt. Beispiele:
kollektive Begeisterung bei Konzerten, militärischen Aufmärsche, in
Diskotheken usw.,
Romantik beim Rendezvous mit Kerzenschein und Kaviar, väterliches
Gemecker über Lautstärke und Monotonie bei Techno- oder „Negermusik“, negative
Kritik an gehaltlosen oder ideologisch unerwünschten Texten und schwachen
Stimmen oder an nicht gruppenkonformer Musik. Letzteres kann zu persönlichen
Abwertungen oder zum Ausschluss aus der Gruppe führen. Alle diese
Konditionierungen können zu irrationalen Bewertungen von Musikstücken und
-richtungen führen. Da es objektiv schlechte (antihedonische) Musik nicht gibt,
sind nur irrationale Abwertungen destruktiv.
Die Bedeutung der Bewertung der Sender von Konditionierungsreizen
Besonders effektiv wirken sich Abwertungen und Aufwertungen
(insbesondere konditionierte), die geliebte Personen, wie manche Eltern,
Freunde und Partner vornehmen, aus. Obwohl auf diese Weise sehr viel
Musikgenuss zerstört werden kann, sind solche Vorgänge häufig, da die Wirkungen
kaum bekannt sind. Das typische „menschenwürdige“ Resultat der typischen
unmenschlichen Musiksozialisation (für Möbel, Mode, Malerei, Mädchen, Männer
und so weiter gilt dasselbe): Die meisten Menschen lehnen die meiste Musik ab.
So entstehen täglich Millionen destruktive Konflikte, weil Menschen mit
Musik[erscheinungen] (M-[erscheinungen]) konfrontiert werden, die sie widerlich
finden (vgl. Kap.6).
Intuition
Ein Gefühl, das jeder Musikhörer beim ersten Hören eines Musikstückes
erlebt, ist die Mischung aller Gefühle, die er vorher bei der Wahrnehmung
ähnlicher Musik hatte. Dabei bestimmt die hedonische Tönung (≈emotionale
Wirkung) der erinnerten Musikmischung und aller gerade aktivierten Emotionen,
die Zeit seit dem letzten Hören (Vergessenseffekte) und der Grad der
Ähnlichkeit das entstehende Gefühl. Es laufen in z. T. anderen Gehirnteilen die
gleichen Prozesse ab, die bereits bei der optischen Sympathiebildung erläutert
wurden.
Wir betonen nochmals, dass die beschriebenen Gesetzmäßigkeiten für alle
emotional besetzten Wahrnehmungen, also zum Beispiel auch für Berührungen
(Körperpflege, Zärtlichkeit), Geschmack, Geruch und Wärmewahrnehmung gelten.
Die Intensität des Gefühls wird bei allen Wahrnehmungen außerdem durch
neurale (=nervliche) Filtermechanismen beeinflusst. Es gibt angeborene
Filtermechanismen, so genannte angeborene Auslösemechanismen (AAMs)(s. o.) und
erworbene Auslösemechanismen (EAMs). EAMs beeinflussen jede Wahrnehmung. AAMs
beeinflussen Triebhandlungen und triebähnliche Verhaltensweisen mit stark
angeborenem Charakter. Verdeutlichen wir das Wirken eines AAMs am Beispiel des
Nahrungstriebes: Appetit und die Verhaltensweisen des Essens werden ausgelöst,
wenn bestimmte Hirnstrukturen aus der
Summe aller wahrgenommenen Reize solche herausgefiltert haben, die von der
geeigneten Nahrung ausgehen.
Beispiele für die Wirkung von erworbenen Auslösemechanismen bei der
Wahrnehmung von Musik: Das Lied „obladi oblada“ von den Beatles war sehr
untypisch für diese Gruppe, wurde aber dennoch ein Hit. Es wurde also von
vielen Fans positiv bewertet und als angenehm wahrgenommen. Wäre das gleiche
Lied erstmalig von einer Karnevalskapelle gespielt worden, zu der es gut passt,
wäre es wahrscheinlich von den meisten Beatlesfans als primitive
„Humtata“-Musik abgelehnt worden. Die starken positiven Gefühle, die z. B. die
Stimmen und Gesichter der Beatles bei ihren Fans auslösen, können bewirken,
dass Ungeliebtes beliebt wird. Das Gleiche (Gegenkonditionierungen,
Umprägungen) geschieht oft bei Verliebten.
Viele Lieder von vielen anglo-amerikanischen Bands hätten vielen
fünfzigjährigen Deutschen in den sechziger und siebziger Jahren gefallen, wenn
sie einen deutschen Text bekommen hätten und ohne Schlagzeug und verzerrte
Gitarre vorgetragen worden wären. Die Filter: Ablehnung der englischen Sprache
nach einem gegen England und Amerika verlorenen Krieg und ungewohnte
Arrangements verhinder(te)n den angenehmen emotionalen Zugang.
Bei Erwachsenen kommen neue Musikströmungen meistens weniger gut an als
bei Jugendlichen. Gründe: musikalische Prägung, Gewöhnungslernen, dogmatische
Selbstetikettierung, verringerte Innovationsappetenz.
Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die Beschreibung der oben
dargestellten Sachverhalte und Erscheinungen (AAMs, Triebe, Konditionierung
usw.) in verschiedenen Wissenschaften. In der Bibel ist von Versuchung,
himmlischer Erleuchtung usw. die Rede. In der Psychoanalyse spricht man von
Ich, Über-Ich, Es, Trieben, Verdrängung. Im Behaviorismus steht die
Konditionierung im Mittelpunkt, in der Ethologie Triebe, Lernen, Einsicht in
der modernen Psychologie Rationalität und Emotionalität, Motivation und
Sozialisation. Ganze Begriffssysteme bestehen verwirrend und scheinbar
unvereinbar nebeneinander. In Wahrheit aber beschreiben viele Begriffssysteme
hier wenige gleiche reale Erscheinungen doppelt und dreifach oder mehrfach. Beispielsweise
sind weltliche Lust, Libido, Sexualität, Lebenstrieb und Eros (weitgehend)
dasselbe. Ein erworbener Auslösemechanismus entsteht durch Konditionierungen,
Einsicht, sündige Versuchungen, rationale oder emotionale Umstrukturierung, try
and error, traumatische Erlebnisse, Freud hätte das Wirken eines erworbenen
Auslösemechanismus als Vermittlungen zwischen Es und Über-Ich bezeichnet.
EVOLUTIONSLEHRE (Abstammungslehre,
Darwinismus, Entwicklung des Lebens, Phylogenese)
Die Evolutionslehre lässt sich in drei Bereiche unterteilen:
1. Beschreibung der
lebenden und ausgestorbenen Arten und Beschreibung der Entwicklung (Abstammung)
2. Belege für die Theorie
3. Gesetzmäßigkeiten und
Ursachen der Evolution
Im Folgenden werden wir uns nur mit dem 3. Bereich befassen. Für die
Bereiche 1. und 2. empfehlen wir übliche Lehrbücher und verweisen auf unsere
kleine Geschichte von der Entstehung des Lebens (in Kurzfassung unten, in
ausführlicher Fassung im Kapitel X).
Gesetzmäßigkeiten und
Ursachen der Evolution
Wir fragen uns, warum sich das Leben veränderte, z. B. höher
entwickelte.
Grundsätzlich gilt, dass auf der Erde ständig Veränderungen der Umwelt
stattfanden (Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Jahreszeiten, Gezeiten,
Überschwemmungen, Änderungen von Nahrung, Feinden, Parasiten, Symbionten usw.)
Solche Umweltveränderungen können Lebewesen nur dann langfristig überleben,
wenn sie sich ebenfalls verändern. Die Faktoren, die diese Veränderungen
bewirken, haben Menschen (u. a. Ch. Darwin) entdeckt, geordnet und benannt. Es sind
die Evolutionsfaktoren:
1. Mutation
2. Selektion
3. Rekombination
4. Isolation (Separation)
5. Gendrift
Unsere erste Frage lautet nun: Wie und wodurch werden Lebewesen
genetisch verändert?
Mutation Variabilität, Rekombination und Sexualität
Bekanntlich sind die Individuen einer Art nicht alle gleich. Es herrscht
erhebliche genetische, wie auch erworbene Verschiedenheit. Diese Variabilität,
muss, zumindest soweit sie angeboren ist, arterhaltend wirken. Wir müssen uns
fragen, was daran gut ist, und wie die Natur für Variabilität (Artenvielfalt
=Diversität) sorgt oder sie zulässt. Zuerst die Ursachen:
Die primäre Ursache liegt in Veränderungen der Erbinformationen
(=Mutationen) durch physikalische, und chemische Wirkungen. Es sind
elektromagnetische Wellen (vor allem UV-Licht, Röntgenstrahlen, radioaktive
Strahlen) und chemische Stoffe (Mutagene, Kanzerogene, bestimmte Schadstoffe
und Gifte). Diese verändern die DNA der Individuen rein zufällig. Deshalb sind
die meisten Erbänderungen schädlich oder sogar tödlich oder ohne Wirkungen.
Ganz selten kommt es zu Mutationen, die die Leistungsfähigkeit der betroffenen
Lebewesen (=Mutanten) erhöhen. Diese Erbänderungen tragen zur Höherentwicklung
des Lebens, also auch zur Entstehung des Menschen bei.
Die zweite Ursache für genetische Variabilität wird mit dem Begriff
Rekombination oder Neukombination der Gene bezeichnet. Hierbei handelt es sich
um ein schlichtes Mischen der verschiedenen Gene (eigentlich Allele s. u.).
Neukombinationen kann es natürlich nur geben, wenn schon (durch Mutationen)
Variabilität vorliegt.
Neukombinationen sind nichts lebensspezifisches, sondern das
Entwicklungsprinzip des Kosmos einschließlich Kultur und Technik (s. o. u. a.
unter Dialektik).
Vereinfacht gesagt ist es die Sexualität, die die Rekombination (neue
Zusammenstellungen) bewirkt. Der ursprüngliche biologische Sinn der Sexualität
liegt also in der Vergrößerung der genetischen Variabilität, nicht in
Fortpflanzung oder Lust.
Schon in den ersten Lebewesen steckte eine scheinbar mysteriöse Kraft
zur Selbsterhaltung. Dieses Mysterium haben wir im Kapitel 15
„Entwicklungsprinzipien“ etwas aufgelöst. Aufgrund dieser Kraft entwickelten
die ersten Lebewesen Baupläne (DNA), mit deren Hilfe sie Kopien von sich selbst
herstellen konnten (Verdopplung, Reduplikation, Zellteilung, Proliferation).
Erinnern wir uns noch einmal an die Grundlagen der Genetik und
Enzymatik: Zu jeder Kopie (=Nachkomme) wurde, wie bei einem Ikea-Regal, inliegend
eine Kopie der Bauanleitung mitgeliefert. Diese Bauanleitungen nennen Menschen
Erbinformationen, DNA, Genome oder Gene. Ein Gen ist vereinfacht ein Stück DNA,
das einen Befehl enthält. Etwas genauer gesagt liefert ein Gen die genaue
Anweisung für den Bau eines Eiweißes bzw. einer RNA. Solch ein Polypeptid, das
entspricht, manchmal genau manchmal nur grob, einem Eiweiß kann direkt selbst
Material sein, aus dem der Körper besteht (Struktureiweiß). Es kann aber auch
ein Enzym sein. Enzyme und RNAs (Chemiehandwerkermoleküle) führen die
Bauanweisungen (Befehle) der DNA aus. Viele Bauanweisungen (Befehle) werden
ausgeführt, indem ein Chemiehandwerkermolekül (Enzym) oder RNA-Moleküle
gebildet werden. RNAs steuern wahrscheinlich vor allem die Genaktivität, während
Enzyme primär die daraus folgenden Funktionen des Lebens, wie Wachstum,
Transporte, Bewegungen, Aufbau und Abbau von Stoffen usw. steuern, indem sie
chemische Reaktionen spezifisch beschleunigen. Da (Boten)stoffe auch psychische
Eigenschaften entscheidend mitbestimmen, enthalten genetische Bauanleitungen
also auch Befehle für Emotionen, Denken und Verhalten der Lebewesen. Wie jede
Information kann man auch die genetische als eine Sprache auffassen. Alle
Sprachen bestehen aus mindestens zwei verschiedenen Zeichen. Die Information
steckt in der Reihenfolge dieser Zeichen oder Bauelemente. Die Schrift der DNA
besteht z. B. aus vier verschiedenen Buchstaben, die man Basen oder Nukleotide
nennt. Nichts macht mehr das Wesen des Lebens aus als die Reihenfolge dieser
Zeichen und die entsprechende Reihenfolge der Aminosäuren, die Bausteine der
Eiweiße. Das Maß für Information ist „Bit“. Ein Bit ist die Informationsmenge,
die man benötigt, um zwischen 2 Wahlmöglichkeiten (Alternativen, Zeichen)
unterscheiden zu können. Beispiele: Base A oder Base C, Turm auf schwarzem oder
Turm auf weißem Feld.
Nichts macht übrigens auch mehr das Wesen der Welt aus als die
Reihenfolge (und Neukombinationen) von Zeichen. Das gilt z. B. für die
Reihenfolge der dreidimensionalen Bausteine (Kopien) vierdimensionaler
Weltlinien. Deshalb wurde die Information im letzten Jahrhundert immer mehr zu
einem zentralen Begriff in der Physik. Auch menschliche Gehirne sind solche
dreidimensionalen Bausteine und bestehen aus Bausteinen.
Vertiefen wir das oben Gesagte nun mit Hilfe eines etwas humorigen
Blicks auf
Die Entwicklung des
Lebens
Als die Lebewesen kurz nach ihrer Entstehung stolz auf ihre
Selbstreproduktionsmechanismen munter begannen, sich zu verdoppeln, merkten sie
schon bald, dass gute, exakte Kopien besonders schlecht waren. Sie lebten in
einer Welt in der es brodelte, regnete, überschwemmte, kochte und abkühlte.
Außerdem gab es zwischen den Lebewesen ständig Prügeleien um Nahrung,
Wohnplätze usw. (Konkurrenz). Es war ein einziges Durcheinander mit ständigen
Veränderungen. Nachkommen, die exakte Kopien ihrer Eltern waren, konnten sich
solchen Veränderungen nicht anpassen. Wenn die Umwelt sich so änderte, dass sie
schlechter überlebensfähig waren als irgendwelche Konkurrenten, starben sie
restlos aus. Z. B. starben (oder wanderten aus) alle Füchse mit dunklem mäßig
dichtem Fell, wenn eine Eiszeit einsetzte. Eine Eiszeit bedeutet Kälte und
Schnee. In dieser neuen kalten, weißen Welt können langfristig nur Füchse mit
dichtem hellem Fell überleben. Glücklicherweise wurde ihre DNA häufig von
energiereichen Strahlen getroffen und dadurch, oder durch Chemikalien
(Mutagene), verändert. Solche Veränderungen nennen Menschen bekanntlich
Mutationen. Diese erwiesen sich als äußerst nützlich, wenn und weil sie die
Kopien der DNA veränderten (ungenauer machten). Unter den ungenauen Kopien gab
es nämlich immer zufällig einige wenige, die mit Hilfe der Körper (Füchse,
Lebewesen), welche sie um sich herum bauten, als einzige in veränderten
Umwelten überleben konnten. Mutationen sorgen im Verbund mit Rekombinationen
dafür, dass unter den Füchsen genetische Verschiedenheit (Variabilität)
herrscht, also z. B. einige mit hellem dichtem Fell existieren (Details s. o.
unter „Genetik“). Die genetische Variabilität entsteht vor allem dadurch, dass
die zahllosen verschiedenen Gene (Allele s. u.) einer Art bunt gemischt werden.
Dieses bunte Mischen ist es, was in der Wissenschaft als Rekombination oder
Neukombination der Gene bezeichnet wird. Sexualität ist das wichtigste Mittel
um Neukombinationen zu erreichen. Verdeutlichen wir dies noch einmal am
Beispiel der Füchse: Durch Mutationen werden in einer großen Population immer
einige Füchse auftreten (entstehen), die ein zu helles oder zu dichtes Fell
haben und dennoch in der normalen europäischen Welt (mit wenig Schnee) gerade
überleben können. Dass beim Beginn einer Eiszeit in einem Fuchsindividuum
gleichzeitig beide (oder noch mehr) wertvolle Mutationen auftreten, ist äußerst
unwahrscheinlich. Hier muss die Rekombination (Sexualität) nachhelfen. Nehmen
wir einmal den einfachsten Fall an: In einem Weibchen ist die Mutation „helles
Fell, in einem Männchen die Mutation „dichtes Fell“ aufgetreten. Wenn wir nun
diese beiden Individuen kreuzen, haben wir gewisse Chancen, Individuen zu
erhalten, die beide neuen Eigenschaften haben. Wie (und welche) weiteren
Mechanismen solche Rekombinationen bewirken, ist oben und im Kapitel „Genetik“
näher erläutert. Nun aber zurück, zu unserer Entwicklungsgeschichte:
Schon bald wütete der Konkurrenzkampf (Erfinderwettbewerb) um die besten
Plätze (Lebensbedingungen, ökologische Nischen) auf der Erde immer stärker. Es
gewannen die, welche die besten Neuerungen mit ihren besten alten
Befehlsprogrammen (Bau- und Steuerungsplänen) kombinierten. Wobei stets alte
und neue Programme miteinander in Wettstreit gerieten. Zum Beispiel streiten
die alten Programme der Fische mit den z. T. neueren Programmen der
wasserlebenden Säugetiere. Dabei setzen sich die Säugetiere in vielen Bereichen
durch, weil ihre Programme (z. B. für Intelligenz, Wahrnehmung,
Temperaturregulation usw.) im Durchschnitt besser waren als die altbewährten
der Fische.
Das gleiche geschieht auch in der menschlichen Kultur. Jesus Programm z.
B. war in einigen Punkten besser als das von Moses, Pilatus und vieler
Pharisäer. Luthers Programm und die moderne Rechtsprechung sind besser als die
meisten päpstlichen Programme, wie Kondom-, Abtreibungs- und Scheidungstabus
oder Klingelbeutelparasitismus.
Der Wettstreit zwischen Konservation und Erneuerung ist ein Grundprinzip
des Kosmos, einschließlich der menschlichen Kultur, und deshalb im Kapitel 15
„Entwicklungsprinzipien“ genauer erläutert.
Der Wettstreit zwischen den Genomen wurde im Laufe der Jahrmilliarden
immer heftiger. Je weiter sich der Informationsaustausch und die
Kampfstrategien in der Vergangenheit weiterentwickelt hatten, desto schneller
und intensiver konnten sie es in der Zukunft tun (positive Rückkopplung).
Genau wie Menschen mit neuen Ideen, machten auch die Genome der Lebewesen
während langdauernder Wettkämpfe mit Hilfe der Mutationen immer wieder neue
Erfindungen, die zu Siegen verhalfen. Eine dieser Erfindungen ist die
Sexualität. Das Wesen der Sexualität besteht wie gesagt im Mischen
(Neukombination, Rekombination) von Erbinformationen. Die sexuelle Lust und die
Vermehrung machen nicht das Wesen der Sexualität aus, sondern sind Hilfsmittel,
um das Ziel Neukombination und genetische Variabilität zu erreichen. Da die DNA
der Lebewesen zufällig verändert wurde, hatten verschiedene Lebewesen meistens
auch verschiedene Fehler in ihren Genomen. Wenn man diese verschiedenen
Mutationen kunterbunt mischte, entstanden viel schneller, leichter und
unschädlicher Lebewesen mit neuen Eigenschaften und Merkmalen als nur durch
Mutationen. Wir wissen nicht genau wie diese Mischfähigkeit (Sexualität)
entstand. Vielleicht stand ein symbiotischer Virus am Anfang ihrer Entwicklung.
Viren bestehen selbst aus DNA oder RNA. Sie bauen sich gerne in die DNA von
Lebewesen ein, zwingen diese, Viren zu bauen, verlassen dann die meistens
sterbenden Zellen, wandern in andere Zellen und fangen dort ihr Spielchen
wieder von vorne an. Dabei nehmen Sie manchmal DNA-Stücke der Wirtszelle mit,
die sie manchmal an die DNA der nächsten Wirtszelle abgeben.
Vielleicht haben aber auch nur ganz normale Zellen sich zusammengelegt,
ihre Zellwände und Zellmembranen wechselseitig geöffnet und DNA Stücke
ausgetauscht. Später wurde jedenfalls das Mischungsverfahren immer weiter
verbessert. Es war praktisch, das Mixen mit der Teilung, also der
Fortpflanzung, zu kombinieren. Deshalb glauben die meisten Menschen heute,
Sexualität und Vermehrung seien nahezu das gleiche. Die meisten Pflanzen und
viele Tiere können sich jedoch auch ohne Sexualität (asexuell, vegetativ)
vermehren. Viele Bakterien und andere einzellige Lebewesen führen sexuelle
Austauschprozesse ohne direkt damit verbundene Vermehrung durch.
Seit einigen Jahren können Menschen vegetative Vermehrungen auch bei
Säugetieren künstlich in die Wege leiten.
Sie nennen das Klonen, und werten es sehr stark ab, obwohl sie sich am
Anblick eineiiger Zwillinge mächtig erfreuen. Eineiige Zwillingspartner, sind
sich genauso ähnlich wie geklonte Menschen.
Die meisten Menschen verteufeln es, wenn Wissenschaftler eineiige
Zwillinge (Mehrlinge) absichtlich selbst erzeugen, weil ihnen ihre Religion
vorschreibt, solche schöpferischen Tätigkeiten ihren Göttern zu überlassen.
Biologisch spricht gegen das Klonen der teilweise Wegfall der Funktionen der
Sexualität, also der genetischen Vielfalt. Kulturell macht die starke
Ähnlichkeit Probleme bei der Identifikation und Unterscheidbarkeit, z. B. von
Kriminellen. Ein Vorteil der genetischen Ähnlichkeit von Menschen besteht in
der dadurch entstehenden größeren Harmonie ihres Zusammenlebens, z B. beim
Organaustausch.
Damit zurück zum Mischen der genetischen Informationen:
Funktionsteilungen und Spezialisierungen erwiesen sich im Konkurrenzkampf der
Lebewesen als erfolgreiche Maßnahmen. Deshalb übertrugen die meisten Lebewesen
das sexuelle Mischen der Gene schon bald Spezialzellen (Hoden, Eierstöcken,
Keimzellen, Gameten, Eiern, Spermien). Diese entwickelten noch zusätzliche
Mischmechanismen. Dazu teilten sie die gesamte Erbinformation in mehrere
einzelne Kombinationspakete (Chromosomen) auf. So konnte ein Lebewesen nicht
nur an ein oder zwei DNA-Stücken, die es von seinen Eltern erhalten hatte
Austauschprozesse und Neukombinationen vornehmen, sondern manchmal an
Hunderten, meistens an 4 bis ca. 60. [Beim Menschen gibt es z.B. 2x23 verschiedene Pakete
(Chromosomen)].
Auf diese Weise wird es möglich, dass alle Eltern in den Keimzellen, aus
denen ihre Kinder entstehen, eine bunte Mischung der genetischen Informationen
von ihren Eltern (=Großeltern der Kinder) zusammenstellen können. Die Keimzellen
(Eier und Spermien) entstehen in Eierstöcken und Hoden durch Zellteilungen.
Meistens entstehen aus einer Mutterzelle vier Eizellen oder Spermien. Auf diese
vier werden während der Teilungen die verschiedenen Chromosomen rein zufällig
verteilt.
Ein weiteres Hilfsmittel der Natur, das u. a. zur Neukombination von
Genen (eigentlich Allelen) beiträgt, ist die Diploidie. Diploidie bedeutet,
dass alle Gene und Chromosomen in vielen (manchmal fast allen) Zellen zweimal
vorliegen. Bei Menschen und Wirbeltieren finden sich in Keimzellen alle Gene
einmal, in Körperzellen zweimal.
(Fast jede menschliche Zelle enthält also [in ihrem Zellkern] alle lebensnotwendigen
Erbinformationen des Menschen. Diese benötigt sie für die Steuerung des
Körpers, einschließlich der Einzelzellen. Erbinformationen dienen also
keineswegs nur dazu, Informationen an Nachkommen weiterzugeben. Sie sichern und
steuern auch das Überleben jedes Individuums).
Diese beiden Gene können gleich oder verschieden sein. Die verschiedenen
Ausführungen des gleichen Gens werden, um Verwechslungen zu vermeiden, Allele
genannt. Ein Gen ist also ein Oberbegriff, den man sinnvollerweise auch von
seiner Funktion her definieren sollte. Vereinfacht gesagt ist ein Gen ein
DNA-Abschnitt, der die Informationen für die Bildung eines Eiweißes liefert.
Manchmal liefert das Gen auch die Informationen für die Bildung (nur) eines
Merkmals, z. B. der Blütenfarbe einer Blume.
(Meistens beeinflusst ein Gen mehrere Merkmale und/oder Eigenschaften
[Polyphänie] und die meisten Merkmale (Eigenschaften) entstehen durch die
Wirkung mehrerer Gene [Polygenie].).
Ein Allel ist eine bestimmte Variante (Ausführungen, Basensequenz) eines
Gens, die die Informationen für die Bildung eines ganz bestimmten
Eiweißmoleküls liefert. Die verschiedenen Varianten der Allele entsprechen
ziemlich genau dem, was wir oben Mutationen genannt haben. Eine Variante
(Allel) des Gens für die Blütenfarbe kann z. B. bewirken, dass die Blüte rot
wird. Ein anderes Allel mag weiße Blütenfarbe hervorrufen. Für die meisten Gene
gibt es sehr viele, solcher Ausführungsmöglichkeiten (Varianten). Die meisten
davon führen zur Bildung von Eiweißen oder RNAs, die nicht funktionieren. Dies
wiederum führt manchmal zu Störungen, z. B. zur Erbkrankheiten. Viele Varianten
weisen zwar molekulare Unterschiede (Veränderungen der Basensequenz) auf,
führen aber nicht zu Veränderungen der Merkmale, der äußeren Erscheinungsform =
Phänotyp). Diese Varianten interessieren Biologen und Mediziner nur wenig.
Interessant sind solche Varianten, die zu verschiedenen Erscheinungsformen
führen, z. B. zu verschiedenen Hautfarben, Erbkrankheiten, Wuchsformen und so
weiter.
Jeder Mensch erhält zu fast allen seinen Genen eine Variante (Allel) von
seiner Mutter und eine von seinem Vater. Diese Varianten können auch im selben
Individuum gleich oder verschieden sein. Eine davon befand sich in dem
Spermium, die andere in dem Ei aus denen der Mensch entstanden ist. Damit wird
auch klar, weshalb die Keimzellen von jedem Gen nur eine Variante enthalten dürfen.
Durch die Befruchtung verdoppelt sich die Zahl der Allele. Vor der Befruchtung
muss also die Gesamtheit der Allele halbiert werden, damit die befruchtete
Eizelle wieder zwei Allele zu (fast) jedem Gen aufweist. Der
Zellteilungsvorgang, bei dem diese Halbierung vorgenommen wird, heißt
Reifeteilung oder Meiose. Ohne diese Teilung würde sich die Zahl der Gene und
Chromosomen bei jeder Befruchtung (von Generation zu Generation) verdoppeln.
Wäre dies geschehen würde ein Mensch heute mehr wiegen als die Erde. Die
befruchtete Eizelle (Zygote) und ihrer unmittelbaren Nachkommen teilen sich nun
so, dass jede Tochterzelle genauso viele Gene und Chromosomen enthält, wie die
Mutterzelle. (Dieser Typ der Zellteilung wird Mitose genannt.) Bei Menschen
enthalten dann also (fast) alle Körperzellen 46 Chromosomen. Diese bestehen
aber aus 23 Paaren. Um deutlich zu machen, dass die beiden Allele aller Gene
auf einem Chromosom zwar gleich sein können, zum Teil aber unterschiedlich
sind, nennt man diese Paare ähnlicher Chromosomen „homolog“. (Auf einem
Chromosom liegen beim Menschen im Durchschnitt ungefähr 1500 Gene.).
Bevor eine Zelle sich teilt fertigt sie zu jedem Chromosom eine Kopie
an. Diese Kopien, die mit ihren Originalen (fast) identisch sind, heißen
Schwesterchromatiden.
Dadurch, dass die meisten Lebewesen ihren Nachkommen von jedem Gen zwei
Ausfertigungen (=Allele), die verschieden sein können, vererben, erhöhen sie
ihre Möglichkeiten zum Mischen der Gene.
In den Kindern können dann beide oder eines der beiden Allele aktiv
sein. Die Vielfalt wird nochmals dadurch erhöht, das die beiden Allele auf vier
verschiedene Weisen zusammenarbeiten können:
1. Allel A dominiert über B. (rote Blütenfarbe bei der Erbse, Blutgruppe
A
und/oder B dominieren über 0)
2. B dominiert über A.
3. Beide tragen jeweils zur Hälfte zur Bildung des zugehörigen Merkmals
oder Eigenschaft bei (rosa
Blütenfarbe der Wunderblume).
4. Beide tragen jeweils voll zur Bildung des Merkmals bei (Blutgruppe
AB).
Die Diploidie liefert noch eine weitere Möglichkeit, sich an
Umweltveränderungen anzupassen. Bei den meisten Genen kann ein Normalallel die
Aufgaben eines Defektallels mitübernehmen (Dominanz). Mit diesem Defektallel
(mit jedem Allel eines Allelenpaars) kann die Natur nun experimentieren
(herumprobieren, try and error). Durch Zufall können bei diesem blinden Testen
nützliche neue Allele (Gene) entstehen. Das dient dann wieder der Anpassung
und/oder Höherentwicklung.
Ein weiteres Mischungsverfahren kennen viele Leser unter der Bezeichnung
cross-over aus den Schulbüchern, von denen wir in Deutschland besonders den
„Schrödel, Sek. II“ empfehlen. Beim cross over liegen während der
Keimzellbildung die beiden ungleichen Chromosomen von Vater und Mutter parallel
nebeneinander, brechen und wachsen mit den Bruchstücken des jeweils anderen
Chromosoms wieder zusammen. Auch auf diese Weise werden Allele miteinander an
die Kinder gegeben, die vorher nicht zusammen waren. Bei den oben erwähnten
Füchsen kann es z. B. auch auf diese Weise möglich werden, dass die Gene, die
helle Fellfarbe und dichtes Fell erzeugen, zusammen in einem Lebewesen aktiv
werden (s. u. 3. Mendelsche Regel).
Abschließend erinnern wir nochmals an einen weiteren Mischmechanismus,
der mit Sexualität nur wenig zu tun hat. Es ist das Spleißen (vom Englischen
auch splicen). Bei allen Lebewesen werden Eiweiße entsprechend der DNA Baupläne
gebaut. Dabei verwenden sie aber nicht direkt die Gene (DNA–Stücke, die die
Vorschrift für den Bau eines Eiweißmoleküls liefern), sondern Kopien dieser
Gene, die m-RNAs. Bei Pflanzen, Tieren und Pilzen werden die m-RNAs nicht
einfach komplett verwendet, sondern zunächst zerstückelt und nur zum Teil zum
Bau einer neuen endgültigen m-RNA verwendet. Dabei kann man verschiedene Teile
benutzen und in den nicht genutzten Teilen neue Mutationen zulassen und später
„ausprobieren“ = Überlebensvorteile und Artenvielfalt schaffen und nutzen.
Außerdem können verschiedene Einzelstücke zu vielen verschiedenen
Neukombinationen zusammengefügt werden.
Damit haben wir den Sinn von Variabilität, Rekombination, Spleißen und
Sexualität besprochen und fassen noch einmal zusammen:
Durch Mutagene und Mutationen werden die Erbinformationen der Lebewesen
verändert also verschieden. Sexualität dient dazu, diese Verschiedenheit durch
Mischen zu erhöhen. Die Veränderlichkeit der Umgebung des Lebens erzwingt diese
Maßnahmen. Veränderungen können sich auf Klimafaktoren (Temperaturen, Licht,
Feuchtigkeit usw.) und andere Lebewesen beziehen. Die wichtigsten
umweltverändernden biologischen Faktoren sind Konkurrenz, Parasitismus,
Symbiosen und Räuber-Beute-Beziehungen (siehe Kap. X ). All diese Faktoren heißen Ökofaktoren
oder Umweltfaktoren. Man unterscheidet zwischen biotischen und abiotischen
Ökofaktoren. Mit dem Wirken dieser Faktoren beschäftigen sich vor allem die
Ökologie, die Lehre von den Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt, und die
Evolutionslehre.
Das oben Gesagte macht deutlich, wie wichtig die Sexualität (genetische
Variabilität) für alle Lebewesen ist. Es gibt heute deshalb auf diesem Planeten
wahrscheinlich auch keine Arten mehr, die langfristig ohne Sexualität, bzw.
Rekombination, auskommen.
Für Vögel und Säugetiere ist die Sexualität gleichzeitig auch noch die
einzige Möglichkeit zur Fortpflanzung. U. a. deshalb wurde sie bei diesen
Tierklassen mit besonders starken Gefühlen gekoppelt. Auch beim Menschen ist
sie eine der ursprünglich stärksten angenehmen Emotionen, weil sie für die
Erhaltung so wichtig ist.
Einige Menschen nennen die sexuellen Empfindungen abwertend „Lust“.
Vielleicht tun sie dies nicht, weil es einen wirklichen Unterschied bezüglich
der Werte oder der Natur verschiedener Gefühle (Liebe, Zärtlichkeit, Spiel,
Angeben, Aggression) gibt, sondern um ihre Sexualnormen erfolgreicher durchsetzen
zu können.
Gleichzeitig ist der Verzicht auf Sexualität bei vielen natürlichen
Menschen und Tieren mit intensiven unangenehmen Gefühlen oder sogar Neurosen
(=psychische Erkrankungen, vgl. S. Freud) verbunden. Von diesen Gefühlen (und
allen anderen) haben Menschen bedauerlicherweise durch genetische
Selbstverstümmelung 30 bis 70 Prozent zerstört.
Leider werden bei sexuellen Aktivitäten besonders viele
Körperflüssigkeiten ausgetauscht. Davon profitieren viele Parasiten (Bakterien,
Pilze, Viren, einzellige Tiere usw.), die, wie alle Lebewesen, Wasser für ihr
Überleben benötigen. Tiere und Menschen übergeben bei sexuellen Kontakten oft
solche Krankheitserreger, stecken sich also gegenseitig an. Da Menschen,
wahrscheinlich durch genetische Selbstveränderung (Selbstdomestikation),
ganzjährig sexuell aktiv wurden, entstand für sie ein ungeheurer Konflikt
zwischen der Freude an Sexualität und verschiedenen Gefahren der Sexualität.
Den Konflikt versuchen Menschen seit vielleicht schon Millionen Jahren durch
Unterdrückung und Verteufelung der Sexualität zu lösen. Die meisten anderen
menschlichen Triebe (Motivationen) wie Nahrung, Rangordnung, Neugier werden
dagegen (zum Ausgleich?) durch Lernen überwiegend (z. T. nicht weniger
destruktiv) verstärkt (Fresssucht, Sensationslust usw.). Die Probleme und Ursachen der sexuellen
Unterdrückung in menschlichen Kulturen sind im Kapitel X erläutert.
Evolutionsfaktoren
Wir haben nun, die Entstehung der genetischen Vielfalt und das Wirken
der Selektion besprochen und widmen uns nun den übrigen Evolutionsfaktoren.
Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie Arten sich verändern, z. B. neue
Arten entstehen. Um diese Problematik verstehen zu können, müssen wir zunächst
den Artbegriff eindeutig definieren: Zu einer Art zählt man alle Individuen
einer Population, die untereinander fruchtbar kreuzbar sind. (Einfach gesagt:
Individuen einer Art bekommen Nachkommen, die auch wieder Nachkommen zeugen
können.). Unsere Frage lautet also genauer: Wie kommt es dazu, dass Individuen
einer Art zu Individuen verschiedener Arten werden? Dazu muss etwas geschehen,
was ihre beliebige Kreuzbarkeit untereinander einschränkt. Alle Mechanismen
(Prozesse), die in dieser Richtung wirken nennt man Isolation oder
Isolationsfaktoren. Leider, weil verwirrend, wird manchmal auch der
abgeschlossene Prozess (die „Nichtmehrkreuzbarkeit“) als Isolation bezeichnet.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten solcher Isolationen: Wenn Tiere durch
Verhaltensänderungen (Balz usw.) nicht mehr zum Fortpflanzungserfolg kommen,
spricht man von ethologischer Isolation (Ethologie = Verhaltenslehre). Wenn die
Gene der Keimzellen nicht mehr harmonieren (z. B. weil der gesamte
Chromosomensatz bei einigen Individuen verdoppelt wurde), spricht man von
genetischer Isolation. Wenn räumliche Trennungen der Individuen die Isolation
bewirken, spricht man von geographischer Isolation.
Wie aber kann es zu solchen Veränderungen kommen? Grundsätzlich sind es
Mutationen, die die Artbildung bewirken. Im einfachsten Falle verändert sich
mindestens ein Gen von mindestens einem Individuum anders, als die Gene der
anderen. Dies geschieht jedoch bei jeder Mutation und führt zunächst nur zu
größerer genetischer Verschiedenheit. Manche Gene haben für
Fortpflanzungserfolge zwischen Sexualpartnern wenig direkte Bedeutung. Dies
gilt z. B. für Gene, die die Feinstruktur von Fingerabdrücken oder die
Muskelkraft bestimmen. Größere Muskelkraft kann jedoch zu größeren Erfolgen bei
Rangkämpfen, Flucht, Beutefang usw. führen und dadurch den Fortpflanzungserfolg
erhöhen. Viel stärker wirken sich im Sinne der Bildung neuer Arten jedoch
Mutationen aus, die direkt die Fortpflanzungsmöglichkeiten zwischen Artgenossen
einschränken oder verbessern. Das sind alle Mutationen, die zur Isolation
beitragen können, z. B. zu Veränderungen von Sexuallockstoffen, der Anatomie
der Geschlechtsorgane, von Balzrufe, von optischen Sexualsignalen usw. Die
meisten dieser Mutationen bringen den betroffenen Individuen (Mutanten)
Nachteile, die zum Aussterben führen können. Wenn man diese Mutanten jedoch von
den anderen trennt, sind sie die ideale Population zur Gründung einer neuen
Art. Für eine Aufspaltung einer Art in zwei oder mehr neue Arten muss also
(meistens) eine räumliche Aufspaltung der Population in mindestens zwei
getrennte Gruppen vorliegen. Eine solche Aufspaltung wird leider in vielen
Lehrbüchern sowohl mit dem Begriff geographische Isolation als auch mit dem
Begriff Separation bezeichnet. Wir definieren also ganz eindeutig: Separation
ist die räumliche Trennung von Individuen einer Art. Geographische Isolation
ist die Aufhebung der Kreuzbarkeit dieser Individuen durch eine Separation. Das
Gegenteil einer solchen Aufspaltung heißt Panmixie. Panmixie liegt dann vor,
wenn alle Individuen einer Population gleiche Chancen haben, der Fortpflanzungspartner
jedes beliebigen andersgeschlechtlichen Individuums zu werden. So etwas gibt es
streng genommen allenfalls auf einer Insel, auf der sich nur zwei
verschiedengeschlechtliche Individuen befinden. Man kann also sagen, dass schon
weite Wege zwischen Individuen die beliebige Kreuzbarkeit einschränken und dass
dies zur Artbildung beitragen kann. Wann aber liegt eine echte Separation vor
und wodurch kann sie entstehen? Echte Separationen können z. B. entstehen, wenn
Inseln besiedelt werden, Bergketten entstehen, Kontinente durch Anstiege des
Meeresspiegels getrennt werden, neue Seen entstehen usw. Wenn z. B. ein
Finkenpaar durch einen Sturm von Südamerika auf die Galapagosinseln verschlagen
wird, werden in den Nachkommen im Laufe der nächsten Jahrhunderte und
Jahrtausende zufällig z. T. andere Mutationen entstehen als in der
Ausgangspopulation auf dem Festland. Außerdem werden aus diesen Mutanten durch
die gegenüber dem Festland veränderten Selektionsbedingungen andere Nachkommen
ausgelesen als in der südamerikanischen Ausgangspopulation. Es könnte sich die
Farbe, Größe, Gestalt der Fortpflanzungsorgane, der Balzgesang usw. verändert
haben. Würde man nun Finken der Galapagospopulation mit Finken der
Ausgangspopulation zusammenbringen, so würden sie nicht mehr fruchtbar kreuzbar
sein. Es wären also neue Arten entstanden. Wenn neue Arten ohne Separation
entstehen, spricht man von sympatrischer Artbildung. Wenn sie in getrennten
Gebieten entstehen, von allopatrischer Artbildung.
Das Beispiel der Darwinfinken (so werden die von Darwin entdeckten
Finken auf den Galapagosinseln genannt) führt uns auch zu unserem letzten
Evolutionsfaktor, der Gendrift. Wenn (wie im obigen Beispiel) nur wenige
Individuen einer Art von den anderen getrennt werden, treten in dieser kleinen
Population nicht alle Gene der Gesamtpopulation auf. Eine solche zufällige
kleine Auswahl aus dem Gesamtgenpool trägt ebenfalls zur Bildung neuer Arten
bei.
Wie wir oben schon erfahren haben, gibt es zwei grundsätzlich
Möglichkeiten, Lebewesen zu verändern, nämlich durch genetische und erworbene
Effekte (Lernen, Sozialisation usw.). Beide haben für die Entwicklung von Natur
und Kultur Bedeutung. Vereinfacht kann man sagen: Je höher eine Art sich
entwickelt hat, desto mehr tragen erworbene Faktoren zur Anpassung an
Umweltveränderungen bei.
ÖKOLOGIE
Die meisten Menschen verbinden mit dem Begriff Ökologie menschliche
Probleme mit ihrer Umwelt (Umweltverschmutzung, Umweltschutz, Umweltzerstörung
usw.). Die Ökologie ist jedoch ganz allgemein die Lehre von den Beziehungen
zwischen Lebewesen und Umwelt. Zur Umwelt eines Individuums gehören dabei auch
andere Lebewesen. Um die Beziehungen zu verstehen und zur besseren
Verständigung, sollte man u. a. folgende Grundbegriffe kennen:
Das Biotop ist ein Lebensraum von Lebewesen, z. B. ein Teich.
Die Biozönose ist eine Lebensgemeinschaft aus verschiedenen Lebewesen,
z. B. die Teichbewohner.
Das Ökosystem ist i. d. R. eine große Lebensgemeinschaft einschließlich
ihres (großen) Biotops, z. B. ein Wald, See, Meer.
Auch die Einflussfaktoren (Eigenschaften und Merkmale) der Umwelt hat
man benannt und geordnet. Man nennt sie Umwelt- oder Ökofaktoren. Man
unterscheidet biotische (≈lebendige) und abiotische (tote)
Einflussfaktoren.
Zu den biotischen gehören: Konkurrenten, Parasiten (u. a.
Krankheitserreger), Symbionten, Räuber, Nahrung (Beute, Pflanzen usw.).
Zu den abiotischen Ökofaktoren gehören: Licht, Temperatur, pH,
Salzgehalt, Wind, Feuchtigkeit.
Auf jedes Lebewesen wirkt eine Mischung aus diesen Umweltfaktoren ein,
die bestimmt, ob, wie und wie lange ein Lebewesen bzw. seine Art überlebt. Die
ökologische Nische ist die Summe aller Umweltfaktoren, die sich auf das
(Über)Leben einer Art oder eines Lebewesens auswirken (s. o.). Die ökologische
Nische ist also nicht nur der Raum, in dem eine Art lebt! (Leider findet man in
Biologiebüchern auch noch folgende Definition: Ökologische Nische = Summe aller
Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und Umwelt).
Nicht nur viele Ökofaktoren, sondern auch deren zeitliche und räumliche
Schwankungen gehören mit zum Wesen der ökologischen Nische.
Das ökologische Gleichgewicht
Wenn die Zahlen der Lebewesen und Arten eines Ökosystems oder einer
Biozönose über längere Zeiträume im Durchschnitt ziemlich konstant bleiben,
spricht man von einem ökologischen Gleichgewicht. Dieses dynamische
Gleichgewicht bleibt erhalten, wenn die Umweltbedingungen sich nicht zu stark,
aber grundsätzlich schon, verändern. Zur Erhaltung dieses Gleichgewichts (des
Lebens) tragen die Lebewesen selbst ganz erheblich bei. Raubtiere und Parasiten
bewirken, dass die Bevölkerungsdichten von Beute und Wirten nicht zu sehr
ansteigen. Pflanzen bekämpfen einander, oder Pflanzenfresser, mit Giften,
Dornen, Hochwuchs und so weiter. Verschiedene Tierarten sorgen durch Symbiosen
und altruistisches Verhalten innerhalb der Art für ihre Selbsterhaltung. Nur
durch radikale Veränderungen (Vulkanausbrüche, Überflutungen, Seuchen usw.)
können diese Gleichgewichte gestört werden.
Solche Naturkatastrophen imponier(t)en den Menschen zwar grundsätzlich,
doch man wollte mehr. Tatsächlich wusste man die Erfolge der Natur vierfach zu
steigern: radikal, radikaler, am radikalsten, radikalinski wie Klaus Kinski.
Der Mensch ist ein solches Kamel, dass er sich selbst nicht zum König der Wüste,
wohl aber der Verwüstung erhoben hat. Er vernichtet Wälder, überfischt Meere,
vergiftet Felder und führt globale Klimawandel herbei. Dabei gelingt es ihm
viele (vielleicht die meisten) Arten von Lebewesen zu vernichten und natürlich
auch ökologische Gleichgewichte zu zerstören.
Nun könnte man behaupten, wenn ein paar Arten aussterben, bricht doch
nicht gleich die ganze Welt (das Leben oder ein Ökosystem) zusammen. Das stimmt
leider sogar meistens. Doch leider sind Ökosysteme und vor allem Biozönosen so
gebaut, dass es manchmal genügt wenige, bestimmte Arten zu vernichten oder
hinzuzufügen, um das gesamte System erheblich zu verändern oder zu zerstören.
Um zu wissen, welche Arten (Schlüsselarten) für die Erhaltung besonders wichtig
und welche weniger wichtig sind, muss man die Systeme gut kennen. An der
Unterdrückung solcher Kenntnisse arbeitet die Menschheit wahrscheinlich schon
seit es sie gibt, im vergangenen Jahrtausend jedoch mit unüberbietbarem (vor
allem religiösem und unternehmerischem) Engagement.
Die Wechselwirkungen zwischen einem Lebewesen und seiner Umwelt
(Ökologischen Nische) sind i. d. R. so komplex, dass man selten einfache exakte
Beziehungen beobachten kann und auch nur unsichere (wahrscheinliche
=probabilistische) Voraussagen machen kann.
Da viele Biologen (Naturwissenschaftler) Erkenntnisse, Wissenschaften
und Schlüsse, die nicht oder nur wenig exakt sind, übertrieben ablehnen,
beschäftigen sie sich gerne mit einfachen Beziehungen zwischen nur einem oder
wenigen (Öko)Faktoren und nur einem Organismus. Wenn man dies systematisch
durchzieht, gelingt es gut, die Unfähigkeit junger Menschen zu fördern, mit
probabilistischen (=wahrscheinlichkeitshaften) Problemen fertig zu werden. Das
Resultat sieht dann folgender Maßen aus: „Ständig auftretende“ „ungeheure“
Probleme können gelöst werden. Z. B. kann mancher exakt berechnen, um welchen
Betrag sich die Geschwindigkeit eines Radfahrers ändert, wenn er zwei Kilo
zulädt. Man kann auch Flächen unter Kurven exakt berechnen und die dritte
Ableitung einer Funktion, obwohl die meisten nicht einmal wissen, ob und wo man
so etwas anwenden kann. Bei „seltenen“ „unwichtigen“ probabilistischen
Problemen kann es dagegen „leichte“ Probleme geben. Z. B. werden junge Menschen
systematisch davor geschützt, mit folgenden Problemen und Fragen optimal
umgehen zu können: Ist mein Partner der richtige für mich? Warum sind meine
Kinder nicht konstruktiv und selbstständig geworden, wie ich es wollte? Welche
Partei ist am wenigsten korrupt? Welche Gifte haben Omas Krebs verursacht? Kann
ich die Sympathie eines Mitmenschen gewinnen? Warum ist mein Hund aggressiv
geworden? Wodurch entstehen so viele Verhaltensstörungen, Parasitismus,
Krankheiten, Fehlsteuerungen, Terrorismus usw.? Viele fanatische Fans der
exakten Naturwissenschaften meiden oder verachten aus den genannten Gründen die
meisten Geisteswissenschaften. Manche Biologen vernachlässigen und unterdrücken
sogar eine ihrer wichtigsten Unterdisziplinen, die (vergleichende)
Verhaltensforschung. Seit Anfang des Jahrtausends tun dies (zumindest in
Nordrhein-Westfalen) auch einige der für das Gymnasium bildungspolitisch
Verantwortlichen. Da die Verhaltensforschung nicht nur eines der wichtigsten,
sondern auch eines der vernachlässigtesten Fundamente der Psychologie ist, wirkt
sich diese Ignoranz ungeheuer fruchtbar im Sinne der Behinderung jeglichen
menschlichen Selbstverständnisses aus.
Nach diesen kleinen Seitenhieben gegen die Vertreter der Hyperexaktheit,
widmen wir uns dennoch auch einmal einfachen ziemlich exakten Zusammenhängen
und grundsätzlichen physikalischen, mathematischen und kybernetischen
Grundlagen. Diese sind Teile des Fundaments ohne das sowohl die Ökologie als
auch alle Sozial-, Natur- und Geisteswissenschaften nicht wirklich verstehbar
sind.
Komplexe Regelungssysteme
Damit haben wir einige einfache Beispiele für Steuerungen kennen gelernt
und können uns nun dem komplexeren Zusammenwirken mehrerer Faktoren widmen:
Dazu erweitern wir unser Beispiel vom Wachstum einer Population: Das Wachstum
wird in der Natur meistens durch Ökofaktoren wie Feinde, Hitze, Kälte,
Krankheiten, Konkurrenz, Pestizide usw. begrenzt. Diese Begrenzungen kann man
als negative Rückkopplungen auffassen. Die Variation dieser Faktoren kann aber
auch zur Steigerung von Bevölkerungsdichten beitragen. Sie alle können also
positive und/oder negative Rückkopplungen bewirken. Außerdem beeinflussen sich
diese Ökofaktoren auf äußerst komplexe Weise gegenseitig. Weiterhin nehmen
viele weitere Faktoren auf diese Ökofaktoren und die Gesamtregulation Einfluss.
Temperaturen hängen zum Beispiel von Vulkanausbrüchen (Lava, Staub in der
Athmosphere), menschlichen Eingriffen (Treibhauseffekt) und so weiter ab. Zu
allem Überfluss ist die Regulation von Bevölkerungsdichten ihrerseits auch noch
in größere Zusammenhänge eingebettet. Betrachten wir auch hierzu ein Beispiel,
dass wir in anderen Zusammenhängen schon einmal beleuchtet haben:
Die oben erwähnten Faktoren, die das Wachstum von Bevölkerungen
behindern, sind häufig Selektionsfaktoren. Sie machen allen betroffenen Arten
das Leben schwer. Wenn sie das in mäßigem Umfang tun, zwingen sie die Arten
bekanntlich, sich durch Rekombinationen und so weiter zu verändern,
insbesondere ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Das wiederum führt oft zu
einer allgemeinen Höherentwicklung (Anagenese) des Lebens. Aber auch positive
Rückkopplungen können die Anagenese beschleunigen. Je höher der
Entwicklungsstand des Lebens ist, desto schneller erfolgt die weitere
Höherentwicklung. Beispiel: Je klüger ein Mensch ist, desto besser kann er
seinen Partner nach prohedonischen Eigenschaften auswählen, statt, wie die
meisten Affen, nach Körpergröße.
Die alten optischen Auslesekriterien erzeugen jedoch (auch?) in den
meisten Menschen immer noch viel mehr Liebesgefühle, als Intelligenz,
Charakter, innere Harmonie und psychische Gesundheit.
Kybernetik und Kultur
Damit sind wir wieder einmal in der Kultur gelandet, wo bekanntlich die
komplexesten Erscheinungen und Steuerungen auf uns lauern. Das oben Gesagte
lässt sich teilweise auf die Höherentwicklung der Kultur (Fortschritt)
übertragen. Je leistungsfähiger z. B. die Menschheit war und ist, desto
schneller konnte sie ihre Leistungsfähigkeit weiter steigern.
Wenn viele Faktoren gleichzeitig eine oder mehrere Größen beeinflussen,
liegen komplexe Netzwerke aus Einflussfaktoren und Rückkopplungen vor. Das
macht richtiges Entscheiden schwer, doch es geht noch komplizierter: Um das
(scheinbare) Chaos zu perfektionieren, können die Größen auch noch auf ganz
verschiedene Weise aufeinander einwirken: Einige verhalten sich wie echte
Variablen im Sinne mathematische Funktionen. Das heißt, wenn eine Größe sich
ändert, ändert sich die andere im Sinne klarer mathematisch beschreibbarer
Abhängigkeiten (siehe oben). Andere Einflussfaktoren können aber auch nur
einmalig wirken (Alles oder nichts Gesetz), oder stufenweise, oder sogar
pendelnd mal so mal so, wirken.
Die konstruktive Steuerung komplexer Gefüge gehört zu den größten
Problemen der Menschheit. (Beispiele haben wir in allen Kapiteln beschrieben.).
Um damit fertig zu werden, haben die Menschen vor allem zwei Strategien
perfektioniert.
Zum Ersten mühen sie sich unredlich dafür zu sorgen, dass möglichst
viele Menschen möglichst schlecht informiert sind und Informationen auch
möglichst schlecht verarbeiten können.
Zum Zweiten sorgen sie durch die Stärkung parasitärer, egoistischer
Kräfte global dafür, dass konstruktive Steuerungen und Problemlösungen
möglichst häufig unterbleiben.
Im Sinne des Gleichheitsprinzips beteiligen sich alle (Arm und Reich) am
Aufbau und an der Erhaltung dieser Selbstregulationsprinzipien. Besonders aktiv
sind aber natürlich wieder die mächtigen (Politiker, Wirtschaftsbosse,
Ärztekammern, Unternehmerverbände und so weiter). Das kleinkorrupte Volk mischt
nur bei Kleinigkeiten mit. Es hat also nicht die erste Wahl (A-Wahl), wohl aber
die zweite Wahl, die B-Wahl. Da bei fast allen politischen Entscheidungen
(Reformversuchen, Verfassungs[ab]schöpfungen, Verfassungsabschaffungen,
Gesetzgebungen und so weiter) Korruption und Dummheit beteiligt sind, kann das
blinde, blonde, blauäugige Volk zwischen drei „B“ beliebig auswählen: Betrug,
Blödheit, Bestechung. Um das komplexe Chaos, dass wir in allen Kapiteln beschrieben
haben, wenigstens ein wenig zu vereinfachen, hat man für eine interkontinentale
Vereinfachung gesorgt: Bei allen Wahlen, (Be)Steuerungen und so weiter geht es
egal, ob bei Arm oder Reich, immer primär um die beliebte, beleibte Börse.
Die große böse globale Börse wird in der Anonymität zum bekannten
Borstenvieh, dass aus den kleinen Börsen der Minderbemittelten Blut, Boden und
Bares absaugt. Wie man die Anonymität auch sonst zu einem der wichtigsten
Hilfsmittel für parasitäre Aktivitäten aller Art (Kriminalität, Korruption,
Kinderarbeit und so weiter) gemacht hat, haben wir an anderer Stelle erläutert.
Das größere Problem, die Humanisierung und Entanonymisierung, der Menschheit
überlassen wir ohne jeglichen Optimismus den Religionen und der menschlichen Vernunft.
Das kleinere Problem, ein besseres Verständnis komplexer Phänomene
(Steuerungsprobleme und so weiter) wollen wir jetzt genauer beleuchten. Es geht
vor allem darum, dass Wirken möglichst vieler Einflussfaktoren auf verschiedene
Problemstellungen zu erkennen, vorauszusagen, zu bewerten und angemessen zu
berücksichtigen. Zur Verdeutlichung empfehlen wir in Lehrbüchern unter anderem
nach Regelkreisen zu suchen, die mehrere Faktoren berücksichtigen.
Zur weiteren Verdeutlichung betrachten wir nun einige Beispiele für mehr
oder weniger komplexe, häufige und zum Teil fatale Steuerungsprobleme: Wie
viele Müllverbrennungsanlagen soll man bauen? Wie viele Kindergartenplätze
werden benötigt? Wie kann man das politische Chaos im Nahen Osten
kontrollieren? Wie kann man den Entwicklungsländern zu konstruktiven
Entwicklungen verhelfen? Soll ich mich von meinem Partner trennen? Wie behandle
ich meine Nachbarn, Freunde, Kinder und so weiter? Wie beseitige ich
Arbeitslosigkeit, soziale Ungerechtigkeit, Probleme der Überbevölkerung, des
Gesundheitswesens, der Rentensicherung, der [gesunden] Ernährung, des
Steuerwesens, der Krankheitsverbreitung, der Kriminalität, des Hungers und so
weiter?
Einige beispielhafte nähere Betrachtungen dieser Problemstellungen
werden uns nun konkret verdeutlichen, wie die drei großen „B“ bei der
Regulierung komplexer Phänomene zusammenwirken. Bevor wir loslegen, weisen wir
daraufhin, dass es natürlich in der Gesellschaft auch Kräfte gibt, die
konstruktive Informationen und konstruktive ethische Einstellungen fördern und
vermitteln. Man kann sogar sagen, dass die Menschen und ihre Vorfahren dadurch
charakterisiert sind, dass sie böse (antihedonische) und gute (prohedonische)
Kräfte gleichzeitig zur Wirkung bringen. Der Mensch ist des Menschen „Wolf“ und
Engel zugleich. Seine bestialischen Aktivitäten übersteigen allerdings leider
seine engelhaften (altruistischen) im Durchschnitt deutlich. Bei Wölfen ist es
übrigens eher umgekehrt. Die konstruktive Regulation des komplexen
Zusammenwirkens dieser gegensätzlichen Kräfte (von „Wolf“ und Engel) fällt
sogar mit in die Problematik, die wir gerade (und in allen anderen Kapiteln)
diskutieren.
Wir beginnen mit den Müllverbrennungsanlagen: Bei dieser Planung spielen
unter anderem die anfallende Müllmenge, die Anfahrtswege und die finanziellen
Mittel eine Rolle. Hier liegt kein sehr kompliziertes Wirkungsgefüge vor.
Trotzdem gelang es in Deutschland Ende des 20. Jahrhunderts erwartungsgemäß
viel zu viele Anlagen zu bauen. Warum? Vor allem hatte man die Wirkungen des
Recyclings, der Kompostierung und der Müllvermeidung unterschätzt. Man hatte
also wieder einmal etwas naiv die Verhältnisse der Gegenwart in die Zukunft
projiziert. Hier vergeben wir ein B für Blödheit. Derartige Planungen
charakterisieren die gesamte (besonders die militärische) Geschichte der
Menschheit. Beispiele sind die militärischen Misserfolge der Römer gegen
Hannibal, Preußens und Österreichs gegen Napoleon und Deutschlands gegen
Frankreich und England im Ersten Weltkrieg.
In welchem Maße korrupte Verstrickungen zwischen Stadtverwaltung und
Unternehmern, die an Müllverbrennungsanlagen verdienen, für die Fehlplanungen
mitverantwortlich waren, weiß man nicht genau. Die bekannt gewordenen Skandale
im korrupten Kölner Klüngel berechtigen uns trotzdem, zwei B für betrügerische
Bestechlichkeit zu vergeben. Solche Verstrickungen erklären wahrscheinlich auch
viele Fehler bei der deutschen Steuerung des Gesundheitswesens, der
Stromversorgung, der Arbeitsvermittlung, der Verkehrsplanung, des Steuersystems
und so weiter. Hier verstecken sich so viele BBBBBB, dass nicht einmal der
bekannte bissig besteuerte Boris Becker den Spieß, der in all die beteiligten
bösen Buben gesteckt werden müsste, in den Grüften, in die sie gehören, so
schnell drehen könnte, wie sie es verdient haben. Leider werden die bösen Buben
und ihre alten Schachteln nicht einmal gequält, indem man sie zum Lesen
ellenlanger Schachtelsätze zwingt.
Wenn man die weltweit übliche Korruption mit der weltweit üblichen
Blödheit einiger Politiker paart, erhält man das, was man täglich in den
Nachrichten hören kann.
Gleichzeitig hört man natürlich auch von der Rettung der Regenwälder,
Brot für die Welt, (religiösen) Hilfsmaßnahmen aller Art und so weiter.
Niemand kann auch nur näherungsweise genau sagen, in welchem Maße
konstruktive und destruktive Kräfte jeweils zur Steuerung des Planeten
beitragen, geschweige denn in welche Zukunft sie ihn tragen werden.
Sicher ist, dass politisches Versagen seit Jahrtausenden ökologische
Katastrophen verursacht. Wie „geschickt“ Politiker Fehlplanungsorgien
zelebrieren, wollen wir an einem wenig ökologischen, aber sehr aussagekräftigen
Beispiel verdeutlichen. Wir gehen dahin, wo manche Politiker hingehören,
in Kindergärten beziehungsweise
Kindertagesstätten: Hier ist eine sinnvolle Planung noch einfacher als bei den
gerade besprochenen Geld- und Müllschluckern. Trotzdem gelang es bekanntlich
deutschen Politikern auch hier Mangelsituationen herzustellen. Hier hatten sie
um 2000 äußerst „genial“ ein Sinken der Bevölkerungszahlen richtig
vorausgesagt, kein Wunder, sie hatten es ganz wesentlich selbst verursacht. Den
(im Zuge der Emanzipationsbewegung, Verarmung und so weiter) steigenden Bedarf
an Kindergartenplätzen hatten sie nicht ganz so gut vorausberechnet, obwohl sie
doch auch diesen wesentlich mitverursacht hatten und haben.
Nun könnte man als Entschuldigung anführen, dass doch (wie auch bei
manchen ökologischen Problemen) die wichtigste Ursache im Fehlen finanzieller
Mittel läge. Dieses Argument trifft tatsächlich teilweise zu. Vor allem die
Einverleibung der DDR schuf finanzielle Probleme, die Politiker nur z. T. zu
vertreten hatten. Bei dieser konstruktiven, halbfreundlichen Übernahme waren
ausnahmsweise deutsche politische Köpfe, egal ob Rotkohl- oder SchwarzKohl-,
nahezu überhaupt nicht ursächlich beteiligt. Aber die Staatsverschuldung ist
schon sehr viel älter als das große Fressen der riesigen östlichen Hohnäcker.
Dieses Große Schlucken führte zwar wie üblich zu Übelkeit (z. B. zu östlichen
Blähungen und westlichen Schmähungen), doch die Staatsverschuldung verdankt man
primär anderen, übleren Üblichkeiten. Gerüchten zufolge liegen die Ursachen in
Fehlplanungen (wieder einige BBB), im Versuch uneinhaltbare Versprechen
einzuhalten und im freundlichen Umgang mit Vorstandsvorsitzenden von
Großbanken, Versicherungen, Stromversorgern, Großunternehmen und so weiter, die
man nach manchem gemeinsamen Urlaub auf gemütlichen Yachten schätzen gelernt
und Abschreibern gelehrt hatte.
Auf die meisten anderen oben vorgestellten Problembereiche (Naher Osten,
Partnerschaftsprobleme, Arbeitslosigkeit und so weiter) gehen wir in anderen
Kapiteln ein.
Wir wollen aber abschließend noch auf eine eher seltene Sondersituation
eingehen: Es gibt Problemfälle, bei denen auch der klügste, wohlmeinendste,
bestinformierte und fleißigste Politiker (oder ein sonstiger
Entscheidungsträger) die richtige Lösung meistens nicht finden und auswählen
kann. Wir verdeutlichen die Problematik an zwei Beispielen:
Wir beginnen mit einem ökonomisch ökologischen Simulationsexperiment,
das schon in den siebziger Jahren in „Spektrum der Wissenschaft“ veröffentlicht
wurde: Studenten bekamen die Aufgabe, einige dörfliche Gemeinschaften in Afrika
wirtschaftlich und politisch zu steuern. Sie mussten Dinge folgender Art
entscheiden: Was wird angepflanzt? Werden Bewässerungsanlagen gebaut? Werden
Wege angelegt? Alle Studenten waren relativ intelligent und wollten frei von
Egoismus das Beste für die schwarze Bevölkerung. Trotzdem führten alle die
Bevölkerung in Chaos oder Untergang.
Ein weiteres Beispiel ist die Regulation der Lebensbedingungen in der
biosphere 2 (Biosphäre 2) in den USA. Es handelt sich um ein teures, riesiges
Glashaus mit lebendem Inhalt, das u. a. gebaut wurde, um ähnliche Glashäuser z.
B. auf anderen Planeten zu simulieren. Dieses Haus soll eine Art zweite Erde im
Miniaturformat sein. Deshalb enthält es alle Grundtypen von Lebewesen (z. B.
Menschen und Nutzpflanzen), die bekanntlich in symbiotischen Prozessen
wechselseitig ihr Überleben ermöglichen. Der wichtigste Kreislauf besteht dabei
darin, dass Pflanzen mit Hilfe der Lichtenergie Nahrungsmittel für Menschen,
Tiere, Bakterien und so weiter liefern und selbst von diesen mit Licht, CO2,
Wasser und Nährsalzen versorgt werden. Hier liegt ein wirklich komplexes Gefüge
vor, das Menschen bis heute nicht restlos verstanden haben. Deshalb misslang
auch ein Experiment, bei dem Anfang des Jahrtausends einige Menschen mehrere
Jahre völlig autonom in dieser Biosphäre überleben sollten.
Zwischenmenschliche Probleme erschwerten die Situation noch zusätzlich.
In der Kultur gibt es Millionen Fälle, in denen Menschen (Politiker,
Trainer, Manager, Familienväter und so weiter) verantwortungsbewusst
gearbeitet, geplant und entschieden und dennoch Fehler gemacht haben. Leider
können oder wollen viele Menschen nicht angemessen überprüfen und bekannt
machen, ob und in welchem Maße ihre Fehler durch Schlamperei, Dummheit und
Korruption entstehen oder durch Schwächen, die sie nicht zu vertreten haben.
Deshalb entlassen sie manchmal Trainer, wählen Politiker ab, entziehen Eltern
das Sorgerecht, schießen Konzernmanager, Betriebsratsvorsitzende oder
Vereinspräsidenten ab und so weiter, obwohl diese kaum Fehler gemacht haben.
Noch häufiger allerdings vergeben sie Rechte und Posten aller Art, obwohl die
so Beschenkten menschlich und fachlich unterqualifiziert sind.
Psychologie und
Sinnesphysiologie
Das Wichtigste und Interessanteste, was Menschen im Universum kennen ist
ihr Gehirn. Psychologie müsste also eines der wichtigsten Fächer an Schulen
sein. Erwartungsgemäß ist das Gegenteil üblich. Ausbildungsinstitutionen
schützen junge Menschen systematisch vor dem Verständnis ihrer Psychen.
Andernfalls, könnten sie ihre Partner und Freunde sinnvoller auswählen,
sich besser mit Mitmenschen verstehen, die Entstehung psychischer Krankheiten
verhindern und solche Krankheiten heilen. Es „drohen“: harmonische Langeweile,
weniger Amokläufe an Schulen, weniger prügelnden Väter und vergewaltigende
Onkel, keine Nachmittagstagstalkshows, kein Daniel Küblböck usw.
Man könnte leicht den Eindruck gewinnen, dass Psychotherapeuten,
Pharmazeuten und Mediziner ihre Kultusminister usw. dafür bezahlen (bestechen),
dass diese die psychologische Ignoranz erhalten helfen wie manche Privatsender
jegliche Ignoranz. Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn man einmal betrachtet,
mit welcher Herzensgüte viele Bildungspolitiker ihren Kollegen bei der
Beschaffung von Arbeit unter die Ärmchen greifen. Sie schaffen keineswegs nur
wertvolle Arbeitsplätze für Lehrer (und wertlose Bildungsinhalte für Schüler).
Sie schaffen vor allem mit Hilfe ihres Bildungsangebots, juristischer
Hyperkorrektheit und Weicheischmusepädagogik auch „wertvolle“ Arbeitsplätze für
Juristen, (Schul)psychologen, Gefängniswärter, Rüstungsindustrie, Polizisten,
Krankenhauspersonal, Friedhofsgärtner, Drogendealer, Waffenhändler usw. Dies
mag witzig klingen, irrationale Informationsverbreitung ist jedoch tatsächlich
die billigste und effektivste Möglichkeit möglichst viel vermeidbaren Schaden
anzurichten.
Alle psychischen Störungen, psychische Medikamenten- und Giftwirkungen
sowie alle Formen des Lernens lassen sich nur wirklich verstehen (nutzen), wenn
die anatomischen und biochemischen Hintergründe bekannt sind.
Alle emotionalen und kognitiven (auf Denken und Wahrnehmung bezogenen)
psychischen Leistungen beruhen auf dem Zusammenwirken biochemischer Prozesse
und psychischer Strukturen (Synapsen, Hirnzellen sowie deren Vernetzungen
[Dendriten und Axone] usw.).
Um Lernen, Denken und Fühlen verstehen zu können, müssen wir uns also
mit dem Aufbau und den wichtigsten Funktionen des Gehirns vertraut machen.
Den Aufbau werden wir im Folgenden nicht genau besprechen. Dazu gibt es
genügend Literatur mit den notwendigen Abbildungen.
Das menschliche Gehirn besteht aus über 100 Milliarden Nervenzellen.
Viele davon sind zu Zentren mit speziellen Funktionen zusammengefasst.
Nervenzellen (=Neurone) haben meistens nicht wie die meisten anderen
Zellen nur einfache kugel-, quader- oder würfelförmige Strukturen. Sie haben
meistens zusätzlich lange fädige Fortsätze, die dem Transport von Informationen
dienen. Es gibt zwei Grundtypen dieser Fortsätze.
1. Dendriten sind (häufig vielfach verzweigte) Fortsätze, die aus der
Sicht des Zellkörpers Informationen empfangen.
2. Axone sind die (meistens ebenfalls verzweigten) Sendearme oder
Sendeäste von Nervenzellen. Einen Verbund aus vielen parallel verlaufenden
Axonen nennt man Nerven.
Die kugelig oder knopfförmig aufgeblähten Enden eines Axons heißen
Synapsen. Diese Enden berühren Empfängerzellen. Dies sind andere Nervenzellen
oder Muskelzellen. Wenn es Muskelzellen sind, nennt man die Endigungen
motorische Endplatten.
Für das Verständnis der menschlichen Psyche ist das Geschehen an
Synapsen besonders wichtig. Hier erfolgen wichtige Eingriffe durch Lernen,
Drogen, Medikamente, Schadstoffe und genetische Veränderungen.
Der Informationsfluss im Gehirn erfolgt auf und innerhalb der
Verzweigungen (Dendriten, Nerven) elektrisch, an den Berührungsstellen von
Axonendigungen und Empfängernervenzellen chemisch.
Elektrisch heißt, dass geladene Teilchen (Ionen, Elektronen, Protonen)
sich bewegen. Alle elektrischen Potentiale in Nervenzellen haben damit zu tun,
dass Ionen durch die Zellmembran wandern oder wandern „möchten“.
Die Potentiale, die über Axone wandern, heißen Aktionspotentiale. Bei
diesen Wanderungen spricht man von Erregungsleitung (nicht von Reizleitung).
Der chemische Informationstransport erfolgt durch die Wirkung von
Botenstoffen (Neurotransmittern) an Synapsen und motorischen Endplatten. Die
bekanntesten Transmitter sind Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin, Dopamin,
Oxytocin, Endorphine usw. (s. o. und s. u.). Neurotransmitter befinden sich im
Ruhezustand in den Synapsen. An den Synapsen bleiben Axon und Empfängerzelle durch
einen hauchdünnen, so genannten synaptischen Spalt getrennt. Wenn ein
elektrisches Signal vom Axon eine Synapse erreicht, gelangen
Neurotransmittermoleküle aus der Synapse in den synaptischen Spalt und zur
Membran der Empfängerzelle. Dort können sie elektrische Potentiale erzeugen,
stärken oder schwächen, indem sie Porenproteine in der Membran der
Empfängerzelle für bestimmte Ionen durchlässig machen. Diese Potentiale stellen
eine erste Form verarbeiteter Information dar. Dies kann zur Bildung eines Gefühls
wie Sympathie, eines Gedankens, eines Bildes, eines Hörerlebnisses, eines
Bewegungsbefehls usw. beitragen. (An diesen Phänomenen sind jedoch noch weitere
andere Hirnprozesse und -strukturen beteiligt).
Die Neurotransmitter sind die zurzeit am besten beeinflussbaren
Steuerungselemente menschlicher und tierischer Psychen. Sie sind es, die die
zentralnervösen Informationen spezifisch und kontrollierbar nur in einer
Richtung weiterleiten (Ventilfunktion [s. o.]). Dies ist eine notwendige
Voraussetzung für das geordnete Funktionieren der Psyche in allen Bereichen.
Die Konzentration der Neurotransmitter hängt von vielen Faktoren ab. Besonders
wichtig sind die Enzyme (=Biokatalysatoren, molekulare Handwerker [s. o.]), die
den Auf- und Abbau der Neurotransmitter (aller Substrate) beschleunigen. Sie
regulieren dadurch die Herstellung und Konzentration der Botenstoffe und damit
die Funktion aller Hirnzentren. Die Struktur und Funktion dieser Enzyme werden
ursprünglich von genetischer Information (Genen) bestimmt. Ihre Funktion (die
Funktion aller Stoffe in Lebewesen) kann aber auch durch Reizaufnahmen, Lernen,
genetische Veränderungen, Medikamente, Strahlung, Biorhythmen, Gifte,
Schwermetalle, Elektrizität, Schadstoffe usw. beeinflusst werden. Gleiches gilt
für die Porenproteine = (Locheiweiße, Kanalproteine), die u. a. für das
Konditionierungslernen (s. u.) sehr wichtig sind.
Besonders wichtig ist, dass die Menge der Porenproteine durch
Konditionierungslernen verändert werden kann. Dies erklärt, dass ein Verhalten
durch operantes Konditionieren - also die Kopplung des Verhaltens mit
angenehmen oder unangenehmen Gefühlen - häufiger oder seltener werden kann. Es
gibt Nervenverbindungen zwischen Gefühlszentren, wie dem limbischen System und
dem Hippocampus und verschiedenen Befehlszentralen für Bewegungen (Verhalten),
Drüsenaktivitäten usw. Die Wirksamkeit dieser Verbindungen und damit auch eines
Gefühls (Motivation) wird durch die ankonditionierte Vermehrung der
Porenproteine erhöht (vgl. oben und Kapitel 2?). Auf die gleiche Weise wird
auch die Erzeugung von Gefühlen durch Reize bestimmt und verändert (vgl.
Intuition). Auch die Zahl und die Lage von Axonen, Dendriten und Nervenzellen
werden durch Lernprozesse verändert. Je jünger ein Organismus ist, desto größer
sind im Durchschnitt derartige Veränderungsmöglichkeiten. So können z. B.
Kleinkinder wieder sprechen lernen, wenn ihr Sprachzentrum ausgefallen ist. Bei
Erwachsenen gelingt dies meistens nur eingeschränkt und sehr mühselig.
Der chemische Informationstransport hat den Nachteil, dass der
Informationsfluss verlangsamt wird, er hat jedoch den Vorteil, dass gerichtete,
geordnete Informationsübertragungen, -verarbeitungen und -auswahlen möglich
werden. Das liegt u. a. daran, dass Synapsen den Informationsfluss nur in eine
Richtung zulassen (siehe oben). Dies trägt zu gezielten Steuerungen des ganzen
Organismus bei.
Solche Steuerungen werden auch erreicht, indem die meisten Nervenzellen
Signale von vielen Synapsen empfangen und an viele Nervenzellen senden. Diese Signale
werden unterschiedlich gewichtet und bewertet. Sie können z. B. durch Addition
stärker werden oder sich gegenseitig
schwächen. (In beiden Fällen spricht man von Summation, bei Abschwächungen wird
mit Minuszeichen addiert.) Dadurch kommt es zu Verrechnungen. Diese sind eine
wichtige Grundlage aller emotionalen und rationalen Leistungen (genaueres s. u.
[z. B. unter „Intuition“]).
An einer Nervenzelle können Tausende von Synapsen liegen, die von
verschiedensten Hirnzellen aus verschiedenen Hirnregionen aktiviert werden
können. Alle können entweder hemmende (=inhibitorische) oder aktivierende,
erregende (=exzitatorische) Signale senden. Exzitatorisch bedeutet, dass die
Aktivität (Feuern) von Synapsen dazu beiträgt, dass die Empfängerzelle
ebenfalls aktiv wird. Die Aktivität dieser (Rezeptorzelle) besteht zunächst in
der Bildung von elektrischen Potenzialen an ihrer Membran (Membranpotentiale).
Diese Potentiale wandern über die Membran. Dabei schwächen sie sich ab. Wenn
„exzitatorische“ Membranpotentiale mit genügender Stärke bis zum Axonhügel der
Empfängerzelle gelangen, lösen sie dort die Bildung von Aktionspotentialen aus.
Der Axonhügel ist die Stelle am Zellkörper, an dem das Axon entspringt und der
übliche Bildungsort für Aktionspotentiale.
Die Signale von den Synapsen kann die Empfängerzelle verrechnen
(addieren). Diese Verrechnungen entscheiden wesentlich darüber, ob die
Empfängerzelle Aktionspotentiale bildet oder nicht. Bei der Addition
entsprechen exzitatorische Signale positiven Zahlen, inhibitorische Signale
entsprechen negativen Zahlen. Inhibitorische Synapsen wirken also im Sinne der
Unterdrückung von Aktionspotentialen, exzitatorische im Sinne der Bildung. Die
Aktionspotentiale wiederum können zur Bildung und Steuerung von Gefühlen,
Denkprozessen, Aufmerksamkeit usw. beitragen.
Wenn mehrere exzitatorische Synapsen gleichzeitig feuern, wird die
Bildung eines Aktionspotentials am Axonhügel der Rezeptorzelle
wahrscheinlicher. Man spricht bei dieser Erscheinung von räumlicher Summation.
Wenn eine Synapse mehrere Male in kurzen Abstände hintereinander feuert, wird
die Bildung von Aktionspotentialen ebenfalls wahrscheinlicher. Man spricht dann
von zeitlicher Summation. Die einfachste Form der Verrechnung von Informationen
ist die Nichtweitergabe. So werden z. B. fast alle Informationen, die das Auge
(Ohr, Nase usw.) aufnimmt nicht bewusst. Von denen, die bewusst werden, werden
wiederum fast alle nicht gespeichert.
Diese Additionen sind auch die wahrscheinlich wichtigste Grundlage aller
intuitiven (aber auch rationalen) Entscheidungen, wie z. B. die Entstehung von
Sympathie und Antipathie. Dabei entsprechen möglicherweise tatsächlich
unangenehme Gefühle einer Hemmung und angenehme einer Aktivierung. Die
Zuordnung kann auch umgekehrt sein. Bei der ersten Wahrnehmung eines
menschlichen Gesichtes werden hauptsächlich u. a. vom limbischen System, dem
Gefühlsmanagementbereich des Gehirns, alle angenehmen und unangenehmen Gefühle,
die im Zusammenhang mit ähnlichen Gesichtern erlebt worden waren, aktiviert. Entsprechend
der Qualität und Intensität der Gefühle werden nun elektrische Signale über
Axone zu Synapsen in bestimmte Bereiche - wahrscheinlich ebenfalls (u. a.) im limbischen System - geleitet. Diese
verrechnen in Millisekunden die unangenehmen (hemmenden) und angenehmen
aktivierenden Signale zu einem Mischgefühl, das Menschen Sympathie, Antipathie
oder allgemein intuitives Gefühl (Ablehnung, Appetenz) nennen (vgl. oben). Ein
solches Gefühl (intuitive Bewertung) kann von jedem Reiz (Tier, Auto, Haus usw.)
erzeugt werden. Es ist sehr wichtig, sich klar zu machen, dass intuitive
Entscheidungen und Bewertungen meistens als emotional bezeichnet werden, obwohl
sie es nicht sind. Der Rechenvorgang ist ein rein mathematischer (aber
keineswegs immer fehlerfreier Prozess). Emotional ist (oder erscheint) das
Ergebnis, nicht der Entscheidungsprozess.
Diese Verrechnungen laufen, wie alle psychischen Prozesse, nur dann
optimal ab, wenn zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort (z. B. einer
bestimmten Hirnregion) die richtigen Neurotransmitterkonzentrationen vorliegen,
und dieser Ort die richtige Struktur aufweist. Die richtige Struktur entsteht,
wenn die ursprüngliche Erbinformation (Wildtyp) vorliegt, viele angenehme und
konstruktive Erfahrungen, besonders in der Kindheit, gemacht wurden und keine
traumatischen Erlebnisse, Hirnverletzungen oder Vergiftungen usw. stattfanden.
Aus diesen Gründen kann die Lernfähigkeit der Menschen in allen Lernbereichen
sehr unterschiedlich sein.
Die Neurochemie des
Lernens
Biochemische Erklärung des Konditionierungslernens
Beim Konditionierungslernen entstehen oder vergehen Motivationen und
Aversionen, indem man ein Verhalten mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen
verbindet. Im Gehirn muss also die Wirkung eines Reizes und/oder Gefühls
stärker oder schwächer werden. Dies geschieht hauptsächlich durch die
Veränderung der Wirksamkeit von Synapsen. Eine Möglichkeit ist die oben schon
angesprochene strukturelle Veränderung der Zahl und Lage der Zellen und
Synapsen und der Verknüpfungen mit anderen Zellen. Dies geschieht zum Beispiel
beim Embryo und beim Säugling, wenn Grundmuster (s. o.) angelegt werden.
Änderungen der Verdrahtungen von Hirnzellen finden auch bei allen Lernvorgängen
oder durch Drogen, Medikamente und Schadstoffe statt. Wachstumsprozesse, bei
denen Neuronen (Hirnzellen) neue Fortsätze zur gegenseitigen Vernetzung bilden,
treten beim Menschen bis zum ca. 75. Lebensjahr auf. Auch bei alten Menschen
lohnt sich also nicht nur körperliches, sondern auch geistiges Training. Dadurch
werden nicht nur neue Strukturen geschaffen, sondern auch vorhandene
(einschließlich der zugehörigen Fähigkeiten) erhalten. Dies alles gilt für
intellektuelle und emotionale Leistungen! Körperliches Training führt,
ebenfalls bis etwa zum 75. Lebensjahr, nicht nur zur Vergrößerung und besseren
Durchblutung von Muskeln, sondern auch des Gehirns einschließlich aller
emotionalen Zentren.
Beim Konditionierungslernen hat noch eine andere Veränderung an Synapsen
besondere Bedeutung. Durch das Konditionieren kann die Zahl der Porenproteine
(s. o.) einer Empfängerzelle erhöht (Bahnung) oder erniedrigt werden. Dadurch
wird auch die Wirkung eines Neurotransmitters verändert. Wenn dieser
Informationen aus Hirnzentren übermittelt werden, können Motivationen verändert
werden. Menschen, die besonders während der Kindheit, viel Liebe, Wut,
Frustration, Trauer usw. erlebt (besser gelebt) haben werden in diesen
emotionalen Bereichen (ähnlich wie durch sportliches oder intellektuelles
Training bzgl. Beweglichkeit und Intelligenz) besonders leistungsfähig.
Auch am Imitationslernen sind Neurotransmitter, wie an allen komplexen
Hirnprozessen, beteiligt.
Die wichtigsten biochemischen Abläufe im Gehirn:
Auch für die Entstehung der Drogensucht spielt das
Konditionierungslernen eine erhebliche Rolle. Man kann die Entstehung der Sucht
als eine Art Missbrauch des operanten Konditionierens bezeichnen.
Medikamente, Drogen, Umweltgifte und Naturstoffe können zum Beispiel
Enzyme, Neurotransmitter und Porenproteine blockieren oder aktivieren, oder die
Funktion von Neurotransmittern übernehmen. Viele natürliche Gifte von Pilzen,
Schlangen, Pflanzen usw. haben die Funktion, Fressfeinde, Beute oder
Konkurrenten auf diese Weise zu bekämpfen, zu töten oder zu betäuben. Einige
davon wirken, meistens eher zufällig, auch beim Menschen.
Viele Drogen wirken wie Neurotransmitter. Morphium wirkt zum Beispiel
wie End(om)orphine, die sogar nach dieser Droge benannt wurden.
Weil viele Drogen, (auch Gifte und Medikamente) Neurotransmittern nur
ähnlich sind, nicht die gleiche Wirkungsintensität aufweisen, im Körper
chemisch verändert werden, nicht bestimmten Hirnbereichen gezielt und
spezifisch zugeordnet werden und in unphysiologischen (≈unnatürlichen)
Konzentrationen vorliegen können, können sie Störungen, Krankheiten und
Gefühlskombinationen und –intensitäten erzeugen, die bei der natürlichen
Erzeugung von Gefühlen durch äußere Reize nicht auftreten. (Ähnliche Effekte
lassen sich natürlich auch erzielen, wenn man -z. B. durch Gifte- Enzyme
beeinflusst, die für Bildung und Abbau von Neurotransmittern sorgen.) Wenn
diese Drogen (Transmitteranaloga usw.) längerfristig in zu hohen
Konzentrationen eingenommen werden, können sie die Motivationen so verändern,
dass auf den Konsum der Droge nicht mehr verzichtet werden kann (Sucht). Oft
verändern Drogen, Medikamente und Umweltgifte, besonders wenn sie in hohen
Konzentrationen und langfristig aufgenommen werden, die Psyche grundlegend. Die
Folge sind selten Heilungen, häufig Beruhigungen (chemische Zwangsjacke) und psychische
Störungen, wie Angstzustände, Wahnvorstellungen usw. Dies macht die, bei vielen
bequemlichen Ärzten beliebte, Übermedikation von psychisch Kranken z. B. in
Kliniken besonders fragwürdig.
Die Erzeugung, Regulation und Koordination aller Gefühle und
Neurotransmitter wird durch ein komplexes Wechselspiel von Enzymen,
Neurotransmittern, Hormonen usw. und die sukzessive (≈schrittweise)
Aktivierung von Genen auf eine noch nicht besonders gut verstandene und deshalb
sehr studierenswerte Weise gesteuert. Hypophysenhormone, Sexualhormone,
Wachstumshormone usw. spielen eine Rolle. Vgl. die Diskussion der Bedeutung von
Neurotransmittern in der Sexualität im Kapitel 4 Sexualität.).
Intuition und Verstand
Intuitive Entscheidungen werden von den meisten Menschen als emotionale
Entscheidungen („aus dem Bauch raus“) bezeichnet und oft besonders positiv
bewertet, weil dadurch Wünsche nach Bequemlichkeit, Mystik, Scheinhumanität
usw. und antitechnische Antriebe befriedigt werden. Gleichzeitig werden
(anstrengende) rationale Entscheidungen im persönlichen Bereich häufig
abgelehnt. Personen (z. B. Intellektuelle), die überwiegend rational
entscheiden, werden manchmal abwertend als verkopft bezeichnet. Der intuitive
Entscheidungsprozess ist aber ein mathematisches Abwägen (Addition) von Vor-
und Nachteilen, bei dem Emotionen zwar natürlich beteiligt sind, für die
Entscheidung jedoch ohne Bedeutung sind. Die Addition führt mit und ohne
Gefühle zum gleichen Ergebnis. Die meisten Gefühle werden bei intuitiven Entscheidungen
zudem tatsächlich nicht bewusst erlebt. So genannte emotionale Entscheidungen
sind daher rationalen Entscheidungen prinzipiell äquivalent (=gleichwertig),
bei ersteren besteht jedoch keine Möglichkeit der direkten bewussten
Fehlerkontrolle. Intuitionisten irren sich deshalb im Schnitt bei ihren
Entscheidungen häufiger als Rationalisten. Alle Menschen, die glauben, rein
rational oder rein emotional zu entscheiden, führen jedoch in Wirklichkeit
immer Mischungen dieser beiden Entscheidungsmechanismen durch. Bei
Intuitionisten überwiegen „emotionale“, bei Rationalisten rationale Anteile.
Intuitionisten können und wollen die Vor- und Nachteile der beiden
Entscheidungsstrategien und der gesamten Konditionierungsproblematik nicht
kritisch hinterfragen. Diese „verkopfte“ Analyse ist ja genau das, was sie
ablehnen. Dummheit, Vorurteile, Aberglaube, Mystomanie usw. sind die Ursachen
und Kennzeichen dieser antihedonischen Krankheit. Noch stärker antihedonisch
wirkt der meistens unumstößliche Irrglaube an die Unfehlbarkeit dieser
Intuition. Die hohe Irrtumswahrscheinlichkeit der Ähnlichkeitsintuition ist im
Kapitel X und oben erläutert. Zwei Menschen haben z. B. sehr selten den
gleichen Charakter, nur weil (wenn) sie sich äußerlich ähnlich sehen. Andere
Intuitionen wie z. B. die Deutung von mimischen Ausdrücken (Trauer, Scham, Wut
usw.) irren übrigens tatsächlich im Durchschnitt seltener. Wissenschaftliche
Untersuchungen haben darüber hinaus bewiesen, dass rationale Entscheidungen
keineswegs immer intuitiven überlegen sind.
Rationale
Selbststeuerung, Vernunft, Einsicht, Ich-Steuerung
Die ökonomischste pädagogische Maßnahme ist die Förderung von Einsicht.
Ein Schüler, der den Unterschied zwischen einem Leben mit und ohne Abitur
wirklich verstanden hat, wird, wenn keine anderen Aversionen ihn abhalten, mehr
für seine Ausbildung tun, als ein Schüler ohne diese Einsicht. Der ökonomische
und hedonische Aufwand für Erzieher, der nötig ist, um diese Einsicht zu
erzeugen, ist erheblich geringer, als der Aufwand für jahrelanges
Konditionieren (Loben, Strafen, Nörgeln) usw.
(Noch schwerer fällt vielen „Erziehern“ das Vorleben konstruktiver
Verhaltensweisen zum Zwecke der Nachahmung.).
Die intrinsische (von innen kommende) Motivation, die durch positive
oder negative Verstärkung entsteht, kann und darf jedoch auf keinen Fall durch
Einsicht vollständig ersetzt werden. (Negative Verstärkung ist nicht eine Form
der Bestrafung. Sie ist eine Form des operanten Konditionierens, bei der die
Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens dadurch erhöht wird, dass dem
Lernenden ein unangenehmer Reiz entzogen wird.)
Wer aus Einsicht handelt, muss dabei keineswegs angenehme Gefühl
empfinden. Häufig erlebt er dabei leider sogar unangenehme Gefühle. Deshalb ist
die Kopplung systemerhaltenden Verhaltens mit angenehmen Gefühlen eines der
obersten und wichtigsten Ziele einer rationalen Ethik (=des konstruktiven
Hedonismus [s. u.].
Menschen, z. B. Eltern und Lehrer, haben mit vernünftigen
Überzeugungsversuchen oft wenig Erfolg, weil viele diese als gebetsmühlenartige
Nörgelwiederholungen durchführen. Einsichtiges Verhalten kann, wie fast alles
menschliche Verhalten, nicht ohne (angenehme) Gefühle (Motivationen) entstehen.
Die unangenehmen Gefühle, die mit dem Nörgeln verbunden sind, können einsichtiges
Verhalten sogar verhindern. Nörgelnde Eltern haben inhaltlich meistens Recht,
machen aber formale (pädagogische, taktische, diplomatische) Fehler. Eine der
wichtigsten Ursachen dafür, dass Jugendliche vernünftige Ratschläge nicht
annehmen, liegt im häufig zwanghaften Charakter dieser Ratschläge. Die in der
westlichen Welt allgemein übliche liberomane Erziehung führt dazu, dass selbst
konstruktive Zwänge emotional unangenehm empfunden und abgelehnt werden. Zu
diesem Umstand (Antibelehrungsneurose) tragen auch alle Erziehungsfehler aller
Erzieher (vor allem der Lehrer) bei. Da das Lernen oft mit Frustrationen
kombiniert wird, erleben fast alle Menschen Aversionen, wenn man sie belehrt.
Wenn Zwänge durch Vorschläge ersetzt und durch konstruktives Konditionieren mit
angenehmen Gefühlen gewürzt werden, wird sich der gewünschte erzieherische
Erfolg vervielfachen.
Psychologische
Wissensdefizite
Alle Frustrationen können die grundsätzliche Fähigkeit, unangenehme
Gefühle zu empfinden verstärken und die Empfindungsfähigkeit für angenehme
Gefühle verschlechtern. Je stärker und häufiger die Frustrationen erlebt
werden, desto stärker wirken sie. Dies vermindert(e) die Fortpflanzungschancen
der Betroffenen. Die Natur (Selektion) erfand daher Mechanismen, um dieses Problem
zu vermindern. Die wichtigsten sind Apathie (≈Motivationslosigkeit),
Verdrängung und Tabuierung. Diese Erscheinungen werden von vielen Menschen, z.
B. vielen Psychotherapeuten entweder für schädliche Störungen oder für
akzeptable gottgewollte Notwendigkeiten gehalten. Beides ist falsch. Sie sind
arterhaltende Schutzmechanismen, die, besonders unter den heutigen
gesellschaftlichen Bedingungen, manchmal fehlerhaft arbeiten und Schaden
anrichten, aber auch konstruktiv wirken können. Dies wird im Folgenden erläutert.
Das Erinnern traumatischer Reize genügt oft, um die mit ihnen
verbundenen unangenehmen Gefühlen wieder zu erleben und die erneute Erinnerung
zu erleichtern. Dies verstärkt die negativen Folgen aller Frustrationen. Alle
unangenehmen Reize können darüber hinaus eine Unmenge von potentiell
destruktiven Motivationen und Verhaltensweisen hervorrufen. Sie können z. B.
apathisch (≈lustlos), aggressiv, sadistisch, autoaggressiv (≈selbstzerstörerisch)
usw. machen. Alle Formen von Dauerdepressionen erfüllen also häufig nicht ihre
biologische Funktion, Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Bei solchen (allen)
Formen rein destruktiven Leides ist Verdrängung und ihr Ersatz durch Vernunft
konstruktiv. Moderne Psychologen und Laien empfehlen oft die Vermeidung der
Verdrängung und das intensive Erleben (Auseinandersetzung) der unangenehmen
Gefühle, die psychische Störungen auslösen. Dies ist konstruktiv, wenn es zur
Lösung des Problems führt und nötig ist, sonst aber destruktiv. Wenn z. B. ein
Mensch immer wieder an den Partner erinnert wird, der ihn betrogen und
geschlagen hat, wird seine Frustration immer wieder geweckt. Sein Hass kann neu
erwachen. Seine Fähigkeit, einen neuen Partner zu lieben, blockiert bleiben.
Das gilt besonders, wenn, wie es häufig geschieht, die Ablehnung generalisiert,
also auf alle möglichen Partner übertragen, worden ist. Verdrängen und
Vergessen sind aber konstruktiv, wenn der Betroffene die ursächlichen Probleme
verstanden und aus Fehlern gelernt hat. Verdrängen und Vergessen tragen z. B.
dazu bei, dass Menschen wieder lieben und vertrauen lernen. Menschen sind
während einer Depression oder ganz normalen Traurigkeit meistens lustlos und
apathisch. Sie wollen allein sein. Dies hat gute Gründe. Wer etwas
Konstruktives tut, während er unangenehme Gefühle empfindet, wird
konditioniert. Es werden unangenehme Gefühle mit einem Verhalten verbunden. Das
Verhalten wird dadurch seltener. Anders ausgedrückt: Die Motivation für
konstruktive Handlungen, also die Lebensfreude des Betroffenen, wird geringer.
Konstruktive Handlungen sind - bzw. waren in der Zeit, in der die zur
Diskussion stehenden Mechanismen entstanden, - Jagd, Brutpflege usw. Wenn also
deprimierte Urmenschen jagten, tanzten, streichelten usw., verloren sie einen
Teil ihrer Freude an solchen konstruktiven Handlungen und Reizen. Dies
verringerte ihre generelle Lebensfreude und damit i. d. R. auch ihren
Fortpflanzungserfolg.
Es ist also sehr fragwürdig, dass viele Psychologen -wie zum Beispiel in
dem Lied „Nothing compares to you“ von Prince und Sinead O Connor- ihren
Patienten zur Bewältigung ihrer Depressionen Aktivitäten („You better try to
have fun, no matter what you do“) empfehlen. Die Fähigkeit zur Freude über jede
Art von „fun“ nimmt ab, je öfter diese
Versuche, Spaß zu haben, mit unangenehmen Gefühlen gekoppelt werden. Die
konstruktivste Lösung des Depressionsproblems ist die Beseitigung der Ursachen
und, wenn dies nicht möglich ist, bei leichteren Fällen intensive rationale
Tätigkeit, zum Beispiel „Doppelkopf“ spielen. Bei schweren Fällen empfehlen
sich kontrollierte Medikamenteneinnahmen.
Verdrängungen nehmen nicht nur Individuen vor, sondern auch Gruppen
verschiedenster Größen, z. B. ganze Nationen. Solche kollektiven Verdrängungen
zeigen beispielhaft, wie merkwürdig gegensätzlich Menschen mit Verdrängungen
umgehen. So haben das deutsche und das russische Volk mit manchmal grotesk
wirkendem Perfektionismus fast alle Erinnerungen (Denkmäler, Symbole usw.) an
Nationalsozialismus bzw. Kommunismus beseitigt. Amerikaner dagegen haben manches
Hotel bis heute nahezu in dem Zustand belassen, in dem sie es 1945 von den
Nazis übernommen haben. Sie hatten nicht weniger Grund den Nationalsozialismus
zu verachten, aber sie hatten keine Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle, die
es zu verdrängen galt. Nationalsozialistische Symbole und Vergleiche beendeten
ihre „Karriere“ in Deutschland nach dem Krieg keineswegs. Sie stiegen zu
kriminellen Mitteln mit höchster Verletzungs- und Beleidigungskraft auf. Das
ist sicher sinnvoller als (wie üblich) Tiernamen oder Begriffe aus der
Sexualität zu wählen, wirkt aber für den Außenstehenden kurios. Diese
Übertreibungen haben jedoch durchaus ihre arterhaltenden Funktionen: Sie
bewirken, dass ideologische Fehler massiv korrigiert werden. Deshalb wurde
Deutschland auch nach dem Krieg mehr als jedes andere Land von
nationalsozialistischen Ideen befreit. Österreich, das sich selbst –nicht ganz
zu Recht- zum Opfer des Nationalsozialismus erklärte, hat (mit erschreckender
Haiderkeit) mehr vom weltweit verbreiteten Ekelbraun bewahrt als sein deutscher
Nachbar (s. o.). Dass solche Rosskuren (Kriegsniederlagen) keine unbedingt
notwendigen Lernhilfen bei der Überwindung krankhafter Ideologien sind, zeigen
beispielhaft die Vernunft, die
Gorbatschow bei der Befreiung vom Kommunismus an den Tag legte und der Umgang
der skandinavischen Länder mit Rassismus, Alkoholismus, Kriminalität usw. So
wie jahrelanges quälendes Nörgeln (statt Kindererziehung) manchmal schlechter
ist als eine einmalige deutliche (nicht brutale) Bestrafung, kann auch eine
gewaltsame Revolution manchmal konstruktiver sein als die Qualen
jahrhundertelanger Ausbeutung.
Man sieht, dass kollektive wie individuelle Verdrängungen ursprüngliche
arterhaltende Funktionen haben. Deshalb haben auch fast alle Menschen angeborene
Anlagen für Verdrängungen.
Die konstruktiven Funktionen der Verdrängung und der Lustlosigkeit bei
Depressionen sind vielen Psychotherapeuten nicht bekannt. Dies gilt besonders,
wenn und weil den meisten biologische und ethologische (Ethologie = Verhaltenslehre)
Kenntnisse fehlen. Das menschliche Verhalten jedoch ist nur aus seiner
historischen und verhaltensbiologischen Entstehung heraus zu verstehen. (Es
gibt keinen Prozess der Gegenwart, der ohne seine Vorgeschichte verständlich
ist.)
Manchen Psychologen fehlen leider jedoch naturwissenschaftliche
Kenntnisse aller Art, da solche Kenntnisse im Studium an den meisten
Universitäten nur teilweise gefördert und gefordert werden, bzw. wurden, ihre
Bedeutung als Basis der Psychologie wenig bekannt ist, und manchmal dieses
Studium, wie viele andere, gewählt wird, um anstrengende, anspruchsvolle,
frustrierende naturwissenschaftliche Studien zu umgehen. In den letzten
Jahrzehnten hat erfreulicherweise in Deutschland die Mathematik (Stochastik,
Statistik) und Medizin einen gewissen Platz in der Psychologie erhalten. Die
ebenso wichtige Biologie wird weiterhin vielfach weitgehend ignoriert. Dies hat
kuriose Gedankengebäude zur Folge, die viele Begriffe wie
Rangordnungsverhalten, Herdentrieb usw. aus der Biologie durch Kulturbegriffe
realitätsverfälschend ersetzten. Schon das Wort „Trieb“ ist nicht erwünscht und
wird durch „Motivation“ ersetzt. Der Hauptgrund für die Bildung solcher
Begriffsysteme, die helfen, die wahren Sachverhalte und Zusammenhänge zu verschleiern,
ist Arroganz. Die Psychologie ist aus einer religiös bestimmten, teilweise
arroganten Philosophie entstanden, die den Menschen irrtümlich für etwas
Gottgeschaffenes, Besonderes, Gottgleiches hielt und hält. Diese Traditionen
haben sogar viele atheistische (≈ungläubige) Psychologen unbewusst
verinnerlicht (=internalisiert) und bis heute nicht überwunden. Wenn man
bedenkt, wie viel achtenswerter viele Tiere im Vergleich zu vielen Menschen, z.
B. bzgl. ihres Altruismus, ihrer Aggressionskontrolle und ihres natürlichen
Umgangs mit Sexualität sind, wird die Perversion dieser Arroganz deutlich.
In der Persönlichkeitspsychologie haben Menschen viele Konzepte zu den
Grundmotivationen des Menschen entwickelt. Diese Konzepte berücksichtigen fast
alle die ethologische menschliche Vorgeschichte, also vor allem die
Tierpsychologie, nicht oder zu wenig. Deshalb verfälschen sie alle die Realität
und führen zu teilweise antihedonischen Verhaltensvorschriften (= Normen,
Sitten, Gesetzen usw.).
Verhaltenstherapie
Eine der erfolgreichsten Psychotherapien, die Verhaltenstherapie,
arbeitet mit Konditionierungen. Wenn z. B. ein Verhalten oder Reiz zu Unrecht
oder unerwünschtermaßen unangenehme Gefühle, wie zum Beispiel Angst, Ekel usw.
erzeugt, wird dieses angstbesetzte Verhalten (Reiz) mit einem angenehmen Reiz
verknüpft. Dieser Vorgang heißt Gegenkonditionierung. Beispiel: Ein Mensch, der
Angst vor kleinen Räumen hat, wird gelobt, beschenkt, gestreichelt usw., wenn
er sich einem Aufzug nähert oder hineingeht.
Solche Maßnahmen führen in der Regel dazu, dass das angstbesetzte
Verhalten häufiger wird, weil die unangenehmen Gefühle (Motivationen) durch
angenehme Gefühle (Gegenmotivationen) überdeckt bzw. in ihrer Wirkung
unterdrückt werden. Solche Vorgänge finden bei jeder erfolgreichen
Psychotherapie statt, auch bei Therapeuten, die die Verhaltenstherapie
ablehnen. Sie sind neben den therapeutenunabhängigen Selbstheilungskräften der
Psyche die wichtigste Ursache für psychotherapeutische Heilungserfolge.
Zur Verhaltenstherapie gehört noch ein weiteres Verfahren, das die
Bezeichnung „ systematische Desensibilisierung“ erhalten hat. Durch dieses
Verfahren wird eine allmähliche Konfrontation des Kranken (Klienten) mit den
angstbesetzten Reizen oder Verhaltensweisen erreicht. Wenn z. B. jemand Angst
vor Spinnen hat, so wird der Therapeut zunächst eine entspannte Atmosphäre
schaffen, dann nur über Spinnen sprechen, dann Fotos zeigen, dann reale Spinnen
in Terrarien vorführen, dann selbst Spinnen auf die Hand legen und schließlich
den Klienten Spinnen berühren lassen.
Pädagogik
Der pädagogische Fortschritt
In modernen Zeiten ist man von Prügelstrafen und anderen „sportlichen
Aktivitäten“ in Industrieländern bekanntlich immer mehr abgekommen. Unsere
Formulierung verrät bereits, dass es nicht nur um Schonung der Kinder und
anderer Prügelknaben geht, sondern auch um Anstrengungsvermeidung seitens der
Prügler. Man entdeckte sogar eine hocheffiziente Ökonomisierungsmöglichkeit,
die in der berühmten Weisheit gipfelte: Warum mein Kind durch anstrengendes
regelmäßiges Prügeln zu einem aggressiven oder apathischen Halbverrückten
machen, wenn ich durch freundliches Gewähren aller Wünsche einen noch
verrückteren ewig unzufriedenen Amokläufer, oder einen, Nörgelkönig, oder eine
Zickenprinzessin aus ihm machen kann.
Zu diesem Thema folgende kleine wahre Geschichte: Eine junge Frau ist
mit ihrem vierjährigen Sohn zu Besuch bei ihrem Freund. Frühstück ist angesagt.
Unser Söhnchen blicket stumm auf dem ganzen Tisch herum. „Hast du
Stachelbeermarmelade?“ „Nein, tut mir leid, nur Erdbeer-, Himbeer- und
Brombeer-.“ Der Junge, jetzt lauter: „Ich will aber Stachelbeer-!!“ Die Mutter liebevoll besorgt wie immer: „Was
machen wir nur, wir müssen welche kaufen.“ Der Freund: „Etwas schwierig, es ist
Sonntag und das nächste Geschäft 5 km entfernt.“ Jetzt der Junge schreiend:
„Ich will aber Stachelbeermarmelade!!!“ Die Mutter: „Es tut mir leid, aber wir
können jetzt keine beschaffen.“ Der Junge wälzt sich inzwischen am Boden und
schreit in 30facher Wiederholung seinen Satz heraus, so dass die Nachbarin
irrtümlich, aber mit Recht, Angst und Bedenken bzgl. der mütterlichen
Erziehungsmethoden bekommt.
Wie hat die Mutter einen derart „patenten“ Kandidaten für
Langstreckenamokläufe herangezüchtet. Als erstes wandte sie die Gröhlemeyersche
„Kinder an die Macht- Devise“ an.
Eine Unterströmung der modernen Pädagogik lehrte gerade unterstützt von
einer ziemlich kritischen Kritischen Theorie diverser Frankfurter Schuler, dass
Kinder ein Recht auf das Ausleben ihrer Aggressionen und Freiheit jeder Art
hätten. Diese Unterströmung wurde weniger von Wissenschaftlern als von
Halblaien geschaffen. Besonders stark mischten aber nicht Halblaien, sondern
die gerade angesprochenen fünf frankfurter Halbweisen aus dem freudianisch marxistisch
paradiesischen Abendlande mit. Diese Halbweisen, Horkheimer, Adorno, Marcuse,
Habermas und Fromm hatten die Freiheit so groß auf die Fahnen der
Erziehungswissenschaften geschrieben, dass viele liberomane Pädagogen mit ihnen
und ihren (Frankfurter) Schülern oder Kindern unter- oder in unparadiesische
freudianische Therapie gingen.
Die Erkenntnisprinzipien waren nicht die sinnliche Wahrnehmung und das
Experiment, sondern man verabsolutierte wie üblich die Schlagworte der
Revolutionen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Natürlich mischte man
einige neue Abwehrmechanismen, ein bisschen Es, Über-Ich und allerlei
Unbewusstes dazu, doch empirisch wissenschaftliche Pädagogik tauchte kaum auf.
Dass man beim Ausleben der Aggressionen aggressives Verhalten lernen könnte,
lehrte diese Strömung z. B. weniger.
Außerdem war die Mutter natürlich auch voller Liebe zu ihrem Kind und
hatte ihm stets jeden Wunsch erfüllt, wenn sie es nur irgend konnte. Manchmal
konnte und/oder wollte sie allerdings nicht, zumindest nicht sofort, alle
Wünsche erfüllen. Je länger der Sohn jedoch quengelte oder bei besonderer
Unnachgiebigkeit der Mutter amokwürdig schrie, desto eher gab sie auch bei
berechtigten Einwänden nach. So trainierte sie ihrem Kind nicht nur aggressive
Terrorfähigkeiten, sondern auch das zugehörige Durchhaltevermögen an. Sie
ersparte ihrem Kind, wo immer sie konnte, Frustrationen. Das lag unter anderem
daran, dass ihre eigenen Eltern ihr viele Frustrationen „gegönnt“ hatten. Sie
handelte wie schon Milliarden Halbgebildeter vor ihr, sie schüttete die
Vernunft mit dem Bade aus und übertrieb das Gegenteil der gehassten
Erziehungsstrategien ihrer Eltern. Dass die Erziehung von „non frustration
children“ bereits von Wissenschaftlern ausprobiert worden war, wusste sie
nicht. Auch die Erfolge dieser Erziehung, häufig extrem aggressive Jugendliche
bzw. Erwachsene, kannte sie natürlich nicht. Vor solch „üblem“ Wissen schützen
die Kultusminister fast aller Länder ihre Schäfchen mit akribischem
„Wohlwollen“, aber nicht ohne sich über die Zunahme von Gewalt (an Schulen) zu
wundern. Natürlich würden die Kultusminister gerne helfen, doch müssten sie
dann an den „wirklich wichtigen“ altbewährten Fächern, Latein, Religion,
Deutsch, Französisch, Englisch, Mathematik kürzen. Das hatten viele der
bekanntlich besonders „dummen“ unmündigen deutschen Schüler Ende des
vergangenen Jahrhunderts dank der Wahlmöglichkeiten in der Oberstufe schon
getan. Um sie von diesen "üblen Irrwegen“ abzubringen und das alte
geisteswissenschaftliche Erbe zu retten, hat man die Fächer Deutsch, Englisch
und Mathematik hier und da wieder zu Pflichtfächern gemacht. Shakespeare,
Goethe und Gauß würden sich, ob dieses „Fortschritts“, wahrscheinlich im Grabe
umdrehen,
ETHIK
Nachdem wir nun einige Gedanken zum Verständnis dieser Welt
zusammengetragen haben, wollen wir uns noch etwas genauer mit der Frage
beschäftigen, wozu das alles gut sein soll und kann. Die Wissenschaft, die sich
mit diesen Fragen beschäftigt, ist die Ethik, ein Teilgebiet der Philosophie.
Ihr größtes Problem ist die Bestimmung ihrer Ziele, aber auch bei der Auswahl
und Festlegung der Regeln (Logik, Widerspruchsfreiheit, Beweisbarkeit usw.)
haben Menschen das übliche kunterbunte hyperfreiheitlich demokratische
Halbchaos gewählt.
Traditionell wird die Ethik als die Lehre von Sitten und Bräuchen, also
Verhaltensvorschriften definiert. Wir können sie ebenso gut als die Lehre von
der menschlichen Selbststeuerung bezeichnen. Es geht also ganz wesentlich um
die allgemeinen Ziele der menschlichen Selbststeuerung. Vereinfacht gesagt geht
es um die Definition des Begriffes „Lebensqualität“. Bevor wir uns dieser
Aufgabe widmen, formulieren wir den wichtigsten Gedanken dieses Kapitels: Die
wichtigste Aufgabe für jeden Menschen ist die Aufnahme, das Verständnis, die
Weitergabe und das Speichern möglichst vieler Informationen, die für die
Lebensqualität aller emotionsfähigen Lebewesen Bedeutung haben. Warum ist dies
so wichtig?
Erstens wird durch solche Bewusstseinsänderungen eine relativ weiche,
unblutige, angenehme, konstruktive Veränderung der Kultur möglich.
Zweitens ist konstruktive Informationsaufnahme in der heutigen
Gesellschaft besonders wichtig, weil die komplexesten Lebensbedingungen aller
Zeiten vorliegen, weil sich diese Lebensbedingungen schneller denn je verändern
und weil die Informationsverbreitung unzureichend erfolgt, da die Bildungspolitik und
Ausbildungsinstitutionen vielfach versagen.
Bezüglich der Bestimmung dieser Ziele haben auf der ganzen Erde
Religionen besondere Vorrechte. Diese Vorrechte beruhen nicht auf besonderer
wissenschaftlicher Qualifikation, sondern u. a. auf Glauben, Zwang, Gehorsam
und alten Traditionen. Deshalb empfiehlt es sich, alle vorhandenen ethischen
Vorschläge daraufhin zu überprüfen, ob sie wirklich der menschlichen
Lebensqualität dienen. Natürlich sollte man sich auch mit den zahllosen
Definitionsvorschlägen für Lebensqualität intensiv auseinandersetzen. In der
Philosophie findet sich eine Reihe von destruktiven und konstruktiven ethischen
Vorschlägen, die nicht immer mit religiösen Vorschriften übereinstimmen. Wie
wir unten noch genauer aufzeigen werden, steht -sowohl was die Ursprünge als
auch was die Ziele anbelangt- bei tierischen und menschlichen Selbststeuerungen
die Emotion im Mittelpunkt. Kurz gesagt: Das A&O jeder! Ethik (der Welt?!)
sind die Gefühle.
Die Gefühle
Wegen der fundamentalen Bedeutung der Gefühle haben wir eine Liste mit
den grundlegenden biologischen angeborenen Antrieben (Motivationen, Gefühlen)
und deren biologischen Funktionen erstellt (siehe Kap. X). An dieser Stelle
wollen wir dennoch kurz noch einmal eine nicht ganz vollständige Auswahl
stichwortartig vorstellen.
Nahrungstrieb (Geschmack, Hunger, Appetit), Spielverhalten, Neugier,
Liebe, Aggression, Flucht, Lachen, Lächeln, Körperpflege,
Rangordnungsverhalten, Sexualität, Jagd, Altruismus, Ökonomie, Sprache, Musik,
Hall, Echo usw.
Ursprünge der Ethik
Um die Gegenwartsethik zu verstehen, müssen wir natürlich auch wieder
ihre Entstehung betrachten. Manche Forscher bezeichnen die religiösen
Verhaltensvorschriften als die erweiterten, aufgeschriebenen (vor)menschlichen
moralischen Erfahrungen der letzten Jahrmillionen. Wir werden zeigen, dass die
menschliche Ethik tatsächlich aus tierischen Vorformen entstanden ist. Es gilt
also eine Beziehung zwischen Ethologie (=Tierpsychologie) und Ethik
aufzudecken, die die Ursprünge der Ethik beleuchtet:
Verhaltensforscher nennen die Vorformen der Ethik bei Tieren
"moralanaloges Verhalten". Bei allen Säugetieren, die in Gruppen
leben, finden sich Regeln, Motivationen und Signale, die das Sozialverhalten
ähnlich (in der Regel aber primitiver) steuern, wie menschliche Normen das
menschliche Sozialverhalten.
Man hat z. B. beobachtet, dass das große Gezeter, welches manchmal bei
Schimpansen beobachtet wird, in der Regel nicht ein chaotisches Durcheinander
ist. Egoistische Schimpansen, die ihr Futter nicht entsprechend der
(vor?)ethischen Regeln mit anderen geteilt hatten, wurden beispielsweise in
einem Fall von ihren Artgenossen bestraft. Mit ihnen wurde am nächsten Tag
ebenfalls das Futter nicht geteilt, was zu lautstarken Auseinandersetzungen
führte, die naive menschliche Betrachter für dümmliches Affengezänk halten.
Wie oben angesprochen gehen fast alle tierischen und menschlichen
Selbststeuerungen ausschließlich von den oben genannten Gefühlen aus. Gefühle
sind also fast immer die Ursache (Motive) für jegliches Verhalten. Die meisten
dieser Gefühle hängen eng mit angeborenen Verhaltensweisen (Trieben,
Automatismen, Reflexen) zusammen. Dies gilt auch für Gefühle wie Ehre, Neid,
Leidenschaft, Hass, Liebe, Freude, Jubel, Ausgelassenheit, Herzlichkeit usw.
Alle diese Gefühle lassen sich als Mischungen der in unserer Liste (s. o.)
aufgeführten Gefühle auffassen. Diese Mischungen entstehen hauptsächlich bei
der Wahrnehmung oder Erinnerung komplexer Reizmuster, werden aber auch durch
Lernprozesse, insbesondere durch operantes Konditionieren (s. o.) erheblich
verursacht und beeinflusst. Dadurch haben sie gegenüber den mit Trieben
gekoppelten Gefühlen eine gewisse Eigenständigkeit. Das Gefühl „Liebe“ kann z.
B. aus einzelnen Gefühlskomponenten wie Altruismus, Sexualität,
Brutpflegeverhalten, Rangordnungsverhalten, Neugier, Spielverhalten, Bewegung
usw. zusammengesetzt sein. Es entsteht z. B. bei der Wahrnehmung eines
Partners, einschließlich seiner Sprache, Gerüche, Berührungen usw.
Liebesgefühle können aber durch Konditionierungslernen mit nahezu beliebigen
Reizmustern verknüpft werden. Dadurch wird es möglich, dass manche Männer ihr
Auto mehr lieben als Ihre Frau. Bei der Bildung von Gefühlen gegenüber Reizen,
die sich nur in der modernen Kultur finden, werden biologisch ursprüngliche
Gefühle und eher erworbene Gefühle auf bisher unverstandene Weise kombiniert.
Dabei entstehen die verschiedenen Gefühle sogar zum Teil in verschiedenen
Hirnbereichen.
Machen wir uns die Bedeutung der Emotionalität für die menschliche
Selbststeuerung an Beispielen klar.
Der zentrale Bereich der menschlichen Ethik ist die Regelung des Umgangs
der Menschen miteinander. Dafür hat z. B. das Rangordnungsverhalten ganz
besondere Bedeutung. Es liefert nicht nur eines der stärksten Motive für
jeglichen Fortschritt, es liefert auch wesentliche Grundlagen für die Fähigkeit
zu Gehorsam, Pflichtgefühl, Gewissen, Selbstbeherrschung sowie Ehrgeiz und
Dominanz.
Ein anderes ethisch besonders bedeutsames Gefühl ist die Liebe,
insbesondere altruistisches Empfinden und –Verhalten. Es liefert die Motive für
gegenseitige Hilfe (symbiotische Kooperation, soziales Verhalten). Für
Letzteres spielen beim Menschen auch angenehme Gefühle bei sprachlicher
Kommunikation eine Rolle. Diese Rolle übernehmen im Tierreich eher Gefühle, die
bei wechselseitiger Körperpflege (Fellreinigung) entstehen.
Selbst für die vielfältigen scheinbar so typisch menschlichen
Höflichkeitsrituale finden sich bei Menschenaffen zahlreiche Vorformen. Es gibt
zahlreiche mimische und gestische Signale, die das soziale Verhalten
regulieren.
Schon bei Menschenaffen werden alle Gefühle teilweise durch Verstand
gesteuert und durch Lernen beeinflusst. Außerdem werden alle
Selbststeuerungsmaßnahmen ständig bei der realen Anwendung auf Tauglichkeit
überprüft. Es findet also eine Auslese statt (Beispiele unten). Diese bezieht
sich bei Menschenaffen sowohl auf genetische als auch auf erworbene Programme
zur Selbststeuerung. Beim Menschen ist diese Auslese wegen der extremen
Freiheitsverherrlichung weniger wirksam und sie wirkt sich auch überwiegend nur
noch auf erworbene Verhaltensprogramme aus. Überwiegend erworbene ethische
Verhaltensprogramme sind z. B. Benimm-Regeln, (Sexual)tabus, Neurosen usw.
Programme, die stark auf angeborenen Anlagen beruhen, sind alle in unserer
Übersichtsliste (Kap. X und s. o.) genannten Gefühle. Beispiele sind
Wutausbrüche, wenn Mitmenschen oder –tiere gegen vorgeschriebene Normen
verstoßen oder der Zwang, jemandem, der in Lebensgefahr gerät, helfen zu wollen
und zu müssen. Machen wir uns jetzt noch an Beispielen klar, wie die oben
erwähnte Auslese funktioniert:
Tierische Gruppen, die über Programme für Unterwerfungsgesten verfügten,
hatten höhere Fortpflanzungserfolge als andere, weil sie weniger Energie bei
Rangordnungsauseinandersetzungen verschwendeten.
Menschliche Gruppen, die z. B. gegenseitige Hilfe verherrlichten aber
das Töten von Artgenossen, ständige Sexualpartnerwechsel und Stehlen
verteufelten, hatten höhere Fortpflanzungserfolge als andere Gruppen.
Das hier verdeutlichte Auswahlprinzip ist einer der Gründe, weshalb die
Verhaltensvorschriften aller Religionen sich sehr ähneln. Unter ähnlichen
Umweltbedingungen entwickeln sich ähnliche Ethiken und Götter. In verschiedenen
Trockengebieten z. B. schaffen verschiedene Menschengruppen sich verschiedene
Regengötter. Diese Erscheinung entspricht dem, was wir in der Evolutionslehre
„Analogie“ nennen (s. o.). Unter ähnlichen Selektionsbedingungen entstehen
Arten mit ähnlichen Eigenschaften und Merkmalen, auch wenn sie nicht eng
miteinander verwandt sind. Ein beliebtes Beispiel sind die stromlinienförmigen
Körper der nur entfernt verwandten Fische, Wale, Pinguine usw.
Ein weiterer Grund für die Ähnlichkeit von Religionen ist ihre
Verwandtschaft. So, wie alle Lebewesen möglicherweise von einer Urzelle
abstammen, stammen vielleicht alle Religionen von einer Urreligion ab (vgl.
Kap. X). Wenn Merkmale und Eigenschaften von Lebewesen sich aufgrund
gemeinsamer Gene gemeinsamer Vorfahren entwickeln, spricht man von „Homologie“.
(Homolog sind z. B. die Flossen der Wale und Robben, die Vorderbeine der
Wirbeltiere sowie die Flügel der Vögel und die menschlichen Arme.)
Alle Gemeinsamkeiten heutiger Religionen beruhen z. T. auf solchen
Homologien, also auf gemeinsamer Abstammung, z. T. auf Analogien. Die
Ähnlichkeit von Christentum und Islam beruht z. B. ganz wesentlich auf
kultureller Homologie (Verwandtschaft). Beide Religionen haben u. a. einen
gewissen Abraham gemeinsam. Beide Religionen wurden später durch Mohammed,
Jesus, Luther, Calvin, überhaupt nicht unschuldige Päpste wie Innozenz III. und
IV. usw. verändert. Die verschiedenen Bekenntnisse entsprechen grob
biologischen Rassen, die Religionen entsprechen Arten.
Alle Abweichungen, alle Veränderungen und alle Gemeinsamkeiten zwischen
und von Religionen beruhen z. T. auch auf Zufällen, z. B. auf dem Charakter und
den Einfällen, Träumen oder Halluzinationen ein wenig verrückter Gurus,
Zauberer, Religionsstifter usw. Die Zufallswirkungen entsprechen den Mutationen
in der biologischen Natur. Alle Veränderungen religiöser Regeln (jeder Ethik
und vieler kultureller Entwicklungen) unterliegen einer kulturellen Auslese,
die der biologischen Selektion entspricht. Dazu haben wir im vorigen Abschnitt
Beispiele kennen gelernt (siehe „Regengötter“, vgl. aber zusätzlich auch Kap.
X).
Damit haben wir die Entstehung von Ethik ein wenig beleuchtet. Genaueres
findet sich u. a. in den Kap. X und X. Auch über die Probleme und Definitionen
menschlicher Ethiken haben wir dort viel geschrieben. Diese Gedanken gehören
zum fundamentalen Wissen für das Verständnis dieser Welt und für eine
konstruktive Selbststeuerung der Menschen, müssten also Thema dieses Kapitels
sein. Dennoch wollen wir nicht alles aus den speziellen Ethikkapiteln
wiederholen, sondern im Folgenden (und oben) nur die wichtigsten Gedanken noch einmal
zusammentragen.
Die größten Selbststeuerungsprobleme der Menschheit entstehen aus
Fehlern bei der Auswahl ethischer Werte, aus formalen Fehlern (Logik,
Widerspruchsfreiheit usw.) und destruktiver Verschiedenheit
(Hyperheterogenität).
Um die Lebensqualität auf diesem Planeten zu erhöhen, müssten also alle
ethischen Konzeptionen kritisch durchdacht, überprüft und verändert werden.
(Dazu sind die meisten Menschen nur in geringen Maßen bereit und fähig
[Indoktriniertheit, Dogmatismus, Dummheit, Wissensmangel]. Diese Bereitschaft
und Fähigkeit müsste also weltweit [z. B. durch Medien und
Ausbildungsinstitutionen] gefördert werden. Wir betonen nochmals, dass neben
der Verbreitung von kritischem Bewusstsein (formal) auch
die Verbreitung der relevanten Informationen (inhaltlich) unverzichtbar
ist.
Danach müsste die Menschheit sich auf die bestmögliche Ethik einigen und
diese erhalten. D. h., ideologische Freiheit einschränken.
Musik
Die Kunst hatte ursprünglich verschiedene biologische Funktionen. Sie
diente und dient der Bewältigung von Konflikten, dem ökonomischen,
ungefährlichen Ausprobieren neuer Ideen im Vorstellungsraum, der Speicherung
und Übertragung von Information, der Entwicklung von Sprache und Intelligenz,
der Befriedigung von Rangordnungsbedürfnissen, der Verbesserung handwerklicher
Geschicklichkeit, der Kommunikation, der Entdeckung, Kreation und Verarbeitung
neuer Strukturen und Ideen.
ENTSTEHUNG, SINN UND
WESEN DER MUSIK
Was ist Musik?
Musik und der musikalische Genuss beruhen auf zwei Hauptkomponenten:
1. Rhythmus
2. Klang (Töne, Melodien,
Obertöne, Konsonanz)
Beschäftigten wir uns zunächst mit den Tönen:
Musik besteht aus Schallwellen. Da wir es mit Wellen zu tun haben,
treten wieder Wellenlängen und Frequenzen auf. Die Frequenz =Schwingungen pro
Zeiteinheit (gemessen in Hertz) entspricht dem, was in der Alltagssprache
Tonhöhe genannt wird. Die Tonhöhe ist also bei Schallwellen etwas Ähnliches,
wie bei Lichtwellen die Farbe. Fast alle akustischen Signale bestehen aus Mischungen
von Wellen verschiedener Frequenzen. Diese Mischungen nennen wir
Schallwellenmuster. Es gibt zwei Grundtypen von Schallwellenmustern.
Schallwellenmuster, die entstehen, wenn Materie, wie z. B. Luft- oder
Wassermoleküle ungeordnet vibrieren, nennt man Geräusche. Beispiele sind
menschliche Lautsprache, raschelnde Blätter usw.
Wenn diese Vibrationen gleichmäßige, rhythmische Schwingungen sind und
nur eine Frequenz eindeutig vorherrscht, nennt man die entstehenden Muster von
Schallwellen Töne. Reine Töne, bei denen wirklich nur eine Frequenz erklingt,
sind selten und nicht ganz leicht zu erzeugen.
Wenn man menschlichen Gesang oder ein Instrument hört, erklingen neben
dem Hauptton (Grundton) immer gleichzeitig viele leisere Nebentöne, die man
Obertöne nennt. Diese Töne können die doppelte, dreifache usw. Frequenz des
Grundtons haben und in unterschiedlichen Lautstärken auftreten. Diese Obertöne
(ihre jeweilige Mischung) geben Instrumenten und menschlichen Stimmen ihren
charakteristischen Klang. Deshalb heißt auch die gesamte Mischung „Klang“.
Menschen können Schallwellen (Töne) zwischen ca. 20 Hertz und ca. 20000
Hertz hören. Das sind ca. zehn Verdoppelungen (von 20, nach 40, nach 80, nach
160 Hz usw.).
Von den elektromagnetischen Wellen können Menschen nur einen Ausschnitt
wahrnehmen (sehen) der eine Verdopplung beinhaltet. Dieser Ausschnitt heißt
sichtbares Licht und entspricht den Farben des Regenbogens.
Einen Ausschnitt von einer bestimmten Frequenz bis zum doppelten dieser
Frequenz nennt man Oktave. Diese Bezeichnung stammt aus der Musik und ist
eigentlich etwas unglücklich. In der Musik besteht eine besonders beliebte
Unterteilung der Gesamtheit von Tönen aus acht Tönen, der so genannten Oktave.
Der Begriff Oktave ist von dem lateinischen Wort „octo“ = acht abgeleitet.
Physikalisch betrachtet ist diese Einteilung, wie wir unten erläutern werden,
nachvollziehbar, aber nicht unbedingt die sauberste (mathematisch einfachste)
Lösung. Widmen wir uns kurz der Entstehung dieser merkwürdigen Oktave:
Um zu musizieren, mussten die Menschen das riesige Angebot von
Geräuschen und Tönen irgendwie ordnen und unterteilen. Es gibt unendlich viele
Zwischenfrequenzen zwischen allen Tönen und Frequenzen aller Wellen. Das wird
deutlich, wenn man Wölfe oder Sirenen heulen hört. Bei diesen akustischen
Signalen wird die Tonhöhe allmählich erniedrigt oder erhöht. Das können
Menschen übrigens auch mit ihren Stimmbändern erreichen, indem sie die
zugehörigen Muskeln allmählich und kontinuierlich zusammenziehen.
Wie unterteilt man nun diese Unendlichkeit von Wellenlängen und
Frequenzen sinnvoll in einzelne Stufen, die den Farben des Regenbogens
entsprechen? Das war die Frage, die sich das menschliche Hörzentrum und die
menschliche Erbinformation gemeinsam „voller Neid auf das Sehzentrum“
vielleicht schon vor ca. 1-2 Millionen Jahren zu stellten begann. Physikalisch
würde es sich anbieten, die Oktaven mehrmals zu halbieren. So käme man auf 3, 5, 9, oder 17 einzelne, verschiedene Töne.
Wenn Sie von jeder dieser Zahlen die Zahl 1 abziehen, erhalten Sie die übliche
Reihe (1), 2, 4, 8, 16. Der Grundton (C in C-Dur) wird in jeder Tonart zweimal
verwendet, deshalb weisen die typischen Tonreihen stets ein Element (Ton) mehr
auf als die übliche mathematische Reihe. Aber die Menschen gingen nicht mit
ihrem Verstand mathematisch, formal und exakt an die Sache heran, sondern sie
suchten mit ihren Gefühlen. Interessanterweise gingen aber ihre Gefühle und
Erbinformationen ziemlich mathematisch an die Töne heran. Die meisten Menschen
erleben besonders angenehme Gefühle, wenn die Frequenzen von gleichzeitig oder
direkt nacheinander erklingenden Tönen in möglichst einfachen ganzzahligen
Verhältnissen zueinander stehen. Solche Tonfolgen bzw. die Abstände und das
Verhältnis zwischen zwei Tönen nennen Menschen Intervalle. Die Intervalle,
welche angenehme Gefühle hervorrufen, nennt man Konsonanzen, die anderen
Dissonanzen. Das einfachste und angenehmste Zahlenverhältnis (Intervall) ist
1:2. Das ist nichts anderes als die schon erwähnte Oktave. Wenn also zwei Töne
gleichzeitig erklingen, von denen der eine doppelt so große Wellenlänge (bzw.
Frequenz) hat, wie der andere (eine Oktave), empfinden die meisten Menschen ein
angenehmes Gefühl. Oktaven klingen echt cool.
Nun stellt sich die Frage, wie die Unterschiede zwischen den
verschiedenen Intervallen physikalisch zu Stande kommen und wie sie von
Menschen erlebt werden. Schallwellen, die sich begegnen (überlagern), geht es
wie anderen Wellen auch. Bei einigen anderen Wellen kann man die
Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Wellen sehen oder sichtbar machen. Die
Welleninteraktionen, die uns hier am meisten interessieren, nennt man
Interferenzen. Werfen Sie zwei verschieden große Steine in einen Teich. Jeder
löst an der Stelle, an der er die Wasseroberfläche berührt, um sich herum die
Bildung kreisförmiger Wellensysteme aus. Weil die Steine verschieden groß sind,
sind die Wellenlängen und Frequenzen der Wellen von beiden Systemen
verschieden. (Dies entspricht dem gleichzeitigen Spielen zweier verschiedener Töne
auf einem Instrument.). Einige Wellen wandern von ihren Entstehungssorten aus
aufeinander zu. Wo sie sich begegnen entstehen seltsame Muster. Diese Muster
kommen dadurch zu Stande, dass die Wellenberge und Wellentäler von den
verschiedenen Zentren sich gegenseitig beeinflussen. Treffen zwei Berge oder
zwei Täler aufeinander, so bilden sie neue, größere Berge und Täler. Treffen
Berg und Tal zusammen, so bilden sie kleine oder keine Berge oder Täler.
Meistens treffen die Wellen nicht mit Extremstellen (höchste Berge oder tiefste
Täler) aufeinander, sondern mit irgendwelchen Übergangsbereichen
(Zwischenstufen). Dadurch entsteht auf der Wasseroberfläche ein kunterbuntes
Durcheinander, das aber auch geordnete Strukturen aufweisen kann. Die
entstehenden Muster weisen oft Strukturen, die sich gleichförmig (rhythmisch)
wiederholen auf. Häufig beobachtet man Serien aus vielen kleinen Wasserbergen,
die an Vibrationen erinnern. Schallwellen, die sich überlagern können ähnliche
Luftberge bilden. Wenn diese nacheinander das menschliche Ohr erreichen, werden
sie als Vibrationen wahrnehmbar. Es sind also vor allem unterschiedliche
Vibrationen, welche die verschiedenen Intervalle in der Musik kennzeichnen.
Spielt man zwei gleiche Töne oder irgendwelche Oktaven, so treten keine
Vibrationen auf. (Wir sehen hier einmal –etwas unzulässig- von den Obertönen,
die bei jedem Instrumentenspiel mitklingen ab.). Diesen Umstand kann man beim
Stimmen von Instrumenten ausnutzen. An Gitarren, Geigen, Klavieren und usw.
verändert man die Spannung einer Saite solange, bis keine Vibrationen mehr zu
hören sind, wenn man die Saite gleichzeitig mit einer gleichgestimmten Saite
oder einer Stimmgabel usw. anschlägt. Verändert man nun allmählich zunehmend
wieder die Spannung der Saite, so hört man zunächst Vibrationen mit niedriger
Frequenz, die zunächst mit der Spannungsänderung zunehmen. Die Vibrationen
werden vereinfacht gesagt immer schneller. Steigert oder verringert man die
Spannung nun weiter, so kommt es zu kunterbunten Veränderungen der Vibrationen.
Auch diese Veränderungen sind aber wieder nicht völlig chaotisch. Tendenziell
gilt, dass die Vibrationen rund um die Mitte innerhalb einer Oktave relativ
niedrigfrequent (= langsam) sind. in diesem Bereich liegen auch Intervalle, die
als besonders angenehm (konsonant) empfunden werden. Es sind Quart und Quint.
Direkt darunter und darüber liegen Terz und Sexte, die ebenfalls, wenn auch
etwas weniger, von den meisten Menschen als wohlklingend empfunden werden. Es
sieht also so aus, als seien keine oder wenigstens langsame Vibrationen ein
wichtiges Kriterium für den angenehmen Klang von Intervallen. Die Vibrationen
sind immer dann besonders langsam, wenn die Frequenz der gleichzeitig
erklingenden Töne möglichst einfache Zahlenverhältnisse bilden. Die Oktave
stellt eine objektive und die einfachste physikalische Beziehung dar. Ihrer
Wahrnehmung wurde ein besonders angenehmes Gefühl zugeordnet. Jedem Intervall
wurde ein bestimmtes Gefühl zugeordnet.
Genauer gesagt sorgte die biologische Selektion dafür, dass viele
Menschen gemeinsame angeborene Anlagen besaßen, die bei gleicher Sozialisation
zu ähnlichen angenehmen Gefühlen beim Hören bestimmter Intervalle führten. Hier
klingt schon an, dass auch beim Musikgenuss ein Teil der Zuordnung von Reiz
(Intervall usw.) und Reaktion (Gefühl usw.) gelernt wird. Zusammengehörige
Gruppen von Menschen sozialisierten sich früher meistens so, dass auch das
Lernen zur Ähnlichkeit bzgl. aller musikalischen Empfindungen beitrug. So
entstand im Mittelalter z. B. das heutige populäre musikalische Empfinden der
westlichen Welt, die tonale Musik (Genaueres s. u.).
Musikalische Heterogenität
In jüngster Zeit gilt in der Musik, wie in den meisten kulturellen
Bereichen, mehr denn je die Devise: „Lasst uns frei und ganz verschieden sein,
damit Menschen sich mit ihren unterschiedlichen -oder noch geiler
gegensätzlichen- Geschmäcken perfekt nerven können.“
Jahrhunderttausendelang hatten die Menschen Milliarden von tödlichen
Problemen, weil ihre territoral-rassistische und jugendinnovationistische
Verschiedenheit die Verschmelzung ihrer Kulturen behinderte. Heute fördern
selbst konservativste Antirassisten die übliche liberomane, –oder besser
masophile masochistenwürdige Selbstheterogenisierung. Allerdings ist es nicht
die Vielfalt selbst, die unvorstellbares unnötiges Leid erzeugt, sondern die
Tatsache, dass die meisten Menschen die meisten Formen von Musik (Moden, Möbeln
usw.) manchmal bis zum Erbrechen ablehnen. Doch zurück zu den genetischen
Grundlagen des Musikempfindens:
Die Entstehung des
Musikgenusses
Die teilweise angeborene feste Zuordnung bestimmter Gefühle zu
bestimmten Reizen (z. B. zu Tonintervallen)
ist ein alter Trick der Natur, der hilft, die Welt genauer abzubilden
und gleichzeitig Motivationen (Gefühle) schafft, um direkt reagieren und besser
überleben zu können. In diesem Fall vermitteln Gefühle direkt und korrekt aber
etwas ungenau bestimmte unsichtbare reale Zusammenhänge.
Wahrscheinlich entstand die Zuordnung von angenehmen Gefühlen zu
einfachen Zahlenverhältnissen, weil es sinnvoll war, die Entdeckung bestimmter
realer Zusammenhänge mit bestimmten Gefühlen zu verknüpfen und weil es (nur)
dadurch möglich wurde, gemeinschaftlich zu singen und zu musizieren. Wenn man
zwei Töne, die eine Oktave auseinanderliegen, als grundsätzlich gleich erkennt,
wird es zum Beispiel möglich, dass Kinder und Frauen mit hohen Stimmen
gemeinsam mit Männern mit tiefen Stimmen singen. Damit gemeinschaftliches
Musizieren angenehm und möglich werden konnte, mussten die Gefühle verschiedener
Menschen beim Wahrnehmen verschiedener Intervalle ähnlich sein. Eine solche
Gleichheit kann nur erreicht werden, wenn die erzeugten Gefühle auf angeborenen
Anlagen beruhen. Werden (würden) die Gefühle vornehmlich erworben, entsteht
(entstünde) die oben schon angesprochene (furchtbare?), frustrationsträchtige
musikalische Verschiedenheit. Gruppenmitglieder, die musikalisch ähnlich
empfanden, wie die gesamte Gruppe, hatten dadurch bessere Überlebens-
beziehungsweise Fortpflanzungschancen. Sie hatten zum Beispiel stärkere und
häufigere Bindungen (Kontakte) zur Gruppe, was Schutz bedeutete. Außerdem
diente die gemeinsame Musik wahrscheinlich auch schon früher zur
Synchronisation von territorialen Angriffen und Verteidigungen (s. u.).
Gruppen, bei denen sich besonders viele an solchen Aktionen beteiligten, weil
besonders viele auf die gemeinsamen musikalischen (anfangs vielleicht auch nur
rhythmischen) Signale reagierten, waren besonders erfolgreich.
Ihre Gefühle führten die meisten Menschen der westlichen Welt jedenfalls
dahin, eine Oktave in zwölf so genannte Halbtonschritte zu unterteilen. In den
meisten Musikstücken verwenden die Menschen allerdings, wie oben schon
angedeutet nur ca. 8 dieser 12 Töne. Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass
die Zahl der Unterteilungsschritte (Töne zwischen einer Oktave) nicht
entscheidend wichtig ist. Man wird auch bei einer Unterteilung in z. B. 20
Stufen (Töne) rund um die Mitte (die zehnte Stufe) besonders wohlklingende
Intervalle finden, nämlich immer dann, wenn zwei Töne einfache
Zahlenverhältnisse bilden. Mit circa acht Tönen konnte man alles erreichen, was
Hertz und Herz, oder besser das Gehirn, begehrten. Man konnte viele Intervalle,
die einfache Zahlenverhältnisse darstellten (Konsonanzen), bilden. Man hatte
ein einfaches System, was sowohl den gemeinsamen Gesang als auch den Bau von
Musikinstrumenten leicht möglich machte.
Wir wollen uns an Beispielen klar machen, was es mit diesen
Zahlenverhältnissen eigentlich auf sich hat. Wir gehen von einem Grundton mit
einer bestimmten Frequenz aus. Der Einfachheit halber wählen wir den berühmten
Kammerton „A“. Er hat die Frequenz 440 Hertz (=Schwingungen pro Sekunde). Eine
Oktave höher finden wir wieder ein „A“, diesmal aber von 880 Hertz. Lässt man
beide Töne gleichzeitig erklingen, haben wir ein Verhältnis von 440:880 = 1:2
bzw. 2:1. Dieses Verhältnis heißt Intervall. Suchen wir nach anderen einfachen
Zahlenverhältnissen! Das erste, was auf- und einfallen sollte, wäre 440 zu 660 Hertz.
Hochschulmathematiker, die vor der Pisastudie die Schule verlassen haben,
können diesen „komplizierten“ Bruch kürzen. Wenn man beide Zahlen durch 220
teilt, kommt man tatsächlich auf einen sehr einfachen Bruch, nämlich 2:3.
Dieses Zahlenverhältnis gehört zum einfachsten, was man sich denken kann und
auch zu einem besonders wohlklingenden Intervall, nämlich der Quinte. Das Spiel
können wir nun für alle Intervalle durchführen, überlassen es aber dem Leser
und der Fachliteratur, weil wir nur die Prinzipien verdeutlichen wollen. Wir
vergleichen aber noch einmal mit der mathematisch einfachsten Unterteilung:
a (c) e (g) a´ (c´)
440 495 550 605
660 715 770 825
880 Hertz
Die Zahlenreihe verdeutlicht, wie man eine Oktave physikalisch ideal in
Töne unterteilen kann. Man würde einmal oder mehrfach halbieren. Das führt zu
2, 4, 8, 16 usw. verschiedenen Tönen und ebenso vielen Intervallen. In unserem
Beispiel haben wir 8 verschiedene Töne gewählt, weil wir damit (zufällig?) ganz
in der Nähe der in Europa üblichen Unterteilung (Tonleiter) sind. Tatsächlich
enthält diese Tonleiter den Ton e =660 Hertz =Quint aus der Sicht des Grundtons
a und den Ton cis (große Terz). Die Quart dagegen 440:586,66 = 3:4 wird
(schmerzlich?) vermisst. Das dürfte ein Grund sein, aus dem die Menschen ihre
Unterteilung der Töne etwas anders gewählt haben als wir es oben dargestellt haben.
Sie haben (in der traditionellen europäischen Musik) Halbtonschritte und ein
Intervall weniger in ihre Tonleitern eingebaut.
Resümierend können wir sagen, dass menschlichen Ohren, Hörzentren, Gene
usw. offenbar großartig einfache mathematische und physikalische Zusammenhänge
erkannt haben. Die Unterteilung in zwölf Töne und die Weiterunterteilung in
bestimmte 8 Töne führt offenbar zu Musikstücken, die relativ einfach und für
die meisten Ohren im Sinne der angeborenen Anlagen besonders wohlklingend sind. Fast die gesamte
Popmusik, aber auch Volksmusik und weite Teile der klassischen Musik verwenden
oft nur acht Töne in einem Musikstück und vornehmlich konsonante Klänge. Das
Ganze nennt man dann tonale Musik. Diese acht Töne bilden die so genannte Tonleiter.
Die bekannteste ist die C-Dur Tonleiter. Die acht Töne sind nach dem Alphabet
bezeichnet. Sie heißen: C, D, E, F, G, A, B, C.
In Deutschland hat man ziemlich blödsinniger Weise aus dem B ein H
gemacht.
Wenn ein Lied vornehmlich diese acht Töne enthält, sagt man, es sei in
der Tonart C-Dur geschrieben. Schreibt man jeden Ton dieses Liedes einen
Halbton höher (=transponieren), so hat man ein Lied in Cis-Dur. Das ist eine
ungebräuchliche Tonart. Einen weiteren Halbton höher kommt man auf eine beliebte
Tonart, D-Dur. So kann man alle Tonarten bilden, indem man immer weiter um
jeweils einen Halbton erhöht oder erniedrigt. Besonders gebräuchlich sind die
Tonarten C, D, G, F, A, B (nicht H).
In jeder Tonart (Tonleiter) finden sich auch Halbtonschritte, meistens
zwei. Diese kann man an verschiedene Stellen legen. Auf diese Weise entstehen
u. a. die Moll-Tonarten. Die alten Griechen nutzten außerdem noch mehrere
andere Varianten, Details überlassen wir aber der Musikliteratur. Relativ
einfache Zahlenverhältnisse ergeben sich bei Intervallen von 1, 3, 4, 5, 7, 8
und 9 Halbtonschritte. Die entsprechenden Intervalle heißen Prime (1), kleine
Terz (3), große Terz (4), Quart (5), Quint (7), kleine Sexte (8) und große
Sexte (9). Man sieht, dass die meisten Zahlen nicht zu den römischen
Zahlennamen passen. Bei Quart erwartet man die Zahl 4, also 4 Töne bei Sext 6
Töne usw. Zu dieser Zuordnung kommt man tatsächlich, wenn man die Töne der
Tonleiter verwendet. Darin finden sich ja hauptsächlich Ganztöne als kleinste
Zwischenstufen. Ein Ganzton besteht natürlich aus zwei Halbtönen. Das Ganze
wird deutlich, wenn wir einmal eine 12-Tonreihe mit fettgedruckten Tönen der
C-Dur Tonleiter aufschreiben: C, Cis, D,
Dis, E, F, Fis, G, Gis, A, B, H, C. Zwischen E und F sowie zwischen H und C
liegen die Halbtonschritte. Von C nach G zählt man C, D, E, F, G, also 5 Töne,
was der Quint im Lateinischen entspricht. Die nicht fett geschriebenen Töne
(Buchstaben) entsprechen übrigens den schwarzen Tasten auf Klavier, Orgel usw.
Alle (in den meisten Menschenohren) wohlklingenden Intervalle nennt man
Konsonanzen. Intervalle, die unangenehm klingen, nennt man Dissonanzen. Spielt
man z. B. zwei Töne gleichzeitig, die zwei Halbtöne auseinander liegen
(Sekunde), so klingt das in den Ohren (Hörzentren, limbischen Systemen) der
meisten Menschen ziemlich unangenehm (dissonant).
Fassen wir das Wichtigste
zusammen:
Es gibt angeborene Anlagen für angenehme Gefühle, die beim Hören von
Konsonanzen und unangenehme Gefühle, die beim Hören von Dissonanzen entstehen.
Diese Gefühle beruhen auf einfachen physikalischen Erscheinungen. Wenn zwei
Töne gleichzeitig ertönen, deren Wellenlängen in einfachen Zahlenverhältnissen
zueinander stehen, bezeichnen und empfinden Menschen sie als konsonant
(=beruhigend, entspannend, wohlklingend), sonst als dissonant (unstimmig,
unangenehm, eine Auflösung fordernd). Mit Auflösung ist in der traditionellen
Musik mindestens eine folgende Konsonanz gemeint.
Historische Entwicklungen
Unser Ziel soll es sein, die Entstehung der heutigen ursprünglich
europäischen vorherrschenden Musik zu verstehen. Dazu müsste man natürlich die
gesamte Entwicklung kennen. Je weiter wir jedoch zurückschauen, desto unklarer
und unsicherer sind die Befunde. Die heutige übliche Notenschrift hat sich über
mehr als 1000 Jahre allmählich entwickelt. Auch die alten Griechen und einige
asiatische Kulturen hatten einfache Notenschriften entwickelt. Vorher wurde
mindestens 50.000 Jahre lang musiziert, jedoch kaum Kopien der Musikstücke
angelegt. Man fand Hinweise auf Musikinstrumente, aber nur wenig zu Musik.
Unser europäisches Musikempfinden ist, wie so vieles, unter anderem aus
griechischen Traditionen entstanden. Pythagoras hatte schon das Wesen der
Konsonanzen erkannt. Eine Quart liegt zum Beispiel dann vor, wenn zwei gleiche
gleich gespannte Saiten gezupft werden, von denen eine 30, die andere 40 cm
lang ist (3:4). Die Griechen kannten auch schon die Unterteilung einer Oktave
in acht verschiedene Töne und verschiedene Tonleitern. Diese bestehen aus Ganz-
und Halbtonschritten. Dies nennt man diatonisch.
Mit solchen Tonleitern arbeitete auch die Musik des Mittelalters, aus
der unsere heutige Musik hauptsächlich entstanden ist. Während aber die
Griechen noch viele verschiedene Tonleitern kannten, weil sie die Halbtöne an
alle möglichen Stellen in der Tonleiter setzten, beschränkte sich die Musik des
Mittelalters auf zwei Grundtypen. Zunehmend kristallisierten sich nämlich die
Tonarten Dur und Moll heraus. Die unterschiedlichen Varianten wie z. B. Dur und
Moll heißen Tongeschlechter. Die Klangfarbe und die Qualität der auslösbaren
Gefühle des Tongeschlechts hängen von der Setzung der Halbtonschritte ab. Von
der Musik des Mittelalters blieben vor allem geistliche Musikstücke (vor allem
gregorianische Gesänge) erhalten. Es wurde vornehmlich in Klöstern überhaupt
irgend etwas aufgeschrieben. Der Aufbau von Harmonien wurde streng eingehalten.
Häufig enden Musikstücke mit der so genannten Kadenz. Das ist die Folge
der Dreiklänge (oder ihrer Grundtöne) Tonica, Subdominante, Dominante, Tonika.
Das angenehme Empfinden eines solchen Abschlusses von Musikstücken und von
konsonanten Klängen ist wie auch das unangenehme Empfinden dissonanter Klänge
z. T. erlernt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts haben Menschen in Europa vornehmlich
tonale Musik komponiert, gehört, gesungen, gespielt und genossen. Zur
Erinnerung: Tonal bedeutet, dass man vornehmlich in einer festgelegten Tonart
bleibt und konsonante Klänge eindeutig bevorzugt. Die Mehrheit bevorzugte und
bevorzugt Musik dieser Art. Diese musikkonservative Mehrheit folgte angeborenen
Anlagen, dem z. T. zufallsbedingten Konsens der jeweiligen Zeit und
dogmatischen Bewahrungstendenzen gepaart mit der Angst vor dem Fremden.
In diesem Sinne komponierten Komponisten der Klassik (ca. 1750-1820) wie
Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel, Joseph
Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart ihre Musik. Allerdings machte zum Beispiel
schon Bach sich bei Teilen seines Publikums unbeliebt, indem er so genannte
funktionelle Disharmonien einsetzte.
Danach, Im 19. Jahrhundert, in der Romantik (1820-1920) lösten
Komponisten wie Frédéric Chopin, Robert Schumann, Johannes Brahms und Richard
Wagner die altbewährten Normen ein wenig auf. Man wechselte öfter einmal die
Tonart und baute unharmonische Töne und dissonante Akkorde in die Werke ein.
Noch weiter lösten im 20. Jahrhundert einige Komponisten, wie Claude
Debussy, Béla Bartók und Igor Strawinsky die alten konsonanten Traditionen auf.
Andere Komponisten, wie Arnold Schoenberg, Anton Webern und Alban Berg
gingen noch weiter. Sie gaben also die Tonalität ganz auf und schrieben atonale
Musik.
Anfang des 20. Jahrhunderts war in der Musik wie -in der übrigen Kunst-
eine Strömung entstanden, die zur Aufgabe der alten Normen blies. Einigen
Musikern war wohl die traditionelle Musik langweilig geworden und man brach zu
neuen Ufern auf. In der atonalen Musik z. B., behandelt(e) man alle zwölf
Halbtöne und alle möglichen Intervalle weitgehend gleich. Deshalb wird diese
neue Musikrichtung wird auch
12-Ton-Musik genannt. Sie konnte sich aber nicht allgemein durchsetzen.
Wahrscheinlich ist es bei den meisten Menschen nicht möglich, die angeborenen
und erworbenen Vorlieben für konsonante Klänge durch Lernen in eine
(zusätzliche) Genussfähigkeit für dissonante Klänge zu verwandeln. Das bedeutet
keineswegs, dass die Zuordnung von angenehmen Gefühlen und den üblichen
konsonanten Intervallen eine unumstößliche ewige Wahrheit ist. Es handelt sich
um eine ursprünglich arterhaltende Konvention. Diese Konvention beschränkt sich
aber nicht auf menschliche Psychen, sondern liegt auch in menschlichen Genen.
Dadurch wird sie noch schwerer veränderlich. Für eine solche Veränderung lässt
sich auch kaum eine vernünftige Begründung finden.
Fragen wir uns in diesem Zusammenhang, warum entstanden überhaupt in der
traditionellen Musik Strömungen, die zur Aufgabe der alten Normen bliesen.
Mögliche Ursachen sind: Gewöhnungslernen, Prestigedenken, politischer Protest,
Experimentierfreude, Innovationsappetenz, genetische Veränderungen, Freude am
Widerstand gegen aufgezwungene Normen usw. Ähnliche Strömungen finden sich auch
in der modernen Musik (einschließlich Unterhaltungsmusik) und anderen
(Kunst)Richtungen.
Die wichtigsten vertretbaren Gründe für die Entwicklung der
dissonantophilen Zwölftonmusik (philein = lieben) und später Avantgarde lagen
in Gewöhnungslernen, Prestige und Innovationsappetenz, also der Suche nach
Neuem. Da aber auch in der traditionellen (tonalen, konsonantophilen) Musik
eine unvorstellbare Menge an Variationen möglich ist, erscheinen diese Gründe
(Argumente) für jegliche Dissonanzförderung nicht überzeugend.
Gegen die Dissonantophilie spricht auch die mit ihr verbundene
Heterogenisierung. Damit meinen wir, dass Menschen bezüglich ihres Musikgeschmacks
noch vielfältiger (heterogener = verschiedener) und emotional gegensätzlicher
werden. Diese Verschiedenheit und die meistens damit verbundene emotionale
Gegensätzlichkeit führen häufig zu mehr destruktiven Konflikten als zu
konstruktiven Effekten, wie z. B. Fortschritt (s. o. und überall).
Die Menschen haben die biologischen Selektionsbedingungen, welche sie
musikalisch (und auch in vielen anderen Beziehungen wie zum Beispiel Malerei,
Mode und Möbel) ähnlich machten, weit gehend beseitigt. Nun genießt der eine
genau das Musikstück, Bild, Möbelstück, Denkmodell, Kleidungsstück,
Theaterstück, Kabarett-, Fernsehprogramm usw., was den anderen anekelt. So
steigt die allgemeinen „Freude“ dank der allseits beliebten Devise: Lieber frei
und gegensätzlich, als glücklich! Dabei liegt das eigentliche Übel allerdings
nicht in der Vielfalt an sich, sondern in der meist irrationalen starken
emotionalen Ablehnung vieler Modeströmungen, Musikrichtungen usw.
Genetische Veränderungen
Eine mögliche Ursache für die Entstehung und die, wenn auch nur mäßige,
Verbreitung atonaler Musik liegt in möglichen genetischen Veränderungen der
Komponisten und Konsumenten. Diese Möglichkeit wurde bisher wie üblich kaum
betrachtet und schon gar nicht untersucht. Mit Sicherheit sind aber einige
Menschen genetisch so verändert (mutiert) und/oder durch Erfahrungen so
verändert, dass sie Dissonanzen als wenig unangenehm, bzw. sogar als angenehm,
empfinden. Dies ähnelt vielleicht dem, was man in anderen Bereichen
„Masochismus“ nennt, allerdings ist dies ein Masochismus ohne nennenswerte
unmittelbare negative Folgen. Die (wenigen) Freunde der 12-Ton-Musik genießen
diese, ohne dabei Schaden zu nehmen. Vielleicht lösen sie geringfügige
Nachteile für Mitmenschen aus, wenn sie diese für die 12 Ton-Musik begeistern
und gleichzeitig ihre Möglichkeiten, tonale Musik zu genießen, schmälern.
Dieses Verfahren ist für die Menschheit sehr typisch. Man fördert und
untersucht die Anlagen und Talente junger Menschen grundsätzlich selten bewusst
und fördert sie, „zum Ausgleich“, auch unabhängig von ihren Fähigkeiten mit
Vorliebe in wenig konstruktiven Bereichen.
Vielleicht ergibt sich auch ein geringer Nachteil für die gesamte
Menschheit, wenn die genetische Heterogenität beim Musikgenuss gefördert wird.
Die Nachteile wären ähnlich, wie die Nachteile, die schon bei der Verteufelung
der verschiedenen Musikstile und –richtungen entstehen. Das gemeinsame Genießen
der Musik würde jedenfalls schwieriger und die biologischen Funktionen der
Musik (s. u.) könnten nur noch weniger erfüllt werden. Das hätte Vorteile, wenn
es z. B. um militärische Synchronisation kleiner rassistischer Geister ginge,
wenn jedoch zum Beispiel der gemeinsame Genuss von Tanzen und Singen erschwert
wird, hat das eher Nachteile. In diesem Zustand hat sich die Menschheit
allerdings unter anderem durch die Schöpfung zahlreicher gegensätzlicher
Musikstile bereits gebracht, ohne die Nachteile auch nur zu registrieren.
Harmonielehre
Jetzt wollen wir noch kurz erläutern, wie man Lieder (Melodien)
begleitet. Dabei begnügen wir uns wieder mit wenigen wichtigen Prinzipien.
Wir gehen von einer Melodie (Lied) aus, die vornehmlich die Töne der
Tonart C-Dur enthält. Als Begleitinstrumente wählen wir eine Bassgitarre und
eine Rhythmusgitarre. In diesem Lied kommen im einfachsten Falle nur die 7 Töne
c, d, e, f, g, a, h vor. Beginnen wir mit der
Rhythmusgitarre. Auf der Gitarre schlägt man meistens fast gleichzeitig
sechs Saiten an. Dabei erklingen jedoch meistens nur drei verschiedene Töne.
Die übrigen sind Oktaven zu diesen Tönen. Solche Zusammenklänge nennt man
allgemein Akkorde, bei drei verschiedenen Tönen Dreiklänge. Natürlich gibt es
auch Zweiklänge, Vierklänge usw. Dreiklänge sind aber als Begleitakkorde
besonders beliebt. Grundsätzlich spielt man immer den Dreiklang, der zu den
Tönen der gerade vorgetragenen Melodie passt. Passen heißt, dass gleichzeitig
Töne erklingen, die konsonante Intervalle bilden. Schon der Dreiklang selbst
besteht aus drei Konsonanzen. Die üblichen Dur–Dreiklänge bestehen aus einem
Grundton, der zugehörigen großen Terz und der Quint. Der C-Dur-Dreiklang
besteht also aus den Tönen c, e und g. Dieser Klang wird gespielt, wenn in der
Melodie hauptsächlich (besonders an langen betonten Stellen) diese drei Töne
verwendet werden. Betonungen ergeben sich u. a. aus dem Takt, in dem das Lied
(Musikstück) geschrieben ist.
Wir haben jetzt einen Begleitakkord für 3 mögliche Töne. Es fehlen noch
4 Töne. Für diese 4 reicht ein weiterer Dreiklang nicht aus. Es müssen noch 2
Dreiklänge her. Dann haben wir zwar insgesamt 9 Töne –einige sind doppelt- aber
das wirkt sich nicht weiter störend aus. Es ist oft sogar ganz praktisch. Die
anderen beiden Dreiklänge heißen in allen Tonarten Subdominante und Dominante.
In C-Dur ist die Subdominante der F-Dur Akkord und die Dominante der G-Dur
Akkord. F-Dur besteht aus den Tönen f, a, c. G-Dur besteht aus den Tönen g, h,
d.
Oft verwendet man auch Moll-Akkorde. In C-Dur wird von den Moll-Akkorden
am häufigsten „a-Moll“ verwendet. Dieser besteht aus den Tönen a, c, e. In
diesem Dreiklang liegt die kleine Terz zwischen dem Grundton a und dem
mittleren Ton (c), während die große Terz zwischen mittlerem und oberem Ton
liegt. Das ist bei allen Moll-Akkorden so. Bei allen Dur-Akkorden ist es
umgekehrt. Dieser kleine Unterschied lässt den meisten Menschen die
Moll-Akkorde weicher oder trauriger erscheinen.
Nun wollen wir noch kurz auf die
Bassgitarre (Bassinstrumente) zu sprechen kommen. Grundsätzlich erfolgt die
Begleitung nach den gleichen Regeln, wie bei der Rhythmusgitarre und ähnlichen
Begleitinstrumenten. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass
Bassinstrumente die Begleittöne i. d. R. deutlich nacheinander einzeln spielen.
Wesentlich interessanter ist eine andere Form der Kombination
verschiedener Stimmen (Melodien, Tonfolgen), die Polyfonie genannt wird. Bei
der Polyfonie erklingen mehrere (mindestens zwei) selbstständige Melodien
gleichzeitig. Aber auch hier werden (zumindest in der tonalen Musik) die
gleichzeitig erklingenden Töne so gewählt, dass überwiegend Konsonanzen
erklingen. Meistens sind die gleichzeitig erklingenden Töne Oktaven oder Töne
aus passenden Begleitakkorden.
Die bekanntesten Beispiele für polyfone Musik sind viele Fugen von Bach
und Kanons.
Häufig enden Musikstücke mit der so genanten Kadenz. Das ist die Folge
der Dreiklänge (oder ihrer Grundtöne): Tonika, Subdominante, Dominante, Tonika.
Die Kadenz wird von den meisten Menschen des westlichen Kulturkreises als
angenehmer Abschluss eines Musikstücks empfunden. Diese gemeinsame Empfindung
ist aber eher eine erworbene Konvention, als dass sie auf angeborenen
Grundlagen beruht. Sie findet sich in der traditionellen asiatischen,
afrikanischen und australischen Musik nicht in gleicher Form. Diese
grundsätzlichen Musikrichtungen und insbesondere die Mischungen verschiedener
Musikstile sind übrigens für Interessierte eine genauere Betrachtung wert. Wir
aber kommen jetzt Damit kommen wir zum zweiten Bereich, der Musik ausmacht, zum
Rhythmus (Takt).
Rhythmus
Die Töne der Musik kann man schnell oder langsam aufeinander folgen
lassen. Man kann sie auch kurz oder lang erklingen lassen und betonen oder
nicht betonen. Außerdem kann man sie in zeitlich-rhythmische Gewänder fassen,
die Takt genannt werden. Ein wesentlicher Teil des Taktes kann darin liegen,
dass während des Musikstückes begleitend wiederholend Geräusche oder Töne
erklingen. Dabei betont man immer einen dieser Taktschläge, meistens, indem man
ihn etwas lauter macht als die anderen. Betont man z. B. jeden fünften Schlag,
so spricht man von 4/4 Takt, bei jedem vierten von ¾ Takt. Dies sind zumindest
in der westlichen Welt und ihrer Musik die häufigsten. Takt ist auch die
Bezeichnung für den kleinsten zeitlich-rhythmischen Ausschnitt aus einem
Musikstück. Ein Takt im 4/4 Takt ist z. B. ein Ausschnitt, von vier zeitlich
gleichmäßigen Schlägen, bei denen der erste betont ist. In der Pop-Musik ist es
üblich, den 2. und 4. Schlag -z. B. mit einem Schlagzeug- zu betonen. Das hat
seinen Ursprung in afroamerikanischen Traditionen der Pop-Musik. Es lässt die
Musik in den Hörzentren vieler Menschen interessanter klingen.
Unabhängig von Begleitinstrumenten steckt aber auch in einer isolierten
Melodie Rhythmus und Takt. Das kommt vor allem durch Lautstärkeänderungen und
verschiedene Tonlängen und –höhen zustande.
Auch bezüglich Rhythmus und Taktmaß gab es im Laufe der Jahrhunderte
Veränderungen, die wesentlich von Zufall, Gewöhnungslernen und
Innovationsappetenz geprägt waren.
„Zufall“, „endogen“ und „spontan“ sind Wörter, die Menschen häufig dann
benutzen, wenn sie Ursachen nicht klar erkennen können.
Eine der häufigsten Quellen für scheinbar zufällige Veränderungen in der
Musik ist die Mischung verschiedener Musikstile. Die oben erwähnte Betonung des
2. und 4. Schlages innerhalb eines 4/4 Taktes ist, wie weite Teile der
Popmusik, aus Verschmelzungen und Mischungen afrikanisch-amerikanischer (Jazz,
Blues) und europäischer Musikstile entstanden.
Diese Mischungen kultureller Entwicklungen (Kunststile,
Wissenschaftsdisziplinen, Religionen, Ideologien usw. entsprechen den
Mischungen (Rekombinationen) von Genen in der Biologie.
Dass und wie kulturelle und biologische Rekombinationen sich
entsprechen, haben wir im Kap. X näher erläutert. Damit kommen wir nochmals zu
unserer Frage: Warum und wie ist Musik überhaupt entstanden?
Entstehungsursachen der
Musik
Musik findet sich in allen Kulturen auf dem gesamten Globus. Das ist
eines von mehreren Argumenten die dafür sprechen, dass das musikalische
Empfinden der Menschen unter anderem auf angeborenen Grundlagen beruht.
Allgemein verbreitete angeborene Grundlagen lassen mit Sicherheit auf
arterhaltende Funktionen von Eigenschaften und Merkmalen schließen. Wir müssen
also nach Aufgaben der Musik suchen, die der Arterhaltung dienen. Die primäre
biologische Funktion der Musik liegt wahrscheinlich in der Erzeugung,
Bewältigung und Synchronisation von Gefühlen und Verhaltensweisen z. B. in der
Erzeugung von Motivationen beziehungsweise zur Unterdrückung von unerwünschten
Ängsten zu bestimmten arterhaltenden Zwecken. Bei der Entstehung des
musikalischen Empfindens könnte der Genuss der Geräusche von Singvögeln (Vogelmusik) Pate gestanden haben. Der Genuss
des Vogelsangs führt wie Blumenduft usw. zu arterhaltenden Auseinandersetzungen
mit der Umgebung. Solche Genüsse motivieren, die nähere Umgebung zu erforschen.
Dies wirkt(e) arterhaltend, weil Nahrungsquellen, Verstecke, Gefahren usw.
bekannt wurden und werden (vgl. Kap. X). Dabei spielen natürlich -wie bei allen
Genüsse, bzw. psychischen Eigenschaften- auch Lernprozesse eine Rolle. Welche
arterhaltenden Zwecke durch den Musikgenuss verfolgt werden, machen wir an
einigen teilweise konkreteren Beispielen deutlich. Es sind:
territoriale Verteidigung, Erzeugung und Festigung aller arterhaltenden
Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Kommunikation, Essen, Sexualität, Bewegung,
Spiel usw., insbesondere aber des sozialen Zusammenhalts, der (territorialen)
Verteidigung, der Beruhigung von Kindern und Säuglingen, und der
Angstüberwindung. Musik wird häufig mit angenehmen Reizen aus anderen Bereichen
kombiniert. Dabei verstärken sich die verschiedenen Reiztypen und deren
emotionale Wirkungen gegenseitig. Nach Erfolgen, wie Siegen, erfolgreichen
Beutezügen, Territorialgewinn usw., werden Triumphgesänge angestimmt. Dies geschieht
häufig bei Festen in Kombination mit Bewegung (Tanz), Drogen und allen
denkbaren Gefühlen, die zum Teil nur fiktiv durch Worte (Reden) oder filmische
Darstellungen geweckt werden. Bei all diesen Aktivitäten werden angenehme
Gefühle erlebt. Hier finden also (kollektive) Konditionierungen statt, die
Motivationen für spätere Kämpfe, Jagden usw. liefern.
Wie die meisten Tänzer wissen, geht Musik in die Beine. Es bestehen
direkte (z. T. angeborene) Verbindungen zwischen Hör- und Bewegungszentren im
Gehirn.
Noch bedeutsamer sind solche fiktiven Darstellungen vor (kriegerischen)
Auseinandersetzungen. Um Menschen trotz angeborener Tötungshemmung in
Tötungsbereitschaft zu bringen, wird ihr Geist durch (Kriegs)propaganda -oft
mit musikalischer Unterstützung- beeinflusst. In den meisten Fällen (besonders
in den letzten Jahrtausenden) haben diese Beeinflussungen den Charakter
systematischer, suggestiver Manipulationen. Der Gegner, der i. d. R. natürlich
nicht nennenswert mehr oder weniger menschlich ist als die eigenen
Gruppenmitglieder, wird rassistisch verteufelt. Die angeborene Bereitschaft
besonders männlicher Gruppenmitglieder, mit kollektiver, aggressiver
Begeisterung auf drohende Gefahren zu reagieren, wird unter Zuhilfenahme der
meisten anderen angenehmen Gefühle missbraucht. Beispiele sind die Aussicht auf
Vergewaltigungen, Nahrung, Lebensraum, Reichtum, Ruhm, Selbstzufriedenheit
durch die Erfüllung religiöser Normen usw. Musik spielt bei der Erzeugung
dieser kollektiven Begeisterung und der Überwindung von Angst eine besondere
Rolle.
Musik schafft angenehme Gefühle, die meistens in Gruppen erlebt werden.
In solchen Situationen finden kollektive Konditionierungen statt.
Beispielsweise empfinden alle Beteiligten im Zusammenhang mit sozialen
Kontakten, Tanz, Essen usw. angenehme Gefühle. Dadurch wird Motivation zu
diesen Tätigkeiten geschaffen. Schlechter gesagt: Die
Auftretenswahrscheinlichkeit sozialer Kontakte usw. wird erhöht (Skinner).
Musik ist in diesem Zusammenhang auch ein Mittel zur Gruppenselbstetikettierung
und Abstoßungssignal für andere Gruppen. Die Mitglieder einer Urhorde hatten
höchstwahrscheinlich genau wie heute Punker, Teds, Skinheads usw. ihre
gruppeneigene Musik, die dazu dienen konnte, sich gegenüber anderen Gruppen
abzuheben und zu kennzeichnen (Selbstetikettierung).
Musik - insbesondere musikalisches Können - ist außerdem Mittel zum
Statusgewinn und sexuellem Imponieren (als Liebeswerbung).
Die Entstehung der Musik
Exakt wissenschaftlich nachvollziehen und datieren kann man das
Erscheinen der ersten musikalischen Erzeugnisse nicht. Anhand einiger
archäologischer Funde wie z. B. steinzeitliche Flöten und Trommeln aus
Tierknochen und Stein lässt sich wenigstens sagen, dass irgendetwas die
Menschen vor mehr als 45.000 Jahren dazu brachte Töne zu erzeugen.
Zu den Funden der Archäologen gibt es Theorien wie es zum Anfang des
Musizierens gekommen sein könnte:
Vielleicht entstand die Musik durch die Nachahmung von Naturgeräuschen.
Inspiriert durch Vogelgezwitscher (s. o.), den Wind, das Sirren des Jagdbogens
begannen die Urmenschen Töne, Klänge und einfache Schlagfolgen zu kreieren.
Dies könnte rituellen Handlungen, der Anlockung von Tieren bei der Jagd, oder
der Signalgebung gedient haben.
Wieder eine andere Theorie besagt, dass die Musik aus einer stark
akzentuierten Sprache entstanden ist. Wenn man zum Beispiel eine Aussage macht
oder eine Frage formuliert, intoniert man jeweils anders, so dass daraus ein
„Sprachgesang“ entstanden sein kann. Ähnliches kann man heute noch bei manchen
Urvölkern beobachten.
Noch weitere Erklärungsversuche stellen die Rhythmik in den Mittelpunkt.
Ein gemeinsamer Rhythmus könnte als „Puls“ beim Arbeiten wie zum Beispiel beim
Bauen oder Rudern gedient haben. Es stärkte die Gemeinschaft welche zusammen
arbeiten musste, um zu überleben. Der Rhythmus könnte durch Klatschen, Stampfen
oder Schlagen auf Gegenständen erzeugt worden sein. Die Wirkungen rhythmischer
Komponenten der Musik stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit der
beruhigenden Wirkung des mütterlichen Herzschlages für Embryonen und Säuglinge.
Rhythmische Komponenten der Musik verdanken ihre Entstehung aber auch
ihrer Nützlichkeit bei Nachrichtenübermittlungen z. B. durch Trommeln, schließlich
wird der gesungene Ton weiter getragen als der gesprochene. Die Urmenschen
könnten sich somit wie Jodler verständigt haben.
Der Musikgenuss tritt in der Ausprägung, wie wir es von Menschen kennen,
bei Tieren nicht auf. Singende Tiere, wie Vögel, manche Walarten usw. dürften
jedoch im Zusammenhang mit ihren Gesängen Gefühle entwickeln. Auf jeden Fall
ist jeglicher Musikgenuss stammesgeschichtlich relativ jung. Deshalb ist er
wahrscheinlich durch Lernen vergleichsweise stark beeinflussbar und genetisch
leicht zerstörbar. Außerdem ist musikalisches Empfinden i. d. R. nicht
unbedingt lebenswichtig (existenziell). Das würde erklären, weshalb bei vielen
Menschen die Fähigkeiten zu singen und Musik zu genießen mehr oder weniger
verschwunden sind. Hinweise zur Entstehung des Musikgenusses geben auch neuere
Untersuchungen zu seiner Lokalisierung im menschlichen Gehirn.
Die Lokalisierung des Musikgenusses im menschlichen Gehirn
Wie bei allen Gefühlen spielt die Großhirnrinde, die den Menschen und
seine explosive Höherentwicklung in den letzten Jahrmillionen besonders
charakterisiert und verursacht hat, für den Musikgenuss nur eine untergeordnete
Rolle. Das Hörzentrum (in der Großhirnrinde) erkennt und verarbeitet jede Art
von akustischen Signalen, die zugeordneten Gefühle werden aber primär in
stammesgeschichtlich älteren Hirnteilen (unterhalb der Großhirnrinde) erzeugt
und erlebt. Interessanterweise werden aber beim Hören dissonanter oder
konsonanter Klänge jeweils verschiedene Regionen der Großhirnrinde (im Stirnhirn)
aktiviert. Diese Regionen arbeiten zum Teil als Belohnungszentren. Rauschartige
Begeisterung durch Musik wird aber genau da erlebt, wo wir es erwarten, nämlich
in stammesgeschichtlich alten Hirnstrukturen (Limbisches System, Hypothalamus
usw.), in denen z.B. auch sexuelle Genüsse, Essgenuss und Drogenrausch erlebt
werden. Aus diesen Befunden lässt sich folgende Hypothese ableiten: Eine
primitive Genussfähigkeit für Rhythmen, Töne und Melodien haben vor allem
Landwirbeltiere bereits vor der Entstehung des Menschen entwickelt. Das kann
unter anderem durch die arterhaltenden Folgen von Appetenzen gegenüber
Rhythmen, wie z. B. des Herzschlages, oder Melodien, wie z.B. des Vogelsangs,
entstanden sein. Menschen und die meisten Landwirbeltiere, welche neugierig und
gerne ihre von Gesang, Hall, Blütenduft, Blütenfarben usw. erfüllte Umgebung
erforschten und dadurch kennen und beherrschen lernten, hatten bessere
Überlebenschancen als andere (z.B. unmusikalische). Der Genuss von Hall lockte
beispielsweise in die Sicherheit von Höhlen.
Die Fähigkeit, zum differenzierten Musikgenuss, insbesondere zur
Unterscheidung zwischen Dissonanzen und Konsonanzen, entstand dagegen
wahrscheinlich erst später und vielleicht nur in menschlichen Gehirnen und
Gesellschaften.
Widmen wir uns nun dem Musikgenuss noch etwas genauer:
Der musikalische Genuss ist stark von grundsätzlichen
Charaktereigenschaften abhängig. Beispiele:
Harte, schnelle Rhythmen werden häufig von Menschen mit aggressiven,
temperamentbetonten, leidenschaftlichen Charakterzügen bevorzugt.
Sanfte Rhythmen bevorzugen häufig ruhige, depressive oder phlegmatische
Typen (Gehirne).
Auch zwischen Intellekt und anspruchsvoller Musik scheint ein
Zusammenhang zu bestehen. Dass es mit dem Intellekt in Deutschland u a. dank
„verbesserter“ Fernsehangebote seit Jahrzehnten abwärts geht, hat sich bei den
davon nicht Betroffenen herumgesprochen. Möglicherweise passen auch monotone
Musik und monotone (intelligenzarme) Gehirne zusammen. Mit anderen Worten es
existiert rund um Pisa ein riesiger Markt für geistlose Monotoniekunst jeder
Art.
Schon am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man riesige Erfolge in der
Kunst (z. B. Malerei) beobachtet, bei denen Künstler ohne viel Kreativität und
Können Erfolge erzielten. Phantasielose Monotonie schien kein Hindernis zu
sein, wenn die Menschen doch nach jahrhundertelangen Belästigungen durch
anspruchsvolle Musik (Kunst) endlich mal wieder was Neues (Eintöniges) haben
wollten. Man konnte z. B. wahllos (hirnlos) Farbbeutelchen an Wände werfen oder
Bilder von Affen oder Robotern malen lassen und selbst anerkannten Kritikern
als Kunst „verkaufen“.
Solche Banalitäten stell(t)en kein Hindernis dar, wenn ein berühmter
Künstler diese „Kunstobjekte“ unter seinem Namen für teures Geld verhökern
wollte und will. Tatsächlich entwickelte sich auch ein entsprechendes
Musikangebot mit riesigen Erfolgen, allerdings rund um Berlin (vielleicht, weil
Berlin schon früher einmal als Zentrum der Hirnlosigkeit wahnsinnige
(Miss)erfolge gefeiert hatte, vielleicht auch, weil Berlin als größter Vorort
von Pisa aufgefasst werden muss. Bei den jüngeren Paraden der Liebe in Berlin
(oder Essen usw.) taumeln zwischen der normalen Mehrheit jedenfalls immer auch
einige Hirnamputierte im Kreis. Das liegt daran, dass mancher dieser Tänzer
früher noch ein Pisa (um den Flächeninhalt zu berechnen), wo er heute nur noch
einen Kreis sieht, auf dem er sich dreht. Er versucht nämlich dabei mittels
diverser Drogen den Frust zu vergessen, der durch die selbstverordnete Blödheit
und die fremdverordnete Ausbeutung
entsteht.
Der Wandel von der nationalwahnsinnigen Raff-Parade über die
kommunalwahnsinnige RAF-Parade zur liberalwahnsinnigen love parade macht den
Wahnsinn menschlicher Entwicklungen wahnsinnig deutlich.
Cäsar, Bismarck, Wilhelm II., Hitler, Stalin, Mao usw. ertränkten ihre
Nationen mit radikalen Zwängen, Imperialismus und Massenmord in Gleichheit,
Unfreiheit und Terror.
Meinhof badete die Nation in seinen Schleyerhaften blutverschmierten
Träumen von einer sozialistischen Gerechtigkeit.
Love-parades tauchen die halbfreien Nationen in den Nebel des
heterogenen Chaos von destruktiven Drogen, konstruktiver sexueller Befreiung,
Verdrängung, Müll, Lärmbelästigung, Liebe, Lust und Leiden schafft.
Alle Paradeure setzten zeitweise ihre Ideologien durch. Vielleicht wurde
es sogar besser, bestimmt aber nicht gut.
Im gleichen Maß, in dem die allgemeine Volksverblödung zunimmt, nimmt
auch das Niveau der Musik ab, insbesondere werden Melodie und anspruchsvolle
Rhythmen abgebaut. Monotoner Sprechgesang und ebenso monotone rhythmische
Begleitung feiern bereits riesige Erfolge. Auch das große Ziel: reines Hämmern
auf einen hohlen Baumstamm, ist, dank affenartiger Abwärtsentwicklung nicht
mehr fern. Hoffen wir nur, dass die Menschheit ihre großen Vorbilder, die armen
Schimpansen, auf dem Weg zum intellektuellen Niveau von Pantoffeltierchen nicht
zu lange mit freundschaftlichen Vergesellschaftungsversuchen belästigen
wird.
So jedenfalls führten die beschriebenen Entwicklungen dazu, dass ohne
den geringsten kompositorischen Aufwand so genannte Musikstücke entstanden, bei
denen der erste Takt ca. 100-mal wiederholt wird. Manchmal wurden zur
Frustration (und Überanstrengung) einiger Zuhörer mit scheinbarer Anenzephalie
(fehlendes Großhirn) auch zwei oder drei Takte modifiziert („Improvisation“).
Diese neuen „Musik“richtungen gab man Namen. Der bekannteste lautet Techno.
Allerdings ist nicht alles, was „Techno“ ist dumm und monoton.
Die größte Lust, die durch diese Art der „Musik“ („Kunst“) erzeugt wird,
könnte die Ökonomisierungslust sein. Diese Lust haben schon viele Künstler
aller Künste erlebt, als und weil sie nahezu ohne Aufwand zu Geld und Erfolg
kamen und kommen. Aber auch die Konsumenten haben viel Spaß an dieser Musik.
Gegen diesen Spaß soll sich auch unsere Polemik nicht richten. Sie richtet sich
ausschließlich gegen die (Monotonitäts)dummheit, die übrigens primär von
scheinbar intelligenten Politikern und religiösen Führern verursacht wird.
Diese sind es nämlich, die die Grundzüge unserer merkwürdigen (Bildungs)Politik
bestimmen. Objektiv schlechte Musik existiert nicht, wohl aber objektiv
schlechte Texte, die sowohl durch Volksverblödung entstehen als auch
Volksverblödung erzeugen. Am bekanntesten sind schlechte Texte, die nicht nur Unterhosen,
sondern auch Blut und Boden und Blöde blutig bräunen.
Die Mehrheit der Menschen bevorzugt (glücklicherweise?) Tonfolgen, die
zwar originell und abwechslungsreich sein können, aber weitgehend in der
jeweiligen kulturellen Norm bleiben. In der westlichen Welt sind z. B. die zwei
oder dreiteilige Liedform sehr populär. Diese Form findet sich bei den meisten
Volksliedern und häufig in der Popmusik. Zum Abschluss vieler Musikstücke wählt
man in der westlichen Welt gerne die Kadenz (s. o.).
Die starke Beeinflussbarkeit und Kombinierbarkeit erlernter und
erworbener menschlicher Gefühle zeigt sich in der Musik besonders deutlich.
Viele berühmte und beliebte Menschen hatten (haben) große Erfolge mit
Gesangstücken, obwohl sie gar nicht oder schlecht singen konnten. In jüngster
Zeit haben sogar Menschen mit Sprechgesang große Erfolge, die vorher in einem
Container ihre geistigen und/oder charakterlichen Schwächen einem begeisterten
Millionenpublikum stolz vorgestellt haben. Für diese Erfolge spielen Identifikation
und der Aschenputteleffekt eine große Rolle. Es gibt Milliarden Menschen, die
ein ähnlich niedriges Intelligenzniveau aufweisen, wie manche
Big-Brother-Darsteller, manche Dschungelsternchen usw. und sich deshalb mit
diesen gut und gerne identifizieren. Gerade solche Menschen träumen von einem
märchenhaften aschenputteligen Aufstieg in ein Leben als Prinzessin ohne große
Anstrengungen. Lady Di ist das bekannteste Beispiel für eine solche (allerdings
liebenswerte) reale Prinzessin. Millionen Menschen identifizierten sich mit
ihrer Aschenputtelkarriere und opferten nach ihrem Tod Millionen für Blumen und
Grabbesuche statt für Minenopfer, was Lady Di sich wahrscheinlich gewünscht
hätte.
Musik und
Imitationslernen
Gefühle der Bewunderung und der Genuss beim Nachahmen von Idolen
(Madonna, Elvis Presley usw.) erhöhen die angenehme Wirkung der Musik, die
Idole machen oder schätzen. Auch diese emotionalen Verknüpfungen sind manchmal
anti- und manchmal prohedonisch. Sie können z. B. schädlichen Drogenkonsum
fördern, wenn und weil einige Prominente Drogen konsumieren. Sie können aber
auch zum Beispiel im Kabarett konstruktive Bewusstseinsveränderungen und
Handlungen bewirken.
Literaturempfehlungen
Das Wesen der Zeit (www.daswesenderzeit.de)
ABC der Relativitätstheorie von
B. Russell
Die Unsterblichkeit der Zeit Paul
Davis
Im Anfang war der Wasserstoff
Hoimar von Ditfurth
Kinder des Weltalls Hoimar von
Ditfurth
Bildung Dietrich Schwanitz
Warum ich kein Christ bin B.
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Die Rückseite des Spiegels K.
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Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit K. Lorenz