KAPITEL 10
DIE
WICHTIGSTEN INFORMATIONEN
Wir
beginnen mit einem kurzen Bericht vernunftbegabter außerirdischer Besucher über
die Erdbewohner, um uns ein möglichst objektives Bild von den Menschen der
Gegenwart zu machen. Dieses Bild macht es möglich, abzuschätzen, was wichtige
Informationen sind.
DIE
MENSCHHEIT AUS DER SICHT VERNUNFTBEGABTER AUSSERIRDISCHER
Das
Wertvollste, was die Tier- und Menschenwelt auf diesem Planeten entwickelt hat,
ist eine Vielzahl (zum Teil sehr angenehmer) Gefühle.
Die interessanteste Tierart auf diesem Planeten ist die am höchsten
entwickelte. Sie bemüht sich bewundernswert um das Erleben angenehmer Gefühle,
produziert aber ebenso fleißig mehr Seuchen, Hunger, Krieg, Ausbeutung, Kriminalität
und Elend jeglicher Art als alle unterlegenen Tiere. Das nimmt sie mit „Humor“.
Dies erkennt man u. a. daran, dass sie sich selbst als Homo Sapiens oder Mensch
bezeichnet, obwohl sapiens „weise“ heißt und der Begriff „menschlich“ u. a. mit
liebevoller Hilfsbereitschaft verbunden wird.
Das Merkwürdigste, was wir auf diesem Planeten finden konnten, ist die
Selbststeuerung der Menschen. Ihre Selbststeuerungsprogramme bezeichnen
Menschen mit Begriffen wie Gesetze, Ethik oder Moral. Häufig steuern sie sich
nicht im Sinne ihrer Lebensqualität, welche die meisten darüber hinaus sehr
merkwürdig, widersprüchlich oder gar nicht definieren.
Z. B. erweist sich nur etwa die Hälfte der Informationen, die Menschen in ihren
höheren Ausbildungsinstitutionen erhalten, in ihren späteren Leben als,
nennenswert nützlich und sinnvoll anwendbar. Man findet es stattdessen
entzückend, dass Schüler höherer Schulen i. d. R. im Sinne religiöser Werte
früherer Jahrtausende ausgebildet und auf mehrere (Universitäts)Studien vorbereitet
werden, die dann fast alle nicht durchführen.
Die Menschen sind die einzige Art auf diesem Planeten, die sich selbst
systematisch so programmiert (sozialisiert, erzieht), dass viele Menschen
nützliche Reize fürchten und viele schädliche Reize mögen. So führen die
„klugen“ Menschen z. B. genüsslich „unterhaltsame“ (freiwillige?) Bügelorgien,
Selbstvergasungen mit so genannten Zigaretten und Selbstvergiftungen mit
allerlei Flüssigkeiten und Schadstoffen durch und viele fürchten sich vor dem
Anblick ihrer nackten Körper, fremder Rassen, vieler unschädlicher Tiere usw.
Die „törichten“ Tiere dagegen („chronische Langweiler“) empfinden und verhalten
sich im Sinne ihrer Arterhaltung überwiegend vernünftig und ökonomisch.
Kaninchen lieben beispielsweise Möhren, ihre Jungen, nackte
Fortpflanzungspartner usw. Sie fürchten Füchse, Waldbrände, Dornenhecken usw.
In den so genannten Kulturnationen beschäftigen sich viele dickbeinige Menschen
sehr intensiv und extrem "konstruktiv" mit ihren Schminkköfferchen, Sahnetorten
oder dem Bau von explosiven Landminen zur Beseitigung von dünnen Kinderbeinen
in Entwicklungsländern, also gegen die Bevölkerungsexplosion. Deshalb kommen
diese "hochzivilisierten" Menschen kaum dazu, klitorale
Beschneidungen und Hunger zu bekämpfen oder die Menschen in den
Entwicklungsländern über Aids zu informieren.
Ihre merkwürdigen neurotischen Vorlieben und Abneigungen verdanken die Menschen
vor allem einem Umstand:
Das menschliche Gehirn und das Gehirn menschlicher Vorfahren wurde, besonders
während der letzten ca. 200 Millionen Jahre, so verändert, dass immer mehr
feste angeborene Verhaltensprogramme durch Lernen und Verstand beeinflussbar
wurden. Diese Befreiung nutzen Menschen nicht nur konstruktiv, sondern zum Teil
zur Selbstquälerei (Ausbeutung, Terror usw.) oder sogar zur Selbstzerstörung
(Kriege, Hunger usw.).
„Hochzivilisierte“ Menschen können z. B. Artgenossen selbst dann töten, wenn
diese um Gnade bitten.
„Primitive“ Wölfe sind zu solchen „Höchstleistungen“ nicht fähig. Sie können
nicht töten, wenn sich ein Artgenosse unterwirft, weil sie unfrei ihren
angeborenen Tötungshemmungen folgen müssen.
„Vernunftbegabte“ Menschen nutzen ihre Freiheit für die Verbreitung von
Infektionen, Kriminalität, Korruption, Ausbeutung usw., was „unvernünftigen“
Tieren fast gar nicht gelingt. Menschen steuern sich besonders stark mit ihrem
Verstand und mit relativ wenig Vernunft. Tiere steuern sich besonders stark mit
der Vernunft ihrer angeborenen Programme und mit relativ wenig Verstand.
EINLEITUNG
Was
wir von unseren Lehrern wissen wollten
Eine
der wichtigsten Aufgaben, die die Menschheit zu erfüllen hätte, ist die
Verbreitung (und Aufnahme) der Information, die für die Lebensqualität der
emotionsfähigen Menschen und Tiere am wertvollsten ist. Die meisten Schüler an
höheren Schulen und viele Studenten glauben (zu Recht), dass ungefähr die
Hälfte der Informationen, die ihre Schule (Universität) ihnen vermittelt,
später sinnvoll (und überhaupt) einsetzbar ist. Wie viel von den später
wichtigen Informationen sie erhalten, weiß niemand genau, vielleicht ebenfalls
die Hälfte, wahrscheinlich weniger.
Um dieses Unwissen zu erhalten, haben die meisten bildungspolitisch
Verantwortlichen vor allem zwei „geniale“ Strategien entwickelt.
Erstens sorgen sie dafür, dass sich an den „altbewährten“ religiös orientierten
Unterrichtsinhalten an höheren Schulen möglichst wenig ändert. Vor allem achten
sie darauf, dass kein Mensch sich das gesamte Wissen der Menschheit ansieht und
darauf überprüft, was junge Menschen davon später mal gebrauchen können. Um
letzteres herauszufinden, müsste man auch die Ziele (Sinn des Lebens, Ethik,
Konflikte usw.) wissenschaftlich-kritisch überprüfen.
Hier setzt ihr zweites Verfahren ein: Sie sorgen systematisch dafür, dass z. T.
unwissenschaftliche, in sich widersprüchliche heilige Regeln ihrer Religionen
kunterbunt durchmischt mit allen möglichen uralten biologischen Antrieben,
alten philosophischen Konzeptionen und modernen freiheitlich-demokratischen,
mafiotisch parasitären, ultrapluralistischen Regeln zu einer
masochistenwürdigen Chaossteuerung zusammengewürfelt werden. Die wichtigsten
Resultate dieser „ultrahumanen“ Selbststeuerungsmaßnahmen sind (neben den oben
bereits erwähnten): Unwissenheit, Falschinformation, Folter und Korruption.
In dieser Welt, in der die Ziele (der Begriff Lebensqualität) in sich
widersprüchlich und nicht klar definiert sind, lässt sich natürlich auch keine
konstruktive eindeutige Auswahl von Bildungsinhalten finden und begründen.
Machen wir uns an einigen vereinfachten Beispielen für destruktive innere
Widersprüche menschlicher Selbststeuerungsaktivitäten den chaotischen Charakter
ihrer Steuerung klar:
Leichenverheiligung verhindert trotz gegebener Hilfsbereitschaft Organspenden.
Verabsolutierte Tötungstabus verhindern auch mehrheitlich als konstruktiv
empfundene Abtreibungen.
Negative genetische Selbstveränderungen werden, wenn sie durch Inzest
entstehen, verteufelt, wenn sie ohne Inzest entstehen verherrlicht.
Inzest wird bei Mensch und Tier verteufelt. Wenn jedoch bei Tieren mittels
Inzest durch einen „transzendentalen Zauber“ aus „widerlichen“, „unreinen“
„Bastarden“ „edle“ reinrassige Hunde, Katzen usw. werden, wird Inzest zum
„extraordinären Wundermittel“.
Wir haben diese und viele weitere ethische Probleme an anderer Stelle (s. unten
unter „Ethik“ und Kap. X) genauer besprochen und dabei auch Vorschläge für eine
eindeutigere Definition für „Lebensqualität“ gemacht und werden versuchen, im
Folgenden einige wichtige Informationen zusammenzustellen, die nach unserer
Ansicht besonders zum Weltverständnis und zur Lebensqualität beitragen. Es ist
nämlich so, dass viele Menschen sich und die Welt verstehen möchten, auch wenn
sie nach und wegen ihrer (Schul)Ausbildungen diesen Versuch und alle Hoffnung auf
ein Gelingen aufgegeben haben. Die bildungspolitisch Verantwortlichen (oder
verantwortungslosen?) haben nämlich noch einen weiteren genialen Trick
entwickelt, um jungen Menschen die Lust an Informationsaufnahmen möglichst zu
verleiden: Die meisten menschlichen Informationsquellen, besonders
philosophische, verschlüsseln das eigentlich ziemlich simple und verstehbare
Wesen dieser Welt so geschickt, dass viele Menschen sich einfach würgend
abwenden. In anderen (nichtphilosophischen) handfesten, exakteren Wissenschaften
besteht natürlich die „Gefahr“, dass Schüler Interesse an den Fächern
(Naturwissenschaften, Medizin, Pädagogik, Englisch, Geschichte usw.)
entwickeln. Auch hier hat die Bildungspolitik weitsichtig vorgebeugt: Wenn
unqualifizierte Lehrer, zu hohe Schülerzahlen, Geldmangel usw. zur
Schülerfrustration nicht ausreichen, werden möglichst schwachsinnige Fächer
bevorzugt, auch aus sinnvollen Fächern teilweise schwachsinnige Inhalte
ausgewählt und die Verwertbarkeit im späteren Lebensalttag möglichst vernachlässigt
(Einzelheiten s. Kap.X). Hier wollen wir nur kurz noch einmal die wichtigste
Ursache für die merkwürdige Auswahl der Fächer und Unterrichtsinhalte
(besonders im pisageschädigten Deutschland) beleuchten. Sie liegt in der
Entwicklung der heutigen Schulen aus Klosterschulen. Da die besonders
konstruktiven Fächer Biologie, Physik, Chemie, Pädagogik, Philosophie und
Medizin biblischen Aussagen sowie religiösen, konservativen politischen
Interessen besonders widersprechen, sind sie an den meisten Schulen der
westlichen Welt besonders wenig vertreten. Weil sie gescheit sind, sind sie auf
und an den mächtigen schaitanischen Scheiterhaufen gescheitert (Näheres im
Kap. Irrationale Informationsverbreitung).
Wir wollen in diesem Kapitel versuchen, das Informationschaos ein wenig zu
vermindern. Dabei widmen wir uns besonders wesentlichen Zusammenhängen. Es wird
sich zeigen, dass die meisten allgemeinen wissenschaftlichen Aussagen vom
größten Teil der Menschheit verstanden werden können.
Dieses Kapitel enthält einige für das Verständnis des Menschen wichtige
Informationen vor allem aus den Bereichen Naturwissenschaften, Psychologie und
Pädagogik, die junge Menschen an Schulen besonders häufig vorenthalten werden.
Es ist für ältere Schüler und Studenten interessant. Für manche Erwachsene
werden nur Teile des Kapitels neu sein. Es beschäftigt sich wenig mit
Geschichte, Sprachen, Philosophie und Kunst. Zu diesen Bereichen empfehlen wir
u. a. das Buch „Bildung“ von D. Schwanitz. Geschichte und Philosophie haben wir
eigene Kapitel gewidmet. Es gibt darüber hinaus auf der Erde Tausende von
Büchern, die wissenswerte, naturwissenschaftliche, historische und
philosophische Informationen verständlich vermitteln. Bei ihrer Lektüre würden
einige Milliarden Menschen die Erfahrung machen, dass große Teile dieser
Wissenschaften etwas Interessanteres, Nützlicheres und völlig Anderes sind, als
das, was schulische Institutionen und Lehrbücher ihnen meistens davon
vermittelt haben. Am Ende dieses Berichtes findet sich eine Literaturliste mit
einigen Beispielen. Auch das Internet liefert inzwischen zahllose konstruktive
Informationen, die aber aus einem Wust von Unwahrheiten, Blödsinn und
ideologischen Irrwegen ausgefiltert werden müssen.
Auch dieser Bericht versucht in allen Kapiteln, wissenswerte
Informationen aus allen Wissenschaftsbereichen zu beleuchten.
Noch schneller und effektiver können wichtige Informationen durch eigenes
Handeln und durch bildhafte Darstellungen, z. B. in Film und Fernsehen
vermittelt, vor allem aber gespeichert werden. Das leistungsfähigste Fernsehen
fanden wir in Deutschland und Nordeuropa. Beispiele für konstruktive Sendungen
sind: „Quarks und Co“, „Geheimnisse unseres Universums“, „Löwenzahn“, „Die
Sendung mit der Maus“, „Sesamstraße“ viele Umwelt-, Natur-, Nachrichten- und
Kabarettsendungen sowie viele kritische politische Magazine. David
Attenboroughs Natursendungen und Peter Lustigs „Löwenzahn“ hätten nicht besser
gemacht werden können. Vor diesen konstruktiven Sendungen „schützen“ die
meisten Menschen sich systematisch und schimpansenwürdig durch Seifenopern,
Debilitäts-Talkshows, Billigfilme, Kotzgerichtsshows usw.
Bei unserer Auswahl der Informationen wurden wir natürlich wieder von den
Zielen des konstruktiven Hedonismus geleitet. Wir können die Richtigkeit dieser
Ziele genauso wenig beweisen, wie irgendeine andere Ethik so etwas kann.
Trotzdem wählen wir diese Ziele, weil sie von einer großen Mehrheit der
Menschen vertreten und angestrebt werden. Wir stellen also die Informationen in
den Mittelpunkt, die Menschen in besonderer Weise zum Erleben von Lebensqualität
bzw. zur Förderung und Erhaltung von emotionsfähigen Lebewesen dienen. Das
heißt etwas konkreter: Die wichtigsten Strukturen und Funktionen des
menschlichen Körpers und Geistes sowie die Wechselwirkungen zwischen Mensch und
Umwelt stehen im Mittelpunkt.
Zu diesen Informationen gehören die grundsätzlichen Funktionsprinzipien der
Welt. Sie sind im Kapitel X in einer Kurzfassung teilweise dargestellt. In
der menschlichen Literatur finden sich, vor allem im Fachbereich Physik, sehr
viele, auch verständliche, populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zu
diesem Thema. Wir liefern deshalb im Folgenden nur den unbedingt notwendigen
Extrakt. Dieser Extrakt empfiehlt sich besonders für Nichtnaturwissenschaftler,
sowie für Faule und alle Wissbegierigen, die ein bisschen Wesentliches
von der Welt mit wenig Aufwand verstehen möchten.
Die Bauelemente der Welt bilden ein komplexes, vernetztes, geordnetes Gebäude.
Dieses muss möglichst exakt in menschlichen Köpfen abgebildet werden.
(Vollständige und exakte Informationsübertragungen und –verarbeitungen
[rigorose Ehrlichkeit] können aber auch Nachteile haben. Diese sind in
verschiedenen Kapiteln erläutert.) In den meisten Fällen helfen jedoch genaue Abbildungen
der Welt den Menschen, zu überleben und ihre Lebensqualität zu steigern. Dazu
müssen die bekannten Tatsachen nach Wichtigkeit geordnet werden, Abhängigkeiten
und Zusammenhänge verdeutlicht werden und die Fähigkeit, zu ordnen und
Zusammenhänge zu erkennen, entwickelt werden. Man kann sich das entstehende
Denkgebäude vereinfacht wie eine Pyramide oder Baumkrone
vorstellen. Das Fundament dieser Pyramide, bzw. den Stamm des Baumes, bilden
Mathematik, Logik und Physik. Darüber stehen Stockwerke in der Reihenfolge:
Chemie, Biochemie, Biologie, Medizin, Psychologie, Pädagogik, Geschichte,
Soziologie und alle Gesellschaftswissenschaften. Zwischen allen Stockwerken und
allen Bauelementen bestehen Beziehungen, die ein komplexes Netzwerk bilden.
Manche Bereiche, wie Mathematik, Logik, Ethik und die vier Grundkräfte der
Physik durchziehen weite Teile oder sogar das ganze Gebäude. Um Probleme zu
lösen, neue Ideen zu entwickeln und das ganze Denkgebäude zu verstehen, sind
die Beziehungen zwischen einzelnen Wissenselementen und Wissenschaften
wichtiger als die Kenntnis aller Elemente, also Datenwissen. Ohne ein gewisses
Datenfundament sind diese Beziehungen aber nicht verstehbar und schon gar nicht
entdeckbar.
Auch im realen Leben ist sofort vorhandenes Datenwissen manchmal ganz nützlich. Wir verdeutlichen dies an zwei extremen
Beispielen, obwohl und weil es Milliarden weniger extreme gibt:
Menschen, die glauben, es genüge wichtige Prinzipien verstanden zu haben,
können oft ihr Leben beneidenswert mit prickelnder Spannung bereichern. Wir
empfehlen z. B. einmal, während eines Fallschirmsprungs gemütlich das Handbuch
herauszusuchen, in dem erklärt ist, wo sich die Reißleine für den
Ersatzfallschirm befindet, wenn der Hauptfallschirm sich nicht öffnet. Wer das
Pech hat, solche mutigen Sprünge lebensgefährlich verletzt zu überleben, sollte
sich gleich zu einem Chirurgen begeben, der während der Operation seinen
Anatomieatlas hervorkramen muss, weil er jegliches Auswendiglernen schon immer
stupide abgelehnt hat.
Verbindungsstellen,
die zurzeit für die Forschung und das Verständnis des Menschen besonders
wichtig sind liegen u. a. zwischen den Wissenschaftsbereichen
Verhaltensbiologie und Psychologie sowie zwischen Biochemie (des Gehirns) und
Psychologie.
Fast alle Menschen, leider auch die meisten Politiker, versuchen, dieses
Denkgebäude gar nicht, unvollständig, ohne die Fundamente oder ohne
ausreichende Vernetzungen zu errichten. Solche Denkgebäude sind fehlerhaft,
wirken antihedonisch (=gegen Lebensqualität) und stürzen immer wieder ein.
Beispiele für Zusammenbrüche und antihedonische Wirkungen, zu denen fehlerhafte
Denkgebäude beigetragen haben, sind Kriege und das Scheitern fast aller
Ideologien, z. B. des Kommunismus und des Faschismus. Der Marxismus
beispielsweise ist u. a. deshalb teilweise gescheitert, weil Marx (ein
Geisteswissenschaftler) viele Informationen aus der Biologie (Bioanthropologie)
nicht eingearbeitet hat. Der Mensch ist ein Lebewesen, das ohne biochemische,
biologische, medizinische, psychologische, pädagogische, historische,
geographische, politologische und soziologische Kenntnisse nicht verstehbar
ist. Kenntnisse aus den Bereichen Sprache, Kunst, Religion, Literatur, Musik,
Sport, Philosophie sind zwar deutlich weniger bedeutsam, beherrschen aber dafür
i. d. R. umso mehr das Angebot der Ausbildungsinstitutionen. Der Alltag der
Menschen wird, wie man sich denken kann, überwiegend von „noch relevanteren
(bzw. gigantisch wichtigen)“ Informationen beherrscht. Zu diesem
Nonplusultra zählen die Kategorien Film, Auto-Motor-Sport, Adelshäuser,
esoterische Fantasien, kulinarische Spezialitäten,
Blödheitsstabilisationsfernsehsendungen, Astrologie, Esoterik,
Nachbarschaftsklatsch usw.
In Quizshows werden daher Fragen nach den Verwandtschaftsverhältnissen diverser
Sportler, Künstler und Prominenter aller Art häufiger richtig beantwortet als
nach Ländern, durch die die Donau fließt. Selbst die Schuhgrößen prominenter
Buhgrößen (alias Jenny Elvers, Paris Hilton oder Naddle Bohlen) sind eher
bekannt als die Vermeidungsstrategien für Infektionskrankheiten. Noch trauriger
aber ist, dass solche Fragen gestellt werden. Dies ist andererseits durchaus
verständlich, wenn man bedenkt, dass nicht nur Kultusministern, sondern auch
manchen Intendanten und Quizmastern offenbar unangenehme (quotenfeindliche)
Fragen aus Bereichen wie Aids- oder Rassismusbekämpfung weniger wichtig
erscheinen als Fragen nach ihrem (und für ihr) PACK: Promi-Klatsch, Adelsverwandtschaften,
Championsliga und Kriegs- [oder Kochkünste]. Orthographische, kritische
Theoretiker und M. Reich Ranicki schreiben Pack allerdings mit „Q“, also:
„PAQK“. Sie haben nämlich ganz richtig erkannt, dass es sich hier wieder einmal
um verblödungs- und verblendungswirksame, populäre antihedonische Quotenkotze
handelt. Wegen dieser hohen mo(r)deratorischen Künste beginnt sich neuerdings
im U. S. Amerikanischen die Bezeichnung „leader of the pack?“ für diverse
Quizmaster, Moderatoren und ähnliche Erratoren bei allen 8888 Intellektuellen
des Landes durchzusetzen. Diese „riesige“ Intellektuellengemeinschaft wird im
biologischen Fachjargon gerne als „bush-free-zone“ bezeichnet. Aus diesen
klugen Kennerkreisen stammt auch die niedliche aber unmodische Modifikation
(Wandlung) des Begriffes Moderator zu Morderrator (s. o.). Diese mörderisch
mordsfeindliche, mögenswerte Minderheit hat nämlich längst erkannt, dass
diverse Moderratorenherrschaften sich gar nicht moderat in allen denkbaren
Bereichen, nicht nur im Bereich „Mode“, irren, statt namensgerecht
schnellstmöglich zu vermodern. Errare inhumanum est.
Damit zurück zu wirklich Relevantem: Das fundamentale biochemische und
biologische Wissen aller Gesellschaftswissenschaften ist nicht ohne
mathematische, logische, physikalische und chemische Kenntnisse und Fähigkeiten
verstehbar. Dieses Kapitel soll der Versuch sein, die wichtigsten Bereiche
dieses Gebäudes zu beleuchten. Dabei beginnen wir mit den Fundamenten, auch
wenn diese den meisten Menschen am langweiligsten erscheinen und die meisten
menschlichen Ausbildungsinstitutionen andere Reihenfolgen wählen sowie
Fundamente vernachlässigen. Die Fundamente sind die unentbehrliche Grundlage
für das Verständnis aller Funktionsprinzipien, Probleme und Gefahren der
bekannten Welt. Leider wird die Bedeutung der Fundamente für das Verständnis dieser
Prinzipien nur dann deutlich, wenn man die Prinzipien und Probleme bereits
kennt. Diese sind aber wieder ohne die Fundamente nicht verständlich und werden
deshalb erst später besprochen. Wir bitten daher zu glauben, dass wir den Leser
möglichst nur mit fundamentalem Wissen belästigen, das er für das
grundsätzliche Verständnis dieser Welt auch wirklich benötigt. Er kann (und
sollte) dies aber ohne Probleme selbst überprüfen, indem er, nach der
Auseinandersetzung mit den Prinzipien der Welt, auch die Fundamente noch einmal
studiert. Das Verständnis der bekannten Welt wird ohnehin nur dann möglich,
wenn man die Fundamente wirklich gespeichert, verstanden und verinnerlicht hat.
Der Versuch, die Welt ohne diese Kenntnisse zu verstehen, entspricht dem Versuch,
einen fremdsprachlichen Text zu verstehen, von dem man jede vierte Vokabel
nicht kennt. Man muss sogar darüber hinaus mehrfach geistig zwischen den
Prinzipien und den Fundamenten hin und her gewandert sein (alles von allen
Seiten beleuchtet haben), um das Ganze zu verstehen. Auch das wirkliche
Verständnis jedes einzelnen allgemeinen Prinzips setzt das Verständnis aller
anderen Prinzipien voraus. Wenn wir einen Baum als Modell für die Welt
verwenden, wird die Problematik anschaulich verständlich: Ein Affe kann diesen
Baum nur dann wirklich kennen, wenn er die Stelle, an der alle Hauptäste
entspringen, kennt, und wenn er sich mehrmals in allen Richtungen zwischen
allen Ästen hin und her bewegt und umgesehen, alles berochen, berührt und im
Gedächtnis gespeichert hat. Wie wir im Kap. X verdeutlicht haben, ist ein Baum
tatsächlich ein ausgezeichnetes Modell für die vier- (oder mehr-) dimensionale
Baumkrone, die wir die Welt nennen.
Ziele
Bevor wir einsteigen, erinnern wir uns noch einmal an unsere Ziele, die wir
während des ganzen Kapitels nie aus den Augen verlieren sollten.
Das wichtigste und allgemeinste Ziel ist die Lebensqualität der
emotionsfähigen Lebewesen (s. o.). Dazu müssen wir deren Funktionieren und
ihre Beziehungen zur Umwelt verstehen.
Um dieses wichtigste Ziel zu erreichen, streben wir ein weiteres sehr
allgemeines Ziel an: das Verständnis des Lebens und des Menschen. Für
dieses Ziel wollen wir die notwendigsten naturwissenschaftlichen Grundlagen
beleuchten.
Ein etwas spezielleres Ziel ist das Verständnis der Tatsache, dass alles
chemische, biologische und psychische Geschehen auf dem Wirken der vier
physikalischen Grundkräfte beruht. Diese Kräfte wirken zwischen bestimmten
Elementarteilchen bzw. komplexen Verbänden, die diese Teilchen bilden. Die
Kräfte und Teilchen bilden das physikalische Fundament, mit dem wir uns nun
beschäftigen werden. Dieses Fundament ist in der Einleitung und in meinem Buch
„Das Wesen der Zeit“ erläutert. Die folgenden drei Abschnitte sind teilweise
Kopien aus diesem Kapitel. Wir besprechen zunächst die physikalischen
Grundlagen, die das Fundament für das Verständnis der Biologie und der Chemie
sind.
Abschließend noch ein wichtiger Hinweis: Dieses Kapitel enthält bisher
keine Abbildungen. Alle bildlichen (geruchlichen, geschmacklichen,
akustischen usw.) „Abbildungen“ verbessern jedoch das Verständnis, das Speichen
und die Lerngeschwindigkeit. Wir empfehlen deshalb dringend und immer weitere
Informationsquellen hinzuzuziehen (Schulbücher mit Abbildungen, populärwissenschaftliche
Veröffentlichung, Telekolleg-Sendungen, Internet usw.).
Die wichtigsten Grundprinzipien und -materialien, die die
bekannte Welt bestimmen oder beschreiben sind:
1. Bewegung (eine Vorstellung (Illusion?) des menschliche Geistes, die
die Struktur der
vierdimensionalen Welt widerspiegelt)
2. Materie, die aus kleinsten Teilchen (Fermionen und Bosonen s. u.)
bestehen soll
3. Vier Kräfte oder Wechselwirkungen, die von Bosonen übertragen werden
4. Die Mathematik
5. Die Welt ist gequantelt, d. h., in kleine Energiepakete aufgeteilt.
6. Die Welt ist durch Dimensionen strukturiert und aus Weltlinien
aufgebaut.
7. Symmetrien
Alle Körper dieser Welt weisen symmetrische Eigenschaften auf. Am bekanntesten
ist die räumliche Symmetrie, die jeder vor einem Spiegel erleben kann. Außerdem
gibt es zeitliche Symmetrien (vorwärts = in Richtung Zukunft [und rückwärts])
und Ladungssymmetrien (positiv und negativ geladen). Die eigentliche Natur
dieser Symmetrien ist unter www.daswesenderzeit.de genau erläutert.
Für das Verständnis des Weltgebäudes sind alle 7 Grundprinzipien wichtig. Für
den Ausschnitt dieses Gebäudes, der vor allem für die Selbsterhaltung und
Lebensqualität wichtig ist, konzentrieren wir uns auf die Punkte zwei und drei.
Dieser Ausschnitt erfordert insbesondere nicht viel mehr mathematische
Kenntnisse als der Durchschnittsbürger besitzt.
Grundbausteine
der Welt Materie
Das
Material dieser Welt besteht nach Meinung der meisten menschlichen
Wissenschaftler aus kleinsten Teilchen und/oder Wellen. Einige meinen
allerdings, dass das Wesen dieser Teilchen (insbesondere ihrer Massen) auf den
unterschiedlichen Schwingungen viel kleinerer Elemente, den so genannten
Strings (=Saiten, Fäden), beruht (s. u.).
Die kleinsten Teilchen der „eigentlichen“ Materie heißen Fermionen. (Das hat
nichts mit Ionen zu tun.). Diese „eigentliche“ Materie macht aber nur ca. 5%
der Gesamtmaterie aus (s. u.).
Die Teilchen, die Kräfte (=Wechselwirkungen) übertragen, heißen Bosonen.
Diese Teilchen verhalten sich Menschen gegenüber manchmal wie Wellen, sind also
auf eine nicht restlos verstandene Weise beides (Welle-Teilchen-Dualität).
Menschliche Physiker haben Hunderte von verschiedenen Fermionen entdeckt oder
nehmen mit Recht an, dass es sie gibt. Die wichtigsten Fermionen sind
Elektronen und Quarks. Diese sind ihrerseits wahrscheinlich aus den gerade
angesprochenen Strings (nochmals viel kleineren fädigen Bausteinen) aufgebaut.
(Sie haben, genau wie z. B. höhere Dimensionen und höhere Mathematik, für die
Lebensqualität der meisten Menschen zurzeit wenig direkte Bedeutung). Auch für
Strings gibt es möglicherweise kleine, aber noch völlig unbekannte Bausteine.
Es gibt vielleicht zu jedem Baustein unendlich viele kleinere Bausteine und unendlich
viele größere Bauwerke, d. h., die Welt könnte im Kleinen, wie im Großen,
unendlich sein. Für diese Behauptung spricht die Tatsache, dass es in der
Mathematik die Unendlichkeit gibt und die Mathematik sich bei der Beschreibung
der Welt bisher ausgezeichnet bewährt hat.
Drei Quarks bilden ein Proton oder ein Neutron. Diese bilden einen Atomkern.
Elektronen umgeben Atomkerne als so genannte Atomhülle oder Schale. Kern und
Hülle bilden ein Atom. Atome verbinden sich chemisch zu Molekülen. Diese können
komplexe Verbände, wie z. B. Lebewesen, bilden.
Diese bekannte Materie macht nach Meinung der meisten Physiker nur einen
kleinen Teil der Gesamtmaterie des Universums aus. Der größte Teil der Materie
(=dunkle Energie und dunkle Materie) ist gar nicht direkt beobachtbar, sondern
verrät sich nur durch bestimmte Wirkungen, wie z. B. durch Anziehungskräfte
(Schwerkraft, Gravitation).
Die Beziehungen zwischen den Grundbausteinen der Welt
Wechselwirkungen Kräfte
Energieübertragungen Informationsübertragungen
Alles, was im bekannten Universum geschah und geschieht, beruht (soweit wir
heute wissen) auf dem Wirken der folgenden vier Wechselwirkungen (Kräfte).
(Physiker halten allerdings weitere Kräfte für möglich und gehen andererseits
davon aus, dass unter den Bedingungen des Urknalls alle Kräfte zu einer
vereinigt sind [Details s. u.]).
__________________________________________Überträgerteilchen (= Bosonen)
2. 1 Elektromagnetische
Wechselwirkung
Photonen
2. 2 Schwerkraft oder Gravitation
Gravitonen (hypothetisch)
2. 3 Starke
Wechselwirkung
Gluonen (Mesonen)
2. 4 Schwache
Wechselwirkung
W- und Z-Bosonen
Die Erscheinungen, die jede Art von oben genannten Prozessen vermitteln und
bewirken, nennt man, wenn man sie als Teilchen auffasst, Bosonen. Man kann sie
aber auch als Wellen auffassen.
Die bekanntesten dieser kräfteübertragenden Teilchen sind die Photonen, die
kleinsten Energiepakete der elektromagnetischen Wellen, wie z. B. des Lichtes.
Üblicherweise nennt man diese Erscheinungen auch Energie oder Strahlung und
unterscheidet sie von Materie bzw. Masse, obwohl Einstein gezeigt hat, dass
beide ineinander überführbar sind. Die Formel E = m x c2
verdeutlicht dies und dass man alles, auch die Masse, als Energie auffassen
kann (muss). Außerdem ist jede Energie (jeder Körper) mit etwas Geistigem
verbunden, dass Platon „Idee“, Aristoteles „Form“ und moderne Physiker
„Information“ nannten oder nennen.
Das Wesen allen Geschehens -auch in Lebewesen- ist die Veränderung des
Bewegungsverhaltens (Beschleunigung) von physikalischen Systemen (Körper,
Teilchen). Das Wesen der Beschleunigung liegt –vereinfacht gesagt- in der
Beobachtung gekrümmter Weltlinien während das menschliche Bewusstsein aus der
Vergangenheit in die Zukunft gleitet. Diese Behauptung wird im Kapitel 11
erläutert und bewiesen.
2. 1 Die elektromagnetische Wechselwirkung
Die elektromagnetische Wechselwirkung verdankt ihren Namen der Tatsache, dass
Elektrizität und Magnetismus an ihr beteiligt sind. Sie wird von elektromagnetischen
Wellen, bzw. Photonen übertragen. Diese Wellen entstehen, wenn
Materieteilchen pendelartig hin und her schwingen (harmonische Schwingung). Zu
den elektromagnetischen Wellen gehören u. a. Radiowellen, Wärmestrahlen, Licht,
ultraviolettes Licht, Röntgenstrahlen und radioaktive Strahlen. Diese
Reihenfolge entspricht dem zunehmenden Energiegehalt der verschiedenen
Wellentypen und der zugehörigen schwingenden Materieteilchen. Radiowellen sind
also besonders energiearm, radioaktive Strahlen besonders energiereich.
Energiereiche Wellen haben hohe Frequenzen und niedrige Wellenlängen,
energiearme Wellen haben niedrige Frequenzen und hohe Wellenlängen. Welcher Wellentyp
entsteht, hängt davon ab, welche Teilchen schwingen. Wärmestrahlen z. B.
entstehen, wenn Atome und Moleküle schwingen, Lichtwellen entstehen, wenn
Elektronen schwingen und radioaktive Strahlen entstehen, wenn Atomkerne bzw.
deren Bestandteile schwingen.
Fast alle chemischen- und die meisten Lebensprozesse beruhen auf
elektromagnetischen Kräften. Elektromagnetische Kräfte sind bekannt als
Anziehungskraft zwischen Elektronen und Protonen und als Abstoßungskraft
zwischen gleichgeladenen Teilchen, wie z. B. zwei Protonen oder zwei Elektronen
oder zwischen gleichgeladenen Ionen. Die (scheinbare!) Bewegung des
Elektrons zum Proton kommt durch den ständigen (scheinbaren!) Austausch
von Photonen zwischen Elektron und Proton zustande. Wir betonen noch einmal ausdrücklich:
Alle Denkprozesse, alle Gefühle, jede Muskelbewegung, jede Drüsentätigkeit,
jedes Verhalten, jegliche Wahrnehmung beruht fast ausschließlich darauf, dass
sich irgendwelche elektrisch geladenen Teilchen durch Austausch von Photonen
anziehen oder abstoßen. Da alle Lebewesen im Gravitationsfeld der Erde
entstanden sind und fast alle dort leben, hat natürlich auch die
Gravitationskraft eine gewisse Bedeutung. Sie trägt z. B. zur Bildung von
Wachstumshormonen bei, die wiederum das Knochenwachstum steuern. Astronauten
verlieren im Weltall allmählich ihre Knochensubstanz, weil die
Gravitationskraft (und dadurch genügend Wachstumshormon) fehlt. Pflanzenwurzeln
wachsen zum Erdmittelpunkt und ihre Sprosse vom Erdmittelpunkt weg. In beiden
Fällen hilft die Gravitationskraft die richtige Richtung zu finden.
Alle elektromagnetischen Energieübertragungen beruhen auf dem Austausch
von Photonen. Das gleiche Prinzip (Austausch von Bosonen) liegt (vielleicht)
allen vier Wechselwirkungen zugrunde. Bei der Gravitation ist dieser Austausch
allerdings noch nicht bewiesen. Bei all diesen Energieübertragungen
beeinflussen sich immer mindestens zwei Systeme wechselseitig, weshalb die
treffende Bezeichnung Wechselwirkung gewählt worden ist. Man kann das
eigentliche Wesen aller Energieübertragungen als Übertragung von Information
auffassen. Deshalb ist der Informationsbegriff zu Recht in den Mittelpunkt
physikalischer und wissenschaftstheoretischer Weltbilder gerückt worden. Die
allgemeine Bedeutung des Energie- und des Informationsbegriffs kann man nur
verstehen, wenn man das Wesen von Zeit, Bewegung und insbesondere den Begriff
„Weltlinie“ verstanden hat. (Anmerkung des Autors: Dies alles wird in meinem
Buch „Das Wesen der Zeit“ erläutert.).
In der Physik ist es üblich, bei der Beschreibung von Energieübertragungen den Begriff
des Kraftfeldes zu verwenden. Dieser Begriff ist abstrakt und schwierig.
Wir wollen deshalb kurz auf ihn eingehen:
Übliche Energiequellen senden wellenartig in alle Richtungen Bosonen aus, eine
Glühbirne z. B. Photonen. Wie oben angedeutet, kann man diese Photonen ebenso
gut als Wellen auffassen. Die Summe aller Wellen bzw. Photonen oder Bosonen,
die von einer Glühbirne, der Erde, einem Magneten usw. ausgehen, bilden ein
System, das man als Kraftfeld (Energiefeld) bezeichnet. Es entstehen z. B.
Magnetfelder, Gravitationsfelder und elektrische Felder. Ihr Wesen liegt in
Veränderungen in ihrer Umgebung (in der Raumzeit). Abstrakt ausgedrückt beruht
die Bildung eines Kraftfeldes darauf, dass eine Energiequelle um sich herum den
Raum (eigentlich die Raumzeit) so verändert, dass alle oder einige
Materieteilchentypen bewegt werden (können). (Eigentlich werden die
Krümmungen der Weltlinien dieser Materieteilchen geändert.).
Anschaulich wird solch ein Feld, wenn man z. B. die Anordnung von
Eisenfeilspänen auf einem Blatt Papier in einem Magnetfeld betrachtet.
Ebenfalls leicht vorstellbar ist ein Gravitationsfeld. Es ist ohne Bosonen
denkbar und es ist eine vierdimensionale Grube in der Raumzeit, die einer dreidimensionalen
Grube im Raum (z. B. einem Gummituch, in dem eine Bleikugel liegt) entspricht.
Diese Art der modellhaften Betrachtung entspricht der Auffassung Einsteins,
nach der jede Masse die Raumzeit so krümmt, dass Körper sich dem Gefälle
folgend auf die jeweilige Masse zu bewegen.
Da wir die Informationsübertragung für das ideelle Wesen aller Wechselwirkungen
und Energieübertragungen halten, fassen wir auch das Wesen des Lebens als ein
besonders komplexes vierdimensionales Netzwerk von Energie- und Informationsübertragungen
auf. Im Mittelpunkt dieses Netzwerks steht seine Selbststeuerung durch DNA,
Gehirne usw.
Die
wichtigsten elektromagnetischen Phänomene
Der elektrische Strom
Wenn
irgendwelche elektrisch geladenen Teilchen (s. u.) sich bewegen, spricht man
von elektrischem Strom. In der menschlichen Welt, z. B. in Kupferdrähten, sind
diese geladenen Teilchen meistens Elektronen. Es können aber auch Protonen oder
Ionen bewegt werden (ein Proton kann man auch als Wasserstoffion bezeichnen).
Elektrische Ladungen haben immer ein elektrisches Feld um sich herum.
Nur wenn sie sich bewegen, bilden sie auch magnetische Felder. Bei hin und her
schwingenden Teilchen, nimmt die Stärke ihres magnetischen Feldes, ab wenn sie
sich dem Wendepunkt nähern, da sie dabei langsamer werden. Wenn sie sich vom
Wendepunkt entfernen, also während der Beschleunigung, nimmt die Stärke zu.
Bezüglich des elektrischen Feldes verhält es sich umgekehrt. Durch diese
schwingenden Wechsel der Feldstärken kommen die elektromagnetischen Wellen
zustande.
Die bekannteste elektrische Erscheinung ist der Strom, den
Menschen aus Steckdosen beziehen. Hier handelt es sich um bewegte Elektronen.
Jeder weiß, dass zumindest in europäischen Steckdosen ein Wechselstrom von
220-230 Volt fließt. Was aber ist Wechselstrom und was Gleichstrom? Beim Gleichstrom
wandern Elektronen wirklich aus der Steckdose durch die Glühbirne zurück in die
Steckdose zum Elektrizitätswerk und wieder in eine Steckdose. Beim Wechselstrom
zittern die Elektronen nur innerhalb des elektrischen Leiters hin und her.
Beide Bewegungen sind jedoch gut geeignet, um Strom in Bewegungsenergie (in
Motoren) oder Licht (in Lampen) usw. umzuwandeln. Beim üblichen Wechselstrom
zittern die Elektronen mit einer Frequenz von 50 Hz (= 50 Schwingungen
pro Sekunde) hin und her.
Jetzt wollen wir noch die wichtigsten Begriffe der Elektrizitätslehre klären:
Es sind Spannung –gemessen in Volt, Widerstand –gemessen in Ohm
und Stromstärke -in Ampere. Am einfachsten verständlich werden diese
Messgrößen, wenn man das Fließen des elektrischen Stromes mit dem Fließen eines
Wasserstromes vergleicht: Die Spannung ist so etwas, wie das Vermögen („der
Wunsch“) des Stromes, zu fließen. Dies entspricht dem Wasserdruck. Der
elektrische Widerstand entspricht dem Widerstand, den z. B. enge Rohre dem
fließenden Wasser entgegensetzen. Dünne elektrische Leiter entsprechen dünnen
Wasserrohren. Die Stromstärke zeigt an, wie viele Elektronen (geladene
Teilchen) pro Zeiteinheit durch den Querschnitt eines elektrischen Leiters
fließen. Dies entspricht der Wassermenge, die entsprechend z. B. durch ein Rohr
fließt.
Elektrischer Strom kennzeichnet auch das Leben. Die meisten Zellen verteilen
innerhalb und außerhalb der Zellmembran geladene Teilchen (Ionen) so, dass
elektrische Spannungen entstehen. Diese Spannungen können z. B. zum Transport
von Informationen genutzt werden. Dies geschieht z. B. und ganz besonders
zwischen allen Gehirnzellen (Nervenzellen). Alle elektrischen Bedingungen in
Lebewesen können durch elektrische Felder (Hochspannungsleitungen, Elektrosmog)
negativ beeinflusst werden.
Wärme
Es gibt zwei Formen von Wärme. Die erste Form, die Wärmestrahlung
(Infrarotstrahlung, Mikrowellen), haben wir oben (unter „elektromagnetische
Wellen“) schon kennen gelernt. Die zweite Form ist die Entstehungsursache der
Wärmestrahlung, die Bewegung (Schwingung) von Teilchen, wie Atomen und
Molekülen. Diese Teilchen bewegen sich i. d. R. in Gasen und Flüssigkeiten
kunterbunt hin und her. In Festkörpern vibrieren sie i. d. R. an weitgehend
festen Orten. Die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der sich die Teilchen
eines Körpers bewegen, nennen Menschen Temperatur. Sie wird heute in der
Wissenschaft in Kelvin gemessen. Die Kelvin-Temperatur-Skala ist
sinnvoller Weise so festgelegt, dass eine Temperatur von Null Kelvin dem
Stillstand der Moleküle entspricht. Dies entspricht zirka -273°C. Celsius hatte
als Nullpunkt seiner Skala den Gefrierpunkt des Wassers gewählt, eine weniger
objektive Festlegung, die deshalb in der Wissenschaft weitgehend abgeschafft
wurde.
Die Temperatur wird häufig fälschlicherweise mit der Wärmeenergie oder Wärmemenge
gleichgesetzt, weil diese, wenn sich sonst nichts ändert, mit zunehmender
Temperatur ebenfalls zunimmt. Die Wärmemenge ist aber als der
Wärmeenergiegehalt eines Systems definiert. Die Wärmeenergie entspricht
-vereinfacht gesagt- der Fähigkeit der Atome (Moleküle) eines Körpers, das
Bewegungsverhalten anderer Atome (Moleküle) zu verändern. Diese hängt auch von
der Masse des Wärme abgebenden Systems ab. Vereinfacht kann man sagen, ein
System hat umso mehr Wärmeenergie, je mehr Atome (Fermionen) es enthält und je
schneller diese sich bewegen. Die Zahl der Atome (Moleküle) lässt sich oft
schwer ermitteln. Deshalb wählt man stattdessen gern die Masse eines Körpers,
wenn man seinen Energiegehalt und Energieübertragungen bestimmen will. Die
Masse (eines Körpers) bietet den großen Vorteil, dass man sie auf der Erde
leicht indirekt bestimmen kann, indem man das Gewicht dieses Körpers bestimmt
(s. u.). Masse und Gewicht steigen (vereinfacht gesagt) i. d. R. proportional
zur Zahl der Teilchen, die ein Körper enthält. Das Gewicht ist die
Kraft, mit der ein Körper wie die Erde einen anderen Körper anzieht. Es ist
also etwas völlig anderes als die Masse. Dennoch sprechen Menschen i. d. R. vom
Gewicht eines Körpers, wenn sie seine Masse (Materialmenge) meinen (Genaueres
s. u.).
Wärmeenergie wurde früher in Kalorien, heute in Joule gemessen.
Man misst die Wärmemenge, indem man feststellt, um welchen Betrag (Grad Kelvin)
eine Energiequelle die Temperatur der Masse (Gramm) eines Körpers (z. B.
Wasser) erhöht. Etwas vereinfacht ist (war) 1kcal die Wärmemenge, die ein
Körper auf einen Liter Wasser überträgt, wenn er die Temperatur dieses
Wasser um ein Grad Celsius erhöht. Noch einfacher: Eine kcal macht 1 Liter
Wasser um 1°C wärmer. Wärme ist ein physikalische Phänomen, das für das Leben
–insbesondere für Menschen und deren Lebensqualität- erhebliche Bedeutung hat. Deshalb
widmen wir uns ein wenig der Bedeutung von Wärme im (Alltags)leben:
Besonders interessant sind Wärmeübertragungen. Dazu gibt es
grundsätzlich zwei Möglichkeiten: erstens durch Strahlung und zweitens durch
direkten Kontakt zwischen bewegten Teilchen. Wenn zwei Körper unterschiedlicher
Temperaturen nebeneinander liegen, sendet der heißere Wärmestrahlung aus, die
die Moleküle des kälteren Körpers in schnellere Bewegung bringen. Bei direktem
Kontakt zwischen den Molekülen (Atomen) bremsen langsame Moleküle schnelle,
während schnelle langsame beschleunigen. Wenn Wärme durch direkten Kontakt
zwischen Festkörpern übertragen wird, spricht man von Wärmeleitung, bei
Flüssigkeiten und Gasen von Strömung oder Konvektion.
Wärmeübertragungen sind für das Leben besonders wichtig. Lebewesen können nur
in bestimmten Temperaturbereichen überleben. Deshalb haben sie gute
Wahrnehmungsmöglichkeiten für Wärmeübertragungen entwickelt. Dabei
interessieren sie sich -dank ihres klugen Erbgutes- weniger für Temperaturen,
als für die Geschwindigkeit der Wärmeaufnahme und -abgabe. Wenn eine
menschliche Hand eine zwanzig Grad warme Tischplatte aus Marmor berührt, melden
Wärmerezeptoren (=Sinneszellen) in der Hand eine Kälteempfindung an das Gehirn.
Wenn dieselbe Hand zwanzig Grad warme Luft berührt, melden sie i. d. R. nichts.
Warum? Die Tischplatte entzieht der Hand trotz gleicher Temperatur viel
schneller Wärme als die Luft. Wie kommt das? Nun ganz einfach: Wie schnell
Wärme übertragen wird, hängt nicht nur vom Temperaturunterschied zwischen zwei
Körpern ab, sondern vor allem von der Zahl der Atome (Moleküle), die sich
berühren, bzw. von der Zahl der Photonen (=Strahlungsmenge), die übertragen
werden. Das wiederum hängt von der Oberflächenbeschaffenheit und von der Dichte
der beteiligten Körper ab. Je dichter das Material ist, das z. B. eine
menschliche Hand berührt, desto schneller wird Wärmeenergie von der Hand auf
den Körper (oder umgekehrt) übertragen. Neunzig Grad in einer Sauna (Luft)
lassen viele Menschen sich gerne eine Zeit lang gefallen, neunzig Grad in einer
Badewanne sind -außer bei Kannibalen, die beim Füllen der Wanne „well done“ (zu
Deutsch: wähl dann!“) rufen - nicht einmal medium beliebt. Die Gleichwertigkeit
von Strahlung und direkter Hitzewirkung wird von antirassistischen und
narzisstischen verschlafenen Indianerliebhabern auch immer wieder unter
Solarien (Rangordnungsgrillomaten) bewiesen. Leider haben Menschen zwar für
Wärmestrahlung direkte Wahrnehmungsmöglichkeiten (Sinneszellen), nicht aber für
die viel gefährlichere (energiereichere) UV-, Röntgen-, radioaktive-, und
Höhenstrahlung. Deshalb können Asitoaster, geplatzte Atomkraftwerke,
krankhaftes Sonnenbaden usw. sehr erfolgreich ihre manchmal tödlichen Wirkungen
verbreiten. Diese energiereichen Strahlungen begnügen sich nicht damit,
Moleküle in schnellere Bewegungen zu versetzen. Sie können Moleküle zerstören
und/oder so verändern, dass Zellen sterben (Sonnenbrand usw.) oder
Krebsgeschwülste entstehen können.
Als nächstes wollen wir den Begriff „gefühlte Kälte“ oder „gefühlte
Temperatur“ klären. Oft hört man z. B. im Wetterbericht, dass am
nächsten Tag das Thermometer zehn Grad+ anzeigen wird, die gefühlte Temperatur
jedoch nur 5 Grad+ betragen wird. Wie ist so etwas möglich? Wieder ganz
einfach: Was der Mensch fühlt, ist sinnvoller Weise wieder die Geschwindigkeit,
mit der die Haut auskühlt. Diese hängt zum Beispiel davon ab, wie stark sich
die Luft bewegt und wie viel Wasserdampf sie enthält. Wassermoleküle entziehen
der Haut -besonders, wenn sie sich auf die Haut legen- schneller Wärme als
Stickstoff- oder Sauerstoffmoleküle. Wieso spielt aber auch Luftbewegung (Wind)
eine Rolle? Um jeden warmen Körper herum werden kältere Luftmoleküle, die ihn
direkt umgeben, erwärmt. Diese Moleküle bewegen sich relativ schnell,
verlangsamen also die Bewegung der Moleküle in der menschlichen Haut relativ
wenig. Werden sie aber ständig weggeblasen und dadurch durch andere, kältere
(langsamere) ersetzt, so entziehen sie dem Körper schneller Wärme. Diese
Erscheinung ist auch der Grund, aus dem die Suppe auf einem Löffel schneller
abkühlt, wenn man auf die Suppe bläst.
Das gerade Gesagte erklärt auch das Prinzip der Wärmeisolation.
Isolationsmaterialien sind Stoffe, die relativ wenige Atome (Moleküle) pro
Raumeinheit (z. B. Kubikmeter oder Liter) enthalten. Außerdem spielt natürlich
auch das Material wieder eine Rolle. Besonders geeignet ist gar kein Material,
ein Vakuum. Warum verliert aber ein Körper auch dann Wärme, wenn er von einem
Vakuum (z. B. zwischen zwei Fensterglasscheiben) umgeben ist? Das hatten wir
oben schon angesprochen: Einen Teil der Wärme, die abgegeben wird, verliert ein
Körper durch Strahlung. Die Wärmestrahlung kann ein Vakuum viel leichter
passieren als Luft, Styropor, Wolken usw. Deshalb kühlt die Erde –in
wolkenlosen Nächten besonders deutlich- ab. Sie strahlt Wärme in den Weltraum
ab.
Wärmestrahlung gibt es natürlich auch wieder in verschiedenen Frequenzen und
Wellenlängen.
Für das menschliche Alltagsleben besonders interessant sind Wärmestrahlen mit Wellenlängen,
die vor allem Wassermoleküle in Schwingungen (Bewegung) versetzen können. Diese
Wärmestrahlen nutzt man in Mikrowellenherden, um nur die wasserhaltige
Nahrung zu erhitzen, nicht aber z. B. Luft und Gefäße, in denen sich die
Nahrung befindet. Unter anderem deshalb ist das Erwärmen von Nahrungsmitteln in
der Mikrowelle preisgünstiger als auf dem Elektroherd. Dies gilt allerdings nur
bei kleinen Mengen.
2. 2 Die Gravitation
Jede Materie zieht jede andere Materie -vielleicht durch Austausch von
Gravitonen- (scheinbar) an. Dieser Kraft, bzw. (Schein)bewegung, liegt nach
Einstein eine Krümmung der Raumzeit (=Raumzeitkontinuum = vierdimensionale Welt
s. u.) zugrunde. Man versuche, sich vorzustellen, dass an einer Stelle, an der
sich z. B. ein Stern befindet, eine Grube im Raum, bzw. besser in der Raumzeit,
entsteht, in die alle Materie, z. B. Planeten, hineinrollen (könnten). Die
Krümmungen solcher Gruben sind, wie jede vierdimensionale Struktur, für
Menschen nicht vorstellbar. Sie werden aber durch zwei- bzw. dreidimensionale
Modelle anschaulich. Eine vorstellbare modellhaft entsprechende
zweidimensionale Grube entsteht, wenn man einen schweren Gegenstand auf ein
gespanntes Gummituch legt.
Mit Hilfe der Gravitation (eigentlich durch Gravitationsunterschiede) lassen
sich vierdimensionale Körper zeitlich (scheinbar?) strecken. Wenn man zwei
Körper in verschieden starke Schwerefelder bringt, ist, wenn man sie wieder
zusammenbringt, der im stärkeren Feld weniger gealtert als der im schwächeren
Feld. Das Gleiche lässt sich auch erreichen, wenn man einen Körper stärker
beschleunigt als den anderen. Deshalb sind nach Einstein Beschleunigung und
Schwerkraft äquivalent, d. h., auf eine unten näher erläuterte Art
wesensgleich. Mit all diesen Problemen beschäftigt sich die
Relativitätstheorie. Einige Probleme (die diese Theorie aufwirft) und ihre
Lösungen werden unten und in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ genauer
besprochen. Diese Lösungen sind sehr spannend und interessant, aber für die
Bewältigung des Lebensalltags der Menschen fast ohne unmittelbare Bedeutung.
Gewicht
In der Alltagssprache bezeichnen Menschen die Gravitationskraft als
Gewicht. Es wurde früher in Kilopond, heute in Newton, gemessen. Das Gewicht
ist eine Kraft, die fälschlicherweise oft mit der Masse verwechselt und
gleichgesetzt wird. Wer ein Kilo Tomaten kauft, interessiert sich primär für
die Masse (Menge an Material [Vitaminen, Zucker, Ballaststoffen,
Geschmacksstoffen usw.]), die in den Tomaten steckt, nicht für
Gravitationskräfte. Zum Ermitteln der Masse wird jedoch in der Regel aus
praktischen Gründen das Gewicht bestimmt. Auf der Erdoberfläche hängen Gewicht
und Masse sehr eindeutig voneinander ab. Dennoch ist der übliche Ausspruch:
„Die Tomaten haben ein Gewicht von 1kg“ dem Ausdruck: „Dirk Nowitzki ist über 2
Zentner groß“ völlig gleichwertig. Die Kraft, mit der die Tomaten zum
Erdmittelpunkt gezogen werden, interessiert den Käufer allenfalls, wenn er sie
zu Fuß nach Hause schleppen muss. Ähnlich wenig interessiert die meisten Käufer
leider auch, wie viel Wasser, Pestizide und manipulierte Frischscheingene zu
Gewicht und Masse der Tomaten beitragen.
Masse
Masse misst man in Gramm. Was Masse ist, hat bisher kein Mensch wirklich
verstanden. Wir müssen uns also mit Definitionsversuchen begnügen.
Physiker unterscheiden zwischen träger Masse, Ruhemasse und schwerer
Masse.
Die träge Masse ist vor allem dadurch charakterisiert, dass sie der
Veränderung der Geschwindigkeit eines Körpers Widerstand entgegensetzt
(Trägheit).
Der Begriff Ruhemasse entspricht in etwa der Menge an Material, die ein
Körper enthält. Diese Menge hängt von der Zahl und Größe (eigentlich Masse)
ihrer Bestandteile, z. B. der Atomkerne, ab. In der Alltagswelt der Menschen
steigt das Gewicht eines Körpers exakt mit steigender Masse. Deshalb kommt es
zu der oben erwähnten Gleichsetzung. Weit weg von Himmelskörpern haben aber
bekanntlich alle Körper, gleichgültig welcher Masse, fast kein Gewicht.
In Gravitationsfeldern erlangen Körper eine weitere Eigenschaft, die schwere
Masse genannt wird. Diese Eigenschaft wird Menschen vor allem dadurch
deutlich und erkennbar, dass alle Körper sich gegenseitig anziehen. Sie nennen
diese Erscheinung Gravitation, z. B. Erdanziehungskraft.
Masse kann und sollte darüber hinaus auch als eine Form von Energie aufgefasst
werden. Wenn zwei Körper aufeinander treffen, verändern sie wechselseitig ihre
Geschwindigkeit. Das eigentliche Wesen dieser Geschwindigkeitsänderungen ist
die Krümmung oder Begradigung der Weltlinien, die diese Körper bilden. Eine
Weltlinie ist ein Körper einschließlich aller Körper, die er in Vergangenheit
und Zukunft gebildet hat, und damit das eigentliche vierdimensionale
Wesen eines Körpers (s. u.). Die Energie, die in zwei (oder mehr)
Körpern, die aufeinander treffen, steckt, hängt hauptsächlich von ihren
Geschwindigkeiten und ihren Ruhemassen (Materialmengen) ab. Bei jedem
Zusammentreffen wird ein Teil der Energie in Strahlung (=Bosonen) umgewandelt.
Die meisten emittierten (ausgesandten) Strahlen sind elektromagnetische Wellen,
z. B. Wärmestrahlen, Licht, Röntgenstrahlen usw., also Photonen. Je höher die
Geschwindigkeit ist, mit der Körper aufeinander treffen, desto mehr und
energiereichere Bosonen entstehen. Am meisten entstehen, wenn Materie und
Antimaterie aufeinander reffen. Antimaterie ist gegenüber üblicher
Materie bzgl. Raum, Zeit und Ladung gespiegelt. Tatsächlich machen extrem hohe
Geschwindigkeiten einen Teil des Wesens der Antimaterie aus. Umgekehrt kann,
wenn reine energiereiche Bosonen (z. B. Gammastrahlen) aufeinandertreffen, aus
diesen Materie entstehen. (Zur Antimaterie s. Kap.X)
2. 3 Die starke Wechselwirkung hält z. B. die Quarks in einem
Proton zusammen. Sie ist weitgehend mit der so genannten Atomenergie identisch.
Lebewesen haben mit der starken Wechselwirkung unmittelbar wenig zu tun.
Trotzdem hat sie für das Leben große Bedeutung. Fast die gesamte Energie, die
Lebewesen auf der Erde nutzen, stammt aus der Lichtenergie der Sonne. Diese
Energie wird ja bekanntlich von Pflanzen mittels Fotosynthese (siehe unten)
genutzt und in Form energiereicher Substanzen (Nährstoffe) an Pflanzenfresser
usw. weitergegeben. Die Strahlung, die die meisten Sterne (nicht nur die Sonne)
aussenden, wird bei Prozessen (Kernfusion, Kernverschmelzung) gebildet, bei
denen die starke Wechselwirkung eine wichtige Rolle spielt. In der Sonne
verschmelzen bestimmte Wasserstoffatome zu Helium. Dabei wird unvorstellbar
viel mehr Energie frei als z. B. bei Verbrennungen auf der Erde. Menschen sind
deshalb dabei, auf der Erde Verfahren zu entwickeln, mit denen man
kontrollierte Kernfusionen durchführen kann. Mit solchen Verfahren ließen sich
alle Energieprobleme der Erde lösen. Allerdings bringt auch die Kernfusion
Probleme mit radioaktiven Stoffen mit sich.
In Sternen (z. B. während einer Supernova) verschmelzen auch andere einfache
Elemente zu komplexeren (schwereren) Elementen wie z. B. Kohlenstoff,
Sauerstoff usw. Da viele dieser Elemente Bestandteile des Lebens sind, gehören
Kernverschmelzungen (starke Wechselwirkung) zu den notwendigen Voraussetzungen
für das Leben.
2. 4 Die schwache Wechselwirkung begegnet Menschen fast nur beim
radioaktiven Beta-Zerfall.
Starke und schwache Wechselwirkung sind für das menschliche Alltagsleben u. a.
deshalb weniger bedeutungsvoll, weil sie extrem kurze Reichweiten haben. Die
Reichweiten von Gravitation und elektromagnetischer Wechselwirkung sind dagegen
extrem hoch, möglicherweise unendlich.
Alle vier Wechselwirkungen vereinigen sich wahrscheinlich bei sehr hohen
Temperaturen, wie sie im Moment des Urknalls herrschten, zu nur einer
Wechselwirkung. Mit dieser Problematik befassen sich Vereinigungstheorien, die
als GUT (=great unifying therories) bekannt sind.
3. Die Dimensionen und die Zeit
Menschen können drei Dimensionen, die sie Länge, Höhe und Breite nennen,
wahrnehmen. Sie bilden zusammen den dreidimensionalen Raum, den Menschen sich
auch anschaulich vorstellen und korrekt berechnen können. Mit der vierten
Dimension, die sie „Zeit“ nennen, gehen sie dagegen äußerst merkwürdig um. Die
vierte Dimension können sie weder wahrnehmen noch anschaulich vorstellen. Zu
ihr haben Menschen nur indirekten Zugang durch Bewegungsvorstellungen,
Gedächtnis und Emotionen. Um das Chaos perfekt zu machen, nennen sie auch noch
etwas ganz anderes „Zeit“, nämlich das Vergehen der Zeit, den Zeitfluss. Nun
haben ihnen aber einige ihrer größten Physiker (u. a. Einstein, Minkowski, Weyl
und Hawking) bewiesen, dass die Welt, in der sie leben, aus mindestens vier
Dimensionen, die alle vier völlig gleichwertig existieren, besteht. Dieser
Gesamtkörper aus 4 Dimensionen wird seit Einstein Raumzeitkontinuum (abgekürzt
„Raumzeit“) genannt, weil alle vier Dimensionen gleichberechtigt und verbunden
dieses zusammengehörige Ganze bilden. Trotzdem verhalten sich fast alle, auch
die meisten Physiker, so als existiere von der vierten Dimension immer nur die
jeweilige Gegenwart. Da die vierte Dimension allen anderen völlig gleichwertig
ist, muss sie jedoch auch die (wichtigsten) Eigenschaften der anderen
Dimensionen haben. Diese Eigenschaften sind: eine Längenausdehnung und
materieller Aufbau. Die vierte Dimension muss also aus existierendem Material
bestehen. Nun kann wie gesagt niemand sich eine vierte Dimension senkrecht auf
den drei Raumdimensionen anschaulich vorstellen. Dennoch kennen wir alle die
Längenausdehnung und das Material der vierten Dimension (Zeit). Es ist das, was
alle Körper im Universum einmal waren, sind und sein werden. Sie bilden eine
Serie von dreidimensionalen Körpern (Weltpunkten, Kopien, Elementen, nows)
durch die Zeit. Diese Serie wird von einigen Physikern als Zeitwurm, Spagetti,
Schlange oder Weltlinie bezeichnet. Hier gibt es jedoch zwei unterschiedliche
Auffassungen: Die Einen (und Meisten) verstehen unter der Weltlinie eine
ideelle Verbindungslinie zwischen den Punkten in der Raumzeit, an denen ein
bewegter Körper sich zu verschiedenen Zeitpunkten befindet. Andere verstehen
darunter eine materielle Serie von Körpern. Wir gehen davon aus, dass letztere
Recht haben. Daraus folgt, dass alles, was jemals war, ist und sein wird,
einfach da ist. Diese Aussage ist identisch mit der Aussage: „Die Welt ist ein
Raumzeitkontinuum.“ Anders ausgedrückt: die Aussagen: „Die Welt ist ein
Raumzeitkontinuum“ und: „Vergangenes und Zukünftiges existieren nicht.“ sind
nicht vereinbar. Wir wollen diese Problematik durch einen Vergleich
verdeutlichen: Stellen wir uns vor, die zu verstehende Welt sei die Erdkugel.
Die Wissenschaftler, die diese Erde untersuchen, können sich aber nur Flächen
vorstellen, keine dreidimensionalen Räume. Wenn sie nun mit Hilfe ihrer
zweidimensionalen Vorstellungen und Methoden die dreidimensionale Erdkugel zu
verstehen versuchen, gehen sie genauso vor, wie wir, wenn wir mit
dreidimensionalen Vorstellungen die vierdimensionale Welt zu verstehen
versuchen. Das Verständnis einiger Querschnitte durch die Erdkugel kann das
Verständnis der gesamten dreidimensionalen Kugel nicht liefern oder ersetzen.
Wenn die vergangene und zukünftige Welt einfach nur existiert, kann auch der
Zeitfluss nicht das sein, was wir uns üblicherweise darunter vorstellen. Auch
die üblichen Vorstellungen zu bewegten Körpern müssen korrigiert werden. Gehen
wir kurz auf diese Problematik ein: Menschen können von ihrer vierdimensionalen
Welt immer nur dreidimensionale Gegenwartsausschnitte sehen. Sie sehen aber
nicht immer denselben Ausschnitt, sondern, aus der Vergangenheit in die Zukunft
wandernd, einen Ausschnitt nach dem anderen. Dieses Gleiten ihres Bewusstseins
nennen sie Zeitfluss und halten es (fälschlicherweise?) für eine objektive physikalische
Tatsache. Wenn sie dabei sich selbst (ihre eigene Weltlinie) betrachten, nennen
sie ihre entsprechenden Beobachtungen „Altern“. Auch hier macht ein Vergleich
die Problematik noch deutlicher: Wir wählen als Modell für unsere eigene
Weltlinie statt eines (Zeit)Wurmes eine brennende Wunderkerze. In diesem Modell
entspricht der aufwärts wandernde Funke unserer üblichen Vorstellungen von uns
selbst. Stellen wir uns zwei brennende Wunderkerzen vor, die miteinander einen
Winkel von beispielsweise 45 Grad bilden. Wenn die beiden Funken (menschliche
Beobachter) sich gegenseitig beobachten, stellen sie fest, dass der jeweils
andere Funke sich zu entfernen scheint. Das Wesen der Bewegungen liegt daher
in der wechselseitigen Beobachtung von zeitgleitenden Weltpunkten auf nicht
parallelen Weltlinien.
Das Wandern des menschlichen Bewusstseins durch die Raumzeit nennen wir
Zeitgleiten. Es ist der Grund für das Erleben des Zeitflusses und jeder
Bewegung. Dabei gleitet nicht nur das Bewusstsein, sondern die gesamte menschliche
dreidimensionale Wahrnehmungswelt. Man kann sich dieses Geschehen gut klar
machen, wenn man es mit dreidimensionalen Modellen vergleicht. Es entspricht
dem Gleiten einer Fläche (=zweidimensionaler Körper) durch einen
dreidimensionalen Körper. Wenn z. B. die Wasseroberfläche eines Stausees an
einer Baumkrone aufsteigt, geschieht prinzipiell das Gleiche, wie wenn die
menschliche Wahrnehmungswelt durch die Raumzeit gleitet. Dabei entsprechen das
Wasser der Vergangenheit, der Wasserspiegel der Gegenwart, die Luft über dem
Wasser der Zukunft und die Berührungsstellen von Wasserspiegel und Ästen der
menschlichen Wahrnehmungswelt. Fassen wir diese neuen Gedanken zwecks besserer
Verständlichkeit noch einmal zusammen:
Menschliche Gehirne sind so gebaut, dass sie glauben, durch die Zeit
(eigentlich Raumzeit) zu gleiten. Das physikalische Wesen der vierten Dimension
ist eine rein statische Ausdehnung, die der Länge, Höhe und Breite völlig
gleichwertig ist. Alle Dimensionen stehen senkrecht aufeinander, verändern sich
nicht und müssen mit dem gleichen Maß, nämlich Meter, gemessen werden. Die vier
Dimensionen bilden einen für Menschen unvorstellbaren aber berechenbaren
vierdimensionalen Körper (Raumzeit), in dem die vier Dimensionen ebenso
gleichwertig und zusammenhängend sind, wie die drei Dimensionen eines
dreidimensionalen Körpers. Deshalb nannte Einstein dieses System Raumzeitkontinuum.
Um das Wesen der Zeit zu verstehen, müssen wir uns darüber klar
werden, dass die unter Menschen übliche Definition für Zeit mit dieser
statischen Vorstellung der vierten Dimension nur wenig übereinstimmt. Menschen
haben neben diesem statischen Zeitbegriff noch einen zweiten, den Zeitfluss.
Weil sie zwischen diesen Zeitbegriffen nicht korrekt unterscheiden, haben fast
alle bisher das Wesen der Zeit und der Bewegung nicht richtig verstanden. Ihr
zweiter Zeitbegriff ist charakterisiert durch die unvermeidliche Veränderung,
also den Ablauf oder das Vergehen von Zeit. Dies entspricht weitgehend der
Tatsache, dass Menschen so konzipiert sind, dass sie aus der Vergangenheit in
die Zukunft durch die Raumzeit zu gleiten glauben. Dieses Gleiten durch die
Raumzeit (Zeitgleiten) ist ein wahrscheinlich (z. T.?) subjektives
selbstständiges Phänomen, das neben der vierten Dimension existiert. In
diesem Sinne wäre es daher nicht richtig, den üblichen verwaschenen,
doppeldeutigen Zeitbegriff als vierte Dimension zu bezeichnen.
Die wichtigste Voraussetzung, um das Wesen der Zeit zu verstehen, ist, klar
zwischen den zwei Zeittypen Zeitgleiten (oder Gleitzeit) und statischer Zeit
(=vierte Dimension) zu unterscheiden. Die wichtigste Beziehung zwischen diesen
beiden Zeittypen besteht im scheinbaren Gleiten des menschlichen Bewusstseins
durch die Raumzeit. Dieses Gleiten erfolgt mit Lichtgeschwindigkeit. Das
bedeutet, dass jeder Mensch (Gegenstand) zu jedem Zeitpunkt von dem, was er vor
einer Sekunde war, genau eine Lichtsekunde, also 300 000 Kilometer, entfernt
ist. Die Sekunde ist also ein geeignetes Maß für die Geschwindigkeit, mit der
das menschliche Bewusstsein durch die Raumzeit zu gleiten glaubt. Die
Lichtsekunde ist ein Längenmaß, das für die vierte (jede) Dimension steht und
ebenso geeignet ist, wie das (der) ihr zugrunde liegende Meter. Es wäre
sinnvoll, die vierte Dimension nicht mehr mit dem Begriff „Zeit“ zu bezeichnen
oder für das Vergehen der Zeit nicht mehr diesen Begriff zu verwenden.
Stattdessen könnte der Begriff Zeitgleiten eingeführt werden. Menschen, auch
viele Physiker, halten ihr subjektives Gleiten durch die Raumzeit für eine objektive
physikalische Tatsache. Dieses Gleiten (Vergehen von Zeit) existiert aber
wahrscheinlich nur dann, wenn es Subjekte, wie Menschen und Tiere, gibt, die es
erleben. Die Welt (einschließlich allem, was war und sein wird) ist
wahrscheinlich einfach da. Sie wurde nie geschaffen, wird nie vergehen und
wurde nie verändert. Sie enthält jedoch Unterschiede (=Information =Energie).
Die Vorstellung der Entstehung, des Todes und jeder Veränderung entsteht allein
im menschlichen (tierischen) Bewusstsein durch das Zeitgleiten.
Die Nichtberücksichtigung des menschlichen Gleitens durch die Raumzeit bei
allen physikalischen Messungen ist der wichtigste Grund für die meisten großen
Probleme (für Kenner: Nichtlokalität, Welle-Teilchen-Dualität,
Quantengravitation usw.) der menschlichen Physik.
Das
Wesen von Information und Sprache (≈Informationsübertragung)
Jede
Sprache kann Information speichern und transportieren. Das Wesen der
Information besteht in der Existenz von mindestens zwei Objekten, die nicht
gleich sind. Solche Objekte sind z. B. zwei verschiedenfarbige Schachfelder und
zwei verschiedene Zeichen jeder Sprache, z. B. zwei Buchstaben. Sinn bekommt
der Informationsbegriff allerdings nur dann und dadurch, dass jemand die beiden
Objekte vergleicht. So etwas können Menschen und viele Tiere (vor allem?), weil
es den Zeitfluss gibt, besser gesagt: wenn und weil sie dem Zeitgleiten
unterliegen. Der Vergleich erfolgt i. d. R. dadurch, dass im Gehirn eine Kopie
(Gedächtnis) der beobachteten Objekte angelegt und mit anderen (später)
beobachteten verglichen wird.
Die kleinste (messbare) Informationsmenge nennen Menschen ein Bit. Dies ist die
Maßeinheit für Information. Ein Bit ist die kleinste mögliche
(Energie)differenz zwischen zwei Objekten. Um z. B. entscheiden zu können, ob
eine Figur auf einem schwarzen oder weißen Feld des Schachspiels steht,
benötigt man ein Bit Information.
Das allgemeine Wesen jeder Sprache (Information) besteht aus mindestens
zwei verschiedenen Zeichen und der Reihenfolge dieser Zeichen.
Information ist in jedem Objekt (Weltpunkt, Ereignis) dieser Welt enthalten.
Ein Bild enthält z. B. viele Einzelelemente (Pixel) die einschließlich ihrer
Beziehungen zueinander z. B. in der Sprache der Computer digital (u. a. per
Internet) übertragen werden können. Sprachen bestehen aus besonders günstig
übertragbaren Symbolen, mit denen sich die Informationen, die alle Körper
(Weltlinien, Weltlinienmuster) dieser Welt enthalten, übertragen lassen.
Sprachliche Information kann als DNA-Strang, Schrift, Strichcode, Brandspuren
auf CDs usw. gespeichert werden. Die DNA benutzt 4 bzw. 64, die lateinische
Schrift in Deutschland 26 und die Computersprache 2 Zeichen. „Mundartlich“
nennt man das „Sprechen“ der Computer „digitale Informationsverarbeitung
mittels binärer Codes“.
Die Zeichen der DNA heißen Basen oder Tripletts, die der Schrift Buchstaben,
Hieroglyphen, Runen usw. Die Zeichen der Computersprache heißen: Strom fließt
und Strom fließt nicht. Die Symbole dafür sind 1 und 0. 0 und 1 werden
allerdings so zu Gruppen zusammengefasst, dass man viele Buchstaben
verschiedener menschlicher Sprachen, alle Zahlen und verschiedene andere
Zeichen codieren (umschreiben) kann. Damit dies möglich wurde, musste man
ziemlich große Gruppen bilden. Man wählte u. a. Gruppen, in denen jedes der
beiden Zeichen jeweils 8-mal vorkommt. Diese Gruppen heißen Bytes. Der
Buchstabe „A“ z. B. wird durch eine bestimmte Kombination und Reihenfolge von
8mal „Strom fließt“ und/oder „Strom fließt nicht“ geschrieben (codiert). Wir
verdeutlichen dieses Kombinieren unten noch einmal an einem anderen Beispiel.
Sprachprobleme
Jede Sprache kann in jede andere Sprache übersetzt werden. Dieser Vorgang heißt
sowohl in der Biologie wie auch in der Sprachlehre Übersetzung oder
Translation. Wenn die Zahl der Zeichen von Sprachen, die man übersetzen will,
nicht gleich ist, kann es Probleme geben. Damit man z. B. von einer Sprache mit
vielen Zeichen in eine Sprache mit wenig Zeichen übersetzen kann, muss die Zahl
der Zeichen angeglichen werden. Das kann man machen, indem man die Zeichen der
zeichenärmeren Sprache zu Gruppen zusammenfasst. So sind die 4 Basen (=Zeichen)
der DNA zu Dreiergruppen zusammengefasst, damit 20 verschiedene Aminosäuren
erkannt und zu Eiweißen zusammengebaut werden können (s. u.). Beim
Morsealphabet, in der Computer-Sprache usw. werden Zweier-, Dreier-, Vierer-,
Achtergruppen usw. gebildet, um für jeden Buchstaben des Alphabets und andere
Symbole ein eigenes Zeichen zu haben.
Sprachen mit wenigen Zeichen können relativ schnell erlernt werden. Sie haben
aber den Nachteil, dass sie für den Informationstransport und die Speicherung
viel Raum und Zeit benötigen. Für Sprachen mit vielen Zeichen, wie z. B. die
chinesische Schriftsprache, gilt natürlich sinngemäß das Gegenteil. Eine mittlere
Zahl von Zeichen ist daher für traditionelle menschliche Kommunikation am
ökonomischsten. Die häufigste menschliche Schriftsprache, die lateinische, ist
mit ca. 26 Zeichen nicht schlecht gewählt. Einige dieser Zeichen sind
allerdings doppelt und daher überflüssig und schädlich, denn sie erhöhen den
Lernaufwand, ohne nennenswerte Vorteile zu bringen (s. u. Rechtschreibreform).
Der größte Vorteil der lateinischen Schrift ist jedoch die ursprünglich
eindeutige Zuordnung von gesprochener und geschriebener Sprache. Die
menschliche Lautsprache verändert sich aus Gründen, die im Kapitel X
unter dem Stichwort „Gruppenetikettierung“ besprochen sind, im Laufe der Zeit.
Ein großer Fehler der Menschheit, der den sprachlichen Lernaufwand erheblich
unnötig erhöht, ist die Tatsache, dass die Schriftsprache diesen Veränderungen
der Lautsprache schwerfällig oder gar nicht angepasst wird (Genaueres s.
Kap.X). Dies gilt leider besonders für die englische Sprache.
Das Wesen der Sprache kann nur dann restlos verstanden werden, wenn man das
Wesen der Information verstanden hat. Zum Wesen der Information siehe oben und
Kapitel 11.
Wir haben jetzt einen Blick auf das physikalische Fundament der Welt
geworfen und wollen darauf nun das chemische Fundament bauen. Dies wird die Grundlage
für das Verständnis biologischer Vorgänge sein. Auf dieser Grundlage wiederum
werden wir u. a. historische, psychische und darauf pädagogische und
soziologische Prozesse verstehen können.
Chemie
Chemische Grundlagen
Die Elementarteilchen vereinigen sich wie gesagt zu Atomen. Protonen und
Neutronen bilden den Atomkern. Die Elektronen umgeben den Kern und bilden die
so genannte Atomhülle. Im einfachsten Fall tut sich ein Elektron mit einem
Proton zu einem Wasserstoffatom zusammen. Von diesen Atomen gibt es ca. 110
verschiedene Typen (=Kombinationen aus Elektronen und Kernteilchen). Diese
Zusammenstellungen und auch Ansammlungen von Atomen des gleichen Typs (=Stoffe)
heißen chemische Elemente und werden im so genannten Periodensystem
zusammengestellt und geordnet. Sie unterscheiden sich strukturell durch die
Zahl ihrer Protonen, Elektronen und Neutronen. Das zweite Element im
Periodensystem ist Helium, ein Edelgas. Es besteht aus zwei Protonen, zwei
Elektronen und zwei Neutronen. Die nächsten Elemente heißen Lithium, Beryllium,
Bor, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Neon, Natrium usw. Bei jedem
folgenden Element werden ein Proton und ein Elektron, aber nicht immer ein
Neutron hinzugefügt.
Was das eigentliche Wesen dieser Teilchen ist, ist schwer zu sagen. Physiker
müssen sich generell in der Welt des Mikro- und Makrokosmos mit Modellen
begnügen. Die Vorstellungen unserer Alltagswelt reichen nicht aus, um die
Welten des Kleinsten und Größten anschaulich und verständlich zu machen. In der
Regel führen sie sogar zu falschen Vorstellungen. Dafür ist die übliche
Vorstellung fester Körper wahrscheinlich ein Beispiel. Sie entsteht nicht, weil
Protonen, Elektronen usw. wirklich feste, harte Körper sind, sondern durch das
Zusammenprallen von Elektronen eines Objektes mit Elektronen auf Sinneszellen
und durch die Verarbeitung dieser Information in menschlichen Gehirnen. Wir
wissen, dass Protonen und Neutronen aus je drei Quarks aufgebaut sind, aber
jedes dieser (aller) elementaren Teilchen kann man als Korpuskel (hartes
Teilchen) oder vielleicht auch besser als so etwas wie Strahlung oder ein
Energiefeld auffassen.
Die Atomhülle kann ziemlich komplex strukturiert sein. Wichtig ist, dass
die Elektronen, die ja die Atomhülle bilden, auf verschiedenen so genannten Schalen
mit der Bezeichnung K, L, M, N angeordnet sind. Diese Schalen haben
verschiedene Formen, z. B. Hantelform. Im einfachsten Falle, nämlich bei der
ersten Schale (K) ist es näherungsweise die Form einer Kugeloberfläche
(Apfelschale). Auf dieser ersten Schale können sich maximal zwei Elektronen
befinden. Auf der nächsten Schale (L) können sich maximal acht Elektronen
befinden, die hantelförmig oder wie Kugelwolken angeordnet sein können. Die
Vorstellung einer Wolke, in der der Wasserdampf an verschiedenen Stellen
verschieden dicht sein kann, ist als Modell für schnell bewegte Elektronen auf
Schalen sehr geeignet. Es ist nämlich nicht so, dass Elektronen sich wie
Planeten auf festen Bahnen bewegen. Deshalb weiß man meistens nicht, wo ein
Elektron gerade ist und schon gar nicht, wo es sein wird. Physiker können immer
nur einen wolkenähnlichen Raum angeben, in dem man das Elektron mit von Ort zu
Ort verschiedener Wahrscheinlichkeit antrifft. Auch die Vorstellung, dass das
Elektron über eine Kugeloberfläche wie über eine sehr dicke Apfelschale
verschmiert ist, ist hilfreich. Noch besser dürfte die schon angesprochene
Vorstellung eines sphärischen Energiefeldes mit unterschiedlicher
Energiekonzentration sein.
Die Neutronenanzahl der Elemente hängt auf ziemlich komplizierte Weise von der
Entstehung der Elemente und gewissen inneren Bedingungen im Atomkern ab und
muss nicht in allen Atomen eines Elementes gleich sein. Diese Problematik muss
uns hier nicht interessieren. Es genügt für unsere Zwecke, sich zu merken, dass
bei den ersten zehn Elementen die Neutronenzahl ziemlich genau der Protonenzahl
entspricht. Wichtig ist dagegen der Begriff Isotop. Chemische Elemente
können in den Atomkernen unterschiedlich viele Neutronen enthalten. Diese
verschiedenen Erscheinungsformen desselben Elements nennt man Isotope. Meistens
meint man, wenn man von Isotopen spricht, die –bezüglich der Neutronenzahl-
unüblichen Erscheinungsformen eines Elements. Isotope kann man deshalb auch
(unzulässig vereinfacht aber verständlich ausgedrückt) als Elemente mit von der
Norm abweichender Neutronenzahl bezeichnen. Die Norm entspricht der
Neutronenanzahl, die man üblicherweise auf der Erde in Elementen findet. Sie
wird im Periodensystem indirekt angegeben. Man berechnet sie, indem man die Protonenzahl
eines Elements von der Gesamtzahl seiner Nukleonen (Teilchen im Kern) abzieht
(s. u.). Die Protonenzahl entspricht der Ordnungszahl, die Gesamtzahl der
Nukleonen entspricht der Massenzahl der Atome (s. u.).
Isotope spielen im Zusammenhang mit radioaktiven Zerfällen und
Altersbestimmungen von Fossilien usw. eine wichtige Rolle.
Neutronen verdanken ihren Namen ihrem elektrisch neutralen Verhalten.
Beim radioaktiven Zerfall verändern sich Atomkerne. Es können z. B. Neutronen
in Protonen umgewandelt, oder Kerne gespalten werden. Diese Veränderungen
beruhen auf dem Wirken der schwachen Kraft. Für diese Veränderungen bedarf es
oft sehr langer Zeiten. Die Zeit, die vergeht, bis die Hälfte der Menge eines
Stoffes zerfallen ist, nennt man Halbwertszeit. Wenn man diese Zeit kennt, kann
man das Alter von Substanzen berechnen, die radioaktive Elemente enthalten. Man
kann auch berechnen, wie lange radioaktive Stoffe, die z. B. bei Atomversuchen
und in Atomkraftwerken entstehen noch strahlen werden. Radioaktive Materialien,
bzw. deren Strahlung sind für Lebewesen sehr gefährlich. Manche radiaktive
Stoffe haben Halbwertzeiten von Jahrtausenden oder sogar Jahrzehntausenden. Das
sind Gründe, für die vielen Streitereien um die Gefährlichkeit und Nutzung der
Atomenergie.
Protonen und Elektronen verhalten sich nicht elektrisch neutral. Sie verhalten
sich vielmehr so, dass sie sich durch den Austausch von Photonen
(elektromagnetische Wechselwirkung s. o.) gegenseitig bewegen (besser: ihr
Bewegungsverhalten ändern =wechselseitig die Krümmungen ihrer Weltlinien
ändern). Elektrisch wirksame Teilchen können sich nicht nur anziehen, wie
bei den anderen Wechselwirkungen üblich, sondern auch abstoßen. Um diese
Doppelwirkung einfach beschreiben zu können, bezeichnet man Elektronen als
negativ, Protonen als positiv geladen. Gleich geladene Teilchen, z. B. zwei
Elektronen (oder Anionen s. u.) und zwei Protonen (oder Kationen s. u.), stoßen
sich ab. Ungleich geladene Teilchen, z. B. ein Elektron und ein Proton oder ein
Kation und ein Anion, ziehen sich an. So genannte normale (≃häufige) Atome und
Moleküle (s. u.) sind als Ganzes nach außen elektrisch neutral, weil sie gleich
viel Elektronen wie Protonen enthalten.
Wenn die Zahlen der Elektronen und Protonen in einem Atom oder Molekül ungleich
sind, nennt man die entsprechenden Teilchen Ionen. Wenn die Zahl der
Elektronen (negativ geladene Teilchen) überwiegt, heißen sie Anionen. Wenn die
Zahl der Protonen (positiv geladene Teilchen) überwiegt, heißen sie Kationen.
Ion heißt griechisch Wanderer. Ionen haben ihren Namen erhalten, als man sie
bei ihrer Wanderung in elektrischen Feldern entdeckte.
Die Begriffe „Ladung“, „positiv“ und „negativ“ beschreiben das Wesen der
elektromagnetischen Erscheinung nicht besonders gut. Das Wesen dieser Kraft
liegt in der Fähigkeit, bestimmte Weltlinien mit Hilfe von Photonen aufeinander
zu oder voneinander weg zu krümmen (in traditioneller Sprache: Körper
aufeinander zu oder voneinander weg zu bewegen).
H
(He)
(Li) (Be) (B)
C N O
F (Ne)
Na Mg (Al) (Si)
P S Cl (Ar)
K Ca
1 H Wasserstoff
2 He Helium
3 Li Lithium
4 Be Berillium
5 B Bor
6 C Kohlenstoff (Carbonium)
7 N Stickstoff (Nitrogenium)
8 O Sauerstoff (Oxigenium)
9 F Fluor
10 Ne Neon
11 Na Natrium
12 Mg Magnesium
13 Si Silizium
14 P Phosphor
15 S Schwefel
16 Cl Chlor
17 Ar Argon
18 K Kalium
19 Ca Kalzium
Die in der Liste fett markierten Elemente sind die häufigsten Bestandteile des
biologischen Materials (=organische Substanz). Das sind vor allem Zucker,
Eiweiße, Fette und Nukleinsäuren. Es sind S, C, H, N, O, P und das sich aus
dieser Buchstabenreihenfolge ergebende Wort „Schnop“ kann helfen, sich die
Elemente zu merken. Da dies kein gebräuchliches Wort ist, muss man sich
zusätzlich merken, dass, die meisten S(ch)nobs von diesen Elementen keine
Ahnung haben. Die anderen biologisch wichtigen Elemente (Mg findet sich z. B.
im Chlorophyllmolekül, das für die Photosynthese wichtig ist) kommen in organischen
Molekülen nur selten vor. Sie bilden zusammen mit Wasser vor allem die
Salzlösungen in Zellen, Blutkreislaufsystemen, Lymphbahnen, Böden, Gewässern
usw., ohne die das Leben nicht funktionieren kann. In Gewässern und Böden
bezeichnet man sie (neben weiteren Elementen, z. B. Eisen, Kupfer, Jod) auch
als Mineralien, Nährsalze oder Dünger.
Die Zahlen vor den Elementen (oben) entsprechen der Zahl der Protonen und
der Zahl der Elektronen jedes zugeordneten Elements. (Natrium hat also z. B. 11
Protonen und 11 Elektronen). Da sie das wichtigste Ordnungsprinzip im
Periodensystem darstellen, heißen sie Ordnungszahlen.
Die Masse eines Atoms wird fast ausschließlich von den Nukleonen, das
sind Protonen und Neutronen, bestimmt. Nukleus ist das griechische Wort für
Kern. Die Masse eines Elektrons beträgt nur etwa ein Zweitausendstel der Masse
eines Protons oder Neutrons. Die Zahl, die die Anzahl der Nukleonen im Kern
eines Elements anzeigt, heißt Massenzahl. Sie entspricht auf der
Oberfläche der Erde ziemlich genau dem Atomgewicht. Wasserstoff z. B.
besteht aus einem Proton und einem Elektron, hat also das Atomgewicht (besser
Atommasse) 1.
Die im Periodensystem in Spalten übereinander stehenden Elemente bilden
die so genannten Gruppen. In ihnen finden sich Elemente mit gleich vielen
Elektronen auf der äußeren Schale und daher mit ähnlichen chemischen
Eigenschaften. Die Zahl dieser Elektronen bestimmt vor allem, wie viele
chemische Bindungen ein Atom des betreffenden Elements eingehen kann. Die erste
Gruppe (Spalte unter dem Wasserstoff) hat ein Elektron auf der äußeren Schale.
Ihre Elemente heißen Alkalimetalle. Die zweite Gruppe hat zwei Elektronen auf
der äußeren Schale. Ihre Elemente heißen Erdalkalimetalle. Die letzte Gruppe
sind die Edelgase. Bei ihnen ist die letzte (äußere) Schale vollständig
gefüllt. Die vorletzte Gruppe sind die Halogene. Ihnen fehlt ein Elektron auf
der äußeren Schale, um sie vollständig zu füllen. Die Gruppen dazwischen werden
nach dem obersten Element jeder Spalte, z. B. Kohlenstoffgruppe oder
Stickstoffgruppe, genannt.
Die Nummer der Gruppe zeigt an, wie viele chemische Bindungen (s. u.) ein
Element eingehen kann. Die Atome der Alkalimetalle und Halogene können z. B. eine
chemische Bindung zu einem anderen Atom aufbauen. Die Fähigkeit, Bindungen
aufzubauen und die Zahl der möglichen Bindungen, heißt Bindigkeit oder Wertigkeit.
Alkalimetalle und Halogene sind einwertig. Kohlenstoff ist vierwertig. Das
bedeutet, ein Kohlenstoffatom kann z. B. vier Bindungen mit vier anderen
einwertigen Atomen oder mit zwei zweiwertigen Atomen eingehen. Fast alle
Elemente können weniger als vier Bindungen eingehen. Kohlenstoff ist daher
besonders gut in der Lage, komplexe chemische Strukturen zu bilden. Komplexität
ist typisch für das Leben. Und tatsächlich ist Kohlenstoff auch das wichtigste
Element in Lebewesen. Man nennt sogar fast alle Kohlenstoffverbindungen
organisch, also lebenstypisch, Wegen seiner Vierbindigkeit konnte Kohlenstoff
die komplexen Strukturen des Lebens hervorbringen und ebenfalls deshalb gibt es
vielmehr organische Verbindungen (≈Kohlenstoffverbindungen) als
anorganische.
Die in Zeilen nebeneinander stehenden Elemente im Periodensystem bilden eine
Periode. Innerhalb einer Periode haben alle Elemente die gleiche Anzahl von
Schalen. Die Schalen werden innerhalb der Periode von Element zur Element und
von links nach rechts mit Elektronen aufgefüllt (s. u.).
Elektronegativität
Der Begriff Elektronegativität ist für das Verständnis chemischer Bindungen
sowie chemischer Reaktionen, und damit für das Verständnis des Lebens,
besonders wichtig. Er ist z. B. für das Verständnis der Beschleunigung
chemischer Reaktionen durch Katalysatoren (wie z. B. Enzymen) und für die
Wirkung von Medikamenten und Giften (s. u.) nötig.
Protonen in Atomkernen ziehen Elektronen der Atomhülle an. Natürlich ziehen
auch Elektronen Protonen an. Da aber die Masse eines Elektrons nur etwa ein
Zweitausendstel der Masse eines Protons ausmacht, werden bei diesen
Anziehungsprozessen fast nur die Elektronen bewegt. Da die verschiedenen
Elemente unterschiedliche Protonenzahlen aufweisen, ziehen sie Elektronen
verschieden stark an. Die Stärke hängt vor allem von der Zahl der Protonen und
der Entfernung zwischen Kern und Elektron ab. Die Anziehungskraft, die sich auf
(potenzielle) Bindungselektronen bezieht, heißt Elektronegativität. Sie ist bei
den Elementen in der rechten oberen Ecke des Periodensystems am höchsten, nimmt
also von dort nach unten und nach links ab. Hierbei werden die Edelgase nicht
berücksichtigt. In dieser Ecke steht das Element Fluor mit der höchsten
Elektronegativität, der man den Wert „4“ zugeordnet hat. Auch Sauerstoff und
Chlor weisen hohe Elektronegativitäten auf. Alle Metalle haben relativ niedrige
Elektronegativitäten. Da ihre Atome deshalb Elektronen auf den äußeren Schalen
wenig festhalten, eignen sie sich gut für den Transport von Elektronen, den wir
oben schon als elektrischen Strom kennen gelernt haben.
Chemische
Bindungen und chemische Reaktionen
Die
meisten Atome neigen dazu, sich zu vereinigen. Der allgemeine, derzeit nicht
restlos erklärbare Grund dafür ist das „Bedürfnis“ aller Materie, Zustände mit
möglichst geringem Energiegehalt einzunehmen. Dieses Bedürfnis äußert sich u.
a. darin, dass alle Atome es anstreben, auf einer Schale (oft die räumlich
äußere) eine bestimmte Zahl von Elektronen (z. B. acht wie Oktett, Oktave,
Oktan usw.) zu haben. Chemiker sprechen in diesem Zusammenhang von Oktettregel.
Diese Zahl (acht) entspricht der Elektronenkonfiguration der äußeren Schale von
Edelgasatomen. Elektronenkonfiguration nennt man die Gestalt
(Zusammenstellung, Muster, Figur) aller oder einiger Elektronen eines Atoms.
Meistens halten sich die energiereichsten Elektronen in der Kernhülle auf
relativ weit außen liegenden Schalen auf. Weil die Elektronen eines Atoms sich
aber nicht immer ordentlich an die „vorgeschriebenen Sitzordnungen“ halten,
können manchmal auch energieärmere Elektronen weit außen liegen. Die
energiereichsten und die außen liegenden sind besonders häufig an der Bildung
von Bindungen beteiligt. Elemente versuchen, sich mit anderen Elementen oder
Molekülen zu vereinigen, um dabei (dadurch) einen „magischen Achter“
(Oktettkonfiguration) bilden zu können. Wenn Elemente die
Elektronenkonfiguration der im Periodensystem benachbarten Edelgase erreicht
haben, „fühlen sie sich wohl“ und „wollen“ dann allenfalls noch mit anderen
Atomen, mit denen sie stabilere Verbindungen bilden können, etwas „zu tun
haben“. Alle Elemente streben aber nicht nur die Oktettkonfiguration an,
sondern bevorzugen auch Bindungspartner, mit denen sie stabile energiearme
Verbindungen bilden können. Solche Verbindungen, z. B. Wasser und CO2, entstehen
meistens, wenn Bindungspartner deutlich unterschiedliche Elektronegativitäten
haben. Diese Vereinigungen (die Vereinigungsprozesse!) und auch deren
Auflösungen, also das Knüpfen und Lösen chemischer Bindungen, nennt man chemische
Reaktionen. Das, was die Elemente (die Bindungspartner) zusammenhält, heißt
chemische Bindung. Man meint damit sowohl die abstrakte Kraft, die die
Elemente zusammenhält als auch die materiellen Elektronen, die die Bindung
bewirken (sind). Wenn zwei oder mehr Atome eines Elements miteinander verbunden
sind, heißt das ganze Produkt Molekül. Ein zusammengehöriger Haufen
solcher gleichartiger Moleküle heißt Verbindung, wenn er mindestens zwei
verschiedene Atome (Elemente) enthält. Es können sich auch einzelne Atome
desselben Elements zu Molekülen verbinden, z. B. Wasserstoffatome zu H2 und Sauerstoffatome
zu O2.
Elemente sind sehr verschieden. U. a. deshalb können sie sich auf verschiedene
Weisen verschieden eng und verbindlich zusammenschließen. Die wichtigsten
Möglichkeiten, sind die drei echten chemischen Bindungen: Elektronenpaarbindung,
Ionenbindung und metallische Bindung.
Die Ionenbindung
Eine Ionenbindung entsteht, wenn ein Element mindestens ein Elektron
vollständig an ein anderes Element, seinen Bindungspartner, abgibt. Dies
geschieht z. B., wenn Natrium und Chlor sich zu Natriumchlorid (=Kochsalz)
verbinden. Natrium gehört im Periodensystem in die Gruppe der Alkalimetalle,
Chlor in die der Halogene. Gruppen sind die Spalten (senkrecht) im
Periodensystem (siehe oben). Alkalimetalle besitzen ein Elektron auf der
äußeren Schale, Halogene sieben. Natrium „möchte“ also ein Elektron abgeben, um
die „magische Acht“ zu erreichen. Chlor erreicht das Gleiche, wenn es ein
(weiteres) Elektron aufnimmt. Wenn nun dieses Elektron (das des Natrium)
übergeben wird, verlieren beide Elemente ihre elektrische Neutralität, weil in
beiden die Zahl von Protonen und Elektronen nicht mehr gleich ist. Natrium
besitzt nach der Übergabe ein Elektron weniger als Protonen. Es ist daher
einfach positiv geladen. Positiv geladene Ionen nennt man Kationen, negativ
geladene Anionen. Chlor besitzt ein Elektron mehr als Protonen, ist also ein
einfach negativ geladenes Anion. Dieses Chloratom hat einen besonderen Namen
(Chlorid) bekommen. Die beiden entgegengesetzt geladenen Teilchen ziehen sich
natürlich an, sind also gebunden. Solche Anziehungs- und Abstoßungskräfte
ermöglichen Muskelbewegungen, Denkprozesse, Gefühle usw.
Salze
Alle Stoffe mit Ionenbindung heißen Salze. Sie können sich im Raum in festen
Strukturen anordnen, die man Gitter nennt. Im Falle des Kochsalzes entsteht z.
B. ein Kristall mit rechtwinkligen Strukturen. In diesem Gitter hat jedes
Chloratom sechs Natriumatomnachbarn und jedes Natriumatom ebenfalls sechs
Chloratome als Nachbarn.
Viele Gesteine haben solche Kristallstrukturen.
Ionenbindungen entstehen immer dann, wenn die Elektronegativität der
beteiligten Elemente deutlich unterschiedlich ist. Dazu muss die
Elektronegativitätsdifferenz zwischen den Bindungspartnern ca. 1,5 bis 2
betragen. Wenn die Differenzen zwischen den Bindungspartnern niedriger sind,
bilden die beteiligten Elemente Elektronenpaarbindungen oder metallische
Bindungen.
Die metallische Bindung
Metalle sind Elemente mit wenigen Elektronen auf der äußeren Schale. Sie
„möchten alle gern“ ein Elektron abgeben, um die Elektronenkonfiguration des
nächstgelegenen Edelgases zu erreichen. Metallatome versuchen dies sogar dann,
wenn sie nur ihresgleichen um sich herum vorfinden, also in reinen Metallen
oder Mischungen aus Metallen (Legierungen). In dieser Situation schwimmt
jedes Metallatom gewissermaßen in einem Elektronenmeer. Dieses Meer hält die
Atome zusammen (metallische Bindung). Jedes Atom kann sich in dieser Situation
„ zufrieden einbilden, sein Elektron losgeworden zu sein“. Dieses Phänomen ist
sehr wichtig für das Verständnis einiger elektrischer Vorgänge (s. u.).
Die Elektronenpaarbindung Synonyma: Atombindung,
polare Bindung, kovalente Bindung
Für die Biologie (das Leben) ist die Elektronenpaarbindung besonders wichtig.
Die Elektronenpaarbindung hat den Charakter einer Symbiose. Zwei Partner
schließen sich zusammen und teilen sich zum Nutzen beider etwas, nämlich
Elektronen. Um die Elektronenkonfiguration (=Achter) eines Edelgases zu
erlangen, teilen sich zwei Atome ein oder mehrere Elektronenpaare und benutzen
diese gleichzeitig als Zusammenhalt. Wir wollen das Ganze an ein paar
Beispielen, die für das Verständnis des Lebens besonders wichtig sind,
verdeutlichen.
Lebewesen bestehen hauptsächlich aus Molekülen mit den Elementen Wasserstoff,
Sauerstoff, Kohlenstoff usw. (s. o.). Im Mittelpunkt aller Verbindungen in
Lebewesen steht der Kohlenstoff. Deshalb nennt man bis heute das Teilgebiet der
Chemie, das sich mit fast allen Kohlenstoffverbindungen beschäftigt,
organische, also auf das Leben bezogene, Chemie. Kohlenstoff ist bekanntlich vierwertig.
Er kann sich also z. B. mit vier einwertigen Wasserstoffatomen verbinden. Dann
entsteht Methan, ein brennbares Gas, das z. B. in Mägen von Wiederkäuern und in
den Faultürmen von Kläranlagen gebildet wird und stark zum Treibhauseffekt
beiträgt. Wasserstoff, das einfachste Element, möchte, um die
Elektronenkonfiguration des nächstgelegenen Edelgases, Helium, zu erlangen, ein
Elektron hinzugewinnen. Für Kohlenstoff sind die Edelgase Helium und Neon im
Periodensystem gleich weit entfernt. Er kann deshalb entweder vier Elektronen
überwiegend abgeben, um dem Helium zu entsprechen oder aufnehmen, um dem Neon
zu entsprechen. Kohlenstoff zieht Bindungselektronen etwas stärker an als
Wasserstoff dies tut. Deshalb kann man im Falle des Methans davon sprechen, dass
Kohlenstoff die Elektronenkonfigurationen des Neons erreicht hat.
Das Methanmolekül CH4 hat die Gestalt
eines Tetraeders, eine Pyramide mit vier Ecken. Im Mittelpunkt steht das
Kohlenstoffatom, um das sich vier Wasserstoffatome gleichmäßig verteilen.
Stickstoff ist dreiwertig, tut sich also z. B. mit drei einwertigen anderen
Atomen zusammen, um das „Gefühl“ von acht Elektronen auf der Außenschale zu
„erleben“. Wenn Stickstoff mit drei Wasserstoffatomen reagiert, entsteht NH3
(=Ammoniak).
Das nächste Beispiel, an dem wir die Elektronenpaarbindung verdeutlichen
wollen, ist das Wassermolekül H2O.
Es besteht aus Sauerstoff und Wasserstoff. Sauerstoff hat sechs Elektronen auf
seiner äußeren Schale, „möchte“ also noch zwei Elektronen aufnehmen, um wie Neon
acht Elektronen auf der äußeren Schale zu haben. Sauerstoff ist also
zweiwertig, d. h., er kann zwei Bindungen eingehen. Er verbindet sich deshalb
mit zwei Wasserstoffatomen zu Wasser. Auch Sauerstoff zieht die Elektronen
stärker zu sich als Wasserstoff. Dadurch wird die negative Ladung der
Bindungselektronen im Wassermolekül stark zum Sauerstoffatom gezogen, also
ungleichmäßig im Gesamtmolekül verteilt. Das Molekül bekommt dadurch zwei
Seiten mit unterschiedlich starken elektrischen Ladungen. Diese Seiten nennt
man elektrische Pole. Die Vorsilbe „di“ bedeutet „zwei“, das Wassermolekül ist
also ein Dipolmolekül. Diese Polarität ist, wie alle elektrischen
Kräfte, von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Lebens und der
Chemie. Wichtig ist Polarität z. B. für das Lösungsverhalten von Stoffen.
Polarität und Lösungsverhalten
Alle Stoffe, die polar sind, wie Wasser, Alkohol, Essigsäure usw. lösen
sich nur in polaren Lösungsmitteln. Der bekannteste Alkohol, Ethanol, löst sich
z. B. in Wasser, Fette aber nicht. Statt polar sagt man auch hydrophil,
(=wasserliebend) oder lipophob (=fettabweisend). Alle Stoffe die nicht aus
polaren Atomen bestehen, wie z. B. Fette, nennt man apolar, lipophil
(=fettliebend) oder hydrophob (=wasserabweisend). Sie lösen sich nur in
apolaren Lösungsmitteln.
Säuren und Basen
Wasserstoff besteht bekanntlich nur aus einem Proton und einem Elektron. Wenn
man diesem Element ein Elektron entzieht, bleibt ein ganz besonderes Ion übrig.
Dieses Wasserstoffion (H+) besteht nur aus einem Proton ohne
negativ geladene Atomhülle. Ein einzelnes freies Proton ist ein extrem
reaktionsfähiges Teilchen und kann deshalb viele Stoffe zerstören. Chemiker
nennen es aus diesem Grund auch das „Schweinchen der Chemie“, „Wildsau
der Chemie“ wäre noch treffender. Die Reaktionsfähigkeit hat einen einfachen
Grund: Jeder übliche chemische Stoff, der auf einen anderen üblichen Stoff
trifft, wird von diesem abgestoßen, weil sich ja stets die außen liegenden,
gleich geladenen Elektronen der üblichen Stoffe wechselseitig abstoßen. Das
Wasserstoffion verhält sich genau entgegengesetzt. Statt abgestoßen zu werden,
dringt es mit größtem „Vergnügen“ in alle Elektronenwolken, also in jede
übliche Materie, ein. Wenn viele Protonen einwirken, kommt es häufig zu
heftigen chemischen Reaktionen, die die Zerstörung der betroffenen Materie nach
sich ziehen können. Diese Reaktionen bezeichnen Menschen üblicherweise als das
Wirken von Säuren. Um das Wesen und Wirken der Säuren zu verstehen, starten wir
mit einer Definition und setzen dazu bei der gerade diskutierten Polarität an.
Wenn man Säuren als Material betrachtet, definiert man sie als Verbindungen,
die mindestens ein Wasserstoffatom und ein Element, das ektronegativer als
Wasserstoff ist, enthalten. Dieses Element, bzw. diese Elemente oder Moleküle,
heißen Säurerest.
Wir kennen also bereits einige Säuren, nämlich Wasser, Methan und Nitrat. Diese
Stoffe werden aber üblicherweise nicht als Säuren bezeichnet. Wir wollen diesen
merkwürdigen Umstand sofort klären.
Wenn man Säuren von ihrer Funktion her definiert, bezeichnet man sie als Protonenspender.
Ob ein Stoff sich wie eine Säure verhält, ist keineswegs immer festgelegt.
Grundsätzlich gilt wie in der gesamten Chemie der Trend, die stabilsten
möglichen Verbindungen entstehen zu lassen. Relativ stabile
(„reaktionsunlustige“) Stoffe sind z. B. Wasser, CO2 und N2.
Was aber das Stabilste ist hängt auf manchmal sehr komplizierte Weise von
verschiedenen Bedingungen ab. Auf jeden Fall kann eine Säure nur dann Protonen
spenden, wenn diese in der Umgebung überhaupt Stoffe finden, mit denen sie
reagieren können. Welcher der Stoffe nun der stabilere ist, hängt vor allem von
elektrischen Wechselwirkungen zwischen allen beteiligten Ladungen (Elektronen
und Protonen in allen Kernen). Das Proton (Wasserstoffion) kann z. B. von
verschiedenen Kernen verschiedener Kerne verschiedener Säurereste verschieden
stark abgestoßen werden. Die Abgabe von Wasserstoffionen hängt auch davon
ab, wie elektronegativ die jeweiligen Bindungspartner sind. Je größer die
Elektronegativitätsdifferenz zwischen Wasserstoff und dem Säurerest
(Bindungspartner) ist, desto „unwohler und unzufriedener“ fühlt sich der
Atomkern des Wasserstoffs (=Proton). Das liegt daran, dass stark
elektronegative Bindungspartner die Bindungselektronen besonders stark zu sich,
also vom Wasserstoffion weg, ziehen. Dadurch kann das Wasserstoffion sein Ziel,
die Elektronenkonfiguration des Heliums (zwei Elektronen auf der äußeren
Schale), nur sehr unvollständig erreichen. Sobald sich ein Stoff findet, der
dem Wasserstoffion mehr von einem Elektronenpaar überlässt als solch ein
„egoistischer, krankhaft elektronengeiler“ Säurerest, geht (diffundiert) das
„untreue“ Proton mit „größtem Vergnügen“ zu diesem neuen „Gönner, Symbiont oder
Liebhaber“. Der Gönner ist keineswegs ein naher Verwandter des Protons, wird
aber dennoch Base genannt. Wir haben gesehen, dass die Protonenübertragung
zwischen Säuren und Basen von der Umgebung abhängt. Wasser z. B. verhält sich
in einer starken Säure wie eine Base, nimmt also Protonen auf. In einer starken
Base dagegen gibt Wasser Protonen ab, verhält sich also wie eine Säure. Starke
Basen, wie z.B. Natronlauge (NaOH), sind Stoffe, die Protonen in hohem Maße
Bindungselektronen zur Verfügung stellen („aufzwingen“) können.
Das oben angesprochene Ziehen und Schieben von Bindungselektronen gehört zum
wichtigsten Hilfsmittel beim Lösen und Knüpfen von Bindungen. Chemiker und die
Natur machen es mit Hilfe von Wärme, elektrischen Strömen, Katalysatoren
(insbesondere Enzymen) usw. Enzyme sorgen z. B. dafür, dass geladene Bereiche
in die Nähe von Bedingungen, die verändert werden sollen gebracht werden.
Dadurch können Stoffe reaktionsbereit gemacht werden (s. o.).
Da alle Lebensprozesse in wässrigen Lösungen ablaufen, ist das Verhalten der
freien Protonen im Wasser besonders wichtig. Freie Protonen haben z. B. bei
Energiebereitstellungen durch Atmung und Fotosynthese, bei Vergiftungen und
Gewebezerstörungen sowie für die Aktivität von Enzymen usw. wichtige
Bedeutungen. Wenn im Wasser ein Wassermolekül ein Proton abgibt, bleibt ein OH-
Teilchen, ein Anion, übrig. Das Proton kann in ein Wassermolekül eindringen.
Dabei entsteht ein Kation, das Hydroniumion H3O+. Das Wassermolekül hat sich
bei der Protonenabgabe wie eine Säure, bei der Protonenaufnahme wie eine Base,
verhalten. Das OH- -Ion verhält sich fast immer (in fast allen
Umgebungen) wie eine Base, das Hydroniumion fast immer wie eine Säure.
Das pH, der pH-Wert
Da Säuren und Basen für das Verständnis des Lebens und für die Chemie eine
so wichtige Rolle spielen, haben Chemiker Maße und Messinstrumente für den
Säurecharakter von Stoffen entwickelt. Das pH (Potentiale Hydrogenium) zeigt
die Konzentration der H+ -Ionen bzw. der Hydroniumionen in Wasser,
bzw. wässrigen Lösungen, an. Es zeigt damit indirekt an, in welchem Umfang
diese Lösungen Protonen abgeben oder aufnehmen können. PH-Werte sind reine
Zahlen. Es sind die Zahlen von 0 bis 14. Dabei kennzeichnet Null die stärkste
denkbare Säure, 14 die stärkste mögliche Base. In einer Säure finden sich viele
Hydroniumionen und wenige OH- Ionen, in einer Base ist es umgekehrt.
Wenn die Zahl der beiden Ionentypen gleich ist, also Neutralität herrscht,
liegt ein pH von 7 vor. Jetzt wollen wir noch erklären, warum hier eine
Konzentration, das pH, in Zahlen ohne Benennung angegeben wird, obwohl es sonst
üblich ist, Konzentrationen in Prozent, Promille, Mol pro Liter usw. anzugeben.
Die Zahlen stellen eine praktische Vereinfachung dar, das pH wird jedoch auch
in Mol pro Liter angegeben. Wenn der pH-Wert 7 beträgt, liegt eine
Konzentration von 10-7 Mol pro Liter vor. 10 -7 = ein
Zehnmillionstel. Die Zahl 7 ist also nur ein einfaches Symbol für die negative
Hochzahl -7. Bei pH 1 befinden sich 10-1, also ein Zehntel Mol Hydroniumionen
in einem Liter Lösungsmittel.
Die wissenschaftliche Definition für das pH lautet: Das pH ist der negative
dekadische Logarithmus des Zahlenwertes der molaren
Hydroniumionenkonzentration.
Die Zahl der Hydroniumionen entspricht grob vereinfacht der Zahl der freien
Protonen =Wasserstoffionen. Da der pH-Wert der wässrigen Lösungen in den
meisten Lebewesen in der Nähe von 7 liegt, sind Säuren und Basen für diese
Lebewesen um so gefährlicher, je weiter ihr pH-Wert von 7 entfernt ist.
Chemische Formeln
Menschen benutzen für Informationsübertragungen hauptsächlich Papier oder
Bildschirme. Darauf werden Informationen leider häufig nur zweidimensional
dargestellt. Moleküle sind aber dreidimensional, eigentlich sogar
vierdimensional. Vierdimensionale Strukturen verdeutlichen Menschen durch
Bewegung, also z. B. in Filmen, Experimenten, Freilandbeobachtungen usw. (Dabei
gleitet man durch oder über vierdimensionale Körper [s. o.]). Dreidimensionale
Strukturen verdeutlichen sie z. B. durch Modelle. Um drei- und vierdimensionale
Strukturen auf Papier darzustellen, benützen sie Symbole, z. B. Worte und
mathematische Zeichen. Atome und Elemente werden durch Buchstaben
gekennzeichnet. Verbindungen werden gekennzeichnet, indem man die Buchstaben
der einzelnen Elemente hintereinander schreibt. Dabei wird die Häufigkeit eines
Atoms/Elements in einer Verbindung, bzw. in einem Molekül, durch eine kleine
Zahl hinter dem Atomsymbol (Elementbuchstaben) angezeigt. Beispiele für solche
Symbole für Verbindungen sind H2O,
CH4, CO2 usw. Diese Symbole
nennt man chemische Formeln. (In einigen Punkten ähneln sie tatsächlich
einfachen mathematischen Formeln.) Wenn sie nur die Gesamtzahl der
Elemente einer Verbindung anzeigen, wie z. B. H2O und CH4, nennt man sie Summenformeln. Wenn
sie auch die Gestalt der Moleküle anzeigen, nennt man sie Strukturformeln.
Für das Verständnis chemischer Vorgänge spielen die Elektronen eine sehr
wichtige Rolle, besonders wichtig sind Bindungselektronen und freie
Elektronenpaare. Sie werden meistens als Kugeloberflächen (Kreise) bzw. als
entsprechende ellipsoide Oberfläche dargestellt, verteilen sich aber in der
Realität viel weiter. Deshalb spricht man auch von Kugelwolken. Auf Papier wird
ein bindendes Elektronenpaar durch einen einfachen Strich zwischen zwei
Atomsymbolen dargestellt. Die Strukturformel von Wasser sieht dann vereinfacht
(ohne korrekte Bindungswinkel) so aus: H-O-H, die von CO2 so: O=C=O
Chemische
Gleichungen
Um
das wichtigste Geschehen in der Chemie und Biologie, die chemischen Reaktionen,
zu beschreiben, verwenden Wissenschaftler chemische Gleichungen. Weil diese
Gleichungen einen Prozess beschreiben, steht statt des mathematischen
Gleichheitszeichens ein Pfeil. Wie in der Mathematik, müssen auch bei
chemischen Gleichungen auf beiden Seiten der Gleichungen gleichviel Atomsymbole
(chemische Elemente) stehen, denn Atome können in der (Bio-)Chemie nicht
einfach verschwinden. Ein Beispiel für eine chemische Reaktion, die wir durch
eine Gleichung beschreiben, ist die Knallgasreaktion, bei der Wasser aus
Wasserstoff und Sauerstoff entsteht: H+O→H2O. Diese Gleichung ist fehlerhaft. Sie
erfüllt unsere Forderung, dass die Anzahl der Elemente auf beiden Seiten gleich
sein muss, nicht. (Außerdem schließen sich einzelne Wasserstoff- und Sauerstoffatome
in der Regel zu Zweiergruppen (O2
und H2) zusammen). Wir
müssen die Gleichung folgendermaßen umformen: 2H2+O2→2H2O. Jetzt finden sich auf beiden Seiten der
Gleichung vier Wasserstoffatome und zwei Sauerstoffatome.
Organische
Chemie
Um
das Leben zu verstehen, betrachten wir als nächstes seine feinen
Grundstrukturen, die organischen Moleküle. Dies sind, wie gesagt, fast alle
Verbindungen, die Kohlenstoff enthalten. Die biologisch wichtigsten Moleküle
und gleichzeitig Nahrungsstoffe sind Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate (Zucker) und
Nukleinsäuren. Sie enthalten alle Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Um
ihr Wesen und ihre Funktionen zu verstehen, beschäftigen wir uns kurz mit den
Grundlagen der organischen Chemie.
Die Kohlenwasserstoffe
Verbindungen, die nur Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten, heißen
Kohlenwasserstoffe. Den einfachsten haben wir bereits kennen gelernt. Es ist
Methan, CH4. Andere wichtige
Kohlenwasserstoffe sind Ethan =C2H6, Propan =C3H8, Butan = C4H10, Pentan, Hexan,
Heptan, Oktan usw. Jede Verbindung unterscheidet sich von der vorherigen
formal durch eine hinzugefügte Gruppe, nämlich CH2. Diese Verbindungen können z. B. in Kohle,
Erdgas und Erdöl vorkommen. Propan und Butan sind Gase, die z. B. in
Gasflaschen und Tanks als Brennmaterial zum Kochen usw. dienen. In ihrer
Gesamtheit nennt man sie Alkane.
Dies sind die einfachsten Kohlenwasserstoffe. Sie haben keine Doppelbindungen
und einfache fast lineare Strukturen. Kohlenwasserstoffe können aber auch
ringförmige (zyklische), ja sogar kugelförmige, Strukturen bilden. Zyklische
Kohlenwasserstoffe sind z. B. einige Zucker und die wichtigsten Bestandteile
der Nukleinsäuren, wie DNA und RNA.
Wenn Kohlenwasserstoffe zwischen C-Atomen Doppel- oder Dreifachbindungen
aufweisen, nennt man sie ungesättigte Kohlenwasserstoffe.
Kohlenwasserstoffe mit einer oder mehreren Doppelbindung(en), nennt man Alkene
(Olefine), Kohlenwasserstoffe mit Dreifachbindungen heißen Alkine.
Die meisten Fettmoleküle enthalten Doppelbindungen in Form von ungesättigten
Fettsäuren. Diese spielen in der Ernährung eine tragende Rolle. Es gibt z.
B. einige Fettsäuren (essenzielle Fettsäuren), die (fast?) alle Tiere
wegen der Doppelbindungen nicht selbst bilden können, sondern wie Vitamine mit
der Nahrung aufnehmen müssen.
Die Bezeichnung ungesättigt
rührt daher, dass die entsprechenden Stoffe relativ gerne chemisch reagieren
und dabei zusätzliche Elemente ähnlich wie Nahrung aufnehmen. Alkene und andere
ungesättigte Kohlenwasserstoffe werden also "gerne dadurch satt",
dass sie mit Wasserstoff oder anderen Elementen, aber auch Verbindungen wie
Wasser, statt einer Doppelbindung zwei einfache Bindungen eingehen. Die
entstehenden gesättigten Verbindungen sind stabiler und energieärmer als die
ungesättigten. Elemente, die hinzugefügt (addiert) werden, können z. B.
Halogene wie Chlor, Fluor usw. sein. Dabei entstehen Verbindungen wie zum
Beispiel FCKW = Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe,
die u. a. als Zerstörer der Ozonschicht und als (krebserregende) Gifte
zweifelhaften Ruf erlangt haben. Sie tauchen oft als halogenierte
Kohlenwasserstoffe in der Literatur auf. Viele Kunststoffe, wie z. B. PVC, sind
halogenierte Kohlenwasserstoffe. Diese enthalten oft noch Zusatzstoffe (z. B.
Weichmacher). Manche davon wirken als Gifte. Einige sind z. B. Sexualhormonen
ähnlich und können daher die Fortpflanzung zahlloser Arten, einschließlich des
Menschen, gefährden. Obwohl es schon lange weniger schädliche Ersatzstoffe für
PVC, Weichmacher usw. gibt, werden weiterhin Millionen Tonnen produziert, weil
es billig und für die chemische Industrie günstig ist.
Viele Kohlenwasserstoffe kommen im Erdöl vor. Man kann sie als unvollständig
abgebaute Biomoleküle der Lebewesen auffassen, aus denen Erdöl entstanden ist.
Aromaten
Aromaten sind bestimmte ringförmige Kohlenwasserstoffe. Sie weisen (meist)
mehrere alternierende (zwischen zwei
Einfachbindungen liegt genau eine Doppelbindung) Doppelbindungen auf, bei denen
einige Elektronen der Doppelbindungen nicht zwischen den zugehörigen Atomen
verweilen, sondern über den ganzen Ring verteilt (verschmiert) sind. Vereinfacht
gesagt schwirren mehrere Bindungselektronen in einem ganzen Ring aus
Kohlenstoffatomen herum. Diese Elektronen stehen dann im Sinne der Oktettregel
all diesen C-Atomen zur Verfügung. Man spricht von Mesomerie. Das Ganze
erinnert etwas an das Elektronenmeer, in dem Metallatome gewissermaßen
schwimmen (vgl. metallische Bindung). Einzelheiten entnehmen Sie bitte der
Fachliteratur.
Der bekannteste Vertreter der Aromaten ist das Benzol, ein Bestandteil
des Benzins, mit sechs C-Atomen im Ring. Auch in Lebewesen gibt es aromatische
Verbindungen. Zum Beispiel enthalten einige Aminosäuren aromatische
Bestandteile. Solche besonderen Stoffe wie Aromaten und Stoffe mit
Doppelbindungen sind in der Biologie und Medizin interessant, weil Lebewesen
für ihre Herstellung auch besondere Enzyme benötigen. Die Herstellung solcher
Spezialenzyme ist bzgl. Information und Energie aufwendig. Deshalb bilden viele
(„faule“) Lebewesen manche dieser Enzyme nicht. Sie überlassen den Bau ihrer
Nahrung (den Pflanzen). Die Stoffe, die Tiere (Pilze, Bakterien) nicht selbst
bilden können, heißen Vitamine, essentielle Aminosäuren und essentielle
Fettsäuren. Essentiell bedeutet „unbedingt notwendig“,
„unverzichtbar“.
Biochemie
Reine
Kohlenwasserstoffe kommen in Lebewesen selten vor. Wenn wir sie jedoch
geringfügig verändern, erhalten wir fast alle Stoffe, die in Lebewesen
auftreten. Da wir gesagt hatten, dass Sauerstoff zu den biologisch wichtigsten
Elementen gehört, können wir uns schon denken, dass sein Einbau zu den
wichtigsten Veränderungen gehört. Formal betrachtet ist die häufigste
Veränderung der Kohlenwasserstoffe der Austausch oder Ersatz (Substitution)
eines oder mehrerer Wasserstoffatome durch andere Elemente, wie Sauerstoff,
Schwefel, Stickstoff, Phosphor usw. Häufig werden Wasserstoffatome durch ganze
Gruppen, die diese Elemente enthalten, ersetzt.
Die wichtigsten und bekanntesten Gruppen sind:
Die Hydroxylgruppe = -OH
Stoffgruppe: Alkohole
Beispiel: Ethanol
(„der“ Alkohol) C2H5OH Endung -ol
Die Carboxylgruppe = -COOH Stoffgruppe:
Carbonsäuren Beispiel: Essigsäure C2H5COOH
Die Aminogruppe = -NH2
Stoffgruppe:
Amine Beispiel: Histamin,
Dopamin, Glycin eine Aminosäure
Stoffe mit Hydroxylgruppen werden chemisch grundsätzlich als Alkohole
bezeichnet. Wenn sie jedoch vereinfacht gesagt noch mindestens eine weitere
Gruppe enthalten, die Elektronen stärker zu sich zieht als die Hydroxylgruppe,
nennt man sie nicht Alkohole. Organische Verbindungen werden nach der Gruppe
benannt, die Bindungselektronen am stärksten zu sich zieht. Milchsäure enthält
z. B. eine Carboxylgruppe und eine Hydroxylgruppe. Sie wird nach der
Carboxylgruppe als Säure bezeichnet, weil die zwei Sauerstoffatome in dieser
Gruppe Bindungselektronen stärker anziehen als das eine Sauerstoffatom in der
Hydroxylgruppe.
Hydroxylgruppen finden sich in vielen organischen Molekülen, z. B. in allen
Zuckern und in den meisten Hauptnahrungsmitteln oder ihren Bestandteilen.
Wichtige
Carbonsäuren sind die Fettsäuren, die den Hauptbestandteil der Fette
bilden. Fette bestehen außerdem aus einem Alkohol namens Glycerin, der 3
Hydroxylgruppen enthält, und deshalb dreiwertig genannt wird.
Eiweiße bestehen aus miteinander verknüpften Aminosäuren. Jede
Aminosäure enthält mindestens eine Aminogruppe - also ein Stickstoffatom - und
eine Carboxylgruppe.
Nukleinsäuren, zu denen u. a. das Erbmaterial gehört, enthalten
verschiedene Gruppen, wie z. B. Hydroxyl- und Aminogruppen. Ihren Namen
verdanken sie Phosphorsäureresten, welche die einzelnen
Bausteine (‚Basen’) verknüpfen und der Tatsache, dass sie sich häufig im
Zellkern (Kern = Nukleus) befinden.
Eiweiße enthalten neben C, O und H noch Schwefel und Stickstoff.
Nukleinsäuren enthalten noch Phosphor und Stickstoff. Diese Erkenntnisse werden
z. B. dann wichtig, wenn man Pflanzen diese Elemente in Form von Dünger
zusetzen muss.
Nukleinsäuren
Die bekannteste Nukleinsäure ist die DNS (=DNA). DNS ist die Abkürzung für Deoxyribonukleinsäure. DNA ist die Abkürzung für den entsprechenden englischen bzw. internationalen Ausdruck deoxy ribonucleic acid. Die Erbinformation kann als ein riesiger Plan zur Steuerung von Zellen und Organismen verstanden werden. Die DNA ist der Träger der Erbinformation. Das Erbmaterial (meistens DNA) kann also als Kommandant oder Gehirn der Zelle aufgefasst werden. Es ist bei Tieren zusammen mit Nervensystemen auch Kommandant des ganzen Organismus. Allerdings muss man die Steuerung von Lebewesen als einen Wechselwirkungsprozess auffassen, bei dem auch äußere Einflüsse zur Steuerung beitragen und umgekehrt. Die Besprechung dieser Wirkungen finden sich unten u. a. unter „Evolution“ (Selektion usw.) und unter „Ökologie“ (Umweltfaktoren usw.). Die kulturellen (u. a. technischen) Entwicklungen der Menschheit sind Beispiele, für die Veränderung der Umwelt durch ein Lebewesen.
Das Wesen von Information und Sprache besteht in der Reihenfolge von mindestens zwei verschiedenen Zeichen. Die Zeichen der DNA sind 4 verschiedene Moleküle, die Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin. Sie gehören zu den Bausteinmolekülen der DNA. Zu jedem Bausteinmolekül, so genannten Nukleotiden, gehört außerdem noch ein Zuckermolekül namens Deoxyribose und eine Phosphatgruppe. Diese Nukleotide werden chemisch miteinander verbunden, so dass ein fadenförmiges Molekül, die DNA entsteht. Da Zucker und Phosphatgruppen aller Nukleotide derselben Nukleinsäure fast immer gleich sind, spielen für die Information nur die Basen eine Rolle. Entsprechend der Reihenfolge dieser Basen werden Aminosäuren zu Eiweißen zusammengebaut.
Eiweiße
Die Bausteine der Eiweiße sind Aminosäuren. Es gibt in Lebewesen Dutzende verschiedener Aminosäuren, 20 von ihnen werden an bestimmten Stellen nach der Bauanleitung der DNA in der Zelle zusammengefügt (chemisch verbunden). Die Auswahl und die Reihenfolge der Aminosäuren bestimmen die Struktur und die Funktionsfähigkeit der Eiweiße. Da die Auswahl und die Reihenfolge fast immer von der Reihenfolge der DNA-Bausteine (=Erbinformation) abhängt, können Erbfehler zu Fehlfunktionen von Enzymen und anderen Proteinen und dadurch zu Fehlfunktionen des ganzen Lebewesens führen. In Lebewesen gibt es zwei Grundtypen von Eiweißen.
1. Struktureiweiße
Struktureiweiße finden sich als Baumaterial der Lebewesen z. B. in Zellmembranen. Sie bilden oft fädige Strukturen, die z. B. in Muskeln für die Bewegung gebraucht werden.
2. Enzyme
Enzyme gehören zu den für das Verständnis des Lebens wichtigsten Stoffen. Sie sind gewissermaßen die Handwerker des Lebens. Sie bringen chemische Reaktionen in Gang, lenken und beschleunigen sie, bauen also gezielt und selektiv bestimmte Stoffe auf oder ab. Dabei führen sie die Befehle des Erbmaterials aus. Die Funktionsfähigkeit der Enzyme (aller Eiweiße) hängt von ihrer Struktur ab. Die Struktur hängt von der Aminosäurenreihenfolge und diese von der Basenreihenfolge der DNA ab.
Zucker (Glykane)
Zucker sind wichtige Energielieferanten und Energiespeicher der Lebewesen. Sie bilden aber auch Strukturen, wie z. B. Zellwände bei Pflanzen, Bakterien und Pilzen.
Der bekannteste Zucker, die Glukose (=Traubenzucker), ist ein einzelnes Zuckermolekül. Es wird z. B. von Pflanzen bei der Fotosynthese gebildet. Glukose dient hauptsächlich als Energielieferant. Einige Einzelzucker (Monosaccharide) werden z. B. als Energiespeicher chemisch zu Vielfachzuckern (Polysaccharide) verbunden. Die Speicherform der Glukose in Pflanzen heißt Stärke. Eine ähnliche Speicherform in Tieren heißt Glykogen. Beide bestehen aus Glucoseresten, und beide lassen sich durch Verdauungsenzyme zur verwertbaren Glucose spalten.
Ein weiterer wichtiger Vielfachzucker, ist die Zellulose. Sie ist ein wichtiges Baumaterial pflanzlicher Zellwände. Zellulose wird ebenfalls aus Traubenzucker gebildet. Dieser Traubenzucker unterscheidet sich jedoch geringfügig von der bekannten Glukose, mit der wir unsere Speisen süßen. Wegen dieses kleinen Unterschieds kann Zellulose von den meisten Tieren nicht durch Verdauungsenzyme zerlegt werden. Zellulose gehört deshalb zu den so genannten Ballaststoffen, die beim Menschen und allen Pflanzenfressern zu einer gesunden Verdauung und Ernährung beitragen.
Fette
Fette bestehen in der Regel aus drei Fettsäuren und dem dreiwertigen Alkohol Glycerin.
Auch Fette sind Energiespeicher und -lieferanten und auch sie sind am Aufbau von Strukturen, z. B. Zellmembranen beteiligt. Bei einigen Tieren dienen sie auch als Wärmeisolator.
Biologie
Damit
haben wir die wichtigsten chemischen Grundlagen für das Verständnis des Lebens
besprochen und widmen uns nun dem Leben selbst, also der Biologie. Deren
Verständnis bildet die Grundlage für das Verständnis von Psychologie,
Pädagogik, Soziologie, Politologie usw.
Zunächst folgt eine Gliederung und Übersicht über die wichtigsten Bereiche der
Biologie:
Evolutionslehre Lehre von der Entwicklung des Lebens
(Stammesgeschichte, Darwinismus)
Zytologie Zelllehre
Ethologie Verhaltenslehre
Genetik Vererbungslehre
Stoffwechselphysiologie Lehre von den biochemischen Funktionen
Anatomie, Morphologie Lehre von den biologischen Strukturen
Ökologie Lehre von den Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt
Dies ist eine Gliederung, wie sie an Schulen und Universitäten üblich ist. Sie
ist nützlich, aber am Verständnis des Lebens und weniger am Verständnis von
Lebensqualität und grundsätzlichem globalen Verständnis ausgerichtet. Deshalb
stellen wir eine weitere Gliederung vor, die stärker letzteren Zielen dient:
Wichtige
Funktionsprinzipien des Lebens
Photosynthese
Atmung
Entwicklung eines Lebewesens
Entwicklung des Lebens
Funktionsprinzipien des Gehirns
Funktionsprinzipien der Gesellschaft
Um das gegenwärtige Leben einschließlich der menschlichen Kultur verstehen zu
können, muss man sowohl die Basiswissenschaften (Physik, Chemie, Biochemie [s.
u.]) als auch die Vorgeschichte (kosmische und chemische Evolution) und die
Entstehung und Evolution (Entwicklung) des Lebens verstanden haben.
Das Verständnis des Lebens
Die wichtigsten Fragen:
Wie entsteht aus einem Ei ein Organismus?
Wie wird Leben langfristig erhalten und höher entwickelt?
Wie erfolgt die Bereitstellung von Energie?
Um diese Fragen beantworten zu können,
müssen wir zunächst noch eine fundamentalere Frage behandeln:
Wie funktioniert das Leben auf molekularer Ebene?
Wie wir schon gesagt hatten, sind die
wichtigsten grundlegenden Prozesse chemische Reaktionen und elektrische Ströme.
Wir konzentrieren uns zunächst auf die chemischen Reaktionen. Da die meisten
chemischen Reaktionen in Lebewesen durch Enzyme beschleunigt werden, werden wir
uns auf den Aufbau und die Funktion dieser Biokatalysatoren konzentrieren. Das
allgemeine Ziel, das es zu verstehen gilt, ist, wie Enzyme in der richtigen
Menge zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Reihenfolge Stoffe auf- und
abbauen. Die Teilwissenschaft der Biologie, die sich mit dem Funktionieren der
Enzyme beschäftigt, heißt Enzymatik.
Enzymatik
Enzyme
starten, beschleunigen und lenken chemische Reaktionen (Katalyse).
In der Regel unterstützen sie das Knüpfen oder Lösen von
Elektronenpaarbindungen. Der, bzw. die, Stoff(e), die gespalten, bzw.
verbunden, werden, nennt man Substrate. Während der Katalyse hat das
Enzym kurzfristig mit dem Substrat einen Berührungskontakt. Das Gebilde, das im
Moment dieses Kontaktes entsteht, heißt Enzymsubstratkomplex. Enzymmoleküle
werden durch die Katalyse chemisch nicht dauerhaft verändert.
Enzyme haben, wie wir unten erläutern werden, bestimmte dreidimensionale
Strukturen. Diese passen zu den Strukturen bestimmter Substrate wie ein
Schlüsselloch zum zugehörigen Schlüssel. Deshalb beschleunigen bestimmte Enzyme
spezifisch, oder zu mindestens selektiv, nur chemische Reaktionen eines, oder
sehr weniger verschiedener, Substrate. Diese Erscheinung nennt man Substratspezifität.
Enzyme arbeiten auch wirkungsspezifisch. D. h. sie können nur einen (oder
wenige) Reaktionstypen beschleunigen. Manche können zum Beispiel
Phosphatgruppen anknüpfen oder abspalten, andere übertragen Wasserstoffatome
usw. (Wirkungsspezifität).
Diese beiden Spezifitäten gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen für die
Entwicklung und geordnete Steuerung des Lebens. Die meisten Reize, Medikamente,
Gifte usw. beeinflussen direkt oder indirekt die Wirkung von Enzymen. Manche
Stoffe blockieren z. B. Enzymmoleküle, weil sie Substratmolekülen sehr ähnlich
sind.
Enzyme steuern nicht nur unsere körperlichen Funktionen sondern auch (z. T.
indirekt) unser Fühlen und Denken. Deshalb ist ein tieferes Verständnis des
Wirkens von Enzymen eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Verständnis
des Lebens einschließlich der Psyche und aller ökologischen Probleme.
Um zu verstehen, wie Enzyme funktionieren, müssen wir ihre Struktur und ihre Steuerungsmechanismen
näher betrachten. Die Struktur hatten wir oben im Abschnitt „Eiweiße“ bereits
kurz angesprochen. Enzyme bestehen ganz oder überwiegend aus Eiweiß.
Grundlegend für die Struktur aller Eiweiße ist die Reihenfolge, in der die
Bausteine (Aminosäuren) der Eiweiße nach Anleitung der DNA aneinander geknüpft
sind. Bei Eiweißen unterscheidet man vier Strukturtypen.
Die Primärstruktur (und auch die von der DNA übertragene, eventuell
veränderte, Information) besteht in der Reihenfolge der Aminosäuren. Man könnte
sie sich als gerade fadenförmige Moleküle vorstellen. Die 20 Aminosäuren, die
sich in biologischem Material hauptsächlich finden, sind jedoch so gebaut, dass
Eiweißfäden überwiegend Spiralform oder Zickzackstrukturen wie Faltblätter
annehmen. Diese beiden Strukturtypen werden unter dem Begriff Sekundärstruktur
zusammengefasst. Ein Eiweiß mit Spiralstruktur (Wendeltreppe, Helix) bildet nun
ebenfalls nicht einen geraden Spiralfaden. Bestimmte Aminosäuren bewirken, dass
die Spirale (Helix) an bestimmten Stellen geknickt wird. Die dabei entstehenden
Strukturen werden Tertiärstruktur genannt. Ein zu einem Knäuel
zusammengelegtes spiralförmiges Telefonhörer- oder Gitarrenkabel ist ein
anschauliches Modell für solch ein Eiweiß mit Tertiärstruktur.
Der vierte Strukturtyp entsteht, wenn mehrere Eiweiße mit Tertiärstruktur
chemisch mehr oder minder fest miteinander verbunden werden. Er wird Quartärstruktur
genannt. Das bekannteste Beispiel für ein Molekül mit dieser Struktur ist das
Hämoglobinmolekül, das dem Sauerstofftransport im Blut dient.
Stellen wir uns das Modell eines typischen Proteins und Enzyms mit
Tertiärstruktur, also ein Knäuel aus einem spiralförmigen Gitarrenkabel vor. In
und an diesem Knäuel findet man viele komplexe Erhebungen, Einbuchtungen und
Höhlen. Die gleichen Strukturen findet man natürlich auch in den entsprechenden
Eiweißen, also auch an Enzymen. Oberflächenstrukturen der Enzyme wie Höhlen,
Einbuchtungen usw. entsprechen den oben erwähnten Schlüssellöchern, in die nur
bestimmte Stoffe, z. B. Substrate, wie Schlüssel passen. Eine
Oberflächenstruktur, an die sich die Substrate binden, wird aktives Zentrum
genannt.
Für die Katalyse und für die Bildung des Enzymsubstratkomplexes spielen neben
der räumlichen (sterischen [„Stereo“ bedeutet räumlich]) Passung auch
elektrische Kräfte eine wichtige Rolle. Sie bringen und halten ein Substrat am
richtigen Ort und sie beeinflussen bestimmte Elektronen des Substrats so, dass
die chemische Reaktionsbereitschaft erhöht wird. Substrat- und Enzymmoleküle
können elektrisch geladene Bereiche besitzen, die sich gegenseitig anziehen
oder abstoßen. Häufig sind schwach geladene Bereiche (Partialladungen Delta+
oder Delta-), die, wie im Wassermolekül (s. o.), durch
Elektronegativitätsdifferenzen entstehen. Seltener finden sich Bereiche mit
vollständigen Ladungen, bei denen also in Molekülen mindestens ein Elektron
mehr oder weniger vorliegt als Protonen. In Eiweißen finden sich solche
Bereiche vor allem in den Amino- und Carboxylgruppen. Die meisten dieser
Gruppen existieren in Eiweißen nicht mehr, weil sie (miteinander) chemisch
reagiert und sich dabei verändert haben. Einige Aminosäuren enthalten aber
weitere dieser Gruppen, die nicht direkt an Bindungen beteiligt sind. Die
meisten dieser Gruppen sind in den für das Leben typischen wässrigen Lösungen
geladen. In diesen Lösungen geben nämlich Carboxylgruppen ein Proton ab (Säuren
s. o.) und werden dadurch einfach negativ geladen, also Anionen. Aminogruppen
verhalten sich wie Basen, nehmen also ein Proton auf und werden positiv
geladen, also Kationen. Diese Ladungen wechselwirken mit Ladungen von
Substraten und substratähnlichen Stoffen. Wenn Elektronen, insbesondere
Bindungselektronen, einer Substanz in die Nähe solcher geladener Bereiche eines
Enzyms geraten, werden sie verschoben und das Molekül wird instabil und
reaktionsbereit. An solchen Stellen kann ein Molekül (Substrat) zerbrechen oder
mit einem anderen Molekül reagieren. Zum Schlüssel-Schlüsselloch-Prinzip gehört
also auch, dass bestimmte Elektronen des Substrats in die Nähe bestimmter
(geladener) Bereiche des Enzyms gebracht werden.
Alle Stoffe, die einem Substrat strukturell ähnlich sind, so genannte Substratanaloga,
können das aktive Zentrum des zugehörigen Enzyms ebenfalls besetzen und dadurch
die Arbeit des Enzyms behindern oder blockieren. Viele Gifte wirken auf diese
Weise. Wenn Substratanaloga im aktiven Zentrum nur lose oder gar nicht binden,
behindern sie in einem Wettstreit die Aktivität des Enzyms. Man spricht deshalb
von kompetitiver Hemmung (competition = Wettkampf). Wenn die Bindung sehr fest
ist, weil sich z. B. zwei entgegengesetzt geladene Bereiche von Enzym und
Substratanalogum berühren, wird das Enzym blockiert.
Manche Enzyme verfügen über einen besonderen Regulationsmechanismus zur
Steuerung von Stoffwechselaktivitäten. Sie haben neben dem aktiven Zentrum noch
einen zweiten Kontaktbereich (Bindungsstelle), der allosterisches Zentrum
(allo = anders, fremd) genannt wird. Auch in dieses Zentrum passen bestimmte
Stoffe so, wie Substrate, in das aktive Zentrum. Diese Stoffe verändern die
Enzymaktivität (im aktiven Zentrum), wenn sie das allosterische Zentrum
besetzen. Das Endprodukt einer Stoffwechselkette kann sich z. B. an das
allosterische Zentrum eines Enzyms, das an der Herstellung dieses Endprodukts
arbeitet, anlagern und dadurch seine eigene Bildung verlangsamen.
Auf den oben beschriebenen Wirkungen von Enzymen beruhen fast alle Auf- und
Abbauprozesse des Lebens, also der gesamte Stoffwechsel und damit Wachstum,
Tod, Bewegung, die meisten psychischen Vorgänge usw. Gefühle beruhen z. B. ganz
wesentlich auf der Wirkung von Neurotransmittern, (Botenstoffe im Gehirn
wie Adrenalin, Serotonin usw. [s. u.]), deren Herstellung von Enzymen gesteuert
wird (transmittere = übertragen).
Atmung
Atmung
ist in der Biologie ein Begriff mit zwei Bedeutungen. Im Folgenden steht nicht
die bekanntere Bedeutung, das Ein- und Ausatmen von Luft (Ventilation), im
Zentrum sondern die innere Atmung. Chemisch gesehen ist die Atmung vor
allem ein lauwarmer Verbrennungsvorgang. Betrachtet man den Vorgang eher
biologisch, könnte man vereinfacht definieren: Bei der Atmung werden
Nahrungsmoleküle in verschiedene Bestandteile (vor allem CO2 und Wasserstoff)
zerlegt. Das CO2 wird abgegeben, der
Wasserstoff wird mit dem eingeatmeten Sauerstoff verbunden (Verbrennung) und
die dabei freiwerdende Energie für alle Lebensprozesse genutzt. Mit Hilfe der
Atmung wird also chemische Energie, die in vielen Nahrungsbestandteilen steckt,
biologisch nutzbar gemacht. Vereinfacht kann man sagen, dass bei Belastungen
zunächst überwiegend vor allem Zucker, danach Fette, in geringerem Umfang auch
Eiweiße, verbrannt werden. Dabei wird nicht nur Energie chemisch nutzbar
gemacht sondern auch Wärme erzeugt und Aufbaumaterial für den Körper gebildet
und umgebaut. Bei der Atmung entstehen vor allem Kohlenstoffdioxid und Wasser.
Dies sind stabilere, energieärmere Verbindungen als Fette, Zucker usw. Beim
Studium der inneren Atmung wird meistens zur Vereinfachung die Verbrennung des
Zuckers Glukose (=Traubenzucker) in den Mittelpunkt gestellt. Dieser Zucker
reagiert also, vereinfacht betrachtet, mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und
Wasser. Die Formel dazu lautet:
C6H12O6 + 6 O2 à 6 H2O + 6 CO2
Bei dieser Verbrennung wird die
Sonnenenergie, die Pflanzen gewissermaßen zuvor in die organischen Moleküle
gesteckt haben, wieder frei. Der größte Teil, meistens ca. 60 Prozent, dieser
Energie wird in Wärme umgewandelt. Fast der gesamte verwertbare Rest wird
zunächst in energiereiche Moleküle gesteckt. Das bekannteste ist das ATP =
Adenosintriphosphat.
An dieser Stelle wollen wir uns eine grobe Übersicht über die Atmung
verschaffen.
Die Atmung kann in drei Hauptprozesse unterteilt werden, die auch die zeitliche
Reihenfolge des Zuckerabbaus widerspiegeln.
1. Glykolyse = teilweiser Abbau des Traubenzuckers zu noch ziemlich
energiereichen Verbindungen wie Brenztraubensäure oder Essigsäure.
Während der Glykolyse wird im Vergleich zu den folgenden Hauptprozessen der
Atmung nur wenig Energie auf ATP übertragen. Es entstehen 2 ATP-Moleküle pro
Zuckermolekül. Es werden 2CO2
Moleküle und 2 Essigsäuremoleküle pro Zuckermolekül gebildet. Außerdem werden
einige Wasserstoffatome, die energetisch genutzt werden können, aus
Zuckermolekülen auf ein Transportmolekül namens NAD übertragen.
Die Essigsäure wird, wenn die Atmung vollständig abläuft, in den folgenden
Hauptprozessen zu CO2 und H2O abgebaut
(verbrannt).
Manche Organismen können diese Verbrennung gar nicht, andere nur, wenn genügend
Sauerstoff zur Verfügung steht, durchführen. Sie führen dann einen
unvollständigen Abbau des Zuckers durch, der Gärung genannt wird. Die
bekanntesten Gärungen sind die alkoholische Gärung, die viele Pflanzen
durchführen und die Milchsäuregärung, die sich bei Menschen, vielen Tieren und
Bakterien findet. Diese Gärungen sind meistens nach den Substanzen, welche die
Lebewesen ausscheiden benannt. Es sind die Endprodukte der Gärungen. Diese
Substanzen werden gebildet, wenn die oben erwähnten auf NAD übertragenen Wasserstoffatome
mit Brenztraubensäure (bei Milchsäuregärung), bzw. mit Acetaldehyd (bei
alkoholischer Gärung), reagieren. Auch diese Wasserstoffe und die entstehenden
Stoffe, z. B. Milchsäure oder Alkohole, müssen entfernt werden, da zu hohe
Konzentrationen (jedes Stoffes) Lebewesen schädigen. Wie so oft werden die
Ausscheidungsprodukte (Gifte?!) des einen Lebewesens zur Nahrung eines anderen.
Dies gilt z. B. für den Alkohol (Ethanol), den z. B. viele Menschen gerne in
manchmal merkwürdigen Mengen konsumieren. Es gilt aber auch für den freien
Sauerstoff in der Luft.
Auch Menschen führen Milchsäuregärung durch, wenn sie nicht genügend Sauerstoff
zur Verfügung haben. Dies ist z. B. bei kurzen starken körperlichen Belastungen
der Fall. Der wichtigste Grund für die vorübergehende geringe
Sauerstoffversorgung ist die Trägheit des Blutkreislaufsystems, welches,
besonders bei Untrainierten, eine gewisse Anlaufzeit benötigt, um auf volle
Touren zu kommen, um viel Sauerstoff zu transportieren. Die Milchsäure trägt
neben winzigen inneren Verletzungen (feine Risse) zur Bildung des Muskelkaters
bei.
2. Citratcyclus (=Citronensäurecyclus)
Am Beginn dieses Cyclus reagiert Essigsäure mit Oxalacetat, einem Molekül, das
u. a. 4 C-Atome enthält (C4-Körper). Bei dieser Reaktion entsteht Citrat,
wonach der Cyclus benannt ist.
(Die Endung -at steht für Salze. Citonensäure liegt in Zellen überwiegend als
Anion vor, weil die meisten Citronensäuremoleküle hier ein Proton abgeben.
Zusammen mit irgendwelchen in der Zelle stets vorhandenen Kationen kann man die
Citronensäure dann als Salz auffassen.).
Citrat wird nun in einer kette von Reakionen in verschiedene andere Stoffe
umgewandelt, bis am Ende wieder Oxalacetat entsteht, das wiederum mit einem
anderen Essigsäuremolekül reagiert. Formal liegt also ein Cyclus vor.
Während des Citratcyclus wird Essigsäure zu CO2 und Wasserstoff abgebaut. Die
Wasserstoffmoleküle werden auf Transportmoleküle (NAD, FAD) übertragen und in
der Atmungskette (s. u.) zur hauptsächlichen Energieumwandlung (ATP-Bildung)
genutzt.
Die verschiedenen Zwischenprodukte, bzw. die Umwandlungen dienen dazu, die
Essigsäure und andere Moleküle, wie oben angesprochen, zu zerlegen und
Baumaterial für viele weitere Stoffwechselvorgänge, z. B. für den Aufbau von
Aminosäuren und Fettsäuren, bereitzustellen.
3. Atmungskette
Die Wasserstoffatome (streng genommen überwiegend nur deren Elektronen),
die in der Glykolyse und im Citratcyclus auf NAD und FAD übertragen wurden,
werden nun nacheinander auf verschiedene andere Moleküle übertragen. Dabei
verlieren sie stufenweise, wie das Wasser eines gestuften (=kaskadenartigen)
Wasserfalls, Energie. Diese Energie wird auf ATP übertragen. Am Schluss
reagiert der Wasserstoff mit dem eingeatmeten Sauerstoff zu chemisch
energiearmem Wasser (H2O).
Wir haben uns jetzt eine Übersicht über die Atmung, welche die Hauptprozesse
und den zeitlichen Ablauf in den Mittelpunkt stellt, verschafft. Im Folgenden
stellen wir die wichtigsten Prinzipien in den Mittelpunkt.
1. Bei der Atmung wird Zucker (überwiegend Glukose) allmählich in immer
kleinere Moleküle zerlegt.
2. Dabei werden pro Glukosemolekül 6 CO2 Moleküle abgespalten.
3. Außerdem wird an einigen Stellen die Energie, die das Zuckermolekül enthält,
auf andere Moleküle übertragen. Am häufigsten entsteht das energiereiche
Molekül ATP (Adenosintriphosphat), indem auf das weniger energiereiche ADP
(Adenosindiphosphat) eine Phosphatgruppe übertragen wird. Die Phosphatgruppen
sind negativ geladen, stoßen sich also gegenseitig ab. Diese Kraft
(elektromagnetische Wechselwirkung) ist das A&O fast aller aktiven
biologischen Prozesse.
4. Vom Zuckermolekül (streng genommen von den Molekülen, die beim Abbau aus dem
Traubenzucker entstehen) werden schrittweise die Wasserstoffatome abgespalten
und auf Transportmoleküle übertragen.
5. Die Wasserstoffatome, bzw. deren Elektronen, werden schrittweise auf
verschiedene Substanzen und letztlich auf Sauerstoff übertragen
(Redoxreaktionen). Dieser Prozess (bzw. die zugehörigen Strukturen) heißt Atmungskette
(s. o.). Er läuft an Membranen in den Mitochondrien ab. Einige dieser
Übertragungsschritte liefern genug Energie für die Bildung von ATP.
Wenn die Wasserstoffatome mit dem eingeatmeten Sauerstoff reagieren, entsteht
Wasser, das ausgeschieden oder anderweitig verwendet wird. Bei der
vollständigen Verbrennung eines Zuckermoleküls entstehen 38 ATP, also viel mehr
als die zwei ATP, die in der Glykolyse bzw. bei Gärungen gebildet werden. Damit
erweist sich die Atmung als wesentlich effektiver als Gärungen. Atmende
Lebewesen setzten sich in der Konkurrenz mit gärenden weitgehend durch. Streng
genommen war es die Symbiose zwischen gärenden Zellen und atmenden Bakterien
(spätere Mitochondrien), die zum Erfolg führte. Dies kann als Hinweis dafür
gewertet werden, das Lebewesen, insbesondere Menschen, die kooperieren im
Durchschnitt erfolgreicher sind, als einzeln lebende und
parasitierende.
Nachdem wir uns nun eine Übersicht über die wichtigsten Prinzipien und Prozesse
innerhalb der Atmung verschafft haben, widmen wir uns jetzt der räumlichen
Zuordnung, also den Orten, an denen das Atmungsgeschehen abläuft.
Die
Wege der bei der Atmung beteiligten Stoffe durch den (menschlichen) Körper
Zunächst
betrachten wir die Ausgangsprodukte (Edukte) der Atmung, also Sauerstoff und
Nährstoffe, wie z. B. Zucker oder Fette
Die Nährstoffe gelangen über Mund, Speiseröhre und Magen in den Zwölffingerdarm
und mittleren und unteren Dünndarm. Vor allem dort werden sie ins Blut
übertragen (Resorption) und im gesamten Körper (in alle Zellen) verteilt.
Der Sauerstoff wird aus der Luft aufgenommen (eingeatmet). In der Lunge gelangt
er ins Blut (Diffusion). Das Blut transportiert ihn zu allen Zellen. In den
Zellen diffundiert er in die Mitochondrien.
Dort entstehen aus Nährstoffen und Sauerstoff Wasser und
Kohlenstoffdioxid, die Endprodukte der Atmung.
Deren Wege im Körper wollen wir als nächstes betrachten:
Aus den Mitochondrien gelangen CO2 und H2O ins Cytoplasma der Zelle. CO2 entsteht in
geringen Mengen auch im Cytoplasma während der Glykolyse oder Gärung. Von dort
gelangen CO2 und H2O ins Blut und/oder
in die Lymphflüssigkeit. Von dort können sie in die Lunge gelangen und
ausgeatmet werden. Vor allem Wasser kann auch über die Haut (Schweiß) und über
die Nieren (Urin) abgegeben werden.
Fette und Zucker enthalten in der Regel nur Kohlenstoff, Sauerstoff und
Wasserstoff. Bei ihrer Verbrennung, gleichgültig ob im Ofen, Kraftwerk oder
Lebewesen, entstehen daher in der Regel bei vollständiger Verbrennung nur CO2 und H2O. Wenn das
Brennmaterial auch andere Elemente, wie Schwefel, Stickstoff, Phosphor usw.
enthält, können auch Salzionen (Mineralien), wie Nitrat, Phosphat und Sulfat
entstehen. Eiweiße enthalten bekanntlich Stickstoff. Wenn Eiweiße verbrannt
werden, wird der überschüssige Stickstoff in Wirbeltieren hauptsächlich über
die Nieren in Harnstoff und Harnsäure ausgeschieden. Die Mineralien, die
Lebewesen ausscheiden und bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe freisetzen,
sind in der richtigen Menge fast alle wertvolle Nährsalze für Pflanzen. Menschen
verbreiten jedoch bei ihren Verbrennungen in Heizungen, Kraftwerken, Fahrzeugen
usw. oft zu viel dieser Nährsalze und schädigen dadurch die meisten Organismen.
Erdöl und Kohle sind u. a. deshalb meistens ungünstigere Brennstoffe als
Methanol, Wasserstoff, Propangas (Camping), weil diese fossilen Brennstoffe
viele Elemente, wie N, S, P usw. enthalten, aus denen problematischere Stoffe
als CO2 und H2O entstehen können.
Wir haben gesehen, dass alle Verbrennungen von organischem Material,
gleichgültig ob in Kaminen oder Mitochondrien, prinzipiell gleich sind und zu
ähnlichen Resultaten führen. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied.
Biologische Verbrennungsprozesse im Rahmen der Atmung führen fast
ausschließlich zu Produkten, die für das Leben unschädlich oder nützlich sind.
Bei anderen Verbrennungen (Waldbrände, Kraftwerke, Industrie, Fahrzeugmotoren
usw.) von organischem Material, können, besonders bei nicht ausreichend hohen
Temperaturen, hunderttausende von z. T. giftigen (z. B. krebserregenden) Kohlenwasserstoffen
entstehen. Rauch und Ruß bestehen, im Gegensatz zu Wasserdampf z. T. aus
solchen Substanzen und stellen Hinweise auf die entsprechenden Gefahren dar.
Fotosynthese
Fast
alle Pflanzen erzeugen mit Hilfe des Sonnenlichts aus energiearmen Stoffen wie
CO2, H2O und Nährsalzen (z.
B. Ca++, Na+, K+, SO4--, NO3-, PO4---) energiereiche
Substanzen, wie Zucker, Fette, Eiweiße und Nukleinsäuren. Dieser Prozess heißt
Fotosynthese. Die Summenformel der Fotosynthese lautet:
6 CO2
+ 6 H2O
® C6H12O6
+ 6 O2
in Worten:
Kohlenstoffdioxid + Wasser ® Zucker
+ Sauerstoff
Diese Formel stellt die Umkehrung der Formel für die Atmung dar. Dies weist
darauf hin, dass zwischen atmenden und photosynthetisierenden Lebewesen ein für
das Leben äußerst wichtiger symbiotischer Materialaustausch und Kreislauf
besteht. Photosynthetisierende grüne Pflanzen (≈autotrophe Lebewesen)
geben atmenden Lebewesen (heterotrophen Lebewesen, wie Tieren, Menschen, Pilzen
und Bakterien.) Stoffe (Zucker und Sauerstoff), die diese brauchen und
erhalten. Atmende Lebewesen geben den fotosynthetisierenden CO2, H2O und Nährsalze.
Fast alle profitieren dabei von der Lichtenergie der Sonne. Die meisten
menschlichen Energienutzungen (auch technische mit Ausnahmen, wie vor allem der
Atomenergie) beruhen auf der Nutzung von Sonnenenergie.
Pflanzen betreiben Fotosynthese, wenn Licht zur Verfügung steht. In der
Dunkelheit atmen sie. Sie atmen also z. B. nachts und im Bereich der Wurzeln.
Die Fotosynthese findet in den Chloroplasten statt. Chloroplasten sind kleine
grüne ellipsoide Körper in den Zellen, die ursprünglich selbstständige
blaualgenähnliche Lebewesen waren. Blaualgen werden heute auch gerne
photosynthetisierende Bakterien genannt, weil sie mit Algen nur entfernt
verwandt sind. Die grüne Farbe nehmen wir wahr, weil der Blattfarbstoff
Chlorophyll die Wellenlängen des Lichtes, die unser Gehirn als grün deutet,
reflektiert. Chlorophyllmoleküle haben die Fähigkeit, die Lichtenergie zu
nutzen, indem sie vor allem mit Hilfe des roten und blauen Lichtes bestimmte
Elektronen auf ihren Schalen auf höhere Energieniveaus heben.
Die Fotosynthese lässt sich formal in zwei Hauptprozesse unterteilen, die Lichtreaktion
und die Dunkelreaktion. Die wichtigsten Prozesse innerhalb der
Lichtreaktion:
Wassermoleküle werden mit Hilfe der Lichtenergie gespalten. Dabei entstehen
Wasserstoff und Sauerstoff. Der Sauerstoff wird ausgeschieden oder genutzt,
wenn die Pflanze atmet. Der Wasserstoff wird in das pflanzliche Material eingebaut
und/oder zur Energiebereitstellung genutzt. Dazu werden seine Bestandteile, das
Elektron und das Proton, wie bei der Atmung, getrennt. Das Proton gelangt
einfach ins wässrige Milieu im Innern aller Zellen. Es dringt dabei in der
Regel in Wassermoleküle ein, so dass H3O+ Moleküle entstehen. Diese
diffundieren, dem Prinzip vom kleinsten Zwang folgend, ohne Energieaufwand
durch Membranen immer dahin, wo sie in der geringsten Konzentration vorliegen,
also z. B. an Orte, an denen sie ausgeschieden oder „verbraucht“ werden
(chemisch reagieren). In unserem Fall vom Chlorophyll zum Ort der
Wasserspaltung. Diese Diffusionsbewegung wird genutzt, um ADP in ATP
umzuwandeln, also um Energie für die Pflanze nutzbar zu machen. Diese
Reaktionen finden an Enzymen in Membranen im Chloroplast statt. Bei dieser
Umwandlung wird eine Phosphatgruppe übertragen. Das nennen Chemiker
„phosphorylieren“, daher die Bezeichnung „zyklische Fotophosphorylierung“
unten. Abbildungen zum ATP-Molekül und ATP-Bildung finden sich in Schulbüchern.
Das Elektron (aus dem Wassermolekül) wandert zum Chlorophyllmolekül. Dort
ersetzt es ein Elektron, das mit Hilfe der Lichtenergie (Photonen) auf ein
höheres Energieniveau gehoben und weiter transportiert wurde. Diese
energiereichen Elektronen werden auf Transportmoleküle (NADP) übertragen.
Zusammen mit den Protonen, die bei der Spaltung des Wassermoleküls entstanden
und sich frei in wässrigen Lösungen bewegen (können), werden die Elektronen
(als Wasserstoff) samt ihrer Energie in bestimmte vorhandene organische
Moleküle eingebaut. Danach wird zunächst vor allem energiereicher
(verbrennbarer) Zucker gebildet.
In der Lichtreaktion wird auch ATP gebildet. Es ist möglich, die Elektronen,
die auf höhere Energieniveaus gehoben werden, in Kreisprozessen immer wieder
zur ATP-Bildung zu nutzen. Dieser Prozess, bei dem die energiereichen
Wasserstoffe direkt und nur zur Energiegewinnung genutzt werden, heißt
zyklische Photophosphorylierung. Dabei werden die energiereichen Elektronen
nicht in organisches Material eingebaut sondern in einem Kreislauf zum
Wasserrest (OH-) zurücktransportiert und immer wieder im
Chlorophyllmolekül auf ein höheres Energieniveau gehoben.
Auf diese Weise kann die Pflanze unter günstigen Bedingungen (gute
Beleuchtung, Bewässerung, Düngung usw.) soviel ATP bilden, wie sie benötigt.
In der Dunkelreaktion wird nicht nur Wasserstoff in vorhandene Biomoleküle
eingebaut sondern auch CO2. Aus den Molekülen
(bestimmte Zucker, wie z. B. Ribulose 1,5 bisphosphat), die mit H2 und CO2 reagieren, bilden
die Pflanzen Traubenzucker. Aus einem Teil dieser Zuckermoleküle werden in
komplizierten zyklischen Prozessen diese Moleküle immer wieder hergestellt,
damit sie immer wieder für die Reaktion mit H2 und CO2 zur Verfügung stehen.
Aus dem übrigen Teil der Zuckermoleküle können die Pflanzen mit Hilfe von
Enzymen alle anderen Substanzen (Fette, Eiweiße, Nukleinsäuren, Vitamine usw.),
die sie benötigen und aus denen sie bestehen, aufbauen. Dabei werden natürlich,
wenn nötig, weitere Elemente, wie N, P, S usw., die sich i. d. R. in oder als
Nährsalze finden, eingebaut.
Kommen wir noch einmal auf die Wasserspaltung und die Trennung von
Elektronen und Protonen der Wassermoleküle zurück:
Das Wassermolekül ist sehr stabil und energiearm. Es muss also Energie
bereitgestellt werden, um die Wasserspaltung möglich zu machen. Diese Energie
erhält die Pflanze aus dem Licht, mit dessen Hilfe Elektronen in
Chlorophyllmolekülen auf höhere Energieniveaus (Schalen) gehoben werden. Diese
Elektronen können sich mit einzelnen Protonen zu Wasserstoffatomen vereinigen.
Solche Protonen finden sich im wässrigen Milieu aller Zellen überall und in
ausreichenden Mengen. Einzelne Protonen und Elektronen werden in Zellen häufig
vereinigt und getrennt. Deshalb können wir einzelne freie Elektronen und
Protonen vereinfacht wie komplette Wasserstoffatome werten und behandeln. Ein
Elektron, das in einem Chlorophyllmolekül auf ein höheres Energieniveau gehoben
wurde, ist also auch einem Wasserstoffatom, das bei der Wasserspaltung entsteht
äquivalent (gleichwertig). Jedes dieser Elektronen kann durch ein Elektron aus
dem Wassermolekül ersetzt werden. Das zugehörige Proton gelangt in die wässrige
Umgebung im Chloroplast und diffundiert, dem Prinzip vom
kleinsten Zwang folgend, an Orte, an denen wenige freie Protonen vorliegen.
(Dies sind Orte mit höherem pH [vgl. Säuren und Basen s. o.]). Die Stelle, an
der diese Protonenkonzentration niedriger ist, ist der Ort, an dem das
energiereiche Elektron zusammen mit einem freien Proton in organisches Material
eingebaut wird. Im Falle der Atmung (s. o.) ist es ein Sauerstoffatom.
Die pflanzliche Wasserspaltung ist ein Prozess, den menschliche Wissenschaftler
zu Recht nachzuahmen versuchen. Mit Hilfe dieses Prozesses könnte ökonomisch
und umweltverträglich Wasserstoff (H2), ein potentiell konstruktiver Treibstoff,
gewonnen werden.
Wir haben uns nun einen Überblick über die Naturwissenschaften und die
wichtigsten molekularbiologischen Vorgänge verschafft und widmen uns nun dem
zweiten Fundament für das Verständnis des heutigen Lebens, der Entstehung,
Entwicklung und Geschichte der Welt und des Lebens. Dabei werden wir zunächst
die Beschreibung, später die Gesetzmäßigkeiten, in den Mittelpunkt rücken.
VOM
URKNALL ZUR ELEKTRONISCHEN INTELLIGENZ
Wenn
wir die Gegenwart verstehen wollen, müssen wir wie gesagt die Geschichte
kennen. Die Geschichte der Welt lässt sich in verschiedene Abschnitte
unterteilen.
Nach traditioneller Sicht begann die Welt mit dem Urknall.
Darauf folgte eine primär physikalische Entwicklung (Stern- und Galaxienbildung
usw.) bis zur Entstehung der Erde.
Danach folgte auf der Erde ein Abschnitt, den man als chemische Evolution
bezeichnet. Dabei entstanden zahlreiche komplexe, energiehaltige Moleküle.
Dann begann mit der Entstehung des Lebens die biologische Evolution,
danach die der menschlichen Kultur
und zuletzt die der elektronischen Systeme (Computer usw.).
Wir betrachten zunächst die Entwicklung vom Urknall bis zur Entstehung der
Erde.
Die Geschichte des Universums und der Urknall
Bevor wir einsteigen, machen wir uns kurz klar, wie die heutige Welt
aussieht. Die Erde ist ein Planet, der mit ca. 30 km/sec die Sonne umkreist.
Die Sonne ist einer von mindestens 100 Milliarden Sternen, die eine runde
Scheibe (Diskus), namens Milchstraße, bilden. Da die Sonne ein wenig in
Richtung des Randes dieser Scheibe liegt, sieht man, wenn man zur Mitte der
Scheibe schaut, viele Sterne der Milchstraße die wie ein weißes, milchiges
breites Band aussehen. Dieses Band hat den Namen Milchstraße bekommen. Von
solchen Milchstraßen gibt es wahrscheinlich mindestens zweihundert Milliarden.
Sie sind ziemlich gleichmäßig im Universum verteilt. Man nennt sie Galaxien
(„Galaxie“ ist griechisch und heißt „Milchstraße“, „lac“ ist lateinisch
„Milch“). Galaxien bestehen aus Sternen, Staub, Planeten, Schwarzen Löchern
usw. sowie (hauptsächlich) aus verschiedenen anderen Formen von Materie und
anderer (dunkler) Energie.
Die Urknalltheorie
Wir geben hier eine Kurzfassung wieder, die der heutigen physikalischen Lehrmeinung
entspricht. Wir haben an anderer Stelle eine neue Theorie entwickelt und
vorgestellt, die zum Teil andere (wir meinen bessere und einfachere)
Erklärungen liefert. Es handelt sich um die Zeitgleittheorie. Diese und
eine kurze Einführung in die Relativitätstheorie und Kosmologie finden Sie in
meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ (s. u. www.daswesenderzeit.de).
Die meisten Physiker nehmen an, dass vor 13 bis 16 Milliarden Jahren alle
Materie des heutigen Universums an einer sehr kleinen Stelle konzentriert war.
Diese Materie explodierte in der größten bekannten Explosion, dem Urknall. Die
Ursachen für diese Explosion gelten als unsicher. Dies liegt unter anderem
daran, dass die meisten Physiker nur ungern Aussagen über die Zeit vor dem
Urknall machen möchten. Das wiederum hängt mit den Erklärungsmodellen, die sie
z. Zt. bevorzugen, zusammen. Die meisten gehen davon aus, dass das Universum im
Moment des Urknalls unendlich klein war. Ein solcher Zustand wird mathematisch
als Singularität bezeichnet. Immer, wenn die Unendlichkeit ins Spiel kommt,
entstehen für den menschlichen Verstand wie auch für die Mathematik unlösbare
Probleme. Die entsprechende Mathematik fordert z. B., dass erst mit dem Urknall
die Zeit beginnt und entsteht und dass deshalb Aussagen über die Zeit vorher
nicht möglich bzw. rein spekulativ sind. Einige Physiker (z. B. manche
Stringtheoretiker) sind jedoch der Ansicht, dass die Annahme einer Singularität
falsch ist, und deshalb auch über die Zeit vor dem Urknall nachgedacht
(geforscht) werden kann und soll. Der gesunde Menschenverstand, der sich
wahrscheinlich weniger irrt als manche Aussagen der modernen Physik behaupten,
kann sich ebenfalls mit der Vorstellung, dass vor dem Urknall nichts
existierte, kaum anfreunden.
Als es nach dem Urknall kälter wurde, entstand zunächst aus Strahlung Materie
(vor allem Elektronen und Quarks). Danach vereinigten sich Quarks zu Protonen
und Neutronen, diese schlossen sich mit Elektronen zu einfachen Atomen bzw.
Elementen (zunächst Wasserstoff, später Helium) zusammen. Später entstanden z.
B. bei Sternexplosionen (Supernovae) auch schwerere Elemente. Deren Atome
verbanden sich zu immer größeren und komplizierteren Molekülen. Hitze
(=Bewegung von Molekülen) zerstört komplexe Materie. Bei sehr hohen Temperaturen
(=hohe Geschwindigkeit der Teilchen), wird Materie (z. B. Lebewesen) in die
einfachsten Bestandteile zerschlagen.
Die Urknalltheorie besagt, dass nach dem Urknall die Welt expandierte und Raum
und Zeit entstanden. Diese Expansion ist bis heute (und wahrscheinlich auch in
der Zukunft) nachweisbar. Astronomen stellen fest, dass fast alle Galaxien sich
umso schneller von uns entfernen, je weiter sie von uns entfernt sind.
Mit zunehmendem Abstand vom Urknall nimmt nicht nur die Temperatur der Materie
im Durchschnitt ab. Auch die Temperatur (Frequenz) der Strahlung, die im
Urknall entstand, sinkt (scheinbar?). Die schwachen Reste dieser Strahlung
(=Hintergrundstrahlung), die man auch heute noch nachweisen kann, gelten als
wichtiger Beleg für die Urknalltheorie. Durch die Abkühlungen wird die
Entstehung aller komplexen Strukturen, wie z. B. des Lebens, im Universum
möglich. Leben wird ganz wesentlich durch Komplexität charakterisiert. Es
besteht z. B. u. a. aus relativ großen komplexen Kohlenwasserstoffverbindungen,
die auch auf komplexe Weise miteinander wechselwirken. Diese Wechselwirkungen
sind nur möglich, wenn die Temperatur in der Nähe des tiefsten möglichen
Temperatur (=0 Kelvin = ca. -273°C) liegt. Im Vergleich zu vielen Milliarden
Kelvin an verschiedenen Orten im Kosmos sind die ca. 300 Kelvin, die Menschen
auf Erden lieben, fast nichts.
Die Urknalltheorie muss erklären, dass die Materie im gesamten Universum
ungewöhnlich gleichmäßig verteilt ist. Dazu wurde ein Erklärungsmodell
entwickelt, das unter dem Begriff „Inflation“ bekannt wurde. Damit ist eine
ungeheuer schnelle Ausdehnung des Raumes kurz nach dem Urknall gemeint. Wir
kennen eine Erscheinung, die wahrscheinlich dem Gegenteil dieser Superexplosion
des Raumes entspricht: Schwarze Löcher sind von etwas wie einer Antiinflation
umgeben. Der wichtigste Bereich dieser Erscheinung heißt „Ereignishorizont“ und
umgibt schwarze Löcher wie eine Apfelschale. Wenn Materie in ein schwarzes Loch
stürzt, wird sie am Ereignishorizont plötzlich extrem und unaufhaltsam
beschleunigt (=Antiinflation). Hier zieht sich der Raum unaufhaltsam
explosionsartig zusammen. Dies entspricht dem Sturz des Wassers einen
Wasserfall hinunter. Die Analogie zwischen Ereignishorizont und Inflation ist
möglicherweise nicht zufällig. Es könnte sich um die zwei Seiten einer Medaille
handeln. Sollte sich das Universum auf Grund der Gravitationskraft wieder
zusammenziehen, wird es möglicherweise in das größte denkbare Schwarze Loch
(=Antiurknallsonne) stürzen. Dabei wird es durch den Ereignishorizont dieses
Loches stürzen. Der Vorgang ist unter dem Begriff „Antiurknall“ (=Big Crunch)
bekannt. Diese Sonne könnte die Quelle sein, aus der der Urknall entstand. In
diesem Falle würden wir in einem geschlossenen Universum leben (vgl. „Das Wesen
der Zeit“).
Was geschehen wird, hängt von der Ausdehnungskraft (Impuls) und von der
Gravitationskraft der Gesamtmaterie des Universums (Raumzeit) ab. Gibt es
genügend Materie (Dichte), wird sich das Universum in der Zukunft
zusammenziehen. Um die Gravitationskraft ermitteln zu können, muss man die
Gesamtmasse und Dichte des Universums kennen. Zur Ermittlung des Impulses
benötigt man zusätzlich noch die Geschwindigkeit der Materie. Beides können
Physiker heute nicht genau bestimmen.
Die meisten Physiker glauben dennoch zurzeit an eine ewige Ausdehnung. Das tun
sie aufgrund von Befunden, die vor allem Anfang des einundzwanzigsten
Jahrhunderts gemacht wurden, auf die wir hier jedoch nicht näher eingehen
wollen (vgl. Dunkle Energie und Dunkle Materie). Sicher ist, dass die zurzeit
vorliegenden Informationen für klare Beweise der einen oder anderen Sicht nicht
ausreichen.
Aus der Zeitgleittheorie ergibt sich die Hypothese, dass Urknall und
Antiurknall möglicherweise dieselbe oder gleiche Erscheinung -von zwei verschiedenen
Seiten betrachtet- sind. Urknall und Antiurknall sind dann das gleiche
Ereignis. Sie entsprechen den Bereichen direkt über und unter der Engstelle
einer Eieruhr. Noch besser ist ein Kugelmodell: Man stelle sich die Erde mit
zwei riesigen ins Innere führenden Strudeln an den Polen vor. Ein Strudel führt
Wasser (alle Materie) in die Erde, der andere bringt es wieder heraus. Dann
entsprechen die Strudel der Inflation und dem Sturz der Materie in ein riesiges
Schwarzes Loch. Die Pole entsprechen dem Urknall und dem Antiurknall. Die
Zeitgleittheorie fordert, dass die Hälfte der Materie, die in den Antiurknall
stürzt aus der Sicht der anderen Hälfte Antimaterie ist. Dies bestätigt auch
eine Forderung der Physik, wonach im Urknall genau zur Hälfte Materie und
Antimaterie entstanden sein müssen. Wenn Antimaterie auf Materie trifft, kommt
es zu den stärksten Energieumwandlungen (Explosionen) die wir kennen. Es wird
vor allem Materie in Strahlung umgewandelt. Diese Strahlung wurde später [nach
dem Urknall (s. o.)] wieder zu Materie. Diese Umwandlung (Explosion) nennen wir
Urknall. Damit haben wir die Ursache für den Urknall gefunden. Es ist der
Kontakt von Materie und Antimaterie.
Es erscheint heute ebenfalls möglich, dass die Antiurknallmaterie nicht in unserem,
sondern in einem oder mehreren anderen Urknallen wieder explodiert. Dann hätte
unser Universum Verbindungen zu anderen Universen, die z. B. wie Perlen einer
Perlenkette nebeneinander liegen könnten.
Einige Physiker neigen zu der Hypothese, dass in der soeben beschriebenen Weise
vielen oder allen schwarzen Löchern kleine Urknalle zugeordnet werden müssen.
Diese Urknalle werden als weiße Löcher oder (leider nur selten) als weiße
Quellen bezeichnet. Auch sie könnten Verbindungen zu anderen (parallelen)
Universen darstellen.
Damit schließen wir unsere kurze Übersicht über die kosmische Evolution bis
zur Entstehung der Erde. Wer das oben nur kurz angesprochene wirklich verstehen
will, findet nicht nur in meinem Buch „Das Wesen der Zeit“ Hilfe. Empfehlenswert
sind: www.abenteuer-universum.de, das ABC der Relativitätstheorie von B.
Russell usw.
Im nächsten Abschnitt widmen wir und der chemischen- und biologischen Evolution
auf der Erde.
DIE
STEUERUNG UND ENTWICKLUNG EINES LEBEWESENS
Die
biologischen Disziplinen, die sich mit diesem Bereich beschäftigen, sind Genetik
und Entwicklungsphysiologie (Entwicklungsbiologie).
Grundsätzlich wird die Entwicklung jedes Lebewesens und jeder Zelle von
genetischen Informationen gesteuert. Die DNA (noch besser den Zellkern) kann
man als ein einfaches Gehirn auffassen, das die Entwicklung eines Lebewesens
und einen Teil seiner Interaktionen mit der Umwelt steuert. Diese Entwicklung
wird aber auf zwei grundsätzliche Weisen auch durch Informationen aus der
Außenwelt gesteuert. Zum einen steuern diese Informationen (Reize, Gifte,
Nahrungsbestandteile, Strahlung usw.) durch direkte Wirkungen auf Körper und
Gehirn. Zum anderen verändert die Außenwelt die genetische Information. Dabei
lernt die DNA ähnlich wie ein Gehirn und bewirkt auch ihrerseits Veränderungen
ihrer Umwelt, benötigt aber, besonders für ihre Lernfortschritte, meistens
erheblich längere Zeiträume. Dieser Lernvorgang bestimmt nicht nur die
Entwicklung von Individuen, sondern macht das Wesen der biologischen Evolution,
also der Entwicklung des gesamten Lebens, aus (s. u. Selektion, Konkurrenz,
Mutation usw.).
Ein wichtiger Trick genetischer Informationsverarbeitungssysteme (DNA), um die
eigene Höherentwicklung und Erhaltung zu bewerkstelligen, ist die Bildung von Körpern
(=Lebewesen, Individuen), die die eingebauten Genome (Gesamtheit der Gene)
schützen und weiterentwickeln. Am erfolgreichsten waren die Genome, die in
ihren Körpern ein zweites Selbststeuerungssystem entwickelten, nämlich das
Gehirn.
Die Ähnlichkeit von DNA und Gehirn zeigt sich auch darin, dass beide die
Zukunft bei ihren Steuerungen berücksichtigen. Auch in diesem Bereich sind
Gehirne wesentlich leistungsfähiger als Genome, aber auch Genome verfügen über
Kenntnisse über die Welt, in der die Organismen, die sie bilden, leben und
leben werden. Z. B. bilden fast alle Wirbeltiergenome Augen, weil sie
„wissen", dass es in der Welt fast aller Wirbeltiere Licht und die
Notwendigkeit, sich zu orientieren gibt bzw. geben wird.
Die biologische Evolution beruht auf dem Zusammenwirken der Genome vieler
Individuen und deren Interaktionen mit der Umwelt. Auch an der Entwicklung der
Kultur sind die evolutionsbiologischen Gesetzmäßigkeiten und Grundprinzipien
entscheidend beteiligt. Zum einen beeinflussen sie auch heute noch den Menschen
direkt, zum anderen erfolgen Entwicklungen in der Kultur weitgehend nach den
gleichen Grundregeln wie in der Natur. Biologische und kulturelle Evolution
sind parallele, ähnliche Vorgänge.
Eine
ausgezeichnete detaillierte Beschreibung der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten
kultureller Evolution findet sich bei Karl Popper. Die Lektüre dieses
Philosophen stellt die einfachste Möglichkeit dar, um möglichst schnell einige
gute Antworten auf verschiedene philosophische Fragen zu erhalten, also
wichtige Grundprinzipien dieser Welt zu verstehen. Allerdings sollte man auch
die konstruktive Kritik und Verbesserungen an und von Poppers Konzept studieren
(siehe Kap. „Philosophie“ und Peter Möller www.philolex.de/popper.htm#kri.
Wer die Entwicklungsprinzipien der Wissenschaften verstehen will, sollte
außerdem „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ von T. Kuhn lesen.
Wir
wollen nun genauer betrachten wie Genome arbeiten, um die Entwicklung und
Steuerung von Zellen und Individuen verstehen zu können.
Genetik
Vererbungslehre
In dieser Wissenschaftsdisziplin geht es um die Entwicklung und Steuerung von
Individuen und Zellen durch Erbinformationen. Es werden also Fragen
beantwortet, wie z. B.:
„Was sind Krebs, Aids usw.?“
„Wie entsteht ein erwachsenes Lebewesen aus einem Ei?“ „Wie entstehen Merkmale
und Eigenschaften aus Genen?“
„Wie steuert der Zellkern (Kapitän der Zelle) das Zellgeschehen?“ usw.
„Genein“ („e“ und „i“ getrennt gesprochen, nicht „ai“) ist griechisch und heißt
„hervorbringen, schaffen.
Gene (=Erbanlagen) sind also „Schöpfer“ und die Genetik ist die Lehre
vom Bau und Wirken dieser Schöpfer. Was Gene letztendlich hervorbringen, sind
Merkmale und Eigenschaften.
Die DNA, eine Nukleinsäure [Details s. o.], ist das fädige Molekül, dass
die Gesamtheit der Gene (auch Genom genannt, darstellt.
Um klare
Zielvorstellungen zu haben, betrachten wir zunächst eine Übersicht:
Die
Genetik wird in zwei Untergebiete unterteilt:
1. Molekulare Genetik (Aufbau der DNA, Verdopplung der DNA
(=Replikation), Transkription, Translation [s. u.])
2. Klassische Genetik (Mendelsche Regeln usw.) hier geht es um die
Gesetzmäßigkeiten der Vererbung
Wir
beginnen (weiter unten) mit der molekularen Genetik, weil sie das notwendige
Fundament bildet, ohne dass die Klassische Genetik nicht verstanden werden
kann.
Um die
molekulare Genetik verstehen zu können, müssen (bio)chemische und cytologische
Grundkenntnisse bekannt sein (chemische Bindungen, organische Chemie, Aufbau
der Eiweiße usw., Aufbau der Zelle, insbesondere Zellkern und Endoplasmatisches
Retikulum, Endosymbiontenhypothese).
Um die Klassische Genetik verstehen zu können, müssen Sinn und Wesen der
Sexualität, insbesondere Meiose und Mitose bekannt sein.
Wir wiederholen an dieser Stelle in Kurzform, was wir in den Kapiteln
„Sexualität“ und „Evolution“ (s. u.) ausführlich erörtert haben.
Das möglicherweise wichtigste Prinzip der Entwicklung des Kosmos ist das Mischen
von Informationspaketen (»Dialektik
[These+Antithese®Synthese). Immer,
wenn man zwei Dinge zusammenfügt, entsteht etwas Neues. Am Beispiel der
Sexualität können wir dieses Prinzip verdeutlichen. Die Funktion der Sexualität
ist nämlich nicht die Vermehrung, sondern die Kombination von Informationspaketen,
die hier Rekombination oder Neukombination (von Genen) genannt wird.
Weshalb Neukombinationen alles Geschehen im Kosmos (z. B. Kreativität, Technik,
alle Entwicklungen nach dem Urknall usw.) bestimmen, wissen wir nicht genau.
Weshalb das Leben Neukombinationen zu seinem Grundprinzip gemacht hat,
ist etwas klarer.
Das Leben ist getrieben von einer (wieder etwas unklaren) Kraft der
Selbsterhaltung (Drang zu vierdimensionaler Größe). Nun ist die Erde aber ein
System, das diese Selbsterhaltung durch ständige Veränderungen
(Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Meteoriteneinschläge usw.) schwer macht. Gegen
diesen ständigen „Terror“ (Selektionsdruck, Wirkung von Ökofaktoren) gab es nur
ein effektives Mittel: Das Leben musste sich ebenfalls ständig verändern. Das
Wesen aller Veränderungen, einschließlich Innovationen, Kreativität usw., ist
aber die Neukombination. Deshalb bestimmen Neukombinationen alle
biologischen und kulturellen Entwicklungen. Am wirksamsten lässt sich
kombinieren, wenn man an Informationszentren ansetzt, also an DNA und Gehirnen
(Computern).
Die einfachste Möglichkeit, verschiedene Gene neu zu kombinieren, bestand und
besteht darin, die Gene zweier Individuen (männlich und weiblich) zu Mischen
oder auszutauschen. Das Leben entwickelte zahlreiche Verfahren, um das Mischen
zu intensivieren. Diese Verfahren werden unter dem Oberbegriff „Sexualität“
zusammengefasst.
Bakterien begnügen sich bis heute i. d. R. damit sich gegenseitig DNA-Stücke
zuzuschieben, ohne dabei wirkliche Sexualität zu „genießen“. Allerdings gelingt
es ihnen auch mit dieser recht primitiven Parasexualität (besonders mit
ärztlicher Hilfe), z.B. die Resistenz gegen mehrere Antibiotika, gleichzeitig
zu übertragen.
Fast alle anderen Lebewesen gingen dazu über, die kompletten Erbinformationen
zweier Individuen miteinander zu vermischen und diesen ganzen
Neukombinationsvorgang mit der Vermehrung zu verbinden. Das nennen wir heute
„sexuelle Vermehrung“. Die meisten, besonders Pflanzen, behielten sich
allerdings das „Recht“ vor, sich auch weiterhin ohne Sexualität zu vermehren.
Diese Art der Vermehrung nennen wir heute „vegetativ“, weil sie so erfolgt wie
beim Gemüse (vegetable). Diese vegetative Vermehrung findet sich auch
bei Pilzen und vielen Tieren. Nur Vögel und Säugetiere verzichten ganz
darauf. Sie ist für Genetiker ziemlich uninteressant, weil die Nachkommen
genetisch fast immer mit ihren Eltern übereinstimmen. Solche ziemlich
unveränderlichen Nachkommen müssen aber sterben, wenn ihre Umwelt sich
verändert. Vegetative Vermehrung ist also in der Regel nur ein Trick, um sich
auch in Notfällen (kein Partner zu finden usw.) noch vermehren zu können. Damit
sind wir zurück bei der Neukombination durch Sexualität. Das Mischen der
Erbinformationen führt dazu, dass viele verschiedene Nachkommen existieren.
Einige davon passen nun zufällig in die veränderte Umwelt und können überleben.
Wir erinnern noch einmal an unser Beispiel vom Überleben der Füchse beim Beginn
einer Eiszeit: Was in dieser neuen kalten, weißen Welt gebraucht wird
(überleben kann) sind Füchse mit weißem und dichtem Fell. Durch zufällige
Mutationen finden sich unter 100 tausenden von Füchsen in der Regel einige
wenige, die ein zu dichtes oder zu helles Fell (bzw. zumindest die Gene dafür)
aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Fuchs beide Eigenschaften
(die gewünschte Kombination) in sich vereinigt, ist aber leider äußerst
niedrig. Hier hilft die Natur mittels Sexualität (Kombination!) nach. Unter den
Nachkommen eines „Hellfellweibchens“ und eines „Dichtfellmännchens“ finden sich
meistens einige, die beide Eigenschaften aufweisen. Diese Nachkommen
(Missgeburten?), die unter den vorherigen Bedingungen der Warmzeit
wahrscheinlich ausgestorben wären, sind nun die einzigen die sich erfolgreich
fortpflanzen. Dieses Beispiel zeigt, wie die sexuelle Vermehrung durch
Neukombinationen das Überleben und die Anpassung der Arten an
Umweltveränderungen möglich macht.
Der interessanteste denkbare Nebeneffekt dieser Erscheinungen ist die
Höherentwicklung des Lebens (Anagenese). Tiere, die, wie z.B. Quallen
der Hochsee, ständig in nahezu unveränderlichen Umwelten (Halbparadiesen)
leben, verändern sich kaum. Säugetiere und Menschen konnten nur entstehen, weil
ihre Vorfahren circa 3,7 Milliarden Jahre lang nicht in Paradiesen,
sondern unter harten Selektionsbedingungen, lebten.
Menschen
versuchen gerade, sich Halbparadiese, wie sie die Quallen haben, zu schaffen
(ständig ideale Temperaturen, Nahrungsangebote usw.). Leider glauben sie
irrtümlich, dass sie in diesen Paradiesen langfristig, genau wie die Quallen,
so bleiben, wie sie sind. In Wahrheit aber bleiben sie nicht wie Quallen,
sondern sie werden unter Qualen zu Quallen. Sie verlieren allmählich viele
ursprüngliche Merkmale und Fähigkeiten und entwickeln sich allmählich zu
Quallen zurück. Diese Entwicklung zu Unmenschen treiben sie nicht nur mit ihren
Genen, sondern auch mit ihren Gehirnen. Durch schmusepädagogische
Überverwöhnung, machen sie z.B. ihre Kinder zu Tyrannen oder ewig
unzufriedenen, kalten Warmduschern. Manche Gefängnisse machen sie zu
Erholungsheimen und ihre Parasiten (Abzocker, Spitzenmanager?, globale
Ausbeuter usw.) machen sie nachgiebig vergebend zu Wiederholungstätern. Doch zurück in die
Biologie: Wir müssen noch verstehen, wie die Natur die Mischverfahren optimiert
hat. Betrachten wir zunächst das einfachste (nimm DNA von zwei Lebewesen
[Männchen und Weibchen]) und mache daraus ein neues Individuum (Embryo).
Mehrzellige Organismen bilden zu diesem Zweck Spezialzellen, die Keimzellen
oder Gameten, nämlich Spermien und Eier. Das geschieht in speziellen
Organen (Hoden, Eierstöcken, Fruchtknoten, Staubgefäßen). Der Mischvorgang
heißt Befruchtung. Leider bringt er nicht allzu viele neue
Kombinationsmöglichkeiten. Um diese zu erhöhen erfand das Leben u. a. die Diploidie.
Das bedeutet, dass jedes Gen in jeder Körperzelle zweimal vorliegt. Dies gilt
für Wirbeltiere, viele Pflanzen usw. aber keineswegs für alle Lebewesen.
Bei Menschen und den meisten Tieren jedenfalls ist die Vielfalt schon deshalb
erhöht, weil jedes Individuum von (fast) jedem Gen zwei Ausführungen hat. Diese
beiden Ausführungen heißen Allele. Sie müssen im Einzelfall keineswegs
immer verschieden sein, obwohl es meist mindestens einige Milliarden von
Variationsmöglichkeiten gibt. Das grandiose an der Diploidie ist jedoch, dass
die Natur mit ihrer Hilfe das Mischen auf die Spitze treiben konnte. Während
der Bildung der Keimzellen ließen sich nun die Gene auf eine Weise
durcheinandermischen, die jeden Barmixer vor Neid erblassen lassen würden. Betrachten
wir die Ausgangssituation. Jeder Mensch hat 30000 bis 40000 Gene, jedes
natürlich zweimal. Eines der zwei Exemplare hat er von seinem Vater, das andere
von seiner Mutter. Diese wieder haben diese Mischung aus den Genen ihrer Eltern
äußerst kunterbunt zusammengemischt. Um nun das Mischen noch weiter zu
optimieren, ist bei (fast) jedem Menschen seine gesamte DNA in weitere 23
Teilstücke zerlegt. Diese Stücke sind zeitweise zwecks Schutz und besserer
Transportmöglichkeiten zusammengeschnürt (kondensiert) und mit Eiweißen
(Histonen) verbunden. In dieser Form nennt man sie Chromosomen (= anfärbbare Körper). Während der
Bildung der Keimzellen (Oogenese =Eibildung, Spermatogenese (=Spermienbildung),
Meiose =Reifeteilung) können diese Chromosomen beliebig miteinander kombiniert
werden. Die Meiose ist die besondere Form der Zellteilung, bei der die
Gameten gebildet werden. Bei solchen Teilungen (vgl. Mitose) müssen bekanntlich
die Erbinformationen in alle neuen Zellen transportiert werden. Während dieser
Transporte werden die Chromsomen zufällig neu kombiniert (s. unter Meiose
[Teilungsphasen] in üblichen Lehrbüchern, Filmen und unten).
Aber auch diese Kombinationsmöglichkeiten waren der Natur noch nicht genug. Sie
erfand ein weiteres Verfahren, dass die Biologen „Chiasma“ oder „cross over“
nennen. Das Prinzip: Zu Beginn der Meiose liegen die langgestreckten Vorformen
der gleichartigen Chromosomen (=Chromatiden) parallel nebeneinander.
Gleichartig (Fachausdruck: homolog) bedeutet: Chromosomen mit den gleichen Genen,
aber z. T. verschiedenen Allelen. Diese Chromosomen zerbrechen nun i. d. R. an
sehr vielen Stellen und „wachsen“ „falsch“ wieder zusammen. D. h., zahllose
Bruchstücke des mütterlichen Chromosoms werden mit zahllosen Bruchstücken des
väterlichen (chemisch) verbunden. Durch dieses zusätzliche Mischverfahren hat
die Natur die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten in unvorstellbare Höhen
getrieben.
Auch das
Leben wurde vor allem dadurch in die unvorstellbare (grauenhafte?) Höhe
getrieben, die wir die Menschheit nennen. Grauenhaft wurde die Menschheit vor
allem deshalb, weil sie das freie Kombinieren von Informationspaketen in ihren
Gehirnen auf die Spitze trieb. Dabei entstanden Speerspitzen, spitze
Spitzenmanager und all die bekannten Spitzen von Militär, Politik, Wirtschaft,
Religion usw., die mithilfe einer merkwürdig chaotisch giftigen
Selbststeuerungsbrühe die Menschheit und Tierwelt seit Jahrzehntausenden bei
blühender Krankheit halten.
Mutationen
Damit das Mischen in Natur und Kultur überhaupt Sinn macht, muss ein Mindestmaß
an Verschiedenheit vorliegen. Die Abweichungen von der Norm nennt man bei
Erbinformationen „Mutationen“ (von mutare =verwandeln). Sie können durch
bestimmte Stoffe (=Mutagene), Viren und energiereiche Strahlung hervorgerufen
werden (Genaues s. u.). Die ganze Kunst der Rekombination macht nur dann Sinn,
wenn die Natur gleichzeitig auch dafür sorgt, dass günstige Mutationsraten das
Leben bestimmen. Das ist ihr auch gelungen. Sie setzt gezielt und in Maßen
Schutz- und Reparaturmechanismen ein, um die günstigsten Raten zu erreichen. Zu
viele Mutationen bedeuten Missbildungen und verringerte Fitness, zu wenige
bedeuten mangelnde Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen. Bei alldem hat
die Natur allerdings (wie immer) nur das Ziel des Überlebens im Auge.
Ganz
anders geht der Mensch in seiner Kultur mit Neuerungen (Innovationen,
technische Veränderungen usw.) um. Er hat das Ziel der Selbsterhaltung nicht
immer und das der Lebensqualität (aller) nur selten im Auge. Deshalb setzt er
(wie üblich) oft und gerne chaotische (masochistische?)
(Selbst)erhaltungsprogramme (Konservatismus) und chaotische Innovationsraten
(Erneuerungsbemühungen) ein und gegeneinander (s. französische- und sexuelle
Revolution, Reformation usw.).
Der Mensch verfügt über ca. 6,5 Milliarden Basen in seiner DNA. Davon sind ca.
0,1% verändert. Jeder trägt also ca. 6,5 Millionen Mutationen in fast jeder
Zelle in sich. Zum Glück sind fast alle Mutationen ohne wesentliche Bedeutung.
Generationsdauer
Abschließend fassen wir zusammen und gehen noch auf ein weiteres Mittel zur
Anpassung an Umweltveränderungen ein:
Insgesamt
hat die Natur drei Hauptverfahren für diese Anpassungen entwickelt: hohe
Rekombinationsraten, hohe Mutationsraten und kurze Generationsdauern. Sehr
kurze Generationsdauern sind nur bei einfach gebauten Systemen (vor
allem Viren und Bakterien) möglich. Sehr lange Generationsdauern sind aber für
alle Arten langfristig tödlich. Was sollte auch die schönste Mutation und
Rekombination bringen, wenn innerhalb eines Jahrhunderts entscheidende
(tödliche) Umweltveränderungen stattfänden, die Lebewesen aber Jahrtausende alt
werden? Die (eklig?) kurze Lebensdauer des Menschen (aller Arten) ist also
nicht die Fehlplanung irgendeines Schöpfers, sondern ein Trick der Natur, die
Menschheit (alle Arten) langfristig zu erhalten (anpassen zu können). Dasselbe
gilt natürlich auch für Rekombinationen (Sexualität) und Mutationen.
Molekulare
Genetik
Wir widmen uns nun den molekularen Strukturen und Funktionsprinzipien, da diese
das Fundament bilden, auf dem das Wirken der DNA (Vererbungsgeschehen und
Zellregulation) deutlich wird. (Zur Struktur der Nukleinsäuren s. o.).
Als Einstieg widmen wir uns einer genauen Definition des Genbegriffs.
Als wissenschaftlicher Begriff wurde er zuerst von Gregor Mendel, dem Entdecker
der wichtigsten Vererbungsregeln, gebraucht. Bei Mendel war ein Gen (Erbanlage)
ein unbekannter Faktor, der ein Merkmal oder eine Eigenschaft hervorbrachte.
Später fand man heraus, dass die meisten Gene mehrere Merkmale und/oder
Eigenschaften beeinflussen (Polygenie) und dass ein Gen meistens mehrere
Merkmale und/oder Eigenschaften beeinflusst (Polyphänie). Außerdem erkannte
man das eigentliche Wesen des Gens. Materiell war und ist ein Gen ein Stück DNA
(ein DNA Abschnitt). Gleichzeitig hatte und hat der Begriff aber auch eine
ideelle Bedeutung. Zu Mendels Zeit war ein Gen charakterisiert durch eine
unbekannte abstrakte Schöpfungskraft (Gottes). Heute ist die ideelle Bedeutung
des Genbegriffs auf die Erbinformation, die in einem bestimmten DNA Abschnitt
steckt, reduziert. Ein Gen ist in moderner Sprache ein DNA Abschnitt, der die
Bauanleitung für die Bildung ein Peptids oder Eiweißes oder einer RNA liefert.
Es wird also sowohl das DNA-Material, insbesondere die Basen, als auch die
Reihenfolge dieser Moleküle (=Erbinformation) als Gen bezeichnet.
Grundsätzlich werden also die meisten
Befehle (Bauanleitungen) der DNA durch die Bildung von Eiweißmolekülen
ausgeführt beziehungsweise weitergeleitet. Genauer: Gene veranlassen die Bildung
von Eiweißen und RNAs (Ribonukleinsäuren), die wiederum Strukturen bilden
(Struktureiweiße, Ribosomen usw.) oder gezielt den Abbau oder Aufbau von
Stoffen beschleunigen (Enzyme s. o.) und die (genetische) Aktivität regulieren.
Ein Teil dieser Nukleinsäuren dient dem Bau von Eiweißen, ein Teil aber auch
der (direkten) Regulation anderer Zellaktivitäten, z. B. der Genaktivität.
Wie aber wird nun aus dem Gen (oder aus mehreren Genen) ein (oder mehrere)
Merkmale oder Eigenschaften? Wir wollen hier das Prinzip dieser Vorgänge kurz
exemplarisch beleuchten. Unten folgen die Details.
Vom Gen zum Phän
Phän = äußeres Erscheinungsbild, Phänomen = Erscheinung
Im einfachsten Falle ist das Eiweiß, das nach der Bauanleitung der DNA gebaut
wird, selbst das Merkmal oder bewirkt unmittelbar eine Eigenschaft. Es gibt z.
B. Pflanzen, die ein rotes Eiweiß bauen, welches das Merkmal „rote Blütenfarbe“
bildet.
Im Falle des Melanin ist es dagegen so, dass mehrer Enzyme für den Bau dieses
Hautfarbstoffes sorgen. Dabei bauen sie eine Aminosäure (Tyrosin), die i. d. R.
mit der Nahrung aufgenommen wurde, mittels Beschleunigung chemischer Reaktionen
um.
Nun ein Beispiel zu den Eigenschaften: Es gibt eine Erbkrankheit, die bewirkt,
dass die betroffenen Patienten sich selbst Hände, Füße, Zunge usw. zerbeißen.
Diese Krankheit beruht auf einer winzigen Veränderung innerhalb eines Gens
(=Mutation = Erbänderung [s. u.]) (s. auch unter „Sichelzellenanämie“).
Das Prinzip der Entwicklung eines Lebewesens
Die Entwicklung eines menschlichen Lebewesens beginnt mit der Befruchtung.
Das wichtigste Steuerungsprinzip dieser Entwicklung besteht darin, dass
verschiedene Gene in bestimmter sinnvoller Reihenfolge abgerufen werden, also
die dem jeweiligen Gen entsprechenden Eiweiße gebildet werden.
Wir
betonen an dieser Stelle, dass zeitliche Reihenfolgen genauso das Wesen der
Information ausmachen, wie räumliche. (Zur Wesensgleichheit (Äquivalenz) von
Raum und Zeit siehe unter: www.daswesenderzeit.de).
Die Zahl der betroffenen und beteiligten Dimensionen spielt grundsätzlich keine
entscheidende Rolle.
Dabei
kommt es häufig zu Fehlregulierungen. Wenn, dank defekter Gene, ungünstige
Befehle gegeben werden, die Befehle in ungünstigen Reihenfolgen gegeben werden
oder Störfaktoren (Contergan, Alkohol, Nikotin usw.) wirken, sterben Embryonen
(Kinder) oder es entstehen Individuen mit Behinderungen.
Auch die
Menschheit gibt bei ihrer ethischen und politischen Selbststeuerung zahllose
destruktive Befehle (Gebote, Gesetze, Normen, technische Anweisungen usw.) in
noch zahlloseren destruktiven Reihenfolgen (Werte- und Informationschaos).
Deshalb kann man die Menschheit als Ganzes als ein behindertes Individuum
bezeichnen.
Menschen vermehren sich z. B. oft bevor sie die Voraussetzungen für die
Bereitstellung der notwendigen Nahrungsmittel geschaffen haben.
Sie bauen auch Massenvernichtungswaffen, bevor sie die ethische Reife (z. B.
die Überwindung von Statuswahn, rassistischen Wahnvorstellungen usw.) erreicht
haben, um die Verwendung dieser Waffen und vieler anderer technischer
Entwicklungen sinnvoll kontrollieren zu können (weitere Erläuterungen u. a. im
Kapitel „Ethik“).
Doch zurück zur Entwicklung eines
Lebewesens (Ontogenese)
Auch der Plan für den sukzessiven Abruf von Genen ist Teil der genetischen
Information. Diese (die meisten) Steuerungsprozesse werden aber nicht nur
mittels Proteinen, sondern auch durch die Bildung zahlreicher verschiedener
Nukleinsäuren (meistens RNAs) gelenkt. Etwas vereinfacht kann man sagen: Ein
Gen verursacht die Bildung eines Eiweiß- oder RNA-Moleküls, das wiederum
ein oder mehrere Gene aktiviert, die wieder andere Eiweiße oder RNAs bilden,
die wieder die Aktivierung oder Inaktivierung anderer Gene bewirken. Auf diese
Weise werden z. B. die Embryonalentwicklung, die Pubertät und wahrscheinlich
auch der biologische Tod eingeleitet.
Bei all
diesen Prozessen spielen auch Außenreize und -faktoren, wie z. B. Strahlung,
Gifte, Gravitation, Geräusche, Nahrung usw. (s. u.). eine Rolle. Von vielen
dieser Reizen hat das komplexe vierdimensionale Netzwerk aus Genen, RNA und
Eiweißen bereits Vorabinformationen, die sinnvoll in alle
Selbstorganisationskonzepte eingearbeitet werden können (s. o.).
Die DNA „weiß“ z. B., dass UV-Strahlen die Haut schädigen, aber auch beim Bau
von Vitamin D genutzt werden, können. Deshalb enthält sie Programme zum Bau von
schützendem Melanin (=brauner Hautfarbstoff), zur Reparatur von UV-Schäden und
zur Nutzung der Strahlung für Vitaminsynthesen. Sie sorgt sogar dafür, dass das
Knochenwachstum mittels Produktion von Wachstumshormonen an die Stärke der
Gravitationskräfte angepasst werden kann.
Bei all diesen Regulationen steht sie aber nicht allein da, sondern es liegt
ein hochkomplexes Netzwerk von Innen- und Außenfaktoren vor, dessen
Zusammenwirken Menschen gerade erst zu verstehen beginnen. Wir erinnern an die
Regulation von Enzymaktivitäten (s. o. und unten u. a. unter „allosterische
Effekte) und die Wirkungen aller (insbesondere hormonähnlicher) Umweltgifte (s.
u. „Ökologie“).
Nun könnte man noch fragen, was die Zygote (=befruchtete Eizelle) zu ihrer
ersten genetischen Aktivität veranlasst. Die Ursachen für diese (alle)
Aktivierung liegen in der Eizelle vor der Befruchtung und im Spermium. (Es gab
niemals eine Henne vor oder ohne Ei und umgekehrt.). Für jede genetische
Aktivität gibt es eine Ursachenkette, die ca. 3,8 Milliarden Jahre, also bis an
den Anfang des Lebens, zurückreicht. Dieser Zusammenhang wird deutlich, wenn
man sich bewusst macht, dass alle heutigen befruchteten Eizellen in direkter
Linie von einer (oder wenigen?) Urzelle(n) abstammen, die vor ca. 3,8
Milliarden Jahren entstanden ist. Diese direkte Linie von immer wieder
geteilten Zellen nennt man Keimbahn. Streng genommen reicht die
Ursachenkette sogar mindestens bis zum Urknall zurück. Diese Kette und auch die
Entwicklungssteuerung eines Organismus und einer Zelle bestehen vor allem
darin, dass ein oder mehrere Gene ein oder mehrere andere Gene aktivieren oder
deaktivieren.
Dies ist noch in einer weiteren (oben noch nicht umfassend angesprochenen)
Beziehung kein völlig autonomes umweltunabhängiges Programm. Vielmehr ist es
so, dass dieses Programm, wie alle Gene, von der Umwelt beeinflusst und
verändert wird und auch selbst die Umwelt beeinflusst und verändert (s. o. und
unter „Evolution“). Noch spannender ist die Tatsache, dass auch die
biologischen und kulturellen Programme (Erbinformation, Gefühle,
Verhaltensprogramme, Computersoftware usw.) sich gegenseitig beeinflussen
(Neukombinieren). Seit einigen Jahren ist z.B. bekannt, dass (im Gegensatz zu
früheren Überzeugungen) erworbenen Fähigkeiten manchmal auf Gene Einfluss
nehmen, und auch vererbt werden können. Am spannendsten wird es, wenn man
betrachtet, wie menschliche Gehirne und Gesellschaften gezielt die
Erbinformationen von sich und anderen Lebewesen verändern. Gene haben Menschen
mittels Emotionalität dazu getrieben, Maschinen und Computer zu schaffen und
Menschen verändern mithilfe von Maschinen und Computern diese und sich selbst
einschließlich aller Erbinformationen.
Der Mensch bildet u. a. genetisch mit der
(scheinbaren!) Außenwelt ein vernetztes Gesamtsystem.
Dies
nicht zu erkennen, sondern den Menschen als isolierten Beobachter und Gestalter
der Welt zu betrachten, gehört ebenfalls zu den größten Fehlern der Menschheit.
Um die Menschheit sinnvoll zu steuern, muss man jedoch u. a. physikalische,
genetische, ökologische, wirtschaftliche, politische und philosophische
Vernetzungen berücksichtigen. Zum Teil katastrophale Fehler, welche durch entsprechende
Nichtberücksichtigungen entstehen, werden in allen Kapiteln angesprochen.
Das Programm
bewirkt zum Beispiel weitgehend umweltunabhängig, dass zunächst die Gene, die
die Embryonalentwicklung einleiten und steuern aktiviert und später weitgehend
deaktiviert werden. Wenn die Umwelt es erfordert (Selektion [Konkurrenz,
Temperaturschwankungen usw.]), können diese Programme geändert werden.
Es gibt zum Beispiel Amphibien, die ausschließlich im Wasser unterirdischer
Grotten leben, so dass eine normale Entwicklung zum sehfähigen und
lungenatmenden erwachsenen Landtier keinen Sinn mehr macht. Außerhalb des
Wassers findet sich in den Grotten kaum Nahrung. Diese Tiere (Axolotl) haben
die meisten Gene, die sie für die Entwicklung zum erwachsenen Tiere benötigen,
abgeschaltet oder aufgelöst und werden als Larven geschlechtsreif (Neotenie [s.
o.]). Sie entwickeln z. B. keine Beine oder Augen.
Ein anderes Beispiel für das Zusammenwirken von Umwelt und Erbinformation
(das wir oben schon kurz angesprochen haben) ist die Bildung des braunen
Hautfarbstoffs Melanin. Die entsprechenden Gene werden nur aktiv, wenn die Haut
ultravioletter Strahlung ausgesetzt wird. Hier verrät die DNA sogar Kenntnisse
über mögliche Veränderungen der menschlichen Umwelt und über die Notwendigkeit
(Fähigkeit) zu sparen. In gemäßigten Zonen werden (u. a. abhängig von
Jahreszeiten und Sonnenstudiobesuchen) –viel stärker als in Äquatornähe- Gene
für die Bildung des Melanins abwechselnd aktiviert und inaktiviert.
Die Steuerung der Lebensprozesse wird von den Eiweißen z. T. auch halbautonom
vorgenommen. Die bekanntesten dieser Steuerungen sind Regelungen durch Hormone.
Eiweiße können Gene an- und abschalten. Sie können aber auch Enzyme aktivieren
und deaktivieren. Sowohl Gene, als auch Enzyme werden aber häufig auch durch
andere Stoffe aktiviert oder deaktiviert. Besonders typisch sind zwei
Regulationsmechanismen.
Wenn ein Stoff (meistens ein Ausgangsprodukt) in hoher Konzentration vorliegt,
werden die Enzyme, die ihn abbauen, aktiviert beziehungsweise verstärkt
gebildet. Dieser Mechanismus heißt Substratinduktion. Solch ein
Ausgangsprodukt kann ein Nährstoff (z. B. ein Zucker) sein.
Wenn ein Stoff (meistens ein Endprodukt) in hoher Konzentration vorliegt,
werden die Enzyme, die ihn bilden, durch ihn inaktiviert, bzw. deren
Bildungsrate verringert. Man spricht von Endproduktrepression.
Zu diesen Regulationen (speziell die, die sich auf die Aktivierung von Genen
beziehen) haben Biologen ein Erklärungsmodell entwickelt, das Operon-Modell.
Man sollte es mit Abbildungen in Büchern, Internet usw. genauer studieren.
Manche Enzyme verfügen über einen direkten Regulationsmechanismus. Sie haben
neben dem aktiven Zentrum noch einen zweiten Kontaktbereich, der allosterisches
Zentrum genannt wird. In dieses Zentrum passen bestimmte Stoffe so, wie
Substrate in das aktive Zentrum. Diese Stoffe verändern die Enzymaktivität,
wenn sie das allosterische Zentrum besetzen. Das Endprodukt einer
Stoffwechselkette kann sich z. B. an das allosterische Zentrum eines Enzyms,
das an der Herstellung dieses Endprodukts arbeitet, anlagern und dadurch die
Bildung dieses Endprodukts verlangsamen (negative Rückkopplung).
Dies ist ein Beispiel für einen Regulationsmechanismus für
Stoffwechselaktivitäten, bei dem Enzyme ihre eigenen Aktivitäten teilweise
autonom steuern.
Auch zu diesem Vorgang finden sich
Parallelen in der übrigen Natur und in der Kultur: Ein Beispiel aus Natur und
Kultur ist die oben schon besprochene intraspezifische Selektion (s.
auch unter „Evolution“). Diese Auslese innerhalb einer Art, findet z. B. statt,
wenn die Individuen große, starke, schöne, wohlriechende usw.
Fortpflanzungspartner eindeutig bevorzugen. Wenn so das äußere Erscheinungsbild
der Individuen einer Art gleichgehalten wird (stabilisierende Selektion),
liegt eine Regelung (negative Rückkopplung) vor. Dies entspricht der
Konstanthaltung irgendwelcher Stoffkonzentrationen in Zellen, oder der
Wohnzimmertemperatur, oder von Bevölkerungsdichten, oder von Bauteilen eines
Autos in der Fabrik. Kulturell betrachtet entspricht es dem Prinzip der
Konservation.
In der
menschlichen Kultur wimmelt es von Beispielen menschlicher und unmenschlicher
Rückkopplungen (Selbststeuerungen). Eines (für Liebhaber des Horrors) ist die
Globalisierung. Hier
steuern die fettesten Bonzen (spitzesten Manager) und Feinde der Anarchie mit
Hilfe einer interkontinentalen Anarchie die Renaissance (=Wiedergeburt) der
Ausbeutung des vierten Standes. Die wichtigsten Größen, die hier konstant
gehalten werden müssen, sind die niedrigen Löhne der Arbeiter, die hohen
Arbeitsleistungen von Kindern und der niedrige Informationsfluss über diese
kindliche „Freizeitgestaltung“.
Die zentrale und übergeordnete Steuerung
der zellulären Stoffwechselregulationen geht natürlich von der DNA aus.
Schon diese
kurze Übersicht über die wichtigsten Regulationsmechanismen zeigt die
Komplexität der Steuerung eines Lebewesens. Sie ist wahrscheinlich ähnlich
komplex, wie die Steuerung der menschlichen Gesellschaft. Kein Arzt, kein
Biochemiker und kein Direktor eines Chemieunternehmens hat die Komplexität des
biochemischen Geschehens in einem Lebewesen auch nur annähernd verstanden.
Bekannt sind nur die wichtigsten Grundzüge und ein Teil der Details, aber nur
ein kleiner Teil der Abhängigkeiten zwischen allen Details. Auch die besten
Computer wären völlig überfordert, wenn sie das Zusammenwirken von über 30.000
Genen, mindestens 50.000 Genprodukten und Hunderttausenden von aus der Umwelt
aufgenommenen Stoffen berechnen müssten. Viele Schadstoffe, Gifte, Medikamente usw.
verändern die Aktivität von Genen und Enzymen. Diese Veränderungen können
wieder unübersehbare weitere Veränderungen nach sich ziehen.
Es ist also z. Zt. grundsätzlich unmöglich, die völlige Unschädlichkeit
irgendwelcher synthetischer Chemikalien zu beweisen. Beweisen kann man nur,
dass in der Gegenwart an bestimmten Orten keine wesentlichen messbaren Effekte
auftreten. Wir können uns jedoch ganz sicher sein, dass viele, wahrscheinlich
die meisten, Effekte z. Zt. nicht messbar sind.
Die genetische Verschiedenheit der Lebewesen bewirkt außerdem, dass viele
Schadstoffe nur bei einem Teil der Lebewesen, auch der gleichen Art, als Gifte
wirken. Dies gilt zum Beispiel für das Wirken einiger Holzschutzmittel auf den
Menschen.
Alle (üblichen!) beschönigenden Aussagen über die Gefährlichkeit von
Chemikalien werden dadurch nochmals zusätzlich fragwürdig, dass sie sich immer
nur auf die Gegenwart, nicht aber auf die Zukunft beziehen können. Ein in der
Gegenwart harmloser Stoff kann z. B. in der Zukunft durch die Kombination mit
einem Stoff, der erst Jahre später zum ersten Mal synthetisiert wird, zu einem
Gift werden. Tückischer Weise tritt dann die Giftwirkung nur an Orten auf, an
denen beide (oder noch mehr) Stoffe gemeinsam auftreten. Auch in der Gegenwart
ist es nie so, dass bei der Überprüfung der Gefährlichkeit eines Stoffes alle
möglichen Umfelder, das sind vor allem andere Stoffe und Strahlungen,
berücksichtigt werden. Auch die Verschiedenheit der Menschen und anderer
Lebewesen wird fast immer zu wenig berücksichtigt.
Eiweißsynthese
Proteinbiosynthese Translation
Protein
= Eiweiß Translation = Übersetzung
Als Nächstes wollen wir uns etwas genauer ansehen, wie Eiweißmoleküle nach der
Bauanleitung der DNA gebildet werden. Zunächst erinnern wir noch einmal an das
Prinzip.
Eiweiße bestehen aus Bauelementen (Molekülen), den Aminosäuren,
die in einer bestimmten Reihenfolge chemisch verknüpft werden müssen. Die
Reihenfolge der 20 verschiedenen Aminosäuren (Zeichen) stellt eine Kopie der
genetischen Information (=Reihenfolge von Basen oder Tripletts) dar und bedingt
die Funktionsfähigkeit des Enzyms. Die informatorische und architektonische
Leistung der DNA besteht also darin, dafür zu sorgen, dass die Aminosäuren der
Eiweiße in der für das langfristige Überleben günstigsten Reihenfolge verknüpft
werden. Dazu verwendet die DNA eine simple Strategie. Sie sorgt dafür, dass die
Reihenfolge ihrer eigenen Bausteine bei der Eiweißbildung kopiert (besser:
übersetzt) wird. Der Bau der Eiweiße kann also als Übersetzungsvorgang oder
Codierung aufgefasst werden. Das Wesen der Sprache der DNA, also der
genetischen Information, liegt bekanntlich in der Reihenfolge ihrer
Bausteinmoleküle, den Nukleotiden (Definition s. o.) bzw. Basen. Die beste
Reihenfolge ist die, die den Organismen die höchste biologische Fitness
(Lebensdauer und Lebensqualität?!!) verleiht. Das gilt natürlich auch für
Informationen und Funktionen in Gehirnen.
Was
Lebensqualität ist und wie man sie erreicht, könnte übrigens die wichtigste
grundsätzliche Frage sein, die Menschen sich stellen können und sollten. Das
gilt besonders deshalb, weil sie sich relativ wenig damit beschäftigen und in allen
Kulturen eine Menge antihedonischer und sich widersprechender Vorschläge
verbreiten, aufzwingen und verwirklichen.
An dieser Stelle wollen wir klären, was die Strukturen und Informationen von
und in Eiweißen bzw. Nukleinsäuren mit Fitness und Lebensqualität zu tun haben.
Wodurch kann die Reihenfolge von Aminosäuren in einem Eiweiß für Leben und Lebensqualität
entscheidend werden? Dazu sollte der Leser sich zunächst noch einmal über den
Bau von Eiweißen (Strukturtypen, aktives Zentrum usw.) informieren. Der
wichtigste Gedanke in diesem Zusammenhang besteht darin, dass die
Primärstruktur (Reihenfolge der Aminosäuren) alle anderen Strukturen bestimmt.
Dass ein fehlerhaft gebautes Strukturprotein (z. B. ein Muskeleiweiß) zu
fehlerhaften Makrostrukturen und Fehlfunktionen (Muskelschwund, Muskelschwäche
usw.) führen kann, ist offensichtlich.
Bei Enzymen ist das Geschehen etwas komplizierter. Bei ihnen stehen die
Funktionen im Vordergrund. Dafür aber sind wieder Strukturen
entscheidend. Es ist vor allem das aktive Zentrum, das über das Funktionieren
entscheidet. Hier muss die Form genau zum Substrat passen und an den richtigen
Stellen müssen geladene Seitengruppen liegen. Diese können bestimmte Bindungen,
also (elektrisch negativ geladene!) Elektronen, so verschieben, dass chemische
Reaktionen leichter möglich werden. All diese Strukturen entstehen nur dann
optimal, wenn die Reihenfolge von Basen (=Erbinformation) und Aminosäuren (®Enzymstrukturen) stimmen.
Wir
wollen an dieser Stelle nochmals betonen, dass die menschliche Unterscheidung
zwischen Funktion und Struktur mehr oder weniger künstlich und anthropomorph
ist. Das Wesen aller Funktionen (Prozesse) liegt im Gleiten über
vierdimensionale Strukturen (s. „Das Wesen der Zeit“, Einstein, H. Weyl usw.).
In der DNA finden sich vier verschiedene Basen. Sie heißen Adenin, Thymin,
Cytosin und Guanin und werden mit A, T, C und G abgekürzt. Den 20 verschiedenen
Zeichen der Eiweiß“sprache“ stehen also nur vier Zeichen der genetischen
Sprache gegenüber. Unter diesen Bedingungen ist eine Übersetzung unmöglich.
Dieses Problem hat die „DNA gelöst“, indem sie ihre vier Zeichen zu Gruppen
zusammengefasst hat, die dann ihrerseits zu (mehr) neuen Zeichen wurden. Wenn
sie Zweiergruppen, wie z. B. „AT“ gewählt hätte, hätte sie 42 also
16 verschiedene Zeichen zur Verfügung gehabt. (Die Zahl [2] der Elemente einer
Gruppe erscheint hier als Hochzahl [=Exponent]). Es sind die Zeichen AA, AT,
AC, AG, TA, TT, TC, TG, CA, CT, CG, CC, GG, GT, GA, GC. Auch das sind zu wenig
für 20 Aminosäuren. Deshalb „wählte" die DNA Dreiergruppen als Zeichen.
Diese Dreiergruppen heißen allgemein Tripletts. Es gibt also 43
= 64 verschiedene Tripletts.
Damit haben wir die biochemischen und informationstheoretischen Grundlagen
gelegt, um den Prozess der Eiweißsynthese (Proteinbiosynthese) zu verstehen und
machen uns zur Erleichterung des Verständnisses nun kurz mit den räumlichen
Bedingungen vertraut.
Die Proteinbiosynthese
Die Proteinbiosynthese findet am endoplasmatischen Retikulum in fast jeder
einzelnen Zelle statt (endoplasmatisches Retikulum = ER = im Cytoplasma
gelegenes Netzwerk). Das endoplasmatische Retikulum ist
ein aus Membran gebildetes Netzwerk aus Röhren und Platten (endo = innen,
Retikulum = Netzwerk). Wenn es mit Ribosomen besetzt ist, nennt man es raues
endoplasmatisches Retikulum. Die Ribosomen sind kleine Körperchen, an
denen die Proteinbiosynthese stattfindet (soma = Körper). Die DNA befindet sich
im Zellkern. Das ist, aus der Sicht der beteiligten Moleküle, vom
endoplasmatischen Retikulum relativ weit entfernt.
Um diese Entfernung zu überbrücken, bildet und benutzt die Zelle ein
Botenmolekül namens Boten- oder messenger-RNA. Diese m-RNA bringt die
Botschaft „Reihenfolge von Tripletts“ in kleinen, gut transportierbaren fädigen
Portionen durch die Kernporen zum endoplasmatischen Retikulum. Diese Botschaft
(Bauplan für ein Eiweiß) wird vorher (im Kern) durch ein nicht ganz genaues
Kopieren von der DNA auf die m-RNA übertragen. Dabei bezieht sich die
Ungenauigkeit nicht auf die ideelle (Erb)information, sondern auf die
Bausteinmoleküle, also auf materielle Strukturen. Diese sind bei DNA und RNA
teilweise unterschiedlich. Die m-RNA unterscheidet sich von der DNA vor allem
durch zwei Dinge. Zum Ersten wird in RNA die Base Uracil statt, wie in DNA,
Thymin eingebaut. Zum Zweiten wird statt des Zuckers „Deoxyribose“ der Zucker
„Ribose“ verwendet. Wegen dieser Unterschiede spricht man bei der Bildung von
RNAs nicht von Kopieren oder Duplizieren, sondern von Transkription
(Überschreibung).
Im einfachsten Falle ist eine m-RNA ziemlich genau die Abschrift eines Gens,
also auch genau die Vorlage für die Bildung eines Eiweißes oder Polypeptids.
Bei der Transkription, werden Nukleotide der m-RNA entsprechend der Reihenfolge
der DNA-Nukleotide mit Hilfe von Enzymen zusammengebaut. Dabei sind die
Nukleotide beider Nukleinsäuren, wie die Perlen einer Perlenkette auf einem
Faden, auf einem so genannten Nukleinsäurestrang aufgereiht. Sie sind in
Längsrichtung durch chemische Bindungen miteinander verknüpft. Die Nukleotide
bringen sich gewissermaßen selbst in die richtige Reihenfolge, indem immer nur
ganz bestimmte Basen (die informatorisch wichtigsten Bestandteile der
Nukleotide) durch Wasserstoffbrückenbindungen miteinander paaren. Bei der
Transkription liegen sich ein m-RNA-Einzelstrang und ein DNA-Einzelstrang
gegenüber. Dies entspricht den beiden Strängen eines Reißverschlusses. Ein
Einzelhaken des Reißverschlusses kann mit einem Nukleotid verglichen werden.
Diese und viele andere Prozesse werden nur restlos verständlich, wenn man sie
auch an Abbildungen und filmischen Darstellungen in Schulbüchern, im Internet
usw. studiert.
Die m-RNA wandert durch Poren in der Doppelmembran des Zellkerns (=Kernhülle)
zu den Ribosomen am endoplasmatischen Retikulum im Cytoplasma. Sie trägt in
sich die Informationen für den Bau eines Eiweißes in Form der Reihenfolge ihrer
Tripletts, die aufgrund der Reihenfolge von DNA Bausteinen festgelegt wurde.
Die DNA hat diese Reihenfolge durch milliardenjährige Lernerfahrungen
(Evolution, Selektion) entwickelt und mit Hilfe von Mutation und Rekombination
immer wieder verbessert (Erklärungen oben unter „Evolution“). Entsprechend
dieser Reihenfolge müssen nun Aminosäuren miteinander verknüpft werden. Diese
Verknüpfungen nehmen Enzyme auf der Oberfläche von Ribosomen
(Eiweißbaumaschinen) vor. Um die jeweils richtige Aminosäure, wie die Waggons
eines Zuges, an die jeweils richtige Stelle zu transportieren, bedarf es noch
eines weiteren Hilfsmoleküls, der transfer-RNA abgekürzt t-RNA (transferre
= übertragen). Von diesen „Rangierlokomotiven“ der Zelle gibt es, wie von
Aminosäuren, mindestens 20 verschiedene. Jede t-RNA passt genau zu nur einer
Aminosäure. Jede t-RNA wird von einem von mindestens 20 verschiedenen Enzymen
mit seiner zugehörigen Aminosäure verbunden. In jeder normalen Zelle finden
sich unzählbar viele solcher Komplexe, die zum Zwecke der Eiweißsynthese zu den
Ribosomen wandern können.
Die
Aminosäuren stammen i. d. R. aus der Nahrung, die t-RNAs werden genau wie
M-RNAs nach DNA-Bauanleitungen gebaut. Ihr Baumaterial stammt ebenfalls zum
Teil direkt aus der Nahrung. Z. T. werden aber sowohl viele Aminosäuren als
auch alle Nukleotide auch mittels Enzymen aus einfachen Molekülen von der Zelle
selbst aufgebaut.
Jede t-RNA hat eine Erkennungsregion, die genau zu einem Triplett der m-RNA am
Ribosom passt. Diese Erkennungsregion ist ebenfalls ein Triplett. Die
Erkennungstripletts der t-RNA heißen Anticodons, weil sie wie ein
Spiegelbild zum Codon (=mRNA-Triplett) passen. Die Paarung zweier verschiedener
Tripletts miteinander beruht auf der Paarung jeder der drei Basen eines Tripletts
mit je einer Base des anderen Tripletts. Adenin paart durch
Wasserstoffbrückenbindungen mit Thymin (Uracil), Cytosin entsprechend mit
Guanin. Diese Paarungen stabilisieren auch die Doppelhelixstruktur der DNA.
Ein Triplett der RNA heißt Codon. Ein Triplett der DNA heißt Codogen,
weil es ein Codon hervorbringen hilft (zur Erinnerung: genein [griechisch, e
und i werden getrennt gesprochen] heißt hervorbringen). Gene sind also
Hervorbringer oder Schöpfer. Zu jedem der zwanzig verschiedenen Codogene passt
ein Codon, zu jedem Codon passt ein Anticodon. Die Codogene der DNA paaren bei
der Synthese der m-RNA genauso mit den Codons der m-RNA, wie Codons mit den
Anticodons bei der Eiweißsynthese.
Codon und Anticodons paaren kurzzeitig miteinander. So wird einem bestimmten
Codon ein bestimmtes Anticodon und damit natürlich auch eine bestimmte
Aminosäure zugeordnet. Die m-RNA steht stets mit zwei nebeneinander liegenden
Codons in lockerem Kontakt mit einem Ribosom. An jedem dieser Codons paart
stets gleichzeitig je eine t-RNA (ihr Anticodon) mit ihrer zugehörigen
Aminosäure. So kommen zwei Aminosäuren entsprechend der von der m-RNA
vorgegebenen Reihenfolge nebeneinander zu liegen. Während dies geschieht,
werden die beiden Aminosäuren, mit Hilfe von Enzymen auf den Ribosomen,
chemisch miteinander verbunden (Peptidbindung). Sobald dies geschehen ist
wandert die bisher letzte t-RNA von ihrer Bindungsstelle am Ribosom zur
Bindungsstelle der bisher vorletzten. An der nun freien
(Aminoacyl-tRNA-)Bindungsstelle lagert sich eine neue tRNA (mit Aminosäure) an.
Die neue ist eine t-RNA, deren Anticodon zum nächsten Codon passt. Auch die
neue mitgebrachte Aminosäure wird mit den schon miteinander verbundenen
Aminosäuren (Peptid) verknüpft, nämlich mit der letzten. So wird eine Aminosäure
nach der anderen entsprechend der
Reihenfolge
der Codons herangeführt und mit den schon zusammengebauten verknüpft, bis das
benötigte Peptid gebildet ist.
Die
Begriffe Peptid und Eiweiß sind weitgehend synonym. Ein Peptid aus zwei
Aminosäuren heißt „Dipeptid, aus drei Aminosäuren „Tripeptid“ usw., aus
mehreren „Oligopeptid, aus vielen „Polypeptid“ oder „Eiweiß“.
Die
fertigen Eiweiße können nun und nur, wenn ihre Aminosäuren die korrekte
Reihenfolge aufweisen, ihre Aufgaben in Zellen oder Organismen erfüllen.
Bestimmte Struktureiweiße bilden zum Beispiel fädige Moleküle, die in
Muskelzellen und Muskelfasern der Bewegung dienen.
Enzyme beschleunigen chemische Reaktionen.
Um dies zu veranschaulichen, werden gerne die Bildungen von Farbstoffen als Beispiele
herangezogen. Wir erinnern: Blütenfarbstoffe oder Melanin, der braune
Hautfarbstoff des Menschen und vieler Tiere, werden mit Hilfe von Enzymen aus
Biomolekülen (=Vorstufen) hergestellt. Für die Herstellung des Melanins zum
Beispiel dient eine Aminosäure namens Tyrosin, die u. a. im Nahrungseiweiß
vorkommt, als Ausgangsprodukt.
Enzyme sind aber auch an allen z. T. weniger deutlich erkennbaren
Leistungen, wie Denken, Fühlen, Bewegung usw. von Zellen und Organismen
entscheidend beteiligt. Neurotransmitter wie Adrenalin, Dopamin, Oxytocin,
Serotonin usw., die Unruhe, Verliebtheit, Treue usw. (mit)verursachen oder
beeinflussen, werden mit Hilfe von Enzymen hergestellt. Auf diesem Wege werden
z. B. viele angeborene Anlagen für Verhaltensweisen aktiv.
Ein Organismus (bzw. seine Erbinformation) ohne (nennenswerte) Erbfehler, also
mit ausschließlich funktionsfähigen Eiweißen, wird in der Biologie als Wildtyp
bezeichnet. Die Bezeichnung Wildtyp rührt daher, dass die ursprüngliche
arterhaltende Erbinformation bei Wildtieren deutlich häufiger auftritt als bei
Haustieren und Menschen (s. u.).
Wie kommt es nun, dass bei Strukturen und Funktionen von Eiweißen Fehler
auftreten können?
Die meisten grundsätzlichen Fehlertypen und Ursachen sind: Vergiftungen,
Strahlungen, Mutationen, Temperaturschwankungen usw.
Die meisten Fehlertypen bewirken, dass Enzyme nicht korrekt arbeiten. Das
können natürlich auch die verschiedenen Nukleinsäurepolymerasen sein. Besonders
interessant wird es, wenn die Enzyme, die t-RNAs und die zugehörigen
Aminosäuren verknüpfen fehlerhaft arbeiten. Diese Zuordnung ist genauso
wichtig, wie der gesamte genetische Code. Deshalb spricht man bei dieser
Zuordnung zwischen den 20 Aminosäuren und den 20 tRNAs auch vom 2. Genetischen
Code. Fast alle Fehler, die Enzyme, Nukleinsäuren usw. im Körper machen,
vermindern die Leistungsfähigkeit des betroffenen Organismus, wirken sich aber
meistens nicht unmittelbar tödlich aus.
Viele
Menschen wünschen sich Fehler dieses Typs sogar, weil unökonomisches Arbeiten in
ihrem Innern sie u. a. zu schlechten Kostverwertern, also schlank, macht. Es
ist in der menschlichen Überflussgesellschaft interessanterweise nicht
unüblich, diese (alle) schlechten Kostverwerter als normal, gesund und
beneidenswert zu bezeichnen. Gute, also genetisch ursprüngliche, Kostverwerter,
werden, zumindest wenn sie übergewichtig sind, gerne als bedauernswerte, vom
Schicksal hart getroffene Geschöpfe bezeichnet. Dies ist eine der
interessantesten Methoden, um von Bewegungsfeindlichkeit, Erziehungsfehlern,
Selbstschädigung durch Übergewicht und mangelnder Selbstdisziplin abzulenken.
Ein Teil der Fälle von menschlichem Übergewicht geht allerdings wirklich z. T.
auf genetische (zum größten Teil auch auf erworbene) Fehler zurück, für die man
die einzelnen Übergewichtigen nicht verantwortlich machen kann, und welche
diese auch nur schwer beeinflussen (kontrollieren) können.
Unabhängig von Schuld und Sühne kostet das Übergewicht in den reichen
(kulitivierten?) Nationen Millionen Menschen Leben und/oder Lebensqualität,
während die armen überhaupt nicht an (Über)gewicht leiden. Hier stieß man auf
eine himmelschreiende Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Das ließ sich mit den
Idealen „Gleichheit und Gerechtigkeit“ der kultivierten Herrschaften nicht
vereinbaren. Gleichgültig, ob sie sich schuldig fühlen oder nicht, beteiligen
sich doch die meisten an weltweiten „Wiedergutmachungs“- und
„Ausgleichs“maßnahmen bei der globalen gerechten Verteilung der Sterbe- und
Fettanteile. In solchen Fällen gehen bekanntlich selbst die fettesten großen
Massen mit den schlanksten Minderheiten durch dick und dünn:
Um wenigstens global ein „gesundes“ (un)menschliches Durchschnittsgewicht und
gleiche Sterberaten zu erreichen, ließ und lässt man rund um den Äquator mit
Vorliebe magersüchtig wirkende Kinder höchst allmählich in Sand beißen (Gras
ist meist keins da). Würde man dabei nur Kinder, die schlechte Kostverwerter
sind, berücksichtigen, käme man auf ziemlich niedrige Quoten. Diese „faulen
Bengel“ des unkultivierten Südens haben ihre Erbinformationen noch nicht so
erfolgreich hingerichtet, wie die fleißig fressenden frikadellophilen
fast-food-Fettsäcke des kultivierten Festens. Da aber Quoten und
Brüderlichkeit ebenfalls zu den heiligen Idealen der industriellen Ethik
gehören, entschloss man sich auch jedes Jahr einige Millionen unterentwickelte
„Blagen“ des Südens ohne Kostverwertungsdefekte solidarisch, brüderlich
mitverrecken zu lassen. Diesen hässlichen Vorgang schaut man sich zwar nicht
an, zählt aber jedes Jahr zu Weihnachten nach, ob man die Quote erfüllt hat. Da
man das Runde so liebt, hat man sich seit Jahrzehnten auf eine runde Zahl,
nämlich 10 Millionen, eingeschossen.
Mutationen
Besonders schwerwiegend können Fehler sein, welche die DNA betreffen
(Mutationen, genetische Veränderungen). Diese Fehler werden in der Regel an
jedes gebildete Eiweiß weitergegeben und können in Keimzellen (Spermien, Eiern)
auch vererbt werden.
Definition
Wenn mindestens eine Base (Zeichen) der DNA verändert ist, spricht man von
einer Mutation. Es kann z. B. eine Base fehlen, oder durch eine andere ersetzt
sein.
Je nach Größe der betroffenen Bereiche unterscheidet man verschiedene
Mutationstypen.
Wenn nur ein einzelnes Gen betroffen ist, spricht man von Genmutationen.
Wenn eine oder wenige Basen ausgetauscht sind, spricht man von Punktmutationen.
Besonders interesaa te Punktmutationen sind die Rastermutationen. Dieser
Mutationstyp liegt vor, wenn eine oder einige Basen (nicht aber 3, 6, 9 usw.) fehlen
oder zuviel sind. Rastermutationen wirken sich in der Regel viel
schwerwiegender aus als die anderen Punktmutationen, weil meistens das gesamte
folgende Leseraster verändert ist. Dann werden nach der Mutationsstelle beim
Codieren aller RNAs überwiegend falsche Nukleotide eingebaut. In der Folge
werden fast immer funktionsunfähige Eiweiße gebaut, da auch die Reihenfolge
ihrer Bausteine (Aminosäuren) völlig falsch ist.
Wenn die Struktur eines Chromosoms betroffen ist, spricht man von Chromosomenmutationen
Wenn ganze Chromosomen oder sogar die Gesamtheit der Chromosomen (Genom,
Chromosomensatz) betroffen sind, von Genommutationen.
Ursachen
Mutationen
entstehen durch Strahlung oder bestimmte Stoffe.
1. Strahlung
Alle elektromagnetischen Wellen, die energiereicher sind als Licht, können
DNA verändern. Diese Strahlungen sind z. B.: UV-, Röntgen-, radioaktive- und
Höhenstrahlung.
Stoffe, Chemikalien, Gifte
Die Stoffe, die DNA chemisch verändern können, heißen Mutagene oder
Cancerogene (=krebserregende Substanzen). Krebs beruht i. d. R. auf
mindestens 4 Mutationen. In den meisten Fällen verändern Mutagene rein zufällig
irgendwelche Gene. Deshalb ist die übliche Gleichsetzung von Cancerogen und
Mutagen eigentlich etwas unglücklich. Die meisten Mutationen zeigen geringe,
keine oder tödliche Folgen. Sonnenbrand z. B. führt in den meisten betroffenen
Zellen zu deren Tod, in seltenen Ausnahmefällen zu unkontrollierten Teilungen,
die der Beginn eine Krebsbildung sein können.
Mutationen wirken sich immer dann unmittelbar tödlich aus, wenn lebenswichtige
Eiweiße oder RNAs nicht mehr, oder nur noch unzureichend, funktionieren.
Enzyme können verringerte Aktivität aufweisen, weil ihre Zahl zu gering ist,
oder weil ihre Struktur so verändert worden ist, dass sie langsamer arbeiten,
oder weil sie chemische Reaktionen beschleunigen, für die sie gar nicht
„gedacht“ waren. Lebenswichtige Enzyme sind z. B. solche, die bei der (inneren)
Atmung entscheidend beteiligt sind. Die von solchen Mutationen betroffenen
Embryonen sterben fast immer sehr früh und werden bei Menschen (und
Säugetieren) meistens während einer Regelblutung unbemerkt ausgestoßen (Abort).
Wenn nicht lebenswichtige Eiweiße betroffen sind oder nur die Enzymaktivität
(nicht zu stark) verändert worden ist, können die betroffenen Organismen mehr
oder weniger langfristig überleben. Dabei ist ihre Leistungsfähigkeit und
Lebensqualität meistens vermindert.
Manche (sehr seltene) Mutationen schaffen die Möglichkeit, in veränderten
Umwelten zu überleben und (oder) erhöhen die Leistungsfähigkeit (biologische
Fitness) der betroffenen Lebewesen (=Mutanten) auch in der gewohnten
Umwelt. Auf ihnen beruht die Höherentwicklung (Anagenese) des Lebens.
Die meisten Mutationen verändern die Wahrnehmungsfähigkeit, Kraft, Intelligenz,
Emotionalität usw. negativ. Die Selektion durch Raubfeinde, Nahrungsmangel,
Klimafaktoren usw. bewirkt, dass derartige Mutationen bei wildlebenden
Organismen selten bleiben. Da der Mensch diese Selektionsfaktoren für sich und
seine Nutz- und Haustiere teilweise ausgeschaltet hat (Domestikation und
Selbstdomestikation), sind genetische Defekte bei Haustier und Mensch im
Durchschnitt deutlich häufiger als bei Wildtieren und -pflanzen. Menschen, die
schlecht sehen, emotional gestört sind, angeborene Intelligenzmängel aufweisen
usw. überleben in modernen Kulturen und pflanzen sich fort, weil technische und
humanitäre Hilfe (Brille, Psychotherapie, Zusatzausbildungen usw.) ihren Tod
durch Raubfeinde, Mitmenschen, Selbstmord, Umweltbelastungen usw. verhindern. Die
weitgehende Beseitigung vieler ungünstiger Umweltbedingungen, also des
Selektionsdrucks, durch den Menschen wird, wenn sie wie bisher beibehalten
wird, zum Aussterben der Menschheit führen.
Diese
Aussage gefällt den meisten Menschen nicht, da sie religiösen Forderungen zu
widersprechen scheint und an perverse Euthanasiemethoden im Dritten Reich
erinnert. Es handelt sich dennoch bei dieser Aussage um eine wissenschaftliche
(thermodynamische) Tatsache, nicht um etwas ideologisch Diskutierbares.
Eine sinnvolle kritische Bewertung der miesen Euthanasiemethoden Hitlers kann
nichts an der Tatsache ändern, dass die Menschheit ihre ursprünglichen
Erbinformationen allmählich vernichtet. Hitlers Wirken selbst ist
möglicherweise ein Beispiel für die Folgen (scheinbar?) leichter genetischer
Defekte.
Spleißen
= splicen (engl.
verkleben, verbinden)
Abschließend kommen wir noch auf ein wichtiges Spezialverfahren bei der
Proteinbiosynthese zu sprechen: In (den meisten?) Tieren, Pilzen und Pflanzen
(Eukaryonten =“Echtkernler“ von griechisch eu = echt, wirklich und karyon =
Kern) werden die m-RNAs, die zum Proteinbau verwendet werden, nicht an einem
Stück an der DNA synthetisiert. Stattdessen wird meistens ein viel längeres
Stück mRNA (die so genannte Prä-mRNA) gebildet. Diese kann aus 1 bis ca. 100
Einzelstücken bestehen, von denen einige wirklich zum Codieren (Translation)
verwendet werden, andere aber nicht. Die Teile, die zum Bau des Eiweißes
verwendet werden, heißen Exons, die Umgebungsmaterialen heißen Introns.
Die Prä-mRNA wird in ihre Einzelstücke zerlegt und bestimmte Einzelstücke
(nicht immer die gleichen) werden danach wieder zu der codierenden
(=eiweißbauenden) mRNA zusammengesetzt (=Splicen).
Bleibt noch die Frage, was das Ganze soll.
Durch das Spleißen entstehen zusätzliche Regulations- und
Variationsmöglichkeiten. Aus manchen PRÄ-mRNAs lassen sich Zehntausende
verschiedener Eiweißmoleküle aufbauen.
Wir erinnern: Die (genetische) Variabilität (=Verschiedenheit, Diversität)
macht es möglich, dass Lebewesen sich höher entwickeln und an
Umweltveränderungen anpassen.
U. a. diese Variationsmöglichkeiten machen auch Leistungsunterschiede zwischen
Menschen und Tieren (aber auch z. B. zwischen verschiedenen Tiergruppen)
verständlich, die auftreten, obwohl die verschiedenen Gruppen nur geringe
Unterschiede bezüglich Zahl und Aufbau ihrer Gene aufweisen.
Der
Informationsfluss durch die Dimensionen
Am
Beispiel der Verwirklichung von Erbinformationen lässt sich sehr gut die
Übertragung von scheinbar einfachen eindimensionalen Informationssystemen
(Zeichenfolgen) in komplexe mehrdimensionale Systeme verfolgen. Grundsätzlich
kann man jeden Körper (gleichgültig aus wie viel Dimensionen er besteht) als
Informationssystem auffassen. Das zweidimensionale Bild auf dem Computer- oder
Fernsehbildschirm ist ebenso aus einer Serie von Bildpunkten (Pixeln)
aufgebaut, wie ein dreidimensionaler Körper. Bei einem vierdimensionalen Körper
kommen nochmals Punkte in der Zeit hinzu. Die DNA sorgt nun dafür, dass ihre
lineare (=eindimensionale) Information in zunächst ebenfalls eindimensionale
Informationen auf Eiweißebene umgeformt wird. Da aber die Polypeptide stets
auch dreidimensionale Strukturen (Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur)
bilden, entstehen automatisch auch dreidimensionale Informationssysteme aus der
Erbinformation. Bestimmte Aminosäuren bewirken z. B., dass in die
Aminosäurekette Knickstelle eingebaut werden. Dass und wie Proteine nun
Merkmale und Eigenschaften hervorbringen, haben wir oben besprochen. Die Summe
der Merkmale ist nun ein ganzer Körper. Dieser Körper ist aber ein System aus
Einzelelementen (Zeichen), das genauso wie jedes Bild, Buch, Festplatte usw.
als Informationssystem aufgefasst werden kann. Es ist ein System aus Zeichen,
die in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sind. Neu ist, dass auch Zeichen
da sein müssen, die in die jeweils neue Dimension weisen. Da DNAs auch die
Entwicklung des Körpers steuern, bilden sie auch vierdimensionale Körper. Der
Entwicklungsvorgang (jeder Prozess) ist etwas, was einem vierdimensionalen
Körper weitgehend entspricht. Das Wesen eines vierdimensionalen Körpers liegt
nämlich in einer Serie aus dreidimensionalen Körpern durch die Zeit. Auch diese
Serie ist natürlich wieder eine Serie von Zeichen (also Information), die von DNA
im Zusammenwirken mit Umwelteinflüssen geschaffen wird.
Klassische
Genetik
Wir erinnern: In diesem Teilgebiet geht es um die Regeln der Vererbung,
insbesondere um die Mendelschen Regeln. Molekulare Genetik, Diploidie, Meiose,
Sexualität (s. u. unter Evolution [Sexualität]) usw. müssen bekannt sein, um
dieses Teilgebiet zu verstehen.
Die Mendelschen Regeln gelten nur für Lebewesen wie z. B. Menschen, die in
ihren Körperzellen von allen Genen zwei Ausführungen (=Allele) haben (doppelter
Chromosomensatz, Diploidie) und Keimzellen mit halbem Chromosomensatz
(Haploidie) bilden.
Wir betrachten ausschließlich einfache Fälle, bei denen ein Gen nur ein Merkmal
schafft. Dies ist z. B. bei der Farbe der Blüten von Wunderblume (mirabilis
jalapa) und Erbsen der Fall. Es gibt also nur ein Gen für die
Blütenfarbe. Die Blüten können aber z. B. rot oder weiß sein.
Die weiße Farbe ist allerdings bekanntlich gar keine Farbe. Vielmehr entsteht
sie, wenn ein Körper alle Farben (Lichtwellenlängen) reflektiert. In den
Blütenblättern befinden sich nun viele winzige Luftbläschen, an denen alles
Licht kunterbunt gebrochen wird. Dadurch strahlen die Blätter tatsächlich alles
Licht ab, erscheinen also weiß, wenn kein anderer Farbstoff da ist. Vereinfacht
können wir sagen: Wenn das Gen vorschriftsmäßig arbeitet, wird ein roter
Blütenfarbstoff gebildet. Wenn es nicht vorschriftsmäßig arbeitet, wird kein
funktionsfähiger Farbstoff gebildet und die Luftbläschen sorgen für den
Eindruck „weiß“. Nun wissen wir aber, dass an der Bildung jedes Merkmals zwei
Ausführungen desselben Gens beteiligt sein können. Von diesen Ausführungen
(Allelen) stammt eines vom Vater und eines von der Mutter. Diese Allele können
nun auf verschiedene Weisen zusammenwirken. Sie können beide zum Merkmal beitragen
oder nur eines. Meistens überwiegt eindeutig die Wirkung eines Allels (Dominanz).
Wenn aber beide zum Merkmal beitragen, tun sie dies meistens beide vollkommen
oder halbe halbe. Der erste Fall wird Codominanz genannt. Im zweiten
spricht man von einem intermediären Erbgang.
Mit ihm wollen wir unseren Einstieg in die Regeln der Vererbung beginnen.
Er liegt z. B. bei der Bildung des Blütenfarbstoffes bei der Wunderblume vor.
Wenn ein Pflanzenembryo dieser Art entsteht (Befruchtung), kann er z. B. ein Allel
für rote- und eines für weiße Blütenfarbe (=Defektallel) enthalten. Dann werden
beide zusammenwirken und je zur Hälfte zur Ausbildung des Merkmals beitragen.
Das führt in diesem Fall zu einer rosafarbenen Blüte. Die Allele können aber
auch gleich sein. Diesen Zustand nennt man reinerbig oder homozygot
(homo = gleich, Zygote =befruchtete Eizelle). Wenn beide Allele defekt sind,
wird die Blüte weiß (kein Farbstoff). Wenn beide Allele normal sind (=Wildtyp),
wird die Blüte rot. Wenn die Allele desselben Gens verschieden wirken, spricht
man von mischerbig oder heterozygot (hetero =verschieden,
anders).
Die Mendelschen Regeln beschäftigen sich nun damit, wie diese Gene miteinander
kombiniert werden können, und mit welchen Wahrscheinlichkeiten welche Merkmalsausprägungen
entstehen. Letztere nennt man Phänotypen (äußere Erscheinungsformen),
auch wenn diese manchmal im Körperinneren liegen. Die dazu gehörigen
genetischen Informationen (Bauanleitungen) nennt man Genotypen. Unsere
Frage lautet also: „Welche Phänotypen können aus den verschiedenen möglichen
Elterngenotypen entstehen?“ Wir haben es immer mit zwei Eltern zu tun. Beide
können 3 verschiedene Genotypen haben. Wir wählen als Symbole: r für rot, w für
weiß. Für homozygot rot steht dann rr. Für homozygot weiß ww und rw für
heterozygot (rosa). In diesem (intermediären) Fall haben wir das Glück, dass
wir den Genotyp der Eltern an ihrem Phänotyp stets eindeutig erkennen können.
Wir können also zur Betrachtung der sexuellen Fortpflanzung schreiten. Die
nennen wir in Zukunft „Kreuzen“.
Dazu bildet jeder Elter bekanntlich während der Meiose (=Reifeteilung)
Spezialzellen, die Keimzellen (Spermien und Eier). Diese enthalten die
Chromsomen (also [fast] alle Gene) nur noch einmal. Das muss so sein,
weil sie sich ja bei der Befruchtung stets zu zweit zusammentun. Nach der
Befruchtung hat die Eizelle (=Zygote) dann (und nur dann) wieder 46
Chromosomen, wenn die Keimzellen nur je 23 enthalten. Weil also während der
Meiose die Chromosomen der Ausgangszellen (Ei- und Spermienmutterzellen) ihre
Chromosomenzahl halbieren, nennt man diese Teilung auch Reduktionsteilung.
Damit zurück zur Wunderblume: In jedes Spermium (in diesem Falle Pollen)
gelangt nur ein Allel für die Blütenfarbe, entweder eines für rot oder eines
für weiß. Dasselbe gilt natürlich auch für jedes Ei. Was gibt es nun für
Kombinationsmöglichkeiten? Wenn die Gameten beide ein r enthalten, wird die
Tochterblüte rot. Entsprechendes gilt für w. Bei der Kombination rw wird die
Tochterblüte rosa.
All diese
Tochtergenerationen nennt man F 1 = Filialgeneration 1. Die folgende
Tochtergeneration heißt F 2 usw. Die Elterngeneration wird mit P (parental
[englisch parents]) bezeichnet.
Nun betrachten wir noch die Wahrscheinlichkeiten der Tochterphänotypen: Nehmen
wir zunächst wieder die einfachsten Fälle: Wenn beide Eltern homozygot rot
(oder weiß) sind, sind alle Tochterindividuen genauso wie ihre Eltern, also
genotypisch gleich und phänotypisch rot (oder weiß). Wenn ein Elter homozygot
weiß, der andere homozygot rot ist, sind alle Nachkommen heterozygot, also
rosa. In allen Fällen sind alle Nachkommen gleich (=uniform). Damit haben wir
die 1. Mendelsche Regel (die Uniformitätsregel) aufgedeckt. Sie
lautet: Die Nachkommen von Eltern, die beide bezüglich eines Merkmals homozygot
aber verschieden sind, sind genotypisch und phänotypisch gleich (uniform).
Spannender wird es, wenn die Eltern heterozygot sind. Dann können sie
verschiedene Allele in ihre Keimzelle bringen entweder r oder w. Diese lassen
sich nun zu allen Phänotypen (rot, weiß und rosa) kombinieren. Die Frage ist
wie häufig (wahrscheinlich) treten diese 3 Möglichkeiten auf. Um das
herauszufinden, muss man große Zahlen (mindestens ca.100) von Kreuzungen
durchführen. Nur so kommt man an ausreichende statistische Grundlagen.
Es ist
Mendels Verdienst, dass er solche große Zahlen untersuchte und überhaupt genau
und wissenschaftlich protokollierte und dachte. Seine Kollegen (Mendel war
Mönch) und die Wissenschaftler seiner Zeit dagegen glaubten lieber an Gottes
unerschaubares Wunderwerk und ließen Mendels Werk in der Versenkung
verschwinden.
Heterozygote Eltern bilden je zur Hälfte Keimzellen mit r und zur Hälfte
Keimzellen mit w. Wenn wir davon nun Hunderte mischen (kreuzen), wird ziemlich
genau ¼ der Nachkommen rr, also rot, ¼ ww, also weiß und die Hälfte rw, also
rosa sein. Hier teilen sich die Geno- und Phänotypen also im Verhältnis 1:2:1
auf. Deshalb nannte Mendel die zugehörige Regel, die 2. Mendelsche Regel,
„Spaltungsregel“. Sie lautet genau:
Kreuzt man bzgl. eines Merkmals heterozygote Eltern, so spaltet Die
Tochtergeneration genotypisch immer im Verhältnis 1:2:1 auf. Bei intermediären
Erbgängen spaltet sie phänotypisch ebenfalls im Verhältnis 1:2:1 auf. Bei dominanten
Erbgängen spaltet sie phänotypisch im Verhältnis 3:1 auf.
Betrachten wir also nun den Fall der Dominanz genauer: Hier herrscht ein
dominantes Allel (Großbuchstaben als Symbole) vollständig über ein unterlegenes
(=rezessives) Allel (dominant-rezessiver Erbgang) (Kleinbuchstaben als
Symbole). Das ist z. B. bei der Blütenfarbe der Erbse der Fall. Im Prinzip
herrscht hier dieselbe Situation, wie bei der Wunderblume (und es gelten auch
alle Mendelschen Regeln). Es gibt rote Blütenfarben, wenn ein Farbstoff
gebildet wird und weiße, wenn kein Farbstoff gebildet wir und nur Luftbläschen
den Eindruck „weiß“ erzeugen. Bei der Erbse sind das Gen und die Genprodukte
für die Blütenfarbe aber „fleißiger“. Sie bauen genauso viel Farbstoff, wie
beide Normalallele zusammen, wirken also dominant (=voll rot).
Dies ist übrigens der Normalfall. Oft ist es sogar normal, dass nur eines der
zwei Allele arbeitet, obwohl beide „o. k.“ sind. Meistens übernimmt ein
Normalallel die Aufgaben eines zugehörigen Defektallels.
Wie verhält es sich nun aber mit den Vererbungsregeln bei dominant-rezessiven
Erbgängen? Bei homozygoten Eltern bleibt alles wie gehabt uniform (s. o.
unter „intermediärer Erbgang“).
Bei heterozygoten sieht das Ergebnis aber etwas anders aus. Hier wird genotypisch
zwar im Verhältnis 1:2:1 gespalten, wie oben bei intermediären Erbgängen. Die
Phänotypen dagegen spalten im Verhältnis 3:1 auf. Das liegt daran, dass die 50%
Nachkommen, die genotypisch heterozygot sind, durch die dominierenden Allele
rote Blütenfarben erhalten. Bei der Wunderblume waren sie rosa.
3. Mendelsche Regel
Nun müssen wir noch Fälle betrachten, bei denen mehrere verschiedene Gene
mit jeweils verschiedenen Allelen und/oder gleichen kombiniert werden. Zunächst
betrachten wir den einfachsten möglichen Fall, nämlich zwei verschiedene
Gene (=2 Allelenpaare). Das zugehörige Erbgeschehen beschreibt die 3.
Mendelsche Regel. Sie geht davon aus, dass verschiedene Gene beliebig
zusammengestellt werden können und heißt deshalb auch „Regel von der freien
Kombinierbarkeit der Gene“. Allerdings sind nicht alle verschiedenen Genpaare
(oder auch größere Gruppen) frei kombinierbar (s. u.).
Mendel kreuzte reinerbige Erbsen, die dominant runde (SS) und dominant gelbe
Samen (GG) hatten mit solchen, die rezessiv runzlige (ss) und rezessiv grüne
Samen (gg) hatten. In der F1 galt und gilt natürlich wieder die
Uniformitätsregel. Interessant wurde es wieder in der F2, also bei den
Nachkommen heterozygoter Eltern. In der F2 findet sich ein Spaltungsverhältnis
von 9:3:3:1. Das Wunderbare ist nun, dass durch diese Kombinationen völlig neue
Genotypen und Phänotypen entstehen können. In diesem Fall entstanden Erbsen mit
grünen, runzligen Samen.
Hier sollten wir noch einmal die Verbindung zu den oben besprochenen Anpassungen
an Umweltveränderungen durch Kombination von verschiedenen Genen herstellen.
Die 3. Mendelsche Regel macht deutlich, wie bei Beginn einer Eiszeit Füchse mit
weißem und dichtem Fell entstehen können, selbst wenn kein Elter diese
Merkmale aufweist.
Nun wollen wir noch genauer erklären, weshalb nicht alle Allelenpaare frei
kombinierbar sind. Sie sind meistens frei kombinierbar, wenn sie auf
verschiedenen Chromosomen liegen. Wenn sie auf dem gleichen Chromosom liegen,
sind sie nur dann frei kombinierbar, wenn sie an genügend weit
auseinanderliegenden Stellen auf dem Chromosom liegen. Das liegt daran, dass
sie durch cross over (s. o.) mit 50 prozentiger Wahrscheinlichkeit getrennt
werden, wenn sie einen bestimmten Mindestabstand haben.
Bei kürzeren Abständen werden sie mit entsprechenden niedrigeren
Wahrscheinlichkeiten getrennt. Man kann also bestimmten Wahrscheinlichkeiten
bestimmte Längen der Chromsomen zuordnen. Dadurch ist es möglich,
herauszufinden, an welchen Stellen auf den Chromosomen bestimmte Gene liegen
(s. u. Genkartierung, Dreipunktanalyse).
Die Genetik liefert das Fundament für das Verständnis anderer
Teilwissenschaften der Biologie. Besonders wichtig ist sie für das Verständnis
der Entwicklung des Lebens. Die Entwicklung des Lebens haben die Biologen
nochmals in zwei Teilwissenschaften unterteilt: es sind die Evolutionslehre und die
Entwicklungsphysiologie (griech. physis = Natur).
In der Evolutionslehre wird die Entwicklung des gesamten Lebens thematisiert. Mit ihr beschäftigen wir uns später.
Die Entwicklungsbiologie (Entwicklungsphysiologie)
Sie beschäftigt sich mit der Entwicklung eines einzelnen Lebewesens. Mit ihr
wollen wir uns im Folgenden kurz befassen.
Biologen benutzen auch gerne Begriffe wie "Ontogenese" oder "Embryologie", die teilweise mit dem Begriff "Entwicklungsphysiologie" übereinstimmen (griech. on = sein).
Die zentrale Frage lautet: Wie entsteht aus einem Ei ein fertiges Lebewesen?
Wir wissen bereits, dass grundsätzlich die
genetische Information diese Prozesse steuert. Aber, wie genau Gene zum
richtigen Zeitpunkt die Bildung von Augen, bestimmten Eigenschaften, den
biologischen Tod usw. bewirken, ist noch nicht klar. Hier gilt grundsätzlich
das oben Gesagte: Die Wirkung eines Gens wird durch die vorherige Wirkung eines
anderen Gens verursacht und auch Außeneinflüsse haben einen (allerdings relativ
geringen) Einfluss. Streng genommen sind es in der Regel Genprodukte (Eiweiße
oder Nukleinsäuren), die die Aktivierung von Genen bewirken. Diese Erscheinung
ist allgemein bekannt. Wachstumshormone sind z. B. Genprodukte, die das
Wachstum vieler verschiedener Zellen hervorrufen können, indem sie u. a. Gene
in diesen Zellen aktivieren. Entsprechend bewirken Sexualhormone die Bildung
der Sexualorgane, der sekundären Geschlechtsmerkmale und auch eine
geschlechtsspezifische Entwicklung des Gehirns.
Ähnliche Prozesse laufen während der gesamten Embryonalentwicklung ab. Wenn
also im Embryo Organanlagen und Organe entstehen, liegt dies ganz wesentlich
daran, dass bestimmte Zellen zu bestimmten Zeiten in der richtigen Menge Stoffe
(und auch elektrische Signale) aussenden, die in diesen oder anderen Zellen
Aktivitäten auslösen. (Man spricht von Induktion). Eine dieser
Aktivitäten ist Zellteilung. Es finden aber auch viele innere Differenzierungen
statt. Zum Beispiel werden in den Zellen der Netzhaut Gene aktiv, die für die
Bildung von Farbstoffen sorgen, welche das Farbensehen ermöglichen. In roten
Blutkörperchen wird der rote Blutfarbstoff Hämoglobin gebildet usw.
Solche Vorgänge bewirken auch, das Gewebe eines Embryos oder Kindes zu
bestimmten Zeitpunkten nur noch zu bestimmten Entwicklungen in der Lage sind,
also allmählich ihre Omnipotenz (= Fähigkeit sich im Rahmen aller vorgegebenen
Möglichkeiten zu entwickeln). Zerlegt man einen einige Tage alten Embryo in
mehrere Teile, so kann sich aus jedem Teil ein vollständiges gesundes
Individuum entwickeln. Zerlegt man einen mehrere Monate alten Fötus, so sterben
alle Teile ab, weil die meisten Zellen ihre offene Entwicklungspotenz zu Gunsten
einer bestimmten Spezialisierung und Differenzierung verloren haben.
Manche Zellen und Gewebe bewahren ihre universelle
Entwicklungspotenz (besonders bei der Entwicklung von tiefer stehenden Tieren)
länger oder sogar das ganze Leben. Bei Embryonen und Kindern können z. B.
manche Hirnteile die Funktionen anderer Hirnteile übernehmen, wenn diese
zerstört oder beschädigt wurden. Zellen, die lebenslang universell
entwicklungsfähig (totipotent) bleiben, heißen Stammzellen. Aus ihnen
kann man Organe, Embryonen usw. bilden.
Diese Verfahren werden zurzeit sehr widersprüchlich (kontrovers)
diskutiert, weil Menschen (leider?!) sehr widersprüchliche ethische Standpunkte
gleichzeitig vertreten. In Deutschland z. B. hängt die Strafbarkeit der Nutzung
von Embryonen auf eine absolut merkwürdige Weise von der geographischen Lage
und dem Zeitpunkt der Gewinnung ab (s. unter „Embryonenschutzgesetz“). Man
könnte meinen, dass Satan (das Böse) nur in Deutschland (allenfalls noch in
tief katholischen Nachbarstaaten) wohnt und beim Überschreiten der Grenzen zum
Erzengel Gabriel (zurück?) mutiert.
Die Entwicklung eines Lebewesens wird auch direkt
von äußeren Faktoren beeinflusst. Solche Faktoren sind z. B. Nahrung,
Artgenossen, Klima, Feinde, Schadstoffe usw.
Mit den Wechselwirkungen dieser Faktoren beschäftigen sich vor allem die
Teilwissenschaften "Ökologie" und "Verhaltensforschung".
Das Spielen junger Säugetiere kann z. B. bei der Entwicklung von Kraft,
Geschicklichkeit, Rangordnungsverhalten, Jagdverhalten, Fluchtverhalten,
sozialem Verhalten usw. helfen. Unser nächstes biologisches Wissenschaftsgebiet
ist also die Ethologie (Verhaltenslehre). Da tierisches und menschliches
Verhalten aufs Engste miteinander verwandt sind, betrachten wir im Folgenden
die Verhaltenslehre nicht separat, sondern das Verhalten und die Psychen von
Mensch und Tier gemeinsam.
Wir besprechen also auch wichtige
Informationen aus den Wissenschaften Pädagogik und Psychologie. Dabei werden
die Möglichkeiten der Veränderung von menschlichen und tierischen Psychen, also
z. B. das Lernen, im Mittelpunkt stehen.
Solche Verbindungen zwischen Ethologie und Psychologie (einschließlich
Soziologie, Pädagogik, Politik usw.) sind zurzeit besonders in Deutschland
genauso verpönt, wie alle oben angesprochenen genetischen Eingriffe und
Anwendungen (s. u.: genetic engineering, Stammzellforschung,
Embryonenschutzgesetz, genetische Selbststeuerung usw.). Wir empfehlen sehr
dringend zwischen wirklich überzeugenden Argumenten und aus religiösen Dogmen
und nationalsozialistischen Traumata entstandenen zu unterscheiden. Bei den
Nazis war der Begriff „Tierpsychologie“ gebräuchlich. Das allein genügt vielen
68-gern um alles, was damit zusammenhängt mit dem Bade auszuschütten, selbst
wenn dabei die eigenen Kinder genauso ertrinken, wie im Brei der und
hyperantiautoritären Schmusepädagogik.
Physikalische,
mathematische und kybernetische Grundlagen
Wir
hatten oben gesagt, dass das A&O und das Wesen der Welt in einem Netzwerk
miteinander wechselwirkender Weltlinien bestehen. Durch dieses vierdimensionale
Netzwerk gleitet das menschliche Bewusstsein aus der Vergangenheit in die
Zukunft (Zeitgleiten, Zeitfluss). Dadurch entstehen alle Vorstellungen von
Bewegung, Prozessen und Veränderung, auch von Kausalität. Zum Zwecke der
einfacheren Verständigung tun wir im Folgenden (wie auch schon oben) so als
entsprächen die menschlichen Bewegungsvorstellungen realen Bewegungen.
Üblicherweise nennt man die Wechselwirkungen Energie- bzw.
Informationsübertragungen (z. B.: Zusammenprall zweier Kugeln, Aussenden eines
Lichtblitzes). Diese Wechselwirkungen (die 4 Grundkräfte des Universums)
bestimmen alles, was in der bekannten Welt geschieht, also auch alle
biologischen und psychischen Prozesse. Es ist übrigens kein Prozess im Universum
bekannt, der nicht das Bewegungsverhalten von mindestens zwei Körpern
verändert, bzw. besser, diese Veränderung ist. Korrekter, aber
unverständlicher, gesagt heißt das, dass alles, was im Universum geschieht, u.
a. mit der Veränderung der Krümmung von mindestens zwei Weltlinien verbunden
ist. Einfach ausgedrückt: Alles Bekannte, was geschieht, hat mit Bewegung
(Beschleunigung) von Körpern oder Teilchen zu tun. Alle Prozesse
(Wechselwirkungen) scheinen klaren Regeln oder Gesetzen zu folgen und mathematisch
beschreibbar zu sein. Das gilt sogar, obwohl möglicherweise alle Prozesse (z.
B. alle menschlichen Selbststeuerungen), die Menschen betrachten, messen,
analysieren usw., aus unzählbar viele Einzelwechselwirkungen aufgebaut sind.
Wahrscheinlich liefert (ist?) die Mathematik eine abstrakte Beschreibung aller
Prozesse im Universum bzw. der Raumzeit oder des Multiversums.
Von diesen Regeln und Gesetzmäßigkeiten wollen wir uns die wichtigsten etwas
genauer ansehen: Es geht um die Bedeutung bestimmter Zusammenhänge und
Abhängigkeiten in der Welt. Ein tieferes Verständnis dieser Zusammenhänge und
Gesetzmäßigkeiten und ihrer mathematischen Beschreibungsmittel ist
Voraussetzung für ein wirkliches Verständnis aller Wissenschaften. Das
Zusammenwirken komplexer Systeme folgt Regeln, die z. T. von anderen
Wissenschaften (oder Unterwissenschaften) [als] der Mathematik untersucht
werden. Diese Wissenschaften sind Kybernetik, Chaostheorie, Spieltheorie,
Topologie usw. Besonders biologische, technische, soziologische und
wirtschaftswissenschaftliche Erscheinungen lassen sich ohne verschiedene Regeln
aus diesen Wissenschaften kaum verstehen. Es geht u. a. um mathematische
Funktionen, Steuerung und Regelung (Rückkopplungen), statistische Grundlagen
usw.
Besonders wichtige Gesetzmäßigkeiten sind Kausalität und Stochastik. In
ihrem Mittelpunkt stehen Beziehungen (Relationen). Wir wollen zu verstehen
versuchen, was es mit Relationen, also mit Abhängigkeiten, die
mathematisch als Funktionen bezeichnet werden, auf sich hat. Wir wollen
versuchen, das Wesen dieser Begriffe zu erkennen und zu definieren.
Besonders interessant und relevant sind systematische Abhängigkeiten von zwei
oder mehr Faktoren (Parametern, Größen). Viele Prozesse im Universum laufen
ulkiger weise so ab, dass eine (physikalische) Größe sich ändert, und eine
andere ändert sich nach klar definierten (mathematischen Regeln, gesetzlich)
entsprechend dieser Änderungen. Die beiden Größen nennt man Variablen.
Wie viel Elektronen durch einen Draht fließen, also die Stromstärke (=Variable
1) hängt z. B. vom Widerstand (= Variable 2) ab. Die meisten (vielleicht auch
alle) Variablen bestehen auch ihrerseits aus (vielleicht unendlich vielen)
(Unter)Variablen (s. o.). Das ist offensichtlich, wenn man z. B. das Bevölkerungswachstum
(Untervariablen: Ernährung, Sterberate, Temperatur usw.) betrachtet. Doch gilt
es auch bei physikalischen Größen. Die Temperatur ist z. B. sogar als der
Durchschnittswert -meist unzählbar vieler- Bewegungen verschiedener Moleküle
definiert. Selbst bei Grundgrößen (Weg, Zeit, Masse) weiß niemand ob sie
wirklich mit Recht als nicht weiter unterteilbare Grundgrößen bezeichnet
werden, weil niemand ihr Wesen wirklich verstanden hat. Je mehr Variablen an
einem Prozess beteiligt sind, desto unsicherer (probabilistischer) werden im
Durchschnitt menschliche Aussagen über diese Prozesse.
Zurück zu den Relationen: In der Mathematik spricht man von funktionalen
Zusammenhängen, die man in graphischen Schaubildern (Kurven) verdeutlichen
kann. Beispiele für solche Abhängigkeiten finden wir in allen Wissenschaften u.
a. in der Ökologie. Z. B. hängt die Photosyntheserate einer Pflanze von der
Lichtstärke ab. Viele physikalische Formeln wie: Geschwindigkeit = Weg:Zeit
beschreiben die Abhängigkeit solcher Variablen. Wenn eine Größe steigt und die
andere steigt ebenfalls, nennt man den entsprechenden Zusammenhang
proportional. Wenn eine steigt, während die andere fällt, nennt man ihn
umgekehrt proportional. Wenn man jedem Wert der einen Größe stetig einen Wert
der anderen Größe zuordnen kann, liegen mathematische Funktionen vor. Wir
betrachten als Beispiel die Geschwindigkeit eines bewegten Körpers: Die
Geschwindigkeit drückt den Zusammenhang zwischen Zeit und Ort aus, an dem der
Körper sich befindet. Ein besonders einfacher Fall liegt vor, wenn Weg und Zeit
sich genau um gleiche Beträge verändern. Wenn also z. B. der Körper nach 1 sec.
1m, nach 2 sec. 2m, nach 3 sec. 3m usw. zurückgelegt hat. Das Ganze wird
deutlicher, wenn man es grafisch darstellt. Machen wir uns also klar, wie
so etwas läuft: Man zeichnet ein zweidimensionales rechtwinkliges
Koordinatensystem. Auf der X-Achse trägt man die Werte der unabhängigen
Variablen (Zeit) auf, auf der Y-Achse die der abhängigen, also des Weges (=
verschiedene Orte). Die zueinandergehörigen X- und Y- Koordinaten treffen sich
an bestimmten Punkten. Wenn man diese Punkte durch eine Linie verbindet erhält
man eine Gerade. Es ist in unserem Falle die Winkelhalbierende des Winkels, den
X- und Y-Achse bilden. Die zugehörige mathematische Funktion lautet y=x. Die
Summe der Punkte und die mathematische Regel zur Ermittelung dieser Punkte
(Zuordnungsvorschrift) machen das Wesen der Funktion aus. Die Geschwindigkeit
im oben gewählten Fall kann als ein Beispiel für dieses Wesen aufgefasst werden.
Man erhält immer Geraden, wenn in der Funktion nur addiert und subtrahiert
wird.
Sobald Multiplikation und/oder Division und Potenzen ins Spiel kommen, kann man
auch Kurven erhalten. Die Funktion y=x2 ergibt z. B. in der
grafischen Darstellung eine Parabel. Hier steigt (oder fällt) eine Variable
wesentlich stärker als die andere (Beschleunigung). Alle beschleunigten
Bewegungen werden grafisch als Kurven dargestellt. Das hat damit zu tun, dass
die Beobachtung einer Beschleunigung der Beobachtung einer gekrümmt
erscheinenden Weltlinie entspricht. In unserem obigen Beispiel hat der Körper
nach 1 sec. 1m, nach 2 sec. 4m, nach 3 sec. 9m usw. zurückgelegt.
Richtig rund geht es aber erst, wenn die Variable als Exponent auftritt (y=ex).
Man spricht von Exponentialfunktionen und exponentiellem Wachstum. Sehr
beliebte Beispiele sind das Wachstum von Bakterienpopulationen und das der
Menschheit. Unter idealen Bedingungen verdoppelt sich jede Bakteriengeneration
nach der Devise: Erst 1, dann 2, dann 4, dann 8, dann 16 usw. Bei der
Menschheit kann man vielleicht sogar weitsichtig reimen: Erst 1 Milliarde, dann
2, und bald gar 4, schon steht der Untergang vor der Tür. Sind´s erstmal der
Milliarden 8, sagt sich die Menschheit gute Nacht. Sind´s der Milliarden dann gar
16, wird selbst der liebe Gott wohl wechsehn.
In der Natur gibt es solche einfachen Abhängigkeiten wahrscheinlich überhaupt
nicht bzw. nur scheinbar (s. u.). Das Wachstum und die Photosyntheserate einer
Pflanze hängen z. B. neben dem Licht auch von Wasser, CO2, H2O, Temperatur usw.
ab. Ein derartiges Zusammenwirken von vielen Faktoren ist für den menschlichen
Geist meistens viel zu komplex, um sichere, exakte Voraussagen machen zu
können.
Wir wollen nun ein weiteres Problem, dass wir oben erwähnt haben kurz
beleuchten. Es geht um den Unterschied zwischen stochastischen und kausalen
Beziehungen. Dass Menschen diesen Unterschied häufig ignorieren, ist eine
wichtige Ursache für viele menschliche Probleme. Kausale Zusammenhänge liegen
vor, wenn ein Faktor (z. B. eine Variable) Ursache für einen anderen Faktor
(Wirkung, Folge) ist. Temperaturunterschiede verschiedener Luftströmungen
können z. B. als Ursache für Regen aufgefasst werden, Frösche, die eine Leiter
hinaufklettern, dagegen nicht. Stochastische Zusammenhänge liegen vor, wenn
zwar eine Beziehung nachweisbar ist, nicht jedoch eine ursächliche. Wenn z. B.
Wüstenbewohner vor einem Regen um Regen gebeten haben, gibt es keine
ursächliche Beziehung zwischen Gebet und Regen, wohl aber eine stochastische. Es
gibt auch keinen zutreffenden Beweis für die Existenz von Regengöttern aufgrund
des scheinbaren Gebetserfolges. (Das gilt übrigens für alle Götter und alle
Gebete.) Es liegt ein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen (Koinzidenz)
vor. Alle Formen von Aberglauben, metaphysischen Spekulationen, esoterischen
Ideen, Spiritismus, Religionen, astrologischen Voraussagen usw. beruhen u. a.
auf der Fehlannahme, dass stochastische Zusammenhänge kausale seien. Machen wir
uns das an einem Beispiel deutlich: Wenn die Zahl der Störche in Polen höher
ist als in Deutschland und gleichzeitig die Zahl der Geburten in Deutschland
geringer als in Polen, ist der Schluss, dass der Storch die Kinder bringt,
unzulässig. Schlüsse dieser Art kennzeichnen menschliche Deutungen des
Weltgeschehens und tragen zu jeder Form von destruktivem Leid und Aberglauben
bei. So hatten viele Politiker wenig mit den politischen Leistungen und
-entwicklungen zu tun, die (zufällig) während ihrer Regierungszeit stattfanden.
Helmut Kohl hatte z. B. kausal vielleicht sehr viel mit schweizerischen
Schwarzgeldkonten, aber nur sehr wenig mit der deutschen Wiedervereinigung zu
tun. Ähnliches gilt für die Erfolge mancher Trainer und Mannschaften im Sport,
von Wahrsagern, Ärzten usw.
Zäumen wir die ganze Geschichte (funktionale Abhängigkeiten) noch einmal von
hinten auf: Wir entdecken ein Phänomen in der Welt, und fragen uns, ob es dazu
eine mathematische Beschreibung gibt. Wenn wir eine Schar Krähen sehen, können
wir z. B. die einzelnen Tiere addieren. Wenn eine von ihnen davon fliegt,
können wir eine Flugkurve erstellen. Noch einfacher lässt sich die Bewegung
eines fallenden oder geworfenen Steins mathematisch beschreiben. Das sind
Beispiele für die Bewegung von Körpern in der Zeit. (Wahrscheinlich lassen sich
alle Prozesse als ein komplexes Muster vieler bewegter Körper auffassen). Noch
einfacher ist die mathematische Beschreibung paralleler Linien. Man stelle sich
einmal vor, man müsse Soldaten oder Schülern in mathematischer Sprache die
Anweisung geben, sich in zwei parallelen Linien aufzustellen. Gibt es dazu eine
Formel? Ja! Sie lautet y=a. Dabei ist a eine Konstante, also eine feste Zahl,
z. B. 1. Wenn wir wollen, dass die Soldaten sich im Abstand von 1m von der
Linie aufstellen, würde unsere Anweisung also lauten: Stellt euch so auf, dass
die Aufstellung der Funktion y=1 gerecht wird. Nun lassen sich (theoretisch?)
für jede Zuordnung von zwei oder mehr Linien mathematische Funktionen finden.
Man stelle sich vor, die Welt sei ein Filz aus Linien. Alle Beziehungen
zwischen diesen Linien müssten sich mathematisch beschreiben lassen. Wir
erinnern uns an unsere Behauptung, die Welt sei wahrscheinlich ein
unveränderliches Netzwerk aus vierdimensionalen Weltlinien, und erahnen,
weshalb die Mathematik möglicherweise die ganze Welt abstrakt abbildet. Somit
wird deutlich, welche zentrale Bedeutung mathematische Funktionen für die
Beschreibung der Welt haben (vgl. Einsteins Relativitätstheorie). Da der
menschliche Geist durch dieses Netzwerk zu gleiten glaubt (Zeitfluss),
unterstellt er der Welt die Existenz von bewegten Körpern und beschreibt alle
mechanischen Prozesse mit den Begriffen Geschwindigkeit, Zeit und Weg (und
Masse). Das ist zwar anthropomorph und manchmal verfälschend, führt aber zu den
gleichen Ergebnissen. Alle Bewegungen (Funktionen, Relationen) beschreiben die
geometrische Struktur einer unveränderlichen unvorstellbaren vierdimensionalen
Welt. Wir können uns dennoch grob vorstellen, was unser Beobachten, Messen,
Berechnen usw. der vierdimensionalen Welt ist. All dies entspricht nämlich dem
Vermessen (usw.) eines dreidimensionalen Netzwerkes, z. B. dem Astwerk eines
Baumes, durch das man hindurch gleitet.
Ein Teil der Wechselbeziehungen und funktionalen Abhängigkeiten, mit denen sich
die Ökologie (und viele andere Wissenschaften) beschäftigt, haben den Charakter
von Regelungen und Steuerungen. Es bietet sich daher an, sich auch mit der
entsprechenden Wissenschaft, ein wenig zu beschäftigen. Es ist die Kybernetik.
Alle Fremd –und Selbstorganisationen folgen kybernetischen Prinzipien. Die
Kybernetik hilft also, Natur, Kultur und Technik einschließlich ihrer
Entwicklungen besser zu verstehen.
Kybernetik
Der
Begriff kommt aus dem Griechischen von „Kybernas“ der Steuermann. Diese
Wissenschaft beschäftigt sich mit Regulation, Steuerung und Kommunikation.
Wir werden uns vor allem mit zwei wichtigen Steuerungsprinzipien
beschäftigen, der negativen und der positiven Rückkopplung (Rückkopplung =feed
back). Das lohnt sich besonders, weil sie in vielen menschlichen Lexika und
Ausbildungsinstitutionen ziemlich stiefmütterlich behandelt werden.
Negative Rückkopplung
Bei negativer Rückkopplung (Dämpfung) wird eine Größe durch eine oder mehrere
andere mit geringen Schwankungen konstant gehalten. Beispiele für so geregelte
Größen sind: die Zimmertemperatur, die Kaninchenpopulation in Australien oder
die Zahl der Lehrer oder Schüler a einem Gymnasium. Dabei bedeutet negativ hier
keine moralische Bewertung, obwohl die Kräfte, die die Zahl der moralisch
wertvollen Lehrkräfte verringern wollen, manchmal bösartig und verlogen sind
(es sind moralische Leerkräfte, auch kleinbürgerliche Wehrkräfte, und in der
münsterländischen Provinz „lütke Landwehrkräfte“, genannt. Hier konnte es im
21. Jahrhundert noch geschehen, dass eine inquisitorische Kleingruppe mit
Mafiamethoden Lehrer verjagte, die nicht ausreichend bibelkonform
unterrichteten).
In Lebewesen wird eine ganze Reihe von Zuständen konstant gehalten
(Homöostase), z. B. Temperatur, Stoffmengen, pH, Salzkonzentration usw. Dazu
dient u. a. die Regulation der Enzymaktivität (s. o.), die selbst als negativer
Rückkopplungsprozess aufgefasst werden kann. Auch die Regulation der
Bevölkerungsdichte von Arten durch Krankheiten, Fressfeinde usw. ist ein
Beispiel für negative Rückkopplung (s. u.).
Damit ist grundsätzlich klar, dass und wie mit Hilfe des Begriffes „negative
Rückkopplung“ bestimmte Regelungen beschrieben werden können. Wir wollen dies
jetzt noch konkret am Beispiel der Regulation der Wohnzimmertemperatur
verdeutlichen: Angestrebt ist eine Temperatur, die in geringem Maß um 20°C
schwankt. Diesen Temperaturwert nennen wir den Sollwert. Der
Temperaturwert, der gerade tatsächlich vorherrscht, heißt Istwert. Die
Temperatur ist die Größe, die wir regeln wollen. Sie heißt deshalb „Regelgröße“.
Das Gerät, mit dem wir Regeln, das Thermostat, heißt allgemein „Regler“.
Das gesamte System aus den beschriebenen Größen kann man als zyklisches System
auffassen. Deshalb bezeichnet man es als Regelkreis. Der zyklische
Charakter entsteht dadurch, dass ein Teil die fließenden Energien und
Informationen in einen Kreislaufprozess immer wieder zurückgemeldet werden.
Jetzt betrachten wir noch, wie diese Regelung genau funktioniert.
Ein
einfaches Thermostat älterer Bauart, beziehungsweise der Temperaturregler,
enthält nur ein für die Regelung wichtiges Element. Es ist ein
spezielles Thermometer, das gleichzeitig als Schalter dient. Dieses Thermometer
besteht aus zwei Metallplatten die fest miteinander verbunden sind (aufeinander
kleben). Die beiden Metalle (Bimetall) dehnen sich bei Temperaturänderungen
unterschiedlich stark aus. Dadurch verbiegt sich die Metallplatte. Diese
Biegebewegung kann man für einen elektrischen Schaltvorgang nutzen. Der
Schaltvorgang, den das Heizungsthermostat vornimmt, besteht im Ein- und
Ausschalten der Heizung. Wenn die Temperatur rund um und im Thermostat fällt,
verbiegt sich das Bimetall so, dass die Heizung eingeschaltet wird. Wenn die
Temperatur steigt, erfolgt entsprechend das Abschalten der Heizung. In modernen
Thermostaten übernehmen natürlich moderne Prozessoren diese (und verschiedene
andere) Funktionen, am Prinzip hat sich es dabei aber nichts geändert.
Die angesprochenen Regelkreise kann man zur Veranschaulichung sehr schön
grafisch darstellen. Es lohnt sich in der Literatur nach verschiedenen
Beispielen für solche Regelungen und Regelkreise zu suchen, um das Prinzip
dieser Regelungen wirklich zu verstehen.
Positive Rückkopplung (Aufschaukeln) führt zum exponentiellen Wachstum
einer Größe z. B. bei der Explosion einer Atombombe oder der (un)menschlichen
Bevölkerungszahlen.
Bei positiver Rückkopplung verstärken sich mindestens zwei Größen
wechselseitig. Um zu verdeutlichen, dass „positiv“ hier nicht im Sinne von
„gut“ gemeint ist, erläutern wir diese Erscheinung an einem sehr negativen
Beispiel:
In einer Kneipe sitzt ein leicht angesäuselter Typ. Ein anderer Kneipenfreund
kommt herein, setzt sich neben den ersten und berührt ihn versehentlich leicht.
Der erste: „Ey, kann´s nich aufpassen?“ Der zweite: Dat war aus Versehen,
Bruder, reg dich ab!“ „Bruder?!, nich in dem Ton, Jungchen, sons zeigt Papa dir
ma wat´n richtigen Bruder is.“ Nu reg dich endlich ab, du primitiven Saufkopp!“
Darauf folgt ein kräftiger Schubser, dann der erste Schlag usw. Es entsteht
eine Schlägerei. Wenn es wirklich menschlich zugeht, mischen sich auch die
anderen Gäste mit ein, dann ein ganzes unbezwingbares gallisches Dorf und
schließlich stürzen ganze unbelehrbare Nationen oder Religionen rundum Prag und
Sarajewo in mehr als 30 (jährige) Kriege.
Jeder reagiert auf jede Reaktion des anderen mit einer jeweils heftigeren
Gegenreaktion (Beleidigungen, Berührungen usw.). Viele emotionale Ausbrüche
(Liebe, Rache, Verliebtheit, Völkermord, Revolutionen usw.) beruhen auf
ähnlichen Aufschaukelungsprozessen von individuellen und/oder kollektiven
Emotionen und Reizserien. Dies trägt z. B. zur Erklärung der Kreuzigung Jesu,
des Sturms auf die Bastille, der Reformation, aller Kriege, der glorious und
aller anderen Revolutionen, der Konflikte in Palästina, Mordirland,
Kosovo, Kongo, Ruanda, Südafrika usw. bei.
Bei all diesen (allen) Konflikten und allen kulturellen Entwicklungen stehen
übrigens ursächlich Emotionen im Mittelpunkt, die Menschen mit Schimpansen gemeinsam
haben. Wenn diese Konflikte und alle von positiven Rückkopplungen
(mit)bestimmten Prozesse dann manchmal zur Ruhe kommen, liegt das i. d. R.
daran, dass u. a. negative Rückkopplungen einsetzen. So eine negative
Rückkopplung stellte u. a. die Aufklärung des deutschen Volkes über die eigenen
Missetaten während des 2. Weltkriegs dar. Sie trug u. a. zur teilweisen
Verschmelzung der europäischen Staaten und antirassistischem Denken bei.
Oft war es die Vernunft, die solche Dämpfungen bewirkt(e). „Deshalb?“ wurde und
wird sie auf diesem Planeten seit es sie gibt, mit großen Erfolgen bekämpft.
Ein weiteres Beispiel für positive Rückkopplung, das wir oben schon kurz
angesprochen haben, ist das exponentielle Wachstum von Bevölkerungszahlen. Alle
Lebewesen wachsen zahlenmäßig, wenn nichts ihr Wachstum behindert (s. o.). Je
mehr Vorfahren da sind (waren), desto mehr Nachfahren werden geboren.
Die
Entstehung und Entwicklung des Lebens
Als die ersten Lebewesen entstanden, bezogen sie ihre Energie von energiereichen
chemischen Substanzen. Sie fraßen, was auf den Tisch kam, die Ursuppe. Der Koch
war die Erde. Sein Herd waren Blitze, Vulkane und die an vielen Stellen noch
glühende Erdoberfläche. Was gekocht wurde, waren zunächst einfache chemische-,
hauptsächlich organische Verbindungen. Das fertige Gericht war das Leben.
Organische
Verbindungen sind fast alle Stoffe, die Kohlenstoff enthalten. Man nennt sie
organisch, weil man ursprünglich glaubte, dass sie nur von Lebewesen gebildet
werden können. Dennoch hat 1953 ein junger Forscher namens Miller, belächelt
von seinen Professoren, die Bedingungen auf der Urerde im Labor nachgestellt.
Er hat ein bisschen von der toten Materie (= anorganisches Material,
Wasserstoff, Wasser, Ammoniak, Methan usw.), die sich vor der Entstehung des
Lebens auf der Erde fanden, in ein großes Glasgefäß gegeben. Dann hat er das
Ganze 7 Tage lang immer wieder gekocht und kräftige künstliche Blitze hinein
gejagt. Am 7. Tage ruhte er, analysierte aber noch sein Schöpfungswerk. Er fand
Aminosäuren, die Bausteine der Eiweiße und viele andere einfache organische
Verbindungen. Er hatte (allerdings nicht als erster) aus toter Materie das
Material des Lebens geschaffen, was die Menschen Millionen Jahre lang nur
Göttern zugetraut und gestattet hatten. Deshalb steht sein Name heute in den
Biologiebüchern, während seine Professoren kein Schwein mehr kennt. Die
konservativen gelehrten Herren hatten es, wie schon so oft, vorgezogen, die
Schöpfung dem Schöpfer zu überlassen und in ihren alten Denkmustern zu
verharren. Dazu sagt Einstein: „Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde
sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein“.
Die
biologische Evolution
Die
freien organischen Energiereserven auf der Urerde waren schnell aufgefuttert
(Erläuterungen in Kap. 11). Außerdem strahlte die Erde immer mehr Wärmeenergie
in den Weltraum ab. Hitze und Blitze ließen nach. Die Lebewesen mussten froh
sein, wenn ab und zu ein Kumpel starb und sie zum Leichenschmaus eingeladen
wurden. Da taten die Hungerleider, getrieben von konkurrierenden Mitessern,
etwas, was alle Lebewesen bis heute immer tun, wenn ihnen etwas fehlt. Sie
wühlten rum in dem Gelände, ob sich nicht was Besseres fände. Im Biologenjargon
heißt das, sie mutierten (eigentlich wurden sie mutiert) und suchten und/oder
und besetzten freie ökologische Nischen.
Die „ökologische
Nische“ ist ein ungewöhnlich schwieriger, abstrakter, seltsamer, etwas
unglücklich definierter wissenschaftlicher Begriff. In Lehrbüchern finden sich
zwei verschiedene Definitionen:
1. Sie ist die Summe aller Umweltfaktoren, die für das Überleben einer Art
Bedeutung haben.
2. Sie ist die Summe aller Wechselwirkungen zwischen einer Art (Individuum) und
aller für sie relevanten Umweltfaktoren, die für das Überleben einer Art
Bedeutung haben.
Im Sinne der zweiten
Definition ist die ökologische Nische so etwas, wie der Beruf einer Art. Das
heißt, sie ist ein abstraktes Netz aus Wechselwirkungen.
Der Begriff „Nische“ beinhaltet dagegen etwas Konkretes. Das passt zu unserer
ersten Definition, die wir deshalb und weil sie (anschaulicher) ist, auch
bevorzugen. Andererseits klingt dieser Begriff allerdings zu konkret,
man denkt an etwas Räumliches, z. B. das Flachwasser eines Sees oder einen
Waldrand. Damit trifft man aber nur einen kleinen Teil der Definition. Bei
beiden Definitionen spielt nämlich alles, was einer Art zu ihrer
Lebensverlängerung dient (Futter, Verstecke, Schlafplätze, angenehme
Temperaturen, Konkurrenz usw.), eine Rolle.
Fast alle Lebewesen
bemerkten gleich nach der Entstehung des Lebens die vielleicht beste denkbare
ökologische Nische, ein echtes Paradies, nämlich ihre Kumpel.
Das
Gleiche geschah übrigens bei den Menschen schon während der Entstehung der
Menschheit und auch bei der Entstehung der neuesten Lebensform, die Menschen
als Computer bezeichnen.
Die
meisten kannten keine Skrupel und stiegen deshalb, als die Ursuppe knapp wurde,
in kriminelle Lager um. Sie beschlossen, nicht länger zu warten, bis ihre
Nachbarn freiwillig den Geist aufgaben, sondern halfen mit miesesten
Mafiamethoden nach. Die raffiniertesten, widerlichsten und faulsten fraßen ihre
Kumpel nicht vollständig auf, sondern saugten und bissen nur soviel von ihnen
oder ihrer Nahrung (z. B. im Darm) ab, dass diese Kumpel oft unter grausamen
Qualen gerade überlebten. Diese Mafiosi nennen Wissenschaftler Parasiten und
die dümmlichen Kumpel Wirte. Es klingt nach Großmut, wenn die Wirte (Sklaven)
meistens überleben und sich sogar fortpflanzen durften, aber es war eher
das Gegenteil, reiner Egoismus. Parasiten, die ihre Wirtsart nicht ausrotteten,
erhielten sich ihre ökologische Nische oft viele Millionen Jahre lang. So
überlebten vor allem die Schmarotzer, die ihren Wirten keinen schnellen Gnadentod
gönnten.
Auch diese
seltsame Sitte findet sich beim Menschen. Viele menschliche Parasiten,
besonders Schutzgeldbanden, sind sehr rücksichtsvoll gegenüber zahlenden
Unternehmern (Wirten). Einige Spezialschutzgeldbanden nennen sich selbst zur
Tarnung „Regierungen, Unternehmer, Banken oder Versicherungen“. Diese Regierungen
(ihre Chefs) sind, besonders vor ihre Machtübernahme, oft sehr viel
versprechend und freundlich, aber nicht sehr sprach- und schriftgelehrt. Ein
Paradebeispiel wütete um 2003 in der Karibik. Das Volk dort wurde solange
ausgebeutet, bis es beschloss und sagte: “Aristid, zu beschießen“. Am liebsten
hätte man diesen kirchlichen Unfairführer (Aristid) weit hinter den Mond
geschossen. Dort könnte der ehrenwerte Herr nämlich grüßen wie es sich gehört,
nicht „Haiti(aner)“ sondern „Hi, E.T.-“ oder korrekt und ehrlich
Hai-alien-ahner. Auch wenn ich nach Südamerika Chile, entdeck ich von
solchen Chefs ziemlich viele. Ebenso birgt Afrika Millionen Ruanda politischer
Leichen. Und auch in Asien werden Milliarden Menschen von Machthabern
hineingelegt, was auf Englisch Putin heißt. Am perfektesten gelingt das
Verkohlen der Bevölkerung in Europa. Man spricht von Verkohlungen, weil
besonders bei Schwarzen bei vollständigen Verkohlungen Schwarzgeldkonten
entstehen. Erfreulicherweise führte am Ende des 20. Jahrhunderts eine
Schwarzgeldvolksverkohlung zu einem voluminösen Kohl(e)abbau, bei dem
allerdings nur Holzkohle gebildet wurde, die zudem nicht aus einem Stamm,
sondern aus einer Frucht (Birne) entstand. Doch nun zur gesamteuropäischen
Volksverarschung:
Die großmütigen Großparasiten pardon Großkonzerne lassen die Wirte,
pardon das Volk regelmäßig, meist alle vier Jahre „demokratisch“ entscheiden
welche Parteimitglieder zur Ausbeutung auserkoren und zur Bestechung
freigegeben werden. Doch der Großmut geht noch weiter: Eine solche Situation
könnte die kritische Minderheit der Bevölkerung frustrieren und aufmüpfig
machen. Deshalb bekommen die Ärmsten diverse Schweigegelder, namens Sozialhilfe
oder Arbeitslosengeld (Hartz 4) von den Butterbergbauern im Hartz. Außerdem
gaukelt man allen liebevoll vor, dass die Marionetten (Regierungen) der
Großindustrie demokratisch im Sinne des Gemeinwohls regieren und gewählt
werden. (In Wahrheit setzen z. B. die großen Stromversorger die Politiker,
welche diese Konzerne kontrollieren sollten, auf weiche intelligente
elektrische Aufsichtsratsstühle. Diese erteilen bei kritischen Äußerungen
automatisch Stromschläge, während sie jegliche Zustimmung als hochqualifizierte
Beratung auffassen und entsprechende zuckersüße aber überdosierte Beraterhonorare
direkt und unsichtbar rektal einspritzen. Manche Politiker umgehen diese
Überdosierung geschickt: Sie nehmen einen Teil ihrer „wohlverdienten“
Schweigegeldentlohnung in Form erotischer und/oder automobiler Vibrationen
verschiedenster Art (Blaskonzerte, Kolbenbewegungen usw.) auf den elektrischen
Sesseln der (Elektro?)mafia [oder der Autoindustrie] entgegen.).
Andererseits muss man
anerkennen, dass die „hochqualifizierten“ Marionetten, regional bis zu 30%
ihrer Schäfchen von anstrengender Arbeit befreit haben. Das liegt allerdings
daran, dass sie Arbeitslosigkeit und Gemeinwohl gleichsetzen, wohingegen sich
leider viele „gemeine“ Arbeitslose nicht wohlfühlen.
Werfen wir nun auch noch einen vergleichenden Blick auf die grauenhaften
Qualen, die viele Bioparasiten ihren Wirten zufügen und die die Natur scheinbar
gelassen zulässt, statt einen schnellen Tod zu gewähren, wie ihn Raubtiere
oft ihren Beutetieren „gönnen“.
In der Kultur geht es ganz ähnlich zu:
Alle Menschenparasiten (diverse Herrscher, die spitzenManager usw.) lassen
ihren Wirten (Schafen, Dummchen, Sklaven, Kunden, Wählern usw.) seit der
Abschaffung der Guillotine oft das Leben, selten aber die Lebensqualität. Dabei
bestärken sie ihre Vorschriftenkataloge (Koran, Bibel usw.). Aufgrund solcher
Kataloge ist es in der „menschlichen“ Kultur nicht ganz unüblich, den Tod
schlimmer einzuschätzen als grauenhafteste Qualen. Menschen haben diesen
Glauben sogar noch zusätzlich mit anderen Tabus gewürzt. So gelang es ihnen,
sich (selbst bei hoffnungslos Leidenden) gegenseitig grauenhafteste Qualen und
Depressionen zu gönnen und das humane Sterben zu verbieten. Ihren Nutz- und
Haustieren dagegen gönnen und gewähren Menschen oft den schnellen
Gnadentod.
Damit zurück in die Entstehungsgeschichte
des Lebens.
Parasitismus
Wir haben gesehen, dass gleich nach der Entstehung des Lebens, eine der
grässlichsten Errungenschaften geboren wurde, die das Leben je hervorgebracht
hat, der Parasitismus. Die weitaus meisten Lebewesen sind Parasiten. Dümmlich
nennen wir die Wirte deshalb, weil sie sich, einschließlich der Menschen, ohne
entscheidende Gegenwehr über Milliarden Jahre haben ausnehmen lassen. Ein Grund
für diesen laschen Umgang mit den Quälgeistern lag darin, dass die ersten
Lebewesen diese Quälerei gar nicht bemerkten. Ja man konnte zunächst gar nicht
von Quälerei sprechen, da es weder Gefühle noch Wahrnehmungsorgane gab. Aus
diesem Grund ist auch das Verhalten aller Parasiten und Kumpelfresser (wie
heute das Verspeisen von Pflanzen) bis zur Entstehung der Gefühle ethisch
völlig o. k. Als das Leben nach der Entstehung der Gefühle die Parasiten
fragte, ob sie jetzt nicht von der Bühne des Lebens abtreten wollten, lächelten
diese müde. Sie rechtfertigten ihre Existenz und die ihrer Verhaltensprogramme
(Ideologien) damit, dass sie schon immer dagewesen und ein Teil der Schöpfung
seien.
Diese
Sitte haben Menschen, und nicht nur Kultusminister und Religionsfürsten,
ebenfalls übernommen. Auch Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie oder beim
Dualen Systems Deutschland und Pestizideinsätze in der Landwirtschaft werden
mit diesem Argument gerechtfertigt und erhalten.
Außerdem
lallten die Parasiten etwas von Tierrechten, Gleichheit, Freiheit usw. und
beanspruchten deshalb selbst den Genuss schöner Gefühle. Es folgten zwei bis
drei Milliarden Jahre Krieg und grausames gegenseitiges Foltern und
Abschlachten.
Das ganze
Geschehen wiederholte sich milliardenfach mindestens drei Millionen Jahre lang
in der menschlichen Kultur, z. B. in einem 30jährigen Krieg. Dieser Krieg wurde
u. a. ausgelöst, weil die größten Vorbilder jener Zeit (z. B. Papst Leo X.) mit
und ohne Ablass als prunkbewusste Abzocker aktiv wurden.
Allerdings zeigten die Menschen in diesen Bereichen vielmehr Fantasie und
„Humanität“ als die Naturparasiten. Einige fesseln z. B. an besonderen
Festtagen einen Affen mit geöffnetem Schädel so unter einer Öffnung in einem
Tisch, das sie das Gehirn des lebenden Tieres langsam und genüsslich
auslöffeln können, ohne durch die „taktlose“ Zappelei des Affen gestört zu
werden. Die meisten finden das widerlich und schauen deshalb und aus
Höflichkeit weg. Man achtet überall gern die „hochkultivierten“ Sitten fremder
Völker. Beide Gruppen ([Mit[esser] und Weggucker) sind überaus typisch
menschlich.
Kein
Papstasit –Verzeihung Parasit wollte freiwillig die herrliche, warme
ökologische (Klingelbeutel)Nische aufgeben, an die er sich doch schließlich so
gewöhnt hatte.
Die
Bezeichnung Schlaraffennische wäre angemessen, da zum Beispiel Bandwürmer und
Mafiabosse, Vorstandsvorsitzende und Fürsten aller (aber meist männlicher) Art
ständig da leben, wo Milch und Honig fließen und gebratene Tauben in ihre
gefräßigen Rachen fallen. Diese vampiröse Lebensweise (ackermannesmanische
MitEsserei) und ihre selbstzerstörerischen Folgen (Verweichlichung, Verfettung,
Verblödung usw.) haben wir an anderer Stelle näher beschrieben.
Man stelle sich einmal vor, was aus den heutigen Menschen würde, wenn sie alle
ein paar tausend Jahre lang in einem solchen grauenhaft, entmenschlichenden
Schlaraffenland leben müssten. Noch grauenhafter ist die Gewissheit, dass viele
gerade dabei sind, sich mit „großartigen“ Selbstquälungserfolgen ein ähnliches
Paradies zusammenzumarxen oder zu kapitalisieren. „Zum Glück“ ackern und
arbeiten zahllose MitEsser, militante Diktatoren und Bushmänner treusorgend,
also „frei“ von jeglicher Veruntreuung, mit manischer Akribie daran, Milliarden
armen Wirten (z. B. neowilhelminischen Pickelhauben) ein Leben voller
Entbehrungen zu erhalten.
Eine
kleine aggressivere aber ehrlichere und etwas anständigere Gruppe der ersten
und zweiten Lebewesen fraßen ihre Freunde und Nachbarn gleich vollständig auf.
Das tat zwar, als die Gefühle erfunden waren, auch weh, aber meistens nur kurz.
Die Kumpelfresser spalteten sich später in drei Gruppen auf. Die einen fraßen
hauptsächlich Pflanzen, die anderen hauptsächlich Tiere und die dritten beides.
Niemals fraß irgendein Tier, auch kein BSE-Rind, ausschließlich Pflanzen
oder Tiere. Doch genau dies wünschen einige (rinderwahnsinnige?)
Mitglieder der panveganischen Ethikkommissionen (pan =überall, Veganer essen
überhaupt keine tierischen Produkte). Müssten die pflanzenfressenden Nutztiere
der Menschen sich an die Vorschläge menschlicher Ethikkommissionen halten, so
würden sie sehr schnell verhungern. Sie müssten Billiarden von winzigen Tieren
in und auf ihrer Nahrung aussortieren, um sich an das vorgeschriebene
Reinheitsgebot der jakobinischen Aberglaubenethiker für Pflanzenfresser zu
halten. Gerüchten zufolge sollen diese Ethiker sich zu häufig unter wackligen
Kreuzen aufgehalten haben. Wenn nämlich auf den Kopf ein Kreuz fällt, ist der
Jakob kaputt, Verzeihung: der Kopf ja kaputt! Weitere Gerüchte besagen, dass
durch diese Kreutzfelle der alte Name für die zur Diskussion stehende Krankheit
(BSE) entstanden sei.
Anderen Gerüchten zufolge soll es sich bei diesen Aberglaubenethikern um
außerirdische rote Riesen, so genannte Veganer handeln. Jedenfalls entwickelten
die Kommissionen ein ethisches (christliches?) Reinheitsgebot, nach dem
pflanzenfressende Nutztiere sich an ihre göttliche Bestimmung zu halten hatten:
kein Fleisch für verfressenes Pflanzenfresservieh. Die kritischen,
aufgeklärten, atheistischen Freimaurerviecher aber streikten. Nicht einmal die
kleine Mühe, täglich ein paar Milliarden Tiere (Schnecken, Würmer, Einzeller
und so weiter) und Tierprodukte von den Blättern zu lecken und auszuspucken,
wollten sie auf sich nehmen.
(Wir
kritisieren hier das Verbot, an Pflanzenfresser nach dem BSE-Skandal Tiermehl
zu verfüttern. Schlecht und bekämpfenswert sind Krankheitserreger und
unzureichendes Erhitzen der Nahrung, grundsätzlich gefährlich sind tierische
Eiweiße für Pflanzenfresser nicht.).
Die
Pflanzenfresser nennt man Konsumenten 1. Ordnung. Die Tierfresser nennt man
Konsumenten 2., 3. usw. Ordnung oder Räuber, weil diese „Ungeheuer“ Menschen
schon mal Haus- oder Nutztiere stehlen. Die Tiere, die gefressen werden, heißen
Beute. Das Fressen von Pflanzen blieb (wie gesagt) immer ethisch vertretbar,
weil Pflanzen nie Gefühle entwickelt haben. Allerdings gilt diese Fresslizenz
nur für kontrollierten Fraß. Wenn z. B. Heuschreckenschwärme so viele Pflanzen
fressen, dass deshalb anderen diese Nahrung fehlt, ist dies ethisch nicht
vertretbar.
Diese
Überlegungen machen deutlich, dass es zwar menschlich und üblich aber
schwachsinnig ist, den Begriff Ethik nur auf Menschen anzuwenden, als seien
Freud und Leid bei Menschen wichtig, bei Tieren dagegen unwichtig. Im
Zusammenhang mit den eben erwähnten Heuschrecken können wir daher nicht umhin,
einen kleinen tierschützerischen Hinweis loszuwerden: Der Münterferingvergleich
von gewissen Unternehmern und Insolvenzverwaltern mit Heuschreckenschwärmen ist
eine Beleidigung für diese Tiere, die nicht hingenommen werden kann.
Zwischen
Räuber und Beute, Parasit und Wirt, Pflanzenfresser und Pflanzen entstanden nun
Kämpfe. Wenn die Nahrungsorganismen ihre Verteidigungsmaßnahmen
verbesserten, verbesserten die Angreifer ihre Angriffsmaßnahmen (Coevolution).
Das führte dazu, dass alle auf ihrem Gebiet immer leistungsfähiger wurden und,
als kleiner Nebeneffekt, einige Arten sich immer höher entwickelten. Für diese
Höherentwicklung (Anagenese) gab es noch weitere Gründe, z. B. die Konkurrenz
zwischen Lebewesen und jeglicher Ärger mit toter Materie. Wenn z. B. zwei
Räuber die gleiche Beute in gleichen Gebieten jagten, verhungerte der
schlechtere Jäger. Die Wirkungen der toten Materie werden „mundartlich“ als
Selektion durch abiotische Umweltfaktoren bezeichnet. Hitze, Kälte, Feuchtigkeit,
Trockenheit, Strahlung usw. zwangen die Lebewesen, sich, z. B. bzgl. ihrer
Intelligenz, Schnelligkeit, Wahrnehmungsfähigkeit, Emotionalität usw. höher zu
entwickeln.
Symbiose,
Konkurrenz und die Beziehungen zwischen Parasit und Wirt, bzw. zwischen Räuber
und Beute, sind Prinzipien, die auch ganz wesentlich die menschliche Geschichte
und Kultur bestimmen und erklären. Interessante Coevolutionen, bei denen die
angesprochenen Beziehungen (insbesondere parasitäre) eine Rolle spielen,
beobachtet man z. B. zwischen Herrschern und Sklaven, Kriminalität und Polizei,
Doping und Dopingkontrolle usw.
Damit
zurück zu den Anfängen des Lebens:
Als es später auf der Erde heller wurde, weil die Vulkane erkannten, wie
schädlich das Rauchen ist und das meiste Wasser sich faul auf den Boden legte,
statt die Erde einzunebeln, begannen einige weitsichtige Bakterien, das Licht
als Energiequelle zu nutzen. Biologen behaupten allerdings, dass die Abkühlung
der Erde der Grund für die allgemeine Erhellung war, vermutlich, weil sie
meistens einen kühlen (klaren) Kopf bewahren. Jedenfalls hörten diese netten
Lebewesen mit Leichenschmaus und Kannibalismus, die sie eklig fanden, auf. Um
sich von verwandten Verbrecherbakterien, die weiterhin auf Kosten anderer
lebten, zu distanzieren, gaben sie sich einen eigenen Namen. Sie wurden
zunächst „Blaualgen“, später „photosynthetisierende Bakterien“ oder
"Cyanobakterien" genannt. Bald darauf kamen sie auf die - nach
der Erfindung der angenehmen Gefühle - zweitbeste Idee, die jemals im Universum
entwickelt wurde. Sie beschlossen, sich freundschaftlich mit anderen Lebewesen
zusammen zu tun. Jeder Partner gab dem anderen etwas Gutes und erhielt etwas
Gutes dafür zurück. Diese Lebensgemeinschaft zum Zwecke des gegenseitigen
Nutzens nennen Biologen eine Symbiose. Die Freunde (spätere
Pflanzenzellen) der Blaualgen waren groß. Deshalb schlüpften die Blaualgen,
nach einiger Zeit des Kennenlernens, wie es der Anstand bei derlei Einschüben
bis heute gebietet, in ihre Freunde hinein. Sie schenkten ihnen energiereiches
Essen (hauptsächlich Zucker), belästigten sie aber auch mit einem damals
ungeliebten, sehr radikal wirkenden Gift, das die Zellen sauer machte. Sie
schmissen das Zeug raus und gaben ihm, wegen seiner unangenehmen Wirkungen, den
Namen „Sauerstoff“. So vergifteten sie die ganze Erdatmosphäre, was sich später
jedoch als nützlich erwies, weil es die Erfindung der Atmung ermöglichte. Stolz
auf ihre symbiotische Idee gaben sich die photosynthetisierenden Bakterien
wieder einen neuen Namen, nämlich Chloroplasten. Als Gegenleistung für
ihre Gaben erhielten sie von den dicken Pflanzenzellen Schutz und energiearmes
Essen und Trinken, vor allem Kohlendioxid und Mineralwasser. Das Wasser war
Essen und Trinken zugleich.
Alle Lebewesen nehmen Wasser auf, weil sie z. T. aus Wasser bestehen, aber
ständig etwas davon abgeben. Dieses Auffüllen von Wasserspeichern wollen wir
großzügig als Trinken bezeichnen. Aber was soll nun Wasser essen sein? Pflanzen
basteln sich mit Hilfe ihrer Chemiearbeiter, den Enzymen, aus Kohlendioxid und
Wasser zunächst Zucker und daraus alles, woraus sie bestehen (Eiweiße, Fette,
Vitamine usw.). (Für Letzteres benötigen Sie allerdings zusätzlich noch einige
Salze.). Das Wasser war feinstes keimfreies und doch kostenloses Mineralwasser,
enthielt also schon unter anderem all diese Salze, die sie aus zwei Gründen
brauchten.
Menschen
handeln übrigens untereinander ebenfalls mit Mineralwasser, das man gratis aus
dem Boden fördern kann. Sie tauschen dieses Wasser gegen Geld. Sie sind dabei
aber menschlicher (also bestialisch) und weniger symbiotisch, wie die Tiere.
Sie gönnen sich z. B. Gewinnspannen von manchmal 1000%, selbst wenn sie mit
Krankheitserregern verseuchtes Mineralwasser liefern, das schlechter ist als
das Wasser aus dem heimischen Wasserkran.
Doch
zurück zu unseren menschlicheren Symbionten.
Erstens benötig(t)en unsere Chloroplasten einige Salze, um das Material, aus
dem sie bestanden, aufzubauen. Die Enzyme z. B., die ständig mit Höchstgeschwindigkeit
Stoffe zusammenbauen und zerlegen, bestehen nicht nur aus Kohlenstoff,
Wasserstoff und Sauerstoff. Diese drei Elemente sind in den
Grundnahrungsmitteln für Chloroplasten, Kohlenstoffdioxid und Wasser,
enthalten. Enzyme sind Eiweiße. Sie enthalten auch Stickstoff und Schwefel.
Diese und noch viele andere chemische Elemente finden sich im Mineralwasser z.
B. in Nitrat und Sulfat. Menschen nennen dieses ganze Zeug Nährsalze,
Mineralien oder Dünger.
Der zweite Grund für den manchmal übertriebenen, ewigen und allumfassenden
Wunsch nach diesen Nährsalzen ist ein ebenfalls gelegentlich übertriebener
Konservatismus. Ein solcher Konservatismus charakterisiert die Entwicklung des
gesamten Lebens, einschließlich des menschlichen. Alle Lebewesen sind sehr vorsichtig
bei der Einführung von Neuerungen, um dafür zu sorgen, dass die beste
Kombination aus Alt und Neu entsteht. Es ist nämlich die beste Kombination
aus bewährten alten Programmen und guten neuen Erfindungen, die dem Überleben
der Arten und dem Erfolg in der menschlichen Kultur am besten dient. Hier
ein kleines Beispiel für biologischen Konservatismus (der menschliche ist
wesentlich übler, doch manchmal auch konstruktiv):
Das Leben war in Salzlösungen entstanden und hatte sich an diese so gewöhnt,
dass es nie gelernt hat, ohne sie zu funktionieren oder ihre Konzentrationen
wesentlich zu ändern. Alle Lebewesen müssen also Salze aufnehmen, weil Leben
nur in Salzlösungen funktioniert.
Als die Tiere (z. B. Fische) an Land gingen, nahmen sie sich eine meeresähnliche
Salzlösung, die weiterhin ihre Zellen umspülte, mit. Diese Lösung bekam den
Namen Blut und/oder Lymphe.
Die Landwirbeltiere, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere hatten übrigens
die gleichen Probleme bei der Besiedlung des Landes, wie Pflanzen, Insekten
usw. Um mit der Anziehungskraft fertig zu werden, bildeten sie Skelette. Gegen
die Strahlung und Austrocknung entwickelten sie Schuppen, Federn, Fell usw. (s.
u.). Alle grundlegenden Veränderungen dieser Art wurden von Lebewesen nach dem
Prinzip vorgenommen, das unten für die Entstehung der Mitochondrien aus
Bakterien beschrieben ist. (Für Fachleute: Mutationen, Selektion, Gendrift,
Rekombination, Isolation) (s. auch Kap. „Evolution“. Erst viel später
entwickelten sie Gehirne, die sich und die Außenwelt schneller und z. T. mit
gezielter Absicht lernen und verändern konnten.
Doch zurück zu den Chloroplasten. Sie, und die Zellen, in denen sie sich
befanden, hatten bald vergessen, dass sie eigentlich zwei Lebewesen waren. Als
später noch andere Freunde aufgenommen oder alte endlich entdeckt wurden, von
denen die Mitochondrien (s. u.) am bekanntesten wurden, gaben sie sich einen
neuen gemeinsamen Namen, nämlich Pflanzen. Sie feierten ihren
Fortschritt wie Karneval und malten sich bunt an wie das Licht, von dem sie
lebten. Die ersten Stämme nannten sich Grünalgen, Braunalgen und Rotalgen.
Zunächst hatten Blaualgen und Chloroplasten allmählich die Meere immer mehr mit
dem äußerst munteren Sauerstoff gefüllt. Dieses Gas ist so fleißig, dass es mit
dem meisten, was es auf Erden gab und gibt, chemisch reagiert(e). Leider haben
die meisten bekannten Systeme im Kosmos aber den notorischen Wunsch, so zu
bleiben, wie sie sind. Das nennt sich Trägheitsgesetz,
Energieerhaltungssatz, Prinzip vom kleinsten Zwang, Arterhaltung,
Selbsttötungshemmung, Lebenswille usw. Man wollte bleiben, wie man war.
Aber Eisen wurde zu Rost, Kupfer zu Grünspan und organisches Material wurde auf
ulkigste Weise in verschiedenste Teile zerlegt. Diese Teile (organische
Moleküle, Kohlenwasserstoffe) sind z. T. für Lebewesen sehr schädlich, z. B.
krebserregend. Wenn ein Stoff mit Sauerstoff reagiert, spricht man von Verbrennung
(Oxydation). Dabei spielt es keine wesentliche Rolle, ob man mit sichtbarer
offener Flamme z. B. Wälder, Erdöl oder Kohle verbrennt oder ob man Lebewesen
frisst und veratmet. Immer werden CO2, H2O und Nährsalze und leider auch die
giftigen Bruchstücke der organischen Moleküle ausgestoßen.
Der Sauerstoff reagierte mit allem, was sich nicht, wie zum Beispiel die Edelgase,
wehren konnte. Edelgase
verdanken
ihren Namen der Tatsache, dass sie über fast alle chemischen Angriffe nur edelmüdig
lächeln.
Nur
Moore, Seen und Meere schlugen dem Sauerstoff, den Parasiten und Raubtieren
hier und da ein Schnippchen. Am Grund vieler Seen, Moore und Meere gab es so
wenig Sauerstoff, dass alles (vor allem Lebewesen), was hinab sank, nur sehr
wenig verändert wurde. Deshalb können die Menschen sich heute an Moorleichen,
Fossilien, Kohle, Erdöl und Erdgas erfreuen und letztere nutzen
für Mord und Transport. Diese Bruchstücke sind z. B. unter dem Namen FCKW
bekannt. Dies sind Kohlenwasserstoffverbindungen, die Fluor und Chlor enthalten
(s. o.).
Viele solcher
Giftstoffe werden von Menschen ganz gezielt hergestellt, um sie als Gifte zu
nutzen. Zur Tarnung gibt man ihnen wohlklingende Namen wie z. B.
„Pflanzenschutzmittel.“ So fällt es weniger auf, dass gewisse Mistschweine sie,
aus Zeit-, Tierschutz- und „Sicherheits“gründen am liebsten an der ganzen
Menschheit testen (und manche auch wirklich getestet haben). Zudem sind unter
den Bossen chemischer Konzerne auch Sparschweine. Seitdem „eklige“
Störenfriede (Greenpeace usw.) sich einmischen, begnügen sich solche Bosse
hoechst „rücksichtsvoll“ entgegenkommend mit Stichproben. Aus ökonomischen Gründen
wählt man als Stichproben besonders gerne die Mitarbeiter chemischer
Großkonzerne und die übermutige Bevölkerung, die sich rund um solche Konzerne
ansiedelt. Spitzenreiter bei diesen „humanen“ Tests ist die Firma Hoechst,
deren höchst erfreuliche Erfolge wir an höherer Stelle bereits aufs höchste
gelobt haben (vgl. z.B. D. Hallervorden in den 90ern). Hoechst erreichte rund
um das Jahr 2000 mehrfach höchste Ausstöße höchst „ungefährlicher“ Gase in die
nächste Umgebung des Werkes, wo viele arme Frankfurter Würstchen hausten. Diese
Würstchen (echte Deutschländer) wuschen sofort höchst selbstmörderisch
die „ungefährlichen“ Substanzen von den höchstgeliebten Autos, während am
nächsten Tag die Firma Hoechst Mitarbeiter mit höchstwasserdichten
Schutzanzügen zur Reinigung in die höchst(„un“)verseuchten Gebiete schickte.
Natürlich ist es Seveso –pardon sowieso klar, dass auch andere Firmen
nicht nur Sandoz – Verzeihung Sand aus-gestoßen haben. Sehr beliebt war
der meist (un)heimliche Ausstoß von Gasen und Flüssigkeiten.
Auch andere „verantwortungsbewusste“ Firmen führten vorsorgliche Tests
(Gasausstöße), z. B. von Holzschutzmitteln, an Firmenmitarbeitern durch. Das
Verantwortungsbewusstsein war so „groß“, dass man die tödlichen Ergebnisse
geheim hielt, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Hier wurde jedoch
niemals (wie Umweltschutzmeckerköppe behaupten) einfach nur schlampig
Schindluder getrieben. Dies erkennt man schon daran, dass bei allen derartigen
Tests mit „brutaler Rücksichtslosigkeit“ den Mitarbeiter aus den Führungsetagen
die (An?)teilnahme verweigert wurde.
Nicht
nur Sauerstoff konnte all dieses künstliche Zeug (Kohlenwasserstoffe usw.) kaum
noch zersetzen, sondern auch Organismen wie Bakterien, Pilze, Maden, Würmer,
Käfer usw., die normalerweise alle Lebewesen zersetzen (dabei allerdings auch
Sauerstoff benötigen).
All diese Lebewesen heißen Destruenten (siehe unten). Auch sie gehören
zum Lebenslangzeiterhaltungsteam. Sie sind es, die aus Leichen, Haaren,
Schuppen, Holz, Blättern usw. wieder Nahrung für die grünen Pflanzen machen,
nämlich Kohlendioxid, Wasser und Nährsalze wie NO3, NO2, PO4, SO4, Mg, Ca usw.
Da Sauerstoff auch Oxygenium genannt wird, nennen Menschen die Verbrennung und
alle Vorgänge, bei denen ein Stoff einem anderen Elektronen „klaut“, auch Oxidation.
In dieser
üblen Sauerstoffüberschusssituation beriefen die Lebewesen das erste
antioxidative Konzil ein.
Man war sich schnell darüber einig, dass jedes einzelne Lebewesen sich mit den
üblichen Methoden (Mutationen, Selektion usw.) selbst um das Überleben seiner
Art kümmern musste. Es war aber ebenfalls offensichtlich, dass die
rücksichtslose Umweltverschmutzung durch die angeblich so ehrenwerten Blaualgen
und Chloroplasten immer weiter zunehmen und dann das ganze Leben vernichten würde.
Man entschloss
sich einer ganz tollen collection von Lebewesen den Auftrag zu geben, ein
technisches Rettungswerk zu entwickeln. Man wählte eine Gruppe pyromaner
(feuersüchtiger), aber dennoch intellektueller, Wissenschaftsbakterien (spätere
Mitochondrien) aus der radikalen Familie der Hausbesetzer, Unterfamilie
Ökofreaks. Die „großartige“ Auswahl wurde später „toll collect“ genannt (s.
u.). Dieser Gruppe sagte man: „Siemensu, dass du das Problem schnell löst,
sonst gibt es eine daimliche Konventionalstrafe oder wir stolpern alle in den
Untergang. Und der Untergang wird aus der Ferne komm` (auf Latein: Telekom)“.
Die Gruppe dachte nach: „Man könnte für alle Sauerstofftransporte eine
Mautgebühr erheben oder Sauerstoffzertikate verkaufen“. Das erschien kompliziert,
aufwendig und teuer.
Konnte der eklige Sauerstoff nicht vielleicht als Teil einer fortschrittlichen,
feurigen, neuen ökologischen Nische aufgefasst, genutzt und besetzt werden? Man
hatte beobachtet, dass Blaualgen die Lichtenergie viel besser ausnutzten, als
die anderen Lebewesen die chemische Energie, die in ihrer Nahrung steckte. Auch
der Sauerstoff zerlegte das organische Material (=Nahrung) gnadenlos in
Kohlendioxid und Wasser und setzte dabei fast die gesamte chemische Energie
frei, allerdings nur, um sie ebenso gedankenlos (z. B. als Wärme) zu
verpulvern. Man musste also ein Verfahren finden, mit dessen Hilfe diese
sinnlose Verbrennung biologisch nutzbar gemacht werden konnte.
Dieses Verfahren wurde nach wenigen Millionen Jahren Entwicklungsarbeit unter
der Bezeichnung „Atmung“ zum Patent angemeldet.
Die
Menschen haben um 2003 ebenfalls einige „tolle“ Unternehmen collected, um
Autobahnnutzungsgebühren mit Satellitenhilfe abzukassieren. Was die Zeit anbelangt,
hat sich diese tolle collection scheinbar an den Wissenschaftsbakterien ein
Vorbild genommen. Allerdings wussten die tollen menschlichen Kollektoren schon
bei der Auftragsannahme, dass sie erst allmählich während der Durchführung die
auftretenden Probleme lösen würden. Das verschwiegen sie allerdings
wohlweislich (wie üblich) ihren Auftraggebern, weshalb der Verkehrtsminister
Stolpe leicht ins Stolpern geriet.
Das
Atmungsverfahren ist teilweise später von Menschen (wenn auch leicht verändert)
„illegal“ kopiert und „zur Tarnung“ unter der Bezeichnung „Brennstoffzelle“
gewinnbringend auf den Markt gebracht worden. Wie man munkelt, haben die Tiere
wegen dieser Industriespionage noch nicht prozessiert, weil der Diebstahl die
Menschen in der Zukunft vor der Selbstvergiftung bewahren könnte, so wie damals
die Atmung das Leben gerettet hat. Bestimmte Brennstoffzellen betreiben nämlich
Motoren usw. mit Wasserstoff und setzen dabei nicht, wie sonst üblich, Gifte,
sondern nur Wasser frei. Durch ihre Nutzung würden auch viele Tier- und
Pflanzenarten der Zerstörung durch den Menschen entgehen.
Die
Bakterien studierten ihr Inneres und stellten fest, dass sie nur einige
Strukturen und Funktionen, also Membranen, Enzyme und anderen Kram, umbauen
mussten, um sich in Biobrennstoffzellen zu verwandeln. Sie verfügten nur über
äußerst primitive Fertigungstechniken. Statt eines Planungsbüros kannten sie
nur blindes Herumprobieren. Es war ihr ehrenwerter aber dümmlicher Boss, die
DNA, die sich nur durch Versuch und Irrtum langsam lernend an die richtige
Lösung herantasten konnte. (Diesen Lernvorgang der DNA nennt man üblicherweise
„Evolution des Lebens“).
Die Bakterien legten sich also, so gut es im Wasser ging, an die Sonne und
ließen energiereiche Strahlen, aber auch Giftstoffe (Mutagene) x-beliebig in
ihrer DNA herumblitzen und –hacken (=chemische Reaktionen auslösen). Die DNA
enthält die Baupläne aller Lebewesen. Dabei ergaben sich irgendwelche
zufälligen Veränderungen dieser Pläne, so genannte Mutationen. Der
Zufall wollte es, dass einige dieser Mutationen auf die Ziele „Atmung“ und
„Biobrennstoffzelle“ zu führten.
(Auf diese Weise entstanden und entstehen alle Merkmale und Eigenschaften der
Lebewesen. Nur die Tiere entwickelten später Gehirne, die ebenfalls derartige
Veränderungen bewirken konnten und können, aber dennoch, bzgl. der
Grundprinzipien des Lernens, z. T. ähnlich funktionieren wie DNA.).
Die menschlichen Biowissenschaftler glauben allerdings nicht an die Klugheit
der Bakterien. Sie behaupten, dass die Umwelt aus den Zufallsmutanten
(=Lebewesen mit mindestens einer Mutation) diejenigen herauspickt, die sich in
ihr am erfolgreichsten fortpflanzen. Die anderen sterben aus. Diesen Vorgang
nennen die Wissenschaftler Auslese oder Selektion. Wie die Sexualität,
kurze Generationsdauern und der natürliche Tod dafür sorgen, dass immer
möglichst viele verschiedene Mutanten (genetische Variabilität) zur Verfügung
stehen, damit es ordentlich was zu picken gibt, ist unter „Evolution“ und im
Kapitel Sexualität erläutert. Hier sei nur kurz gesagt, dass auch die
Sexualität vor allem dafür sorgt, dass es etwas Ordentliches zu picken gibt. Es
geht vor allem um gute Mischungen der Gene.
Lust- und
Unlustbetonte ähnliche Schreibweisen des Wortes „picken“ charakterisieren nicht
so sehr die Sexualität im biologischen Sinne, als vielmehr die emotionalen
Motive (Störungen?) und einen häufigen kleinen Nebeneffekt namens
Fortpflanzung. Hier wird auch ein extrem merkwürdiger (schamhaft
[un]menschlicher) Umgang und eine ebensolche Bewertung der Sexualität deutlich.
Die perverse „himmlisch menschliche“ Gesellschaft schaffte es z. B., Begriffe
aus der höllisch weltlichen Sexualität zum effektivsten Beleidigungsmittel zu
erheben.
Alle diese soeben beschriebenen Vorgänge und Erscheinungen (Selektion,
Sexualität, Mutation usw.) sind Ursachen für die Entwicklung und
Höherentwicklung des Lebens. Besonders die Selektion hat also unter anderem
Gefühle, Intelligenz und den Menschen geschaffen. Dieser „Kleinkram“ geht
gerade in genau dem Maße, in dem der Mensch die Selektion beseitigt, allmählich
zugrunde (vgl. Kapitel Genetik). Doch zurück zu Erfreulicherem, unseren
Bakterien.
Bald funktionierte die Atmung einwandfrei. Nun konnte man dem Sauerstoff an den
Kragen gehen. Da die Atmung nun wunderbar effektiv arbeitete, beschloss man
jedoch, nicht den gesamten Sauerstoff zu verbrauchen, sondern ihn in einem
Recycling-Prozess von Blaualgen und Chloroplasten immer wieder in vertretbaren
Mengen herstellen zu lassen. Dies war einer der genialsten Schachzüge des
Lebens. Es konnte eine globale Symbiose entstehen, bei der die atmenden
Lebewesen den photosynthetisierenden Kohlendioxid und Wasser lieferten, während
diese den atmenden Zucker und Sauerstoff lieferten. Pflanzen „fressen“ den
Abfall und die zersetzten Leichen(teile) der Bakterien, Blaualgen, Tiere, Pilze
und Pflanzen. Tiere fressen die mehr oder weniger frischen Leichen und
Abfallprodukte aller Lebewesen und atmen den Sauerstoffabfall der Pflanzen ein.
Das Zersetzen der Leichen, Blätter, Haare, Hufe, Knochen usw. bewerkstelligen
Sauerstoff, energiereiche Strahlung, Pilze, Tiere, Bakterien usw. (Destruenten
siehe oben). Sie sind sehr wichtig, weil sie das tote organische Material
wieder in den Kreislauf des Lebens zurückführen. Ohne sie hätte das Leben nicht
lange überleben können. Nur durch diesen globalen Kreislauf wurde es möglich,
dass das Leben auf der Erde etwa 3,6 Milliarden Jahre überleben konnte. Dabei
ist nicht nur dieser geniale Kreislauf entscheidend, sondern auch die Tatsache,
dass man mit der Sonne eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle anzapfen
konnte.
Am Rande
sei erwähnt, dass Pflanzen auch Sauerstoff einatmen. Sie atmen nachts und mit
ihren Wurzeln immer, weil dann und dort kein Licht für Photosynthese zur
Verfügung steht. Abb. 1
Die
Sonne liefert, auch für Menschen, fast die gesamte Energie. Die Atmung erwies
sich als ein so großartiges Verfahren, dass es bis heute auf der Erde von fast
allen Lebewesen verwendet wird. Entwickelt haben es aber nur die oben erwähnten
Wissenschaftsbakterien. Wie konnte es dann in alle Lebewesen gelangen? Nun ganz
einfach, auch die Wissenschaftsbakterien, bzw. ihre DNA, „erkannten“ natürlich
die Trends der Zeit und die Weichen in die Zukunft. Deshalb verbündeten sie
sich genau wie die Blaualgen mit größeren Zellen. Sie schlüpften, wie oben
schon angedeutet, unter anderem in die Zellen, in denen schon Chloroplasten
waren. Hier konnten sie zu aller Zufriedenheit mit den Chloroplasten optimal
die erwähnten Stoffe austauschen. Zum Glück für Mensch, Pilz, Bakterium und
Tier waren die Pflanzen so großzügig, dass sie mehr Sauerstoff abgaben als sie
selbst verbrauchten.
Es gab aber auch noch Zellen ohne Chloroplasten und Mitochondrien. Viele dieser
dümmlichen Konservativen begnügten sich noch immer damit, die Energie in den
Nahrungsstoffen nur zu geringen Teilen zu nutzen (Gärungen durchzuführen). Die
meisten haben ihre Sturheit und Indoktriniertheit mit dem Leben bezahlt.
(Das haben
viele konservative menschliche Ideologien [nicht nur talibanausische] leider
noch vor sich.).
Aus
Zucker z. B. machten diese Verschwender nicht Kohlendioxid und Wasser, sondern
Milchsäure, Alkohol und viele andere Gifte, die noch massenhaft Energie
enthielten. Menschen nennen solche Vorgänge „Gärungen“. Eines dieser
Gifte, den Alkohol, pressen sie unheflich aus den Pflanzen oder
Hefepilzen, die diese meist blödsinnige Gärung (unvollständiger Abbau von
Zucker usw.) mit Vorliebe durchführen. Dann gießen Menschen dieses Zeug in sich
hinein, um lustig zu werden, ihre Hemmungen zu verlieren, ihre Sorgen zu
vergessen oder sich und andere z. B. mit Hilfe diverser (Transport)Mittel
umzubringen. Die Wissenschaftsbakterien dagegen einigten sich mit allen ihren
symbiotischen Partnern, all diese Gifte in Essigsäure umzuwandeln, welche die
Wissenschaftsbakterien dann mit Hilfe des Sauerstoffs endgültig verbrannten.
Glücklicherweise gewinnen sie ungefähr 13-mal mehr Energie als die
unglücklichen (abergläubischen?) gärenden Kollegen. Die überschüssige Energie,
die dabei frei wird, geben die Wissenschaftsbakterien seither zum größten Teil
als Dank für die erhaltene Essigsäure an ihre großen Freunde (Zellen) ab. Seit
dieser Zeit nennen sich die Wissenschaftsbakterien Mitochondrien und bekamen
später für ihre Energieleistungen von den Menschen den Ehrentitel „Kraftwerke
der Zelle“. Auch die großen Zellen, die Dümmlinge, gaben sich jetzt
wohlklingende Namen. Sie zerfielen in zwei Gruppen. Die einen- meist fleißige,
quirlige Gesellen- nannten sich Tiere, die anderen- eher faules, lichtscheues
Gesindel- nannten sich Pilze. Viele Pilze und die meisten Tiere wurden leider
später zu Parasiten.
Da mit den
Pilzen keiner etwas zu tun haben wollte, weiß man nicht genau, ob sie von
Pflanzen, Tieren oder beiden abstammen. Die Abstammungsdokumente wurden
wahrscheinlich damals von einer gewissen Klau- oder Gau- oder Gauckel-Behörde
(oder so ähnlich) vernichtet, da man die Pilze, besonders das Ostberliner Pils,
nicht ganz zu Unrecht und schon gar nicht ganz zu Recht für den größten
anzunehmenden Unfall (Marx und Murx) der Natur hielt. Jedenfalls kam es quasi
(oder Stasi?) zu tierischen staatssichernden Vernichtungsmaßnahmen, bei denen
ein gewisser Markus Reißwolf zum gestreiften Papiertiger wurde.
Solche Vernichtungsaktionen (beispielsweise kleine Gaus im Haus von der Familie
Strauß) haben sich später noch maximalisch oft wiederholt. Bekannt wurden z. B.
ein berühmter depressiver bayrischer Straußenvogel und dessen Verwandtschaft
sowie diverse teils großvolumige, schweigesüchtige Parteifreunde. Natürlich ist
es möglich, dass tatsächlich die, wegen Bestechlichkeitsverdacht,
beschlagnahmte Festplatte von Maxens Computer von ganz normalen Dieben
gestohlen wurde. Es könnte aber auch sein, dass nicht eine lockere Schraube im
Computer oder Depressionszentrum besagten Jungstraußes zum Verlust seiner
Festplatte führte, sondern eine lockere Schraube in den Abteilungen, Anstand
und Charakter im Stirnhirn dieses merkwürdigen unschuldigen Vogels und gewisser
Parteifreunde.
Wahrscheinlich
stammen Pilze teilweise von tierischen und teilweise von pflanzlichen Vorfahren
ab.
Die
Bakterien und Mitochondrien und alle ihre Nachkommen verbrannten stets alles,
was sie zu beißen bekamen, vollständig. Das einzige was übrig blieb,
Kohlendioxid und Wasser, schmissen sie, bzw. die Tiere, Pflanzen und Pilze, in
deren Zellen sie wohnten, einfach mehr oder weniger hinaus.
Genau genommen sind Pflanzen usw. natürlich Gemeinschaften aus Mitochondrien,
Chloroplasten, Zellen und noch einigen fast völlig verstümmelten Symbionten,
die wir hier nicht näher behandeln.
Auch
Menschen (und die Menschheit) sind übrigens eigentlich Symbiosen aus vielen
Zellen, Mitochondrien, Computern, technischen Geräten, (Menschen) usw.
Das
Kohlendioxid jedenfalls erregte die Aufmerksamkeit einer Algenfamilie aus der
Ordnung der Müllschlucker, Unterordnung Vielfraße. Hier wurde das weggeworfen,
wonach sie hungerten, Kohlendioxid. Es ist zu allen Zeiten für die Pflanzen
Mangelware geblieben. Aus diesen ersten Algen entwickelte sich das, was wir
heute grüne Pflanzen nennen (Grünalgen, Moose, Farne, Samenpflanzen).
Menschen
verbrennen zurzeit ebenfalls große Mengen organischen Materials (Erdöl, Erdgas,
Kohle) und erhöhen dadurch die Kohlendioxidmenge in der Atmosphäre. Dadurch
wird es auf der Erde wärmer (Treibhauseffekt), weil weniger Wärme ins Weltall
abstrahlen kann.
Ein mit
Sicherheit falsches Gerücht besagt, dass die Menschen heute mit diesem Zeug den
Planeten überhitzen, um den Pflanzen eine Freude zu machen. Einige menschliche
Wissenschaftler warnen vor den schädlichen Folgen dieses so genannten
Treibhauseffektes. Bestimmte amerikanische Wissenschaftler konnten jedoch für
wenig Geld beweisen, dass diese Bedenken überflüssig sind. Durch den
Treibhauseffekt schmelzen die Polkappen. Dadurch dringt viel Süßwasser in die
Nordmeere. Das wiederum kann dazu führen, dass der Golfstrom und in der Folge
alle großen Meeresströme abgeschaltet werden. Der Golfstrom sinkt im
Nordpolarmeer ab. Dieses Absinken wird vom Süßwasser verlangsamt, weil das
Sinken des Wassers von seiner Dichte und diese vom Salzgehalt abhängt. Ohne die
Meeresströmungen werden die Temperaturen in außeramerikanischen, also „weniger
wichtigen“, Regionen der Erde, z. B. in Europa, um durchschnittlich bis zu 10°
fallen. Amerikanische Industriebosse scheinen dies zu wissen. Sie heizen also
aus altruistischen Motiven „vorausschauend“ lustig weiter, um sich Europa
warmzuhalten. Sie wollen das Wasser eiskalt fest machen und andere vor dem
Hitzeschock bewahren. So ist jetzt richtig was los im amerikanischen Busch,
weil in und mit dem amerikanischen Bush nicht viel los ist. Wir hoffen und
fürchten, dass Europa diesem (leider?) nicht brennenden Bush bald die kalte
Schulter zeigen wird.
Zurück zur weniger hirnlosen Natur.
Chloroplasten
konnten wie gesagt mit Hilfe des Lichts aus Kohlenstoffdioxid, Wasser und
diversen Zusätzen (Nährsalze) die herrlichsten Speisen und Baumaterialien
zubereiten. Diesen Vorgang nennen Wissenschaftler Photosynthese, weil mit Hilfe
von Photonen, also Licht, etwas zusammengebaut wird. Die wichtigsten Speisen
und Baumaterialien (Produkte der Photosynthese) nennen sie Eiweiße, Fette,
Kohlenhydrate und Nukleinsäuren. Die Algen waren mit ihrem neuen
Energienutzungsverfahren (Fotosynthese) ihren Konkurrenten überlegen und
besetzten nun zunächst alle für sie nutzbaren freien ökologischen Nischen im
Wasser.
Konkurrenz (s.
o.) führt in der Natur manchmal zum Aussterben von Arten. Eine Art, die einer
anderen ähnlichen Art geringfügig überlegen ist, kann dieser die Nahrung
wegfressen, Brut- und Versteckmöglichkeiten besetzen, sie direkt vertreiben
usw. Neben der Konkurrenz gab es noch eine zweite, eigentlich sehr vernünftige,
Ursache für Streit und Ausbreitung der Arten. Es handelt sich um Streitereien
die auch innerhalb einer Art stattfinden können. Unter Biologen wird die
Erscheinung, über die wir jetzt sprechen wollen, Revierverhalten oder
Territorialaggression genannt. Alle Lebewesen einer Art, die sich gegenseitig
vertreiben, breiten sich auf dem Planeten aus. Wenn es zu einer lokalen
Katastrophe (Überschwemmung, Waldbrand, Vulkanausbruch usw.) kommt, überleben
alle Individuen, die außerhalb solcher Gefahrenzonen leben. Wir haben dieses
Phänomen, das die wichtigste Grundlage des menschlichen Rassismus bildet, oben
bereits näher beschrieben.
Damit
zurück zu unseren Algen. Einige Abstinenzler schafften es sogar, Flüsse und
Seen zu besiedeln, obwohl dort der Natriumchloridgehalt schon fast
destilliertem Wasser zur Ehre gereicht hätte. Es fehlte u. a. das Kochsalz
(=Natriumchlorid) in der Suppe. Nun waren alle Gewässer besiedelt. Man sollte
denken, dass die Streitereien, die der Ausbreitung dienten, nun keinen Sinn
mehr machten und aufhörten. Aber die Streitereien hörten zum Glück nicht auf.
An dieser
Stelle vergleichen wir noch einmal die Natur mit der Kultur. Auch die Menschen
haben den gesamten Erdball besiedelt, hören aber leider nicht oder zu wenig
auf, sich rassistisch zu bekämpfen. Menschen könnten im Gegensatz zur Natur
ihre Ausbreitung, z. B. auf den Mars, durch Vernunft statt durch leidiges
(Un)fairkloppen steuern, doch sind sie dazu (noch?) zu bekloppt.
Wasser
und Platz gab es für die Algen zwar genug, aber Kohlendioxid und Licht waren
Mangelware. Dieser Notstand inspirierte einige Notstandsgesetzlose aus der
Familie der braunen Reise- und Kampffanatikeralgen. Diese Herrenrasse, von der
nach Meinung mancher dummdreister Philosophen und Sozialdarwinisten
alle Arier, aber ganz besonders die Germanen (Germanien als ökologische
Nietzsche?), abstammen sollen, kam auf eine übermenschliche,
„schwarSSglänzende“ Idee: Diese Algen hatten, wenn sie sich an der
Wasseroberfläche die Sonne auf Bauch- und nackte Kopfhaut (skin) scheinen
ließen, herrliche einsame Strände mit ultrageiler Beleuchtung, aber ohne
Parasiten und Pflanzenfresser, bemerkt. So warfen sich viele besonders dumme,
nahezu kahlköpfige Urlaubsüchtige mit Wind und Wellen begeistert an die
französische Riviera, Petersburger Bucht und andere Strände und auf alles, was
nach Blut und Boden roch. Eine fernöstliche gelbliche schlitzäugige Variante
dieser imperialistischen Wanderratten warf sich sogar perlensüchtig aber
raubtierlich kamikatzisch auf die Pearl Habor Beach. Dort merkten sie, dass die
Strahlung nicht nur ultrageil, sondern auch ultraviolett, radioaktiv usw. war.
All diese energiereichen Strahlen zerstörten Erbinformationen und Eiweiße (auch
die wenigen cerebralen = hirnlichen) selbst in den braunsten, die sich doch
stets selbstaufopfernd um die Reinheit ihres Erbguts gekümmert hatten. So
dauerte es länger als tausend Jahre, bis ihr dummes Erbgut gelernt hatte, dass
Haare vor Austrocknung und Strahlung schützen. Schließlich verwandelten sich
über 1945 der dummen Braunen allmählich in intelligentere Grüne, die es
lernten, mit Umweltgefahren, wie Strahlung, Anziehungskraft, Austrocknung,
Giftgasen usw., zurechtzukommen. Ihre Erbinformationen wurden so geändert, dass
sie Wachsschichten und Härchen gegen Austrocknung bildeten. Damit sie nicht
wegen der Erdanziehungskraft hilflos platt am Boden lagen, umhüllten sie ihre
Zellen mit Zellwänden und drückten von innen so kräftig mit Wasser gegen die
Wände, dass stabile Pflanzenkörper entstanden. Dieses Verfahren meldeten sie
unter der Bezeichnung Osmose zum Patent an.
Auch dieses
großartige Patent haben Menschen später -wenn auch nur schlecht- kopiert. Auf
die gleiche Weise bauen sie z. B. stabile Wasserbettmatratzen und
Luftmatratzen, in die sie allerdings Gase blasen.
Die
Nachfahren dieser grünen Algen, die Moose, Farne und Samenpflanzen entwickelten
sich nun großartig. Sie kämpften nämlich gegeneinander um Licht und wurden
dabei immer größer und stabiler (Verholzung), da die Sonne häufig oben war.
Hier wird
nochmals deutlich, dass alle Lebewesen, auch Menschen, sich bisher nur dann
großartig entwickeln können, wenn sie sich ein bisschen bis mittelprächtig anstrengen
müssen. Das erinnert uns evtl. an die oben erwähnte grauenhafte Vorstellung vom
paradiesischen Schlaraffenland und an die jüngsten Erfolge des deutschen Schul-
und Erziehungssystems. Sie ergötzen sich solange an ihrer Überverwöhnung, bis
der schiefe Turm von Pisa bricht. Übrigens brechen auch die überverwöhnten
Kinder nicht weniger als die autoritär unterdrückten Kinder früherer Zeiten.
Beide sind in den Brunnen gefallen, weil sie aus den zerbrochenen Krügen
(Kuschelpädagogik und Peitsche) nicht trinken konnten.
Die
bunten Pflanzen sind die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, welche die
Bezeichnung „menschlich“ verdient haben, weil sie sich anständig ernähren. Sie
nehmen im Gegensatz zu Tieren, nicht andere Tiere aus wie Weihnachtsgänse und
überfressen sich nicht, wie viele Menschen. Sie bilden das 2. Reich des Lebens,
das Pflanzenreich. Das 1. Reich bilden die Bakterien und Blaualgen.
Blaualgen sind nicht Algen wie die anderen, sondern ganz anders gebaut, nämlich
wie Bakterien. Sie gehören aber auch zu den „anständigen“ Lebewesen, denn sie
ernähren sich von Licht und Abfall, hauptsächlich Kohlendioxid, Nährsalzen und
Wasser. Unter den Bakterien dagegen gibt es viele, die sich wie Tiere, und
einige, die sich wie Parasiten ernähren. Das gleiche gilt für Pilze, die früher
zu den Pflanzen zählten, heute aber von vielen Biowissenschaftlern als eigenes
Reich, das Pilzreich, bezeichnet werden. Wir begnügen uns hier mit drei Reichen,
damit das dritte Reich, das Tierreich, seinen wohlverdienten Platz zugewiesen
bekommen kann. Es ist, wie es sich für ein Drittes Reich gehört, das mieseste
aller Reiche. Es besteht nämlich zahlenmäßig fast nur aus Parasiten und neigt
auch sonst an allen Ecken und Kanten zur (Selbst)quälerei. Menschen, die man
biowissenschaftlich, obwohl sie Säugetiere sind, als viertes oder fünftes Reich
bezeichnen könnte, sind die einzigen, die diesem dritten Reich reichlich Wasser
reichen können und besonders während des Dritten Reiches auch gereicht haben.
Aber jetzt reicht´s, was dieses glorreiche Thema anbelangt.
Die Entstehung
des Menschen
Die
Ursachen der Menschwerdung
Der
Inhalt der folgenden Abschnitte entstammt teilweise Vorlesungen von Konrad
Lorenz. Seine Bücher liefern eine Menge wertvolle Informationen für ein
tieferes (vor allem ethologisches) Verständnis der Menschen (Ethologie =
[vergleichende] Verhaltensforschung).
1.
Neotenie
Der Mensch wird in einem
Entwicklungszustand geboren, in dem er eigentlich noch Embryo, also völlig
unselbstständig und -besonders bezüglich des Gehirns- noch nicht fertig
entwickelt ist. Diese Erscheinung heißt Neotenie oder Fötalisierung.
Eine (mögliche!) äußere Folge ist unser fehlendes Haarkleid. Die wichtigsten
inneren Folgen sind: teilweise Beibehaltungen von kindlichen Eigenschaften wie
Spieltrieb, Neugier, pubertäre Protest- und Innovationsappetenz usw. bis ins
Alter. Dadurch bleibt der menschliche Geist länger flexibel (weniger
indoktriniert) und lernfähig. Dies ist ein wichtiges Fundament für die
Höherentwicklung der Intelligenz und die prinzipielle Überlegenheit gegenüber
allen Tieren. Der Hauptsinn der Fötalisierung besteht in der Verbesserung der
Möglichkeit der Anpassung an spezifische Umweltbedingungen und schnelle
Veränderungen der Umwelt durch Lernen. Solche schnellen Veränderungen sind
typisch für die vom Menschen bestimmte Umwelt (Kultur). Machen wir uns dies an
Beispielen klar. Kindliche und jugendliche Eigenschaften wie Neugier,
übertriebener Mut, Ungehorsam usw. förderten die Entwicklung von Waffen und die
Veränderung von Verhalten z. B. gegenüber Feinden und Feuer. Die Entwicklung
und Nutzung von Speeren und Fallen veränderte z. B. den sinnvollen Umgang mit
Löwen und Antilopen. Löwen verloren immer mehr von ihrer Gefährlichkeit und
Antilopen wurden immer häufiger erbeutet. Auch die Gehirne und die Gene der
Löwen lernten übrigens schnell, Menschen nicht mehr als Beute, sondern als
einzigen echten Feind zu betrachten. Froschgehirne sind für derartige
Lernleistungen zu wenig flexibel. Menschengehirne konnten (u. a. aufgrund der
Neotenie) sogar eine sich immer schneller verändernde Kultur schaffen und
überleben.
Später forderte z. B. die ständige Verbesserung der Kriegswaffen innerhalb
weniger Jahrzehnte (manchmal sogar Tage) schnelle Veränderungen der
Verteidigungsmethoden und umgekehrt. Noch schneller müssen heute
Softwareprogramme auf den neuesten Stand gebracht werden. Manche Menschen
mussten und müss(t)en sogar ganze Ideologien aufgeben. So war K. Popper nur in
seiner Jugend, Honecker bis zu seinem Tode, Kommunist. Viele DDR-Bürger mussten
ihre kommunistische Ideologie in Frage stellen, als sie sahen, dass in der BRD
nicht die meisten kapitalistisch ausgebeuteten Menschen unter Brücken, sondern
in hübschen Wohnungen oder sogar Eigenheimen schliefen. Das Regime hatte ihnen
ziemlich übertrieben viel von armen ausgebeuteten Bundesbürgern vorgelogen.
Manche ehrliche Menschen lehrt u. a. die kapitalistische Gesellschaft, dass sie
nur mit kriminellen Methoden Erfolg haben. Viele Regierungen, Kirchen,
Unternehmen, Institutionen, Berufsgruppen, Eltern usw. leben diesen
Parasitismus sogar (als Nachahmungsanregung?) vor.
2. Der aufrechte Gang
Menschen gehören zu den wenigen (Säuge)tieren auf diesem Planeten, die auf
zwei, statt auf vier Beinen laufen. Dadurch wurden ihre Hände für andere
Aufgaben frei. Sie schreiben damit, bau(t)en Werkzeuge und entwickel(t)en mit
ihrer Hilfe fast ihre gesamte Kultur und Technik. Diese Kultur enthält ähnlich
wie Gehirne sehr viel Informationen, welche durch Lernvorgänge in Gehirne (und
wieder zurück) gespiegelt werden. Ein Computer z. B. wird mit Hilfe
menschlicher Intelligenz (in Gehirnen) hergestellt. Er erzeugt aber auch bei
seiner Nutzung und Verbesserung Intelligenz, weil er selbst ein
informationshaltiges und informationsverarbeitendes System ist. Besonders
wirkungsvoll sind schlechte und unverständliche Betriebssysteme, Programme und
Bedienungsanleitungen.
So besehen ist
tiefe Dankbarkeit für den Zwang zur Entwicklung gewaltiger
Intelligenzleistungen z. B. beim Umgang mit Bill Gates-Mikrosoftprodukten der
90ziger Jahre angemessen. Noch mehr Achtung gebührt denen, die nur den Computer
und nicht den monopolmissbrauchenden Kotzsoftwarelieferanten an die Wand
werfen, obwohl man weiß, dass der Computer unschuldig ist.
Durch
Rückkopplungsprozesse zwischen komplexer äußerer Realität und komplexen
Gehirnen ist die Entwicklung der menschlichen Intelligenz erheblich
beschleunigt worden.
3. Die
räumliche Wahrnehmung
Die
äffischen menschlichen Vorfahren mussten auf Bäumen ihre optische
Wahrnehmungsfähigkeit erheblich verbessern. Bei Menschen (Affen, Eulen usw.)
liegen beide Augen relativ weit vorne und nahe beieinander. Dadurch wird eine
räumliche Abbildung der dreidimensionalen Außenwelt im Gehirn überhaupt erst
möglich. Darüber hinaus war das Astwerk der Bäume eine ziemlich
(absturz)gefährliche Umwelt. Solche Umwelten fördern bekanntlich
Höherentwicklungen. Im Falle des Menschen (der Menschenaffen) war es nicht nur
die Geschicklichkeit, sondern auch die Intelligenz, die sich besonders stark
höher entwickelt. Alle Intelligenzleistungen, die im Zusammenhang mit
räumlichen Vorstellungen (Orientierungen, Geometrie, Astronomie, technische
Kreativität usw.) stehen, sind bei Menschen besonders gut entwickelt. Sie sind
wichtige Grundlagen für viele andere Intelligenzfähigkeiten wie Sprache,
künstlerische Kreativität, Gedächtnis, mathematische Intelligenz usw. Ein
Beispiel für Zusammenhänge zwischen räumlicher Wahrnehmung und
Intelligenzleistungen findet sich schon im Urwald. Affen, die unter anderem auf
Grund ihrer guten optischen Wahrnehmung gut zwischen morschen (dünnen) und
gesunden (dicken) Ästen unterscheiden können, zeigen Intelligenz. Diese wurde früher
durch relativ hohe Fortpflanzungserfolge der im Durchschnitt intelligenteren
Nachkommen immer mehr verbreitet. Heute bemüht sich die Menschheit um
kaum etwas mehr als um das Gegenteil.
4.
Intraspezifische Selektion
Wörtlich
übersetzt bedeutet dieser Begriff „ innerartliche Auswahl“. Es geht also darum,
dass die Individuen einer Art selbst auf die Auswahl ihrer Nachkommen,
insbesondere auf deren Gene, Einfluss nehmen. Typisch und allgemein bekannt
ist, dass äußere Faktoren wie Klima, Raubfeinde, Konkurrenten usw. selektiv
wirken. Als Beispiele für intraspezifische Selektionsprozesse ist die
Partnerwahl nach bestimmten Merkmalen besonders bekannt. Viele Tierarten und
auch der Mensch wählen Fortpflanzungspartner nach Körpergröße, Attraktivität,
Intelligenz, altruistischem Verhalten usw. aus. Der Mensch konnte schon vor
Millionen Jahren besser nach Intelligenz auslesen als alle anderen Tiere. Je
intelligenter er war und durch intelligente Auslese wurde, desto besser wurde
seine Intelligenz und seine Fähigkeit nach Intelligenz auszuwählen. Es entstand
also ein positiver Rückkopplungsprozess, der die Entwicklung aller menschlichen
Intelligenzfähigkeiten beschleunigte.
Menschen gelang es allerdings hervorragend, diese Höherentwicklung durch
negative Rückkopplung (Blödheitsstabilisierung) zu bremsen. So wurde Archimedes
von einem hirnrissigen Soldaten, Sokrates von dümmlichen Spießern, unzählige
Wissenschaftler von dogmatischen Inquisitoren und ungezählte Intellektuelle von
vernebelten Stalinisten umgebracht.
Ein Beispiel für viele negative Wirkungen der intraspezifischen Selektion ist
die Verringerung (teilweise Vernichtung) der weiblichen sexuellen
Empfindungsfähigkeit. Frauen ohne die ursprünglichen starken angeborenen
Anlagen für sexuelle Lust können sich fortpflanzen, weil sie z. B. das
Mutterglück erleben oder ihren Partner binden wollen, vergewaltigt werden oder
ihrem Partner eine Freude machen wollen usw. All dies sind (unbewusste)
Selbstzuchtverfahren, die nicht nur direkt Lebensfreude verringern, sondern
außerdem Konflikte mit im Durchschnitt sexuell stärker motivierten Männern
schaffen. Männliche Zeugungsprobleme lassen sich bekanntlich weitaus
schwieriger vererben als weibliche. Eine Ungerechtigkeit, die Menschen zwar in
jüngster Zeit kräftig (medicomasochistisch) bekämpfen, die aber
erstaunlicherweise noch keine Gleichstellungsbeauftragten auf den Plan gerufen
hat. Der „großartige“ Kampf besteht darin auch eigentlich (ohne medizinische
Hilfe) zeugungsunfähigen Männern zu Fortpflanzungserfolgen zu verhelfen. Man
zwingt z. B. selbst die unbeweglichsten Spermien einfach mit Gewalt ins Ei. Das
Ziel dieser Kämpfe soll im Jahre 2280 erreicht werden: Eine größenwahnsinnige
„Schöne neue Welt“, in der die großartige Zeugung eines Kindes zur größten
Freude pharmazeutischer Großparasiten nur noch durch ein 10 Millionen Euro
teures medizinisches Großprojekt im entsprechenden Großklinikum vom
entsprechenden Großärzteteam durchgeführt werden kann.
Bei dieser Kritik muss man allerdings beachten, dass die meisten impotenten
(zeugungsunfähigen) Männer nicht genetisch defekt sind. Sie verdanken ihre
„humoral(isch)en“ Defizite vielmehr moralischen Defiziten in den finanziell
stets humoralen [=(über)flüssigen] Führungsetagen der chemischen Industrie (s.
u. a. oben unter Weichmacher, PVC usw.).
Ethologie =Verhaltenslehre Sinnesphysiologie
Psychologie Pädagogik
Einführung
Wir erinnern noch
einmal daran, dass wir die menschliche Selbststeuerung in der Einleitung als
chaotisch (eine Mischung aus angeborenen Programmen, religiösen
Wertvorstellungen und Geboten, Vernunft, Aufklärung, Machtmissbrauch usw.)
bezeichnet haben. Dies dürfte das größte Problem der heutigen Menschheit sein,
also am meisten Lebensqualität unnötig vernichten. Deshalb sind
Kenntnisse über das Funktionieren und die Veränderungsmöglichkeiten von Geist
und Körper für Menschen besonders interessant. Zum menschlichen Körper gibt es
genügend verständliche Informationen (Literatur, Internet, Fernsehen usw.).
Weniger gut ist das allgemeinverständliche Literaturangebot zur Funktion und
Veränderbarkeit des menschlichen Geistes, also in den Wissenschaften Pädagogik
und Psychologie. Da diese Informationen jedoch besonders wichtig sind und
besonders wenig vermittelt werden, haben wir im Folgenden einige (nicht alle)
besonders wissenswerte Informationen aus diesen Bereichen zusammengefasst.
Funktionsprinzipien
des Gehirns
Übersicht
Menschliches Verhalten wird von folgenden Faktoren bestimmt:
1. Angeborene Programme
1.1 Automatismen
1.2 Reflexe
1.3 Triebe, Instinkte
2. Lernen
2.1 Imitationslernen
2.2 Einsicht, rationale Selbststeuerung, Vernunft
2.3 Konditionierungslernen
3. Direkte Beeinflussung des Gehirns durch Stoffe oder Strahlung
(Drogen, alle energiereichen elektromagnetischen Welle, Umweltgifte usw.)
4. genetische Veränderungen
Biologische Grundlagen
Wir beginnen mit den biologischen Grundlagen, da sie ein wichtiges Fundament für das Verständnis und besonders wenig bekannt sind. Viele Menschen glauben mir Recht, dass sie ihren Körper nur verstehen können, wenn sie die Körper von Tieren, also die Vorgeschichte ihrer Körper verstanden haben. Auch ihre Psyche können sie nur auf der Basis der tierischen Psyche verstehen. Diese Erkenntnis wir jedoch seit mindestens 2000 Jahren von gewissen Kreisen und Greisen bekämpft. Auch die physikalischen, chemischen und biologischen Fundamente von Psychologie, Pädagogik usw. wurden über Jahrtausende verleugnet und bekämpft und werden bis heute vielfach ignoriert. Dennoch gilt:
Alle emotionalen, sensorischen,
intellektuellen und motorischen Leistungen stehen im Zusammenhang mit
elektrischen und chemischen Vorgängen in Gehirnen (und Körpern).
Das
eigentliche Wesen von Denken und Emotion kann wahrscheinlich niemand exakt
verstehen. Das hat mit unzureichenden wissenschaftlichen Kenntnissen, mit
unzureichender Informationsverarbeitung (Intelligenz) und mit dem Problem der
Beobachtung eines Systems durch sich selbst zu tun. Möglicherweise ist es
grundsätzlich unmöglich, dass ein System (Gehirn) sich selbst restlos versteht.
Wir
konzentrieren uns auf unser wichtigste Ziel: Um unser Leben so konstruktiv wie
möglich steuern zu können, müssen wir unsere Psychen möglichst gut verstehen.
Dazu ist ein besonders wertvolles Hilfsmittel die Verbindung der bekannten
psychologischen und ethologischen Kenntnisse mit den bekannten
neurobiologischen und biochemischen Kenntnissen.
Menschliches Verhalten wird von sechs angeborenen und vier erworbenen Hauptkomponenten bestimmt. Angeborene und erworbene Komponenten wirken bei allen menschlichen Handlungen ursächlich zusammen. Kein menschliches Verhalten wird also ausschließlich durch eine dieser Komponenten ausgelöst. Selbst die Ausführung des Saugreflexes, der direkt nach der Geburt auftritt, ist von Erfahrungen während der Embryonalentwicklung abhängig. Kein erlerntes Verhalten kann ohne angeborene Voraussetzungen, wie z. B. bestimmte Hirnstrukturen, erworben werden. Alle Lernfähigkeiten beruhen auf angeborenen Grundlagen.
Wir betrachten zunächst die wichtigsten angeborenen Komponenten und
biologischen Grundlagen:
1. Automatismen
2. Reflexe
3. Habituation (= Gewöhnungslernen)
4. Triebe
5. Reifung
6. genetische Defekte
1. Automatismen sind angeborene
Verhaltensprogramme für Grundbewegungen wie
Gehen, Schwimmen, Fliegen
2. Reflexe sind angeborene
Verhaltensweisen, die ohne bewusste Kontrolle
automatisch bei Aufnahme eines bestimmten Reizes ablaufen.
Beispiele:
Lidschlussreflex, Kniesehnenreflex, Speichelsekretion usw.
3. Gewöhnungslernen
Fast alle Motivationen (Gefühle, bestimmte Wirkungen von
Reizen) können, wenn dies arterhaltend
ist, durch Gewöhnungslernen in ihrer Intensität reduziert
werden.
4. Triebe
Die biowissenschaftliche Definition für
Triebe (= Instinkte) lautet: Triebe sind tierische und menschliche
Verhaltensweisen, die durch eine innere veränderliche Triebenergie und einen
bestimmten Reiz ausgelöst werden und auf angeborenen Verhaltensprogrammen
beruhen.
Die
meisten Sozialwissenschaftler und noch mehr Philosophen, Philologen, Theologen
usw. leugnen die prinzipielle Gleichheit und Verwandtschaft menschlicher und
tierischer Antriebe. Einen Beweis für ihren Standpunkt haben sie nie vorgelegt,
wohl aber Konrad Lorenz, den bekanntesten Verhaltensforscher, verfolgt und
verteufelt. Dennoch müssen sie sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr dem
Druck naturwissenschaftlicher Erkenntnisse beugen.
Triebhandlungen sowie der Wunsch nach und der Verzicht auf
Triebhandlungen sind in der Regel mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen
verbunden. Die Häufigkeit, Intensität und Dauer der Triebhandlungen sind
veränderlich. Diese Veränderungen gehen meistens mit entsprechenden
Veränderungen der zugehörigen Gefühle einher. Je stärker z. B. die Energie des
Nahrungstriebes ist, desto stärker ist in der Regel auch das Hungergefühl. Da
Gefühle durch andere Komponenten, wie z. B. Lernen, Einsicht, andere Triebe,
Gifte usw. beeinflusst werden können, sind diese Zuordnungen nicht immer
eindeutig.
Die Veränderungen der Triebenergie und das gesamte Triebgeschehen hat K. Lorenz an einem Modell, dem Triebstaumodell, verdeutlicht.
Dieses Modell besagt vereinfacht, dass
Triebhandlungen umso intensiver und länger ausgeführt werden, (dass ein Trieb
umso stärker ist) je länger die letzte Triebbefriedigung zurückliegt und je
wirksamer die aufgenommenen Reize sind.
1. Die Zeit nach der letzten Triebbefriedigung
Mit der Zeit wird also (möglicherweise elektrische) Triebenergie wie in einem
Akkumulator immer mehr angesammelt (aufgestaut). Es könnte auch die Menge
(Konzentration) eines Stoffes erhöht werden oder die Stärke einer Triebblockade
verringert werden. Dass die Konzentrationen von Stoffen (z. B.
Neurotransmittern =Botenstoffe des Gehirns) Motivationen beeinflussen, ist
inzwischen erwiesen (s. u.). Wer gerade gegessen hat, hat z. B. wenig Hunger.
2. Die Abhängigkeit der Intensität und Häufigkeit von Triebhandlungen von der
Wirksamkeit der Reize der auslösenden Triebhandlungen.
Auch die Beeinflussung von Neurotransmitterkonzentrationen durch Reize
(Ausschüttung von Adrenalin in Stresssituationen usw.) ist nachgewiesen.
Ein ausgezeichneter Auslöser für Jagd- und Fressverhalten des Fuchses könnte z.
B. eine Maus sein. Weniger ideal aber wirksam könnte eine Heuschrecke sein.
Überhaupt nicht ideal und unwirksam ist ein Felsen. Hier wirkt wahrscheinlich
u. a. Dopamin. Dies ist ein Botenstoff, der die Grundaktivität und
–motivationen beeinflusst.
Der Mechanismus, der bei der Wahrnehmung verschiedener Reize filtert, auswählt
und entscheidet, ob und welche Triebenergie freigeschaltet (Triebhandlungen
ausgeführt) werden, heißt AAM =angeborener Auslösemechanismus. Je
ähnlicher der auslösende Reiz dem optimalen Reiz (= optimaler Auslöser
oder Schlüsselreiz) ist, desto häufiger und intensiver wird die
zugeordnete Triebhandlung ausgeführt. Die Lieblingsspeise wird mit Heißhunger
verspeist, ungeliebte Speisen nur in der Not und mit Ablehnung aufgenommen. Die
Reize (besser Reizmuster), die Instinkthandlungen auslösen können, nennt man
Schlüsselreize oder, wenn sie von Artgenossen ausgehen, Auslöser. Die
Wahrnehmung solcher Reize kann direkt die Triebenergie erhöhen (Blockaden der
Triebenergie schwächen?).
Es spricht vieles dafür, dass die Veränderung des Wunsches nach
Triebbefriedigungen (=Appetenz) nicht oder nicht immer auf der Veränderung der
Triebenergie beruht. Es ist z. B. auch möglich, dass die Triebenergie gleich
bleibt und mehr oder weniger stark blockiert wird. Wir bezeichnen das
entsprechende Erklärungsmodell als Triebhemmungsmodell.
Es ist auch möglich, dass für verschiedene wie auch für ein und den selben
Trieb beide Modelle zutreffen. Blockaden oder Hemmungen sind typische Mittel
der Regulation psychischer Aktivitäten wie z. B. des Gewöhnungslernens, der
Automatismen (s. u.) und des Gedächtnisses. Der Antrieb (psychische Energie),
der Grundbewegungen =Automatismen (Laufen, Schwimmen, Fliegen) aktiviert,
liegt z. B. auch immer in vollem Umfang vor. Bestimmte, zielgerichtete
Bewegungen entstehen nicht, weil gezielt bestimmte Energien für bestimmte Muskeln
erzeugt werden, sondern, indem bestimmte Hemmungen der Energie für alle
beteiligbaren Muskeln aufgehoben werden. Das ist kompliziert. Deshalb
verdeutlichen wir es noch einmal an einem Beispiel. Wenn ein Mensch läuft,
werden von allen Muskeln, die er zum Laufen benötigt, in bestimmten zeitlichen
Reihenfolgen ganz bestimmte aktiviert (kontrahiert). Diese Aktivierungen werden
dadurch erreicht, dass die immer bereite Gesamtenergie für die Aktivierung
aller Laufmuskeln im Gehirn nur für bestimmte Muskeln freigegeben wird. Dieser
Mechanismus hat den großen Vorteil (Sinn, Ursache), dass Muskelaktivierungen
ohne artschädigende große Verzögerungszeiten vorgenommen werden können. Dieser
Vorteil dürfte auch für die Aktivierung von (zumindest einigen)Triebhandlungen
eine hohe arterhaltende Bedeutung haben. Deshalb neige ich zu der Hypothese,
dass zumindest ein Teil der scheinbaren Zunahme von Triebenergien von
Instinkthandlungen in der zunehmenden Aufhebung von Hemmungen dieser Energie
besteht.
Ähnlich arbeitet auch das Gedächtnis: Fast alle Erinnerungen eines
Menschen verschwinden -außer bei Verletzungen, Erkrankungen, Vergreisung usw.-
nicht, auch wenn der Mensch sie vergessen hat. Nur der Zugang zu der Erinnerung
wird, um Gedächtnisinhalte nach Wichtigkeit zu ordnen, mehr oder weniger stark
blockiert. Bei künstlichen elektrischen Reizungen bestimmter Hirnregionen
können vergessene Erlebnisse sogar so wieder erlebt werden, dass der Betroffene
sie absolut sicher für real hält.
Auch das Gewöhnungslernen arbeitet wahrscheinlich mit Blockaden.
Experimente haben gezeigt, dass bei direkter Hirnreizung kein Gewöhnungslernen
stattfindet. Wenn man z. B. Ratten Elektroden ins Gehirn pflanzt, mit deren
Hilfe angenehme Gefühle erzeugt werden können, betätigen diese ohne Unterlass Schalter,
die den elektrischen Strom in der Elektrode aktivieren. Die Vermutung, dass die
Verminderung der Wirkung von Reizen durch Gewöhnungslernen auf der
Wahrnehmungsebene durch Hemmungen erzeugt wird bietet sich demnach an.
Das Triebhemmungsmodell wird auch dadurch bestätigt, dass sich gezeigt hat, dass das Triebstaumodell für viele Triebe nicht oder nicht vollständig gilt. Im Falle von Flucht und Schmerz gibt es z. B. keine Abnahme der (Trieb)energie, weil es für jedes (Wirbel)tier arterhaltend ist, so lange zu fliehen, bis es nicht mehr laufen kann und so lange das gebrochene Bein wegen des Schmerzes still zu halten, bis es wieder geheilt ist. Auch bei anderen (so genannten?) Trieben, wie z. B. Aggression, Rangordnungsverhalten, Spiel, Bewegung, tritt eine Abnahme von Triebenergie gar nicht oder nicht so deutlich, wie bei Sexualität und Nahrungstrieb, auf. Deshalb sprechen wir im Folgenden, besonders in der folgenden Übersicht, nicht von Trieben, sondern von Verhaltensweisen, -programmen und Gefühlen, die primär und direkt auf angeborenen Anlagen beruhen. Primär und direkt deshalb, weil indirekt alle menschlichen und tierischen Merkmale und Eigenschaften, wie z. B. Intelligenz und Lernfähigkeit, auf angeborenen Anlagen beruhen. Alle werden aber auch durch Lernen beeinflusst.
Das gesamte wirkliche (triebhafte) Handeln
von Tier und Mensch ist nicht einfach verstehbar, weil es, besonders bei
Menschen, u. a. durch Lernen, Verstand, Gewöhnung und Reifung beeinflusst
werden kann. Das psychische Geschehen im Menschen ist so komplex, dass viele
Menschen (wahrscheinlich irrtümlich) glauben, sie seien wesentlich mehr (und
anders) als hochkomplex programmierte Automaten mit Gefühlen.
Die Beeinflussungsmöglichkeiten angeborener Verhaltensprogramme sind für die
menschliche Selbststeuerung von ganz besonderer Bedeutung und deshalb Thema
dieses Kapitels. Es wäre für die Menschheit sehr wertvoll von jeder
menschlichen und tierischen Handlung herauszufinden, in welchem Maße angeborene
oder erworbene Komponenten zu ihrer Ausformung beitragen und in welchem Maße
sie beeinflussbar ist. Der verbreitete Glaube, dass erworbene Eigenschaften
grundsätzlich veränderbar sind, angeborene dagegen nicht, ist ein fataler
Irrtum. Der Mensch besitzt nicht weniger sondern (vielleicht) mehr Instinkte
(Triebe, Motivationen, angeborene Verhaltenstendenzen) als alle Tiere.
Alle höheren Säugetiere können angeborene Verhaltenstendenzen durch Lernen und
Verstand beeinflussen. Der wichtigste Unterschied zwischen Mensch und Tier
liegt darin, dass Menschen dies deutlich besser können als alle Tiere.
Andererseits können auch beim Menschen zum Beispiel extrem starke Phobien, die primär erworben werden (wurden), manchmal kaum beeinflusst (therapiert) werden.
Der irrtümliche ursprüngliche biowissenschaftliche Glaube an die Triebenergieabnahme bei allen Trieben hat, besonders beim Aggressionstrieb, zu Fehleinschätzungen geführt. Diese werden im Folgenden unter dem Stichwort Katharsis diskutieren.
Katharsis
In diesem Wort wird die erste Silbe betont,
im Adjektiv (kathartisch) die zweite. Wörtlich bedeutet es sinngemäß
„Reinigung“. Gemeint ist im Allgemeinen eine
Befreiung von unerwünschten Bedürfnissen oder Konflikten. Früher dachte man
dabei gerne moralisierend an päpstlichen oder calvinistischen Lustverzicht,
besonders an (sexuelle) Leidenschaften (s. Aristoteles), heute oft auch an
andere Antriebe, z. B. an Aggression. Die zentrale Idee: Wenn jemand schädliche
Triebenergie abbaut, indem er entsprechende Verhaltensweisen auf unschädliche
Weise ausübt, ist weniger Triebenergie für schädliches Verhalten da.
Betrachten wir einige Beispiele: Wenn ein Schimpanse wild im Busch herumtobt
und auf Bäume einschlägt, wird er weniger oft auf (stärkere) Artgenossen einschlagen.
In der Alltagssprache nennen Menschen dieses Verhalten (auch bei sich selbst)
Energie- oder Frustabbau, oder Abreagieren. Oft wird das Ganze mit anderen
Antrieben vermischt: Joggen statt den Chef (die Kinder) anbrüllen,
internationale Sportwettkämpfe statt Krieg usw. S. Freud hat Vorgänge dieser
Art, wenn andere („bessere“?) Antriebe als der frustrierte befriedigt werden,
mit dem Begriff „Sublimation“ (=Erhöhen, Verfeinern) bezeichnet. Wenn man den
gleichen Trieb an anderen Objekten befriedigt, spricht Freud von Verschiebung.
Das geschieht z. B. im Falle der Affen, die auf Bäume, statt auf Artgenossen
einschlagen. Die „höchste“ Form von kathartischer Verschiebung wird erreicht,
wenn Papa die Kinder verprügelt, weil er sich das beim Chef nicht traut.
Alle kathartischen Verfahren sind aus verschiedenen Gründen zwar manchmal
wirksam aber bedenklich oder sogar gefährlich.
In allen Fällen scheinbar unschädlichen Aggressionsabbaus können die
Betroffenen Erfolgserlebnisse bei aggressiven Handlungen erleben. Ihre
grundsätzliche Aggressionsbereitschaft wird also durch Lernen (Konditionieren)
gefördert. In Zukunft (nach solchen Lernprozessen) kann diese Bereitschaft
durch viele Reize aktiviert werden und auch destruktives aggressives Verhalten
auslösen. Diese Problematik wird durch das Wirken von Gewöhnungslernen
verstärkt. Wenn Aggressionen (jede destruktive Motivation) häufig an
ausgewählten Objekten (Reizen), bei denen kein unmittelbar erkennbarer Schaden
auftrat, abreagiert wurde, können diese (scheinbar?) harmlosen Handlungen durch
Gewöhnungslernen langweilig werden. Es kommt zur Suche nach neuen, stärkeren
Reizen. Da in der menschlichen Gesellschaft die Suche und das Angebot nach (an)
neuen Reizen beliebt sind, führt die Suche häufig zum Erfolg. Die Bereitschaft
wirksamere (gefährliche) aggressive Handlungen auszuüben, wäre durch die oben
beschriebene Scheinkatharsis trainiert worden. Viele so genannte Fußballfans
begnügen sich z. B. nach einiger Zeit nicht mehr mit aggressivem Brüllen,
sondern treffen sich mit gegnerischen Fans zu wechselseitigen
Verprügelungsorgien. Merkwürdigerweise beanspruchen sie das die Kosten (kaputte
Fensterscheiben, zerstörte Verkaufsgegenstände, Polizeieinsätze, Arztkosten)
usw. von der Allgemeinheit bezahlt werden. Noch merkwürdigerer Weise verweigert
die Allgemeinheit dies auch kaum. Eine weitere sehr beliebte Steigerung der
aggressiven Befriedigung stellt das Vermöbeln von Polizisten dar.
Ein „schönes“ weiteres Beispiel für diese
Problematik haben wir im Kap. Sexualität angesprochen: „Harmlose“ Abreaktionen
pädophiler Bedürfnisse mittels onanistischem Genuss von Kinderpornographie
stärken pädophile Motivationen durch Konditionierung und Imitationslernen.
Einfach gesagt: Die Lust beim Kinderpornogenuss kann geil auf echten Sex mit
Kindern machen. Diese Motivation kann auch zur Grundlage für reale
Kindesmisshandlungen werden, falls irgendwann die fi(c)ktiven Handlungen vor
Bildschirmen und Magazinen nicht mehr „den richtigen Kick“ bringen.
Erfreulicherweise hat man Genuss, Produktion usw. von Kinderpornographie in den
letzten Jahrzehnten nicht nur verboten, sondern (manchmal) auch verfolgt und
bestraft. Dass auch Zeichnungen, 3D-Darstellungen, Computerspiele und
Animationen aller Art die Wünsche nach Kindersex, Gewalt und Perversionen aller
Art fördern können, wird dabei weitgehend vernachlässigt.
Die kathartische Idee durchgeistert die Geschichte der Menschheit (und
Vormenschheit) wahrscheinlich schon seit Jahrmillionen. Wahrscheinlich wurde
sie schon immer mit den (wirksameren) Methoden Sublimation und Verschiebung
durchmischt. Besonders Verschiebung und Katharsis haben viel gemeinsam.
Schon der Gebrauch dieser Fachausdrücke weist uns darauf hin, dass auch die
Katharsis in der Psychoanalyse ihren traurigen Hochpunkt erreichte. Tatsächlich
wurden alle angesprochenen Methoden der Konfliktbewältigung (Abwehrmechanismen,
Verdrängung usw. [s. u.]) von Sigmund Freud systematisch untersucht und z. T.
als Therapiemethoden genutzt.
Auch in der Ethologie wurden leider zeitweise, z. B. von K. Lorenz,
kathartische Konzepte entwickelt und vertreten.
Obwohl die Wissenschaft inzwischen viele dieser Methoden (insbesondere die
kathartische) in Frage stellt, werden sie von Laien und manchen
Psychoanalytikern bis heute oft erfolglos angewendet. Jede kathartische
Handlung kann aber die Grundmotivation für schädliche Handlungen fördern und
ist deshalb als therapeutisches Mittel fragwürdig. Wie soll man dann gegen
destruktive Handlungen und Motivationen pädagogisch und therapeutisch vorgehen
und wie kann man menschliches Verhalten überhaupt beeinflussen?
Therapie
und Vorbeugung
Alle
Verhaltenweisen, auch solche mit erheblichen angeborenen Grundlagen, lassen
sich durch Einsicht, Lernen und physikalisch-chemische
Einwirkungen (Medikamente usw.) beeinflussen. Die drei wichtigsten
Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung (Konditionierungslernen,
Imitationslernen, und Lernen durch Einsicht) können und müssen dabei alle drei
angewendet werden. Da sie sich in ihren Wirkungsweisen und Erfolgsaussichten
unterscheiden, ist es wichtig ihre Vor- und Nachteile zu studieren, um die
jeweils beste Mischung bei verschiedenen Problemstellungen auswählen zu können.
Dazu wollen wir an dieser Stelle einige grundsätzliche Gedanken diskutieren.
Details werden unten besprochen.
Die Entstehung der meisten destruktiven
menschlichen Bedürfnisse kann und muss vor allem schon in der Kindheit und
Jugend verhindert werden. Das beste Mittel ist die Förderung konstruktiven
Verhaltens. Dazu wiederum eignet sich das Vorleben konstruktiven Verhaltens,
seine positive Verstärkung (Belohnung von konstruktivem Verhalten) und
natürlich auch die Entwicklung von Einsicht in seinen Wert. Auch die Förderung
und Entwicklung genereller guter Selbststeuerungsfähigkeit und sozialer
Kompetenz kann und muss auf diese Weisen entwickelt werden. Diese Fähigkeiten
entstehen nämlich keineswegs, wie manche konservativen Kräfte glauben, von
allein oder gar durch irgendwelche göttlichen Wunder während und nach der
Pubertät.
Das Vorleben und das Lernen durch Einsicht (rationale Selbststeuerung) haben
den großen Vorteil extremer Ökonomie. Manchmal genügen wenige Sätze, um durch
rationale Umstrukturierung (Einsicht) ein Verhalten lebenslang zu ändern,
meistens allerdings nicht. Beide haben jedoch gegenüber dem operanten Konditionieren
einen großen und entscheidenden Nachteil. Sie sind gering oder gar nicht mit
der Erzeugung von angenehmen Gefühlen (Motivationen) verbunden. Wenn wir also
das operante Konditionieren als Mittel der Verhaltenssteuerung so ungeheuer
hoch einstufen, so deshalb, weil es nicht nur zur Verhaltensänderung dient,
sondern gleichzeitig angenehme Gefühlen, also Lebensqualität, schafft und
beinhaltet. Zwischen den Folgenden beiden (und allen vergleichbaren) Prozessen
liegen trotz gleicher Ergebnisse ungeheure Unterschiede:
Person A lernt, weil sie die konstruktive Bedeutung des guten Schulabschlusses eingesehen hat und/oder ihren fleißigen Vater imitiert, zwölf Jahre lang mit viel Widerwillen intensiv und fleißig für die Schule und schließt sein Abitur mit der Note 1 ab.
Person B lernt, weil sie viele Erfolge, gezielte Belohnungen und andere Verstärkungen erlebt hat, zwölf Jahre lang, mit viel Genuss, intensiv und fleißig für die Schule und schließt mit der gleichen Note ab.
Im Bereich der Steuerung menschlichen und
tierischen Verhaltens gibt es nichts besseres, als konstruktives Verhalten mit
angenehmen- und destruktives Verhalten mit unangenehmen Gefühlen zu verbinden.
Wahrscheinlich
deshalb ist, wie gesagt, das Gegenteil bei Menschen sehr beliebt. Auch die Gabe
angenehmer Reize (vor allem in Form materieller Geschenke, wie tonnenweise
Spielzeug, Kleinwagen usw.) ohne Bindungen an irgendwelche konstruktive
Leistungen gehört zu den beliebten Tricks von Erziehern aller Art, die Seelen
ihrer Zöglinge kaputt zumachen (siehe unten).
Wir halten zusammenfassend fest: unser wichtigstes Mittel gegen destruktives Verhalten ist die Erziehung zu konstruktivem Verhalten, zu sozialer Kompetenz. Wer z. B. verbale Konfliktlösungen beherrscht, wird destruktive (z. B. aggressive) Konfliktlösungen seltener oder nie anzuwenden versuchen.
Wie steht es nun aber mit
Bestrafungsreizen? Prinzipiell gilt: Bestrafungsreize sind nicht immer
grundsätzlich falsch. Sie sind wahrscheinlich (zumindest fast) immer falsch,
wenn aktives konstruktives Verhalten (Zimmer aufräumen, Moped reparieren usw.)
erzeugt werden soll. Hier müssen durch Belohnungen Motivationen geschaffen
werden. Wahrscheinlich sind auch sehr harte Strafreize (fast?) immer falsch.
Mäßige Strafreize sind jedoch, um destruktives Verhalten zu unterdrücken,
grundsätzlich manchmal sinnvoll. In einer Gesellschaft, die -wie die
menschliche- durch Milliarden von Erziehungsfehlern sowie genetische- und
Sozialisationsdefizite gekennzeichnet ist, sind Zwänge (Bestrafungsreize) aller
Art sogar leider unverzichtbar. Viele Kriminelle, Drogensüchtige,
Schwererziehbare, Autofahrer usw. können oft nur durch Zwänge von destruktivem
Verhalten abgehalten beziehungsweise zu konstruktivem Verhalten gezwungen
werden. Dabei erreichen allerdings die Zwänge (z. B. Haft) meistens nur das
Ziel, Fehlverhalten zu verhindern, nicht die Beseitigung destruktiver
Motivationen oder die Bildung konstruktiver. Letzteres gelingt bei Erwachsenen
leider viel seltener, als viele Sozialwissenschaftler es behaupten und sich
wünschen.
Bei allen Strafreizen gilt zu beachten, dass Gewalt oft (nicht immer!) Gegengewalt
erzeugt.
Einer der größten Fehler der gegenwärtigen Industriegesellschaften ist (wie an
anderer Stelle bereits diskutiert) eine generelle „Hyperhumanie“. Als Reaktion
auf brutale Unterdrückungen, Sklaverei, Tyrannei, parasitäres Verhalten aller
Art usw. werden gegenwärtig Hilfsbereitschaft, Verwöhnen, humanitäre Rücksicht
jeder Art usw. teilweise übertrieben (teilweise aber auch untertrieben). Das
zeigt sich im Gesundheitswesen, Arbeitslosenunterstützung, Überverwöhnen von
Kindern, übertrieben verständnisvollem Umgang mit jeder Art von Kriminalität
usw. (Details vgl. Kap. X). Ein Beispiel ist das nahezu vollständige Verbot von
Bestrafungsmaßnahmen für Lehrer, nachdem über Jahrhunderte oft sinnlos auf
Schülern herumgeprügelt wurde. Inzwischen (Anfang des einundzwanzigstem
Jahrhunderts in Deutschland) sind zum Glück einige gemäßigte konstruktive
Bestrafungsmöglichkeiten wieder zugelassen worden. Bei der Erziehung im
Elternhaus werden diese allerdings weiterhin häufig radikal tabuiert.
Dieses Defizit
wird „tröstlicher Weise“ durch manchmal verzehnfachte Prügel“arbeit“ im
(keineswegs immer orientalischen) Nachbarhaushalt ausgeglichen, wieder mal ein
ideales Arbeitsfeld für Gleichstellungsbeauftragte aller Art. Diese magische
Kompensation bewirkt zur „Freude“ aller, dass das Jugendamt, mit der mittleren
Gesamtbestrafungsbilanz zufrieden, von Eingriffen in die „heiligen“
Privatsphären der Bürger absehen kann. Über derlei Effekte freuen sich z. B.
auch einige ehrenmörderisch „nette“ Jungmuslime, die weiterhin ihre Schwestern,
Nachbarstöchter usw. gegen deren Willen mit jeglichen Prügeln „beglücken“
können.
Kommen wir an dieser Stelle noch einmal auf unser Ausgangsproblem, die Katharsis, zurück. Wir können resümierend festhalten:
Kathartische Problemlösungen sollten wahrscheinlich nur in begründeten Ausnahmefällen zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Viele Menschen neigen u. a. deshalb zu kathartischen Lösungsvorschlägen, weil sie andere Lösungen, z. B. jegliche Unterdrückung von Antrieben tendenziell ablehnen. Hier spielen ursächlich Liberomanie, Schmusepädagogik und schlechte Erfahrungen mit der Unterdrückung von Sexualität und Aggression eine Rolle. Aggressiv unterdrückte Gewalt macht tatsächlich den Gewalttätigen manchmal noch aggressiver und unterdrückte Sexualität kann verschiedene psychische Störungen hervorrufen. Die meisten dieser Störungen treten jedoch nur dann auf, wenn die Unterdrückungen pädagogisch und psychologisch fehlerhaft vorgenommen wurden und wenn nach der Unterdrückung Konflikte entstehen. Der wichtigste Konflikt besteht in später entstehenden Wünschen nach Triebbefriedigungen, die den Unterdrückungen widersprechen. Mancher Mönch (Eremit, katholischer Priester) kann z. B. in Einklang mit einer erworbenen persönlichen Vorliebe für sexuellen Verzicht sehr gut leben, solange er nicht mit sexuellen Reizen und sexualfreundlichen Änderungen seiner Einstellungen konfrontiert wird. Dasselbe gilt für Menschen mit genetischen Anlagen für übertriebene Aggressivität, die durch Konditionieren, Einsicht und Imitationslernen konstruktiv unterdrückt wurden. Diese Menschen können Jahrzehnte ohne Wutanfälle leben ohne dass psychische Störungen irgendwelcher Art auftreten. Dies gilt besonders, wenn die Unterdrückung der Aggressivität (z. B. in Form von Misserfolgen bei aggressiven Handlungen) schon in Kindheit und Jugend stattfindet und von den Betroffenen und der Gesellschaft als sinnvoll anerkannt wird. Auf ähnliche Weise steuern sich Menschen in vielen Bereichen sinnvoll. Millionen Männer verzichten in Fußgängerzonen auf Begattungsversuche an Millionen hübscher Frauen. Ebenso viele verspeisen im Restaurant nicht die leckeren Gerichte der Gäste am Nachbartisch, es sei denn es würde (Dieter) Krebs mit Sketchup serviert. Kein vernunftbegabter Mensch nimmt Anstoß an derartigem erzwungenem Verzicht und fast nie bewirkt er psychische Störungen. Dennoch kommt es gelegentlich zu (manchmal extremem) Fehlverhalten auch wenn Triebunterdrückungen konstruktiv vorgenommen wurden. Dafür gibt es zwei Hauptursachen: Starke oft unberechtigte Frustrationen und starke übernormale angeborene Anlagen. Jähzorn z. B. entsteht i. d. R. auf der Basis solcher Anlagen und kann auch durch optimale Sozialisation nicht unbedingt unterdrückt werden. Ähnliches gilt für extremes Ess-, Sexualverhalten usw. Hier helfen nur Eingriffe in die eigenen Gene, die die Menschheit bekanntlich im Durchschnitt intensiv ablehnt, obwohl die Natur sie seit Milliarden Jahre durchführt.
Noch ein Wort zur Katharsis: Wir wissen,
dass manchmal kathartische Lösungen erfolgreich sein können. Millionen Männer
befriedigen z. B. ihre sexuellen Wünsche anhand von Abbildungen und Filmen
(Selbstbefriedigungsvorlagen) der Frauen, die die meisten in der Realität nie
bekommen. U. a. aus diesem Grund führte die Freigabe von Pornographie in der
Regel zunächst stets zu einer Abnahme der Vergewaltigungskriminalität.
Langfristig nahm diese Kriminalität aus verschiedenen Gründen oft wieder zu.
Ein Grund sind die oben beschriebenen Lern- und Gewöhnungseffekte. Der Umgang
mit der Katharsis erweist sich also als ein Drahtseilakt, der unter
Berücksichtigung vieler Variablen und Probleme ständig kontrolliert und
gesteuert werden muss.
Die kathartische Behandlung hat viel mit dem überverwöhnenden, möglichst
frustrationsfreien Erziehen von Kindern gemeinsam. Beide können z. B. besonders
aggressive Erwachsene hervorbringen. Wir gehen unten, unter „David“ auf dieses
Problem noch einmal ein.
5. Reifung
Auf Grund angeborener Programme entwickeln sich Gehirne z. T. unabhängig von Lernprozessen in bestimmten Phasen in besonderer Weise. Wie bei der Prägung müssen also auch bei der Reifung erst bestimmte Entwicklungsstadien, erreicht sein, damit bestimmte Lern– und Verstehensprozesse einsetzen können. Es ist sinnlos (aber nicht selten), von Kindern geistige oder körperliche Leistungen zu fordern, wenn die entsprechende Reifungs- oder Prägungsphase noch nicht erreicht ist. Dies gilt z. B. für den Versuch, einem 3-4 jährigen Kind immer wieder zu erklären, dass in einem schmalen Glas mit hohem Wasserstand genauso viel Wasser ist, wie in einem breiten Glas mit niedrigem Wasserstand.
Ein besonders kritisches Reifungsphänomen
sind die so genannten Flegeljahre. In der Kindheit – vor allem in der Pubertät
-verstoßen besonders Jungen gerne gegen Normen und Vorschriften (S-Bahn-Surfen,
Rauchen, zu spät nach Hause kommen usw.). Diese Verhaltensweisen beruhen auf
arterhaltenden, angeborenen Anlagen. Sie treten bei vielen jungen Säugetieren
auf, und kosten viele das Leben oder die Gesundheit, der Art aber bringen sie
Vorteile. Das aufmüpfige Verhalten (in der Pubertät) führt manchmal zur
Entdeckung von neuen Reizen und Verhaltensweisen, die (kulturellen) Fortschritt
und damit Konkurrenzvorteile mit sich bringen. Beispiele sind das Waschen von
Süßkartoffeln bei Makaken und die Nutzung des Feuers bei Menschen (s. Kap.X).
Das angeborene Bedürfnis, gegen Normen zu verstoßen, ist häufig im Verbund mit
Imponiergehabe und Neugier eine wichtige Grundlage für die Höherentwicklung des
Lebens (Anagenese), die Entstehung der Menschheit und den kulturellen
Fortschritt der Menschheit (s. o.).
Der Wunsch, gegen Normen zu verstoßen, tritt auch schon in der frühen Kindheit
und im Erwachsenenalter auf. Viele Menschen (Eltern, Lehrer usw.) können mit
diesen Normenverstößen schlecht umgehen. Die häufig in Erziehern auftretenden
Aggressionen beruhen z. T. ebenfalls auf arterhaltenden, angeborenen
Grundlagen. Sie führten ursprünglich über Bestrafungen dazu, dass Kinder und
Jungtiere im Durchschnitt die arterhaltendsten Verhaltensweisen lernten bzw.
besonders artschädigende verlernten. Sie sind also ein pädagogischer Filter.
Jeder Flegel verdient deshalb Aufklärung über die Ursachen seines eigenen
Verhaltens und ebenso viel Verständnis wie sanfte aber deutliche
Bestrafungsreize für und gegen destruktives Flegeln.
6. Genetische Veränderungen
Alle angeborenen Eigenschaften und Merkmale können durch genetische Veränderungen (Mutationen) ebenfalls verändert werden. Die meisten Veränderungen führen zu Verschlechterungen der Leistungsfähigkeit. Mit Sicherheit besitzt die Menschheit heute die größte genetische Vielfalt aller Zeiten. Diese Vielfalt wird, wenn es um Probleme (Verhaltensstörungen, psychische Krankheiten, Kriminalität, emotionale und intellektuelle Defizite usw.) geht mit Vorliebe vernachlässigt oder ignoriert und dennoch (unwissentlich) gefördert. Es ist ebenso üblich wie antihedonisch menschliches Fehlverhalten primär oder sogar ausschließlich auf erworbene Störungen (Neurosen usw.) zurückzuführen.
Wir haben nun Verhaltensweisen, die
hauptsächlich von angeborenen Anlagen bestimmt werden ausreichend besprochen.
Im Folgenden widmen wir uns Verhaltensweisen, die zwar auch auf angeborenen
Grundlagen beruhen, bei denen jedoch das Lernen (Erworbenes) im Vordergrund
steht.
Erworbene Merkmale
und Eigenschaften (Lernen, Sozialisation, Umwelteinflüsse)
1.
Imitationslernen (Lernen
durch Nachahmung)
2. Konditionierungslernen
2.1 Klassisches Konditionieren.
2.2 Operantes Konditionieren (≈ u. a. Programmierung des Über-Ich)
3. Lernen durch Einsicht, Verhaltenssteuerungen durch Vernunft, rationale
Selbststeuerung, Ich)
4. Prägung
5. Zufall, z.B. Sozialisationsfehler, zufällige Erlebnisse,
Hirnschäden, angeborene Defekte
6. Verhaltensänderung durch direkte chemische und physikalische Einflüsse
1.
Imitationslernen
Beim Imitationslernen werden Verhaltensweisen durch Nachahmung erworben. Menschen,
alle Wirbeltiere usw. haben die Fähigkeit dazu. Die Natur (Erbinformationen,
Auslese) sorgt dafür, dass nicht alles, was beobachtet wird unkontrolliert
(artschädigend) nachgeahmt wird. Es werden bei der Imitation z. B. Artgenossen,
meistens besonders Mütter, emotional positiv bewertete und ranghohe Tiere,
bevorzugt. Es gibt daher z. T. angeborene Anlagen, die bei Menschen bewirken,
dass vornehmlich geachtete und geliebte Personen wie z. B. Idole imitiert
werden. Manche ungeliebte Eltern hätten deshalb leider oft Erfolg, wenn sie das
Gegenteil von dem fordern würden, was sie für sinnvoll halten. Beim
Imitationslernen sind Menschen allen Tieren deutlich überlegen. Menschen nutzen
das Imitationslernen jedoch häufig wenig oder antihedonisch. Die irrationale
(liberomane, heteromane, raromane, humanomane usw.) Selbststeuerung der
Menschheit führt dazu, dass eine Unmenge von nicht nachahmenswerten
Verhaltensweisen vorgeführt werden, und dass viele Erzieher nicht nachgeahmt
werden, obwohl sie konstruktives Verhalten und Denken zeigen.
Viele
altruistische Menschen sind wenig bekannt (und deshalb auch wenig als Vorbilder
wirksam), weil sie bescheiden waren oder sind. Albert Schweitzer wird z. B.
wenig imitiert, während Containerchristian mit seinem Lied „Es ist geil ein
Arschloch zu sein“ riesige Erfolge (Verarschungserfolge) feiert. Noch
erfolgreicher ist ein (keineswegs ungebildeter) aber ungehobelter Holzkopf, der
aber mit Vulgarität und simulierter Blödheit die Quoten steigert. Dieter Bohlen
versorgt die ganze Welt mit „Texten und Büchern, die die Welt nicht braucht“
und Millionen Holzköpfe geben in einem Land, das unter einer angeblichen
furchtbaren Wirtschaftskrise stöhnt, ihr geliebtes Geld für derartige
Ausscheidungen aus. Solche „wertvolle“ Literatur schützt im Verbund mit
diversen Privatsendern Millionen Bürger vor kritischen Bemerkelungen. Man
merkelt z. B. nicht, dass Millionen Menschen froh wären, wenigsten die
Kakerlaken essen zu dürfen, die ihren Dschungelsternchen, welche sich sonst bei
Kakerlaken zum Kübel böcken, nur Gruseln beibringen sollen.
2.
Konditionierungslernen
Kondition heißt Bedingung nicht Ausdauer!
Das Konditionierungslernen zeigt beispielhaft ein hochinteressantes Dilemma
auf. Einerseits kann man es ohne klare Definitionen schlecht verstehen,
andererseits kann man (in diesem Falle besonders) die Definitionen
schlecht verstehen, wenn man es nicht kennt.
Zum Glück gibt es aus diesem Dilemma einen Ausweg. Wir empfehlen den gesamten
Punkt "2" zunächst zu lesen und danach zumindest die ersten
Abschnitte, die sich mit der Problematik der Definition auseinandersetzen, noch
einmal zu lesen.
Man unterscheidet zwischen klassischen und operantem (=instrumentellem)
Konditionieren. Diese Begriffe sind ziemlich unglücklich gewählt, weil sie das
Wesen der Vorgänge kaum treffen. Außerdem überschneiden sich die beiden
Phänomene so sehr, dass klare Unterscheidungen oft weder möglich noch gegeben
sind.
Alle Konditionierungen sind Lernvorgänge, bei denen Verhalten durch meist
mehrfache Gaben von Reizen (durch Verarbeitung von Wahrnehmungsinhalten [oder
bestimmte Hirnaktivitäten]) erzeugt oder verändert wird. Es werden also
Verhaltensprogramme im Gehirn geschaffen oder verändert. Dabei spielen Gefühle
(Motivationen) eine deutlich größere Rolle als bei Imitationslernen und Lernen
durch Einsicht. Beim operanten Konditionieren sind immer, beim
klassischen meistens Gefühle beteiligt.
Auf anatomischer Ebene geschieht das
Konditionieren (jegliches Lernen), indem z. B. neue Verzweigungen von
Hirnzellen oder neue Synapsen gebaut oder abgebaut werden.
Auf biochemischer Ebene werden z. B. Neurotransmitterkonzentrationen oder
Porenproteinzahlen, durch Veränderungen von Enzymarten und –konzentrationen
verändert (s. u.).
Auf psychologischer Ebene werden u. a. Motivationen verändert, geschaffen oder
neuen Reizen zugeordnet.
Beim klassischen Konditionieren steht die Zuordnung neuer (neutraler)
Reize zu Motivationen und Handlungen mit angeborenen Grundlagen im Vordergrund.
Ein mehrfach gleichzeitig mit Futter wahrgenommenes Klingelgeräusch kann z. B.
beim Hund Fresslust und Speichelfluss auslösen (Versuche von Pawlow).
Ein gleichzeitig mit dem Schulgebäude wahrgenommenes Hunger- und/oder
Angstgefühl kann bei Schülern zur Ablehnung der Schule führen (Auslösung der
Angstgefühle durch den neutralen Reiz „Schule“).
Reizt man ein Auge einige Male gleichzeitig mit einem Luftstrom und einem
Lichtblitz, so kann man den Lidschlussreflex (der [fast?] ohne Lernen durch den
unkonditionierten Reiz "Luftstrom" ausgelöst wird) auch allein durch
die Gabe des Lichtblitzes auslösen. Bei diesem klassischen
Konditionierungsvorgang spielen Gefühle, obwohl ein bisschen Angst im Spiel
ist, keine große Rolle.
Beim operanten Konditionieren steht das Verändern
des Verhaltens durch i. d. R. von Außenreizen erzeugte Gefühle im Vordergrund.
Belohnungen in Form von Futter, Zuwendung usw., die gleichzeitig mit
menschlicher verbaler Aufforderung zum Männchen-Machen und eben diesem
Männchen-Machen des Hundes auftreten, führen dazu dass der Hund in Zukunft auf
das Zeichen „Mach-Männchen“ Männchen macht.
Die Kopplung angenehmer Reize (Gefühle) mit Verhaltensweisen erhöht die
Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Verhaltensweisen, bei unangenehmen Reizen
(Gefühlen) wird die Auftretenswahrscheinlichkeit erniedrigt.
Nun gibt es wahrscheinlich in keinem
grundsätzlich emotionsfähigen Tier jemals einen Zustand völliger emotionaler
Neutralität. Auch nimmt unter natürlichen Bedingungen niemals ein Lebewesen nur
einen (reinen) Reiz auf, sondern stets Reizmuster. Deshalb kann es auch unter
natürlichen Bedingungen reine klassische (schulmäßige) Konditionierungen nicht
geben.
Alle Konditionierungen sind Konditionierungsmuster, bei denen meist
mehrere Gefühle und Reize gleichzeitig wirken, man aber meist nur einen Reiz
und ein Gefühl in den Vordergrund stellt. Dies kann man oft, aber nicht immer,
mit Recht.
Beim klassischen Konditionieren geht man davon aus, dass es unkonditionierte
(angeborene, ohne Bedingungen auftretende) Reize und Verhaltensweisen gibt. Das
sind z. B. das Futter (Reiz) und die Speichelsekretion (Verhalten) im Falle des
Pawlowschen Hundes. Bei der Entstehung der meisten dieser Verhaltensweisen
dürften aber doch Bedingungen (z.B. operantes Konditionieren) eine, wenn auch
geringe, Rolle spielen. Säuglinge haben z.B. das (scheinbar vollständig
angeborene) Saugen schon als Embryo (genüsslich?) mit ihren Daumen geübt.
Des Weiteren gibt es kein Gefühl, das nicht auf angeborenen Grundlagen (unkonditionierte Reize und Reizreaktionen) beruht. Also bauen operantes Konditionieren und klassisches Konditionieren immer auf angeborenen Komponenten auf. Beim klassischen Konditionieren liegt aber, wenn Gefühle beteiligt sind, immer eine feste Bindung zwischen Gefühl und Verhalten vor. Es ist immer das Gefühl beteiligt, was das betroffene Verhalten auslöst. Beim operanten Konditionieren können dagegen nahezu beliebige Gefühle mit nahezu beliebigen Verhaltensweisen gekoppelt werden. Auch können hier Gefühle, bei deren Erleben Lern- oder Mischprozesse eine starke Rolle spielen (z.B. spezifischer Musikgenuss, Liebe usw.), zum Tragen kommen.
Betrachten wir nun, um die Ähnlichkeit der
beiden Konditionierungsformen zu verdeutlichen, nochmals unser Schulbeispiel.
Der Lehrer erzeugt durch Strafen, fremde Zeichen, unklare Darstellungen usw.
Angst in Schülern. Dadurch wird die Auftretenswahrscheinlichkeit des Betretens
der Schule (einschließlich der Lernmotivation) erniedrigt. Ein klassisches
Beispiel für operantes Konditionieren, mit dem überall in der gängigen
Literatur als Beispiel für klassisches Konditionieren operiert wird. Nochmals:
Die Schule wird hier als neutraler Reiz verstanden, der nach einigen
Wiederholungen das unbedingte Verhalten (jede Form von Übelkeit und Abwehr)
auslöst.
Die Reize, die der Lehrer verströmt, heißen im Falle des operanten
Konditionierens aversive Stimuli oder Bestrafungsreize, beim klassischen
Konditionieren sind es die Auslöser eines unbedingten Reflexes (Futter beim
Hund). Die Schule (der Lehrer, das Klingeln) sind beim klassischen
Konditionieren neutrale Reize, beim operanten sind es die Zusatzreize („mach
Männchen!“), die immer mit den Straf- oder Belohnungsreizen auftreten. Solch
ein Zusatzreiz kann z. B. auch eine grüne Brombeerhecke sein, wenn die
Strafreize (Stacheln) wirken.
In unserem Schulbeispiel scheint es völlige Übereinstimmung zwischen operantem
und klassischem Konditionieren zu geben.
Einen feinen, aber kleinen Unterschied gibt es jedoch. Der klassische Konditionierungsvorgang ist beim Entstehen der Angst abgeschlossen. Beim operanten Konditionieren erfolgt noch das Meidungsverhalten gegenüber Schule, Lehrer und unter Umständen später (generalisiert) gegenüber jeglichem Lernen.
Es zeigen sich also erhebliche Übereinstimmungen zwischen klassischem und operantem Konditionieren. Insbesondere sind die Prozesse, die in den Gehirnen der Konditionierten ablaufen, weit gehend identisch. Deshalb ist die Verwendung der unterschiedlichen Begriffe (einschließlich der Definitionen) verwirrend und fragwürdig.
2.1
Klassisches Konditionieren
Das
klassische Konditionieren ist ein Lernvorgang, der ähnlich wie das
Gewöhnungslernen durch angeborene Grenzen stark eingeschränkt ist (wenig
Veränderungsspielraum besitzt). Der Vorgang besteht darin, dass ein Tier
(Mensch) lernt, auf einen neutralen Reiz hin eine unbedingte Reflexhandlung
oder sonstige Reaktion auszuführen.
Um den Vorgang zu verstehen, müssen wir uns zuerst die genannten Begriffe klar
machen. Wir beginnen mit dem Begriff „“unbedingter Reflex“, unbedingt
(=unkonditioniert), (Kondition =Bedingung). Gemeint ist ein Reflex, der ohne
Konditionierungslernen ausgeführt werden kann, also (immer?) auf angeborenen
Verhaltensprogrammen beruht. Solche Reflexe sind z. B. Lidschlussreflex,
Speichelsekretion, Kniesehnenreflex. Für diese Reflexe gibt es zugehörige
(nichtneutrale) auslösende Reize. Speichelsekretion wird z. B. durch den
Anblick und Geruch von Futter ausgelöst. Ein Reiz, wie ein Lichtblitz, oder ein
Klingelzeichen, haben ursprünglich nichts mit der Speichelsekretion zu tun und
werden deshalb neutrale Reize genannt.
Ein Beispiel für klassisches Konditionieren wäre also das Lernen eines Hundes,
auf ein Klingelgeräusch hin Mundspeichel abzusondern. Man erreicht dies, indem
man mehrfach dem Hund gleichzeitig Nahrung und Klingelzeichen präsentiert. Nach
einigen Wiederholungen sondert der Hund Speichel ab, auch wenn nur das
Klingelzeichen ohne Futter präsentiert wird. Dieser Lernvorgang in Reinform
spielt in der Pädagogik eine untergeordnete Rolle. Trotzdem spielt er in der
menschlichen Gesellschaft eine nicht unbedeutende Rolle, weil eine reine
klassische Konditionierung nicht vorkommt und viele psychische Störungen durch
eine Kopplung von operantem - und klassischem Konditionieren ausgelöst werden.
Beim operanten Konditionieren (s. u.) steht die Kopplung eines Verhaltens mit
Gefühlen im Vordergrund. Da Menschen niemals emotional völlig neutral sind,
erleben sie auch bei der Ausführung jedes unbedingten Reflexes und jeder
Triebhandlung ein oder mehrere Gefühle.
Häufig ist die Kopplung von Angst mit neutralen Reizen, wie kleinen Räumen
(Klaustrophobie), Spinnen, Kleintieren, großen Menschenmassen, offenen Plätze
usw. Bei der Kopplung von Gefühlen mit Triebhandlungen sind nicht die Gefühle
gemeint, die angeboren mit der Triebhandlung gekoppelt sind, also z. B. nicht
sexuelle Lust im Falle des Sexualtriebes. Das menschliche Sexualverhalten wird
oft mit Angst (zur Tarnung meist als „Scham“ bezeichnet) gekoppelt. Dies ist
ein wichtiges Beispiel für die Beeinflussbarkeit menschlicher Triebe durch
Lernen.
2.2
Operantes Konditionieren
Besonders wichtig für die Veränderung von Verhalten (Tierhaltung, Pädagogik und
Psychotherapie) ist das operante Konditionieren. Es steht in enger Beziehung
zum klassischen Konditionieren. Die meisten Menschen kennen es unter der Bezeichnung
„Dressieren“. Wir beginnen mit einer einfachen und verständlichen Definition:
Beim operanten Konditionieren wird ein Verhalten meistens häufiger, wenn man
gleichzeitig ein angenehmes Gefühl erlebt, bei einem unangenehmen Gefühl wird
ein Verhalten seltener. Die wissenschaftliche Definition lautet:
Operantes Konditionieren ist eine Lernform, bei der die
Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens durch Kopplung mit angenehmen
oder unangenehmen Reizen erhöht oder erniedrigt wird. Der Lernvorgang, der ein
Verhalten häufiger werden lässt, heißt Verstärkung. Der angenehme Reiz
(seine Gabe) wird auch als Belohnung bezeichnet, beim unangenehmen (= aversiver
Stimulus) spricht man von Bestrafung. Die Verstärkung kann auch dadurch
erfolgen, dass man ein unangenehmes Gefühl verringert oder beseitigt (negative
Verstärkung). Entsprechend kann die Bestrafung auch dadurch erfolgen, dass man
ein angenehmes Gefühl verringert oder beseitigt.
Da das Gefühl im Mittelpunkt des operanten Konditionierens steht, wäre die unübliche
Bezeichnung „emotionales Konditionieren“ oder (am besten) „emotionale
Verhaltensänderung“ wesentlich sinnvoller als die üblichen: „operantes“
oder „instrumentelles Konditionieren“. Zu allem Überfluss wird bei allen
Konditionierungsformen (bei allen Lernprozessen) von allen Beteiligten
operiert, was auch dem „operant“ (=wirksam, aktiv) seinen definitorischen Wert
nimmt. Es kommt noch hinzu, dass Bestrafungsreize meist passiv machen.
Die ursprüngliche Definition des Entdeckers (Skinner) für operantes
Konditionieren meidet alles Emotionale und beschreibt positivistisch nur
das äußere, sinnlich wahrnehmbare Geschehen.
(Der Positivismus ist eine philosophische (erkenntnistheoretische) Position,
die nur objektive, nachweisbare, sinnliche Informationen als Erkenntnisquelle
zulässt.)
Vage, nicht messbare Gefühle passten Skinner nicht in seine
hyperpositivistischen Vorstellungen von Wissenschaft und Forschung.
In der Zeit der Entdeckung des Konditionierens -am Anfang des 20. Jahrhunderts-
gab es in der Wissenschaft gerade eine starke Strömung, alles Spekulative,
Subjektive, nicht eindeutig empirisch Überprüfbare abzulehnen. Das war als
Reaktion auf viele fehlerhafte Spekulationen von Philosophie und Religionen
verständlich, aber etwas übertrieben. Spekulationen können in jeder
Wissenschaft sehr wertvoll sein, wenn man sie nur eindeutig als Hypothesen
kennzeichnet und zunächst nur als Denkanstöße verwendet.
Die ursprüngliche Definition für das operante Konditionieren ignoriert die
inneren emotionalen Prozesse und verhindert dadurch ein tieferes Verständnis
des Lernvorgangs. Besser ist daher folgende Definition: Wenn ein Verhalten
in Verbindung mit einem angenehmen Gefühl ausgeführt wird, wird die
Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens erhöht.
Dass beim emotionalen Konditionieren nicht immer ein offen für jedermann
nachweisbarer Reiz wahrgenommen werden muss, beweist das folgende erfolgreiche
Therapieverfahren:
Rauchen kann seltener werden, wenn der Raucher beim Gedanken an das
Rauchen mehrfach durch Erinnerungen an frustrierende Erlebnisse unangenehme
Gefühle reaktiviert, also auch ohne die Wahrnehmung realer
unangenehmer Reize.
Die enge Definition von Skinner verhindert das Verständnis noch weiterer sehr
wichtiger Funktionen des emotionalen Konditionierens.
1. Die wichtigste unmittelbare Folge des emotionalen Konditionierens liegt in
der Veränderung von Gefühlen, Erwartungen und Bewertungen. Diese Gefühle nennen
wir Motivationen. Wenn also nach dem Konditionieren ein Verhalten häufiger oder
seltener wird, liegt es daran, dass mit Hilfe von Gefühlen gleiche oder andere
Gefühle (Motivationen) geschaffen oder verändert wurden.
2. Das Konditionieren verändert nicht nur Verhaltensweisen, sondern auch
Bewertungen von Reizen (Reizmustern). Die emotionale Bewertung jedes
wahrgenommenen Reizmusters wird verändert, wenn während der Wahrnehmung Gefühle
erlebt werden. Das heißt, wenn jemand das gleiche (oder ähnliche) Reizmuster
später erneut wahrnimmt, erlebt er andere und/oder in ihrer Intensität
veränderte Gefühle. Diese Gefühle können Ursache für
Verhalten(sänderungen) sein. (Diese Erscheinungen sind die Grundlage für das
Verständnis der Intuition [siehe unten]).
Man verliert z. B. die Angst vor dem Reizmuster „Sauna“ (=kleiner Raum), wenn
man während der Wahrnehmung angenehme Gefühle erlebt. Die Folge kann die oben
beschriebene allgemein formulierte Verhaltensänderung nach Skinner sein.
Konkret formuliert: Das Betreten der Sauna könnte wieder auftreten.
Der Grund für Verhaltensänderungen durch operantes Konditionieren ist die
Wiederaktivierung bzw. die Erwartung der Wiederaktivierung des angenehmen
Gefühls (Motivation, Appetenz). Dabei muss das Gefühl (Motivation) nicht durch
die Wahrnehmung eines äußeren Reizes erzeugt werden. Es kann vielmehr auch in
entsprechenden emotionalen Zentren im Gehirn fiktiv erzeugt werden. Dabei kann
(wie wir oben am Beispiel des Rauchens gesehen haben) die Erinnerung an
andere Reize (z. B. ein innerlich reaktiviertes Bild) die Entstehung des
Gefühls bewirken.
Bei unangenehmen Gefühlen gilt natürlich wieder das Umgekehrte dessen, was oben
für angenehme Gefühle dargestellt wurde. Die entsprechenden Erwartungsgefühle
nennt man z. B. Angst oder Aversion.
Man kann Verhalten (Motivationen) auch ändern, indem man die Intensität
unangenehmer Gefühle mittels angenehmer Gefühle verringert (Gegenkonditionierung).
Um einen dauerhaften Lernvorgang zu erzielen, müssen die Kopplungen meistens
mehrfach wiederholt werden. Beispiele:
Kinder räumen (relativ!) gerne ihr Zimmer auf, lernen für die Schule usw., wenn
sie während oder nach diesen Handlungen mehrfach angenehme Gefühle z. B. durch
Belohnungen der Eltern oder durch Erfolge in der Schule oder beim (nicht
langen) Suchen im Zimmer hatten.
Wenn allerdings noch attraktiver erscheinende Verhaltensangebote (Spiel,
Drogenkonsum usw.) vorliegen, wählen viele gerne diese.
Das Verhalten „Männchen machen“ eines Hundes wird häufiger, wenn es mit Lob,
Streicheln oder Nahrungsaufnahme verbunden wird. Bei Tieren wird wahrscheinlich
das beim Lernen erlebte Gefühl durch den gleichzeitig gegebenen Befehl
reaktiviert.
Erläutern wir dies an einem Beispiel: Nehmen wir an, wir haben unseren Hund
mittels angenehmer Reize dressiert, sich auf das Kommando: „Sitz!“ zu setzen.
Wenn man Tage oder Jahre nach dieser Dressur seinem Hund das Kommando: „Sitz!“
gibt, tut er das, weil das Kommando (die Laute) in ihm das beim Dressieren
erlebte angenehme Gefühl (Motivation und Erwartung) wieder hervorruft.
Bei Tieren darf der zeitliche Abstand zwischen Verhalten und Gefühlen nicht
mehr als ca. 5 Sekunden betragen.
Bestraft man den Hund, weil er erst nach stundenlangem Rufen nach Hause
gekommen ist, verbindet er diese Strafe mit dem Zurückkehren, nicht mit
dem Wegbleiben und bleibt in Zukunft noch länger weg. Dies führt zu noch
härteren Strafen, zu noch weniger „Gehorsam“. Das Resultat ist ein auf
menschlicher Dummheit beruhendes (also nicht seltenes) aggressives
Missverhältnis zwischen Tier und Halter. In der Folge bezeichnet
blödsinnigerweise dennoch der Halter, statt sich und seine Kultusminister, den
Hund als blöd.
Das operante Konditionieren und angeborene Anlagen bestimmen und bilden weit
mehr als alle anderen erworbenen Faktoren das emotionale Wesen und die
Persönlichkeit eines Menschen. Emotionale Entscheidungen (Intuition),
Motivationen und Aversionen werden z. B. hauptsächlich durch diese beiden
Faktoren gebildet.
Die meisten Menschen erklären die menschliche Persönlichkeitsentwicklung gar
nicht, mystisch-idealistisch oder durch andere Lernprozesse wie z. B. das
Nachahmen von Vorbildern, also Imitationslernen, und eine mysteriöse
Selbstfindung (Reifungen und Prägungen spielen allerdings tatsächlich eine
wichtige Rolle.).
Für das Verständnis und die Heilung der menschlichen Psyche ist es aber sehr
wichtig, die tatsächlichen und hauptsächlichen Ursachen und Wirkmechanismen der
Persönlichkeitsentwicklung und die Funktionsprinzipien der Psyche zu verstehen.
Wir wollen deshalb kurz erläutern, weshalb die meisten Menschen die beiden
wichtigsten Ursachen ignorieren und ablehnen:
Im Falle der angeborenen Anlagen ist der wichtigste Grund eine alte, u. a.
religiös motivierte, Arroganz gegenüber der Tierwelt. Angeborenes triebhaftes
Verhalten wird Tieren zugeordnet, obwohl alle Tiere auch durch Lernen und viele
sogar z. T. durch rationale Prozesse gesteuert werden. Als Menschen sich ihrer
selbst, und damit auch ihrer Intelligenz, bewusst wurden, waren sie von ihrer,
bis heute relativ geringen, Vernunft so geblendet, dass die meisten sich für
Vernunftwesen hielten und halten und viele das Geistige überschätzen. Die
meisten Religionen bestärkten Menschen in diesen Irrtümern. Nach der
christlichen Religion sind Menschen das Abbild Gottes, also eines
Vernunftwesens. Wir sehen, dass Menschen ihre triebhafte tierähnliche Natur
gerne verleugnen. Sie widerspricht dem Wunsch etwas Besseres zu sein, der
übrigens zu wesentlichen Teilen auf tierhaftem Rangordnungsverhalten
(Statusdenken) beruht. Aber auch die krankhafte Überverherrlichung von Freiheit
(Liberomanie) trägt zur Ablehnung tierwürdiger Gebundenheit an Triebsteuerungen
bei. Nun sollte man glauben, dass wenigstens das Konditionierungslernen den
Menschen menschenwürdig erscheint, doch weit gefehlt. Viele lehnen es ab, das
Konditionieren als Lernmethode bewusst zu nutzen oder sogar, es überhaupt
kennen zu lernen.
Die
Ablehnung des operanten Konditionierens hat mehrere Ursachen. Das operante
Konditionieren ist vielen Menschen als Dressieren bekannt. Dressieren ist eine
Form des Lernens, die bei Tieren angewandt wird, und an Computerprogrammierungen
erinnert. Der Mensch möchte aber bekanntlich im Allgemeinen etwas Besseres sein
als Tiere und Maschinen. Es kommt hinzu, dass alle Dressuren
Manipulationscharakter haben. Manipulation steht aber, auch wenn sie
konstruktiv ist, in unvereinbarem Widerspruch zur typisch menschlichen
Überverherrlichung der Freiheit (Liberomanie), insbesondere der
Selbstbestimmung. Das operante Konditionieren ist ein Prozess der mechanischen,
nüchternen, wissenschaftlichen Charakter hat. Viele Menschen meiden die Auseinandersetzung
mit solchen Sachverhalten, weil es anstrengend und ein religiöses Tabu ist. Das
Verständnis dieser Welt soll mystisch und Gott vorbehalten bleiben.
Der logische, wissenschaftliche Charakter des Konditionierens passt zudem nicht
in idealistische philosophische Traditionen, nach denen die menschliche Psyche
durch mystisches, vitalistisches, göttliches Wirken entsteht. Die
Philosophie hat zwar in den letzten Jahrzehnten erheblich an Bedeutung verloren
(und/oder sich teiweise postitiv wissenschaftlich gewandelt), bestimmt aber
immer noch wesentlich das Alltagsdenken und teilweise auch die
wissenschaftliche Psychologie.
Damit zurück zum Konditionierungslernen:
Da ein Zustand völliger emotionaler Neutralität in fühlenden Menschen und
Tieren spätestens nach der Geburt nie auftritt, ist jedes Erlebnis
(Reizaufnahme) eine operante Konditionierung. Weil täglich unzählbar viele
Reize auf Menschen einwirken, finden täglich unzählbar viele Konditionierungen
statt. Diese werden fast alle nicht bewusst wahrgenommen, und ihre Bedeutung
ist weitgehend unbekannt (siehe Intuitionswahn). Sie sind aber die
wichtigste Grundlage der Intuition (Vorlieben, Abneigungen, Sympathie,
emotionale Entscheidung), des Charakters (Persönlichkeitsbildung durch Lernen),
psychischer Störungen, des Über-Ichs und der Psychotherapie.
Konditionierungsprozesse sind - abgesehen von der emotionalen Komponente - der
Programmierung eines Computers völlig analog.
(Anmerkung des Autors: Mein Computersprachprogramm schreibt z. B., nach
dem zwei- oder dreimal zufällig das Geräusch der Katzenklappe ertönte, als ich
„ist“ sagte, dieses Wort jetzt auch, wenn nur das Geräusch der Katzenklappe
ertönt.)
Intermittierende Verstärkung:
Das operante Konditionieren erfolgt wirkungsvoller, wenn man nicht bei jedem
Lernvorgang einen (un)angenehmen Reiz gibt, sondern in einer Reihenfolge, die
der Lernende nicht vorhersagen kann. Diese Vorgehensweise heißt
intermittierende Verstärkung. Wir erinnern: Mit Verstärkung werden die Prozesse
bezeichnet, die zum häufigeren Auftreten des konditionierten Verhaltens führen.
Durch dieses Verfahren entsteht ein Überraschungseffekt, der die Intensität und
Wirksamkeit der Gefühle erhöht. Das bewusste Einsetzen von Überraschungen ist
eines der einfachsten und ökonomischsten Mittel zur Erhöhung von
Lebensqualität. Ein schönes Beispiel liefert eine Werbung eines
Mobilfunkanbieters: Die Freundin ruft ihren Freund an und sagt ihm, dass sie
zur Verabredung nicht kommen kann. Während des Gesprächs klingelt es an der Tür
des Freundes. Er öffnet, und sie steht mit dem Handy telefonierend vor der Tür.
Diese Frau hat neben dem Überraschungseffekt auch noch das Kontrastphänomen
genutzt, um viele angenehme Gefühle (Liebe?) in ihrem Partner zu erzeugen. Die
erwartete Frustration (Nichterscheinen) wird durch besondere Freude ersetzt
(kontrastiert). Solche Maßnahmen (z. B. „versteckte Kamera“) sind grundsätzlich
empfehlenswert. Etwa 20 % dieser hedonischen Möglichkeiten werden von Menschen
genutzt, u. a. weil sie kaum bekannt gemacht werden.
Intuition
Wenn Menschen Entscheidungen fällen, sind immer mindestens zwei
verschiedene Entscheidungsmechanismen beteiligt. Der erste Mechanismus wird
Intuition, der zweite bewusste rationale Steuerung (Denken) genannt. Intuitive
Entscheidungen werden auch mit Begriffen wie instinktiv oder gefühlsmäßig
bezeichnet. Sie tragen auch zur Steuerung tierischen Verhaltens erheblich bei.
Viele Menschen sind stolz auf ihre intuitiven (scheinbar emotionalen)
Entscheidungen und lehnen sogar bewusste rationale Entscheidungen ab. Das
Rationale, das in besonderem Maße typisch menschlich ist, hat für viele etwas
Fremdes, Kaltes, Beängstigendes und technisch, mathematisch Unmenschliches. Sie
ignorieren, dass ihre intuitiven Entscheidungen oft fehlerhaft sind. Sie
ignorieren auch, dass sie die intuitiven Entscheidungsmechanismen mit Tieren,
welche sie zum Teil ablehnen, gemeinsam haben. Sie ignorieren aber vor allem,
dass das Wesen der intuitiven (so genannten emotionalen) Entscheidung ein
überwiegend rationaler mathematischer Prozess ist. Das machen wir uns an
Beispielen klar: Wir stellen uns vor, dass wir zwischen zwei Häusern,
Adoptivkindern, Autos usw. auszuwählen hätten. Bei jeder Auswahl verrechnen
(addieren) wir unbewusst alle Gefühle, die wir früher mit ähnlichen Reizen
erlebt haben und die Gefühle, welche wir in der Zukunft erwarten. Dabei
verrechnen wir sowohl die Art der Gefühle (angenehm oder unangenehm) als auch
die Intensität, als auch das Maß an Ähnlichkeit zwischen erinnerten und
gegenwärtig wahrgenommenen Reizmustern. Auf die gleiche Weise entsteht z. B.
auch Sympathie (Zuneigung) oder Antipathie (Ablehnung), wenn wir ein Gesicht
(Reiz) erstmalig wahrnehmen.
All diese Verrechnungsvorgänge (sowohl intuitive als auch rationale) werden im
Gehirn unter anderem durch die Addition der Wirkung von hemmenden und
erregenden Synapsen geleistet. Der wichtigste Unterschied zwischen Intuition
und Denken besteht darin, dass beim Denken der Verrechnungsvorgang z. T.
bewusst wahrgenommen, gesteuert und kontrolliert werden kann. Dies dauert zwar
wesentlich länger als das intuitive Verrechnen, führt dafür aber häufig zum
Entdecken von Fehlern. Dies ist der wichtigste Grund dafür, dass das rationale
Denken in den Gehirnen von Säugetieren (Menschen) entstanden ist. Da die
Intuition für menschliche Entscheidungen so große Bedeutung hat, beleuchten wir
sie noch einmal von einer anderen Seite und etwas genauer:
Intuition emotionales Entscheiden Sympathie -
Antipathie
Die Bewertung von neuen Reizen und Ereignissen hängt auch noch in anderen
Bereichen von emotionalen Vorerfahrungen ab. Dabei werden alle angenehmen und
unangenehmen Gefühle, die im Zusammenhang mit ähnlichen Reizen erlebt worden
waren, in Millisekunden reaktiviert und verrechnet. Das heißt, ihre
Intensitäten werden, unter Berücksichtigung ihrer Ähnlichkeit mit dem neuen
Reiz, addiert. Unangenehme Gefühle haben dabei negative, angenehme Gefühle
haben positive Vorzeichen. Es entsteht ein Gesamtgefühl (Bilanzgefühl). Dieses
Gesamtgefühl nennen Menschen, wenn der neue Reiz ein anderer Mensch ist,
Sympathie oder Antipathie.
(Wenn es ein anderes Reizmuster ist, sprechen sie von Vorlieben, Appetenzen,
Aversionen usw. Die Gefühle, die sie mit ähnlichen Menschen (Reizen) erlebt
haben, wurden (werden) zu einem Gesamtgefühl addiert.)
Je ähnlicher ein unterbewusst erinnertes ähnliches Gesicht ist, desto stärker
trägt das diesem Gesicht zugeordnete Gefühl zur Sympathie oder Antipathie bei.
Diese Erscheinung heißt „optische Ähnlichkeitsintuition“.
Ihre Wirkprinzipien werden den meisten Menschen nicht bekannt gemacht. Dies
wirkt sich besonders deshalb negativ aus, weil die meisten Menschen glauben,
dass ihre Ähnlichkeitsintuition sich fast nie irrt. Diese irrt sich
jedoch sehr häufig. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei optisch ähnliche Menschen
ebenso ähnliche Charaktereigenschaften haben, ist niedrig. Die
Ähnlichkeitsintuition entstand in einer Zeit, in der optisch ähnliche Menschen
meistens eng verwandt und deshalb häufig auch psychisch ähnlich waren. Der
naive Unfehlbarkeitsglaube beruht vor allem darauf, dass Menschen unsympathisch
erscheinende Menschen meistens unfreundlich behandeln. Diese beantworten
meistens die Unfreundlichkeit mit ähnlicher Unfreundlichkeit. Dadurch schaffen
und bestätigen sie das Intuitionsvorurteil.
Beim ersten Hören von akustischen Reizmustern, wie Musik, Dialekten,
fremdsprachlichen Sätzen usw. werden ebenfalls alle Gefühle, die im
Zusammenhang mit ähnlich klingenden Tönen, Sätzen und Stimmen erlebt worden
waren, zu einem mehr oder weniger angenehmen oder unangenehmen so genannten
(Sprach)gefühl intuitiv verrechnet. Entsprechendes gilt zum Beispiel auch für
Gerüche und jede Kombination von Sinneseindrücken, wenn verschiedene Sinne
gleichzeitig Informationen aufnehmen, was im Übrigen der Normalfall ist. Ähnlichkeitsintuition
tritt also nicht nur bei optischen Reizen und auch nicht nur bei menschlicher
Sympathiebildung auf. Bei jedem Reizmuster -Gebäude, KFZ, Vogelgesang,
Blumenduft usw.- werden alle Emotionen, die vorher im Zusammenhang mit ähnlichen
Reizkombinationen erlebt worden waren und die zufällige Gegenwartsstimmung zu
einem Gesamtgefühl verrechnet (s. Kapitel Irrationale Informationsverbreitung
und Kapitel Irrationales Denken und Handeln). Die Ablehnung vieler Reize, wie
sprachlicher Akzente, bestimmter Musikrichtungen und, Modeerscheinungen, vieler
Gesichtsstrukturen und die Ablehnung der meisten dazugehörigen Menschen ist
völlig unberechtigt und antihedonisch.
Zum Wesen der Intuition gehört nichts Mystisches, Unverstehbares.
Abschießend weisen wir auf zwei wichtige Prinzipien hin:
Zunächst erfand die Natur Gefühle mit unterschiedlichen Intensitäten, um
Verhalten (Antriebe) fein steuern zu können. Später erfand sie das operante
Konditionieren (und Rationalität), um diese Feinsteuerung fein steuern zu können.
3. Lernen durch Einsicht (≈Rationale Selbststeuerung ≈rationale
Umstrukturierung)
Bei dieser Form des Lernens werden Menschen oder hoch entwickelte Tiere dazu
gebracht, sich selbst mit Hilfe ihres Verstandes oder ihrer Vernunft zu
steuern. Auch und gerade das Resultat (die rationale Selbststeuerung) wird oft
als Lernen durch Einsicht bezeichnet. Die wichtigsten Vorteile dieses Lernens
liegen in seiner Geschwindigkeit und extremer Ökonomie (Wirtschaftlichkeit).
Manchmal genügt ein einziger Satz, um das Verhalten (die Selbststeuerung) und
damit vielleicht das ganze Leben eines Menschen für Jahrzehnte zu verändern (s.
o.). Ein Beispiel für solch einen Satz, der (aus Gründen, die wir unten
erläutern werden) leider nicht immer zum Erfolg führt, lautet: „Das Leben ist
mit Abitur in der Regel wesentlich einfacher als ohne.“ Ein großer Nachteil
dieses Lernens liegt darin, dass es nicht direkt Gefühle (Motivationen)
schafft.
4. Prägung
Prägung ist eine pädagogisch besonders wichtige Form des Lernens, bei der
die Verschränkung zwischen Lernen und angeborenen Programmen besonders stark
ist. Bei der Prägung wird ein Verhalten bzw. eine psychische Umstrukturierung nur
innerhalb einer bestimmten –genetisch weitgehend festgelegten Entwicklungsphase
(sensible Phase, Prägungsphase) erworben. Die bekannteste Prägung ist
der Erwerb der Sprache. Die Fähigkeiten, die durch das Prägungslernen erworben
werden, bilden sich allerdings zum Teil schon vor der Prägungsphase. Säuglinge
erwerben z. B. schon sprachliche Fähigkeiten, wenn sie sprachliche Laute hören,
auch wenn sie selbst noch nicht Wörter artikulieren können.
Das durch Prägung erworbene Verhalten ist weitgehend irreversibel
(unumkehrbar). Jeder erzieherisch Tätige muss also wissen, wie und wann Kinder
(Tiere) geprägt werden können. Tatsächlich wissen es, dank der hochgeistig
qualifizierten Bildungspolitik, ca. 5%.
Beim Menschen gibt es mindestens 5 prägbare Eigenschaften:
4. 1. Bildung von Urvertrauen und Bindungsfähigkeit
4. 2 Sprache
4. 3 Sexualität
4. 4 Ideologien
4. 5 Musikalische Prägung
4. 1 Urvertrauen
Die Fähigkeit, Menschen zu vertrauen, der Wunsch nach sozialem Kontakt,
Beziehungsfähigkeit, soziale Kompetenz usw., können nur dann in vollem Umfang
entstehen, wenn Säuglinge dauerhaften, angenehmen Kontakt zu maximal drei
Bezugspersonen haben (vgl. „Hospitalismus“).
4. 2 Die Sprachfähigkeit wird nur dann voll
entwickelt, wenn Kinder zwischen zweitem und viertem Lebensjahr auf angenehme
Weise sprechen lernen. Die Sprachfähigkeit entwickelt sich, wie alles
Prägungsverhalten, nur dann optimal, wenn schon vor der eigentlichen
Prägungszeit angenehme Reize aus dem jeweiligen Bereich (Prägungsverhalten)
aufgenommen werden.
4. 3 Das Sexualverhalten und die sexuelle Empfindungsfähigkeit
entwickeln sich am besten, wenn Kinder (Jungtiere) während der Pubertät
alle konstruktiven Formen des Sexualverhaltens kennen– und ausüben lernen.
Trotzdem wird pubertäre Sexualität weltweit überwiegend unterdrückt, u. a. um
frühe Schwangerschaften zu verhindern. Es lohnt sich, die zahlreichen Argumente
für und gegen die pubertäre Sexualität einmal objektiv und kritisch zu sammeln
und abzuwägen. So etwas ist bisher auf Erden kaum geschehen (vergleiche Kapitel
X „Sexualität“).
4. 4 Ideologische Prägung
Ebenfalls in der Pubertät liegt die Prägungsphase für die Bildung der
Persönlichkeit, des Charakters und von Ideologien. Es werden vor allem solche
Glaubenslehren, Charakterzüge und Persönlichkeitsstrukturen übernommen, die
geliebte, geschätzte, geachtete Personen (z. B. Idole) aufweisen oder
verherrlichen (s. o. unter „Imitation“). Gefühle zu solchen Personen spielen
oft für diese Prägung eine größere Rolle, als Vernunft, Sachlichkeit und
Objektivität. Es ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben der Menschheit, den
Glauben an Logik, mathematische Beweisbarkeit und empirisch
wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung spätestens in der Pubertät zu entwickeln.
Ebenso wichtig wäre es, dafür zu sorgen, dass nur solche Menschen zu Idolen
werden, die Vernunft, Charakter, Intelligenz und konstruktive Ideale aufweisen.
Michael Jackson, Helmut Kohl, Slatko, Saddam Hussein usw. sind dennoch für
viele Vorbilder.
Alle Prägungen sind mehr oder weniger irreversibel (=unumkehrbar). Wenn
Entenküken in ihrer 14. Lebensstunde einem Menschen gefolgt sind (Nachfolgeprägung),
werden sie es nie mehr lernen, ihrer leiblichen Mutter wie einer Mutter zu
folgen.
Beim Menschen lassen sich jedoch alle angeborenen Verhaltensweisen durch Lernen
und rationale Selbstkontrolle beeinflussen. Die meisten Menschen können in
jedem Alter Fremdsprachen studieren, lernen, fremden Personen zu vertrauen,
Sexualität mit Menschen zu genießen, die überhaupt nicht ihrem Prägungspartner
entsprechen und Ideologien zu verherrlichen, die ihren eigenen Urideologien
völlig widersprechen. Diese Umprägungen erfolgen jedoch auch beim Menschen
immer gegen mehr oder weniger starke Widerstände und oft nur unvollständig. So
mag ein Zwanzigjähriger virtuose Musik von „Cream“ oder „Bach“ trotz der
Einsicht in ihren hohen qualitativen Wert niemals so genießen lernen, wie die
simple Schmusemusik, auf die er mit dreizehn geprägt wurde. Urvertrauen und
Sprache können umstrukturiert, aber fast gar nicht in höherem Alter erstmalig
entwickelt werden. Kaspar Hauser, ein Junge, der fast ohne sprachliche
Erfahrungen in der Prägungsphase aufwuchs, lernte später, nachdem man ihn aus
seiner Isolation befreit hatte, nur noch wenige Worte.
Für alle Prägungen gilt, wie gesagt, dass sie intensiver erfolgen, wenn die
Prägungsreize schon vor der sensiblen Phase geboten und empfangen werden. In
Säuglingen verändern sich Hirnstrukturen und –funktionen, wenn sie Reize, wie
z. B. menschliche Stimmen, Wärme, Fellberührungen und so weiter wahrnehmen,
schon lange bevor sie selbst ihre ersten Worte sprechen beziehungsweise
vorzugsweise in warmen, weichen Decken kuscheln.
Entsprechendes gilt für alle angenehmen sexuellen, musikalischen und
ideologischen Stimulationen vor der Pubertät. In allen Fällen werden
Fähigkeiten, Motivationen und Empfindungsfähigkeiten stärker ausgebildet.
4. 5 Prägung auf Musik
Auch wenn es um Musik geht, ist die menschliche Psyche während der Pubertät
besonders sensibel. Viele Menschen entwickeln in dieser Zeit wenig umkehrbare
Vorlieben (leider auch irrationale Aversionen) gegen bestimmte Stilrichtungen,
Instrumente, Stimmen, Künstler usw. Diese Prägungen gelten auch für andere
Kunstrichtungen und sind –auf bisher wenig verstandene Weise- mit der
ideologischen Prägung verwandt.
Damit kommen wir zu einer abschließenden Gesamtbetrachtung des Lernens:
Alle Formen des Lernens haben die Funktion, das Verhalten von Tieren und
Menschen arterhaltend zu regulieren. Sie ermöglichen eine schnellere und
exaktere Anpassung an Umweltveränderungen als die Lernprozesse der
Erbinformationen (biologische Evolution). Zur Entwicklung dieser
Lernfähigkeiten trieb die Tiere u. a. die Konkurrenz untereinander, der
Parasitismus, Räuber-Beute-Beziehungen und ungünstige Wirkungen der toten Natur
wie Schwankungen von Temperatur, Helligkeit, Wind, Feuchtigkeit usw. Das
Konditionieren dient z. B. dazu, (kausale) Zusammenhänge in der äußeren Welt zu
erkennen, also die Welt zu verstehen bzw. in Gehirnen abzubilden. Durch
Konditionierung lernen Antilopen z. B., dass an Wasserstellen besonders häufig
Gefahren lauern. Löwen lernen, dass dort besonders häufig erfolgreich Nahrung
erbeutet werden kann. Die mit dem operanten Konditionieren und den Trieben
verbundene Emotionalität liefert im Verbund mit Gedächtnisleistungen auch eine
primitive Abbildung der vierten Dimension (der Zukunft). Ein Tier, das leichten
Hunger verspürt, „weiß“ mittels Erinnerung (Erfahrung, Konditionierung), dass
dieses Gefühl ohne Nahrungsaufnahme zunehmen wird. Deshalb beginnt es
(motiviert) mit der Suche nach Nahrung, auch wenn kein Nahrungsreiz wahrnehmbar
ist. Dies ist eine sinnvolle Verhaltenssteuerung, die Fortpflanzungsvorteile
gegenüber emotional weniger leistungsfähigen Konkurrenten bringt. Die Folge ist
eine Höherentwicklung des Lebens.
5. Zufall, z.B. Sozialisationsfehler, zufällige Erlebnisse,
Hirnschäden, angeborene Defekte
Die Erscheinungen sind entweder klar (zufällige Erlebnisse, Hirnschäden) oder
in anderen Kapiteln ausführlich erläutert (Sozialisationsfehler, angeborene
Defekte).
6. Verhaltensänderung durch direkte chemische und physikalische Einflüsse
Der
Zufall will es, dass die folgenden Abschnitte etwas sehr wichtiges, nämlich
interdisziplinäre Zusammenhänge, verdeutlichen. Wir werden einige wichtige
Informationen zwischen Ethologie, Psychologie und Biochemie beleuchten. Bevor
wir dies tun, wollen wir noch einmal betrachten, was am interdisziplinären
Denken so wichtig und wertvoll ist:
Menschen haben die Welt, die eine zusammenhängende Einheit bildet, bei ihrem
Studium ziemlich künstlich in Wissenschaften unterteilt (Schubladisierung).
Schülergehirne werden mit Vorliebe zu Speicherschubladen herabgestuft.
Wesentliche Zusammenhänge werden weder direkt vermittelt noch wird Schülern
wenigstens erläutert, dass sie selbst welche entdecken würden, wenn sie ihre
Hirnschubladen einmal gleichzeitig öffnen würden. Verbindungen zwischen
Wissenschaften vernachlässigen die meisten mit Vorliebe. U. a. deshalb finden
sich gerade zwischen diesen Wissenschaften besonders interessante unbekannte
Neuigkeiten (Innovationen) und Vernetzungen. Gerade die Kenntnis dieser
Zusammenhänge kann zur Lebensqualität (z. B. in Form von Nobelpreisen) der
Menschen erheblich beitragen und Fehler (z. B. politische, wirtschaftliche und
pädagogische) vermeiden helfen.
Zwischen
den Wissenschaften
(Beispiele für interdisziplinäres Denken)
Grundsätzlich können alle Formen von Energie (Strahlung, Stoffe) auf Psychen
Einfluss nehmen. Starke Wirkung haben energiereiche elektromagnetische Wellen
(Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlen usw.). Besonders interessant sind für
uns Schadstoffe, Gifte, Drogen und Medikamente.
Alle diese Mittel wirken u. a., indem sie Strukturen, elektrische Prozesse oder
Stoffkonzentrationen verändern. Das Gleiche tun übrigens auch alle natürlichen
Mittel, die wir oben besprochen haben (z. B. Lernen und Mutationen). Der
wichtigste steuerbare bekannte Einfluss auf Psychen liegt in der Veränderung
der Konzentration von Botenstoffen im Gehirn. Man weiß, dass Gefühle und
Verhalten erheblich durch Hunderte von Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn
reguliert und verursacht werden.
Einige Beispiele:
Oxytocin ist ein Neurotransmitter, der zu sexueller Lust und jeder Art
von Treue beiträgt. Außerdem bewirkt er bei Frauen Milchbildung,
Geburtsauslösung und Mutter-Kind-Bindung.
Sehr sinnvoller Weise bewirkt also Oxytocin gleichzeitig die Auslösung der
Geburtswehen und die Fähigkeit (den Wunsch), das Kind lange zu lieben, zu
beschützen und bei sich haben zu wollen.
Serotonin und Dopamin tragen u. a. zur Fähigkeit, sich zu verlieben und
zu Generalmotivation bei.
Endomorphine (=Endorphine) sind z. B. für die Entstehung der Liebe
notwendig.
Adrenalin macht aufmerksam und kampfbereit.
Wenn Drogen, Psychopharmaka, Schadstoffe usw. menschliches und tierisches
Verhalten verändern, geschieht dies hauptsächlich über die Veränderung von
Hirnstrukturen, elektrischen Einflüssen und von Konzentrationen oder
Wirksamkeiten von Stoffen, wie z. B. Hormonen und Neurotransmittern. Viele
dieser Gifte (auch manche Strahlungen) verändern z. B. die Wirksamkeit der Enzyme,
welche Transmitter herstellen helfen. Manche Stoffe wirken dadurch dass sie den
Transmittern oder Hormonen oder sonstigen Stoffen ähnlich sind. Diese können
Enzyme oder Wirkorte der Transmitter (z. B. Tunnel durch Membranen) blockieren.
Dadurch werden die Aufgaben der Transmitter (usw.) nicht mehr oder nur noch
teilweise erfüllt. Es kommt zu emotionalen-, intellektuellen-,
Wahrnehmungsstörungen usw. In embryonalen, kindlichen und jugendlichen Körpern
kommt es auch zu grundsätzlichen Entwicklungsstörungen.
Auch die Wirkung vieler angeborener Anlagen für psychische Eigenschaften und
alle Formen des Lernens, die wir oben angesprochen haben, beruhen zu wichtigen
Teilen auf der Veränderung der Konzentrationen von Neurotransmittern.
Bei allen Lernprozessen werden Strukturen und/oder elektrochemische Bedingungen
in Nervensystemen verändert. Das besonders wichtige Konditionierungslernen
beruht u. a. darauf, dass die Zahl der Porenproteine (Tunnel) in Nervenzellen,
die mittels Neurotransmittern Nachrichten empfangen, erhöht wird. Dadurch wird
die Wirkung der Neurotransmitter erhöht. Porenproteine vermitteln die Bildung
von elektrischen Potenzialen an der Membran der Empfängerzellen. Dieser Effekt
führt z. B. zu dem, was wir oben Verstärkung genannt haben, also i. d. R. zur
Veränderung der Häufigkeit eines Verhaltens.
Natürlich können
psychische Veränderungen auch auf dem Auf- und Abbau von Netzwerken und
Synapsen in jeglichem Nervengewebe beruhen.
Gewöhnungslernen
Die
meisten Reize verlieren bei den meisten Menschen und Tieren an Wirkung, wenn
sie häufig wahrgenommen wurden. Beispiele für Gewöhnungslernen:
Hühnerküken fliehen nicht mehr vor
ungefährlichen Enten, die häufig über sie geflogen sind, wohl aber vor seltenen
und gefährlichen Raubvögeln.
Wenn Menschen immer ihre Lieblingsspeise essen, mit demselben Partner schlafen
usw., lässt die Freude an diesem Verhalten meistens (übrigens individuell
unterschiedlich) nach. Discothekeneinrichtungen werden in Industrienationen
häufig alle 5 -10 Jahre für Unsummen ausgewechselt, weil das Neue den
„richtigen Kick bringt“, bzw. das Alte nicht mehr „voll anturnt“. Menschen
reisen, trotz hoher Umweltbelastungen, an exotische Stellen, weil sie die
gewohnten Stellen nicht mehr „geil“ finden. Stress und Tod für die bewunderte
Tierwelt oder Tod für Teile der (bewunderten) Pflanzenwelt müssen da schon mal
in Kauf genommen werden. In diesen Fällen liegt die wichtigste Ursache für all
diese Veränderungen (Gewöhnungslernen) in den oben angesprochenen Veränderungen
der Konzentrationen und Wirksamkeiten bestimmter Neurotransmitter
(=Hirnbotenstoffe).
Wir vertiefen das Verständnis für die
Problematik des Gewöhnungslernen an einigen weiteren unmenschlichen Beispielen,
bei denen wir einmal das „menschliche“ Jagdverhalten in den Mittelpunkt
stellen:
Gewöhnung Jagd Flurbereinigung
Nicht nur die antipflanzliche Flurbereinigung, sondern auch das „degutante“
Gewöhnungslernen hatte den „besseren“ europäischen Herrschaften die Lust auf
die Jagd nach Hase, Fuchs, Reh usw. schon vor Jahrhunderten ein wenig
verlangweilt. Deshalb hat der „feine“ Jagdherr gerne in exotischen Ländern nach
Großwildjagdabwechslungen gesucht (und gefunden). Die reizvollste Beute waren
sehr dunkelhäutige, krausköpfige sonst aber unbehaarte große Wilde, die man
gleich ganz spontan, gerne und ohne nähere Prüfung den Affen zugeordnet hatte.
Man traute sich zwar wegen ihrer erstaunlichen Menschenähnlichkeit nicht, sie
zu essen, hatte aber dennoch große Freude beim Erschlagen, Foltern oder
Erschießen. (Der antikannibalische Verspeisungsverzicht fiel nicht sonderlich
schwer, weil man auch die Kadaver „anderer Tiere“ i. d. R. „pietätvoll“ einfach
verrotten oder den schwarzen „Wilden“ über-) ließ. Diese vergnügliche
„Schwarzwild“jagd" wurde u. a. von "widerlichen"
religiösen Kräften, bei denen an den Kreuzen die „niedlichen“ Zierhaken
fehl(t)en, aufs "Ekligste" unterdrückt. Aus der Sicht von Missionaren
waren diese Jagdaktivitäten unmenschlich und Arbeitsplatzvernichtungsmaßnahmen.
Der vorausschauende Papst soll damals sogar, obwohl die Brieftaschen dieser
Schwarzen gar nicht tief waren, noch tiefgreifendere Motive gehabt haben.
Jedenfalls fand man allmählich heraus, dass die Schwarzen sprechen und arbeiten
konnten und so entwickelte man zur Abwechslung eine antike „ganz neue“ Jagd,
die Sklavenjagd. Aber auch bei diesem Geschäft tauchten im Laufe der
Jahrhunderte „gemeine“ humane Querulanten auf (oft unpäpstliche Christen), die
das Geschäft verteufelten und verdarben. Seitdem lässt man Sklaven und Kinder
nicht mehr sichtbar im eigenen Betrieb schuften, sondern unsichtbar im fernen
Ausland allerbeste Fußbälle nähen, zwangsbetteln oder man verschafft
ihnen bei "lustigen" Sportfesten (z. B. Zick-zack-Lauf in
Minenfeldern) körperliche Erleichterung. Die wirtschaftsorientierten
Jäger sprechen in diesem Falle allerdings von „sinnvoller Nutzung des nicht
jagdbaren Schwarzwildes“. Sie glauben, endlich den „hohen Wert“ der jungen
Schwarzen als besonders preiswerte Minenräumgeräte erkannt zu haben. Der „Wert“
dieser Minenräumkommandos liegt darin, dass jagdbares Wild vor den grauenhaften
Wirkungen von Minen verschont wird. Mancher besonders liebevolle (pädophile)
Jäger kümmert sich sogar durch kleine Zuwendungen (manchmal nur
Nahrungsspritzer, manchmal kleine Geldbeträge) um die Spreizung, Vermehrung
oder Erhaltung trittsicherer Kinderbeine. Das Verstecken all dieser Vorgänge
(optische Deprivation) nimmt zwar, trotz einiger petzerischer
Fernsehkamerateams, den Spaß beim Zuschauen, bringt aber dennoch wieder ein
bisschen Abwechslung. Diese fand man darüber hinaus auch bei der Großwildjagd
auf verschiedenste "weitere" afrikanische und sonstige
außereuropäische Tiere. So reduzierte man die Zahl der liebenswerten Elefanten,
Nashörner usw. ruckzuck durch millionenfache Tötungen (tierische
„Landflurbereinigung“). Diesen Fehler glich man egalitär geschickt dadurch aus,
dass man in Europa fast keine konstruktiven Tötungen „großer Tiere“ vornahm.
Ludwig XVI., Zar Nikolaus II. und Charles I. sind allerdings rühmliche
Ausnahmen. Beim größten Tier (Adolf) war man schon so gehorsam, gönnerhaft,
human und liberal, dass man ihm zur Abwechslung das Töten selbst überließ
(„humane“ Bunkerflurbereinigung). Als „kleinen Nebeneffekt“ erzielte man
zusätzlich eine völlige Neugestaltung der europäischen Bevölkerung und
Landschaft (Stadtflurbereinigung). Als Höhepunkt dieser nie genügenden
Abwechslung erlebten vor allem amerikanische und englische Bomberpiloten ein
neues uraltes Jagdvergnügen, bei der kriegsstrategisch völlig
"unvermeidlich notwendigen" Beseitigung alter und junger deutscher
Verwandter, besonders der Frauen und Kinder und ihrer Wohnungen (unmenschliche
Hausflurbereinigung und erste Ganzgroßstadtbereinigung). Bei dieser
Großdeutschen Lösung ging man mit der Heimat des Terroristen (Österreich) etwas
schonender um als mit den nördlichen Heimgesuchten. (Man hatte etwas
oberflächlich die Österreicher, weil diese es auch selbst getan hatten, zu Heimgesuchten
erklärt.). Als Folge kam es im westlichen wie im südlichen Osten (Österreich)
zu einer hässlichen Lautverschiebung. Aus „l“ wurde „d“. Aus „Heil“ wurde
Heid“. So trat und tritt (stampft) in Österreich aufgrund der vergleichsweise
schonungsvollen Aufklärung über die eigenen Verbrechen nicht Heidi, sondern
Haider auf, was das Land allerdings nicht heiler machte.
Auch aus den braunen sächsischen und Mc-polnischen Heiden marschieren braune
Heiden in die bunten Parlamente, um ungestörter (ohne Heidenlärm) mit
amerikanischen Baseballschlägern an zu dunkelbraunen Einwanderern
wehrsportliche Trainingsübungen für eine tausendjährige rein weiße ari(el)sche
Zukunft ausführen zu können. Im Osten hatte es ebenso wenig für Aufklärungen
über die eigene Vergangenheit gereicht, wie im Süden. Das lag u. a. daran, dass
rund 1 Million Racherussen rund um Hoyerswerda ebenso rundum mit Plünderungen
und Vergewaltigungen aller erreichbaren Rundungen voll ausgelastet waren.
Doch zurück zu den Großstadnivellierungsmaßnahmen:
Im Bombenhagel lauteten damals die letzten Worte manches Münchners, wenn seine
Ferngasleitung getroffen wurde, „Ferngasaki“, während die amerikanische Führung
(im Gegensatz zu einigen Hunderttausend Japanern) wenig später „Nagasaki“
murmelte. Historiker sprechen in diesem Zusammenhang von der ersten
kombinierten Wald- und Flurbereinigung. Nach dieser radikalen
Wurzelbehandlung (selbst die Bäume verloren hier ihre Wurzeln) war man sehr
stolz und ging doch (bis heute) auf dem Zahnfleisch. Man hatte nämlich (nicht
nur in Österreich und der DDR) vergessen, auch die Wurzeln des Übels
(Rassismus, Imperialismus, Parasitismus usw.) auszureißen. Deshalb hat und wird
man noch Milliarden von konventionellen Geschossen verfeuern.
Für die Zerbombung der deutschen Städte bekamen die Jagdbomber und andere
Eisenhauer niemals ihre wohlverdiente Schelte, weil die Deutschen sich (im
Gegensatz zu fast allen Jägern aller Zeiten) (aber mit Recht) schuldig fühlten.
Ganz anders erging es den Großwildjägern in fernen Ländern. Es bildeten sich
Tier-, Natur- und Umweltschutzorganisationen, die u. a. den Jagdspaß zum Nutzen
von Jägern und Gejagten kurz vor der Ausrottung des Großwildes hier und
da erfolgreich verdarben. Was nun? Es sah übel aus.
Einige vernünftige Jäger stiegen auf Schnappschussjagd auf Fotosafaris um. Die
meisten aber blieben menschlich. So entstanden zur Abwechslung
Schürzenjägergruppen, die mit Hilfe des Aidsvirus an die mordsmäßigen alten
Erfolge anknüpfen konnten.
Einige bushikose Amerikaner stellten sich auf die Jagd nach Arabern um, welche
sie wegen des besseren Klanges Massenvernichtungstalibanausen nannten.
Die meisten aber spezialisierten sich auf die Jagd nach Geld und Ruhm. So
ackertemann in der Deutschen Bank, möllertemann sich platt und schlank oder
zimmertemann Meineide auf der Anklagebank. Um (eidesstattlichen) Bloßstellungen
und der farblosen Monotonie des Gewöhnungslernens zu entgehen, haben der
schwarze Kohlmann, der rote Scharpingmann, der blasse Nixonmann, der dunkelrote
Gysimann, der gelbe Lambsdorffmann, die grüne BSE-Königin Fischermann, der
bunte Flickmann, der braune Springermann, der schwarzbraune Straußmann
(Spitzname: flugunfähiger Starfighter-man) und zahllose andere die Endsilbe in
ihren Namen, mit dem mitEsserischen Ausruf: „Oh Mann oh Mann Herr
Mannesmann“, streichen lassen.
Nach all diesen Vorgängen war die bunte, abwechslungsreiche Vielfalt dermaßen
zur Gewöhnung geworden, dass das Gewöhnungslernen sich ganz ungewöhnlich ins
Fäustchen lachte.
Neuerdings suchen die modernen gewöhnungsgeplagten
(Diskotheken)Erneuerer, Großwildjäger, Drittweltaussauger usw. neben ihrem
Haupthobby, der globalen „gerechten“ Verteilung des Reichtums mittels
Drogenhandel, Kinderarbeit, Waffenlieferungen usw. eine ganz neue Art der
Abwechslung: den Genuss von Humanität, Solidarität und ähnlichen Fremdwörtern.
Sie selbst behaupten allerdings bescheiden, die folgenden Nettigkeiten wegen
ihres plagenden, schlechten Gewissens zu verschenken. Warum auch immer, man
sorgt(e) liebevoll dafür, dass selbst den Ärmsten auf dieser Welt das
Verhungern ein wenig versüßt wurde und wird. Das schlechte Gewissen beruhte
häufig darauf, dass die Medienschellten. Darauf läutete man eine große
Verkaufs- und Geschenkaktion von Medien ein. Millionen alter Fernseher, Radios,
Zeitschriften usw. wurden und werden in den Entwicklungsländern verschenkt und
verscherbelt (entsorgt?!), damit die „übergewichtigen veraidsten Negerblagen“
etwas Abwechslung bekamen. Sie soll(t)en sich wenigstens fiktiv an
zivilisierten Fressorgien ergötzen können, während sie nicht einmal Hirsebrei,
allenfalls diverse Fernsehköche, wie z. B. den Bioleken, können. Trotz des
akuten Mitgefühls bereitet die Not der Hungerleider in Entwicklungsländern
jedoch dem abwechslungsorientierten kultivierten europäischen Gourmet keine
schlaflosen Nächte und Herzrhythmusstörungen.
Zwar hört man der Herzen so manche loshämmern, doch dies nur bei einigen wengen
Mooshämmern.
Diese Ruhe hat ihren guten Grund: Der typische weltmännische gehandikapte
Rundmolchgolfer (Achtzehngreenkenner) weiß schließlich, dass ein wirklich
hungriges afrikanisches Kind der Savanne notfalls ins Gras beißen kann,
wenn nichts zu essen da ist. Nächtliche Unruhe ist im „kultivierten“
Nadelstreifenträger nur durch extrem abwechslungshaltige, wichtige Ereignisse
erzeugbar: ein verpasster Friseurtermin mit dem Edelpudel, Champagnermangel bei
Formel-1-Siegesfeiern, eine Erbse zwischen dritter und vierter Matratze in
seiner Sänfte, Kaviarmangel im Katzennapf usw.
Die biologischen
Funktionen des Gewöhnungslernens
Gewöhnungslernen
ökonomisiert das Verhalten, schützt vor exzessiven, schädlichen
Dauertriebbefriedigungen (z. B. Essen, Sex) und reguliert somit das Verhalten
in dem Sinne, dass lebensnotwendige Aktivitäten wie Nahrungsbeschaffung,
Kinder- bzw. Jungtieraufzucht usw. nicht vernachlässigt werden.
„Anspruchsvoller“ formuliert:
“Machst du mal dies, mal das, machst du von allem was, dann macht das Leben Spass.“
Abwechslungsreiche Ernährung ist z. B. für Menschen wertvoll, weil auf diese
Weise alle möglichen nützlichen Stoffe und selten große Giftmengen aufgenommen
werden.
Da dieses Prinzip arterhaltend wirkt, hat die Natur dafür gesorgt, dass es
erheblich zum Wohlbefinden von Mensch und Tier beiträgt. Menschen und Tieren
die Freude - und die Fähigkeit zur Freude - an vielen verschiedenen
konstruktiven Aktivitäten zu verschaffen, ist das wahrscheinlich beste
Psychotherapeutikum.
Menschen
gehen mit dem Gewöhnungslernen häufig destruktiv um. In manchen Bereichen
verstärken sie es durch Lernen noch zusätzlich. Die Negativbewertung von schon
bekannten Reisezielen, „nur 4-Sterne“ Hotels, Discotheken,
Arbeitsplätzen, (Fernseh)filmen usw. ist z. B. typisch für so genannte feine
Kreise mit „Niveau“.
“Snobismus ist zwar nackter Hohn, gehört jedoch zum guten Ton“.
Häufige - z. B.
filmische - Betrachtungen von Liebe, Aggression, Krieg, Kriminalität,
unschädlichen erotischen Darstellungen usw. führen aufgrund des
Gewöhnungslernens zum Wunsch nach Steigerung zu z. B. Zombie, Extremhorror,
realen sadistischen Handlungen, destruktiver Pornographie usw. Diese
Wunschhandlungen werden milliardenfach auch wirklich ausgeführt.
In manchen Bereichen werden Veränderungen, die sich z. T. konstruktiv gegen das
Gewöhnungslernen richten würden, abgelehnt oder verteufelt. Beispielsweise
werden Veränderungen von Partnern, religiösen oder politischen Ideologien,
Normen, Konventionen, Konsumprodukten wie Deos, Zigarettenmarken, Biersorten,
Automarken usw. vielfach negativ bewertet.
Verwöhnen unterstützt extrem die schädlichen Wirkungen der Gewöhnung. Je mehr
und häufiger vor allem Kinder Wünsche (nach Neuem) ohne eigene Anstrengung
erfüllt bekommen, desto weniger Freude und Zufriedenheit erzeugen meistens
langfristig die betroffenen Bedürfnisbefriedigungen. Gleichzeitig steigt der
Wunsch nach immer stärkeren Reizen besonders stark und die Motivation zu -bzw.
die Freude über- eigene Aktivitäten sinkt. Umgekehrt ausgedrückt: Die
Fähigkeit, Frustrationen zu verarbeiten, bzw. die Freude am Erfolg durch
Selbstbelastungen und anstrengende Leistungen, entsteht unter fordernden
konstruktiven Sozialisationsbedingungen hauptsächlich in der Kindheit und
Jugend. Später kann sie kaum noch entwickelt werden.
Einige wichtige Ergebnisse:
Das Lernen durch Verstärkung hat gegenüber anderen Formen des Lernens einen
wichtigen Vorteil:
Die angenehmen Gefühle, die während der Verstärkung erlebt werden, entwickeln
sich i. d. R. zu einem selbstständigen, dauerhaften, antreibenden Gefühl und
positiven Erwartungen. Diese Gefühle (Motivationen, Ehrgeiz, Engagement) können
dazu führen, dass das zugeordnete Verhalten lebenslang ohne weiteres Zutun von
außen auftritt. Mit der Verstärkung lässt sich konstruktives Verhalten
dauerhaft mit angenehmen Gefühlen verbinden, also menschliche Lebensqualität
und Selbststeuerung erheblich verbessern. Wenn Menschen gerne ihr Zimmer
aufräumen, für die Schule lernen, Sport treiben, sich fair verhalten, sich
sinnvoll selbst steuern usw. spielen immer positive Verstärkungen als Ursache
eine Rolle. Bestrafungsreize führen in diesen Bereichen fast immer zu weitaus
geringeren Erfolgen oder sogar zu Demotivation.
Es fördert die konstruktive Entwicklung von Menschen und Tieren, wenn sie
selbst Probleme erfolgreich lösen. Sie erfahren dabei angenehme Gefühle, also
positive Verstärkungen. Überfordern und Überverwöhnen sind jedoch leider in
unserer Gesellschaft nicht selten.
Wenn man aktives Verhalten erzeugen will, ist die positive Verstärkung
(Belohnung) das sinnvollste Mittel. Lernen durch Bestrafung ist erstens nur in
viel geringeren Maßen und zweitens (fast?) nur, wenn destruktives Verhalten
unterdrückt werden soll, sinnvoll.
Das operante Konditionieren ist (neben Medikamenten) auch das wichtigste
Hilfsmittel der Psychotherapie.
Nicht nur erlerntes, sondern auch angeborenes Verhalten ist beim Menschen durch
Lernen grundsätzlich beeinflussbar. Andererseits sind sowohl erlerntes, als
auch angeborenes Verhalten manchmal durch Lernen nur geringfügig und sehr
schwer beeinflussbar.
Psychosen (Schizophrenie, Manisch-Depressiv-Sein) sind psychische
Krankheiten, die zum Teil auf angeborenen Ursachen beruhen. Sie lassen sich
durch Lernen mehr oder weniger beeinflussen, aber in der Regel nicht restlos
heilen.
Oft noch schwerer durch Lernen beeinflussbar sind psychische Störungen, die
durch extreme (traumatische) Erlebnisse oder Erfahrungsentzug entstanden sind.
Kinder z. B., die die Ermordung ihrer Eltern bewusst miterleben mussten oder
vergewaltigt wurden, können später fast nie von den daraus folgenden
psychischen Störungen vollständig befreit werden.
Kinder, die nicht in den Prägungsphasen die entsprechenden Fähigkeiten
erwerben, können dies später nicht nachholen (siehe oben).
Alle
Fähigkeiten zu lernen, beruhen auf angeborenen Anlagen. Da die Menschen
untereinander genetisch sehr verschieden sind, wahrscheinlich verschiedener
sind als alle anderen Arten, sind auch alle ihre Fähigkeiten zu lernen
verschiedener, als es bei anderen Lebewesen der Fall ist. Unterschiede
bezüglich der Intelligenz, Sportlichkeit, Emotionalität usw. erklären sich daher
nicht nur aus Unterschieden bezüglich der angeborenen Anlagen für diese
Eigenschaften. Auch angeborene Unterschiede bezüglich der Fähigkeit, diese
Eigenschaften durch Lernen zu verändern, tragen zu den beobachtbaren
Unterschieden bei. Dies ist ein wichtiges, aber sehr vernachlässigtes, Argument
für die Bedeutung und Wirksamkeit angeborener Anlagen für und auf das
Verhalten.
Die Bedeutung des operanten (emotionalen) Konditionierens
Im Folgenden wollen wir noch einmal wiederholen und genau begründen, weshalb
uns das operante Konditionieren für die menschliche Selbststeuerung so
besonders wichtig erscheint. Dazu müssen wir es mit den anderen Formen des
Lernens (Imitation, Einsicht, Prägung usw.) und allen anderen Möglichkeiten der
Verhaltensänderung (Medikamente, Drogen, Reifung usw.) vergleichen. Warum
genügt es nicht, einen Menschen durch Imitationslernen, günstige genetische
Voraussetzungen, rationale Überzeugungen usw. zu steuern? Die Antwort ist
einfach: Ein erheblicher Anteil an Lebensqualität würde unnötigerweise
verschwinden. Warum? Wenn Verhaltensweisen durch operantes Konditionieren,
genauer gesagt durch Verstärkung, erworben werden, beruhen sie nicht nur
auf Motivationen (angenehmen Gefühlen), diese angenehmen Gefühle werden auch
immer wieder erlebt. Das bedeutet Lebensqualität. Man kann also mit Hilfe des
operanten Konditionierens das menschliche Verhalten erheblich konstruktiv
beeinflussen. Sinnvoll bedeutet vereinfacht, wie im Kapitel Ethik bereits
besprochen, dass konstruktives Verhalten mit angenehmen Gefühlen und
destruktives Verhalten mit unangenehmen Gefühlen verbunden wird. Konstruktives
Verhalten ist so definiert, dass es sowohl Lebensqualität schafft als auch
Systemerhaltung (Überleben der Menschheit) bewirkt. Wenn Menschen sich also konstruktiv
(=prohedonisch) konditionieren, dient das direkt diesen Zielen. Die beiden
sinnvollsten allgemeinen Werte verschmelzen bezüglich ihrer Verwirklichung zu
einem. Auch ohne diese Verschmelzung ist aber die Möglichkeit, prohedonisches
Verhalten mit angenehmen Motivationen verknüpfen zu können, bereits eine der
wunderbarsten Fügungen (und Ziele) der menschlichen Welt.
Wir
können uns die gesamte Problematik an einem Beispiel noch klarer machen: Nehmen
wir an, wir hätten unser Kind durch Gespräche zu der vollen Überzeugung
gebracht, dass sein zukünftiges Leben mit Abitur bei weitem angenehmer werden
wird als ohne. Außerdem haben wir ihm das intensive Lernen vorgelebt und es
ahmt dieses mehr oder weniger nach. Beides zusammen wird hoffentlich dazu
führen, dass es intensiv lernt. Wir hätten dies auch nur durch (und/oder durch
zusätzliches) operantes Konditionieren erreichen können. Wir hätten die
Häufigkeit des Lernens durch Kopplung der Lernaktivitäten mit angenehmen
Gefühlen erhöht. Ist es nicht gleichgültig, welches Verfahren wir wählen? NEIN!
Der entscheidende Unterschied liegt in den Gefühlen, die beim Lernen (allen
Aktivitäten) erlebt werden. Es geschieht oft, dass jemand aus Überzeugung
(rational gesteuert) vernünftig handelt und dabei intensive unangenehme
Gefühle erlebt (s. o.).
Ein wichtiger Grund für die manchmal mangelhafte Wirksamkeit von Einsicht liegt
also in ihrer größten Schwäche: Einsicht schafft, im Gegensatz zum operanten
Konditionieren, nicht Motivationen (antreibende angenehme Gefühle). Milliarden
Menschen erledigen billiardenfach Arbeiten
(Verhaltensweisen)
aus Einsicht, obwohl sie bei diesen Aktivitäten (leider!) unangenehme oder
keine Gefühle erleben. Wenn man z. B. in der zwölften Klasse durch eine 5 in
Latein geplagt wird, kann man sich hinsetzen und lernen, um das Latinum,
welches man für das geplante Medizinstudium (angeblich wirklich) benötigt, zu
schaffen. Da man aber verständlicherweise allenfalls Gefühle des Erbrechens
empfinden kann, wenn man in einer toten Sprache die ausgeklügelten römischen
Tötungsverfahren für widerspenstige Gallier studiert, kann sich dieser
Lernvorgang aus Einsicht als unangenehmer Akt erweisen. Gerne lernt
jemand Latein, wenn man sein Gehirn durch Konditionierung so
(fehl!)manipuliert, dass es mit Freude „De bello gallico“ (=Über den gallischen
Krieg“) liest. Die Folgen können allerdings noch übler sein. Derartige
Manipulationen sind Menschen millionenfach gelungen. Dabei muss unser Kind gar
nicht zu einem kriegsfreundlichen, konservativen Verteidigungs- oder
Angriffsminister aufsteigen. Es genügt völlig, wenn es ein lateinfreudiger
Kultusminister wird, der durch weitere Zwangsmaßnahmen den steigenden,
vernünftigen, weitgehenden Verzicht der Schüler auf Lateinunterricht
unterbindet.
Diese Betrachtungen sollen zeigen, dass das operante Konditionieren zwar
Lebensqualität schaffen kann, indem Handlungen mit angenehmen Gefühlen
verknüpft werden, man jedoch genau prüfen muss, welche Handlungen mit welchen
Gefühlen verknüpft werden. Wenn aber Menschen konstruktiv emotional
konditioniert werden hat dies auch noch viele weitergehende prohedonische
Folgen. Konstruktive Informationen und konstruktive Emotionalität (Sanguinik)
können sich wie Infektionskrankheiten exponentiell verbreiten. Hier gilt das
gleiche, wie z. B. auch für die Verbreitung von Altruismus und Parasitismus. Je
größer die Zahl von Altruisten, Parasiten, konstruktiven Geistern und so weiter
in einer Gesellschaft ist, desto häufiger werden diese nachgeahmt oder zur
Rechtfertigung des eigenen Handelns genutzt oder missbraucht. So kann seit
vielen Jahrhunderten der italienische imitierende Mafiosi sagen: „Ich verhalte
mich nicht grundsätzlich anders als viele mörderische, kriegerische und
parasitäre Päpste und Monarchen. Die Vorstandsriege der Deutschen Bundesbahn
kann Anfang des Jahrtausends ihre Löhne um 400% erhöhen und als Rechtfertigung
wahrheitsgemäß! vortragen: „Die anderen (Vorstandsparasiten) verdienen ja noch
viel mehr.“ Ob Herr Mehdorn und einige Milliarden Gleichgesinnloste ihren
Kindern mitteilen, dass man ein Unrecht nicht mit anderem Unrecht rechtfertigen
kann, ist nicht bekannt. Sicher ist dagegen eine viel größere Perversion,
nämlich dass viele der Managerparasiten ihre Gehälter für moralisch
gerechtfertigt halten.
Zur frage, wie konstruktive Verhaltensweisen mit angenehmen Gefühlen und
destruktive mit unangenehmen Gefühlen verbunden werden können, siehe Kapitel
„irrationale Konventionen“.
Aus dem oben Gesagten könnte man nun schließen, dass das emotionale
Konditionieren das optimale Selbststeuerungsmittel sei. Man wird es aber in
wenigen Jahrhunderten mit zwei anderen effektiveren heute aber tabuisierten
Mittel kombinieren, nämlich mit genetischer Selbstveränderung und
elektronischer Symbiose.
Früher waren Gefühle (allerdings nur im Sinne der Arterhaltung) besser (nicht
gut) an die Umwelt angepasst als heute. In die heutige technisch kulturelle
Welt passen die meisten alten Programme und Motivationen schlechter. Außerdem
müssen sie an das neue Ziel „Lebensqualität“ angepasst werden.
Der theoretische Lernaufwand (Ausbildungen usw.) z. B. hat sich in den letzten
Jahrzehntausenden vervielfacht, die Motivationen nicht. Konstruktive Bildung
dient aber tatsächlich mehr denn je der Selbsterhaltung und Lebensqualität. Es
geht also darum Menschen so zu verändern, dass schon ihre angeborenen Antriebe
und die zugehörigen Gefühle in den jeweiligen Gesellschaftsverhältnissen zu
optimalem Überleben führen.
Um die gewünschten Motivationen zu erzeugen wird die zukünftige Menschheit
nicht monatelange Konditionierungsorgien veranstalten, sie wird nicht einmal
die direkte Beeinflussung der Gene zu ihrem Hauptmittel erheben, um z. B.
lebenslange starke Neugier zu erzeugen. Diese Beeinflussung hat nämlich den
großen Nachteil ebenso großer Trägheit. In der Zukunft wird aber Flexibilität
eine noch viel größere Rolle spielen als heute. Deshalb werden elektrische
Signale, die von im Gehirn integrierten Chips ausgehen werden, jegliche
Motivationen (alle Gefühle, auch Motorik und Wahrnehmung) entsprechend der
Wünsche von Individuum und Gesellschaft steuern. Man kann auch sagen: „ Von
dem, was Aldous Huxley in „Schöne Neue Welt“ beschreibt, wird viel mehr wahr
werden als den meisten Lesern lieb ist“. Hoffen wir, dass dann diese Steuerung
von weniger fetten Parasiten ausgeht als heute.
Damit haben wir einiges aus dem Bereich Konditionierungslernen geklärt, wollen
uns aber dennoch nochmals genauer der folgenden Frage widmen „Warum wirkt
Einsicht bei der Verhaltenssteuerung oft nicht vollständig?“.
Ursprünglich wirkte es sich meistens arterhaltend aus, wenn Bedürfnisse i. d.
R. möglichst unmittelbar befriedigt wurden. Langfristige Zukunftsplanungen
waren gar nicht möglich und oft auch nicht sinnvoll, da z. B. Krankheiten,
Katastrophen usw. mehr als heute alle Planungen unsinnig machen konnten.
Deshalb haben Menschen und Säugetiere angeborene Anlagen, die bewirken, dass
sie häufig nach sofortiger Triebbefriedigung streben. Das Erreichen des Abiturs
liegt in der Regel zeitlich in weiter Ferne und die emotionalen Vorteile, die
es mit sich bringt, sind nahezu unsichtbar und vor allem unfühlbar.
Menschliches Verhalten wird praktisch immer von mehreren Kräften (Ursachen)
bestimmt. Dem Lernen für die Schule (oder für sonstige ferne Ziele) werden also
verständlicherweise oft andere unmittelbare Triebbefriedigungen durch
Computerspiele, Badeanstaltsbesuche, Liebeleien, Plaudereien, Saufereien usw.
vorgezogen. Hier haben wir einen weiteren Nachteil einer rein rational
motivierten Verhaltenssteuerung. Sobald z. B. dem aus Vernunftgründen fleißig
lernenden Schüler ein Verhalten (Fußball, Computerspiel) angeboten wird,
welches unmittelbar angenehme Gefühle liefert, besteht die Gefahr des
Zusammenbruchs der vernünftigen Selbststeuerung.
Ein weiterer simpler Grund für das mangelnde Engagement vieler Menschen bei
konstruktiven Aktivitäten aller Art (z.B. bei schulischem Lernen) liegt in der
unterschiedlichen Stärke von Motivationen. Auch wenn der Schüler durch
Konditionierung oder die Wirkung angeborener Anlagen Freude an der Schularbeit
erlebt, können andere, stärkere Motivationen andere Verhaltensweisen
aktivieren. Viele der gerade genannten Aktivitäten erzeugen auch bei fleißigen
Schülern (zum Glück!?) stärkere angenehme Gefühle und Motivationen als Lernen.
Deshalb werden sie (zu?) häufig bevorzugt. Wie kommt das? Die Stärke
menschlicher Gefühle hängt überwiegend von ihrer arterhaltenden Bedeutung in
prähistorischer Zeit ab. Fortpflanzung und Nahrungsaufnahme waren z. B.
wichtiger als Neugierbefriedigung.
Wir vernachlässigen an dieser Stelle einmal, dass viele Ausbildungen auf Erden
eher an Neugiervernichtungsmaßnahmen erinnern.
Man kann also vereinfacht sagen, dass der Mensch biologisch gesehen nicht für
ganztägige Dauerausbildungen geeignet ist. Wahrscheinlich ist der Urmensch
grundsätzlich für Halbtagsarbeit geeignet. Während der letzten Jahrzehntausende
hatten allerdings in den meisten Kulturen besonders leistungswillige (z. B.
calvinistische) menschliche Individuen höhere Fortpflanzungserfolge als
ursprüngliche Genießertypen.
Die Rettung
der Dritten Welt
In einigen
versteckten Ecken auf der Erde hatten kleine Minderheiten solcher
liebenslustiger Menschen die religiösen „Befreiungsfeldzüge“ überlebt. Als
man, z. B. auf Südseeinseln, solche „überholte“, alte „Modelle“ fand, hat man
sie schnellstmöglich von ihrer schamlosen, natürlichen Lebenslust befreit und
sie zu „glücklichen“, verklemmten Schafen (oder Sklaven) ummissioniert oder
eingeschläfert. Da man zum Einschläfern noch keine feinen Kanülen entwickelt
hatte, lanzierte man lust- und nächstenliebevoll Lanzen in die lusterprobten
Leiber der liebeslustigen Leibeigenen. Später überkamen die Eroberer deshalb
starke Schuldgefühle. Darum versorgen sie heute global alle Eroberten mit
allem, was Triebe befriedigen kann: Seifenopern, Regenbogennachrichten,
Rüstungsgütern, Lustchemikalien (Alkohol, Rauchwaren, harte Drogen) und allem,
womit sich viel Geld verdienen lässt. Damit die Freude in unterentwickelten
Ländern nicht völlig aus den Fugen gerät (Gleichheitsprinzip im Sinne der
galligen Viersäftetheorie), verschickt man auch Aids-Viren, Schutzgeldbanden,
Chaosethiken, Entwaldungsfirmen, Landminen, Küchenmesser für Ehrenmorde und
Beschneidungen usw.
Sogar Dome werden geliefert, nur keine Kondome. Warum? Um diese Frage zu
beantworten, müssen wir einen Blick auf moderne religionswissenschaftliche
Erkenntnisgewinnungsverfahren werfen: Man hatte beobachtet, dass in der „Sacre
Coeur“ und in der „Notre Dame“ immer seltener Pariser anzutreffen waren. Daraus
zog man messescharf den Schluss, dass die Zahl der Kondome in reziproker
Relation zum Füllungsgrad der Dome stünde. Bis heute hat man im Petersdom nicht
bemerkt, dass sich (besonders) auf der Südhalbkugel auch diese Relation in ihr
Gegenteil umkehrt. Seit 1933 mied und fürchtete man nämlich (wie manch
berühmter Schriftsteller) nichts mehr, als das „s“. Deshalb entwickelte man die
Devise: „first aid, last Aids“, wobei man paradoxerweise bis heute Aids (und
Gates) den billigen Vortritt lässt (mit zwei „ss“). Zur
Erläuterung: Auf der Südhalbkugel trifft man zwar selten Botswahnan, doch
vielen tut der Simbabwe. Und wer mit warmen Erinnerungen an heiße deutsche
Kolonialzeiten mit letzter Kraft ins Krankenhaus kriecht, keucht mit fiebriger
Stimme und bayerischem Akzent: „Nairobi, Nairobi“.
Wie
kann man nach all dem Gesagten konstruktive Motivationen und Verhaltensweisen
anerziehen?
Gewünschtes Verhalten, wie z. B. „für die Schule lernen“, kann nur durch eine
Kombination von Einsicht, operantem Konditionieren, Imitationslernen, Berücksichtigung
von Prägungen und Reifung, Kombination mit anderen Antrieben (z. B.
Rangordnungsverhalten, sexuelles Imponieren, Neugier, Spiel usw.),
Berücksichtigung angeborener und erworbener individueller Unterschiede usw.
erzeugt werden.
Fassen wir die wichtigsten Ergebnisse zum Erziehungsverhalten noch einmal
zusammen:
Zusammenfassung
1.
Sehr starke Straffreize sind wahrscheinlich nie richtig.
2. Eine starke Lenkung durch angenehme Reize macht die meisten Bestrafungen
überflüssig.
3. Die Bestrafungsreize sollten möglichst aus dem natürlichen Umfeld und nicht
von Erziehern ausgehen.
In der Natur der Tiere bestrafen meistens nicht Eltern, sondern die
gefährlichen Gegenstände (Dornhecken, Raubfeinde usw.) selbst. Wenn Strafreize
jedoch von Erziehern ausgehen, verbindet das Kind den unangenehmen Reiz mit dem
Erzieher und entwickelt ablehnende Gefühle und Verhaltensweisen gegen ihn. Dies
ist einer der Gründe, weshalb Großeltern, Nachbarn, Freunde usw. bei Kindern
manchmal beliebter sind als die eigenen Eltern.
4. Eine der effektivsten pädagogischen Methoden ein Kind zu einem
aktiven, lebensbejahenden Menschen zu sozialisieren, ist, dafür zu
sorgen, dass es selbst erfolgreich Aufgaben und Probleme löst.
Dabei wirkt die Freude am Erfolg als positiver Verstärker (=angenehmer
konditionierender Reiz). Das spart nicht nur Schokolade oder sinnvollere
angenehme Reize, sondern schafft intrinsische Motivation. Das heißt, die
Motivation bezieht sich direkt auf das Verhalten und ist nicht von außen
zugegeben (extrinsische Motivation). Im Idealfall führt solches Vorgehen
zurück in eine Welt, in der alle systemerhaltenden und prohedonischen
Verhaltensweisen mit angenehmen Gefühlen verbunden sind und alles destruktive
Verhalten mit unangenehmen Gefühlen verbunden ist. Die erzieherische Kunst
besteht darin, solche Aufgaben zu stellen, die das Kind (Tier) gerade
erfolgreich bewältigen kann, beziehungsweise ggf. nur die unbedingt notwendige
Hilfe zu geben. Beispiel:
Wenn das Fahrrad geflickt werden muss, ist es genauso falsch, voller „Liebe“
dem Kind alle Arbeit abzunehmen, wie, es ohne Hilfe vor diese Aufgabe zu
stellen, wenn es sie nicht bewältigen kann. Ersteres ist ein Beispiel für den
größten erzieherischen Fehler der zivilisierten Nationen seit ca. 1950. Nachdem
über Jahrhunderte Kinder häufig autoritär unterdrückt wurden, ist zurzeit das
Gegenteil, besonders bei Laien, der Trend. Verweichlichung und Überverwöhnen
können sich mit zunehmendem Lebensstandard und zunehmender Humanomanie und
Hyperhumanität immer mehr durchsetzen. Viele Kinder werden wegen jeder
Kleinigkeit zum Arzt geschleppt, bei Regen - wenn nicht sogar immer - zur
Schule gefahren, mit Spielzeug überhäuft usw. Sie lernen kaum noch, was
Menschen aber nur als Kinder und Jugendliche lernen können:
Konflikte konstruktiv zu lösen, Gratifikationen (Befriedigungen) aufzuschieben
und Frustrationen zu ertragen. Das Resultat ist verringerte Lebensfreude,
Genussfähigkeit, Engagement usw.
Die Bedeutung der Entwicklung der menschlichen Psyche für die Sozialisation
Bei allen Lebewesen wirken sich Reize im Durchschnitt umso mehr auf die
Entwicklung eines Individuums aus, je intensiver sie sind, und je früher sie
gegeben werden. Dies ist bei Menschen durch Fötalisierung (s. o. unter
Neotenie) nochmals verstärkt. Die Lernerlebnisse des Säuglings (Embryos) führen
zu anatomischen (=strukturellen) und biochemischen (≈funktionellen)
Veränderungen des Gehirns. Die anatomischen Veränderungen bestehen u. a. in
spezifischen Vernetzungen der Gehirnzellen. Man spricht von der Bildung eines
Grundmusters. Dieses Grundmuster bestimmt ganz wesentlich die
Persönlichkeitsstruktur (Ehrgeiz, Temperament, Intelligenz, Emotionalität) und
jegliche psychische Leistungsfähigkeit.
Menschen, die sich gut verstehen, haben oft ähnliche Grundmuster, weil sie
ähnliche Kindheiten und/oder ähnliche Erbinformationen hatten bzw. haben.
Die biochemischen Veränderungen im Gehirn beinhalten die Steuerung von Systemen
und Prozessen, die dafür sorgen, dass im richtigen Moment am richtigen Ort die
richtige Menge an Enzymen, Neurotransmittern, Ionen usw. bereit gestellt wird,
also für das optimale Funktionieren. Grundmuster und biochemische Regulation
sind Grundlage aller intellektuellen und emotionalen Fähigkeiten. Das optimale
Funktionieren kann nur erreicht werden, wenn der Säugling alle für seine
spätere Lebensqualität relevanten Reize auf konstruktive Weise in richtiger
Menge kennen lernt. Das heißt konkreter: Er muss viele angenehme Anregungen
bekommen (Spielzeug, am Körper getragen werden, die Natur optisch, akustisch,
geruchlich usw. wahrnehmen, Stimmen und Musik hören usw.). Destruktives
Verhalten darf manchmal mit schwachen unangenehmen Reizen gekoppelt werden.
Bewusst gegebene Strafreize sind beim Säugling wahrscheinlich überhaupt nicht
angebracht, da er kaum im Sinne von Verhaltensunterdrückung konditionierbar
ist. Die Konditionierbarkeit entwickelt sich vor allem in der
Embryonalentwicklung und in den ersten Lebensjahren. Grundsätzlich gilt, je
jünger das Individuum, desto unangebrachter sind Strafreize. Umgekehrt gilt
aber auch, dass nur während der Entwicklungszeit die Fähigkeit, Frustrationen
konstruktiv zu verarbeiten, optimal entwickelt werden kann (s. o.).
Die Fähigkeit zu Vertrauen (Beziehungsfähigkeit, Treue) entsteht nur, wenn in
den ersten Lebensjahren eine dauerhafte angenehme Beziehung zu maximal drei
Bezugspersonen hergestellt wird. Es entsteht das so genannte Urvertrauen (s.
o.). Wenn dies nicht entsteht, spricht man von Hospitalismus, weil die
entsprechenden Vertrauensstörungen erstmalig bei Kindern beobachtet wurden, die
in Heimen (Hospitälern) aufwuchsen, in denen häufig die Pflegepersonen
wechselten.
Pädagogische Anwendungen Fehler Probleme
Im Folgenden werden wir einige häufige pädagogische und psychologische Fehler
ansprechen. Dabei wird das operante Konditionieren oft thematisiert werden, da
es einer der wichtigsten Lernvorgänge auf diesem Planeten ist.
Da die meisten Erzieher, Tierhalter oder sonst wie sozial Aktiven die
Prinzipien des Konditionierens nicht oder nur teilweise kennen (wollen), machen
sie auch alle denkbaren Fehler in diesen Bereichen.
1. Viele setzen Konditionierungslernen überhaupt nicht bewusst ein. Einige
kennen diese Lernform als Dressur aus der Tierwelt. Sie meinen, ihr Kind nicht
manipulierend und wie ein Tier behandeln zu dürfen (Antimanipulationsmanie,
„Lieber frei, als glücklich“ [s. o.]). Liberomanie, Mystomanie und Humanomanie
bilden hier die ursächliche Grundlage. Diese Menschen erziehen oft fehlerhaft
z. B. übertrieben stark antiautoritär. Psychische Störungen wie z. B.
Aggressivität können die Folge sein.
Andere Erzieher unterdrücken autoritär und loben nie oder selten. Das Resultat
sind neben fast allen denkbaren psychischen Störungen häufig verängstigte,
schüchterne Kinder bzw. spätere Erwachsene mit wenig Selbstbewusstsein.
2. Viele setzen Konditionierungslernen fehlerhaft ein (s. u.).
Wenn ein aktives Verhalten bei dem Lernenden erzeugt werden soll, so muss
Motivation geschaffen werden. Dies geht am besten über die Gabe angenehmer
Reize (=positive Verstärker, Belohnungen). Stattdessen werden oft Strafreize
gegeben, wenn das gewünschte Verhalten (u. a. wegen der mangelnden
Belohnungen) nicht auftritt. Sehr beliebt ist z. B. Fernsehverbot, wenn das
Kind sein Zimmer nicht aufgeräumt hat, seine Schularbeiten nicht gemacht hat
usw. Selbst Lehrer, die sich witzigerweise alle Pädagogen nennen, setzen
vielfach fehlerhaft Strafreize ein, weil einige die Bedeutung positiver
Verstärker nicht angemessen einschätzen können. Strafreize wirken in diesem
Falle - wenn überhaupt - nur über rationale Selbststeuerung (Einsicht). Mittels
seines Verstandes kann ein Kind ab einem bestimmten Alter zwar die Beziehung
zwischen Strafe und Verhalten herstellen, Motivationen (Antriebe) entstehen
jedoch durch Bestrafungen kaum. Dass dieses Verfahren nicht besonders
erfolgreich ist, wissen viele Eltern. Trotzdem setzen sie sie immer wieder
(ohnmächtig überfordert) ein, bis die Supernanny fine kommt. Es wäre überhaupt
nicht zur Anwendung gekommen, wenn die gewünschten Motivationen schon frühzeitig
durch bewusstes Konditionieren („Manipulation“) mit positiven Verstärkern
(angenehmen Gefühlen) erzeugt worden wären. (Erfolgserlebnisse, die das Kind
durch sein Handeln direkt erlebt, sind natürlich noch wünschenswerter und
wirkungsvoller als künstliche Eingriffe von außen.). Nichts ist einfacher, als
einem Kind gelegentlich ein angenehmes Gefühl zu schenken (Umarmung, Lob,
kleine Geschenke usw.), wenn es seine Schulaufgaben macht, Sport treibt, sich
altruistisch verhält, fair und rücksichtsvoll mit Spielkameraden umgeht usw.
Strafreize sind - wenn überhaupt – mit wenigen Ausnahmen nur dann sinnvoll,
wenn es gilt, ein unerwünschtes Verhalten zu unterdrücken. Ein mäßiger aber
echter Strafreiz ist jedoch fast immer besser als stundenlanges Bitten, Nörgeln
und Meckern. Unbedingt zu vermeiden sind intensive, schmerzhafte (traumatische)
Erlebnisse, wie brutale Prügelstrafen usw. Solche Ereignisse können schon bei
einmaligem Erleben –besonders bei Kleinkindern - Verhaltensstörungen für das
ganze Leben auslösen. Das gilt für jedes traumatische Erlebnis, auch wenn –wie
z. B. bei den meisten Vergewaltigungen- eine Bestrafung gar nicht beabsichtigt
ist.
Psychische Störungen durch Fehlkonditionierungen entstehen häufig durch
ständiges Hänseln wegen Dummheit, Unsportlichkeit, Erröten usw., und durch
Langzeitfrustrationen wie Isolation, Beziehungsstress, Misserfolge,
inkonsequente Erziehung usw.
Betrachten wir nun noch einige Beispiele für typische und häufige Fehler beim
Konditionieren:
1. Das Konditionieren eines Säuglings zum Schreihals
Liebevolle Mütter, die viel Zeit für ihren Säugling haben, gehen bei jedem
Schreien des Kindes zu ihm, trösten es und nehmen es in den Arm. Der Säugling
kann dabei ab einem gewissen Alter lernen, dass Schreien Wärme, Kontakt, Abwechslung,
also angenehme Gefühle, verursacht.
(Die
Konditionierbarkeit von Kindern wächst über Jahre, besonders während der ersten
Lebensmonate.)
Zu diesem Zweck wenden manche Säuglinge das Schreiverfahren, ohne jede
Boshaftigkeit, immer wieder an. Viele Eltern fühlen sich jahrelang genervt.
Viele reagieren aggressiv, ohne zu wissen, dass ihre eigene Dummheit Ursache
des Geschreis sein kann. Manche schütteln ihren Säuglinge wütend kräftig durch
und machen ihn dadurch zum Schwerbehinderten. Richtig ist es, möglichst immer
zum Säugling zu gehen, wenn er schreit, aber nur dann, wenn er wirklich
Probleme, wie z. B. Hunger, Krankheit usw. hat, ihm Zuwendung zu schenken. Wenn
man dem Kind häufig Zuwendung schenkt, wenn es gerade nicht schreit, kann es
lernen, Schweigen als Mittel, angenehme Gefühle zu bekommen, zu nutzen.
Das sollte man
aber auch nicht übertreiben, sonst erzeugt man vielleicht verkohlende
Altkanzler, die selbst Schweigemönchen mit ihrer ehrenwörtlichen Stummheit auf
den Zeiger gehen.
Ständiges Säuglingsgeschrei kann natürlich noch zahlreiche andere Ursachen, wie
z. B. genetische Defekte oder Krankheiten, haben.
2.
Das Konditionieren eines Vierjährigen zum Bettnässer
Bettnässen entstand, wie viele andere psychische Störungen, bis Mitte des
20. Jahrhunderts in Industrienationen häufig u. a. durch Erziehungsfehler wie
Schlagen, Vernachlässigung, Inkonsequenz, autoritäre Unterdrückung und
traumatische Erlebnisse aller Art, aber (zunehmend) auch durch angeborene
Fehler. Häufig sind Entwicklungsstörungen insbesondere Störungen der Regulation
des Wasserhaushalts durch ADH (Vasopressin).
In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurde es immer häufiger auch
schmusepädagogisch ankonditioniert. Verwöhnungsfreudige Eltern nahmen und
nehmen voller Verständnis ihr drei- bis fünfjähriges Kind in den Arm und
tröst(et)en es, wenn es gerade ins Bett gemacht hat(te). Bestrafungsreize waren
und sind vielfach völlig tabu. Das Kind lernt, dass Bettnässen angenehme
Gefühle herbeiführt und wendet diese Möglichkeit Nacht für Nacht, ohne boshafte
Motivation, die aber manche Eltern unterstellen, an. Richtig wäre es,
Verständnis, aber auch seinen Unmut, in sanfter Form zu zeigen, das Kind zur
Toilette zu schicken, den Schaden selbst beheben zu lassen usw. Ein
konstruktiver Umgang mit Bettnässern ist auch die übliche Verhaltenstherapie
(Klingelhöschen). Hier wird dem Kind ein Höschen angezogen, das, wenn darin
Urin eindringt, einen Klingelton auslöst. Dieser weckt das Kind. Führt also zu
schwachen Bestrafungen, die das Bettnässen meistens seltener werden lassen.
Vor all diesen Maßnahmen muss natürlich geprüft werden, ob das Bettnässen
Ursachen (körperlich medizinische) hat, die durch Konditionieren nicht
beeinflussbar sind. Wir wollen noch einmal betonen, dass Bettnässen genau wie
Säuglingsdauerschreien (s. o.) noch viele andere psychische Ursachen haben
kann. Wenn destruktive Erziehungsmaßnahmen die Ursache sind, müssen diese
primär beseitigt werden. Oft sind die Erzieher die unerkannten psychisch
Kranken.
Grundsätzlich schafft übertriebenes Verwöhnen heute ähnlich viele Frustrationen
und psychische Störungen wie früher autoritäre Unterdrückung.
3.
Überbehütung (Overprotection)
Kinder werden häufig davon abgehalten, erfolgreich risikobesetzte Situationen
zu bewältigen. Das häufige Abschotten von mehr oder weniger leicht
risikobesetzten Erlebnissen, wie z. B. auf Bäume klettern, selbstständig Wege
zu finden usw., bildet unselbständige – manchmal sogar verhaltensgestörte
Kinder heraus. Für Überforderungen im Risikobereich gilt Letzteres
natürlich auch.
Wir haben nun einiges über die menschliche Psyche gehört und wollen diese
Kenntnisse auf einige komplexe Situationen und Problembereiche anwenden:
Angewandte
Psychologie an Beispielen
1.
Das Zusammenwirken verschiedener angeborener und erworbener Komponenten bei der
Entstehung und Veränderungen von Verhalten und Motivationen am Beispiel der
Musik
Auch
der Musikgenuss wird erheblich – selbst gegen angeborene emotionale
Tendenzen – durch alle Lernformen, vor allem aber operantes Konditionieren,
mitgestaltet.
Beispiel:
Jeder Ton, Klang, Melodie, Rhythmus usw. wird beim Hören mit allen Gefühlen,
die der Hörende gerade hat, verknüpft und entsprechend intuitiv, unbewusst und
zum Teil auch rational bewusst bewertet. Manchmal stehen die gerade erlebten
Gefühle in rein zufälligem Zusammenhang mit der wahrgenommenen Musik. Sie
können dann zu irrationalen Bewertungen und zu antihedonischen Verknüpfungen
von Gefühlen und Musik führen.
Beispiel: Ein Kind hört die Beatles, während es (er) erbricht, die Treppe
hinunter fällt, geschlagen wird usw. Die möglicherweise entstehende Abwertung
des Beatles-Sounds (Klang der Stimmen, Auswahl der Instrumente usw.) ist
irrational. Trotzdem ist der spätere erwachsene Antibeatle sich der Richtigkeit
und Berechtigtheit seiner Beatles-Aversion meistens ganz sicher.
Generalisierung
Alles im vorherigen und in den folgenden Abschnitten Gesagte gilt sinngemäß
auch für andere Aktivitäten wie zum Beispiel: Lieben, Autofahren,
Kindererziehen, Partnersuche, Diebstahl, Betrachten von Kunstwerken, Gebäuden,
Fahrzeugen, Landschaften, Modeerscheinungen, Möbeln und so weiter. Es gilt für
alle menschlichen Aktivitäten und erklärt deshalb wesentliche Teile des
menschlichen Glücks und Leidens, der Persönlichkeit.
Die Ohnmacht der Konditionierten
Es gibt Teilantworten auf unzählbare Fragen von Moderatoren, Eltern,
Priestern, Politiker usw. an Talkshowgäste, Kinder, Kriminelle,
Verhaltensgestörte usw. Es sind die Fragen, die fast alle Gefragten
(ohnmächtig) nicht oder nur fehlerhaft und unvollständig beantworten können,
weil man sie über Lernen und Genetik nicht aufgeklärt hat. Man fragt z. B.:
„Warum lieben oder verachten sie das andere Geschlecht, bestimmte Hobbys,
Länder, Völker, Abenteuer, Sex, Vergewaltigungen, Angeberei, Hilfsbereitschaft,
Musik, Kunstrichtungen, Sport usw.“ Manchmal gelingt es einem Psychologen, die
wichtigsten von Millionen kleinen Konditionierungen im Gehirn der Betroffenen
aufzuspüren.
Den Betroffenen hilft man (z. B. in Ausbildungsinstitutionen) nicht einmal
dabei, nach ihren Konditionierungserlebnissen (einschließlich Manipulation und
Hirnwäsche) zu suchen oder deren ungeheure Bedeutung zu erkennen. Mit diesen
unterlassenen Hilfeleistungen gelingt es der erlesenen Minderheit der Kultusminister
die Entdeckung von Millionen Ursachen von psychischen Störungen zu verhindern (schamanische
Schavanisierung).
Zum „Ausgleich“ fördern ihre „Bildungs“maßnahmen in noch viel höherem Maße die Entstehung
jeglicher Störungen.
Vertiefen
wir also unsere Betrachtungen noch etwas weiter:
Menschen hören Musik (oder was auch immer) während sie hungern, frieren, im
Stau stehen, Schmerz, Eifersucht, Angst und so weiter empfinden oder lieben,
gemütlich zu Hause sitzen, einen Sieg feiern, Lust, Freude usw. empfinden.
Welche emotionale Wirkung Musikhören (jede Reizwahrnehmung) hat, hängt nicht
nur von der Qualität der Musik und den Gefühlen bei allen früheren
Hörerlebnissen ab, sondern auch von der zufälligen, oder auch absichtlich
herbeigeführten, gegenwärtigen Stimmung des Hörers bei der Musikwahrnehmung.
Rationale Kontrolle
Menschen besitzen allerdings die, ab dem ca. zweiten Lebensjahr immer mehr
zunehmende, Fähigkeit, irrationale Bewertungen teilweise zu neutralisieren.
Bestimmte Strukturen der Großhirnrinde erkennen, ob zwischen erlebten Gefühlen
und Reizen ein kausaler Zusammenhang besteht und können die unterbewusste
Wirksamkeit der Konditionierung mindern. Beispiel: Sie hört ihre Lieblingsmusik
oder verspeist ihre Lieblingsspeise. Er kommt betrunken nach Hause und schlägt
sie. Die angenehme Wirkung der Musik (Speise), die sie gerade hörte (aß), wird
weniger gemindert, als es bei einem Säugling oder Hund der Fall wäre, weil nur
ein entsprechend entwickelter Mensch erkennt, dass die Musik den Schmerz nicht
verursacht.
Reziproke Konditionierung
Dies ist übrigens gleichzeitig ein Beispiel für reziproke oder
wechselseitige Konditionierung (s. Kap.X Irrationale Informationsverbreitung).
Beim obigen Beispiel für Konditionierung wird nicht nur der Musikgenuss durch den
Schmerz beeinflusst, also die Auftretenswahrscheinlichkeit des Musikgenusses
vermindert. Gleichzeitig wird auch die Abwertung des Mannes und seines
Verhaltens durch das angenehme Gefühl beim Musikkonsum (leider!?) vermindert.
Diese wechselseitige Konditionierung tritt bei jeder therapeutischen
Konditionierung auf. Wenn z. B. ein Mensch wegen der angenehmen Gefühle, die
die Anwesenheit seines Partners auslöst, die Angst vor Spinnen allmählich
verliert, kann sich gleichzeitig die Liebe zu seinem Partner wegen des
gleichzeitigen Erlebens von Angst und Partner vermindern. Diese Problematik
wird von Psychotherapeuten kaum berücksichtigt.
Besser als die Wirkungen musikalischer Reize im Beispiel oben ist folgendes
Beispiel auch auf Tiere übertragbar: Jemand tritt einem Menschen (Hund)
versehentlich auf die Hand (Pfote). In diesem Falle würde auch ein Hund -
besser als z. B. eine Katze - die Bedeutung der Absichtlichkeit teilweise
erkennen.
Intentionale Konditionierung
Manchmal werden die Gefühle, die durch Musik (jegliche Konditionierungsreize)
ausgelöst werden, auch absichtlich erzeugt (konditioniert) und genutzt.
Beispiele:
kollektive Begeisterung bei Konzerten, militärischen Aufmärsche, in Diskotheken
usw.,
Romantik beim Rendezvous mit Kerzenschein und Kaviar,
väterliches
Gemecker über Lautstärke und Monotonie bei Techno- oder „Negermusik“, negative
Kritik an gehaltlosen oder ideologisch unerwünschten Texten und schwachen
Stimmen oder an nicht gruppenkonformer Musik. Letzteres kann zu persönlichen
Abwertungen oder zum Ausschluss aus der Gruppe führen. Alle diese
Konditionierungen können zu irrationalen Bewertungen von Musikstücken und
-richtungen führen. Da es objektiv schlechte (antihedonische) Musik nicht
gibt, sind nur irrationale Abwertungen destruktiv.
Die Bedeutung der Bewertung der Sender von Konditionierungsreizen
Besonders effektiv wirken sich Abwertungen und Aufwertungen (insbesondere
konditionierte), die geliebte Personen, wie manche Eltern, Freunde und Partner
vornehmen, aus. Obwohl auf diese Weise sehr viel Musikgenuss zerstört werden
kann, sind solche Vorgänge häufig, da die Wirkungen kaum bekannt sind. Das
typische „menschenwürdige“ Resultat der typischen unmenschlichen
Musiksozialisation (für Möbel, Mode, Malerei, Mädchen, Männer und so weiter
gilt dasselbe): Die meisten Menschen lehnen die meiste Musik ab. So entstehen
täglich Millionen destruktive Konflikte, weil Menschen mit Musik[erscheinungen]
(M-[erscheinungen]) konfrontiert werden, die sie widerlich finden (vgl.
Kap.X).
Intuition
Ein Gefühl, das jeder Musikhörer beim ersten Hören eines Musikstückes
erlebt, ist die Mischung aller Gefühle, die er vorher bei der Wahrnehmung
ähnlicher Musik hatte. Dabei bestimmt die hedonische Tönung (≈emotionale
Wirkung) der erinnerten Musikmischung und aller gerade aktivierten Emotionen,
die Zeit seit dem letzten Hören (Vergessenseffekte) und der Grad der
Ähnlichkeit das entstehende Gefühl. Es laufen in z. T. anderen Gehirnteilen die
gleichen Prozesse ab, die bereits bei der optischen Sympathiebildung erläutert
wurden.
Wir
betonen nochmals, dass die beschriebenen Gesetzmäßigkeiten für alle emotional
besetzten Wahrnehmungen, also zum Beispiel auch für Berührungen (Körperpflege,
Zärtlichkeit), Geschmack, Geruch und Wärmewahrnehmung gelten.
Die Intensität des Gefühls wird bei allen Wahrnehmungen außerdem durch
neurale (=nervliche) Filtermechanismen beeinflusst. Es gibt angeborene
Filtermechanismen, so genannte angeborene Auslösemechanismen (AAMs)(s. o.) und
erworbene Auslösemechanismen (EAMs). EAMs beeinflussen jede Wahrnehmung. AAMs
beeinflussen Triebhandlungen und triebähnliche Verhaltensweisen mit stark
angeborenem Charakter. Verdeutlichen wir das Wirken eines AAMs am Beispiel des
Nahrungstriebes: Appetit und die Verhaltensweisen des Essens des werden ausgelöst,
wenn bestimmte Hirnstrukturen aus der Summe aller wahrgenommenen Reize
solche herausgefiltert haben, die von der geeigneten Nahrung ausgehen.
Beispiele
für die Wirkung von erworbenen Auslösemechanismen bei der Wahrnehmung von Musik: Das Lied „obladi
oblada“ von den Beatles war sehr untypisch für diese Gruppe, wurde aber dennoch
ein Hit. Es wurde also von vielen Fans positiv bewertet und als angenehm
wahrgenommen. Wäre das gleiche Lied erstmalig von einer Karnevalskapelle
gespielt worden, zu der es gut passt, wäre es wahrscheinlich von den meisten
Beatlesfans als primitive „Humtata“-Musik abgelehnt worden. Die starken
positiven Gefühle, die z. B. die Stimmen und Gesichter der Beatles bei ihren
Fans auslösen, können bewirken, dass Ungeliebtes beliebt wird. Das Gleiche
(Gegenkonditionierungen, Umprägungen) geschieht oft bei Verliebten.
Viele Lieder von vielen anglo-amerikanischen Bands hätten vielen
fünfzigjährigen Deutschen in den sechziger und siebziger Jahren gefallen, wenn
sie einen deutschen Text bekommen hätten und ohne Schlagzeug und verzerrte
Gitarre vorgetragen worden wären. Die Filter: Ablehnung der englischen Sprache
nach einem gegen England und Amerika verlorenen Krieg und ungewohnte
Arrangements verhinder(te)n den angenehmen emotionalen Zugang.
Bei Erwachsenen kommen neue Musikströmungen meistens weniger gut an als bei
Jugendlichen. Gründe: musikalische Prägung, Gewöhnungslernen, dogmatische
Selbstetikettierung, verringerte Innovationsappetenz.
Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die Beschreibung der oben
dargestellten Sachverhalte und Erscheinungen (AAMs, Triebe, Konditionierung
usw.) in verschiedenen Wissenschaften. In der Bibel ist von Versuchung,
himmlischer Erleuchtung usw. die Rede. In der Psychoanalyse spricht man von
Ich, Über-Ich, Es, Trieben, Verdrängung. Im Behaviorismus steht die
Konditionierung im Mittelpunkt, in der Ethologie Triebe, Lernen, Einsicht in
der modernen Psychologie Rationalität und Emotionalität, Motivation und
Sozialisation. Ganze Begriffssysteme bestehen verwirrend und scheinbar
unvereinbar nebeneinander. In Wahrheit aber beschreiben viele Begriffssysteme
hier wenige gleiche reale Erscheinungen doppelt und dreifach oder mehrfach.
Beispielsweise sind weltliche Lust, Libido, Sexualität, Lebenstrieb und Eros (weitgehend)
dasselbe. Ein erworbener Auslösemechanismus entsteht durch Konditionierungen,
Einsicht, sündige Versuchungen, rationale oder emotionale Umstrukturierung, try
and error, traumatische Erlebnisse, Freud hätte das Wirken eines erworbenen
Auslösemechanismus als Vermittlungen zwischen Es und Über-Ich bezeichnet.
EVOLUTIONSLEHRE
(Abstammungslehre, Darwinismus, Entwicklung des Lebens,
Phylogenese)
Die
Evolutionslehre lässt sich in drei Bereiche unterteilen:
1.
Beschreibung der lebenden und ausgestorbenen Arten und
Beschreibung der Entwicklung (Abstammung)
2. Belege für die Theorie
3. Gesetzmäßigkeiten und Ursachen der Evolution
Im
Folgenden werden wir uns nur mit dem 3. Bereich befassen. Für die Bereiche 1. und
2. empfehlen wir übliche Lehrbücher und verweisen auf unsere kleine Geschichte
von der Entstehung des Lebens (in Kurzfassung unten, in ausführlicher Fassung
im Kapitel X).
Gesetzmäßigkeiten und Ursachen der Evolution
Wir fragen uns, warum sich das Leben veränderte, z. B. höher entwickelte.
Grundsätzlich gilt, dass auf der Erde ständig Veränderungen der Umwelt
stattfanden (Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Jahreszeiten, Gezeiten,
Überschwemmungen, Änderungen von Nahrung, Feinden, Parasiten, Symbionten usw.) Solche
Umweltveränderungen können Lebewesen nur dann langfristig überleben, wenn sie
sich ebenfalls verändern. Die Faktoren, die diese Veränderungen bewirken, haben
Menschen (u. a. Ch. Darwin) entdeckt, geordnet und benannt. Es sind die Evolutionsfaktoren:
1. Mutation
2. Selektion
3. Rekombination
4. Isolation (Separation)
5. Gendrift
Unsere erste Frage lautet nun: Wie und wodurch werden Lebewesen genetisch
verändert?
Mutation Variabilität, Rekombination und Sexualität
Bekanntlich sind die Individuen einer Art nicht alle gleich. Es herrscht
erhebliche genetische, wie auch erworbene Verschiedenheit. Diese Variabilität,
muss, zumindest soweit sie angeboren ist, arterhaltend wirken. Wir müssen uns
fragen, was daran gut ist, und wie die Natur für Variabilität (Artenvielfalt
=Diversität) sorgt oder sie zulässt. Zuerst die Ursachen:
Die primäre Ursache liegt in Veränderungen der Erbinformationen (=Mutationen)
durch physikalische, und chemische Wirkungen. Es sind elektromagnetische Wellen
(vor allem UV-Licht, Röntgenstrahlen, radioaktive Strahlen) und chemische
Stoffe (Mutagene, Kanzerogene, bestimmte Schadstoffe und Gifte). Diese
verändern die DNA der Individuen rein zufällig. Deshalb sind die meisten
Erbänderungen schädlich oder sogar tödlich oder ohne Wirkungen. Ganz selten
kommt es zu Mutationen, die die Leistungsfähigkeit der betroffenen Lebewesen
(=Mutanten) erhöhen. Diese Erbänderungen tragen zur Höherentwicklung des
Lebens, also auch zur Entstehung des Menschen bei.
Die zweite Ursache für genetische Variabilität wird mit dem Begriff Rekombination
oder Neukombination der Gene bezeichnet. Hierbei handelt es sich um ein
schlichtes Mischen der verschiedenen Gene (eigentlich Allele s. u.).
Neukombinationen kann es natürlich nur geben, wenn schon (durch Mutationen)
Variabilität vorliegt.
Neukombinationen
sind nichts lebensspezifisches, sondern das Entwicklungsprinzip des
Kosmos einschließlich Kultur und Technik (s. o. u. a. unter Dialektik).
Vereinfacht gesagt ist es die Sexualität, die die Rekombination (neue
Zusammenstellungen) bewirkt. Der ursprüngliche biologische Sinn der Sexualität
liegt also in der Vergrößerung der genetischen Variabilität, nicht in
Fortpflanzung oder Lust.
Schon in den ersten Lebewesen steckte eine scheinbar mysteriöse Kraft zur
Selbsterhaltung. Dieses Mysterium haben wir im Kapitel 15
„Entwicklungsprinzipien“ etwas aufgelöst. Aufgrund dieser Kraft entwickelten
die ersten Lebewesen Baupläne (DNA), mit deren Hilfe sie Kopien von sich selbst
herstellen konnten (Verdopplung, Reduplikation, Zellteilung, Proliferation).
Erinnern wir uns noch einmal an die Grundlagen der Genetik und Enzymatik:
Zu jeder Kopie (=Nachkomme) wurde, wie bei einem Ikea-Regal, inliegend eine
Kopie der Bauanleitung mitgeliefert. Diese Bauanleitungen nennen Menschen Erbinformationen,
DNA, Genome oder Gene. Ein Gen ist vereinfacht ein Stück DNA, das einen Befehl
enthält. Etwas genauer gesagt liefert ein Gen die genaue Anweisung für den Bau
eines Eiweißes bzw. einer RNA. Solch ein Polypeptid, das entspricht, manchmal
genau manchmal nur grob, einem Eiweiß kann direkt selbst Material sein, aus dem
der Körper besteht (Struktureiweiß). Es kann aber auch ein Enzym sein. Enzyme
und RNAs (Chemiehandwerkermoleküle) führen die Bauanweisungen (Befehle) der DNA
aus. Viele Bauanweisungen (Befehle) werden ausgeführt, indem ein
Chemiehandwerkermolekül (Enzym) oder RNA-Moleküle gebildet werden. RNAs steuern
wahrscheinlich vor allem die Genaktivität, während Enzyme primär die daraus
folgenden Funktionen des Lebens, wie Wachstum, Transporte, Bewegungen, Aufbau
und Abbau von Stoffen usw. steuern, indem sie chemische Reaktionen spezifisch
beschleunigen. Da (Boten)stoffe auch psychische Eigenschaften entscheidend
mitbestimmen, enthalten genetische Bauanleitungen also auch Befehle für
Emotionen, Denken und Verhalten der Lebewesen. Wie jede Information kann man
auch die genetische als eine Sprache auffassen. Alle Sprachen bestehen aus
mindestens zwei verschiedenen Zeichen. Die Information steckt in der
Reihenfolge dieser Zeichen oder Bauelemente. Die Schrift der DNA besteht z. B.
aus vier verschiedenen Buchstaben, die man Basen oder Nukleotide nennt. Nichts
macht mehr das Wesen des Lebens aus als die Reihenfolge dieser Zeichen und die
entsprechende Reihenfolge der Aminosäuren, die Bausteine der Eiweiße. Das Maß
für Information ist „Bit“. Ein Bit ist die Informationsmenge, die man benötigt,
um zwischen 2 Wahlmöglichkeiten (Alternativen, Zeichen) unterscheiden zu
können. Beispiele: Base A oder Base C, Turm auf schwarzem oder Turm auf weißem
Feld.
Nichts macht übrigens auch mehr das Wesen der Welt aus als die Reihenfolge (und
Neukombinationen) von Zeichen. Das gilt z. B. für die Reihenfolge der
dreidimensionalen Bausteine (Kopien) vierdimensionaler Weltlinien. Deshalb
wurde die Information im letzten Jahrhundert immer mehr zu einem zentralen
Begriff in der Physik. Auch menschliche Gehirne sind solche dreidimensionalen
Bausteine und bestehen aus Bausteinen.
Vertiefen
wir das oben Gesagte nun mit Hilfe eines etwas humorigen Blicks auf
Die
Entwicklung des Lebens
Als die Lebewesen kurz nach ihrer Entstehung stolz auf ihre
Selbstreproduktionsmechanismen munter begannen, sich zu verdoppeln, merkten sie
schon bald, dass gute, exakte Kopien besonders schlecht waren. Sie lebten in
einer Welt in der es brodelte, regnete, überschwemmte, kochte und abkühlte.
Außerdem gab es zwischen den Lebewesen ständig Prügeleien um Nahrung,
Wohnplätze usw. (Konkurrenz). Es war ein einziges Durcheinander mit ständigen
Veränderungen. Nachkommen, die exakte Kopien ihrer Eltern waren, konnten sich
solchen Veränderungen nicht anpassen. Wenn die Umwelt sich so änderte, dass sie
schlechter überlebensfähig waren als irgendwelche Konkurrenten, starben sie
restlos aus. Z. B. starben (oder wanderten aus) alle Füchse mit dunklem mäßig
dichtem Fell, wenn eine Eiszeit einsetzte. Eine Eiszeit bedeutet Kälte und
Schnee. In dieser neuen kalten, weißen Welt können langfristig nur Füchse mit
dichtem hellem Fell überleben. Glücklicherweise wurde ihre DNA häufig von
energiereichen Strahlen getroffen und dadurch, oder durch Chemikalien
(Mutagene), verändert. Solche Veränderungen nennen Menschen bekanntlich
Mutationen. Diese erwiesen sich als äußerst nützlich, wenn und weil sie die
Kopien der DNA veränderten (ungenauer machten). Unter den ungenauen Kopien gab
es nämlich immer zufällig einige wenige, die mit Hilfe der Körper (Füchse,
Lebewesen), welche sie um sich herum bauten, als einzige in veränderten
Umwelten überleben konnten. Mutationen sorgen im Verbund mit Rekombinationen
dafür, dass unter den Füchsen genetische Verschiedenheit (Variabilität)
herrscht, also z. B. einige mit hellem dichtem Fell existieren (Details s. o.
unter „Genetik“). Die genetische Variabilität entsteht vor allem dadurch, dass
die zahllosen verschiedenen Gene (Allele s. u.) einer Art bunt gemischt werden.
Dieses bunte Mischen ist es, was in der Wissenschaft als Rekombination oder
Neukombination der Gene bezeichnet wird. Sexualität ist das wichtigste Mittel
um Neukombinationen zu erreichen. Verdeutlichen wir dies noch einmal am Beispiel
der Füchse: Durch Mutationen werden in einer großen Population immer einige
Füchse auftreten (entstehen), die ein zu helles oder zu dichtes Fell haben und
dennoch in der normalen europäischen Welt (mit wenig Schnee) gerade überleben
können. Dass beim Beginn einer Eiszeit in einem Fuchsindividuum gleichzeitig
beide (oder noch mehr) wertvolle Mutationen auftreten, ist äußerst
unwahrscheinlich. Hier muss die Rekombination (Sexualität) nachhelfen. Nehmen
wir einmal den einfachsten Fall an: In einem Weibchen ist die Mutation „helles
Fell, in einem Männchen die Mutation „dichtes Fell“ aufgetreten. Wenn wir nun
diese beiden Individuen kreuzen, haben wir gewisse Chancen, Individuen zu
erhalten, die beide neuen Eigenschaften haben. Wie (und welche) weiteren
Mechanismen solche Rekombinationen bewirken, ist oben und im Kapitel „Genetik“
näher erläutert. Nun aber zurück, zu unserer Entwicklungsgeschichte:
Schon bald wütete der Konkurrenzkampf (Erfinderwettbewerb) um die besten Plätze
(Lebensbedingungen, ökologische Nischen) auf der Erde immer stärker. Es
gewannen die, welche die besten Neuerungen mit ihren besten alten
Befehlsprogrammen (Bau- und Steuerungsplänen) kombinierten. Wobei stets alte
und neue Programme miteinander in Wettstreit gerieten. Zum Beispiel streiten
die alten Programme der Fische mit den z. T. neueren Programmen der
wasserlebenden Säugetiere. Dabei setzen sich die Säugetiere in vielen Bereichen
durch, weil ihre Programme (z. B. für Intelligenz, Wahrnehmung,
Temperaturregulation usw.) im Durchschnitt besser waren als die altbewährten
der Fische.
Das gleiche geschieht auch in der menschlichen Kultur. Jesus Programm z. B. war
in einigen Punkten besser als das von Moses, Pilatus und vieler Pharisäer.
Luthers Programm und die moderne Rechtsprechung sind besser als die meisten
päpstlichen Programme, wie Kondom-, Abtreibungs- und Scheidungstabus oder
Klingelbeutelparasitismus.
Der Wettstreit zwischen Konservation und Erneuerung ist ein Grundprinzip des
Kosmos, einschließlich der menschlichen Kultur, und deshalb im Kapitel 15
„Entwicklungsprinzipien“ genauer erläutert.
Der
Wettstreit zwischen den Genomen wurde im Laufe der Jahrmilliarden immer
heftiger. Je weiter sich der Informationsaustausch und die Kampfstrategien in
der Vergangenheit weiterentwickelt hatten, desto schneller und intensiver
konnten sie es in der Zukunft tun (positive Rückkopplung).
Genau wie Menschen mit neuen Ideen, machten
auch die Genome der Lebewesen während langdauernder Wettkämpfe mit Hilfe der
Mutationen immer wieder neue Erfindungen, die zu Siegen verhalfen. Eine dieser
Erfindungen ist die Sexualität. Das Wesen der Sexualität besteht wie
gesagt im Mischen (Neukombination, Rekombination) von Erbinformationen. Die
sexuelle Lust und die Vermehrung machen nicht das Wesen der Sexualität aus,
sondern sind Hilfsmittel, um das Ziel Neukombination und genetische
Variabilität zu erreichen. Da die DNA der Lebewesen zufällig verändert wurde,
hatten verschiedene Lebewesen meistens auch verschiedene Fehler in ihren
Genomen. Wenn man diese verschiedenen Mutationen kunterbunt mischte, entstanden
viel schneller, leichter und unschädlicher Lebewesen mit neuen Eigenschaften
und Merkmalen als nur durch Mutationen. Wir wissen nicht genau wie diese
Mischfähigkeit (Sexualität) entstand. Vielleicht stand ein symbiotischer Virus
am Anfang ihrer Entwicklung. Viren bestehen selbst aus DNA oder RNA. Sie bauen
sich gerne in die DNA von Lebewesen ein, zwingen diese, Viren zu bauen,
verlassen dann die meistens sterbenden Zellen, wandern in andere Zellen und
fangen dort ihr Spielchen wieder von vorne an. Dabei nehmen Sie manchmal
DNA-Stücke der Wirtszelle mit, die sie manchmal an die DNA der nächsten
Wirtszelle abgeben.
Vielleicht haben aber auch nur ganz normale Zellen sich zusammengelegt, ihre
Zellwände und Zellmembranen wechselseitig geöffnet und DNA Stücke ausgetauscht.
Später wurde jedenfalls das Mischungsverfahren immer weiter verbessert. Es war
praktisch, das Mixen mit der Teilung, also der Fortpflanzung, zu kombinieren.
Deshalb glauben die meisten Menschen heute, Sexualität und Vermehrung seien
nahezu das gleiche. Die meisten Pflanzen und viele Tiere können sich jedoch
auch ohne Sexualität (asexuell, vegetativ) vermehren. Viele Bakterien und
andere einzellige Lebewesen führen sexuelle Austauschprozesse ohne direkt damit
verbundene Vermehrung durch.
Seit einigen Jahren können Menschen vegetative Vermehrungen auch bei
Säugetieren künstlich in die Wege leiten.
Sie nennen das
Klonen, und werten es sehr stark ab, obwohl sie sich am Anblick eineiiger
Zwillinge mächtig erfreuen. Eineiige Zwillingspartner, sind sich genauso
ähnlich wie geklonte Menschen.
Die meisten Menschen verteufeln es, wenn Wissenschaftler eineiige Zwillinge
(Mehrlinge) absichtlich selbst erzeugen, weil ihnen ihre Religion vorschreibt,
solche schöpferischen Tätigkeiten ihren Göttern zu überlassen. Biologisch
spricht gegen das Klonen der teilweise Wegfall der Funktionen der Sexualität,
also der genetischen Vielfalt. Kulturell macht die starke Ähnlichkeit Probleme
bei der Identifikation und Unterscheidbarkeit, z. B. von Kriminellen. Ein Vorteil der genetischen
Ähnlichkeit von Menschen besteht in der dadurch entstehenden größeren Harmonie
ihres Zusammenlebens, z B. beim Organaustausch.
Damit zurück zum Mischen der genetischen Informationen: Funktionsteilungen und
Spezialisierungen erwiesen sich im Konkurrenzkampf der Lebewesen als
erfolgreiche Maßnahmen. Deshalb übertrugen die meisten Lebewesen das sexuelle
Mischen der Gene schon bald Spezialzellen (Hoden, Eierstöcken, Keimzellen,
Gameten, Eiern, Spermien). Diese entwickelten noch zusätzliche
Mischmechanismen. Dazu teilten sie die gesamte Erbinformation in mehrere
einzelne Kombinationspakete (Chromosomen) auf. So konnte ein Lebewesen nicht
nur an ein oder zwei DNA-Stücken, die es von seinen Eltern erhalten hatte
Austauschprozesse und Neukombinationen vornehmen, sondern manchmal an
Hunderten, meistens an 4 bis ca. 60. [Beim Menschen gibt es z.B. 2x23
verschiedene Pakete (Chromosomen)].
Auf diese Weise wird es möglich, dass alle Eltern in den Keimzellen, aus denen
ihre Kinder entstehen, eine bunte Mischung der genetischen Informationen von
ihren Eltern (=Großeltern der Kinder) zusammenstellen können. Die Keimzellen
(Eier und Spermien) entstehen in Eierstöcken und Hoden durch Zellteilungen.
Meistens entstehen aus einer Mutterzelle vier Eizellen oder Spermien. Auf diese
vier werden während der Teilungen die verschiedenen Chromosomen rein zufällig
verteilt.
Ein weiteres Hilfsmittel der Natur, das u. a. zur Neukombination von Genen
(eigentlich Allelen) beiträgt, ist die Diploidie. Diploidie bedeutet, dass alle
Gene und Chromosomen in vielen (manchmal fast allen) Zellen zweimal vorliegen.
Bei Menschen und Wirbeltieren finden sich in Keimzellen alle Gene einmal, in
Körperzellen zweimal.
(Fast jede menschliche Zelle enthält also [in ihrem Zellkern] alle
lebensnotwendigen Erbinformationen des Menschen. Diese benötigt sie für die
Steuerung des Körpers, einschließlich der Einzelzellen. Erbinformationen dienen
also keineswegs nur dazu, Informationen an Nachkommen weiterzugeben. Sie
sichern und steuern auch das Überleben jedes Individuums).
Diese beiden Gene können gleich oder verschieden sein. Die verschiedenen
Ausführungen des gleichen Gens werden, um Verwechslungen zu vermeiden, Allele
genannt. Ein Gen ist also ein Oberbegriff, den man sinnvollerweise auch
von seiner Funktion her definieren sollte. Vereinfacht gesagt ist ein Gen ein
DNA-Abschnitt, der die Informationen für die Bildung eines Eiweißes liefert.
Manchmal liefert das Gen auch die Informationen für die Bildung (nur) eines
Merkmals, z. B. der Blütenfarbe einer Blume.
(Meistens beeinflusst ein Gen mehrere Merkmale und/oder Eigenschaften
[Polyphänie] und die meisten Merkmale (Eigenschaften) entstehen durch die
Wirkung mehrerer Gene [Polygenie].).
Ein Allel ist eine bestimmte Variante (Ausführungen, Basensequenz) eines Gens,
die die Informationen für die Bildung eines ganz bestimmten Eiweißmoleküls
liefert. Die verschiedenen Varianten der Allele entsprechen ziemlich genau dem,
was wir oben Mutationen genannt haben. Eine Variante (Allel) des Gens für die
Blütenfarbe kann z. B. bewirken, dass die Blüte rot wird. Ein anderes Allel mag
weiße Blütenfarbe hervorrufen. Für die meisten Gene gibt es sehr viele, solcher
Ausführungsmöglichkeiten (Varianten). Die meisten davon führen zur Bildung von
Eiweißen oder RNAs, die nicht funktionieren. Dies wiederum führt manchmal zu
Störungen, z. B. zur Erbkrankheiten. Viele Varianten weisen zwar molekulare
Unterschiede (Veränderungen der Basensequenz) auf, führen aber nicht zu
Veränderungen der Merkmale, der äußeren Erscheinungsform = Phänotyp). Diese
Varianten interessieren Biologen und Mediziner nur wenig. Interessant sind
solche Varianten, die zu verschiedenen Erscheinungsformen führen, z. B. zu
verschiedenen Hautfarben, Erbkrankheiten, Wuchsformen und so weiter.
Jeder Mensch erhält zu fast allen seinen Genen eine Variante (Allel) von seiner
Mutter und eine von seinem Vater. Diese Varianten können auch im selben
Individuum gleich oder verschieden sein. Eine davon befand sich in dem
Spermium, die andere in dem Ei aus denen der Mensch entstanden ist. Damit wird
auch klar, weshalb die Keimzellen von jedem Gen nur eine Variante enthalten
dürfen. Durch die Befruchtung verdoppelt sich die Zahl der Allele. Vor der
Befruchtung muss also die Gesamtheit der Allele halbiert werden, damit die
befruchtete Eizelle wieder zwei Allele zu (fast) jedem Gen aufweist. Der
Zellteilungsvorgang, bei dem diese Halbierung vorgenommen wird, heißt Reifeteilung
oder Meiose. Ohne diese Teilung würde sich die Zahl der Gene und
Chromosomen bei jeder Befruchtung (von Generation zu Generation) verdoppeln.
Wäre dies geschehen würde ein Mensch heute mehr wiegen als die Erde. Die
befruchtete Eizelle (Zygote) und ihrer unmittelbaren Nachkommen teilen sich nun
so, dass jede Tochterzelle genauso viele Gene und Chromosomen enthält, wie die
Mutterzelle. (Dieser Typ der Zellteilung wird Mitose genannt.) Bei Menschen
enthalten dann also (fast) alle Körperzellen 46 Chromosomen. Diese bestehen
aber aus 23 Paaren. Um deutlich zu machen, dass die beiden Allele aller Gene
auf einem Chromosom zwar gleich sein können, zum Teil aber unterschiedlich
sind, nennt man diese Paare ähnlicher Chromosomen „homolog“. (Auf einem
Chromosom liegen beim Menschen im Durchschnitt ungefähr 1500 Gene.).
Bevor eine Zelle sich teilt fertigt sie zu jedem Chromosom eine Kopie an. Diese
Kopien, die mit ihren Originalen (fast) identisch sind, heißen
Schwesterchromatiden.
Dadurch, dass die meisten Lebewesen ihren Nachkommen von jedem Gen zwei
Ausfertigungen (=Allele), die verschieden sein können, vererben, erhöhen sie
ihre Möglichkeiten zum Mischen der Gene.
In den Kindern können dann beide oder eines der beiden Allele aktiv sein. Die
Vielfalt wird nochmals dadurch erhöht, das die beiden Allele auf vier
verschiedene Weisen zusammenarbeiten können:
1. Allel A dominiert über B. (rote Blütenfarbe bei der Erbse, Blutgruppe A
und/oder B dominieren über 0)
2. B dominiert über A.
3. Beide tragen jeweils zur Hälfte zur Bildung des zugehörigen Merkmals
oder Eigenschaft bei (rosa Blütenfarbe der Wunderblume).
4. Beide tragen jeweils voll zur Bildung des Merkmals bei (Blutgruppe
AB).
Die Diploidie liefert noch eine weitere Möglichkeit, sich an
Umweltveränderungen anzupassen. Bei den meisten Genen kann ein Normalallel die
Aufgaben eines Defektallels mitübernehmen (Dominanz). Mit diesem Defektallel
(mit jedem Allel eines Allelenpaars) kann die Natur nun experimentieren
(herumprobieren, try and error). Durch Zufall können bei diesem blinden Testen
nützliche neue Allele (Gene) entstehen. Das dient dann wieder der Anpassung
und/oder Höherentwicklung.
Ein weiteres Mischungsverfahren kennen viele Leser unter der Bezeichnung cross-over
aus den Schulbüchern, von denen wir in Deutschland besonders den „Schrödel,
Sek. II“ empfehlen. Beim cross over liegen während der Keimzellbildung die
beiden ungleichen Chromosomen von Vater und Mutter parallel nebeneinander,
brechen und wachsen mit den Bruchstücken des jeweils anderen Chromosoms wieder
zusammen. Auch auf diese Weise werden Allele miteinander an die Kinder gegeben,
die vorher nicht zusammen waren. Bei den oben erwähnten Füchsen kann es z. B.
auch auf diese Weise möglich werden, dass die Gene, die helle Fellfarbe und
dichtes Fell erzeugen, zusammen in einem Lebewesen aktiv werden (s. u.
3. Mendelsche Regel).
Abschließend erinnern wir nochmals an einen weiteren Mischmechanismus, der mit
Sexualität nur wenig zu tun hat. Es ist das Spleißen (vom Englischen auch splicen).
Bei allen Lebewesen werden Eiweiße entsprechend der DNA Baupläne gebaut. Dabei
verwenden sie aber nicht direkt die Gene (DNA–Stücke, die die Vorschrift für
den Bau eines Eiweißmoleküls liefern), sondern Kopien dieser Gene, die m-RNAs.
Bei Pflanzen, Tieren und Pilzen werden die m-RNAs nicht einfach komplett
verwendet, sondern zunächst zerstückelt und nur zum Teil zum Bau einer neuen
endgültigen m-RNA verwendet. Dabei kann man verschiedene Teile benutzen und in
den nicht genutzten Teilen neue Mutationen zulassen und später „ausprobieren“ =
Überlebensvorteile und Artenvielfalt schaffen und nutzen. Außerdem können
verschiedene Einzelstücke zu vielen verschiedenen Neukombinationen
zusammengefügt werden.
Damit haben wir den Sinn von Variabilität, Rekombination, Spleißen und Sexualität besprochen und fassen noch einmal zusammen:
Durch Mutagene und Mutationen werden die Erbinformationen der Lebewesen verändert also verschieden. Sexualität dient dazu, diese Verschiedenheit durch Mischen zu erhöhen. Die Veränderlichkeit der Umgebung des Lebens erzwingt diese Maßnahmen. Veränderungen können sich auf Klimafaktoren (Temperaturen, Licht, Feuchtigkeit usw.) und andere Lebewesen beziehen. Die wichtigsten umweltverändernden biologischen Faktoren sind Konkurrenz, Parasitismus, Symbiosen und Räuber-Beute-Beziehungen (siehe Kap. X ). All diese Faktoren heißen Ökofaktoren oder Umweltfaktoren. Man unterscheidet zwischen biotischen und abiotischen Ökofaktoren. Mit dem Wirken dieser Faktoren beschäftigen sich vor allem die Ökologie, die Lehre von den Beziehungen zwischen Lebewesen und Umwelt, und die Evolutionslehre.
Das
oben Gesagte macht deutlich, wie wichtig die Sexualität (genetische
Variabilität) für alle Lebewesen ist. Es gibt heute deshalb auf diesem Planeten
wahrscheinlich auch keine Arten mehr, die langfristig ohne Sexualität, bzw.
Rekombination, auskommen.
Für Vögel und Säugetiere ist die Sexualität gleichzeitig auch noch die einzige
Möglichkeit zur Fortpflanzung. U. a. deshalb wurde sie bei diesen
Tierklassen mit besonders starken Gefühlen gekoppelt. Auch beim Menschen ist
sie eine der ursprünglich stärksten angenehmen Emotionen, weil sie für die
Erhaltung so wichtig ist.
Einige
Menschen nennen die sexuellen Empfindungen abwertend „Lust“. Vielleicht tun sie
dies nicht, weil es einen wirklichen Unterschied bezüglich der Werte oder der
Natur verschiedener Gefühle (Liebe, Zärtlichkeit, Spiel, Angeben, Aggression)
gibt, sondern um ihre Sexualnormen erfolgreicher durchsetzen zu können.
Gleichzeitig
ist der Verzicht auf Sexualität bei vielen natürlichen Menschen und Tieren mit
intensiven unangenehmen Gefühlen oder sogar Neurosen (=psychische Erkrankungen,
vgl. S. Freud) verbunden. Von diesen Gefühlen (und allen anderen) haben
Menschen bedauerlicherweise durch genetische Selbstverstümmelung 30 bis 70
Prozent zerstört.
Leider werden bei sexuellen Aktivitäten besonders viele Körperflüssigkeiten
ausgetauscht. Davon profitieren viele Parasiten (Bakterien, Pilze, Viren,
einzellige Tiere usw.), die, wie alle Lebewesen, Wasser für ihr Überleben
benötigen. Tiere und Menschen übergeben bei sexuellen Kontakten oft solche
Krankheitserreger, stecken sich also gegenseitig an. Da Menschen,
wahrscheinlich durch genetische Selbstveränderung (Selbstdomestikation), ganzjährig
sexuell aktiv wurden, entstand für sie ein ungeheurer Konflikt zwischen der
Freude an Sexualität und verschiedenen Gefahren der Sexualität. Den Konflikt
versuchen Menschen seit vielleicht schon Millionen Jahren durch Unterdrückung
und Verteufelung der Sexualität zu lösen. Die meisten anderen menschlichen
Triebe (Motivationen) wie Nahrung, Rangordnung, Neugier werden dagegen (zum
Ausgleich?) durch Lernen überwiegend (z. T. nicht weniger destruktiv) verstärkt
(Fresssucht, Sensationslust usw.). Die Probleme und Ursachen der
sexuellen Unterdrückung in menschlichen Kulturen sind im Kapitel X erläutert.
Evolutionsfaktoren
Wir haben nun, die Entstehung der genetischen Vielfalt und das Wirken der
Selektion besprochen und widmen uns nun den übrigen Evolutionsfaktoren. Dabei
steht die Frage im Mittelpunkt, wie Arten sich verändern, z. B. neue Arten
entstehen. Um diese Problematik verstehen zu können, müssen wir zunächst den Artbegriff
eindeutig definieren: Zu einer Art zählt man alle Individuen einer
Population, die untereinander fruchtbar kreuzbar sind. (Einfach gesagt:
Individuen einer Art bekommen Nachkommen, die auch wieder Nachkommen zeugen
können.). Unsere Frage lautet also genauer: Wie kommt es dazu, dass Individuen
einer Art zu Individuen verschiedener Arten werden? Dazu muss etwas geschehen,
was ihre beliebige Kreuzbarkeit untereinander einschränkt. Alle Mechanismen
(Prozesse), die in dieser Richtung wirken nennt man Isolation oder
Isolationsfaktoren. Leider, weil verwirrend, wird manchmal auch der abgeschlossene
Prozess (die „Nichtmehrkreuzbarkeit“) als Isolation bezeichnet. Es gibt
verschiedene Möglichkeiten solcher Isolationen: Wenn Tiere durch
Verhaltensänderungen (Balz usw.) nicht mehr zum Fortpflanzungserfolg kommen,
spricht man von ethologischer Isolation (Ethologie = Verhaltenslehre).
Wenn die Gene der Keimzellen nicht mehr harmonieren (z. B. weil der gesamte
Chromosomensatz bei einigen Individuen verdoppelt wurde), spricht man von genetischer
Isolation. Wenn räumliche Trennungen der Individuen die Isolation bewirken,
spricht man von geographischer Isolation.
Wie aber kann es zu solchen Veränderungen kommen? Grundsätzlich sind es
Mutationen, die die Artbildung bewirken. Im einfachsten Falle verändert sich
mindestens ein Gen von mindestens einem Individuum anders, als die Gene der
anderen. Dies geschieht jedoch bei jeder Mutation und führt zunächst nur
zu größerer genetischer Verschiedenheit. Manche Gene haben für
Fortpflanzungserfolge zwischen Sexualpartnern wenig direkte Bedeutung. Dies
gilt z. B. für Gene, die die Feinstruktur von Fingerabdrücken oder die
Muskelkraft bestimmen. Größere Muskelkraft kann jedoch zu größeren Erfolgen bei
Rangkämpfen, Flucht, Beutefang usw. führen und dadurch den Fortpflanzungserfolg
erhöhen. Viel stärker wirken sich im Sinne der Bildung neuer Arten jedoch
Mutationen aus, die direkt die Fortpflanzungsmöglichkeiten zwischen Artgenossen
einschränken oder verbessern. Das sind alle Mutationen, die zur Isolation
beitragen können, z. B. zu Veränderungen von Sexuallockstoffen, der Anatomie
der Geschlechtsorgane, von Balzrufe, von optischen Sexualsignalen usw. Die
meisten dieser Mutationen bringen den betroffenen Individuen (Mutanten)
Nachteile, die zum Aussterben führen können. Wenn man diese Mutanten jedoch von
den anderen trennt, sind sie die ideale Population zur Gründung einer neuen
Art. Für eine Aufspaltung einer Art in zwei oder mehr neue Arten muss also
(meistens) eine räumliche Aufspaltung der Population in mindestens zwei
getrennte Gruppen vorliegen. Eine solche Aufspaltung wird leider in vielen
Lehrbüchern sowohl mit dem Begriff geographische Isolation als auch mit
dem Begriff Separation bezeichnet. Wir definieren also ganz eindeutig:
Separation ist die räumliche Trennung von Individuen einer Art. Geographische
Isolation ist die Aufhebung der Kreuzbarkeit dieser Individuen durch eine
Separation. Das Gegenteil einer solchen Aufspaltung heißt Panmixie.
Panmixie liegt dann vor, wenn alle Individuen einer Population gleiche Chancen
haben, der Fortpflanzungspartner jedes beliebigen andersgeschlechtlichen
Individuums zu werden. So etwas gibt es streng genommen allenfalls auf einer
Insel, auf der sich nur zwei verschiedengeschlechtliche Individuen befinden.
Man kann also sagen, dass schon weite Wege zwischen Individuen die beliebige
Kreuzbarkeit einschränken und dass dies zur Artbildung beitragen kann. Wann
aber liegt eine echte Separation vor und wodurch kann sie entstehen? Echte
Separationen können z. B. entstehen, wenn Inseln besiedelt werden, Bergketten
entstehen, Kontinente durch Anstiege des Meeresspiegels getrennt werden, neue
Seen entstehen usw. Wenn z. B. ein Finkenpaar durch einen Sturm von Südamerika
auf die Galapagosinseln verschlagen wird, werden in den Nachkommen im Laufe der
nächsten Jahrhunderte und Jahrtausende zufällig z. T. andere Mutationen
entstehen als in der Ausgangspopulation auf dem Festland. Außerdem werden aus
diesen Mutanten durch die gegenüber dem Festland veränderten
Selektionsbedingungen andere Nachkommen ausgelesen als in der südamerikanischen
Ausgangspopulation. Es könnte sich die Farbe, Größe, Gestalt der
Fortpflanzungsorgane, der Balzgesang usw. verändert haben. Würde man nun Finken
der Galapagospopulation mit Finken der Ausgangspopulation zusammenbringen, so
würden sie nicht mehr fruchtbar kreuzbar sein. Es wären also neue Arten
entstanden. Wenn neue Arten ohne Separation entstehen, spricht man von sympatrischer
Artbildung. Wenn sie in getrennten Gebieten entstehen, von allopatrischer
Artbildung.
Das Beispiel der Darwinfinken (so werden die von Darwin entdeckten Finken auf
den Galapagosinseln genannt) führt uns auch zu unserem letzten
Evolutionsfaktor, der Gendrift. Wenn (wie im obigen Beispiel) nur wenige
Individuen einer Art von den anderen getrennt werden, treten in dieser kleinen
Population nicht alle Gene der Gesamtpopulation auf. Eine solche zufällige
kleine Auswahl aus dem Gesamtgenpool trägt ebenfalls zur Bildung neuer Arten
bei.
Wie wir oben schon erfahren haben, gibt es zwei grundsätzlich Möglichkeiten,
Lebewesen zu verändern, nämlich durch genetische und erworbene Effekte (Lernen,
Sozialisation usw.). Beide haben für die Entwicklung von Natur und Kultur
Bedeutung. Vereinfacht kann man sagen: Je höher eine Art sich entwickelt hat,
desto mehr tragen erworbene Faktoren zur Anpassung an Umweltveränderungen bei.
ÖKOLOGIE
Die
meisten Menschen verbinden mit dem Begriff Ökologie menschliche Probleme mit
ihrer Umwelt (Umweltverschmutzung, Umweltschutz, Umweltzerstörung usw.). Die
Ökologie ist jedoch ganz allgemein die Lehre von den Beziehungen zwischen
Lebewesen und Umwelt. Zur Umwelt eines Individuums gehören dabei auch andere
Lebewesen. Um die Beziehungen zu verstehen und zur besseren Verständigung,
sollte man u. a. folgende Grundbegriffe kennen:
Das Biotop ist ein Lebensraum von Lebewesen, z. B. ein Teich.
Die Biozönose ist eine Lebensgemeinschaft aus verschiedenen Lebewesen,
z. B. die Teichbewohner.
Das Ökosystem ist i. d. R. eine große Lebensgemeinschaft einschließlich
ihres (großen) Biotops, z. B. ein Wald, See, Meer.
Auch die Einflussfaktoren (Eigenschaften und Merkmale) der Umwelt hat man
benannt und geordnet. Man nennt sie Umwelt- oder Ökofaktoren. Man
unterscheidet biotische (≈lebendige) und abiotische (tote)
Einflussfaktoren.
Zu den biotischen gehören: Konkurrenten, Parasiten (u. a. Krankheitserreger),
Symbionten, Räuber, Nahrung (Beute, Pflanzen usw.).
Zu den abiotischen Ökofaktoren gehören: Licht, Temperatur, pH, Salzgehalt,
Wind, Feuchtigkeit.
Auf jedes Lebewesen wirkt eine Mischung aus diesen Umweltfaktoren ein, die
bestimmt, ob, wie und wie lange ein Lebewesen bzw. seine Art überlebt. Die
ökologische Nische ist die Summe aller Umweltfaktoren, die sich auf das
(Über)Leben einer Art oder eines Lebewesens auswirken (s. o.). Die ökologische
Nische ist also nicht nur der Raum, in dem eine Art lebt! (Leider findet man in
Biologiebüchern auch noch folgende Definition: Ökologische Nische = Summe aller
Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und Umwelt).
Nicht nur viele Ökofaktoren, sondern auch deren zeitliche und räumliche
Schwankungen gehören mit zum Wesen der ökologischen Nische.
Das ökologische Gleichgewicht
Wenn die Zahlen der Lebewesen und Arten eines Ökosystems oder einer Biozönose
über längere Zeiträume im Durchschnitt ziemlich konstant bleiben, spricht man
von einem ökologischen Gleichgewicht. Dieses dynamische Gleichgewicht bleibt
erhalten, wenn die Umweltbedingungen sich nicht zu stark, aber grundsätzlich
schon, verändern. Zur Erhaltung dieses Gleichgewichts (des Lebens) tragen die
Lebewesen selbst ganz erheblich bei. Raubtiere und Parasiten bewirken, dass die
Bevölkerungsdichten von Beute und Wirten nicht zu sehr ansteigen. Pflanzen
bekämpfen einander, oder Pflanzenfresser, mit Giften, Dornen, Hochwuchs und so
weiter. Verschiedene Tierarten sorgen durch Symbiosen und altruistisches Verhalten
innerhalb der Art für ihre Selbsterhaltung. Nur durch radikale Veränderungen
(Vulkanausbrüche, Überflutungen, Seuchen usw.) können diese Gleichgewichte
gestört werden.
Solche
Naturkatastrophen imponier(t)en den Menschen zwar grundsätzlich, doch man wollte
mehr. Tatsächlich wusste man die Erfolge der Natur vierfach zu steigern:
radikal, radikaler, am radikalsten, radikalinski wie Klaus Kinski. Der Mensch
ist ein solches Kamel, dass er sich selbst nicht zum König der Wüste, wohl aber
der Verwüstung erhoben hat. Er vernichtet Wälder, überfischt Meere, vergiftet
Felder und führt globale Klimawandel herbei. Dabei gelingt es ihm viele
(vielleicht die meisten) Arten von Lebewesen zu vernichten und natürlich auch
ökologische Gleichgewichte zu zerstören.
Nun könnte
man behaupten, wenn ein paar Arten aussterben, bricht doch nicht gleich die
ganze Welt (das Leben oder ein Ökosystem) zusammen. Das stimmt leider sogar
meistens. Doch leider sind Ökosysteme und vor allem Biozönosen so gebaut, dass
es manchmal genügt wenige, bestimmte Arten zu vernichten oder hinzuzufügen, um
das gesamte System erheblich zu verändern oder zu zerstören. Um zu wissen,
welche Arten (Schlüsselarten) für die Erhaltung besonders wichtig und welche
weniger wichtig sind, muss man die Systeme gut kennen. An der Unterdrückung
solcher Kenntnisse arbeitet die Menschheit wahrscheinlich schon seit es sie
gibt, im vergangenen Jahrtausend jedoch mit unüberbietbarem (vor allem
religiösem und unternehmerischem) Engagement.
Die
Wechselwirkungen zwischen einem Lebewesen und seiner Umwelt (Ökologischen
Nische) sind i. d. R. so komplex, dass man selten einfache exakte Beziehungen
beobachten kann und auch nur unsichere (wahrscheinliche =probabilistische)
Voraussagen machen kann.
Da viele Biologen (Naturwissenschaftler) Erkenntnisse, Wissenschaften und
Schlüsse, die nicht oder nur wenig exakt sind, übertrieben ablehnen,
beschäftigen sie sich gerne mit einfachen Beziehungen zwischen nur einem oder
wenigen (Öko)Faktoren und nur einem Organismus. Wenn man dies systematisch
durchzieht, gelingt es gut, die Unfähigkeit junger Menschen zu fördern, mit
probabilistischen (=wahrscheinlichkeitshaften) Problemen fertig zu werden. Das
Resultat sieht dann folgender Maßen aus: „Ständig auftretende“ „ungeheure“
Probleme können gelöst werden. Z. B. kann mancher exakt berechnen, um welchen
Betrag sich die Geschwindigkeit eines Radfahrers ändert, wenn er zwei Kilo
zulädt. Man kann auch Flächen unter Kurven exakt berechnen und die dritte
Ableitung einer Funktion, obwohl die meisten nicht einmal wissen, ob und wo man
so etwas anwenden kann. Bei „seltenen“ „unwichtigen“ probabilistischen
Problemen kann es dagegen „leichte“ Probleme geben. Z. B. werden junge Menschen
systematisch davor geschützt, mit folgenden Problemen und Fragen optimal
umgehen zu können: Ist mein Partner der richtige für mich? Warum sind meine
Kinder nicht konstruktiv und selbstständig geworden, wie ich es wollte? Welche
Partei ist am wenigsten korrupt? Welche Gifte haben Omas Krebs verursacht? Kann
ich die Sympathie eines Mitmenschen gewinnen? Warum ist mein Hund aggressiv
geworden? Wodurch entstehen so viele Verhaltensstörungen, Parasitismus,
Krankheiten, Fehlsteuerungen, Terrorismus usw.? Viele fanatische Fans der
exakten Naturwissenschaften meiden oder verachten aus den genannten Gründen die
meisten Geisteswissenschaften. Manche Biologen vernachlässigen und unterdrücken
sogar eine ihrer wichtigsten Unterdisziplinen, die (vergleichende)
Verhaltensforschung. Seit Anfang des Jahrtausends tun dies (zumindest in
Nordrhein-Westfalen) auch einige der für das Gymnasium bildungspolitisch
Verantwortlichen. Da die Verhaltensforschung nicht nur eines der wichtigsten,
sondern auch eines der vernachlässigtesten Fundamente der Psychologie ist,
wirkt sich diese Ignoranz ungeheuer fruchtbar im Sinne des Verschwindens
jeglichen menschlichen Selbstverständnisses aus.
Nach diesen kleinen Seitenhieben gegen die Vertreter der Hyperexaktheit, widmen
wir uns dennoch auch einmal einfachen ziemlich exakten Zusammenhängen und
grundsätzlichen physikalischen, mathematischen und kybernetischen Grundlagen.
Diese sind Teile des Fundaments ohne das sowohl die Ökologie als auch alle
Sozial-, Natur- und Geisteswissenschaften nicht wirklich verstehbar sind.
Komplexe
Regelungssysteme
Damit
haben wir einige einfache Beispiele für Steuerungen kennen gelernt und können
uns nun dem komplexeren Zusammenwirken mehrerer Faktoren widmen: Dazu erweitern
wir unser Beispiel vom Wachstum einer Population: Das Wachstum wird in der
Natur meistens durch Ökofaktoren wie Feinde, Hitze, Kälte, Krankheiten,
Konkurrenz, Pestizide usw. begrenzt. Diese Begrenzungen kann man als negative
Rückkopplungen auffassen. Die Variation dieser Faktoren kann aber auch zur
Steigerung von Bevölkerungsdichten beitragen. Sie alle können also positive
und/oder negative Rückkopplungen bewirken. Außerdem beeinflussen sich diese
Ökofaktoren auf äußerst komplexe Weise gegenseitig. Weiterhin nehmen viele
weitere Faktoren auf diese Ökofaktoren und die Gesamtregulation Einfluss.
Temperaturen hängen zum Beispiel von Vulkanausbrüchen (Lava, Staub in der
Athmosphere), menschlichen Eingriffen (Treibhauseffekt) und so weiter ab. Zu
allem Überfluss ist die Regulation von Bevölkerungsdichten ihrerseits auch noch
in größere Zusammenhänge eingebettet. Betrachten wir auch hierzu ein Beispiel,
dass wir in anderen Zusammenhängen schon einmal beleuchtet haben:
Die oben erwähnten Faktoren, die das Wachstum von Bevölkerungen behindern, sind
häufig Selektionsfaktoren. Sie machen allen betroffenen Arten das Leben schwer.
Wenn sie das in mäßigem Umfang tun, zwingen sie die Arten bekanntlich, sich
durch Rekombinationen und so weiter zu verändern, insbesondere ihre
Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Das wiederum führt oft zu einer allgemeinen
Höherentwicklung (Anagenese) des Lebens. Aber auch positive
Rückkopplungen können die Anagenese beschleunigen. Je höher der
Entwicklungsstand des Lebens ist, desto schneller erfolgt die weitere
Höherentwicklung. Beispiel: Je klüger ein Mensch ist, desto besser kann er
seinen Partner nach prohedonischen Eigenschaften auswählen, statt, wie die
meisten Affen, nach Körpergröße.
Die alten optischen Auslesekriterien erzeugen jedoch (auch?) in den meisten
Menschen immer noch viel mehr Liebesgefühle, als Intelligenz, Charakter, innere
Harmonie und psychische Gesundheit.
Kybernetik und Kultur
Damit sind wir wieder einmal in der Kultur gelandet, wo bekanntlich die
komplexesten Erscheinungen und Steuerungen auf uns lauern. Das oben Gesagte
lässt sich teilweise auf die Höherentwicklung der Kultur (Fortschritt)
übertragen. Je leistungsfähiger z. B. die Menschheit war und ist, desto
schneller konnte sie ihre Leistungsfähigkeit weiter steigern.
Wenn
viele Faktoren gleichzeitig eine oder mehrere Größen beeinflussen, liegen
komplexe Netzwerke aus Einflussfaktoren und Rückkopplungen vor. Das macht
richtiges Entscheiden schwer, doch es geht noch komplizierter: Um das
(scheinbare) Chaos zu perfektionieren, können die Größen auch noch auf ganz
verschiedene Weise aufeinander einwirken: Einige verhalten sich wie echte
Variablen im Sinne mathematische Funktionen. Das heißt, wenn eine Größe sich
ändert, ändert sich die andere im Sinne klarer mathematisch beschreibbarer
Abhängigkeiten (siehe oben). Andere Einflussfaktoren können aber auch nur
einmalig wirken (Alles oder nichts Gesetz), oder stufenweise, oder sogar
pendelnd mal so mal so, wirken.
Die konstruktive Steuerung komplexer Gefüge gehört zu den größten Problemen der
Menschheit. (Beispiele haben wir in allen Kapiteln beschrieben.). Um damit
fertig zu werden, haben die Menschen vor allem zwei Strategien perfektioniert.
Zum Ersten
mühen sie sich unredlich dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen
möglichst schlecht informiert sind und Informationen auch möglichst schlecht
verarbeiten können.
Zum Zweiten sorgen sie durch die Stärkung parasitärer, egoistischer Kräfte
global dafür, dass konstruktive Steuerungen und Problemlösungen möglichst
häufig unterbleiben.
Im
Sinne des Gleichheitsprinzips beteiligen sich alle (Arm und Reich) am Aufbau
und an der Erhaltung dieser Selbstregulationsprinzipien. Besonders aktiv sind
aber natürlich wieder die mächtigen (Politiker, Wirtschaftsbosse, Ärztekammern,
Unternehmerverbände und so weiter). Das kleinkorrupte Volk mischt nur bei
Kleinigkeiten mit. Es hat also nicht die erste Wahl (A-Wahl), wohl aber die
zweite Wahl, die B-Wahl. Da bei fast allen politischen Entscheidungen
(Reformversuchen, Verfassungs[ab]schöpfungen, Verfassungsabschaffungen,
Gesetzgebungen und so weiter) Korruption und Dummheit beteiligt sind, kann das
blinde, blonde, blauäugige Volk zwischen drei „B“ beliebig auswählen: Betrug,
Blödheit, Bestechung. Um das komplexe Chaos, dass wir in allen
Kapiteln beschrieben haben, wenigstens ein wenig zu vereinfachen, hat man für
eine interkontinentale Vereinfachung gesorgt: Bei allen Wahlen, (Be)Steuerungen
und so weiter geht es egal, ob bei Arm oder Reich, immer primär um die
beliebte, beleibte Börse.
Die große böse globale Börse wird in der Anonymität zum bekannten Borstenvieh,
dass aus den kleinen Börsen der Minderbemittelten Blut, Boden und Bares
absaugt. Wie man die Anonymität auch sonst zu einem der wichtigsten Hilfsmittel
für parasitäre Aktivitäten aller Art (Kriminalität, Korruption, Kinderarbeit
und so weiter) gemacht hat, haben wir an anderer Stelle erläutert. Das größere
Problem, die Humanisierung und Entanonymisierung, der Menschheit überlassen wir
ohne jeglichen Optimismus den Religionen und der menschlichen Vernunft.
Das
kleinere Problem, ein besseres Verständnis komplexer Phänomene
(Steuerungsprobleme und so weiter) wollen wir jetzt genauer beleuchten. Es geht
vor allem darum, dass Wirken möglichst vieler Einflussfaktoren auf
verschiedene Problemstellungen zu erkennen, vorauszusagen, zu bewerten und
angemessen zu berücksichtigen. Zur Verdeutlichung empfehlen wir in Lehrbüchern
unter anderem nach Regelkreisen zu suchen, die mehrere Faktoren
berücksichtigen.
Zur weiteren Verdeutlichung betrachten wir nun einige Beispiele für mehr oder
weniger komplexe, häufige und zum Teil fatale Steuerungsprobleme: Wie viele
Müllverbrennungsanlagen soll man bauen? Wie viele Kindergartenplätze werden
benötigt? Wie kann man das politische Chaos im Nahen Osten kontrollieren? Wie
kann man den Entwicklungsländern zu konstruktiven Entwicklungen verhelfen? Soll
ich mich von meinem Partner trennen? Wie behandle ich meine Nachbarn, Freunde,
Kinder und so weiter? Wie beseitige ich Arbeitslosigkeit, soziale
Ungerechtigkeit, Probleme der Überbevölkerung, des Gesundheitswesens, der
Rentensicherung, der [gesunden] Ernährung, des Steuerwesens, der
Krankheitsverbreitung, der Kriminalität, des Hungers und so weiter?
Einige beispielhafte nähere Betrachtungen dieser Problemstellungen werden uns
nun konkret verdeutlichen, wie die drei großen „B“ bei der Regulierung
komplexer Phänomene zusammenwirken. Bevor wir loslegen, weisen wir daraufhin,
dass es natürlich in der Gesellschaft auch Kräfte gibt, die konstruktive
Informationen und konstruktive ethische Einstellungen fördern und vermitteln.
Man kann sogar sagen, dass die Menschen und ihre Vorfahren dadurch
charakterisiert sind, dass sie böse (antihedonische) und gute (prohedonische)
Kräfte gleichzeitig zur Wirkung bringen. Der Mensch ist des Menschen „Wolf“
und Engel zugleich. Seine bestialischen Aktivitäten übersteigen allerdings
leider seine engelhaften (altruistischen) im Durchschnitt deutlich. Bei Wölfen
ist es übrigens eher umgekehrt. Die konstruktive Regulation des komplexen
Zusammenwirkens dieser gegensätzlichen Kräfte (von „Wolf“ und Engel) fällt
sogar mit in die Problematik, die wir gerade (und in allen anderen Kapiteln)
diskutieren.
Wir
beginnen mit den Müllverbrennungsanlagen: Bei dieser Planung spielen
unter anderem die anfallende Müllmenge, die Anfahrtswege und die finanziellen
Mittel eine Rolle. Hier liegt kein sehr kompliziertes Wirkungsgefüge vor.
Trotzdem gelang es in Deutschland Ende des 20. Jahrhunderts erwartungsgemäß
viel zu viele Anlagen zu bauen. Warum? Vor allem hatte man die Wirkungen des
Recyclings, der Kompostierung und der Müllvermeidung unterschätzt. Man hatte also
wieder einmal etwas naiv die Verhältnisse der Gegenwart in die Zukunft
projiziert. Hier vergeben wir ein B für Blödheit. Derartige Planungen
charakterisieren die gesamte (besonders die militärische) Geschichte der
Menschheit. Beispiele sind die militärischen Misserfolge der Römer gegen
Hannibal, Preußens und Österreichs gegen Napoleon und Deutschlands gegen
Frankreich und England im Ersten Weltkrieg.
In welchem Maße korrupte Verstrickungen zwischen Stadtverwaltung und
Unternehmern, die an Müllverbrennungsanlagen verdienen, für die Fehlplanungen
mitverantwortlich waren, weiß man nicht genau. Die bekannt gewordenen Skandale
im korrupten Kölner Klüngel berechtigen uns trotzdem, zwei B für betrügerische
Bestechlichkeit zu vergeben. Solche Verstrickungen erklären wahrscheinlich auch
viele Fehler bei der deutschen Steuerung des Gesundheitswesens, der
Stromversorgung, der Arbeitsvermittlung, der Verkehrsplanung, des Steuersystems
und so weiter. Hier
verstecken sich so viele BBBBBB, dass nicht einmal der bekannte bissig
besteuerte Boris Becker den Spieß, der in all die beteiligten bösen Buben
gesteckt werden müsste, in den Grüften, in die sie gehören, so schnell drehen
könnte, wie sie es verdient haben. Leider werden die bösen Buben und ihre alten
Schachteln nicht einmal gequält, indem man sie zum Lesen ellenlanger
Schachtelsätze zwingt.
Wenn man die weltweit übliche Korruption mit der weltweit üblichen Blödheit
einiger Politiker paart, erhält man das, was man täglich in den Nachrichten
hören kann.
Gleichzeitig hört man natürlich auch von der Rettung der Regenwälder, Brot für
die Welt, (religiösen) Hilfsmaßnahmen aller Art und so weiter.
Niemand kann auch nur näherungsweise genau sagen, in welchem Maße konstruktive
und destruktive Kräfte jeweils zur Steuerung des Planeten beitragen, geschweige
denn in welche Zukunft sie ihn tragen werden.
Sicher ist, dass politisches Versagen seit Jahrtausenden ökologische
Katastrophen verursacht. Wie „geschickt“ Politiker Fehlplanungsorgien
zelebrieren, wollen wir an einem wenig ökologischen, aber sehr aussagekräftigen
Beispiel verdeutlichen. Wir gehen dahin, wo manche Politiker hingehören, in
Kindergärten beziehungsweise Kindertagesstätten: Hier ist eine
sinnvolle Planung noch einfacher als bei den gerade besprochenen Geld- und Müllschluckern.
Trotzdem gelang es bekanntlich deutschen Politikern auch hier Mangelsituationen
herzustellen. Hier hatten sie um 2000 äußerst „genial“ ein Sinken der
Bevölkerungszahlen richtig vorausgesagt, kein Wunder, sie hatten es ganz
wesentlich selbst verursacht. Den (im Zuge der Emanzipationsbewegung, Verarmung
und so weiter) steigenden Bedarf an Kindergartenplätzen hatten sie nicht ganz
so gut vorausberechnet, obwohl sie doch auch diesen wesentlich mitverursacht
hatten und haben.
Nun könnte man als Entschuldigung anführen, dass doch (wie auch bei manchen
ökologischen Problemen) die wichtigste Ursache im Fehlen finanzieller Mittel
läge. Dieses Argument trifft tatsächlich teilweise zu. Vor allem die
Einverleibung der DDR schuf finanzielle Probleme, die Politiker nur z. T. zu
vertreten hatten. Bei dieser konstruktiven, halbfreundlichen Übernahme
waren ausnahmsweise deutsche politische Köpfe, egal ob Rotkohl- oder
SchwarzKohl-, nahezu überhaupt nicht ursächlich beteiligt. Aber die
Staatsverschuldung ist schon sehr viel älter als das große Fressen der riesigen
östlichen Hohnäcker. Dieses Große Schlucken führte zwar wie üblich zu Übelkeit
(z. B. zu östlichen Blähungen und westlichen Schmähungen), doch die
Staatsverschuldung verdankt man primär anderen, übleren Üblichkeiten. Gerüchten
zufolge liegen die Ursachen in Fehlplanungen (wieder einige BBB), im Versuch
uneinhaltbare Versprechen einzuhalten und im freundlichen Umgang mit
Vorstandsvorsitzenden von Großbanken, Versicherungen, Stromversorgern,
Großunternehmen und so weiter, die man nach manchem gemeinsamen Urlaub auf
gemütlichen Yachten schätzen gelernt und Abschreibern gelehrt hatte.
Auf die meisten anderen oben vorgestellten Problembereiche (Naher Osten,
Partnerschaftsprobleme, Arbeitslosigkeit und so weiter) gehen wir in anderen
Kapiteln ein.
Wir wollen aber abschließend noch auf eine eher seltene Sondersituation
eingehen: Es gibt Problemfälle, bei denen auch der klügste, wohlmeinendste,
bestinformierte und fleißigste Politiker (oder ein sonstiger Entscheidungsträger)
die richtige Lösung meistens nicht finden und auswählen kann. Wir verdeutlichen
die Problematik an zwei Beispielen:
Wir beginnen mit einem ökonomisch ökologischen Simulationsexperiment, das schon
in den siebziger Jahren in „Spektrum der Wissenschaft“ veröffentlicht wurde:
Studenten bekamen die Aufgabe, einige dörfliche Gemeinschaften in Afrika
wirtschaftlich und politisch zu steuern. Sie mussten Dinge folgender Art
entscheiden: Was wird angepflanzt? Werden Bewässerungsanlagen gebaut? Werden Wege
angelegt? Alle Studenten waren relativ intelligent und wollten frei von
Egoismus das Beste für die schwarze Bevölkerung. Trotzdem führten alle die
Bevölkerung in Chaos oder Untergang.
Ein
weiteres Beispiel ist die Regulation der Lebensbedingungen in der biosphere 2 (Biosphäre
2) in den USA. Es handelt sich um ein teures, riesiges Glashaus mit
lebendem Inhalt, das u. a. gebaut wurde, um ähnliche Glashäuser z. B. auf
anderen Planeten zu simulieren. Dieses Haus soll eine Art zweite Erde im
Miniaturformat sein. Deshalb enthält es alle Grundtypen von Lebewesen (z. B.
Menschen und Nutzpflanzen), die bekanntlich in symbiotischen Prozessen
wechselseitig ihr Überleben ermöglichen. Der wichtigste Kreislauf besteht dabei
darin, dass Pflanzen mit Hilfe der Lichtenergie Nahrungsmittel für Menschen,
Tiere, Bakterien und so weiter liefern und selbst von diesen mit Licht, CO2, Wasser und
Nährsalzen versorgt werden. Hier liegt ein wirklich komplexes Gefüge vor, das
Menschen bis heute nicht restlos verstanden haben. Deshalb misslang auch ein
Experiment, bei dem Anfang des Jahrtausends einige Menschen mehrere Jahre
völlig autonom in dieser Biosphäre überleben sollten.
Zwischenmenschliche Probleme erschwerten die Situation noch zusätzlich.
In der Kultur gibt es Millionen Fälle, in denen Menschen (Politiker, Trainer,
Manager, Familienväter und so weiter) verantwortungsbewusst gearbeitet, geplant
und entschieden und dennoch Fehler gemacht haben. Leider können oder wollen
viele Menschen nicht angemessen überprüfen und bekannt machen, ob und in
welchem Maße ihre Fehler durch Schlamperei, Dummheit und Korruption entstehen
oder durch Schwächen, die sie nicht zu vertreten haben. Deshalb entlassen sie
manchmal Trainer, wählen Politiker ab, entziehen Eltern das Sorgerecht,
schießen Konzernmanager, Betriebsratsvorsitzende oder Vereinspräsidenten ab und
so weiter, obwohl diese kaum Fehler gemacht haben. Noch häufiger allerdings
vergeben sie Rechte und Posten aller Art, obwohl die so Beschenkten menschlich
und fachlich unterqualifiziert sind.
Psychologie und Sinnesphysiologie
Das
Wichtigste und Interessanteste, was Menschen im Universum kennen ist ihr
Gehirn. Psychologie müsste also eines der wichtigsten Fächer an Schulen sein.
Erwartungsgemäß ist das Gegenteil üblich. Ausbildungsinstitutionen schützen
junge Menschen systematisch vor dem Verständnis ihrer Psychen.
Andernfalls,
könnten sie ihre Partner und Freunde sinnvoller auswählen, sich besser mit
Mitmenschen verstehen, die Entstehung psychischer Krankheiten verhindern und
solche Krankheiten heilen. Es „drohen“: harmonische Langeweile, weniger
Amokläufe an Schulen, weniger prügelnden Väter und vergewaltigende Onkel, keine
Nachmittagstagstalkshows, kein Daniel Küblböck usw.
Man könnte
leicht den Eindruck gewinnen, dass Psychotherapeuten, Pharmazeuten und
Mediziner ihre Kultusminister usw. dafür bezahlen (bestechen), dass diese die
psychologische Ignoranz erhalten helfen wie manche Privatsender jegliche
Ignoranz. Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn man einmal betrachtet, mit
welcher Herzensgüte viele Bildungspolitiker ihren Kollegen bei der Beschaffung
von Arbeit unter die Ärmchen greifen. Sie schaffen keineswegs nur wertvolle
Arbeitsplätze für Lehrer (und wertlose Bildungsinhalte für Schüler). Sie
schaffen vor allem mit Hilfe ihres Bildungsangebots, juristischer
Hyperkorrektheit und Weicheischmusepädagogik auch „wertvolle“ Arbeitsplätze für
Juristen, (Schul)psychologen, Gefängniswärter, Rüstungsindustrie, Polizisten,
Krankenhauspersonal, Friedhofsgärtner, Drogendealer, Waffenhändler usw. Dies mag witzig klingen, irrationale
Informationsverbreitung ist jedoch tatsächlich die billigste und effektivste
Möglichkeit möglichst viel vermeidbaren Schaden anzurichten.
Alle
psychischen Störungen, psychische Medikamenten- und Giftwirkungen sowie alle
Formen des Lernens lassen sich nur wirklich verstehen (nutzen), wenn die
anatomischen und biochemischen Hintergründe bekannt sind.
Alle
emotionalen und kognitiven (auf Denken und Wahrnehmung bezogenen) psychischen
Leistungen beruhen auf dem Zusammenwirken biochemischer Prozesse und
psychischer Strukturen (Synapsen, Hirnzellen sowie deren Vernetzungen
[Dendriten und Axone] usw.).
Um Lernen, Denken und Fühlen verstehen zu können, müssen wir uns also mit dem
Aufbau und den wichtigsten Funktionen des Gehirns vertraut machen.
Den Aufbau werden wir im Folgenden nicht genau besprechen. Dazu gibt es
genügend Literatur mit den notwendigen Abbildungen.
Das
menschliche Gehirn besteht aus über 100 Milliarden Nervenzellen. Viele davon
sind zu Zentren mit speziellen Funktionen zusammengefasst.
Nervenzellen (=Neurone) haben meistens nicht wie die meisten anderen Zellen nur
einfache kugel-, quader- oder würfelförmige Strukturen. Sie haben meistens
zusätzlich lange fädige Fortsätze, die dem Transport von Informationen dienen.
Es gibt zwei Grundtypen dieser Fortsätze.
1. Dendriten sind (häufig vielfach verzweigte) Fortsätze, die aus
der Sicht des Zellkörpers Informationen empfangen.
2. Axone sind die (meistens ebenfalls verzweigten) Sendearme oder
Sendeäste von Nervenzellen. Einen Verbund aus vielen parallel verlaufenden
Axonen nennt man Nerven.
Die kugelig oder knopfförmig aufgeblähten Enden eines Axons heißen Synapsen.
Diese Enden berühren Empfängerzellen. Dies sind andere Nervenzellen oder
Muskelzellen. Wenn es Muskelzellen sind, nennt man die Endigungen motorische
Endplatten.
Für das Verständnis der menschlichen Psyche ist das Geschehen an Synapsen
besonders wichtig. Hier erfolgen wichtige Eingriffe durch Lernen, Drogen,
Medikamente, Schadstoffe und genetische Veränderungen.
Der Informationsfluss im Gehirn erfolgt auf und innerhalb der Verzweigungen
(Dendriten, Nerven) elektrisch, an den Berührungsstellen von Axonendigungen und
Empfängernervenzellen chemisch.
Elektrisch heißt, dass geladene Teilchen (Ionen, Elektronen, Protonen) sich
bewegen. Alle elektrischen Potentiale in Nervenzellen haben damit zu tun, dass
Ionen durch die Zellmembran wandern oder wandern „möchten“.
Die Potentiale, die über Axone wandern, heißen Aktionspotentiale. Bei
diesen Wanderungen spricht man von Erregungsleitung (nicht von Reizleitung).
Der chemische Informationstransport erfolgt durch die Wirkung von
Botenstoffen (Neurotransmittern) an Synapsen und motorischen Endplatten. Die
bekanntesten Transmitter sind Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin, Dopamin,
Oxytocin, Endorphine usw. (s. o. und s. u.). Neurotransmitter befinden sich im
Ruhezustand in den Synapsen. An den Synapsen bleiben Axon und Empfängerzelle
durch einen hauchdünnen, so genannten synaptischen Spalt getrennt. Wenn ein
elektrisches Signal vom Axon eine Synapse erreicht, gelangen
Neurotransmittermoleküle aus der Synapse in den synaptischen Spalt und zur
Membran der Empfängerzelle. Dort können sie elektrische Potentiale erzeugen,
stärken oder schwächen, indem sie Porenproteine in der Membran der
Empfängerzelle für bestimmte Ionen durchlässig machen. Diese Potentiale stellen
eine erste Form verarbeiteter Information dar. Dies kann zur Bildung eines
Gefühls wie Sympathie, eines Gedankens, eines Bildes, eines Hörerlebnisses,
eines Bewegungsbefehls usw. beitragen. (An diesen Phänomenen sind jedoch noch
weitere andere Hirnprozesse und -strukturen beteiligt).
Die Neurotransmitter sind die zurzeit am besten beeinflussbaren
Steuerungselemente menschlicher und tierischer Psychen. Sie sind es, die die
zentralnervösen Informationen spezifisch und kontrollierbar nur in einer
Richtung weiterleiten (Ventilfunktion [s. o.]). Dies ist eine notwendige
Voraussetzung für das geordnete Funktionieren der Psyche in allen Bereichen.
Die Konzentration der Neurotransmitter hängt von vielen Faktoren ab. Besonders
wichtig sind die Enzyme (=Biokatalysatoren, molekulare Handwerker [s. o.]), die
den Auf- und Abbau der Neurotransmitter (aller Substrate) beschleunigen. Sie
regulieren dadurch die Herstellung und Konzentration der Botenstoffe und damit
die Funktion aller Hirnzentren. Die Struktur und Funktion dieser Enzyme werden
ursprünglich von genetischer Information (Genen) bestimmt. Ihre Funktion (die
Funktion aller Stoffe in Lebewesen) kann aber auch durch Reizaufnahmen, Lernen,
genetische Veränderungen, Medikamente, Strahlung, Biorhythmen, Gifte,
Schwermetalle, Elektrizität, Schadstoffe usw. beeinflusst werden. Gleiches gilt
für die Porenproteine = (Locheiweiße, Kanalproteine), die u. a. für das
Konditionierungslernen (s. u.) sehr wichtig sind.
Besonders wichtig ist, dass die Menge der Porenproteine durch
Konditionierungslernen verändert werden kann. Dies erklärt, dass ein Verhalten
durch operantes Konditionieren - also die Kopplung des Verhaltens mit
angenehmen oder unangenehmen Gefühlen - häufiger oder seltener werden kann. Es
gibt Nervenverbindungen zwischen Gefühlszentren, wie dem limbischen System und
dem Hippocampus und verschiedenen Befehlszentralen für Bewegungen (Verhalten),
Drüsenaktivitäten usw. Die Wirksamkeit dieser Verbindungen und damit auch eines
Gefühls (Motivation) wird durch die ankonditionierte Vermehrung der
Porenproteine erhöht (vgl. oben und Kapitel 2?). Auf die gleiche Weise wird
auch die Erzeugung von Gefühlen durch Reize bestimmt und verändert (vgl.
Intuition). Auch die Zahl und die Lage von Axonen, Dendriten und Nervenzellen
werden durch Lernprozesse verändert. Je jünger ein Organismus ist, desto größer
sind im Durchschnitt derartige Veränderungsmöglichkeiten. So können z. B.
Kleinkinder wieder sprechen lernen, wenn ihr Sprachzentrum ausgefallen ist. Bei
Erwachsenen gelingt dies meistens nur eingeschränkt und sehr mühselig.
Der chemische Informationstransport hat den Nachteil, dass der
Informationsfluss verlangsamt wird, er hat jedoch den Vorteil, dass gerichtete,
geordnete Informationsübertragungen, -verarbeitungen und -auswahlen möglich
werden. Das liegt u. a. daran, dass Synapsen den Informationsfluss nur in eine
Richtung zulassen (siehe oben). Dies trägt zu gezielten Steuerungen des ganzen
Organismus bei.
Solche Steuerungen werden auch erreicht, indem die meisten Nervenzellen Signale
von vielen Synapsen empfangen und an viele Nervenzellen senden. Diese Signale
werden unterschiedlich gewichtet und bewertet. Sie können z. B. durch Addition
stärker werden oder sich gegenseitig schwächen. (In beiden Fällen spricht
man von Summation, bei Abschwächungen wird mit Minuszeichen addiert.) Dadurch
kommt es zu Verrechnungen. Diese sind eine wichtige Grundlage aller emotionalen
und rationalen Leistungen (genaueres s. u. [z. B. unter „Intuition“]).
An einer Nervenzelle können Tausende von Synapsen liegen, die von
verschiedensten Hirnzellen aus verschiedenen Hirnregionen aktiviert werden
können. Alle können entweder hemmende (=inhibitorische) oder aktivierende,
erregende (=exzitatorische) Signale senden. Exzitatorisch bedeutet, dass
die Aktivität (Feuern) von Synapsen dazu beiträgt, dass die Empfängerzelle
ebenfalls aktiv wird. Die Aktivität dieser (Rezeptorzelle) besteht zunächst in
der Bildung von elektrischen Potenzialen an ihrer Membran (Membranpotentiale).
Diese Potentiale wandern über die Membran. Dabei schwächen sie sich ab. Wenn
„exzitatorische“ Membranpotentiale mit genügender Stärke bis zum Axonhügel der
Empfängerzelle gelangen, lösen sie dort die Bildung von Aktionspotentialen aus.
Der Axonhügel ist die Stelle am Zellkörper, an dem das Axon entspringt und der
übliche Bildungsort für Aktionspotentiale.
Die Signale von den Synapsen kann die Empfängerzelle verrechnen (addieren).
Diese Verrechnungen entscheiden wesentlich darüber, ob die Empfängerzelle
Aktionspotentiale bildet oder nicht. Bei der Addition entsprechen
exzitatorische Signale positiven Zahlen, inhibitorische Signale entsprechen
negativen Zahlen. Inhibitorische Synapsen wirken also im Sinne der
Unterdrückung von Aktionspotentialen, exzitatorische im Sinne der Bildung. Die
Aktionspotentiale wiederum können zur Bildung und Steuerung von Gefühlen,
Denkprozessen, Aufmerksamkeit usw. beitragen.
Wenn mehrere exzitatorische Synapsen
gleichzeitig feuern, wird die Bildung eines Aktionspotentials am Axonhügel der
Rezeptorzelle wahrscheinlicher. Man spricht bei dieser Erscheinung von räumlicher
Summation. Wenn eine Synapse mehrere Male in kurzen Abstände hintereinander
feuert, wird die Bildung von Aktionspotentialen ebenfalls wahrscheinlicher. Man
spricht dann von zeitlicher Summation. Die einfachste Form der
Verrechnung von Informationen ist die Nichtweitergabe. So werden z. B. fast
alle Informationen, die das Auge (Ohr, Nase usw.) aufnimmt nicht bewusst. Von
denen, die bewusst werden, werden wiederum fast alle nicht gespeichert.
Diese Additionen sind auch die wahrscheinlich wichtigste Grundlage aller
intuitiven (aber auch rationalen) Entscheidungen, wie z. B. die Entstehung von Sympathie
und Antipathie. Dabei entsprechen möglicherweise tatsächlich unangenehme
Gefühle einer Hemmung und angenehme einer Aktivierung. Die Zuordnung kann auch
umgekehrt sein. Bei der ersten Wahrnehmung eines menschlichen Gesichtes werden
hauptsächlich u. a. vom limbischen System, dem Gefühlsmanagementbereich des
Gehirns, alle angenehmen und unangenehmen Gefühle, die im Zusammenhang mit
ähnlichen Gesichtern erlebt worden waren, aktiviert. Entsprechend der Qualität
und Intensität der Gefühle werden nun elektrische Signale über Axone zu
Synapsen in bestimmte Bereiche - wahrscheinlich ebenfalls (u. a.) im
limbischen System - geleitet. Diese verrechnen in Millisekunden die
unangenehmen (hemmenden) und angenehmen aktivierenden Signale zu einem
Mischgefühl, das Menschen Sympathie, Antipathie oder allgemein intuitives
Gefühl (Ablehnung, Appetenz) nennen (vgl. oben). Ein solches Gefühl (intuitive
Bewertung) kann von jedem Reiz (Tier, Auto, Haus usw.) erzeugt werden. Es ist
sehr wichtig, sich klar zu machen, dass intuitive Entscheidungen und
Bewertungen meistens als emotional bezeichnet werden, obwohl sie es nicht sind.
Der Rechenvorgang ist ein rein mathematischer (aber keineswegs immer
fehlerfreier Prozess). Emotional ist (oder erscheint) das Ergebnis, nicht der
Entscheidungsprozess.
Diese Verrechnungen laufen, wie alle psychischen Prozesse, nur dann optimal ab,
wenn zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort (z. B. einer bestimmten
Hirnregion) die richtigen Neurotransmitterkonzentrationen vorliegen, und dieser
Ort die richtige Struktur aufweist. Die richtige Struktur entsteht, wenn die
ursprüngliche Erbinformation (Wildtyp) vorliegt, viele angenehme und
konstruktive Erfahrungen, besonders in der Kindheit, gemacht wurden und keine
traumatischen Erlebnisse, Hirnverletzungen oder Vergiftungen usw. stattfanden.
Aus diesen Gründen kann die Lernfähigkeit der Menschen in allen Lernbereichen
sehr unterschiedlich sein.
Die
Neurochemie des Lernens
Biochemische
Erklärung des Konditionierungslernens
Beim Konditionierungslernen entstehen oder vergehen Motivationen und
Aversionen, indem man ein Verhalten mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen
verbindet. Im Gehirn muss also die Wirkung eines Reizes und/oder Gefühls
stärker oder schwächer werden. Dies geschieht hauptsächlich durch die
Veränderung der Wirksamkeit von Synapsen. Eine Möglichkeit ist die oben schon
angesprochene strukturelle Veränderung der Zahl und Lage der Zellen und
Synapsen und der Verknüpfungen mit anderen Zellen. Dies geschieht zum Beispiel
beim Embryo und beim Säugling, wenn Grundmuster (s. o.) angelegt
werden. Änderungen der Verdrahtungen von Hirnzellen finden auch bei allen
Lernvorgängen oder durch Drogen, Medikamente und Schadstoffe statt.
Wachstumsprozesse, bei denen Neuronen (Hirnzellen) neue Fortsätze zur
gegenseitigen Vernetzung bilden, treten beim Menschen bis zum ca. 75.
Lebensjahr auf. Auch bei alten Menschen lohnt sich also nicht nur körperliches,
sondern auch geistiges Training. Dadurch werden nicht nur neue Strukturen geschaffen,
sondern auch vorhandene (einschließlich der zugehörigen Fähigkeiten) erhalten.
Dies alles gilt für intellektuelle und emotionale Leistungen!
Körperliches Training führt, ebenfalls bis etwa zum 75. Lebensjahr, nicht nur
zur Vergrößerung und besseren Durchblutung von Muskeln, sondern auch des
Gehirns einschließlich aller emotionalen Zentren.
Beim Konditionierungslernen hat noch eine andere Veränderung an Synapsen
besondere Bedeutung. Durch das Konditionieren kann die Zahl der Porenproteine
(s. o.) einer Empfängerzelle erhöht (Bahnung) oder erniedrigt werden. Dadurch
wird auch die Wirkung eines Neurotransmitters verändert. Wenn dieser
Informationen aus Hirnzentren übermittelt werden, können Motivationen verändert
werden. Menschen, die besonders während der Kindheit, viel Liebe, Wut,
Frustration, Trauer usw. erlebt (besser gelebt) haben werden in diesen
emotionalen Bereichen (ähnlich wie durch sportliches oder intellektuelles
Training bzgl. Beweglichkeit und Intelligenz) besonders leistungsfähig.
Auch am Imitationslernen sind Neurotransmitter, wie an allen komplexen
Hirnprozessen, beteiligt.
Die wichtigsten biochemischen Abläufe im Gehirn:
Auch für die Entstehung der Drogensucht spielt das Konditionierungslernen eine
erhebliche Rolle. Man kann die Entstehung der Sucht als eine Art Missbrauch des
operanten Konditionierens bezeichnen.
Medikamente, Drogen, Umweltgifte und Naturstoffe können zum Beispiel Enzyme,
Neurotransmitter und Porenproteine blockieren oder aktivieren, oder die
Funktion von Neurotransmittern übernehmen. Viele natürliche Gifte von Pilzen,
Schlangen, Pflanzen usw. haben die Funktion, Fressfeinde, Beute oder
Konkurrenten auf diese Weise zu bekämpfen, zu töten oder zu betäuben. Einige
davon wirken, meistens eher zufällig, auch beim Menschen.
Viele Drogen wirken wie Neurotransmitter. Morphium wirkt zum Beispiel wie
End(om)orphine, die sogar nach dieser Droge benannt wurden.
Weil viele Drogen, (auch Gifte und Medikamente) Neurotransmittern nur ähnlich
sind, nicht die gleiche Wirkungsintensität aufweisen, im Körper chemisch
verändert werden, nicht bestimmten Hirnbereichen gezielt und spezifisch
zugeordnet werden und in unphysiologischen (≈unnatürlichen)
Konzentrationen vorliegen können, können sie Störungen, Krankheiten und
Gefühlskombinationen und –intensitäten erzeugen, die bei der natürlichen
Erzeugung von Gefühlen durch äußere Reize nicht auftreten. (Ähnliche Effekte
lassen sich natürlich auch erzielen, wenn man -z. B. durch Gifte- Enzyme
beeinflusst, die für Bildung und Abbau von Neurotransmittern sorgen.) Wenn
diese Drogen (Transmitteranaloga usw.) längerfristig in zu hohen
Konzentrationen eingenommen werden, können sie die Motivationen so verändern,
dass auf den Konsum der Droge nicht mehr verzichtet werden kann (Sucht). Oft
verändern Drogen, Medikamente und Umweltgifte, besonders wenn sie in hohen
Konzentrationen und langfristig aufgenommen werden, die Psyche grundlegend. Die
Folge sind selten Heilungen, häufig Beruhigungen (chemische Zwangsjacke) und
psychische Störungen, wie Angstzustände, Wahnvorstellungen usw. Dies macht die,
bei vielen bequemlichen Ärzten beliebte, Übermedikation von psychisch Kranken
z. B. in Kliniken besonders fragwürdig.
Die Erzeugung, Regulation und Koordination aller Gefühle und Neurotransmitter
wird durch ein komplexes Wechselspiel von Enzymen, Neurotransmittern, Hormonen
usw. und die sukzessive (≈schrittweise) Aktivierung von Genen auf eine
noch nicht besonders gut verstandene und deshalb sehr studierenswerte Weise
gesteuert. Hypophysenhormone, Sexualhormone, Wachstumshormone usw.
spielen eine Rolle. Vgl. die Diskussion der Bedeutung von Neurotransmittern in
der Sexualität im Kapitel 4 Sexualität.).
Intuition und Verstand
Intuitive Entscheidungen werden von den meisten Menschen als emotionale
Entscheidungen („aus dem Bauch raus“) bezeichnet und oft besonders positiv
bewertet, weil dadurch Wünsche nach Bequemlichkeit, Mystik, Scheinhumanität
usw. und antitechnische Antriebe befriedigt werden. Gleichzeitig werden
(anstrengende) rationale Entscheidungen im persönlichen Bereich häufig
abgelehnt. Personen (z. B. Intellektuelle), die überwiegend rational
entscheiden, werden manchmal abwertend als verkopft bezeichnet. Der intuitive
Entscheidungsprozess ist aber ein mathematisches Abwägen (Addition) von Vor-
und Nachteilen, bei dem Emotionen zwar natürlich beteiligt sind, für die
Entscheidung jedoch ohne Bedeutung sind. Die Addition führt mit und ohne
Gefühle zum gleichen Ergebnis. Die meisten Gefühle werden bei intuitiven
Entscheidungen zudem tatsächlich nicht bewusst erlebt. So genannte emotionale
Entscheidungen sind daher rationalen Entscheidungen prinzipiell äquivalent
(=gleichwertig), bei ersteren besteht jedoch keine Möglichkeit der direkten
bewussten Fehlerkontrolle. Intuitionisten irren sich deshalb im Schnitt bei ihren
Entscheidungen häufiger als Rationalisten. Alle Menschen, die glauben, rein
rational oder rein emotional zu entscheiden, führen jedoch in Wirklichkeit immer
Mischungen dieser beiden Entscheidungsmechanismen durch. Bei Intuitionisten
überwiegen „emotionale“, bei Rationalisten rationale Anteile. Intuitionisten
können und wollen die Vor- und Nachteile der beiden Entscheidungsstrategien und
der gesamten Konditionierungsproblematik nicht kritisch hinterfragen. Diese
„verkopfte“ Analyse ist ja genau das, was sie ablehnen. Dummheit, Vorurteile,
Aberglaube, Mystomanie usw. sind die Ursachen und Kennzeichen dieser
antihedonischen Krankheit. Noch stärker antihedonisch wirkt der meistens
unumstößliche Irrglaube an die Unfehlbarkeit dieser Intuition. Die hohe Irrtumswahrscheinlichkeit
der Ähnlichkeitsintuition ist im Kapitel X und oben erläutert. Zwei Menschen
haben z. B. sehr selten den gleichen Charakter, nur weil (wenn) sie sich
äußerlich ähnlich sehen. Andere Intuitionen wie z. B. die Deutung von mimischen
Ausdrücken (Trauer, Scham, Wut usw.) irren übrigens tatsächlich im Durchschnitt
seltener. Wissenschaftliche Untersuchungen haben darüber hinaus bewiesen, dass
rationale Entscheidungen keineswegs immer intuitiven überlegen sind.
Rationale
Selbststeuerung, Vernunft, Einsicht, Ich-Steuerung
Die
ökonomischste pädagogische Maßnahme ist die Förderung von Einsicht. Ein
Schüler, der den Unterschied zwischen einem Leben mit und ohne Abitur wirklich
verstanden hat, wird, wenn keine anderen Aversionen ihn abhalten, mehr für
seine Ausbildung tun, als ein Schüler ohne diese Einsicht. Der ökonomische und
hedonische Aufwand für Erzieher, der nötig ist, um diese Einsicht zu erzeugen,
ist erheblich geringer, als der Aufwand für jahrelanges Konditionieren (Loben,
Strafen, Nörgeln) usw.
(Noch schwerer fällt vielen „Erziehern“ das Vorleben konstruktiver
Verhaltensweisen zum Zwecke der Nachahmung.).
Die intrinsische (von innen kommende) Motivation, die durch positive oder
negative Verstärkung entsteht, kann und darf jedoch auf keinen Fall durch
Einsicht vollständig ersetzt werden. (Negative Verstärkung ist nicht eine Form
der Bestrafung. Sie ist eine Form des operanten Konditionierens, bei der die
Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens dadurch erhöht wird, dass dem
Lernenden ein unangenehmer Reiz entzogen wird.)
Wer
aus Einsicht handelt, muss dabei keineswegs angenehme Gefühl empfinden.
Häufig erlebt er dabei leider sogar unangenehme Gefühle. Deshalb ist die
Kopplung systemerhaltenden Verhaltens mit angenehmen Gefühlen eines der
obersten und wichtigsten Ziele einer rationalen Ethik (=des konstruktiven
Hedonismus [s. u.].
Menschen, z. B. Eltern und Lehrer, haben mit vernünftigen
Überzeugungsversuchen oft wenig Erfolg, weil viele diese als gebetsmühlenartige
Nörgelwiederholungen durchführen. Einsichtiges Verhalten kann, wie fast alles
menschliche Verhalten, nicht ohne (angenehme) Gefühle (Motivationen) entstehen.
Die unangenehmen Gefühle, die mit dem Nörgeln verbunden sind, können
einsichtiges Verhalten sogar verhindern. Nörgelnde Eltern haben inhaltlich
meistens Recht, machen aber formale (pädagogische, taktische, diplomatische)
Fehler. Eine der wichtigsten Ursachen dafür, dass Jugendliche vernünftige
Ratschläge nicht annehmen, liegt im häufig zwanghaften Charakter dieser Ratschläge.
Die in der westlichen Welt allgemein übliche liberomane Erziehung führt dazu,
dass selbst konstruktive Zwänge emotional unangenehm empfunden und
abgelehnt werden. Zu diesem Umstand (Antibelehrungsneurose) tragen auch alle
Erziehungsfehler aller Erzieher (vor allem der Lehrer) bei. Da das Lernen oft
mit Frustrationen kombiniert wird, erleben fast alle Menschen Aversionen, wenn
man sie belehrt. Wenn Zwänge durch Vorschläge ersetzt und durch konstruktives
Konditionieren mit angenehmen Gefühlen gewürzt werden, wird sich der gewünschte
erzieherische Erfolg vervielfachen.
Psychologische
Wissensdefizite
Alle
Frustrationen können die grundsätzliche Fähigkeit, unangenehme Gefühle zu
empfinden verstärken und die Empfindungsfähigkeit für angenehme Gefühle verschlechtern.
Je stärker und häufiger die Frustrationen erlebt werden, desto stärker wirken
sie. Dies vermindert(e) die Fortpflanzungschancen der Betroffenen. Die Natur
(Selektion) erfand daher Mechanismen, um dieses Problem zu vermindern. Die
wichtigsten sind Apathie (≈Motivationslosigkeit), Verdrängung und
Tabuierung. Diese Erscheinungen werden von vielen Menschen, z. B. vielen
Psychotherapeuten entweder für schädliche Störungen oder für akzeptable
gottgewollte Notwendigkeiten gehalten. Beides ist falsch. Sie sind
arterhaltende Schutzmechanismen, die, besonders unter den heutigen
gesellschaftlichen Bedingungen, manchmal fehlerhaft arbeiten und Schaden
anrichten, aber auch konstruktiv wirken können. Dies wird im Folgenden
erläutert.
Das Erinnern traumatischer Reize genügt oft, um die mit ihnen verbundenen
unangenehmen Gefühlen wieder zu erleben und die erneute Erinnerung zu
erleichtern. Dies verstärkt die negativen Folgen aller Frustrationen. Alle
unangenehmen Reize können darüber hinaus eine Unmenge von potentiell
destruktiven Motivationen und Verhaltensweisen hervorrufen. Sie können z. B.
apathisch (≈lustlos), aggressiv, sadistisch, autoaggressiv (≈selbstzerstörerisch)
usw. machen. Alle Formen von Dauerdepressionen erfüllen also häufig nicht ihre
biologische Funktion, Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Bei solchen (allen)
Formen rein destruktiven Leides ist Verdrängung und ihr Ersatz durch
Vernunft konstruktiv. Moderne Psychologen und Laien empfehlen oft die
Vermeidung der Verdrängung und das intensive Erleben (Auseinandersetzung) der
unangenehmen Gefühle, die psychische Störungen auslösen. Dies ist konstruktiv,
wenn es zur Lösung des Problems führt und nötig ist, sonst aber destruktiv.
Wenn z. B. ein Mensch immer wieder an den Partner erinnert wird, der ihn betrogen
und geschlagen hat, wird seine Frustration immer wieder geweckt. Sein Hass kann
neu erwachen. Seine Fähigkeit, einen neuen Partner zu lieben, blockiert
bleiben. Das gilt besonders, wenn, wie es häufig geschieht, die Ablehnung
generalisiert, also auf alle möglichen Partner übertragen, worden ist.
Verdrängen und Vergessen sind aber konstruktiv, wenn der Betroffene die
ursächlichen Probleme verstanden und aus Fehlern gelernt hat. Verdrängen und
Vergessen tragen z. B. dazu bei, dass Menschen wieder lieben und vertrauen
lernen. Menschen sind während einer Depression oder ganz normalen Traurigkeit
meistens lustlos und apathisch. Sie wollen allein sein. Dies hat
gute Gründe. Wer etwas Konstruktives tut, während er unangenehme Gefühle
empfindet, wird konditioniert. Es werden unangenehme Gefühle mit einem
Verhalten verbunden. Das Verhalten wird dadurch seltener. Anders ausgedrückt:
Die Motivation für konstruktive Handlungen, also die Lebensfreude des
Betroffenen, wird geringer. Konstruktive Handlungen sind - bzw. waren in der
Zeit, in der die zur Diskussion stehenden Mechanismen entstanden, - Jagd,
Brutpflege usw. Wenn also deprimierte Urmenschen jagten, tanzten, streichelten
usw., verloren sie einen Teil ihrer Freude an solchen konstruktiven Handlungen
und Reizen. Dies verringerte ihre generelle Lebensfreude und damit i. d. R.
auch ihren Fortpflanzungserfolg.
Es ist also sehr fragwürdig, dass viele Psychologen -wie zum Beispiel in dem
Lied „Nothing compares to you“ von Prince und Sinead O Connor- ihren Patienten zur
Bewältigung ihrer Depressionen Aktivitäten („You better try to have fun, no
matter what you do“) empfehlen. Die Fähigkeit zur Freude über jede Art von
„fun“ nimmt ab, je öfter diese Versuche, Spaß zu haben, mit unangenehmen
Gefühlen gekoppelt werden. Die konstruktivste Lösung des Depressionsproblems
ist die Beseitigung der Ursachen und, wenn dies nicht möglich ist, bei
leichteren Fällen intensive rationale Tätigkeit, zum Beispiel „Doppelkopf“
spielen. Bei schweren Fällen empfehlen sich kontrollierte Medikamenteneinnahmen.
Verdrängungen nehmen nicht nur Individuen vor, sondern auch Gruppen
verschiedenster Größen, z. B. ganze Nationen. Solche kollektiven Verdrängungen
zeigen beispielhaft, wie merkwürdig gegensätzlich Menschen mit Verdrängungen
umgehen. So haben das deutsche und das russische Volk mit manchmal grotesk
wirkendem Perfektionismus fast alle Erinnerungen (Denkmäler, Symbole usw.) an
Nationalsozialismus bzw. Kommunismus beseitigt. Amerikaner dagegen haben
manches Hotel bis heute nahezu in dem Zustand belassen, in dem sie es 1945 von
den Nazis übernommen haben. Sie hatten nicht weniger Grund den
Nationalsozialismus zu verachten, aber sie hatten keine Schuld- und
Minderwertigkeitsgefühle, die es zu verdrängen galt. Nationalsozialistische
Symbole und Vergleiche beendeten ihre „Karriere“ in Deutschland nach dem Krieg
keineswegs. Sie stiegen zu kriminellen Mitteln mit höchster Verletzungs- und
Beleidigungskraft auf. Das ist sicher sinnvoller als (wie üblich) Tiernamen
oder Begriffe aus der Sexualität zu wählen, wirkt aber für den Außenstehenden
kurios. Diese Übertreibungen haben jedoch durchaus ihre arterhaltenden
Funktionen: Sie bewirken, dass ideologische Fehler massiv korrigiert werden.
Deshalb wurde Deutschland auch nach dem Krieg mehr als jedes andere Land von
nationalsozialistischen Ideen befreit. Österreich, das sich selbst –nicht ganz
zu Recht- zum Opfer des Nationalsozialismus erklärte, hat (mit
erschreckender Haiderkeit) mehr vom weltweit verbreiteten Ekelbraun bewahrt als
sein deutscher Nachbar (s. o.). Dass solche Rosskuren
(Kriegsniederlagen) keine unbedingt notwendigen Lernhilfen bei der
Überwindung krankhafter Ideologien sind, zeigen beispielhaft die
Vernunft, die Gorbatschow bei der Befreiung vom Kommunismus an den Tag legte
und der Umgang der skandinavischen Länder mit Rassismus, Alkoholismus,
Kriminalität usw. So wie jahrelanges quälendes Nörgeln (statt Kindererziehung)
manchmal schlechter ist als eine einmalige deutliche (nicht brutale)
Bestrafung, kann auch eine gewaltsame Revolution manchmal konstruktiver sein
als die Qualen jahrhundertelanger Ausbeutung.
Man sieht, dass kollektive wie individuelle Verdrängungen ursprüngliche
arterhaltende Funktionen haben. Deshalb haben auch fast alle Menschen
angeborene Anlagen für Verdrängungen.
Die konstruktiven Funktionen der Verdrängung und der Lustlosigkeit bei
Depressionen sind vielen Psychotherapeuten nicht bekannt. Dies gilt besonders,
wenn und weil den meisten biologische und ethologische (Ethologie =
Verhaltenslehre) Kenntnisse fehlen. Das menschliche Verhalten jedoch ist nur
aus seiner historischen und verhaltensbiologischen Entstehung heraus zu
verstehen. (Es gibt keinen Prozess der Gegenwart, der ohne seine Vorgeschichte
verständlich ist.)
Manchen Psychologen fehlen leider jedoch naturwissenschaftliche Kenntnisse
aller Art, da solche Kenntnisse im Studium an den meisten Universitäten nur
teilweise gefördert und gefordert werden, bzw. wurden, ihre Bedeutung als Basis
der Psychologie wenig bekannt ist, und manchmal dieses Studium, wie viele andere,
gewählt wird, um anstrengende, anspruchsvolle, frustrierende
naturwissenschaftliche Studien zu umgehen. In den letzten Jahrzehnten hat
erfreulicherweise in Deutschland die Mathematik (Stochastik, Statistik) und
Medizin einen gewissen Platz in der Psychologie erhalten. Die ebenso wichtige
Biologie wird weiterhin vielfach weitgehend ignoriert. Dies hat kuriose
Gedankengebäude zur Folge, die viele Begriffe wie Rangordnungsverhalten,
Herdentrieb usw. aus der Biologie durch Kulturbegriffe realitätsverfälschend
ersetzten. Schon das Wort „Trieb“ ist nicht erwünscht und wird durch
„Motivation“ ersetzt. Der Hauptgrund für die Bildung solcher Begriffsysteme,
die helfen, die wahren Sachverhalte und Zusammenhänge zu verschleiern, ist
Arroganz. Die Psychologie ist aus einer religiös bestimmten, teilweise
arroganten Philosophie entstanden, die den Menschen irrtümlich für etwas
Gottgeschaffenes, Besonderes, Gottgleiches hielt und hält. Diese Traditionen
haben sogar viele atheistische (≈ungläubige) Psychologen unbewusst
verinnerlicht (=internalisiert) und bis heute nicht überwunden. Wenn man
bedenkt, wie viel achtenswerter viele Tiere im Vergleich zu vielen Menschen, z.
B. bzgl. ihres Altruismus, ihrer Aggressionskontrolle und ihres natürlichen
Umgangs mit Sexualität sind, wird die Perversion dieser Arroganz deutlich.
In der Persönlichkeitspsychologie haben Menschen viele Konzepte zu den
Grundmotivationen des Menschen entwickelt. Diese Konzepte berücksichtigen fast
alle die ethologische menschliche Vorgeschichte, also vor allem die
Tierpsychologie, nicht oder zu wenig. Deshalb verfälschen sie alle die Realität
und führen zu teilweise antihedonischen Verhaltensvorschriften (= Normen,
Sitten, Gesetzen usw.).
Verhaltenstherapie
Eine der erfolgreichsten Psychotherapien, die Verhaltenstherapie, arbeitet mit
Konditionierungen. Wenn z. B. ein Verhalten oder Reiz zu Unrecht oder
unerwünschtermaßen unangenehme Gefühle, wie zum Beispiel Angst, Ekel usw.
erzeugt, wird dieses angstbesetzte Verhalten (Reiz) mit einem angenehmen Reiz verknüpft.
Dieser Vorgang heißt Gegenkonditionierung. Beispiel: Ein
Mensch, der Angst vor kleinen Räumen hat, wird gelobt, beschenkt, gestreichelt
usw., wenn er sich einem Aufzug nähert oder hineingeht.
Solche Maßnahmen führen in der Regel dazu, dass das angstbesetzte Verhalten
häufiger wird, weil die unangenehmen Gefühle (Motivationen) durch angenehme
Gefühle (Gegenmotivationen) überdeckt bzw. in ihrer Wirkung unterdrückt werden.
Solche Vorgänge finden bei jeder erfolgreichen Psychotherapie statt, auch bei
Therapeuten, die die Verhaltenstherapie ablehnen. Sie sind neben den
therapeutenunabhängigen Selbstheilungskräften der Psyche die wichtigste Ursache
für psychotherapeutische Heilungserfolge.
Zur Verhaltenstherapie gehört noch ein weiteres Verfahren, das die Bezeichnung
„ systematische Desensibilisierung“ erhalten hat. Durch dieses Verfahren
wird eine allmähliche Konfrontation des Kranken (Klienten) mit den
angstbesetzten Reizen oder Verhaltensweisen erreicht. Wenn z. B. jemand Angst
vor Spinnen hat, so wird der Therapeut zunächst eine entspannte Atmosphäre
schaffen, dann nur über Spinnen sprechen, dann Fotos zeigen, dann reale Spinnen
in Terrarien vorführen, dann selbst Spinnen auf die Hand legen und schließlich
den Klienten Spinnen berühren lassen.
Pädagogik
Der pädagogische Fortschritt
In modernen Zeiten ist man von Prügelstrafen und anderen „sportlichen
Aktivitäten“ in Industrieländern bekanntlich immer mehr abgekommen. Unsere
Formulierung verrät bereits, dass es nicht nur um Schonung der Kinder und
anderer Prügelknaben geht, sondern auch um Anstrengungsvermeidung seitens der
Prügler. Man entdeckte sogar eine hocheffiziente Ökonomisierungsmöglichkeit,
die in der berühmten Weisheit gipfelte: Warum mein Kind durch anstrengendes
regelmäßiges Prügeln zu einem aggressiven oder apathischen Halbverrückten
machen, wenn ich durch freundliches Gewähren aller Wünsche einen noch
verrückteren ewig unzufriedenen Amokläufer, oder einen, Nörgelkönig, oder eine
Zickenprinzessin aus ihm machen kann.
Zu diesem Thema folgende kleine wahre Geschichte: Eine junge Frau ist mit ihrem
vierjährigen Sohn zu Besuch bei ihrem Freund. Frühstück ist angesagt. Unser
Söhnchen blicket stumm auf dem ganzen Tisch herum. „Hast du
Stachelbeermarmelade?“ „Nein, tut mir leid, nur Erdbeer-, Himbeer- und
Brombeer-.“ Der Junge, jetzt lauter: „Ich will aber Stachelbeer-!!“ Die
Mutter liebevoll besorgt wie immer: „Was machen wir nur, wir müssen welche
kaufen.“ Der Freund: „Etwas schwierig, es ist Sonntag und das nächste Geschäft
5 km entfernt.“ Jetzt der Junge schreiend: „Ich will aber
Stachelbeermarmelade!!!“ Die Mutter: „Es tut mir leid, aber wir können jetzt
keine beschaffen.“ Der Junge wälzt sich inzwischen am Boden und schreit in 30facher
Wiederholung seinen Satz heraus, so dass die Nachbarin irrtümlich, aber mit
Recht, Angst und Bedenken bzgl. der mütterlichen Erziehungsmethoden
bekommt.
Wie hat die Mutter einen derart „patenten“ Kandidaten für Langstreckenamokläufe
herangezüchtet. Als erstes wandte sie die Gröhlemeyersche „Kinder an die Macht-
Devise“ an.
Eine Unterströmung der modernen Pädagogik lehrte gerade unterstützt von einer
ziemlich kritischen Kritischen Theorie diverser Frankfurter Schuler, dass
Kinder ein Recht auf das Ausleben ihrer Aggressionen und Freiheit jeder Art
hätten. Diese Unterströmung wurde weniger von Wissenschaftlern als von
Halblaien geschaffen. Besonders stark mischten aber nicht Halblaien, sondern
die gerade angesprochenen fünf frankfurter Halbweisen aus dem freudianisch
marxistisch paradiesischen Abendlande mit. Diese Halbweisen, Horkheimer,
Adorno, Marcuse, Habermas und Fromm hatten die Freiheit so groß auf die Fahnen
der Erziehungswissenschaften geschrieben, dass viele liberomane Pädagogen mit
ihnen und ihren (Frankfurter) Schülern oder Kindern unter- oder in
unparadiesische freudianische Therapie gingen.
Die Erkenntnisprinzipien waren nicht die sinnliche Wahrnehmung und das
Experiment, sondern man verabsolutierte wie üblich die Schlagworte der Revolutionen:
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Natürlich mischte man einige neue
Abwehrmechanismen, ein bisschen Es, Über Ich und allerlei Unbewusstes dazu,
doch empirisch wissenschaftliche Pädagogik tauchte kaum auf. Dass man beim
Ausleben der Aggressionen aggressives Verhalten lernen könnte, lehrte diese
Strömung z. B. weniger.
Außerdem war die Mutter natürlich auch voller Liebe zu ihrem Kind und hatte ihm
stets jeden Wunsch erfüllt, wenn sie es nur irgend konnte. Manchmal konnte
und/oder wollte sie allerdings nicht, zumindest nicht sofort, alle Wünsche
erfüllen. Je länger der Sohn jedoch quengelte oder bei besonderer
Unnachgiebigkeit der Mutter amokwürdig schrie, desto eher gab sie auch bei
berechtigten Einwänden nach. So trainierte sie ihrem Kind nicht nur aggressive
Terrorfähigkeiten, sondern auch das zugehörige Durchhaltevermögen an. Sie
ersparte ihrem Kind, wo immer sie konnte, Frustrationen. Das lag unter anderem
daran, dass ihre eigenen Eltern ihr viele Frustrationen „gegönnt“ hatten. Sie
handelte wie schon Milliarden Halbgebildeter vor ihr, sie schüttete die
Vernunft mit dem Bade aus und übertrieb das Gegenteil der gehassten
Erziehungsstrategien ihrer Eltern. Dass die Erziehung von „non frustration
children“ bereits von Wissenschaftlern ausprobiert worden war, wusste sie
nicht. Auch die Erfolge dieser Erziehung, häufig extrem aggressive Jugendliche
bzw. Erwachsene, kannte sie natürlich nicht. Vor solch „üblem“ Wissen schützen
die Kultusminister fast aller Länder ihre Schäfchen mit akribischem „Wohlwollen“,
aber nicht ohne sich über die Zunahme von Gewalt (an Schulen) zu wundern.
Natürlich würden die Kultusminister gerne helfen, doch müssten sie dann an den
„wirklich wichtigen“ altbewährten Fächern, Latein, Religion, Deutsch,
Französisch, Englisch, Mathematik kürzen. Das hatten viele der bekanntlich
besonders „dummen“ unmündigen deutschen Schüler Ende des vergangenen
Jahrhunderts dank der Wahlmöglichkeiten in der Oberstufe schon getan. Um sie
von diesen "üblen Irrwegen“ abzubringen und das alte geisteswissenschaftliche
Erbe zu retten, hat man die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik hier und da
wieder zu Pflichtfächern gemacht. Shakespeare, Goethe und Gauß würden sich, ob
dieses „Fortschritts“, wahrscheinlich im Grabe umdrehen,
ETHIK
Nachdem
wir nun einige Gedanken zum Verständnis dieser Welt zusammengetragen haben,
wollen wir uns noch etwas genauer mit der Frage beschäftigen, wozu das alles
gut sein soll und kann. Die Wissenschaft, die sich mit diesen Fragen
beschäftigt, ist die Ethik, ein Teilgebiet der Philosophie. Ihr größtes Problem
ist die Bestimmung ihrer Ziele, aber auch bei der Auswahl und Festlegung der
Regeln (Logik, Widerspruchsfreiheit, Beweisbarkeit usw.) haben Menschen das
übliche kunterbunte hyperfreiheitlich demokratische Halbchaos gewählt.
Traditionell wird die Ethik als die Lehre von Sitten und Bräuchen, also
Verhaltensvorschriften definiert. Wir können sie ebenso gut als die Lehre von
der menschlichen Selbststeuerung bezeichnen. Es geht also ganz wesentlich um
die allgemeinen Ziele der menschlichen Selbststeuerung. Vereinfacht gesagt geht
es um die Definition des Begriffes „Lebensqualität“. Bevor wir uns dieser
Aufgabe widmen, formulieren wir den wichtigsten Gedanken dieses Kapitels: Die
wichtigste Aufgabe für jeden Menschen ist die Aufnahme, das Verständnis, die
Weitergabe und das Speichern möglichst vieler Informationen, die für die
Lebensqualität aller emotionsfähigen Lebewesen Bedeutung haben. Warum ist
dies so wichtig?
Erstens wird durch solche Bewusstseinsänderungen eine relativ weiche,
unblutige, angenehme, konstruktive Veränderung der Kultur möglich.
Zweitens ist konstruktive Informationsaufnahme in der heutigen Gesellschaft
besonders wichtig, weil die komplexesten Lebensbedingungen aller Zeiten
vorliegen, weil sich diese Lebensbedingungen schneller denn je verändern und
weil die Informationsverbreitung unzureichend erfolgt, da die
Bildungspolitik und Ausbildungsinstitutionen vielfach versagen.
Bezüglich der Bestimmung dieser Ziele haben auf der ganzen Erde Religionen
besondere Vorrechte. Diese Vorrechte beruhen nicht auf besonderer
wissenschaftlicher Qualifikation, sondern u. a. auf Glauben, Zwang, Gehorsam
und alten Traditionen. Deshalb empfiehlt es sich, alle vorhandenen ethischen
Vorschläge daraufhin zu überprüfen, ob sie wirklich der menschlichen
Lebensqualität dienen. Natürlich sollte man sich auch mit den zahllosen
Definitionsvorschlägen für Lebensqualität intensiv auseinandersetzen. In der
Philosophie findet sich eine Reihe von destruktiven und konstruktiven ethischen
Vorschlägen, die nicht immer mit religiösen Vorschriften übereinstimmen. Wie
wir unten noch genauer aufzeigen werden, steht -sowohl was die Ursprünge als
auch was die Ziele anbelangt- bei tierischen und menschlichen Selbststeuerungen
die Emotion im Mittelpunkt. Kurz gesagt: Das A&O jeder! Ethik (der
Welt?!) sind die Gefühle.
Die Gefühle
Wegen der fundamentalen Bedeutung der Gefühle haben wir eine Liste mit den
grundlegenden biologischen angeborenen Antrieben (Motivationen, Gefühlen) und
deren biologischen Funktionen erstellt (siehe Kap. X). An dieser Stelle wollen
wir dennoch kurz noch einmal eine nicht ganz vollständige Auswahl
stichwortartig vorstellen.
Nahrungstrieb (Geschmack, Hunger, Appetit), Spielverhalten, Neugier, Liebe,
Aggression, Flucht, Lachen, Lächeln, Körperpflege, Rangordnungsverhalten,
Sexualität, Jagd, Altruismus, Ökonomie, Sprache, Musik, Hall, Echo usw.
Ursprünge der Ethik
Um die Gegenwartsethik zu verstehen, müssen wir natürlich auch wieder ihre
Entstehung betrachten. Manche Forscher bezeichnen die religiösen
Verhaltensvorschriften als die erweiterten, aufgeschriebenen (vor)menschlichen
moralischen Erfahrungen der letzten Jahrmillionen. Wir werden zeigen, dass die
menschliche Ethik tatsächlich aus tierischen Vorformen entstanden ist. Es gilt
also eine Beziehung zwischen Ethologie (=Tierpsychologie) und Ethik
aufzudecken, die die Ursprünge der Ethik beleuchtet:
Verhaltensforscher nennen die Vorformen der Ethik bei Tieren
"moralanaloges Verhalten". Bei allen Säugetieren, die in Gruppen leben,
finden sich Regeln, Motivationen und Signale, die das Sozialverhalten ähnlich
(in der Regel aber primitiver) steuern, wie menschliche Normen das menschliche
Sozialverhalten.
Man hat z. B. beobachtet, dass das große Gezeter, welches manchmal bei Schimpansen
beobachtet wird, in der Regel nicht ein chaotisches Durcheinander ist.
Egoistische Schimpansen, die ihr Futter nicht entsprechend der (vor?)ethischen
Regeln mit anderen geteilt hatten, wurden beispielsweise in einem Fall von
ihren Artgenossen bestraft. Mit ihnen wurde am nächsten Tag ebenfalls das
Futter nicht geteilt, was zu lautstarken Auseinandersetzungen führte, die naive
menschliche Betrachter für dümmliches Affengezänk halten.
Wie oben angesprochen gehen fast alle tierischen und menschlichen
Selbststeuerungen ausschließlich von den oben genannten Gefühlen aus. Gefühle
sind also fast immer die Ursache (Motive) für jegliches Verhalten. Die meisten
dieser Gefühle hängen eng mit angeborenen Verhaltensweisen (Trieben,
Automatismen, Reflexen) zusammen. Dies gilt auch für Gefühle wie Ehre, Neid,
Leidenschaft, Hass, Liebe, Freude, Jubel, Ausgelassenheit, Herzlichkeit usw.
Alle diese Gefühle lassen sich als Mischungen der in unserer Liste (s. o.)
aufgeführten Gefühle auffassen. Diese Mischungen entstehen hauptsächlich bei
der Wahrnehmung oder Erinnerung komplexer Reizmuster, werden aber auch durch
Lernprozesse, insbesondere durch operantes Konditionieren (s. o.) erheblich
verursacht und beeinflusst. Dadurch haben sie gegenüber den mit Trieben
gekoppelten Gefühlen eine gewisse Eigenständigkeit. Das Gefühl „Liebe“ kann z.
B. aus einzelnen Gefühlskomponenten wie Altruismus, Sexualität,
Brutpflegeverhalten, Rangordnungsverhalten, Neugier, Spielverhalten, Bewegung
usw. zusammengesetzt sein. Es entsteht z. B. bei der Wahrnehmung eines
Partners, einschließlich seiner Sprache, Gerüche, Berührungen usw.
Liebesgefühle können aber durch Konditionierungslernen mit nahezu beliebigen
Reizmustern verknüpft werden. Dadurch wird es möglich, dass manche Männer ihr
Auto mehr lieben als Ihre Frau. Bei der Bildung von Gefühlen gegenüber Reizen,
die sich nur in der modernen Kultur finden, werden biologisch ursprüngliche
Gefühle und eher erworbene Gefühle auf bisher unverstandene Weise kombiniert.
Dabei entstehen die verschiedenen Gefühle sogar zum Teil in verschiedenen
Hirnbereichen.
Machen wir uns die Bedeutung der Emotionalität für die menschliche
Selbststeuerung an Beispielen klar.
Der zentrale Bereich der menschlichen Ethik ist die Regelung des Umgangs der
Menschen miteinander. Dafür hat z. B. das Rangordnungsverhalten ganz besondere
Bedeutung. Es liefert nicht nur eines der stärksten Motive für jeglichen
Fortschritt, es liefert auch wesentliche Grundlagen für die Fähigkeit zu
Gehorsam, Pflichtgefühl, Gewissen, Selbstbeherrschung sowie Ehrgeiz und
Dominanz.
Ein anderes ethisch besonders bedeutsames Gefühl ist die Liebe, insbesondere
altruistisches Empfinden und –Verhalten. Es liefert die Motive für gegenseitige
Hilfe (symbiotische Kooperation, soziales Verhalten). Für Letzteres spielen
beim Menschen auch angenehme Gefühle bei sprachlicher Kommunikation eine Rolle.
Diese Rolle übernehmen im Tierreich eher Gefühle, die bei wechselseitiger
Körperpflege (Fellreinigung) entstehen.
Selbst für die vielfältigen scheinbar so typisch menschlichen
Höflichkeitsrituale finden sich bei Menschenaffen zahlreiche Vorformen. Es gibt
zahlreiche mimische und gestische Signale, die das soziale Verhalten
regulieren.
Schon bei Menschenaffen werden alle Gefühle teilweise durch Verstand gesteuert
und durch Lernen beeinflusst. Außerdem werden alle Selbststeuerungsmaßnahmen
ständig bei der realen Anwendung auf Tauglichkeit überprüft. Es findet also
eine Auslese statt (Beispiele unten). Diese bezieht sich bei Menschenaffen
sowohl auf genetische als auch auf erworbene Programme zur Selbststeuerung.
Beim Menschen ist diese Auslese wegen der extremen Freiheitsverherrlichung
weniger wirksam und sie wirkt sich auch überwiegend nur noch auf erworbene
Verhaltensprogramme aus. Überwiegend erworbene ethische Verhaltensprogramme
sind z. B. Benimm-Regeln, (Sexual)tabus, Neurosen usw. Programme, die stark auf
angeborenen Anlagen beruhen, sind alle in unserer Übersichtsliste (Kap. X und
s. o.) genannten Gefühle. Beispiele sind Wutausbrüche, wenn Mitmenschen oder
–tiere gegen vorgeschriebene Normen verstoßen oder der Zwang, jemandem, der in
Lebensgefahr gerät, helfen zu wollen und zu müssen. Machen wir uns jetzt noch
an Beispielen klar, wie die oben erwähnte Auslese funktioniert:
Tierische Gruppen, die über Programme für Unterwerfungsgesten verfügten, hatten
höhere Fortpflanzungserfolge als andere, weil sie weniger Energie bei
Rangordnungsauseinandersetzungen verschwendeten.
Menschliche Gruppen, die z. B. gegenseitige Hilfe verherrlichten aber das Töten
von Artgenossen, ständige Sexualpartnerwechsel und Stehlen verteufelten, hatten
höhere Fortpflanzungserfolge als andere Gruppen.
Das hier verdeutlichte Auswahlprinzip ist einer der Gründe, weshalb die
Verhaltensvorschriften aller Religionen sich sehr ähneln. Unter ähnlichen
Umweltbedingungen entwickeln sich ähnliche Ethiken und Götter. In verschiedenen
Trockengebieten z. B. schaffen verschiedene Menschengruppen sich verschiedene
Regengötter. Diese Erscheinung entspricht dem, was wir in der Evolutionslehre
„Analogie“ nennen (s. o.). Unter ähnlichen Selektionsbedingungen entstehen
Arten mit ähnlichen Eigenschaften und Merkmalen, auch wenn sie nicht eng
miteinander verwandt sind. Ein beliebtes Beispiel sind die stromlinienförmigen
Körper der nur entfernt verwandten Fische, Wale, Pinguine usw.
Ein weiterer Grund für die Ähnlichkeit von Religionen ist ihre Verwandtschaft.
So, wie alle Lebewesen möglicherweise von einer Urzelle abstammen, stammen
vielleicht alle Religionen von einer Urreligion ab (vgl. Kap. X). Wenn Merkmale
und Eigenschaften von Lebewesen sich aufgrund gemeinsamer Gene gemeinsamer
Vorfahren entwickeln, spricht man von „Homologie“. (Homolog sind z. B. die
Flossen der Wale und Robben, die Vorderbeine der Wirbeltiere sowie die Flügel
der Vögel und die menschlichen Arme.)
Alle Gemeinsamkeiten heutiger Religionen beruhen z. T. auf solchen Homologien,
also auf gemeinsamer Abstammung, z. T. auf Analogien. Die Ähnlichkeit von
Christentum und Islam beruht z. B. ganz wesentlich auf kultureller Homologie
(Verwandtschaft). Beide Religionen haben u. a. einen gewissen Abraham
gemeinsam. Beide Religionen wurden später durch Mohammed, Jesus, Luther,
Calvin, überhaupt nicht unschuldige Päpste wie Innozenz III. und IV. usw.
verändert. Die verschiedenen Bekenntnisse entsprechen grob biologischen Rassen,
die Religionen entsprechen Arten.
Alle Abweichungen, alle Veränderungen und alle Gemeinsamkeiten zwischen und von
Religionen beruhen z. T. auch auf Zufällen, z. B. auf dem Charakter und den
Einfällen, Träumen oder Halluzinationen ein wenig verrückter Gurus, Zauberer,
Religionsstifter usw. Die Zufallswirkungen entsprechen den Mutationen in der
biologischen Natur. Alle Veränderungen religiöser Regeln (jeder Ethik und
vieler kultureller Entwicklungen) unterliegen einer kulturellen Auslese, die
der biologischen Selektion entspricht. Dazu haben wir im vorigen Abschnitt
Beispiele kennen gelernt (siehe „Regengötter“, vgl. aber zusätzlich auch Kap.
X).
Damit haben wir die Entstehung von Ethik ein wenig beleuchtet. Genaueres findet
sich u. a. in den Kap. X und X. Auch über die Probleme und Definitionen
menschlicher Ethiken haben wir dort viel geschrieben. Diese Gedanken gehören
zum fundamentalen Wissen für das Verständnis dieser Welt und für eine
konstruktive Selbststeuerung der Menschen, müssten also Thema dieses Kapitels
sein. Dennoch wollen wir nicht alles aus den speziellen Ethikkapiteln
wiederholen, sondern im Folgenden (und oben) nur die wichtigsten Gedanken noch
einmal zusammentragen.
Die größten Selbststeuerungsprobleme der Menschheit entstehen aus Fehlern bei
der Auswahl ethischer Werte, aus formalen Fehlern (Logik, Widerspruchsfreiheit
usw.) und destruktiver Verschiedenheit (Hyperheterogenität).
Um die Lebensqualität auf diesem Planeten zu erhöhen, müssten also alle
ethischen Konzeptionen kritisch durchdacht, überprüft und verändert werden.
(Dazu
sind die meisten Menschen nur in geringen Maßen bereit und fähig
[Indoktriniertheit, Dogmatismus, Dummheit, Wissensmangel]. Diese Bereitschaft
und Fähigkeit müsste also weltweit [z. B. durch Medien und
Ausbildungsinstitutionen] gefördert werden. Wir betonen nochmals, dass neben
der Verbreitung von kritischem Bewusstsein (formal) auch die
Verbreitung der relevanten Informationen (inhaltlich) unverzichtbar ist.
Danach müsste die Menschheit sich auf die bestmögliche Ethik einigen und diese
erhalten. D. h., ideologische Freiheit einschränken.
Musik
Die
Kunst hatte ursprünglich verschiedene biologische Funktionen. Sie diente und
dient der Bewältigung von Konflikten, dem ökonomischen, ungefährlichen
Ausprobieren neuer Ideen im Vorstellungsraum, der Speicherung und Übertragung
von Information, der Entwicklung von Sprache und Intelligenz, der Befriedigung
von Rangordnungsbedürfnissen, der Verbesserung handwerklicher Geschicklichkeit,
der Kommunikation, der Entdeckung, Kreation und Verarbeitung neuer Strukturen
und Ideen.
ENTSTEHUNG, SINN
UND WESEN DER MUSIK
Was ist Musik?
Musik und der musikalische Genuss beruhen auf zwei Hauptkomponenten:
1. Rhythmus
2.
Klang
(Töne, Melodien, Obertöne, Konsonanz)
Beschäftigten wir uns zunächst mit den Tönen:
Musik besteht aus Schallwellen. Da wir es mit Wellen zu tun haben,
treten wieder Wellenlängen und Frequenzen auf. Die Frequenz =Schwingungen pro
Zeiteinheit (gemessen in Hertz) entspricht dem, was in der Alltagssprache
Tonhöhe genannt wird. Die Tonhöhe ist also bei Schallwellen etwas Ähnliches,
wie bei Lichtwellen die Farbe. Fast alle akustischen Signale bestehen aus
Mischungen von Wellen verschiedener Frequenzen. Diese Mischungen nennen wir
Schallwellenmuster. Es gibt zwei Grundtypen von Schallwellenmustern.
Schallwellenmuster, die entstehen, wenn Materie, wie z. B. Luft- oder
Wassermoleküle ungeordnet vibrieren, nennt man Geräusche. Beispiele sind
menschliche Lautsprache, raschelnde Blätter usw.
Wenn diese Vibrationen gleichmäßige, rhythmische Schwingungen sind und nur eine
Frequenz eindeutig vorherrscht, nennt man die entstehenden Muster von
Schallwellen Töne. Reine Töne, bei denen wirklich nur eine Frequenz
erklingt, sind selten und nicht ganz leicht zu erzeugen.
Wenn man menschlichen Gesang oder ein Instrument hört, erklingen neben dem
Hauptton (Grundton) immer gleichzeitig viele leisere Nebentöne, die man Obertöne
nennt. Diese Töne können die doppelte, dreifache usw. Frequenz des Grundtons
haben und in unterschiedlichen Lautstärken auftreten. Diese Obertöne (ihre
jeweilige Mischung) geben Instrumenten und menschlichen Stimmen ihren
charakteristischen Klang. Deshalb heißt auch die gesamte Mischung „Klang“.
Menschen können Schallwellen (Töne) zwischen ca. 20 Hertz und ca. 20000 Hertz
hören. Das sind ca. zehn Verdoppelungen (von 20, nach 40, nach 80, nach 160 Hz
usw.).
Von den elektromagnetischen Wellen können Menschen nur einen Ausschnitt
wahrnehmen (sehen) der eine Verdopplung beinhaltet. Dieser Ausschnitt
heißt sichtbares Licht und entspricht den Farben des Regenbogens.
Einen Ausschnitt von einer bestimmten Frequenz bis zum doppelten dieser
Frequenz nennt man Oktave. Diese Bezeichnung stammt aus der Musik und
ist eigentlich etwas unglücklich. In der Musik besteht eine besonders beliebte
Unterteilung der Gesamtheit von Tönen aus acht Tönen, der so genannten Oktave.
Der Begriff Oktave ist von dem lateinischen Wort „octo“ = acht abgeleitet.
Physikalisch betrachtet ist diese Einteilung, wie wir unten erläutern werden,
nachvollziehbar, aber nicht unbedingt die sauberste (mathematisch einfachste)
Lösung. Widmen wir uns kurz der Entstehung dieser merkwürdigen Oktave:
Um zu musizieren, mussten die Menschen das riesige Angebot von Geräuschen und
Tönen irgendwie ordnen und unterteilen. Es gibt unendlich viele
Zwischenfrequenzen zwischen allen Tönen und Frequenzen aller Wellen. Das wird
deutlich, wenn man Wölfe oder Sirenen heulen hört. Bei diesen akustischen
Signalen wird die Tonhöhe allmählich erniedrigt oder erhöht. Das können
Menschen übrigens auch mit ihren Stimmbändern erreichen, indem sie die
zugehörigen Muskeln allmählich und kontinuierlich zusammenziehen.
Wie unterteilt man nun diese Unendlichkeit von Wellenlängen und Frequenzen
sinnvoll in einzelne Stufen, die den Farben des Regenbogens entsprechen? Das
war die Frage, die sich das menschliche Hörzentrum und die menschliche
Erbinformation gemeinsam „voller Neid auf das Sehzentrum“ vielleicht schon vor
ca. 1-2 Millionen Jahren zu stellten begann. Physikalisch würde es sich
anbieten, die Oktaven mehrmals zu halbieren. So käme man auf 3, 5, 9,
oder 17 einzelne, verschiedene Töne. Wenn Sie von jeder dieser Zahlen die Zahl
1 abziehen, erhalten Sie die übliche Reihe (1), 2, 4, 8, 16. Der Grundton (C in
C-Dur) wird in jeder Tonart zweimal verwendet, deshalb weisen die typischen
Tonreihen stets ein Element (Ton) mehr auf als die übliche mathematische Reihe.
Aber die Menschen gingen nicht mit ihrem Verstand mathematisch, formal und
exakt an die Sache heran, sondern sie suchten mit ihren Gefühlen.
Interessanterweise gingen aber ihre Gefühle und Erbinformationen ziemlich
mathematisch an die Töne heran. Die meisten Menschen erleben besonders
angenehme Gefühle, wenn die Frequenzen von gleichzeitig oder direkt nacheinander
erklingenden Tönen in möglichst einfachen ganzzahligen Verhältnissen zueinander
stehen. Solche Tonfolgen bzw. die Abstände und das Verhältnis zwischen zwei
Tönen nennen Menschen Intervalle. Die Intervalle, welche angenehme
Gefühle hervorrufen, nennt man Konsonanzen, die anderen Dissonanzen.
Das einfachste und angenehmste Zahlenverhältnis (Intervall) ist 1:2. Das ist
nichts anderes als die schon erwähnte Oktave. Wenn also zwei Töne gleichzeitig
erklingen, von denen der eine doppelt so große Wellenlänge (bzw. Frequenz) hat,
wie der andere (eine Oktave), empfinden die meisten Menschen ein angenehmes
Gefühl. Oktaven klingen echt cool.
Nun stellt sich die Frage, wie die Unterschiede zwischen den verschiedenen
Intervallen physikalisch zu Stande kommen und wie sie von Menschen erlebt
werden. Schallwellen, die sich begegnen (überlagern), geht es wie anderen
Wellen auch. Bei einigen anderen Wellen kann man die Wechselwirkungen zwischen
verschiedenen Wellen sehen oder sichtbar machen. Die Welleninteraktionen, die uns
hier am meisten interessieren, nennt man Interferenzen. Werfen Sie zwei
verschieden große Steine in einen Teich. Jeder löst an der Stelle, an der er
die Wasseroberfläche berührt, um sich herum die Bildung kreisförmiger
Wellensysteme aus. Weil die Steine verschieden groß sind, sind die Wellenlängen
und Frequenzen der Wellen von beiden Systemen verschieden. (Dies entspricht dem
gleichzeitigen Spielen zweier verschiedener Töne auf einem Instrument.). Einige
Wellen wandern von ihren Entstehungssorten aus aufeinander zu. Wo sie sich
begegnen entstehen seltsame Muster. Diese Muster kommen dadurch zu Stande, dass
die Wellenberge und Wellentäler von den verschiedenen Zentren sich gegenseitig
beeinflussen. Treffen zwei Berge oder zwei Täler aufeinander, so bilden sie
neue, größere Berge und Täler. Treffen Berg und Tal zusammen, so bilden sie
kleine oder keine Berge oder Täler. Meistens treffen die Wellen nicht mit
Extremstellen (höchste Berge oder tiefste Täler) aufeinander, sondern mit
irgendwelchen Übergangsbereichen (Zwischenstufen). Dadurch entsteht auf der
Wasseroberfläche ein kunterbuntes Durcheinander, das aber auch geordnete
Strukturen aufweisen kann. Die entstehenden Muster weisen oft Strukturen, die
sich gleichförmig (rhythmisch) wiederholen auf. Häufig beobachtet man Serien
aus vielen kleinen Wasserbergen, die an Vibrationen erinnern.
Schallwellen, die sich überlagern können ähnliche Luftberge bilden. Wenn diese
nacheinander das menschliche Ohr erreichen, werden sie als Vibrationen
wahrnehmbar. Es sind also vor allem unterschiedliche Vibrationen, welche die
verschiedenen Intervalle in der Musik kennzeichnen. Spielt man zwei gleiche
Töne oder irgendwelche Oktaven, so treten keine Vibrationen auf. (Wir sehen
hier einmal –etwas unzulässig- von den Obertönen, die bei jedem
Instrumentenspiel mitklingen ab.). Diesen Umstand kann man beim Stimmen von
Instrumenten ausnutzen. An Gitarren, Geigen, Klavieren und usw. verändert man
die Spannung einer Saite solange, bis keine Vibrationen mehr zu hören sind,
wenn man die Saite gleichzeitig mit einer gleichgestimmten Saite oder einer
Stimmgabel usw. anschlägt. Verändert man nun allmählich zunehmend wieder die
Spannung der Saite, so hört man zunächst Vibrationen mit niedriger Frequenz,
die zunächst mit der Spannungsänderung zunehmen. Die Vibrationen werden
vereinfacht gesagt immer schneller. Steigert oder verringert man die Spannung
nun weiter, so kommt es zu kunterbunten Veränderungen der Vibrationen. Auch
diese Veränderungen sind aber wieder nicht völlig chaotisch. Tendenziell gilt,
dass die Vibrationen rund um die Mitte innerhalb einer Oktave relativ
niedrigfrequent (= langsam) sind. in diesem Bereich liegen auch Intervalle, die
als besonders angenehm (konsonant) empfunden werden. Es sind Quart und Quint.
Direkt darunter und darüber liegen Terz und Sexte, die ebenfalls, wenn auch
etwas weniger, von den meisten Menschen als wohlklingend empfunden werden. Es
sieht also so aus, als seien keine oder wenigstens langsame Vibrationen
ein wichtiges Kriterium für den angenehmen Klang von Intervallen. Die
Vibrationen sind immer dann besonders langsam, wenn die Frequenz der
gleichzeitig erklingenden Töne möglichst einfache Zahlenverhältnisse bilden.
Die Oktave stellt eine objektive und die einfachste physikalische Beziehung
dar. Ihrer Wahrnehmung wurde ein besonders angenehmes Gefühl zugeordnet. Jedem
Intervall wurde ein bestimmtes Gefühl zugeordnet.
Genauer gesagt sorgte die biologische Selektion dafür, dass viele Menschen
gemeinsame angeborene Anlagen besaßen, die bei gleicher Sozialisation zu
ähnlichen angenehmen Gefühlen beim Hören bestimmter Intervalle führten. Hier
klingt schon an, dass auch beim Musikgenuss ein Teil der Zuordnung von Reiz
(Intervall usw.) und Reaktion (Gefühl usw.) gelernt wird. Zusammengehörige
Gruppen von Menschen sozialisierten sich früher meistens so, dass auch das
Lernen zur Ähnlichkeit bzgl. aller musikalischen Empfindungen beitrug. So
entstand im Mittelalter z. B. das heutige populäre musikalische Empfinden der
westlichen Welt, die tonale Musik (Genaueres s. u.).
Musikalische Heterogenität
In jüngster Zeit gilt in der Musik, wie in den meisten kulturellen
Bereichen, mehr denn je die Devise: „Lasst uns frei und ganz verschieden sein,
damit Menschen sich mit ihren unterschiedlichen -oder noch geiler gegensätzlichen-
Geschmäcken perfekt nerven können.“
Jahrhunderttausendelang hatten die Menschen Milliarden von tödlichen Problemen,
weil ihre territoral-rassistische und jugendinnovationistische Verschiedenheit
die Verschmelzung ihrer Kulturen behinderte. Heute fördern selbst
konservativste Antirassisten die übliche liberomane, –oder besser masophile
masochistenwürdige Selbstheterogenisierung. Allerdings ist es nicht die
Vielfalt selbst, die unvorstellbares unnötiges Leid erzeugt, sondern die Tatsache,
dass die meisten Menschen die meisten Formen von Musik (Moden, Möbeln usw.)
manchmal bis zum Erbrechen ablehnen. Doch zurück zu den genetischen Grundlagen
des Musikempfindens:
Die Entstehung des Musikgenusses
Die teilweise angeborene feste Zuordnung bestimmter Gefühle zu bestimmten
Reizen (z. B. zu Tonintervallen) ist ein alter Trick der Natur, der
hilft, die Welt genauer abzubilden und gleichzeitig Motivationen (Gefühle)
schafft, um direkt reagieren und besser überleben zu können. In diesem Fall
vermitteln Gefühle direkt und korrekt aber etwas ungenau bestimmte unsichtbare
reale Zusammenhänge.
Wahrscheinlich entstand die Zuordnung von angenehmen Gefühlen zu einfachen
Zahlenverhältnissen, weil es sinnvoll war, die Entdeckung bestimmter realer Zusammenhänge
mit bestimmten Gefühlen zu verknüpfen und weil es (nur) dadurch möglich wurde,
gemeinschaftlich zu singen und zu musizieren. Wenn man zwei Töne, die eine
Oktave auseinanderliegen, als grundsätzlich gleich erkennt, wird es zum
Beispiel möglich, dass Kinder und Frauen mit hohen Stimmen gemeinsam mit
Männern mit tiefen Stimmen singen. Damit gemeinschaftliches Musizieren angenehm
und möglich werden konnte, mussten die Gefühle verschiedener Menschen beim
Wahrnehmen verschiedener Intervalle ähnlich sein. Eine solche Gleichheit kann
nur erreicht werden, wenn die erzeugten Gefühle auf angeborenen Anlagen
beruhen. Werden (würden) die Gefühle vornehmlich erworben, entsteht (entstünde)
die oben schon angesprochene (furchtbare?), frustrationsträchtige musikalische
Verschiedenheit. Gruppenmitglieder, die musikalisch ähnlich empfanden, wie die
gesamte Gruppe, hatten dadurch bessere Überlebens- beziehungsweise
Fortpflanzungschancen. Sie hatten zum Beispiel stärkere und häufigere Bindungen
(Kontakte) zur Gruppe, was Schutz bedeutete. Außerdem diente die gemeinsame
Musik wahrscheinlich auch schon früher zur Synchronisation von territorialen
Angriffen und Verteidigungen (s. u.). Gruppen, bei denen sich besonders viele
an solchen Aktionen beteiligten, weil besonders viele auf die gemeinsamen
musikalischen (anfangs vielleicht auch nur rhythmischen) Signale reagierten,
waren besonders erfolgreich.
Ihre Gefühle führten die meisten Menschen der westlichen Welt jedenfalls dahin,
eine Oktave in zwölf so genannte Halbtonschritte zu unterteilen. In den meisten
Musikstücken verwenden die Menschen allerdings, wie oben schon angedeutet nur
ca. 8 dieser 12 Töne. Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass die Zahl der
Unterteilungsschritte (Töne zwischen einer Oktave) nicht entscheidend wichtig
ist. Man wird auch bei einer Unterteilung in z. B. 20 Stufen (Töne) rund um die
Mitte (die zehnte Stufe) besonders wohlklingende Intervalle finden, nämlich
immer dann, wenn zwei Töne einfache Zahlenverhältnisse bilden. Mit circa acht
Tönen konnte man alles erreichen, was Hertz und Herz, oder besser das Gehirn,
begehrten. Man konnte viele Intervalle, die einfache Zahlenverhältnisse
darstellten (Konsonanzen), bilden. Man hatte ein einfaches System, was sowohl
den gemeinsamen Gesang als auch den Bau von Musikinstrumenten leicht möglich
machte.
Wir wollen uns an Beispielen klar machen, was es mit diesen Zahlenverhältnissen
eigentlich auf sich hat. Wir gehen von einem Grundton mit einer bestimmten
Frequenz aus. Der Einfachheit halber wählen wir den berühmten Kammerton „A“. Er
hat die Frequenz 440 Hertz (=Schwingungen pro Sekunde). Eine Oktave höher
finden wir wieder ein „A“, diesmal aber von 880 Hertz. Lässt man beide Töne
gleichzeitig erklingen, haben wir ein Verhältnis von 440:880 = 1:2 bzw. 2:1. Dieses
Verhältnis heißt Intervall. Suchen wir nach anderen einfachen
Zahlenverhältnissen! Das erste, was auf- und einfallen sollte, wäre 440 zu 660
Hertz. Hochschulmathematiker,
die vor der Pisastudie die Schule verlassen haben, können diesen
„komplizierten“ Bruch kürzen. Wenn man beide Zahlen durch 220 teilt, kommt man
tatsächlich auf einen sehr einfachen Bruch, nämlich 2:3. Dieses
Zahlenverhältnis gehört zum einfachsten, was man sich denken kann und auch zu
einem besonders wohlklingenden Intervall, nämlich der Quinte. Das Spiel können
wir nun für alle Intervalle durchführen, überlassen es aber dem Leser und der
Fachliteratur, weil wir nur die Prinzipien verdeutlichen wollen. Wir
vergleichen aber noch einmal mit der mathematisch einfachsten Unterteilung:
a
(c)
e (g)
a´ (c´)
440
495
550
605
660
715
770
825 880 Hertz
Die
Zahlenreihe verdeutlicht, wie man eine Oktave physikalisch ideal in Töne
unterteilen kann. Man würde einmal oder mehrfach halbieren. Das führt zu 2, 4,
8, 16 usw. verschiedenen Tönen und ebenso vielen Intervallen. In unserem
Beispiel haben wir 8 verschiedene Töne gewählt, weil wir damit (zufällig?) ganz
in der Nähe der in Europa üblichen Unterteilung (Tonleiter) sind. Tatsächlich
enthält diese Tonleiter den Ton e =660 Hertz =Quint aus der Sicht des Grundtons
a und den Ton cis (große Terz). Die Quart dagegen 440:586,66 = 3:4 wird
(schmerzlich?) vermisst. Das dürfte ein Grund sein, aus dem die Menschen ihre
Unterteilung der Töne etwas anders gewählt haben als wir es oben dargestellt
haben. Sie haben (in der traditionellen europäischen Musik) Halbtonschritte und
ein Intervall weniger in ihre Tonleitern eingebaut.
Resümierend können wir sagen, dass menschlichen Ohren, Hörzentren, Gene usw.
offenbar großartig einfache mathematische und physikalische Zusammenhänge
erkannt haben. Die Unterteilung in zwölf Töne und die Weiterunterteilung in
bestimmte 8 Töne führt offenbar zu Musikstücken, die relativ einfach und für
die meisten Ohren im Sinne der angeborenen Anlagen besonders wohlklingend
sind. Fast die gesamte Popmusik, aber auch Volksmusik und weite Teile der
klassischen Musik verwenden oft nur acht Töne in einem Musikstück und
vornehmlich konsonante Klänge. Das Ganze nennt man dann tonale Musik.
Diese acht Töne bilden die so genannte Tonleiter. Die bekannteste ist
die C-Dur Tonleiter. Die acht Töne sind nach dem Alphabet bezeichnet. Sie
heißen: C, D, E, F, G, A, B, C.
In Deutschland hat man ziemlich
blödsinnigerweise aus dem B ein H gemacht.
Wenn ein Lied vornehmlich diese acht Töne enthält, sagt man, es sei in der
Tonart C-Dur geschrieben. Schreibt man jeden Ton dieses Liedes einen Halbton
höher (=transponieren), so hat man ein Lied in Cis-Dur. Das ist eine
ungebräuchliche Tonart. Einen weiteren Halbton höher kommt man auf eine
beliebte Tonart, D-Dur. So kann man alle Tonarten bilden, indem man immer
weiter um jeweils einen Halbton erhöht oder erniedrigt. Besonders gebräuchlich
sind die Tonarten C, D, G, F, A, B (nicht H).
In jeder Tonart (Tonleiter) finden sich auch Halbtonschritte, meistens zwei.
Diese kann man an verschiedene Stellen legen. Auf diese Weise entstehen u. a.
die Moll-Tonarten. Die alten Griechen nutzten außerdem noch mehrere andere
Varianten, Details überlassen wir aber der Musikliteratur. Relativ einfache
Zahlenverhältnisse ergeben sich bei Intervallen von 1, 3, 4, 5, 7, 8 und 9
Halbtonschritte. Die entsprechenden Intervalle heißen Prime (1), kleine Terz
(3), große Terz (4), Quart (5), Quint (7), kleine Sexte (8) und große Sexte
(9). Man sieht, dass die meisten Zahlen nicht zu den römischen Zahlennamen
passen. Bei Quart erwartet man die Zahl 4, also 4 Töne bei Sext 6 Töne usw. Zu
dieser Zuordnung kommt man tatsächlich, wenn man die Töne der Tonleiter
verwendet. Darin finden sich ja hauptsächlich Ganztöne als kleinste
Zwischenstufen. Ein Ganzton besteht natürlich aus zwei Halbtönen. Das Ganze
wird deutlich, wenn wir einmal eine 12-Tonreihe mit fettgedruckten Tönen der
C-Dur Tonleiter aufschreiben: C, Cis, D, Dis, E, F,
Fis, G, Gis, A, B, H, C. Zwischen E und F sowie
zwischen H und C liegen die Halbtonschritte. Von C nach G zählt man C, D, E, F,
G, also 5 Töne, was der Quint im Lateinischen entspricht. Die nicht fett
geschriebenen Töne (Buchstaben) entsprechen übrigens den schwarzen Tasten auf
Klavier, Orgel usw.
Alle (in den meisten Menschenohren) wohlklingenden Intervalle nennt man Konsonanzen.
Intervalle, die unangenehm klingen, nennt man Dissonanzen. Spielt man z.
B. zwei Töne gleichzeitig, die zwei Halbtöne auseinander liegen (Sekunde), so
klingt das in den Ohren (Hörzentren, limbischen Systemen) der meisten Menschen
ziemlich unangenehm (dissonant).
Fassen wir das Wichtigste zusammen:
Es gibt angeborene Anlagen für angenehme Gefühle, die beim Hören von
Konsonanzen und unangenehme Gefühle, die beim Hören von Dissonanzen
entstehen. Diese Gefühle beruhen auf einfachen physikalischen Erscheinungen.
Wenn zwei Töne gleichzeitig ertönen, deren Wellenlängen in einfachen
Zahlenverhältnissen zueinander stehen, bezeichnen und empfinden Menschen sie
als konsonant (=beruhigend, entspannend, wohlklingend), sonst als dissonant
(unstimmig, unangenehm, eine Auflösung fordernd). Mit Auflösung ist in der traditionellen
Musik mindestens eine folgende Konsonanz gemeint.
Historische Entwicklungen
Unser Ziel soll es sein, die Entstehung der heutigen ursprünglich europäischen
vorherrschenden Musik zu verstehen. Dazu müsste man natürlich die gesamte
Entwicklung kennen. Je weiter wir jedoch zurückschauen, desto unklarer und
unsicherer sind die Befunde. Die heutige übliche Notenschrift hat sich
über mehr als 1000 Jahre allmählich entwickelt. Auch die alten Griechen und
einige asiatische Kulturen hatten einfache Notenschriften entwickelt. Vorher
wurde mindestens 50.000 Jahre lang musiziert, jedoch kaum Kopien der
Musikstücke angelegt. Man fand Hinweise auf Musikinstrumente, aber nur wenig zu
Musik.
Unser europäisches Musikempfinden ist, wie so vieles, unter anderem aus
griechischen Traditionen entstanden. Pythagoras hatte schon das Wesen der
Konsonanzen erkannt. Eine Quart liegt zum Beispiel dann vor, wenn zwei gleiche
gleich gespannte Saiten gezupft werden, von denen eine 30, die andere 40 cm
lang ist (3:4). Die Griechen kannten auch schon die Unterteilung einer Oktave
in acht verschiedene Töne und verschiedene Tonleitern. Diese bestehen aus Ganz-
und Halbtonschritten. Dies nennt man diatonisch.
Mit solchen Tonleitern arbeitete auch die Musik des Mittelalters, aus der
unsere heutige Musik hauptsächlich entstanden ist. Während aber die Griechen
noch viele verschiedene Tonleitern kannten, weil sie die Halbtöne an alle
möglichen Stellen in der Tonleiter setzten, beschränkte sich die Musik des
Mittelalters auf zwei Grundtypen. Zunehmend kristallisierten sich nämlich die
Tonarten Dur und Moll heraus. Die unterschiedlichen Varianten wie z. B.
Dur und Moll heißen Tongeschlechter. Die Klangfarbe und die Qualität der
auslösbaren Gefühle des Tongeschlechts hängen von der Setzung der
Halbtonschritte ab. Von der Musik des Mittelalters blieben vor allem geistliche
Musikstücke (vor allem gregorianische Gesänge) erhalten. Es wurde vornehmlich
in Klöstern überhaupt irgend etwas aufgeschrieben. Der Aufbau von Harmonien
wurde streng eingehalten.
Häufig
enden Musikstücke mit der so genannten Kadenz. Das ist die Folge der
Dreiklänge (oder ihrer Grundtöne) Tonica, Subdominante, Dominante, Tonika. Das
angenehme Empfinden eines solchen Abschlusses von Musikstücken und von
konsonanten Klängen ist wie auch das unangenehme Empfinden dissonanter Klänge
z. T. erlernt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts haben Menschen in Europa
vornehmlich tonale Musik komponiert, gehört, gesungen, gespielt und genossen.
Zur Erinnerung: Tonal bedeutet, dass man vornehmlich in einer festgelegten
Tonart bleibt und konsonante Klänge eindeutig bevorzugt. Die Mehrheit
bevorzugte und bevorzugt Musik dieser Art. Diese musikkonservative Mehrheit
folgte angeborenen Anlagen, dem z. T. zufallsbedingten Konsens der jeweiligen
Zeit und dogmatischen Bewahrungstendenzen gepaart mit der Angst vor dem
Fremden.
In diesem Sinne komponierten Komponisten der Klassik (ca. 1750-1820) wie
Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel, Joseph
Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart ihre Musik. Allerdings machte zum Beispiel
schon Bach sich bei Teilen seines Publikums unbeliebt, indem er so genannte
funktionelle Disharmonien einsetzte.
Danach, Im 19. Jahrhundert, in der Romantik (1820-1920) lösten
Komponisten wie Frédéric Chopin, Robert Schumann, Johannes Brahms und Richard
Wagner die altbewährten Normen ein wenig auf. Man wechselte öfter einmal die
Tonart und baute unharmonische Töne und dissonante Akkorde in die Werke ein.
Noch weiter lösten im 20. Jahrhundert einige Komponisten, wie Claude
Debussy, Béla Bartók und Igor Strawinsky die alten konsonanten Traditionen auf.
Andere Komponisten, wie Arnold Schoenberg, Anton Webern und Alban Berg gingen
noch weiter. Sie gaben also die Tonalität ganz auf und schrieben atonale Musik.
Anfang
des 20. Jahrhunderts war in der Musik wie -in der übrigen Kunst- eine Strömung
entstanden, die zur Aufgabe der alten Normen blies. Einigen Musikern war wohl
die traditionelle Musik langweilig geworden und man brach zu neuen Ufern auf.
In der atonalen Musik z. B., behandelt(e) man alle zwölf Halbtöne und alle
möglichen Intervalle weitgehend gleich. Deshalb wird diese neue Musikrichtung
wird auch 12-Ton-Musik genannt. Sie konnte sich aber nicht
allgemein durchsetzen. Wahrscheinlich ist es bei den meisten Menschen nicht
möglich, die angeborenen und erworbenen Vorlieben für konsonante Klänge durch
Lernen in eine (zusätzliche) Genussfähigkeit für dissonante Klänge zu
verwandeln. Das bedeutet keineswegs, dass die Zuordnung von angenehmen Gefühlen
und den üblichen konsonanten Intervallen eine unumstößliche ewige Wahrheit ist.
Es handelt sich um eine ursprünglich arterhaltende Konvention. Diese Konvention
beschränkt sich aber nicht auf menschliche Psychen, sondern liegt auch in
menschlichen Genen. Dadurch wird sie noch schwerer veränderlich. Für eine
solche Veränderung lässt sich auch kaum eine vernünftige Begründung finden.
Fragen wir uns in diesem Zusammenhang, warum entstanden überhaupt in der
traditionellen Musik Strömungen, die zur Aufgabe der alten Normen bliesen.
Mögliche Ursachen sind: Gewöhnungslernen, Prestigedenken, politischer Protest,
Experimentierfreude, Innovationsappetenz, genetische Veränderungen, Freude am
Widerstand gegen aufgezwungene Normen usw. Ähnliche Strömungen finden sich auch
in der modernen Musik (einschließlich Unterhaltungsmusik) und anderen
(Kunst)Richtungen.
Die wichtigsten vertretbaren Gründe für die Entwicklung der dissonantophilen
Zwölftonmusik (philein = lieben) und später Avantgarde lagen in
Gewöhnungslernen, Prestige und Innovationsappetenz, also der Suche nach Neuem.
Da aber auch in der traditionellen (tonalen, konsonantophilen) Musik
eine unvorstellbare Menge an Variationen möglich ist, erscheinen diese Gründe
(Argumente) für jegliche Dissonanzförderung nicht überzeugend.
Gegen die Dissonantophilie spricht auch die mit ihr verbundene
Heterogenisierung. Damit meinen wir, dass Menschen bezüglich ihres
Musikgeschmacks noch vielfältiger (heterogener = verschiedener) und emotional
gegensätzlicher werden. Diese Verschiedenheit und die meistens damit verbundene
emotionale Gegensätzlichkeit führen häufig zu mehr destruktiven Konflikten als
zu konstruktiven Effekten, wie z. B. Fortschritt (s. o. und überall).
Die Menschen haben die biologischen Selektionsbedingungen, welche sie
musikalisch (und auch in vielen anderen Beziehungen wie zum Beispiel Malerei,
Mode und Möbel) ähnlich machten, weit gehend beseitigt. Nun genießt der eine
genau das Musikstück, Bild, Möbelstück, Denkmodell, Kleidungsstück,
Theaterstück, Kabarett-, Fernsehprogramm usw., was den anderen anekelt. So
steigt die allgemeinen „Freude“ dank der allseits beliebten Devise: Lieber frei
und gegensätzlich, als glücklich! Dabei liegt das eigentliche Übel allerdings
nicht in der Vielfalt an sich, sondern in der meist irrationalen starken
emotionalen Ablehnung vieler Modeströmungen, Musikrichtungen usw.
Genetische Veränderungen
Eine mögliche Ursache für die Entstehung und die, wenn auch nur mäßige,
Verbreitung atonaler Musik liegt in möglichen genetischen Veränderungen der
Komponisten und Konsumenten. Diese Möglichkeit wurde bisher wie üblich kaum
betrachtet und schon gar nicht untersucht. Mit Sicherheit sind aber einige
Menschen genetisch so verändert (mutiert) und/oder durch Erfahrungen so
verändert, dass sie Dissonanzen als wenig unangenehm, bzw. sogar als angenehm,
empfinden. Dies ähnelt vielleicht dem, was man in anderen Bereichen
„Masochismus“ nennt, allerdings ist dies ein Masochismus ohne nennenswerte
unmittelbare negative Folgen. Die (wenigen) Freunde der 12-Ton-Musik genießen
diese, ohne dabei Schaden zu nehmen. Vielleicht lösen sie geringfügige
Nachteile für Mitmenschen aus, wenn sie diese für die 12 Ton-Musik begeistern
und gleichzeitig ihre Möglichkeiten, tonale Musik zu genießen, schmälern.
Dieses
Verfahren ist für die Menschheit sehr typisch. Man fördert und untersucht die
Anlagen und Talente junger Menschen grundsätzlich selten bewusst und fördert
sie, „zum Ausgleich“, auch unabhängig von ihren Fähigkeiten mit Vorliebe in
wenig konstruktiven Bereichen.
Vielleicht ergibt sich auch ein geringer Nachteil für die gesamte Menschheit,
wenn die genetische Heterogenität beim Musikgenuss gefördert wird. Die
Nachteile wären ähnlich, wie die Nachteile, die schon bei der Verteufelung der
verschiedenen Musikstile und –richtungen entstehen. Das gemeinsame Genießen der
Musik würde jedenfalls schwieriger und die biologischen Funktionen der Musik
(s. u.) könnten nur noch weniger erfüllt werden. Das hätte Vorteile, wenn es z.
B. um militärische Synchronisation kleiner rassistischer Geister ginge, wenn
jedoch zum Beispiel der gemeinsame Genuss von Tanzen und Singen erschwert wird,
hat das eher Nachteile. In diesem Zustand hat sich die Menschheit allerdings
unter anderem durch die Schöpfung zahlreicher gegensätzlicher Musikstile
bereits gebracht, ohne die Nachteile auch nur zu registrieren.
Harmonielehre
Jetzt wollen wir noch kurz erläutern, wie man Lieder (Melodien) begleitet.
Dabei begnügen wir uns wieder mit wenigen wichtigen Prinzipien.
Wir gehen von einer Melodie (Lied) aus, die vornehmlich die Töne der Tonart
C-Dur enthält. Als Begleitinstrumente wählen wir eine Bassgitarre und eine
Rhythmusgitarre. In diesem Lied kommen im einfachsten Falle nur die 7 Töne c,
d, e, f, g, a, h vor. Beginnen wir mit der Rhythmusgitarre. Auf der
Gitarre schlägt man meistens fast gleichzeitig sechs Saiten an. Dabei erklingen
jedoch meistens nur drei verschiedene Töne. Die übrigen sind Oktaven zu diesen
Tönen. Solche Zusammenklänge nennt man allgemein Akkorde, bei drei
verschiedenen Tönen Dreiklänge. Natürlich gibt es auch Zweiklänge,
Vierklänge usw. Dreiklänge sind aber als Begleitakkorde besonders beliebt.
Grundsätzlich spielt man immer den Dreiklang, der zu den Tönen der gerade
vorgetragenen Melodie passt. Passen heißt, dass gleichzeitig Töne erklingen,
die konsonante Intervalle bilden. Schon der Dreiklang selbst besteht aus drei
Konsonanzen. Die üblichen Dur–Dreiklänge bestehen aus einem Grundton, der
zugehörigen großen Terz und der Quint. Der C-Dur-Dreiklang besteht also aus den
Tönen c, e und g. Dieser Klang wird gespielt, wenn in der Melodie hauptsächlich
(besonders an langen betonten Stellen) diese drei Töne verwendet werden.
Betonungen ergeben sich u. a. aus dem Takt, in dem das Lied (Musikstück)
geschrieben ist.
Wir haben jetzt einen Begleitakkord für 3 mögliche Töne. Es fehlen noch 4 Töne.
Für diese 4 reicht ein weiterer Dreiklang nicht aus. Es müssen noch 2
Dreiklänge her. Dann haben wir zwar insgesamt 9 Töne –einige sind doppelt- aber
das wirkt sich nicht weiter störend aus. Es ist oft sogar ganz praktisch. Die
anderen beiden Dreiklänge heißen in allen Tonarten Subdominante und Dominante.
In C-Dur ist die Subdominante der F-Dur Akkord und die Dominante der G-Dur
Akkord. F-Dur besteht aus den Tönen f, a, c. G-Dur besteht aus den Tönen g, h,
d.
Oft verwendet man auch Moll-Akkorde. In C-Dur wird von den Moll-Akkorden
am häufigsten „a-Moll“ verwendet. Dieser besteht aus den Tönen a, c, e. In
diesem Dreiklang liegt die kleine Terz zwischen dem Grundton a und dem
mittleren Ton (c), während die große Terz zwischen mittlerem und oberem Ton
liegt. Das ist bei allen Moll-Akkorden so. Bei allen Dur-Akkorden ist es
umgekehrt. Dieser kleine Unterschied lässt den meisten Menschen die
Moll-Akkorde weicher oder trauriger erscheinen.
Nun wollen wir noch kurz auf die Bassgitarre (Bassinstrumente) zu
sprechen kommen. Grundsätzlich erfolgt die Begleitung nach den gleichen Regeln,
wie bei der Rhythmusgitarre und ähnlichen Begleitinstrumenten. Der wichtigste
Unterschied besteht darin, dass Bassinstrumente die Begleittöne i. d. R.
deutlich nacheinander einzeln spielen.
Wesentlich interessanter ist eine andere Form der Kombination verschiedener
Stimmen (Melodien, Tonfolgen), die Polyfonie genannt wird. Bei der
Polyfonie erklingen mehrere (mindestens zwei) selbstständige Melodien
gleichzeitig. Aber auch hier werden (zumindest in der tonalen Musik) die
gleichzeitig erklingenden Töne so gewählt, dass überwiegend Konsonanzen
erklingen. Meistens sind die gleichzeitig erklingenden Töne Oktaven oder Töne
aus passenden Begleitakkorden.
Die bekanntesten Beispiele für polyfone Musik sind viele Fugen von Bach und
Kanons.
Häufig
enden Musikstücke mit der so genanten Kadenz. Das ist die Folge der
Dreiklänge (oder ihrer Grundtöne): Tonika, Subdominante, Dominante, Tonika. Die
Kadenz wird von den meisten Menschen des westlichen Kulturkreises als
angenehmer Abschluss eines Musikstücks empfunden. Diese gemeinsame Empfindung
ist aber eher eine erworbene Konvention, als dass sie auf angeborenen
Grundlagen beruht. Sie findet sich in der traditionellen asiatischen,
afrikanischen und australischen Musik nicht in gleicher Form. Diese
grundsätzlichen Musikrichtungen und insbesondere die Mischungen verschiedener
Musikstile sind übrigens für Interessierte eine genauere Betrachtung wert. Wir
aber kommen jetzt Damit kommen wir zum zweiten Bereich, der Musik ausmacht, zum
Rhythmus (Takt).
Rhythmus
Die Töne der Musik kann man schnell oder langsam aufeinander folgen lassen. Man
kann sie auch kurz oder lang erklingen lassen und betonen oder nicht betonen.
Außerdem kann man sie in zeitlich-rhythmische Gewänder fassen, die Takt
genannt werden. Ein wesentlicher Teil des Taktes kann darin liegen, dass
während des Musikstückes begleitend wiederholend Geräusche oder Töne erklingen.
Dabei betont man immer einen dieser Taktschläge, meistens, indem man ihn etwas
lauter macht als die anderen. Betont man z. B. jeden fünften Schlag, so spricht
man von 4/4 Takt, bei jedem vierten von ¾ Takt. Dies sind zumindest in der
westlichen Welt und ihrer Musik die häufigsten. Takt ist auch die Bezeichnung
für den kleinsten zeitlich-rhythmischen Ausschnitt aus einem Musikstück. Ein
Takt im 4/4 Takt ist z. B. ein Ausschnitt, von vier zeitlich gleichmäßigen
Schlägen, bei denen der erste betont ist. In der Pop-Musik ist es üblich, den
2. und 4. Schlag -z. B. mit einem Schlagzeug- zu betonen. Das hat seinen
Ursprung in afroamerikanischen Traditionen der Pop-Musik. Es lässt die Musik in
den Hörzentren vieler Menschen interessanter klingen.
Unabhängig von Begleitinstrumenten steckt aber auch in einer isolierten Melodie
Rhythmus und Takt. Das kommt vor allem durch Lautstärkeänderungen und
verschiedene Tonlängen und –höhen zustande.
Auch bezüglich Rhythmus und Taktmaß gab es im Laufe der Jahrhunderte
Veränderungen, die wesentlich von Zufall, Gewöhnungslernen und
Innovationsappetenz geprägt waren.
„Zufall“,
„endogen“ und „spontan“ sind Wörter, die Menschen häufig dann benutzen, wenn
sie Ursachen nicht klar erkennen können.
Eine der häufigsten Quellen für scheinbar zufällige Veränderungen in der Musik
ist die Mischung verschiedener Musikstile. Die oben erwähnte Betonung des 2.
und 4. Schlages innerhalb eines 4/4 Taktes ist, wie weite Teile der Popmusik,
aus Verschmelzungen und Mischungen afrikanisch-amerikanischer (Jazz, Blues) und
europäischer Musikstile entstanden.
Diese Mischungen kultureller Entwicklungen (Kunststile,
Wissenschaftsdisziplinen, Religionen, Ideologien usw. entsprechen den
Mischungen (Rekombinationen) von Genen in der Biologie.
Dass und wie kulturelle und biologische Rekombinationen sich entsprechen, haben
wir im Kap. X näher erläutert. Damit kommen wir nochmals zu unserer
Frage: Warum und wie ist Musik überhaupt entstanden?
Entstehungsursachen der Musik
Musik findet sich in allen Kulturen auf dem gesamten Globus. Das ist eines
von mehreren Argumenten die dafür sprechen, dass das musikalische Empfinden der
Menschen unter anderem auf angeborenen Grundlagen beruht. Allgemein verbreitete
angeborene Grundlagen lassen mit Sicherheit auf arterhaltende Funktionen von
Eigenschaften und Merkmalen schließen. Wir müssen also nach Aufgaben der Musik
suchen, die der Arterhaltung dienen. Die primäre biologische Funktion der Musik
liegt wahrscheinlich in der Erzeugung, Bewältigung und Synchronisation von
Gefühlen und Verhaltensweisen z. B. in der Erzeugung von Motivationen
beziehungsweise zur Unterdrückung von unerwünschten Ängsten zu bestimmten
arterhaltenden Zwecken. Bei der Entstehung des musikalischen Empfindens könnte
der Genuss der Geräusche von Singvögeln (Vogelmusik) Pate gestanden
haben. Der Genuss des Vogelsangs führt wie Blumenduft usw. zu
arterhaltenden Auseinandersetzungen mit der Umgebung. Solche Genüsse
motivieren, die nähere Umgebung zu erforschen. Dies wirkt(e) arterhaltend, weil
Nahrungsquellen, Verstecke, Gefahren usw. bekannt wurden und werden (vgl. Kap.
X). Dabei spielen natürlich -wie bei allen Genüsse, bzw. psychischen
Eigenschaften- auch Lernprozesse eine Rolle. Welche arterhaltenden Zwecke durch
den Musikgenuss verfolgt werden, machen wir an einigen teilweise konkreteren
Beispielen deutlich. Es sind:
territoriale Verteidigung, Erzeugung und Festigung aller arterhaltenden
Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Kommunikation, Essen, Sexualität, Bewegung,
Spiel usw., insbesondere aber des sozialen Zusammenhalts, der (territorialen)
Verteidigung, der Beruhigung von Kindern und Säuglingen, und der
Angstüberwindung. Musik wird häufig mit angenehmen Reizen aus anderen Bereichen
kombiniert. Dabei verstärken sich die verschiedenen Reiztypen und deren
emotionale Wirkungen gegenseitig. Nach Erfolgen, wie Siegen, erfolgreichen
Beutezügen, Territorialgewinn usw., werden Triumphgesänge angestimmt. Dies
geschieht häufig bei Festen in Kombination mit Bewegung (Tanz), Drogen und
allen denkbaren Gefühlen, die zum Teil nur fiktiv durch Worte (Reden) oder
filmische Darstellungen geweckt werden. Bei all diesen Aktivitäten werden
angenehme Gefühle erlebt. Hier finden also (kollektive) Konditionierungen
statt, die Motivationen für spätere Kämpfe, Jagden usw. liefern.
Wie die meisten Tänzer wissen, geht Musik in die Beine. Es bestehen direkte (z.
T. angeborene) Verbindungen zwischen Hör- und Bewegungszentren im Gehirn.
Noch bedeutsamer sind solche fiktiven Darstellungen vor (kriegerischen) Auseinandersetzungen. Um Menschen trotz angeborener Tötungshemmung in Tötungsbereitschaft zu bringen, wird ihr Geist durch (Kriegs)propaganda -oft mit musikalischer Unterstützung- beeinflusst. In den meisten Fällen (besonders in den letzten Jahrtausenden) haben diese Beeinflussungen den Charakter systematischer, suggestiver Manipulationen. Der Gegner, der i. d. R. natürlich nicht nennenswert mehr oder weniger menschlich ist als die eigenen Gruppenmitglieder, wird rassistisch verteufelt. Die angeborene Bereitschaft besonders männlicher Gruppenmitglieder, mit kollektiver, aggressiver Begeisterung auf drohende Gefahren zu reagieren, wird unter Zuhilfenahme der meisten anderen angenehmen Gefühle missbraucht. Beispiele sind die Aussicht auf Vergewaltigungen, Nahrung, Lebensraum, Reichtum, Ruhm, Selbstzufriedenheit durch die Erfüllung religiöser Normen usw. Musik spielt bei der Erzeugung dieser kollektiven Begeisterung und der Überwindung von Angst eine besondere Rolle.
Musik schafft angenehme Gefühle, die meistens in Gruppen erlebt werden. In solchen Situationen finden kollektive Konditionierungen statt. Beispielsweise empfinden alle Beteiligten im Zusammenhang mit sozialen Kontakten, Tanz, Essen usw. angenehme Gefühle. Dadurch wird Motivation zu diesen Tätigkeiten geschaffen. Schlechter gesagt: Die Auftretenswahrscheinlichkeit sozialer Kontakte usw. wird erhöht (Skinner). Musik ist in diesem Zusammenhang auch ein Mittel zur Gruppenselbstetikettierung und Abstoßungssignal für andere Gruppen. Die Mitglieder einer Urhorde hatten höchstwahrscheinlich genau wie heute Punker, Teds, Skinheads usw. ihre gruppeneigene Musik, die dazu dienen konnte, sich gegenüber anderen Gruppen abzuheben und zu kennzeichnen (Selbstetikettierung).
Musik - insbesondere musikalisches Können - ist außerdem Mittel zum Statusgewinn und sexuellem Imponieren (als Liebeswerbung).
Die Entstehung der Musik
Exakt
wissenschaftlich nachvollziehen und datieren kann man das Erscheinen der ersten
musikalischen Erzeugnisse nicht. Anhand einiger archäologischer Funde wie z. B.
steinzeitliche Flöten und Trommeln aus Tierknochen und Stein lässt sich
wenigstens sagen, dass irgendetwas die Menschen vor mehr als 45.000 Jahren dazu
brachte Töne zu erzeugen.
Zu den Funden der Archäologen gibt es Theorien wie es zum Anfang des Musizierens gekommen sein könnte:
Vielleicht
entstand die Musik durch die Nachahmung von Naturgeräuschen. Inspiriert durch
Vogelgezwitscher (s. o.), den Wind, das Sirren des Jagdbogens begannen die
Urmenschen Töne, Klänge und einfache Schlagfolgen zu kreieren. Dies könnte
rituellen Handlungen, der Anlockung von Tieren bei der Jagd, oder der
Signalgebung gedient haben.
Wieder eine andere Theorie besagt, dass die Musik aus einer stark akzentuierten
Sprache entstanden ist. Wenn man zum Beispiel eine Aussage macht oder eine
Frage formuliert, intoniert man jeweils anders, so dass daraus ein
„Sprachgesang“ entstanden sein kann. Ähnliches kann man heute noch bei manchen
Urvölkern beobachten.
Noch weitere Erklärungsversuche stellen die Rhythmik in den Mittelpunkt. Ein gemeinsamer Rhythmus könnte als „Puls“ beim Arbeiten wie zum Beispiel beim Bauen oder Rudern gedient haben. Es stärkte die Gemeinschaft welche zusammen arbeiten musste, um zu überleben. Der Rhythmus könnte durch Klatschen, Stampfen oder Schlagen auf Gegenständen erzeugt worden sein. Die Wirkungen rhythmischer Komponenten der Musik stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit der beruhigenden Wirkung des mütterlichen Herzschlages für Embryonen und Säuglinge.
Rhythmische Komponenten der Musik verdanken ihre Entstehung aber auch ihrer Nützlichkeit bei Nachrichtenübermittlungen z. B. durch Trommeln, schließlich wird der gesungene Ton weiter getragen als der gesprochene. Die Urmenschen könnten sich somit wie Jodler verständigt haben.
Der
Musikgenuss tritt in der Ausprägung, wie wir es von Menschen kennen, bei Tieren
nicht auf. Singende Tiere, wie Vögel, manche Walarten usw. dürften jedoch im
Zusammenhang mit ihren Gesängen Gefühle entwickeln. Auf jeden Fall ist
jeglicher Musikgenuss stammesgeschichtlich relativ jung. Deshalb ist er wahrscheinlich
durch Lernen vergleichsweise stark beeinflussbar und genetisch leicht
zerstörbar. Außerdem ist musikalisches Empfinden i. d. R. nicht unbedingt
lebenswichtig (existenziell). Das würde erklären, weshalb bei vielen Menschen
die Fähigkeiten zu singen und Musik zu genießen mehr oder weniger verschwunden
sind. Hinweise zur Entstehung des Musikgenusses geben auch neuere
Untersuchungen zu seiner Lokalisierung im menschlichen Gehirn.
Die Lokalisierung des Musikgenusses im menschlichen Gehirn
Wie bei allen Gefühlen spielt die Großhirnrinde, die den Menschen und seine
explosive Höherentwicklung in den letzten Jahrmillionen besonders
charakterisiert und verursacht hat, für den Musikgenuss nur eine untergeordnete
Rolle. Das Hörzentrum (in der Großhirnrinde) erkennt und verarbeitet jede Art
von akustischen Signalen, die zugeordneten Gefühle werden aber primär in
stammesgeschichtlich älteren Hirnteilen (unterhalb der Großhirnrinde) erzeugt
und erlebt. Interessanterweise werden aber beim Hören dissonanter oder konsonanter
Klänge jeweils verschiedene Regionen der Großhirnrinde (im Stirnhirn)
aktiviert. Diese Regionen arbeiten zum Teil als Belohnungszentren. Rauschartige
Begeisterung durch Musik wird aber genau da erlebt, wo wir es erwarten, nämlich
in stammesgeschichtlich alten Hirnstrukturen (Limbisches System, Hypothalamus
usw.), in denen z.B. auch sexuelle Genüsse, Essgenuss und Drogenrausch erlebt
werden. Aus diesen Befunden lässt sich folgende Hypothese ableiten: Eine
primitive Genussfähigkeit für Rhythmen, Töne und Melodien haben vor allem Landwirbeltiere
bereits vor der Entstehung des Menschen entwickelt. Das kann unter anderem
durch die arterhaltenden Folgen von Appetenzen gegenüber Rhythmen, wie z. B.
des Herzschlages, oder Melodien, wie z.B. des Vogelsangs, entstanden sein.
Menschen und die meisten Landwirbeltiere, welche neugierig und gerne ihre von
Gesang, Hall, Blütenduft, Blütenfarben usw. erfüllte Umgebung erforschten und
dadurch kennen und beherrschen lernten, hatten bessere Überlebenschancen als
andere (z.B. unmusikalische). Der Genuss von Hall lockte beispielsweise in die
Sicherheit von Höhlen.
Die Fähigkeit, zum differenzierten Musikgenuss, insbesondere zur Unterscheidung
zwischen Dissonanzen und Konsonanzen, entstand dagegen wahrscheinlich erst
später und vielleicht nur in menschlichen Gehirnen und Gesellschaften.
Widmen wir uns nun dem Musikgenuss noch etwas genauer:
Der musikalische Genuss ist stark von grundsätzlichen Charaktereigenschaften abhängig. Beispiele:
Harte,
schnelle Rhythmen werden häufig von Menschen mit aggressiven,
temperamentbetonten, leidenschaftlichen Charakterzügen bevorzugt.
Sanfte Rhythmen bevorzugen häufig ruhige, depressive oder phlegmatische Typen
(Gehirne).
Auch zwischen Intellekt und anspruchsvoller Musik scheint ein Zusammenhang zu
bestehen. Dass es mit dem Intellekt in Deutschland u a. dank „verbesserter“
Fernsehangebote seit Jahrzehnten abwärts geht, hat sich bei den davon nicht
Betroffenen herumgesprochen. Möglicherweise passen auch monotone Musik und
monotone (intelligenzarme) Gehirne zusammen. Mit anderen Worten es existiert
rund um Pisa ein riesiger Markt für geistlose Monotoniekunst jeder Art.
Schon am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man riesige Erfolge in der Kunst (z.
B. Malerei) beobachtet, bei denen Künstler ohne viel Kreativität und Können
Erfolge erzielten. Phantasielose Monotonie schien kein Hindernis zu sein, wenn
die Menschen doch nach jahrhundertelangen Belästigungen durch anspruchsvolle
Musik (Kunst) endlich mal wieder was Neues (Eintöniges) haben wollten. Man
konnte z. B. wahllos (hirnlos) Farbbeutelchen an Wände werfen oder Bilder von
Affen oder Robotern malen lassen und selbst anerkannten Kritikern als Kunst
„verkaufen“.
Solche
Banalitäten stell(t)en kein Hindernis dar, wenn ein berühmter Künstler diese
„Kunstobjekte“ unter seinem Namen für teures Geld verhökern wollte und will.
Tatsächlich entwickelte sich auch ein entsprechendes Musikangebot mit riesigen
Erfolgen, allerdings rund um Berlin (vielleicht, weil Berlin schon früher
einmal als Zentrum der Hirnlosigkeit wahnsinnige (Miss)erfolge gefeiert hatte,
vielleicht auch, weil Berlin als größter Vorort von Pisa aufgefasst werden
muss. Bei den jüngeren Paraden der Liebe in Berlin (oder Essen usw.) taumeln
zwischen der normalen Mehrheit jedenfalls immer auch einige Hirnamputierte im
Kreis. Das liegt daran, dass mancher dieser Tänzer früher noch ein Pisa (um den
Flächeninhalt zu berechnen), wo er heute nur noch einen Kreis sieht, auf dem er
sich dreht. Er versucht nämlich dabei mittels diverser Drogen den Frust zu
vergessen, der durch die selbstverordnete Blödheit und die fremdverordnete
Ausbeutung entsteht.
Der
Wandel von der nationalwahnsinnigen Raff-Parade über die kommunalwahnsinnige
RAF-Parade zur liberalwahnsinnigen love parade macht den Wahnsinn menschlicher
Entwicklungen wahnsinnig deutlich.
Cäsar, Bismarck, Wilhelm II., Hitler, Stalin, Mao usw. ertränkten ihre Nationen
mit radikalen Zwängen, Imperialismus und Massenmord in Gleichheit, Unfreiheit
und Terror.
Meinhof badete die Nation in seinen Schleyerhaften blutverschmierten Träumen
von einer sozialistischen Gerechtigkeit.
Love-parades tauchen die halbfreien Nationen in den Nebel des heterogenen Chaos
von destruktiven Drogen, konstruktiver sexueller Befreiung, Verdrängung, Müll,
Lärmbelästigung, Liebe, Lust und Leiden schafft.
Alle Paradeure setzten zeitweise ihre Ideologien durch. Vielleicht wurde es
sogar besser, bestimmt aber nicht gut.
Im gleichen Maß, in dem die allgemeine Volksverblödung zunimmt, nimmt auch das
Niveau der Musik ab, insbesondere werden Melodie und anspruchsvolle Rhythmen
abgebaut. Monotoner Sprechgesang und ebenso monotone rhythmische Begleitung
feiern bereits riesige Erfolge. Auch das große Ziel: reines Hämmern auf einen
hohlen Baumstamm, ist, dank affenartiger Abwärtsentwicklung nicht mehr fern.
Hoffen wir nur, dass die Menschheit ihre großen Vorbilder, die armen
Schimpansen, auf dem Weg zum intellektuellen Niveau von Pantoffeltierchen nicht
zu lange mit freundschaftlichen Vergesellschaftungsversuchen belästigen wird.
So jedenfalls führten die beschriebenen Entwicklungen dazu, dass ohne den
geringsten kompositorischen Aufwand so genannte Musikstücke entstanden, bei
denen der erste Takt ca. 100-mal wiederholt wird. Manchmal wurden zur
Frustration (und Überanstrengung) einiger Zuhörer mit scheinbarer Anenzephalie
(fehlendes Großhirn) auch zwei oder drei Takte modifiziert („Improvisation“).
Diese neuen „Musik“richtungen gab man Namen. Der bekannteste lautet Techno.
Allerdings ist nicht alles, was „Techno“ ist dumm und monoton.
Die größte Lust, die durch diese Art der „Musik“ („Kunst“) erzeugt wird, könnte
die Ökonomisierungslust sein. Diese Lust haben schon viele Künstler aller
Künste erlebt, als und weil sie nahezu ohne Aufwand zu Geld und Erfolg kamen
und kommen. Aber auch die Konsumenten haben viel Spaß an dieser Musik. Gegen
diesen Spaß soll sich auch unsere Polemik nicht richten. Sie richtet sich
ausschließlich gegen die (Monotonitäts)dummheit, die übrigens primär von
scheinbar intelligenten Politikern und religiösen Führern verursacht wird.
Diese sind es nämlich, die die Grundzüge unserer merkwürdigen (Bildungs)Politik
bestimmen. Objektiv schlechte Musik existiert nicht, wohl aber objektiv
schlechte Texte, die sowohl durch Volksverblödung entstehen als auch Volksverblödung
erzeugen. Am bekanntesten sind schlechte Texte, die nicht nur Unterhosen,
sondern auch Blut und Boden und Blöde blutig bräunen.
Die Mehrheit der Menschen bevorzugt (glücklicherweise?) Tonfolgen, die zwar
originell und abwechslungsreich sein können, aber weitgehend in der jeweiligen
kulturellen Norm bleiben. In der westlichen Welt sind z. B. die zwei oder
dreiteilige Liedform sehr populär. Diese Form findet sich bei den meisten
Volksliedern und häufig in der Popmusik. Zum Abschluss vieler Musikstücke wählt
man in der westlichen Welt gerne die Kadenz (s. o.).
Die starke Beeinflussbarkeit und Kombinierbarkeit erlernter und erworbener menschlicher Gefühle zeigt sich in der Musik besonders deutlich. Viele berühmte und beliebte Menschen hatten (haben) große Erfolge mit Gesangstücken, obwohl sie gar nicht oder schlecht singen konnten. In jüngster Zeit haben sogar Menschen mit Sprechgesang große Erfolge, die vorher in einem Container ihre geistigen und/oder charakterlichen Schwächen einem begeisterten Millionenpublikum stolz vorgestellt haben. Für diese Erfolge spielen Identifikation und der Aschenputteleffekt eine große Rolle. Es gibt Milliarden Menschen, die ein ähnlich niedriges Intelligenzniveau aufweisen, wie manche Big-Brother-Darsteller, manche Dschungelsternchen usw. und sich deshalb mit diesen gut und gerne identifizieren. Gerade solche Menschen träumen von einem märchenhaften aschenputteligen Aufstieg in ein Leben als Prinzessin ohne große Anstrengungen. Lady Di ist das bekannteste Beispiel für eine solche (allerdings liebenswerte) reale Prinzessin. Millionen Menschen identifizierten sich mit ihrer Aschenputtelkarriere und opferten nach ihrem Tod Millionen für Blumen und Grabbesuche statt für Minenopfer, was Lady Di sich wahrscheinlich gewünscht hätte.
Musik und Imitationslernen
Gefühle der Bewunderung und der Genuss beim Nachahmen von Idolen (Madonna, Elvis Presley usw.) erhöhen die angenehme Wirkung der Musik, die Idole machen oder schätzen. Auch diese emotionalen Verknüpfungen sind manchmal anti- und manchmal prohedonisch. Sie können z. B. schädlichen Drogenkonsum fördern, wenn und weil einige Prominente Drogen konsumieren. Sie können aber auch zum Beispiel im Kabarett konstruktive Bewusstseinsveränderungen und Handlungen bewirken.
Literaturempfehlungen
Das
Wesen der Zeit (www.daswesenderzeit.de)
ABC der Relativitätstheorie von B. Russell
Die Unsterblichkeit der Zeit Paul Davis
www.abenteuer-universum.de
Im Anfang war der Wasserstoff Hoimar von Ditfurth
Kinder des Weltalls Hoimar von Ditfurth
Bildung Dietrich Schwanitz
Warum ich kein Christ bin B. Russell
alles von Karl Popper
Die Rückseite des Spiegels K. Lorenz
Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit K. Lorenz