Beispiele für durch Chaosethik entstehende Konflikte
Wir widmen uns zunächst religiösen
Ethiken: Wir stellen einige religiöse Werte (Dogmen) voran, an denen wir
beispielhaft die innere Widersprüchlichkeit religiöser Ethiken verdeutlichen
werden:
- Zölibat
- Aufruf zur Vermehrung
- Verbreitung bzw. Erhaltung der katholisch-christlichen Ideologie
- Ablehnung der Homosexualität
- Nächstenliebe
- Schöpfungstabu
Viele wichtige Beispiele für vermeidbare innere Widersprüche in religiösen
Ethiken entstehen aus der Unvereinbarkeit des Gebotes der Nächstenliebe mit
vielen anderen religiösen Ge- und Verboten. Nächstenliebe lässt sich z. B. häufig nicht vereinbaren mit Tötungstabu, Selbstschöpfungstabu,
Organspendetabu, Sterbehilfetabu, Abtreibungsverbot, Monogamie, Scheidungstabu,
Vermehrungsgebot, Feiertag heiligen, kein Bildnis machen, Feindesliebe, Abwertungen
von Frauen, anderen Religionen und so weiter. Von kirchlicher
Prachtentfaltung und kriegerischen Aktivitäten wollen wir an dieser Stelle
lieber schweigen! Verdeutlichen wir das ganze noch an einigen konkreteren
Beispielen. Wer seinen Nächsten liebt wie sich selbst, muss, um dieses Gebot zu
erfüllen, in bestimmten Situationen töten, ehebrechen, stehlen, lügen usw.
Unangenehme Gefühle (Selbstvorwürfe, Gewissensbisse usw.) nachdem man einen
sadistischen Mörder getötet hat, der gerade im Begriff war, den eigenen
Lebenspartner zu töten, werden jungen Menschen einprogrammiert
(ankonditioniert), auch wenn sie destruktiv wirken können. Entsprechendes gilt
für Menschen, die unwissentlich mit ihrer eigenen Mutter geschlafen haben
(Ödipuskonflikt) und für Milliarden andere menschliche Tragödien.
Das verabsolutierte religiöse Tötungstabus führt (wieder im Verbund mit dem
Schöpfungstabu) dazu, dass Eltern eines siamesischen Zwillings sich gegen
ärztlichen Rat der Tötung eines dieser Kinder widersetzen, auch wenn sie dadurch
beide Kinder töten. Dieser reale Fall ist unten näher erläutert.
Ein besonders fatales Beispiele, das wir schon einige Male aufgegriffen haben,
ist das folgende: Nächstenliebe ist eines der wichtigsten Motive für technische und medizinische Hilfe. Diese
bewirkt, dass „Gott ins Handwerk gepfuscht wird“, indem sein Schöpfungswerk,
die menschliche Erbinformation, verändert wird. Damit schafft sie ungeheure
Qualen und finanzielle Belastungen, die auch wieder mit dem Gebot der
Nächstenliebe absolut nicht vereinbar sind (naive Scheinhumanität?).
Der Schiffbruch des Kannibalismus
Das ethische Chaos wollen wir zudem an einem authentischen Beispiel aus dem 19.
Jahrhundert verdeutlichen. Einige englische Schiffbrüchige in einem
Rettungsboot hatten, während ihrer 3-4 wöchigen Odyssee ein Besatzungsmitglied
getötet und gegessen. Anderenfalls wären alle verhungert. So dagegen wurden alle
anderen halbtot gerettet. Trotzdem wurden die Täter später zum Tode verurteilt.
Sie, insbesondere der Vorgesetzte, hatten ihre Tat als Pflicht zur Rettung der
restlichen Besatzung aufgefasst, nicht als Mord. Deshalb hatten sie auch
ehrlich über die Vorgänge berichtet. Die Urteilsbegründung der Richter hatte
auch ganz entsprechend wenig mit der Tötung, aber sehr viel mit dem Kannibalismus
zu tun. Vielleicht wollte man auch nur Gott sein alleiniges Recht auf
überlebenswichtige Entscheidungen zurückgeben. Zur Perfektionierung des Chaos
wurden die Täter schon nach einem halben Jahr Haft begnadigt. Zur weiteren
Perfektionierung endeten beide (aufgrund von Gewissenskonflikten?) im Alkoholismus.
Zur endgültigen Perfektionierung haben seitdem fast alle Menschen, die (z. B.
in vielen Kriegen) aus Not oder Rache kannibalische Tötungen vollzogen, darüber
geschwiegen. Man hatte also nichts erreicht außer dem Wichtigsten: nicht mit
dem Ekelkannibalismus konfrontiert zu werden.
Aus der Sicht einer rationalen Ethik ist Kannibalismus (nicht die Tötung) natürlich
nahezu völlig unkritisch. Die dominierenden „tierlieben“ Religionen dagegen
erzwingen, dass nur Maden und Bakterien menschliche Leichen verspeisen dürfen.
Halten wir also resümierend fest: In der menschlichen Chaosethik wird das
Verbot des Kannibalismus über das religiöse! Tötungstabu gestellt. Der Grund
liegt wieder einmal in der visiomanen grausamen Vorstellung
menschenfresserischer Aktivitäten. Das unendlich grausamere Verhungern der
restlichen Besatzung (oder auch ungezählter kannibalisch aktiver Soldaten, z.
B. deutscher und japanischer im 2. Weltkrieg) ist ein weniger spektakulärer Vorgang,
den man zudem „gewissenhaft“ (oder gewissenlos?) wie üblich recht gut
unter „gottgewollt“ abheften kann.
Das Zölibat steht im Widerspruch zum
Aufruf zur Vermehrung und zur Verbreitung bzw. Erhaltung der katholisch
christlichen Ideologie.
Ganz anders die Ablehnung der Homosexualität.
Sie ist schon in vorreligiöser Zeit zur Erhaltung von Arten entstanden und
dient auch heute innerhalb einer Religionsgemeinschaft zu deren Erhaltung. (Religions)Gemeinschaften,
die Homosexualität verbieten, wuchsen und wachsen stärker als vergleichbare
Konkurrenzgemeinschaften ohne dieses Tabu. Gleichzeitig steht die Tabuierung
der Homosexualität aber im Widerspruch zum Gebot der Nächstenliebe.
Homosexualität und Zölibat vermindern die Vermehrungserfolge betroffener Gemeinschaften.
Das geschieht allerdings nur in geringen Maßen und wir wissen (beim Zölibat!) nicht
genau, ob es überhaupt als negativ bezeichnet werden kann. Dennoch gilt
grundsätzlich: Es ergibt sich ein Widerspruch, wenn Homosexualität verboten
wird, Vermehrung, Zölibat und Geschlechterisolation (s. u.) jedoch zum Gebot
gemacht wird.
Wahrscheinlich bewirkt gerade die Tabuisierung der Homosexualität deren
Erhaltung und Zunahme. Sie zwingt Homosexuelle in Ehen und führt dadurch oft
zur Vermehrung. Auf diese Weise werden zumindest die angeborenen Ursachen der
Homosexualität des Öfteren weitergegeben. Doch haben Religionen weitere Tricks
zur Förderung der verhassten Homosexualität:
Ein weiterer typisch religiöser Widerspruch
entsteht durch die sexualfeindlich motivierte Trennung der Geschlechter in Schulen, Klöstern, Gefängnissen,
Internaten, Vereinen, beim Militär usw.
Ob Gott und
Allah wohl auch zwei getrennte Himmel haben, damit alle 72 (nach Otto Waalkes sogar
nur 2) Jungfrauen (nur!) ihre Authentizitätsneurosen befriedigen können?
Andernfalls müsste die Jungfrau Maria vor dem Josephshospital für
Implantationschirurgie einen Jungfernhäutchen-Großhandel eröffnen.
Alle Trennungen dieser Art fördern die Entstehung homosexueller Gefühle und sexueller
Fehlentwicklungen, die gerade von manchen religiösen Kräften bekämpft
werden.
In ganz besonders große und häufige
Konflikte gerät der gute Christ, wenn es um die von Jesus geforderte Liebe zu Feinden geht. Die bringt ihn
in Widerspruch mit den meisten religiösen Geboten, ja mit seiner gesamten
Ideologie. Seine Feinde sind nämlich häufig auch Feinde seiner Religion. So hat
man Feinde der eigenen Religionen zu allen Zeiten verfolgt und umgebracht. Noch
heute bildet man, z. B. im Münsterland, kleine lügende Landwehren (auf
westfälisch: lüggern Lütke Landwehr), die unkeusche, feindliche Biologielehrer
mit Lügengerüchten verfolgen.
Die mangelhafte wissenschaftliche Begründung und Analyse der angesprochenen
Normengefüge, insbesondere aber des Zölibats, ergibt sich schon aus dessen
Entstehung. Es ist eine emotionale und im Sinne des Katholizismus irrationale
Überreaktion auf das ausschweifende Lustleben der katholischen Priester im
Mittelalter. Im Sinne des Hedonismus ist diese Überreaktion rational, da Minderungen
katholischer Macht für den Hedonismus konstruktiv wirken können. Das päpstliche
Vermehrungsverbot für katholische Priester hat insofern etwas Masochistisches
an sich, als es auch die Mehrung katholischer Macht und die Verbreitung des
Glaubens behindert.
Leider hat die betroffene Kultur eher mit einer teilweise antihedonischen
Spaßgesellschaft auf diesen (fast alle) Fehler des Katholizismus reagiert,
statt mit konstruktivem Hedonismus.
Die geistlose, zeitgeistliche raumzeitliche
Stammzellkriminalität
Die Krönung der doppelmoralischen Verlogenheit haben deutsche Parlamente
bei ihrer gesetzlichen Regelung der Stammzellnutzung vollzogen. Hier kommt es
auf jeden Zentimeter und jede Sekunde an. Wenn embryonale Stammzellen 50 cm
westlich der deutsch-belgischen Grenze vor 2007 gewonnen wurden, dürfen mit
ihrer Hilfe in Deutschland forschende Lebensrettungsversuche vorgenommen
werden. Später und 50 cm östlich führen sie in den Knast. Was hat das mit
Logik, Würde, Gerechtigkeit und Lebensqualität zu tun? Ist es die alte
Herrenrasse, der man keine Stammzellen entnehmen darf, weil diese heilig oder
gefährlich sind? Nein! Die Verbote gelten mit antirassistischer Korrektheit
auch für jeden Immigranten. Die einzige Logik, die sich in dieser Lösung finden
lässt, ist die Logik der absoluten Faulheit von Kompromissen. Ein Mix, bei dem
dem bischöflichen Mixer genauso schlecht wird wie dem bushhöflich mixenden Forscher.
Nur gut, dass Edgar Wallace das „M“ in Mixer nicht mehr in marxistischer
Tradition auf den Kopf (Füße) stellen kann.
Abschließend widmen wir der Nächstenliebe noch einige Sätze, weil sie nicht nur
formal als nahezu optimaler Konfliktdünger genutzt wird, sondern auch ein
ausgezeichnetes Beispiel für Werte darstellt, die schon für sich allein
genommen (rein inhaltlich) sehr fragwürdig sind.
Auf diesem Planeten sind es meistens nicht die Nächsten, sondern die Fernsten
(in den Entwicklungsländern usw.), die Hilfe besonders nötig haben. Trotzdem
halten sich die Liebenden weitaus überwiegend (bestimmt nicht christlich, aber biblisch
wörtlich) an ihre nahen Nächsten, während die fernen Nächsten allenfalls als
übernächste dran kommen. Vielleicht lieben ja die reichen Nächstenliebenden am
meisten ihre Allernächsten (Rassismus, Ignoranz, Egoismus, Bequemlichkeit usw.).
Treue
Ganz besonders delikate Masochistenkonflikte erzeugen Menschen, wenn es um die
Probleme von Treue und Polygamie
geht. Wir beleuchten beispielhaft Promiskuität =(häufiger
Sexualpartnerwechsel) und Prostitution:
Milliardenfach erleben Menschen, dass ihr Partner ihre völlig berechtigten
Sexualbedürfnisse (meist religionsbedingt) nicht befriedigen kann oder will.
Bei fast allen anderen Bedürfnissen (z. B. sportlichen oder angeberischen)
lassen die menschlichen Verhaltensregeln Ersatzbefriedigungen zu. In der
Sexualität dagegen strebt man wie üblich nach der Perfektionierung der
Konflikte und Frustrationen.
Eine wissenschaftliche Untersuchung, Ursachenforschung und objektive Bewertung
des Treueproblems erspart man sich dabei seit Jahrzehntausenden, ja man
bekämpft sie sogar.
Sexuelle Ersatzbefriedigungen mit Prostituierten, Geliebten usw. werden nahezu
weltweit (oft radikal) tabuisiert (Monogamomanie?). Trotzdem erstreben,
erhalten und nutzen die meisten (besonders männliche) Wesen diese Befriedigungsmöglichkeiten
(mit Frauen!, Freuden und Grauen). Einige haben (solange sie nicht
erwischt werden) Spaß bei der Sache. Andere quälen sich mit Schuldgefühlen und sonstigem Stress. Bei
Aufdeckung der Übeltaten kommt es schon mal zu Beseitigungen der Übeltäter (Frei
nach Jimmy Hendrix: „Hey, Jo! Where do you go with that gun in your hand?“).
Eifersucht und Treueverherrlichung werden (wie fast alle Normen)
unkontrolliert, unreflektiert und unbewusst verinnerlicht (=internalisiert) und
verabsolutiert. Konflikte mit dem Ehrlichkeitsideal und Schöpfungstabu entstehen
so, wie so oft, zwangsläufig. Sexualität darf nicht zur Ware werden.
Menschen, besonders Frauen, die ihren Sexualpartner häufig wechseln, werden
verspottet oder sogar verteufelt (Blondinenwitze usw. [s. o.]). In Literatur
und Film wird deutlich sexualfreundliches Verhalten meistens mit Kriminalität,
Boshaftigkeit und psychischen Störungen gekoppelt. Obwohl es Millionen Menschen
gibt, die (z. T. sogar in Ehen) gemeinschaftlich den Partnerwechsel genießen,
wird solches Verhalten in fast allen literarischen und filmischen Darstellungen
mit Scheitern gekoppelt (von Stammtischen, Kaffeekränzchen, Gartenzäunen,
Kanzeln usw. schweigen wir hier lieber). Mit diesen papstfreundlichen Methoden
wird Treue (Sexualfeindlichkeit?) suggestiv und manipulativ bewahrt und
geschaffen. Die Konsumenten (Manipulierten) werden sich (wie üblich!!) meistens
dieser Lernvorgänge nicht bewusst und können sich später oft trotz besserer
Argumente von irrationalen Sexualtabus (allem Irrationalen) nicht distanzieren.
Auch die angesprochene Heterogenität (Zusammenleben von Freunden und Feinden
der Treue) verstärkt Frustrationen und Konflikte.
Genauere Analysen zu Ursachen, Sinn und Unsinn von Treue und Untreue finden
sich in Kap. X
Ein weiteres Riesenproblem schaffen Menschen sich beim Umgang mit einer ihrer
Lieblingsabsolutnormen, der Ehrlichkeit.
Ehrlichkeit
Die irrationale Forderung nach absoluter Ehrlichkeit führt zu Konflikten
mit Nächstenliebe und Lebensqualität. Der absolut ehrliche Mensch muss zum
Beispiel seinen Partner -und dadurch auch sich selbst- mit Kritik an Dingen
(Verhalten), die der Partner nicht ändern kann, frustrieren. Er kann sich nicht
mit Notlügen gegen ungerechtfertigte Forderungen wehren. Zum Glück waren Kopernikus,
Galilei, Darwin und unzählige Opfer von Inquisition und Folter nicht immer
ehrlich. Ohne konstruktive Anonymität und Lüge wäre wissenschaftliche und
ethische Höherentwicklung gegen (religiöse) Dogmen noch weniger und langsamer
möglich gewesen als es auf diesem Planeten ohnehin schon der Fall war. Dies ist
ein Beispiel für konstruktive Wirkungen von Freiheit, Anonymität und
Unehrlichkeit.
Mit unserem nächsten Beispiel wenden wir uns den nicht nur südwestlichen
Landstrichen Makabriens zu.
Kannibalismus bei Flugzeugabsturz
Bei einem weltbekannten Flugzeugabsturz in den Anden ernährten sich
Überlebende von den Leichen anderer Flugpassagiere. Diese hedonisch-objektiv bekanntlich
völlig unkritische Verhaltensweise führte bei ihnen und anderen Menschen
(Presse usw.) zu erheblichen Konflikten und Vorwürfen (Gründe siehe oben). Ohne
diesen Kannibalismus hätte mancher der Flugpassagiere wohl nicht überlebt. Der
Verzicht auf das menschliche Fleisch wäre einem Selbstmord, das Einfordern
des Verzichts einem Mord, gleichgekommen. Beides hätte gegen starke religiöse
Normen verstoßen. Dennoch wurden von religiösen Seiten mit vegetarischer
Eminenz die entsprechenden Forderungen nach Verzicht (nachträglich) gestellt.
Die Krönung dieser Irrationalität liegt in einer Aussage, die man in diesem
Zusammenhang häufig aus religiösen Kreisen hört. Diese Aussage lautet
sinngemäß: „Wenn die Menschen (Flugpassagiere, zusammengewachsene Zwillinge [s.
o und s. u.] usw.) ohne menschliche Eingriffe (Kannibalismus, Operation usw.)
sterben, wird das wohl Gottes Wille gewesen sein.“ Hier hilft das
antihedonische Selbstschöpfungstabu sehr makaber hedonistisch, den großen
Konflikt zwischen verschiedenen, sich widersprechenden religiösen Forderungen
zu lösen: Die Gewissensbisse, die auftreten, wenn Menschen aufgrund des
Kannibalismustabus sterben müssen oder wenn beide Zwillinge (s. u.) aufgrund
der Passivität sterben, werden aus himmlischste gemildert (Gott zugeschustert).
Auf jeden Fall gilt für viele Millionen Menschen die fatalistische Devise:
Lieber unglücklich oder tot, als die Aufgaben eines nicht existierenden
Gottes konstruktiv selbst übernehmen.
Eingefleischte Atheisten vertreten allerdings den
Standpunkt, dass Gott das einzige religiöse Wesen ist, das den Abgestürzten
usw. den Konsum von Menschenfleisch (wie auch noch manche andere Fleischeslust)
nicht verübelt, sondern empfohlen hätte. Das liegt wohl daran, dass nicht Gott,
sondern seine irdischen Vertreter vom Fleisch fallen, wenn der fleißchige Verkauf
der fleischgewordenen Himmelreichflugtickets abflaut.
Als nächstes betrachten wir ein besonders
päpstliches Selbstquältabu, das Scheidungstabu.
Scheidungstabu und Lebensqualität
Auch
wenn in einer Partnerschaft völlig klar ist, dass die Lebensqualität beider
Partner (und ihrer Kinder) durch eine Trennung erhöht wird, erleben beide
Konflikte, wenn destruktive Scheidungstabus in ihre Köpfe manipuliert
wurden.
An dieser Stelle wollen wir noch einmal verdeutlichen, wie auch irratonale
Werte in einer Welt des allgegenwärtigen Chaos extrem konstruktiv wirken
können. Mathematisch und logisch gesprochen heben sich zwei negative Wirkungen
auf oder verkehren sich gemeinsam sogar ins Gegenteil. Das negative Scheidungstabu
hat nämlich bei der Befreiung von der noch negativeren religiösen
(katholischen) Unterdrückung eine erhebliche Rolle gespielt. Hätte der Papst
seinerzeit Heinrich dem 8. in England nicht die Aufhebung seiner Ehe
verweigert, so hätte sich die englische Kirche nicht vom Papst losgesagt. Diese
Trennung (Protest) hat später noch viele Protestanten befördert (z. B. gen
Himmel und Hölle sowie auf Throne und in Parlamente) und so erheblich zur
Demokratisierung und damit noch später weltweit zur Industrialisierung,
Liberalisierung, Aufklärung usw. beigetragen (Näheres im Kap. „Geschichte“).
Wie die negative päpstliche (leonisch innozente) Geldgier ohne Ablass diverse
Reformatoren dazu bewegt hat, ebenfalls Millionen Menschen von
hochunchristlicher negativer katholischer Ausbeutung zu befreien, haben wir
ebenfalls an anderer Stelle genauer erläutert. Dieses Beispiel zeigt
allerdings, dass nicht immer zwei negative Wirkungen zu positiven Konsequenzen
führen müssen. In diesem Fall waren auch 30 Jahre grauenhaftester
Kriegsaktivitäten die Folge. Minus mal minus gibt nur bei einfachen und/oder
reinen Systemen plus. Alle komplexen (und damit alle sozialen und kulturellen)
Systeme bestehen aus zahlreichen Untersystemen und damit aus zahlreichen Plus-
und Minuszeichen. Ihr komplexes Zusammenwirken ist für menschliche Geister
nicht vorhersagbar. Dennoch ist es wahrscheinlich grundsätzlich durchschaubar. Die beschriebenen Plus- und
Minus-Interaktionen lassen sich übrigens auch als dialektische Prozesse oder
als binäre Informationsverarbeitungen (Computer usw.) auffassen und
beschreiben.
Ein paralleles Beispiel für das Zusammenwirken solcher alternativer Kräfte
liegt bei der Informationsübertragung durch inhibitorische und exzitatorische
Synapsen vor. Hier geht es um geistige (auch emotionale) Prozesse vor allem im
Gehirn (Näheres im Kap. X).
Kommen wir nun zum bitteren Ende:
Der Tod
Im Zusammenhang mit Sterbehilfe, Abtreibungsproblematik, Notwehr und Krieg
lassen Chaosethiken eine Entscheidung zwischen Leben und Leben beziehungsweise
zwischen Leben und Lebensqualität ohne erhebliche Gewissenskonflikte nicht zu.
Selbst Menschen, die ihren Folterer in Notwehr töten, haben vielfach lebenslang
Gewissensbisse. Viele sind so sozialisiert, dass sie selbst einen Massenmörder,
der gerade im Begriff ist, die ganze Menschheit auszulöschen, nicht töten könnten.
Sie erwerben andererseits trotz des massiven Tötungstabus die Fähigkeit,
Hunderttausende sterben zu lassen, z. B. weil sie aus religiösen Motiven
Organspenden verweigern.
Auch das passive „diskrete“ Wegschauen beim (Hunger)tod von Millionen ist unter
„Menschen“ sehr beliebt. Solche (übrigens wieder z. T. göttlich fatalistischen)
indirekten Tötungsmethoden durch unterlassene Hilfeleistung sind nur in
besonderen Fällen verpönt und in der Regel überhaupt nicht strafbar.
Im Falle des Krieges entstand in Soldaten häufig ein Konflikt zwischen
Tötungsauftrag und Tötungshemmung, da es fast nie eine wirkliche Berechtigung
gab, den Kriegsgegner zu töten. Diese Berechtigung, bzw. die Pflicht zu töten,
bestand jedoch oft gegenüber den (Ver)führern (besser Unfairführern)
vieler Soldaten und Völker, die meistens egoistisch oder manisch Tötungshemmungen
mit Lügenpropaganda zu überwinden versuch(t)en. Wenn Menschen, wie z. B.
Angelina Jolie genau diesen Standpunkt öffentlich vertreten geraten sie
sogleich in noch öffentlichere Kritik. Weniger Kritik ernte(te)n die, die den Verführen Bewunderung, übertriebene
Nächstenliebe und Gehorsam schenk(t)en.
Widmen wir uns, um das Gleichgewicht zu waren, nun einigen inneren
Widersprüchen in den Selbststeuerungsprogrammen ganz anderer Ideologien:
Innere Widersprüche grüner Politik
(Ethik)
Grüne Politik ist grundsätzlich antirassistisch, also ausländerfreundlich und
in diesem Bereich auch sehr liberal. Diese Politik führt z. B. in
Deutschland zu einem relativ starken Zustrom von Ausländern und einer in der
Grundtendenz konstruktiven Durchmischung der Völker. Je größer die Gruppen, die
Ausländer in Deutschland bilden, jedoch werden, desto stärker schotten sie sich
i. d. R. von der deutschen (inländischen) Urbevölkerung und diversen
konstruktiven Entwicklungen (Frauenachtung, Sexualfreundlichkeit usw.) ab. Sie
bilden zunehmend eigene Subkulturen, die eigene Sprache, Bräuche, Ideologien
usw. bewahren. Zu diesen Bräuchen und Ideologien können Frauenfeindlichkeit,
umweltfeindliches Verhalten, rassistisches und antidemokratisches Denken usw. gehören.
Da die Nachkommenzahl der zugewanderten Ausländer relativ stärker ansteigt, als
die der Urbevölkerungen in den Industrienationen, nimmt auch der Einfluss
mancher destruktiver Bräuche und Ideologien allmählich zu. Diese Ideologien
stehen z. T. im Widerspruch zu Ideologien der Grünen, wenn nicht sogar der
westlichen, demokratischen, relativ emanzipierten Welt. Solche Entwicklungen
werden bei den Grünen (Demokraten) auf Dauer zu Stimmenverlusten, vielleicht
sogar zu ihrer selbstverursachten Abwahl, führen. Damit ist auch die grüne
(westliche) Ideologie (Emanzipation, Demokratie, Freiheit, hedonistisches
Denken, Antirassismus usw.) bedroht. Freiheit und Antirassismus sind
grundsätzlich überwiegend konstruktive Ideale. In Überdosis verordnet erweisen
sie sich, wie z. B. im oben beschriebenen Fall, als destruktiv und
selbstvernichtend. Die Revolution wird von ihren archaischen Adoptivkindern
gefressen.
In ähnlicher Weise vernichtet auch der liebevolle Verzicht auf Zwänge,
insbesondere den, die deutsche Sprache zu lernen, „grüne“ Werte, z. B. Bildung,
Umweltbewusstsein usw. Wie es sich auswirkt, wenn Deutsch zur einzigen
Fremdsprache an „deutschen“ Grund- und Hauptschulen wird, haben wir an anderer
Stelle genauer erläutert. Die ganze Problematik verdeutlichen wir dennoch
nochmals am Umgang der Niederländer mit ihren Einwanderern. Dieses Geschehen
wollen wir ausnahmsweise einmal in Gedichtform betrachten:
Die Zukunft der EU.
In
Holland, das ist jedem klar, Rassismus oft recht schwächlich war.
Drum ließ man alle Rassen rein und jeden wie er wollte sein.
Die Sprache ließ man sie bewahren, mit ihresgleichen nur sich paaren.
Wer aber dann nach Arbeit suchte, fast immer nach der Suche fluchte.
So wurd manch kolonialer Bürger zum Dieb, wenn nicht sogar zum Würger.
Ja einer übertrieb das noch am Beispiel Theodor van Gogh.
Weil man so was nicht leiden kann, stieg der Rassismus etwas an.
In anonymen Subkulturen entstand nun alles, sogar Huren.
Denn grad beim Thema Frauenachtung stieß man auf geistige Umnachtung.
Jedoch die Arbeitsplatzverwehrung schuf Zeit zur großen Volksvermehrung.
Nicht nur die Zahl stieg langsam an, nein auch so mancher andre Wahn.
Wer sich nicht freiwillig vermördert, der wurd mit Kindergeld gefördert.
Der liebe Holländer, oh Graus, er starb sich langsam selber aus.
Zum Trost auch nebenan wie dumm?, bracht Leidkultur sich selber um.
Es war zwar noch nicht ganz vorbei, doch siegte die Fundampartei.
Die führte alte Sitten ein. Man sprach erneut vom schwulen Schwein.
Bei Rindern konnte Freude sprießen. Sie dürfen Kehlschnitt voll „genießen“.
Nur Schweine, die Muslime ächten, vermissen dieses „nette“ Schächten.
Beliebter wurd`auch Ehrenmorden von Kaaba bis zu fernen Fjorden.
Ja mehr noch dieser Ehrenmord stieg reziprok zum Frauensport.
Durch klitorale Schnibbelei wurd manches Weib ganz vögel-frei
von übler, böser Sinneslust, doch darauf stieg auch leicht der Frust.
Die Frau war nun zwar lustlos treu, doch Er genoss Fremdvögelei.
Jetzt endlich unterm Minarette, war man viel wen`ger nett im Bette.
Die Gattin wurd islamisch prüde, der Gatte -nur zum Ausgleich- rüde.
Doch wurd`er nicht in Haft geschafft, denn alles wurde schleierhaft.
Und altbewährte Zwangsvermählung wurd neu genutzt zur Jugendquälung.
Ähm-Bayern rief noch „Kruzifixer, ein Kopftuchsieg ist nix für Mixa.“
Doch der Fundam erhielt den Ruhm, den einst genoss das Christentum.
Die Rassentoleranz ganz sachte, sich selbst das
Lebenslicht ausmachte.
Weil hier die Freiheit zu sehr blühte, die Lebensqualität verglühte.
Hätt´man die Sprache aufgezwungen, wär vielmehr
Liebe rausgesprungen.
Man hätt´viel weniger geweint und freundschaftlicher sich vereint.
Fundam = fundamentalistischer Islam
Während viele Holländer sehr schnell aus den beschriebenen Fehlern gelernt und
entsprechende Korrekturmaßnahmen eingeleitet haben, fischte ausgerechnet Joschka,
der sonst wirklich Komplimente verdient, in Deutschland u. a. in Form der Visa-Affäre
for westrussian compliments. Und tatsächlich müssen wir ein „Kompliment“
aussprechen: Als Folge wurden viele miese deutsche Zuhälter von teilweise noch viel
mieseren osteuropäischen aus ihrem geliebten Job komplimentiert.
Interessanterweise erweisen sich die destruktiv erscheinenden Meidungswünsche
bzw. Integrationszwänge, die konservative Parteien (zum Teil aus rassistischen
Motiven) fordern (aber in Deutschland kaum durchsetzen können), in diesem Fall
als teilweise konstruktives Medikament. Dabei erscheinen zwei Aspekte
betrachtenswert:
1. Der Zwang zur Integration vermindert antihedonische Heterogenität. Z. B.
wirkt es sich äußerst destruktiv aus, wenn in manchen deutschen Grundschulen tatsächlich!
70 Prozent der Kinder kaum ein Wort Deutsch, dafür aber acht verschiedene
andere Sprachen sprechen (s. o.).
2. Die deutsche (westliche) Ethik ist ein unreifer Brei, eine Mischung aus
rationalen und irrationalen Elementen. Dennoch ist sie dem entsprechenden
islamischen, besonders dem fundamentalistischen, Brei im Durchschnitt deutlich
überlegen. Frauenfeindlichkeit, Ehrenmorde, Racheverherrlichung, Schächten,
Schweinefleischaversionen, extreme Sexualfeindlichkeit, klitorale Beschneidung,
manchmal tödliche Pilgerfahrten nach Mekka, fünfmal-tägliches Beten,
festgelegte Fastenzeiten, antiwestliche Terrorverherrlichung usw. sind
tendenziell Normen, Denkmuster und Verhaltensweisen, die unreife,
antihedonische, bekämpfenswerte ethische Rückschritte darstellen. Umgekehrt enthält
auch die islamische (jede andere) Ethik (Ideologie) konstruktive Elemente, die
die westliche Welt übernehmen müsste. Dazu gehört z. B. eine Einschränkung von
Freiheit, die allerdings konstruktiv sein müsste, was sie in islamischen
Staaten oft nicht ist. Gefängnisse wirken weder konstruktiv, wenn sie in
Erholungsheime mit Drogenkonsum, Dachterrasse und Presserummel verwandelt
werden, noch wenn sie als Folterkammern missbraucht werden. Die westliche
Toleranz und übertriebene Freiheitsliebe (Schmusesozialisation,
Nächstenliebeneurose) sind der Humus, auf dem -auch in westlichen Ländern- Kriminalität
fundamentalistische Intoleranz, Antiliberalismus und Terror gedeihen können.
Die westliche Freiheitsliebe arbeitet
seit einiger Zeit an einem qualvollen, langsamen erfolglosen Selbstmordversuch
(s. o.).
Nach so viel negativer Kritik am Islam ist
es Zeit, ein Wort zu seiner Entlastung zu verlieren:
Es hat auf der Erde niemals vollkommen unberechtigte Rebellionen und völlig
falsche Ideologien gegeben. Dies gilt, obwohl der islamische Fundamentalismus,
insbesondere die Taliban in Afghanistan, sich Anfang 2000 extrem weit von
rationalen ethischen Werten entfernt haben, auch für den islamischen Terror. Er
ist z. T. als eine übertriebene Reaktion auf westliche und sowjetische
überschnelle Zwangsreformen, Ausbeutung und Misshandlung der arabischen Welt zu
verstehen. Dem Schah z. B. halfen verschiedene wirtschaftliche und politische
westliche Interessengruppen in seinen Ausbeutersattel. So gesehen muss es sogar
verwundern, dass terroristische fundamentalistische Gruppen innerhalb des Islam
dort eine Minderheit darstellen. Sie verdanken, wie meistens, ihre Existenz und
ihr Wachstum der Massenarmut, die westliche Mächte weltweit erheblich mitzuverantworten
haben. Endlich, seit Ende des 20. Jahrhunderts, beginnen einige westlich globalisierte
Politiker zu bemerken, wie massiv sie sich selbst durch derlei Egoismen
schaden. Die fundamentalistischen Patriarchen aller Länder werden dafür
(insbesondere, wenn es um ihren Umgang mit ihren Frauen geht) wohl noch Jahrhunderte
brauchen.
Interkontinentale Inkonsistenz
Um zu verdeutlichen, dass ethisches Chaos und Irrationalität überall
auf der Welt zu finden sind, betrachten wir ein Beispiel aus dem fernen Osten:
In Südostasien ist der Wert Konformität (nicht gegen bestehende Normen
verstoßen) so verabsolutiert, dass andere Werte wie Freiheit, Lebensqualität
und Leben oft auf der Strecke bleiben. Z. B. wurde die Freiheit chinesischer
Studenten, Freiheit zu fordern, in den neunziger Jahren blutig zerschlagen.
Allerdings wäre ohne diese Gewalt China möglicherweise in ein ähnliches
parasitäres Chaos (Korruption, Zwangsprostitution, Drogenmissbrauch an allen
Ecken und Enden usw.) gesunken wie die Sowjetunion (Russland) und einige
Nachbarländer nach Gorbatschow.
Der real existierende Chaotismus
Um das real existierende ethische Chaos zu perfektionieren, begnügen sich
viele Menschen nicht mit der hochkreativen Schöpfung phantastischer Widersprüche.
Sie kombinieren sie perfektionistisch mit Denkfehlern und irrationalen Werten.
Auch dafür wollen wir Beispiele betrachten: Ein häufig genannter irrational
verabsolutierter Wert ist die Erhaltung beziehungsweise Bereitstellung von
Arbeitsplätzen.
Humane
Sterbehilfe wird in vielen Ländern aus „menschlichen“ Gründen bekämpft. Sie
würde zum Verlust von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen in der Altenpflege
führen.
Wesentlich „rationaler“ erscheint dagegen die Argumentation der Kämpfer für die
Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie. Rüstungsgüter sichern,
schaffen und erhalten Arbeitsplätze durch die Vernichtung von Millionen von ärmlichen
Menschenleben wie die Pest. Der „humanitäre“ und ökonomische Höhepunkt wird
überall da erreicht, wo vormals arbeitslose Soldaten die Waffen nutzen, um Hungerleider,
Behinderte und waffenfeindliche Arbeitslose zu töten oder wenigstens (mit „guter“
Mine zum bösen Spiel) ein bisschen zu zerlegen. Dadurch können nämlich die
Beiträge zur Entwicklungshilfe und Arbeitslosenversicherung für Spitzenmanager (der
Rüstungsindustrie) gesenkt und Arbeitsplätze im medizinischen Sektor usw. geschaffen
werden. Beim Zerlegen begnügt man sich meist nicht mit Ohren (siehe unter
Charles Taylor (=das totalitäre liberianische Diamantenkarlchen) in deutscher
Aussprache: „Karl Teilohr“).
- gepflegt und sauber sein (vgl.
Hygienomanie ≈Sauberkeitswahn)
- angeben, Niveau haben, besser sein als Unterschichtler, Schmuddelkinder,
Gammler, Schuhverkäufer usw., unschädliches Rülpsen, Schmatzen, Gähnen, Furzen
tabuieren, häufig tödliches Händeschütteln, ins Ohr Flüstern, Anhusten jedoch nicht unterdrücken oder sogar
verherrlichen
- nicht belehrt werden wollen (Antibelehrungsneurose und
Antimanipulationsmanie)
- jeden so lassen, wie er ist („Nimm mich so, wie ich bin!“)
-lieber aus freier Entscheidung zum kinderschändenden Alkoholiker werden,
als durch Manipulation zum unmanipulierbaren, selbstbestimmten, kritischen,
verantwortungsbewussten Menschen
- glauben, dass Letzteres gar nicht geht
- immer „man selbst zu sein“ verherrlichen (≈
Authentizitätsneurose)
- nie gezwungen werden wollen (Liberomanie): („Jeda muss selba
wissen, was er macht.“ “Das kommt doch imma ganz drauf an.“)
- die Würde wahren, sie aber niemals exakt definieren
- Materielles abwerten- Ideelles aufwerten (s. o.)
- Anonymität schaffen, bewahren und nützen, um parasitieren zu können- („Jeda
ist sich selbst der Nächste.“). Dass naiver, parasitärer Egoismus sich auf die
emotionale Gesamtbilanz aller Beteiligten, also oft auch des Egoisten, negativ
auswirkt, ist besonders den Egoisten kaum bekannt. Die prohedonische massive, systematische
Förderung des Gegenteils (Altruismus), die früher von Religionen durchgeführt
wurde, verschwindet mit zunehmender Abwertung der Religionen durch an sich konstruktive,
kritische oder aber auch gleichgültige Menschen immer mehr.
- dumm und dogmatisch klare Entscheidungen und Bewertungen suchen und wählen
-komplexe und differenzierte, also anstrengende Meinungen, Meinungsbildungen
und Entscheidungen, meiden. Lehrer, Politiker,
Künstler, Nachbarn usw. sind entweder „gut“ oder „Scheiße“. Genau zu
differenzieren ist schwierig und anstrengend.
- sich
selbst grundsätzlich positiv bewerten, kleine Fehler aber eingestehen und ebenfalls
positiv bewerten
- das analytische Zerlegen der Seele und des Körpers (vgl.
Organspendeproblematik usw.) ablehnen, obwohl es das wichtigste Hilfsmittel und
notwendige Basis für (ganzheitliches) Verständnis und Selbsthilfe ist.
Letzteres wird allerdings tatsächlich leider von vielen Analytikern
vernachlässigt (Fachidiotie).
- Authentizität, Selbstverwirklichung, Ehrlichkeit, Treue, Gerechtigkeit,
Gleichheit, Brüderlichkeit, Bescheidenheit, Selbstdisziplin, Zuverlässigkeit,
Freiheit und so weiter höher bewerten als Lebensqualität bzw. all diese Ideale
mit Lebensqualität gleichsetzen und absolut setzen
- nicht wie ein Tier z. B. dumm, schmutzig, sexuell leidenschaftlich und
polygam usw. sein. Emotional und intuitiv (wie Säugetiere!) ist Mensch gerne, weil
er irrtümlich glaubt, Schimpansen seien dies weniger. Das - eher typisch
menschliche - perfektionierte Denken manchmal verherrlichen, manchmal
aber auch verteufeln (s. o.). Beispiele für diese Emotiomanie:
„Nur die Liebe zählt.“ Partner kommen und bleiben zusammen, obwohl sie ein
Leben voller Konflikte Streit, Schläge, Alkoholismus usw. führen, weil sie
glauben, Liebe könne alle Probleme überwinden, Trennung bzw. Scheidung
sei tabu, noch mal so einen Partner (soviel Liebe [Hiebe?]) zu finden, sei
unmöglich. Letzteres resultiert vor allem aus einer extremen Verherrlichung der
Monogamie. Antihedonische Programmierungssprüche besonders für Jugendliche und
Kinder: „Du, Du, Du allein“. „Ohne dich kann ich nicht leben.“ „Nothing
compares to you.” “ „”You`re the only one for me.“ and so on, verhindern die
Erkenntnis, dass meistens der 2. 3. 4. oder 10. usw. Partner der beste und
geliebteste ist bzw. geworden wäre.
Worte aus dem Tierreich, dem Weiblichen und dem Sexualbereich sind die
wirkungsvollsten Mittel für verbale
Beleidigungen. Dabei wäre das Wort „du Mensch“ („du Herr“?), das üblicherweise
das Gegenteil ausdrückt, zurzeit leider wesentlich besser für diese Funktion
geeignet.
- das
unmittelbare sichtbare Leid bekämpfen und abwenden, auch wenn dabei mittelbar
und langfristig größeres Leid entsteht (Visiomanie) - Beispiel: Überbehüten und
Überverwöhnen von Kindern macht diese zu mehr oder weniger lebensuntüchtigen,
unzufriedenen erwachsenen Nörgelprofis. Liebevolle Pflege und medizinische
Hilfe für genetisch veränderte Tiere und Menschen hilft den unmittelbar
sichtbaren Betroffenen, vernichtet aber tausendfach mehr Lebensqualität in den
Nachfolgegenerationen.
Die (humane?) Nahrungsmittelversorgung der verhungernden Kinder in Afrika führt
ohne gleichzeitige technische und wissenschaftliche Emanzipation (=konstruktive
Selbststeuerung) zu vielleicht viel schlimmeren Folgen (z. B. Kriege, Seuchen,
noch mehr Hunger usw.) der Überbevölkerung.
- unsachlich,
spontan, intuitiv, emotional diskutieren - Dabei werden Konflikte meistens
verstärkt und noch stärkere aversive Gefühle im Gesprächspartner geweckt.
-Normen unreflektiert und unkritisch übernehmen und nicht gewichten - Häufige
Programmierungssprüche:
“ Das tut man nicht.“ „Das gehört sich nun mal nicht.“ „Das ist ja nun mal auch
Gesetz.“ „Aba die anderen machen es doch auch.“ „Aba selba.“
- alles Humane für unvereinbar mit Vermarktung, Verwissenschaftlichung und
Zerlegung halten (s. o.)
- die reine, triebhafte, animalische Sexualität herabwürdigen oder
verteufeln - Sexualität also immer unlösbar mit Liebe und Zärtlichkeit
koppeln – (Programmierungs)sprüche: „Ich mach es doch nicht wie ein Tier.“ „Wie
kann man nur mit einem wildfremden Menschen schlafen?“ „Das hat doch nichts
mehr mit Gefühl zu tun.“ „Er hat mich nur sexuell ausgenutzt.“ „Du kannst mich
doch noch gar nicht meinen!“, wenn ein Partner schon nach drei- bis zehnwöchiger
Bekanntschaft auch Sex will.
- ein bisschen Sport gut finden, aber nicht betreiben
- unmittelbare Triebbefriedigung (Gratifikationen) suchen und nicht aufschieben
können
Damit haben wir einen Eindruck vom Chaos der menschlichen Selbststeuerung
gewonnen. Um unser Ziel zu erreichen, dieses Chaos und seine Folgen zu
verringern, genügt es aber nicht, die Problematik zu kennen. Besonders wichtig
für eine Therapie ist in der Regel das Studium der Ursachen der Erkrankung. Wir
haben bereits einiges zu Entstehung des krankhaften ethischen Chaos gesagt,
wollen es aber im Folgenden genauer betrachten und systematisch ordnen.
GRÜNDE FÜR DIE IRRATIONALITÄT MENSCHLICHER ETHIKEN
Zunächst verschaffen wir uns eine
Übersicht:
Um eine rationale
konstruktive Ethik zu entwickeln, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Es
müssen möglichst viele Informationen, optimale Informationsverarbeitung
(Intelligenz) und charakterlich-emotionale Gesundheit vorliegen. Keine dieser
Bedingungen wurde oder wird in der menschlichen Gesellschaft voll erfüllt. Wie
kommt das? Am besten lässt sich die Problematik verstehen, wenn wir die
wesentlichen Züge der Entwicklung und Entstehung der Ethik betrachten.
Die menschliche Ethik ist bekanntlich aus moralanalogem Verhalten bei tierischen Vorfahren entstanden. Diese war an der
Arterhaltung und nicht am Glück der Tiere oder Menschen orientiert. Die
wichtigste Aufgabe der Menschheit liegt also darin, ihre
Selbststeuerungsprogramme auch (besser vor allem) an dem Ziel „Lebensqualität“
zu orientieren. Damit haben Menschen und ihre Vorfahren tatsächlich schon vor
mindestens 10 Millionen Jahren begonnen. Dabei haben sie viele Fehler gemacht,
die auf intellektuelle und emotionale Mängel zurückgehen. Dass es ihnen an
Intelligenz und Wissen fehlte ist banal und klar, interessanter ist die
Betrachtung ihrer Emotionalität (Motive).
Die meisten Veränderungen menschlicher Selbststeuerungsprogramme gingen von (herrschenden)
Einzelpersonen oder Gruppen aus. Dabei war das Ziel in der Regel nicht die
Lebensqualität der Menschheit, sondern die Lebensqualität einzelner Menschen
oder Gruppen (meistens der herrschenden). Manche Veränderungen gingen aber auch
von ursprünglich ganz gewöhnlich erscheinenden Durchschnittsmenschen aus. Jesus,
Luther, Marx und so weiter zählten nicht zu den regierenden Machthabern ihrer
Völker. Sie hatten wahrscheinlich das Wohl der Menschheit im Auge, bauten aber
einige intellektuelle Fehler in ihre Steuerungsprogramme ein, weil sie
unterinformiert waren oder formale Fehler (Denkfehler) machten. Alle Ideologiestifter
litten aber, wie fast alle anderen Menschen, auch unter emotionalen Barrieren
und Fehleinschätzungen. Die wichtigste bestand in der Verhinderung der
optimalen Zielbestimmung (Glück, Lebensqualität). Die Ziele aller Religionen (Ideologien)
sind und waren nur teilweise hedonistisch (am Glück der menschlichen Gesamtheit
orientiert). Da dies zwar das Ziel der Mehrheit, aber allenfalls zum Teil das
Ziel der Ideologen ist, kann man behaupten, die Chefideologen hätten keine
Fehler gemacht. Da aber alle Ideologien vermeidbare innere Widersprüche (besonders
in Wertsystemen) aufweisen, sind auch alle fehlerhaft (u. a. selbstschädigend).
Ein Grund für solche (die meisten) Fehler liegt in der oben schon
angesprochenen Überreaktion auf intensive Gefühle, bzw. stark wirksame Reize
(traumatische Konditionierungen, propagandistische Begeisterung, Orgasmen usw.).
Dies kann Individuen ebenso treffen wie Gruppen jeder Größe. Wir betrachten
einige Beispiele:
Luther wurde Mönch, weil er ängstlich bei einem Gewitter dies zu werden schwor,
wenn sein Herr ihn verschonte.
Karl Popper löste sich mehr als vollständig (dogmatisch!) vom Marxismus,
Dogmatismus und jeglicher Gewalt, nachdem er beobachtet hatte, dass linke
Extremisten und Polizisten sich gegenseitig auf der Straße verprügelten oder
sogar töteten. Dies steht im Widerspruch zu seiner eigenen Theorie, dem
Kritischen Rationalismus (vgl. Kap. Philosophie).
Das französische Volk glänzt(e) mit unübertrefflicher Protestbereitschaft
(Streik, Randale, leichte Gesetzesverstöße usw.), seit es erfolgreich die
Bastille erstürmt und seinen König samt K und K-Monarchin (Kuchen- und
Kaffeetante) geköpft hat.
Reinhardt Mey lehnt es (leider!) prinzipientreu, wie Millionen andere ebenfalls
sehr sympathische Mitmenschen, ab, als Werbefigur Millionen einzunehmen. Er lehnt
(mit Recht!) jegliche suggestive Ausbeutung und Manipulation ab. Dass er stattdessen
besser pragmatisch das Geld nehmen und damit diese Manipulation bekämpfen oder es
noch besser Karlheinz Böhm spenden könnte, sieht er offenbar nicht.
Reinhardt Mey lehnt ebenso jegliche Form von Gewalt ab, weil er 1945 als
Kind das drittreichliche, grauenhafte, traumatisierende Abschlachten von
Menschen in Berlin miterleben musste. Das Gewalt manchmal (als einziges
mögliches Mittel!) dazu dient, noch viel größere Gewalt (destruktives Leid) zu
verhindern, kann und will er scheinbar nicht sehen.
Die Reaktionen des deutschen Volkes auf seine jüngere Geschichte haben wir
schon mehrfach erwähnt. Ähnliche Symptome (z. B. Ultraantibiologismen, insbesondere
auf allen genetischen Ebenen) treten übrigens in abgeschwächter Form weltweit
auf.
Kollektive Hyperkonditionierungen und Generalisierungen spielen also für die
Entwicklung der Menschheit eine kaum überschätzbare Rolle.
Deshalb? werden sie in den meisten Ausbildungsinstitutionen mit lautem
Gebrüll totgeschwiegen.
Alle Religionsstifter haben die ursprünglich biologisch hedonistischen Ziele z.
T. übernommen, z. T. verändert, und häufig unterdrückt, aber niemals die
Lebensqualität im Sinne des konstruktiven Hedonismus zum einzigen Ziel
ihrer Ethik erhoben. Die meisten Religionsstifter haben dennoch hohe
Lebensqualität in ihrem Sinne für ihre Schäfchen in den Mittelpunkt gestellt.
Die meisten religiösen Führer dagegen haben ihre eigene Lebensqualität in den
Mittelpunkt gestellt.
Prohedonischer verhielten sich, zumindest
näherungsweise, einige Philosophen und Wissenschaftler. Sie waren die
konstruktivsten Veränderer menschlicher Selbststeuerung. Zu ihnen zählen
Epikur, Locke, Voltaire, Bentham, Mill, Smith, Nobel, R. Koch, Popper und so
weiter.
Warum konnten sich solche ethisch wie auch intellektuell besonders guten
Menschen wenig durchsetzen? Dogmatische konservative Kräfte haben stets
bestehende Selbststeuerungsprogramme gegen Veränderungstendenzen verteidigt. Die
meisten Führer haben dies getan, um die Möglichkeiten parasitären
Machtmissbrauchs zu bewahren.
Warum waren sie damit über Jahrhunderttausende erfolgreich? Die Macht gerät und
geriet meistens und immer wieder in die Hände ehrgeiziger, status- und
machtorientierter Egoisten. Das ist einer der bedeutsamsten Kardinalfehler der
menschlichen Selbststeuerung.
Ein weiteres wichtiges Motiv für die Bewahrung alter überholter
Selbststeuerungsprogramme und die Vermeidung jeglicher Verwissenschaftlichung
ist Angst. Diese Angst bezieht sich sowohl auf mögliche negative Folgen
irgendwelcher Neuerungen als auch auf die möglichen Strafen unfehlbarer Götter,
die doch unumstößliche Wahrheiten offenbart haben sollen. (Unfehlbarkeit
sogar bei Päpsten). Eine Veränderung oder Verwissenschaftlichung verstößt somit
gegen eines der stärksten irrationalen Tabus der Menschheit, nämlich - Gott
spielen.
Betrachten wir nun die Hauptgründe für
die ethische Irrationalität etwas detaillierter:
Wir erinnern uns: Die dominierenden
ethischen Konzeptionen sind inhaltlich z. T. fehlerhaft, weil ihre menschlichen
Schöpfer (Moses, Jesus, Mohammed, Luther, Buddha usw.) meistens menschlich
recht gut - bzw. gutwillig - aber wissenschaftlich und intellektuell weniger
qualifiziert und informiert und wenig detailbewusst waren (sind). Sie konnten
die Begründungen für ihre ethischen Vorschriften beim besten Willen nicht auf
den Stand des 21. Jahrhunderts bringen. Die Mehrheit der heute lebenden
Menschen will sie nicht auf diesen Stand bringen. Alle religiösen
Ethiken sind deshalb mehr oder weniger mystisch, inkonsistent, schwammig,
unklar und pluralistisch. Diesen Charakter haben fast alle modernen
Ethiken von ihren religiösen Vorgängern übernommen, auch wenn zum Teil
Verbesserungen und erhebliche Innovationen (=Neuerungen) hinzugetreten sind. Doch
die neuen Mischungen verursachen aufgrund ihrer Heterogenität manchmal sogar
noch zusätzliche Probleme (Konflikte).
Juristische teilweise
Verwissenschaftlichungen von Ethik wurden - außer z. B. in sozialistischen
Ländern – nur dann zugelassen, wenn religiöse Ethiken das Fundament blieben.
Die Erhaltung von Chaosethiken mit sich widersprechenden, verabsolutierten
Werten wie Würde, Freiheit, Gleichheit, Ehrlichkeit, Brüderlichkeit, Treue,
Gerechtigkeit, Leben, Nächstenliebe, Pflichtbewusstsein, Zuverlässigkeit, Selbstbestimmung,
Selbstdisziplin, Bibelkonformität usw. wird mit (Selbst)betrug, Flamme und
Schwert verbal oder blutig verteidigt und die mystische Unklarheit heilig
gesprochen.
Ein besonders wichtiger konkretere Grund für die Irrationalität
menschlicher Selbststeuerung ist der Umgang der Menschen mit Freiheit:
Die Verabsolutierung der Freiheit
führt dazu, dass Leben und Lebensqualität von vielen Millionen Menschen
zerstört werden, wenn zum Beispiel Aids-Infizierte nicht einmal gezwungen
werden, sich selbst anonym über den eigenen Gesundheitszustand zu
informieren. Die Freiheit von einer Million Betroffenen ist Menschen wichtiger
als das eigentlich doch so heilige Leben von einer Milliarde noch nicht
Betroffener, die möglicherweise in der Zukunft aufgrund der allgemeinen
Aids-Verbreitungsfreiheit und –freude an Aids sterben werden. Merkwürdig ist,
dass in anderen Bereichen (Ebola, Schweinepest, Tollwut,
Tropenkrankheiten, Vogelgrippe usw.) mit häufig tödlicher Konsequenz
Quarantänemaßnahmen usw. durchgesetzt werden. Die Menschendevise „Lieber tot
als freiheitlich eingeschränkt!“ reicht zur Erklärung dieser Erscheinung nicht
aus. U. a. kommen visiomane Effekte hinzu (vgl. Visiomanie im Kapitel
Irrationale Konventionen). Visiomanie - wörtlich übersetzt Sehwahn – bedeutet,
dass Menschen meistens nur dann emotional erregt und motiviert werden können,
wenn sie entsprechende Reize optisch wahrnehmen können. Da der Aids-Infizierte
über viele Jahre optisch unverändert bleibt, wird er anders behandelt als z. B.
ein Leprakranker oder infizierte Tiere. Ein ökologisches Beispiel für
Visiomanie und hypertrophe Freiheit:
Der Mord an ca. 50 Millionen Menschen und ca. 50 Billiarden Tieren und Pflanzen
durch Umweltverschmutzung erregt weniger spontanes Aufsehen, als der
Messerstich eines Geisteskranken in den Rücken einer weltberühmten
Tennisspielerin, Monica Seles. Weitere Beispiele finden sich im Kapitel „Irrationale Konventionen“.
Der menschliche Umgang mit Freiheit ist dadurch gekennzeichnet, dass Freiheit
möglichst für alle und immer gewährt, geschaffen und genutzt
werden muss. Der überdehnte Freiheitsspielraum fördert Perversionen wie
Kriminalität, Korruption, Terrorismus, Drogenkonsum, Stierkampf, Hahnenkampf,
Pitbullkillermaschinen usw.
Die Liberomanie führt zu antihedonischer Heterogenität.
Je weiter die Verschiedenheit der Menschen über einen bestimmten Wert steigt,
desto mehr unnötige destruktive Konflikte werden erlebt. Beispiel: Die
Erziehung nach der Devise „Erlaubt ist, was gefällt“ führt in ein destruktives
Chaos. Menschen mit verschiedenen Geschmäcken und Anschauungen in Bereichen wie
Kunst, Musik, Sexualität, Erziehung, Möblierung, Architektur usw. können und
müssen intensive vermeidbare Probleme miteinander erleben (nähere Erläuterungen
in den Kapiteln 6 und 9).
Ein ethisch interessantes Beispiel für antihedonische Liberomanie ist der Kantsche
kategorische Imperativ. Dieser lautet sinngemäß und vereinfacht: Jeder soll
sich so verhalten, dass man seine Verhaltensweisen sinnvollerweise von allen
verlangen könnte. Diese Formulierung ist zu offen, formal und freiheitlich, um wirklich
konstruktiv zu sein. Wenn Sadisten, Masochisten, Nationalsozialisten und
Stalinisten ihr Verhalten zur Maxime (=allgemeiner Leitsatz) des Verhaltens
aller machen, sieht es für die Menschheit äußerst übel aus.
Man fragt sich, wie ein kluger Mann wie Kant zu einer so merkwürdigen
Konstruktion kommen konnte:
Ein Grund liegt darin, dass es diesen Gedanken schon früher gegeben hatte. Der wichtigste
Grund aber liegt in gewissen Grundannahmen seiner Philosophie und Religion,
insbesondere im erkenntnistheoretischen Rationalismus. Er glaubte, dass in
Menschen bestimmte (positive) Moralvorstellungen angelegt seien, wie die
anderen a priorischen Erkenntniskategorien, gute Moral = reine Vernunft =(göttlich?)
angelegt (Details im Kap. Philosophie).
Ähnliche rationalistische Ansätze, die, wie z. B. der Deismus, die Existenz
fundamentaler religiöser Prinzipien betonen, finden sich sogar in der
Religionsphilosophie. Danach kann ein guter Gott (Geist) samt seiner guten
Ethik auch ohne (biblische) Offenbarung in menschliche Seelen schlüpfen.
Weshalb aber dennoch megatonnenweise Böses in und durch die Welt schlüpft,
konnten weder Kant noch irgendein Religionswissenschaftler beantworten. Leibniz
hat es bekanntlich vergeblich versucht (vgl. Theodizee).
Wir haben die (primär biologischen!) Ursachen (insbesondere
arterhaltende Erfolge von Parasitismus) an anderer Stelle zusammengefasst.
Damit verlassen wir die dunkle und/oder dämmrige Seite (hinterm Mond) der Ethik
und kommen zu einer unserer wichtigsten Aufgaben, der Suche nach der
bestmöglichen Ethik (Selbststeuerung).
KONSTRUKTIVE ETHIK
Dem Thema „konstruktive Ethik“ haben wir ein ganzes Kapitel gewidmet
(konstruktiver Hedonismus siehe auch oben), deshalb gehen wir im Folgenden nur
noch einmal auf die wichtigsten Aspekte ein. Wir beginnen mit der Definition
des zentralen Begriffes dieser Ethik, der „Lebensqualität“.
Was ist Lebensqualität?
Dieser Begriff wird in der
menschlichen Gesellschaft sehr unterschiedlich und strittig (von Askese bis
Exzess) definiert. Wir betrachten hier zusammenfassend die wichtigsten
Definitionsvorschläge des konstruktiven Hedonismus:
Grundsätzlich ist hohe Lebensqualität ein Phänomen oder Zustand, in dem alle
empfindungsfähigen Systeme (Lebewesen) das höchste mögliche Glück, d. h.
konkreter, möglichst viele angenehme Gefühle und wenig unangenehme Gefühle
erleben. In einer nahezu idealen Gesellschaft existieren unangenehme Gefühle
nur noch in seltenen Ausnahmefällen. Ihre Funktionen sind fast vollständig
durch rationale Selbststeuerung ersetzt. In der menschlichen Gesellschaft gibt
es jedoch konstruktives Leid. Das ist solches Leid, das ein höheres Maß
an angenehmen Gefühlen nach sich zieht, als es selbst an unangenehmen Gefühlen
darstellt. Leid kann nur dann konstruktiv sein, wenn es dem Erleben angenehmer
Gefühle dient. Zum Beispiel kann das unangenehme Besteigen eines Berges oder
Absolvieren einer Ausbildung große Freude nach sich ziehen und der
Selbsterhaltung dienen.
Die
meisten Menschen halten die hier angesprochene Messbarkeit von Gefühlen für
unmöglich, obwohl sie täglich tausendfach stolz beobachten, wie ihre Intuition
ihnen exakte Verrechnungen von zahllosen Gefühlen vorführt.
Eine sinnvolle ethische Selbststeuerung
hat die höchste mögliche Lebensqualität aller beeinflussbaren
empfindungsfähigen Systeme (die meisten Tiere und Menschen) zum einzigen Ziel.
Sie lässt nur konstruktives Leid zu.
Nun wird ein kritischer Leser die berechtigte Frage stellen, wieso wir den
Konstruktiven Hedonismus für die wahrscheinlich beste ethische Konzeption halten.
Wir haben das im entsprechenden Kapitel ausführlich erläutert, wollen aber
dennoch kurz noch einmal auf diese Problematik eingehen.
Jede Erkenntnis, Aussage, Messung oder Entscheidung ist probabilistisch
(≈„wahrscheinlichkeitshaft“)(s .K.
Popper, Schrödinger, Heisenberg). Alle Aussagen zu Naturwissenschaften,
Ufos, (Aber)Glauben, Spiritismus, jeglicher (Meta)physik unterscheiden sich
also aus menschlicher Sicht nur in der Wahrscheinlichkeit ihrer Richtigkeit.
Auch der Glaube an Methoden und Erkenntniskriterien (Reproduzierbarkeit,
Experimente, Logik, Mathematik, sinnliche Wahrnehmung) ist ein Glaube. Dasselbe
gilt auch für die Inhalt, Ziele und Werte ethischer Konzeptionen (Glück, Liebe,
Hoffnung, Gefühle, Selbsterhaltung usw.). Wenn zwei Menschen, z. B. Papst und
Marx, sich bzgl. ihres Glaubens an diese formalen und/oder inhaltlichen Erkenntnisprinzipien
und Werte deutlich unterscheiden ist eine Einigung unmöglich. Dennoch versucht
man es immer wieder, selbst wenn die einzige mögliche Verständigung in der gemeinsamen
Erkenntnis liegt, dass man sich nicht einigen kann. Das (ineffektive
Streitgespräche, Talkshows und auch reale Kämpfe) liegt oft daran, dass man
sich seiner Grundprinzipien (Axiome, Normen) nicht besonders klar bewusst ist.
Das eigentliche Problem entsteht,
wenn wahrscheinlich falsche (meistens unwissenschaftliche, metaphysische)
Aussagen zur Grundlage für Entscheidungen gemacht werden: kollektive Sektenselbstmorde,
Kondomtabu, Privateigentum ist Diebstahl, Inquisition, Rassismus usw. Der Kampf
gegen derlei Aktivitäten ist, im Gegensatz zu Nina Hagens Ufo-Kuriositäten,
viele ([Maisch]bergeweise) Sendungen wert.
Gefühle
Da das Gefühl im Mittelpunkt jeder konstruktiven Ethik steht, werden im
Folgenden alle menschlichen Emotionen – unter besonderer Berücksichtigung ihrer
Entstehung – vorgestellt und analysiert (siehe unten unter „Die menschlichen
Gefühle“). Dies ist besonders wichtig, weil finstere konservative Mächte die
biologische Herkunft und das Wesen ihrer Gefühle nicht kennen (wollen), falsch einschätzen und verteufeln. Sie versuchen, sich arrogant von Tieren
abzuheben und als etwas Besonderes, Gottgeschaffenes zu betrachten. Deshalb
schaffen sie für menschliche Gefühle und Handlungen häufig andere Begriffe als
für die Tierwelt. Sie bezeichnen sich z. B. als „schwanger“, Tiere als
„trächtig“. Weitere Beispiele: „stillen“ statt „säugen“, „Motivation“ statt
„Trieb“ „Statusdenken“ oder „Angeben“ statt „Rangordnungsverhalten“,
„Zärtlichkeit“ und „Streicheln“ statt „ursprüngliche Fellpflege“, „Wunsch nach
sozialem Kontakt“ statt „Herdentrieb“ usw. Die
geistige Verwandtschaft von Tier und Mensch wird heute von manchen Religionsführern,
Philosophen, Hyperantinationalisten und Psychologen mit der gleichen dummen
Arroganz geleugnet, wie zu Darwins Zeiten die körperliche Verwandtschaft.
Menschen benutzen Tiernamen für Beleidigungen!
Dass die gesamte Gegenwart ohne die Kenntnis der Vergangenheit nicht verstanden
werden kann, wird den meisten Menschen nicht bewusst gemacht oder wird sogar,
besonders bzgl. der tierischen (besonders der tierpsychologischen)
Vergangenheit, geleugnet.
Um zu erkennen, dass nicht nur der
Körper, sondern auch der Geist des Menschen schimpansenähnlich ist, ist der
menschliche Geist zu schimpansenähnlich.
DIE MENSCHLICHEN
GEFÜHLE
Angenehme Gefühle entstehen bei der Befriedigung (bzw. Ausführung der
zugehörigen Handlungen) folgender arterhaltender Antriebe und Motivationen mit angeborenen
Anlagen:
Nahrungsaufnahme, Sexualität, Liebe, Verliebtheit, Rangordnungsverhalten,
(Konditionierungslernen?), Imitation (=Nachahmung), rationales Problemlösen,
Neugier, Spiel, Aggression und aggressive Begeisterung, Altruismus, Jagd,
Körperpflege =(Zärtlichkeit, Streicheln), Säugen, Brutpflege, Lachen und
Lächeln, Ausscheidungen, wie Urinieren und Kotabgabe, Ökonomisierungsleistungen
wie Schlittschuhlaufen statt Gehen,
Einstellungen von Homöostasen wie Temperatur, pH, Druck, Strahlung usw.
(Homöostase = dauerhafter Gleichgewichtszustands, wie z. B. der
Körpertemperatur bei Säugetieren).
Eine (fast?) vollständige Auflistung findet sich unter „ÜBERSICHT ÜBER
EMOTIONEN MIT ANGEBORENEN ANLAGEN“.
Diese Gefühle können in zahllosen natürlichen Mischungen auftreten, für die die
Menschen ebenso viele Umschreibungen entwickelt haben: Liebe im weiteren Sinne,
Liebe zur Natur, Freude, Partystimmung, Siegestaumel, Begeisterung, Jubel, Euphorie,
Fanatismus, Rausch, Genuss, Hoffnung, Ehrgefühl, Hass, Mitleid; Neid usw.
Gleichzeitige Kombinationen von intensiven angenehmen Gefühlen mit intensiven
unangenehmen Gefühlen sind unter natürlichen Bedingungen selten. Wenn sie
auftreten, werden sie meistens als intensiv unangenehm empfunden.
Unangenehme Gefühle, die auf angeborenen Anlagen beruhen: Angst,
Schmerz, Trauer, Eifersucht, Einsamkeit, Ekel, Hunger, Unwohlsein durch
Schlafentzug, Frustrationen usw.
Die meisten unangenehmen Gefühle beruhen auf der Frustration (Nichtbefriedigung,
Reizentzug) der oben vorgestellten angenehmen Gefühle.
Neben diesen klar umschriebenen Gefühlen (Übersicht) und zugehörigen Verhaltensweisen gibt es einige
Sonderformen und Mischformen und (oder) solche, die erheblich durch
Lernprozesse mitgestaltet werden. Beispiele: Horror, Abenteuer,
Flegelhaftigkeit, Dogmatismus, Treue, Freundschaft, Wieder(ver)lieben bei
Trennungen, Raromanie = (Seltenheitswahn), Heteromanie =
(Verschiedenheitswahn), Isomanie = (Gleichheitswahn), Liberomanie =
(Freiheitswahn), Gerechtigkeitswahn, Helfersyndrom
Die Freude an Horror, Abenteuer, Gefahr, Widerstand gegen bestehende
Vorschriften usw. bewirkt im Verbund mit Innovationsappetenz
(≈Neugier), Ökonomisierungslust, Neugier, Aggression und
Rangordnungsverhalten die Entdeckung neuer Entwicklungsmöglichkeiten für die
Art. Dies fördert biologische und kulturelle Höherentwicklung und schafft
Konkurrenzvorteile.
Wer an dünnen oder morschen Ästen eines Baumes zieht oder auf sie klettert,
lernt, welche wann brechen. Wer dies und ähnliche Lernerfahrungen nicht erlebt
(warmduschende Muttersöhnchen aus der Familie der Weicheier) oder solche
Erfahrungen verhindert (überbehütende Hätschelglucken), erlebt oder schafft im
Durchschnitt verminderte Lebensqualität.
Dogmatismus, Indoktriniertheit, Orthodoxie
Alle drei Begriffe beinhalten die Bewahrung und Beibehaltung des
Bestehenden, enthalten also ein emotionales Element der Angst vor Neuem und
Veränderungen, aber auch ein angenehmes Element der Sicherheit und Geborgenheit.
Diese Eigenschaften wirken den im vorherigen Abschnitt beschriebenen entgegen.
Menschen – besonders ältere – haben oft den Wunsch nach klaren Entscheidungen
und der Erhaltung bewährter Normen (vergleiche unten [stabilisierende
Selektion], Erläuterungen in Kap. 2 und 3).
Treue
1. Sexuelle Treue schützt in modernen Kulturen vor Infektionskrankheiten,
vermindert aber auch nützliche genetische Verschiedenheit (=Variabilität).
Sexuelle Treue beruht beim Menschen wahrscheinlich in nicht sehr starkem Maße auf
angeborenen Anlagen. Deshalb müssen Menschen ständig durch Lernzwänge (mehr
oder weniger vergeblich) nachhelfen, um das ideologisch gewünschte Treueniveau
zu erreichen. Sexuelle Untreue (≈Polygamie, Promiskuität) beruht auf
stärkeren angeborenen Anlagen. Menschliche Sozialisationen richten sich fast
immer gegen Promiskuität (≃Partnerwechsel) und verherrlichen Treue (Ursachen
und nähere Erläuterungen im Kap. „Sexualität“).
2. Treue in Mutter-Kind-Beziehungen schützt die Nachkommenschaft.
3. Treue (Zuverlässigkeit, Vertrauen) zwischen Freunden steht in engem
Zusammenhang mit Altruismus und dient der Erhaltung der Gruppe durch
gegenseitige Hilfe.
Alle Formen der Treue beruhen u. a. auf der Bildung, Ausschüttung und Wirkung
des Neurotransmitters Oxytocin, ein Botenstoff im Gehirn.
Freundschaft
In Gruppen lebende Individuen von Säugetieren und Vögeln kennen sich
persönlich und können deshalb persönliche Freundschaften bilden. Diese
Freundschaften (insbesondere gegenseitige Hilfe) fördern die
Überlebensfähigkeit der Gruppen in der Konkurrenz mit anderen, weniger
altruistischen Gruppen. Deshalb hat die Natur (Evolutionsprinzipien) alle
freundschaftlichen Verhaltensweisen mit angenehmen Emotionen verknüpft. Mit dem
Verlust von Freundschaften sind ebenso unangenehme Gefühle verbunden, wie
angenehme mit dem Erleben der Freundschaft. Freundschaft ist
stammesgeschichtlich jung. Trotzdem existieren für sie angeborene Grundlagen die
durch Lernprozesse weltweit gefördert werden.
Weshalb dennoch parasitäre Motivationen und Verhaltensweisen in Natur und
Kultur dominieren, haben wir an anderer Stelle erläutert.
Wieder(ver)lieben bei Trennungen
Wenn Partnerschaften zwischen Partnern, die sich geliebt haben, von einem
Partner aufgekündigt werden, erwachen oft im anderen „eingeschlafene“
Liebesgefühle für diesen Partner erneut. Sinn und Ursachen dieser merkwürdig erscheinenden
Reaktionen sind im Kapitel „Partnerschaften“ näher erläutert.
Raromanie =
Seltenheitswahn
Die
meisten Säugetiere erleben „angeborene“ Freude bei der Wahrnehmung und beim
Besitz arterhaltender Seltenheiten. Dies können seltene Früchte, Wasserstellen,
Partner, Gebiete, Werkzeuge, Schlafplätze usw. sein. Diese ursprünglich überwiegend
arterhaltende Motivation hypertrophierte in menschlichen Kulturen antihedonisch
oder wurde aufgrund veränderter Lebensbedingungen auch in ihrem ursprünglich
nützlichen Ausmaß schädlich. Ein Beispiel ist das Robbenschlachten für die
Angeberei feiner Damen mit seltenen Pelzen, aber auch die Überbewertung von und
Sucht nach Edelmetallen, Delikatessen, Luxusschlitten, Schmuck, Palästen,
Pyramiden usw.
Heteromanie = Verschiedenheitswahn
Menschen verschwenden große Teile ihrer Energie, um originell und
individuell, also anders als andere zu sein oder zu erscheinen. Diese
Heteromanie beruht biologisch u. a. auf dem territorialaggressiven Wunsch, sich
von anderen Gruppen abzusetzen, auf jugendlicher (manchmal flegelhafter)
Innovationsappetenz, Rangordnungsverhalten und auf Raromanie. Aus kultureller
Sicht ist die wichtigste Ursache die Bekämpfung der lustmindernden Wirkung des
Gewöhnungslernens (Habituation s. u.). Gleiche Reize, die immer wieder
wahrgenommen werden, lösen meistens allmählich immer weniger Gefühle aus.
Einige Frauen würden am liebsten nur mit Kleidern in die Öffentlichkeit gehen,
die es nur einmal gibt (Unikatomanie).
Aus
psychologischen Gründen trägt die Partydame „mit“ Herz dazu brillantenbesetzte
Masken, die undelikate Beobachtungen verhungernder Kinder in der Dritten Welt
verhindern.
Einige Männer müssen jedes Jahr mit einem neuen Auto angeben. Am liebsten sind
ihnen Geländewagen, da man mit diesen voller „Mit“gefühl (Extrempädophilie?) besonders
erfolgreich einige der besagten Kinder durch Plattfahren von ihrem schweren
Schicksal befreien kann.
THERAPIE LÖSUNGS- UND VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE
Nachdem wir nun die traurige real existierende menschliche Selbststeuerung und
eine konstruktivere rationale Ethik kennen gelernt haben, können wir uns
detaillierter als bisher Verbesserungsvorschlägen widmen. Da auch zu diesem
Thema oben schon einiges gesagt wurde und ein ganzes Kapitel (Der Weg aus der
Krise) vorliegt, beschränken wir uns im Folgenden auf eine Zusammenfassung der zentralen
Gedanken und einige Beispiele.
Aus der Krise des ethischen Chaos führen u. a. folgende Maßnahmen:
-rationale Zielbestimmung und Verwissenschaftlichung,
-Einführung spezifischer Feinsteuerungen,
konstruktive Gewichtung und Regulation von Freiheit, Anonymität, Heterogenität,
Isomanie, Humanomanie, Mystomanie, Visiomanie, Brüderlichkeit, Ehrlichkeit usw.
-Aufgabe der scheinbaren (teilweise irrationalen) Fremdsteuerung durch
selbstgeschaffene Götter zu Gunsten prohedonischer Selbststeuerung
Wir verdeutlichen diese allgemeinen Prinzipien an einigen konkreteren
Beispielen:
Beginnen wir mit der Volksseuche Hyperliberalität:
Es gibt zur Zeit viele Menschen, die
sich ohne emotionale Zwänge und Ängste nicht selbst ausreichend vernünftig
steuern können. Das gilt zum Beispiel für die gesamte Sexualität, Drogenkonsum,
Verhalten im Straßenverkehr usw. Die Regulation all dieser Problematiken ist
eine schwierige Gratwanderung, bei der Menschen immer wieder neue prohedonische
Wege suchen und ausprobieren müss(t)en, aber die Extreme bevorzugen. Alle
Versuche auf diesen Gebieten ohne Kontrolle und Zwänge auszukommen sind ebenso
kläglich gescheitert wie völlige Freigaben (vgl. Schmusepädagogik und
–sozialisation, Vergebungsneurose usw.)
Der neueste Trend im Bereich Freiheitswahn ist eine
höchst originelle Form von Leichenschmaus, gegenüber dem der oben angesprochene
Kannibalismus als Geburtshilfe durchgehen würde. Wir „bewundern“ zurzeit einen
tödlichen Untergang der Preisstabilität selbst bei Lebensmitteln durch freien
Börsenhandel =Böresenterrorismus =Profitgierbefriedigung mittels Menschenleben
und -quälen. Millionen westlich „zivilisierte“ Geländewagenfahrer dürfen seit
einiger Zeit kaum noch Kinder direkt ins Himmelreich befördern. Man hat ihnen
die geliebten Gestänge (Abweiser, Platzhirschersatzhörner, Kinderkiller) vor
ihren Renomierkisten verboten. Jetzt befördern sie die hundertfache Zahl an
Kindern gen Himmel, indem sie für ihre Spritztouren Benzin tanken, das aus dem
Weizen gemacht wurde, den sich die Kinder nun nicht mehr leisten können. Hier
liegt eine hocheffektive Form von politisch verordnetem Umweltschutz durch
Massenmord vor. Einige amerikanische „Wissenschaftler“ haben schon die genaue
Verringerung des CO2–ausstoßes
berechnet, die erreicht werden konnte, weil die verhungernden Kinder endlich
ihr „lästiges“ Ausatmen aufgegeben haben. Das hat das Gewissen zahlloser
Millionäre (insbesondere der spitzenManager) dermaßen beruhigt, dass sie sich
sogleich wieder CO2-intensive
Flüge nach Brasilien, Thailand, Hawaii usw. genehmigt haben, obwohl sie und
diverse blasierte Freundinnen dort voller Freude in ebenso freudigen Häusern
ins Pusten kommen.
Das Tötungstabu
Falsch: Du sollst nie töten!
Richtig: Du sollst nur in genau zu regelnden – der Lebensqualität dienenden –
Ausnahmefällen töten (mögliche Ausnahmen: Sterbehilfe, Abtreibungen, Notwehr,
Ermordungsversuch Hitlers durch Stauffenberg usw.).
Und, wenn wir schon mal bei Geboten sind, wollen wir gleich ein paar
konstruktive aufstellen:
Mystik und Inkonsistenz
Du sollst nicht scheinbar rationale Argumente, wie Missbrauchsgefahr,
vorschieben, um von deinen wahren undurchdachten, mystischen, religiösen Gründen abzulenken. Freiheitlich lasche Verfolgung von Morden,
Zwangsprostitution, fehlerhafte ärztliche Todeserklärungen, rassistische Hetze,
absichtliche oder fahrlässige Verbreitung von Infektionskrankheiten und so
weiter werden von den gleichen Menschen toleriert, die konstruktive
Abtreibungen, Sterbehilfe und so weiter bekämpfen.
Unterlassene Hilfeleistung
Du sollst des Weiteren nicht glauben, dass dein Nichtstun, wenn du z. B. die Organspende,
Sterbehilfe usw. verweigerst, kein Verbrechen (Folter) ist.
Ein Nachweis dafür, dass Gott irgendwelche Dinge für dich regelt, wurde niemals
erbracht.
Die Selbststabilisierung des Chaos
Eine kritische Betrachtung der menschlichen Geschichte zeigt (korrekt),
dass fast alle Ideologien und deren Unterströmungen, auch wenn sie sich noch so
sehr selbst verherrlich(t)en und verabsolutier(t)en, hedonisch mehr oder
weniger gescheitert sind. Dies gilt z. B. für alle Religionen, Sozialdarwinismus,
Imperialismus, Kommunismus, Rassismus, Nationalismus, Idealismus, Anarchismus,
Demokratismus, Kapitalismus, Absolutismus, Nihilismus usw.
Daraus wurde von fast allen (Schein)intellektuellen der falsche Schluss = (irrationale
Generalisierung) gezogen, dass es eine inhaltlich und formal richtige -oder
wenigstens bestmögliche- Ethik (Ideologie) nicht geben könne, also auch nicht
nach ihr gesucht werden müsse (vgl. Relativismus, Pluralismusneurose, Kritischer
Rationalismus).
Diese – für Menschen sehr typische - Art der (kollektiven) Schlussfolgerung hat
das Niveau von Konditionierungslernen bei Tieren und Aberglauben bei Menschen.
Zebras, die einmal eine sehr schlechte Erfahrung mit Krokodilen an einer
Wasserstelle gemacht haben, entwickeln unspezifisch im Zusammenhang mit allen
Wasserstellen und allen Krokodilen Angst. Vernünftige Wissenschaftler
würden viele Wasserstellen ohne Krokodile und kleine Krokodile
nicht fürchten. Manche Männer lehnen alle Frauen ab, nachdem sie mit drei
Frauen schlechte Erfahrungen gemacht haben. So entstehen Vorurteile und Stereotype.
Ein solches Vorurteil ist der Glaube an die Unmöglichkeit der bestmöglichen
Ethik bzw. der extrem merkwürdige Glaube an die absolute Relativität.
Es fehlt an wissenschaftlicher, spezifischer Feinregulation in allen
menschlichen Selbststeuerungsprogrammen.
Wir wissen, dass es eine optimale, unveränderliche, universelle Ethik
tatsächlich nicht gibt, da es unmöglich ist alle Informationen über ein System
zu erlangen und zu verarbeiten, da völlige Gleichheit von Menschen und
Normen in veränderlichen Umwelten antihedonisch und systemgefährdend ist und da
sich verändernde Systeme auch sich verändernde Ethiken erfordern. Aber die eine
unter den jeweiligen bekannten Gegenwartsbedingungen beste Ethik und bestmögliche
ethische Entscheidung gibt es!!
Erläuterungen:
Jede wissenschaftliche Erkenntnis, Messung oder Entscheidung ist
probabilistisch (≈„wahrscheinlichkeitshaft“)(s. Popper, Schrödinger).
D. h., der Aufenthaltsort eines Teilchens und die Richtigkeit einer Aussage
können von menschlichen Beobachtern immer nur mit einer messbaren Wahrscheinlichkeit
angegeben werden, weil jeder Mensch in der Zukunft in unzählbar viele
Kopien, die in unzählbar viele Dimensionen gelangen, aufgespalten wird. Keine
Gegenwartskopie weiß dabei, welche seiner Zukunftskopien sie bewusst erleben
wird. Sie weiß ebenso nicht, welche Kopien der sie umgebenden Gegenstände sie
in der Zukunft wahrnehmen wird. Auch im Makrokosmos ist menschlichen Gehirnen
die Zukunft unbekannt. Außerdem aber reicht ihre Intelligenz i. d. R. nicht, um die komplexen Gegenwartsbedingungen zu
durchschauen, und zutreffende Voraussagen zu machen, und prohedonische
Entscheidungen zu fällen.
Diese Erscheinung nennen Menschen im
Makrokosmos Schicksal oder Indeterminiertheit und im Mikrokosmos
Unbestimmtheitsrelation (Erläuterungen im Kapitel X 11).
Selbstverständlich hat auch jede ethische Aussage oder Entscheidung
nur Wahrscheinlichkeitscharakter, denn
Ethik ist in gleicher Weise ein Teil der Welt, wie jedes andere
physikalische oder ideelle System. Ob eine ethische Entscheidung ihr Ziel
erreicht, hängt von zukünftigen Entwicklungen und gegenwärtigen Bedingungen ab.
Beide können Menschen niemals in vollem Umfang bekannt sein. Es kann deshalb
beispielsweise geschehen, dass ein Wiederholungsmörder lebenslang ins Gefängnis
gesteckt wird, obwohl er in Freiheit niemanden mehr getötet hätte, aber viele
Menschenleben gerettet hätte. Umgekehrt kann eine absolut konstruktiv
erscheinende Person zum Präsidenten gewählt werden, die in der Zukunft einen
absolut destruktiven oder zumindest äußerst fragwürdigen Krieg verursacht
(Friedrich II.?).
Es ist und bleibt dennoch das Recht und die Pflicht jedes Menschen,
die wahrscheinlich richtigste ethische Handlung und Konzeption
auszuführen und zu verbreiten und nicht die Verantwortung auf
irgendwelche möglicherweise nicht vorhandene Götter abzuwälzen. Dazu
gehört die Pflicht, möglichst alle prohedonische Information aufzunehmen und zu
verbreiten.
Dass all dies nicht oder zu wenig geschieht kann man als eine der größten
Sünden der Menschheit oder besser als unterlassene Hilfeleistung bezeichnen.
Erläutern wir dies an einigen Beispielen:
Die genetische Selbstzerstörung (vgl.
Kapitel 7), die aus (Schein)humanität gegenüber optisch unmittelbar
wahrnehmbaren Mitmenschen durchgeführt wird, verringert die Lebensqualität von
Milliarden Menschen zukünftiger Generationen.
Nicht gegebene Sterbehilfe oder produktive Entwicklungshilfe usw. Schmusepädagogik,
Umweltverschmutzung, nicht bekämpfte Kriminalität, das Völkerrecht usw. sind
Beispiele dafür, dass Menschen Passivität für ethisch gut oder korrekt halten (Fatalismus). Diese Perversion tritt vor
allen Dingen bei Handlungen auf, die schöpferische Selbststeuerung betreffen.
Ein Beispiel aus der Gegenwart ist der Umgang
mit zusammengewachsenen Zwillingen. Ärzte sagen mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit voraus, dass beide Kinder sterben werden, wenn sie nicht
chirurgisch getrennt werden. Die religiösen Eltern weigern sich, die Trennung
durchführen zu lassen, da ein Kind dabei getötet werden muss. Es liegt u. a.
nur ein gemeinsames Herz vor. Wir bezeichnen das Verhalten der Eltern
als schicksalsgläubige versuchte Tötung an beiden Kindern durch unterlassene
Hilfeleistung.
Es spricht für eine gewisse Reife der Menschheit, dass in diesem konkreten Fall
Gerichte die Trennung der Kinder gegen den Willen der Eltern durchgesetzt
haben. In diesem Fall hat die Vernunft, also die Entscheidung für Leben
und Lebensqualität, über das naiv generalisierte Tötungstabus und das Tabu, dem
Schöpfer ins Handwerk zu pfuschen, gesiegt.
Ein wichtiger Reifungsprozess der Menschheit wäre die Generalisierung solcher
Verhaltensweisen.
Dass die fatalistischen Motive der angesprochenen Eltern nur ein relativ
unbedeutender Einzelfall sind zeigt sich besonders deutlich in den herausragend
liberomanen und religiös schicksalorientierten USA. Hier blüh(t)en Sekten,
Nationalisten, Rassismus, Sexualfeindlichkeit, Waffenfreundlichkeit, Korruption
usw. besonders.
2008 kam es in einer Sekte zu einem
interessanten Eklat. Diese Sekte betrieb, ganz im Sinne ihrer Überzeugungen, Zwangsvermählungen
und Sex schon für Kinder. Damit trafen sie den amerikanischen Nerv an der phallischen
Wurzel. Hätte die Sekte sich Waffen gekauft (die Wirtschaft angekurbelt) und
gegenseitig umgebracht oder wenigstens guantanamotisch gefoltert, hätte man sie
in Ruhe lassen können. Aber Sex mit Kindern?! NO! Man nahm den bösen? Eltern
die Kinder einfach weg. Dabei fragte man wenig nach den Tränen der Eltern und
Kinder. Noch weniger fragte man (wie global üblich) danach, ob die Kinder bei
ihren Vermählungen und in ihren Hochzeitsnächten in irgendeinerweise gelitten
hatten. Das wird und wurde stets selbstverständlich vorausgesetzt. Man hatte ja
auch vorher kaum danach gefragt, ob die Kinder in ihrer Gemeinschaft mehr
Schaden genommen hatten als die anderen in der herrlichen freien Welt der
Drogen, Fremdenvergewaltigung, Arbeitslosigkeit, Rassendiskriminierung
usw. Grundsätzliche Zwänge und Verbote gegen solche (häufig wirklich
destruktiven Sekten, Zwangsehen usw.) zu schaffen und durchzusetzen, kommt nun
dem Amerikaner kaum in den Sinn. Man würde Arbeitsplätze für Psychologen,
Polizisten, Totengräber, Journalisten usw. verlieren, die Sensationslust würde
leiden, Freiheit mit Füßen getreten und die Regelung der Menschheitsentwicklung
würde illegal dem Schöpfer aus den Händen gerissen werden.
Das Tabu, dem Schöpfer ins Handwerk zu pfuschen, wirkt selbst in den Köpfen
vieler radikaler Atheisten mit unbewusster höchster Intensität. Deshalb werden auch
prohedonische Tötungen, Raumfahrten, genetische Reparaturen und Selbststeuerungen,
künstliche Befruchtungen, Eingriffe in die Natur usw. von Milliarden abgelehnt.
Man beachte, dass die genetische Reparatur in der Regel die Wiederherstellung
des „göttlichen Werkes“, also der ursprünglichen Erbinformation, ist.
Interessanterweise verherrlichen Menschen bei Wildtieren und vielen Haus- und
Nutztieren die gegenteilige Vorgehensweise. Sie geben und wünschen diesen, wenn
nötig, den Gnadentod und einen schmerzlosen Tod unabhängig davon, ob der Tod
aufgrund genetischer Defekte oder erworbener Probleme wünschenswert scheint.
Dies ist meistens zutiefst konstruktiv und human. Es verbessert unmittelbar die
Lebensqualität der Tiere. Es verbessert darüber hinaus mittelbar die
Lebensqualität der Art, indem es dazu beiträgt, die ursprüngliche
Erbinformation der Tiere zu erhalten und zu verbreiten. Ursprüngliche Erbinformationen dienen i. d. R. nicht nur der
Arterhaltung, sondern auch der Lebensqualität. Sie können z. B. Migräne,
Krankheitsanfälligkeit, Misserfolge bei Jagden (Verhungern) und bei
Rangordnungskämpfen ([sexuelle] Frustration) usw. verhindern.
All diesen unangenehmen Behinderungen (beim Menschen!) haben Millionen, meist
religiöse, Erdenbürger im letzten Jahrhundert einen besonders erstrebenswerten
Heiligenstatus verliehen. Dies geht soweit, dass Wissenschaftler, die
genetische Veränderungen, die zu Behinderungen führen, als Fehler (Defekte)
bezeichnen, Anfeindungen erleben. Der Heiligenstatus beruht einerseits darauf,
dass Behinderungen (teilweise fatalistisch) als gottgewollte (oder gar
gottgefällige) Erscheinungen gedeutet werden. Andererseits liegt auch hier
wieder eine übertriebene Gegenreaktion auf Jahrhunderttausende miesester
Diskriminierung von Behinderten aller Art vor. Statt sich aber damit zu
begnügen, alle Behinderten anständig (prohedonisch, human, hilfsbereit usw.) zu
behandeln, streben offenbar manche Hyperhuman(isch)e einen Zustand an, in dem
es nur noch Schwerbehinderte gibt. Manchmal entsteht der Eindruck, dass diese
Humanomanischen die defekten Gene noch mehr lieben als die behinderten, oft
wirklich liebenswerten, Genträger. Das Leid, was die Behinderten natürlich
trotz aller Beschönigungen und Augenwischereien erleben, interessiert die
Altmoralisten genauso viel, wie das Leid der Sterbenskranken, denen er die Sterbehilfe
verweigert oder das der kondomfreien Aids-Todeskandidaten.
Das verwundert nicht sehr, da die Verherrlichung des Leidens der Schafe
altreligiöse Tradition ist. Das Gleiche gilt für den Umstand, dass Hirten glauben
ihre Normen allen (auch Heiden, Atheisten usw.) aufzwingen zu dürfen.
Wir wollen die angesprochene Liebe zu Gendefekten an einem authentischen
Beispiel verdeutlichen, welches gleichzeitig nochmals die Widersprüchlichkeit,
Hyperheterogenität und das Chaos der menschlichen Ethik verdeutlicht.
In England gab es 2008 Ärger zwischen einem gehörlosen Elternpaar und dem Staat
(der Gemeinschaft). Es ging um die Auswahl der Embryonen bei Befruchtungen im
Reagenzglas (=in-vitro-Fertilisation =IVF). Der Staat will per Gesetz erzwingen,
dass Embryonen mir deutlichen Gendefekten (auch für Gehörlosigkeit) verworfen
werden. Die Eltern fühlen sich diskriminiert und wollen ein Recht auf die
Auswahl der Gehörlosigkeitsgene. Sie halten die Auflagen des Staates für einen
Verstoß gegen die Menschenrechte, insbesondere gegen (individuelle) Freiheit
und Gleichheit. Natürlich spielen auch persönliche Authentizität und Abwehr von
Diskriminierung eine Rolle. Ob dies wirklich bis zur Verherrlichung von
Gendefekten reicht, ist allerdings unklar. Die Eltern, Tomato Lichy und Paula
Garfield, bezeichnen die (mögliche) staatliche Bevormundung als Eugenik, die an
Nazis erinnert. Ihre eigene Wahl gegen einen hörfähigen Embryo empfinden sie
nicht als Eugenik, obwohl sie doch offensichtlich ihre Gehörlosigkeit ähnlich
aufwerten, wie ihre Gegner die Hörfähigkeit. Tatsächlich muss man ihnen
zu Gute? halten, dass sie die deutsche IVK-freie Welt, in der allein der Zufall
(Gott?) allmählich die Zahl der Gendefekte erhöhen darf, bevorzugen. Dass heute
kein Mensch und kein Wirbeltier leben würde, wenn nicht Milliarden
Gehörlose während mindestens 1 Milliarde Jahre wenig oder keine Nachkommen
gehabt hätten interessiert genauso wenig, wie die entsprechenden
Zukunftsaussichten.
Dennoch muss man berücksichtigen, dass die Lebensqualität, nach der wie üblich
bei dieser Debatte wenig gefragt wird, in dieser Familie nicht deutlich
verringert ist. Man unterhält sich per Gebärdensprache und schreibt und liest
viel. Die Erhaltung dieser Lebensqualität (des gehörlosen Lebens) ist zwar ohne
die Hilfe der Gesellschaft nicht möglich, doch ist der Aufwand bei dieser
Behinderung nicht besonders groß. Das gilt zwar nur solange die Zahl der
Gehörlosen (jeglicher Behinderter) gering ist, doch spielt dies für die
Beurteilung dieses Einzelfalles keine große Rolle, weil sich in (ferner?)
Zukunft die Ethik und Selbststeuerung der Menschheit so von der heutigen
unterscheiden werden, wie die heutigen von der zu Christi Geburt. Man wird
schon in wenigen Jahrhunderten genetische Reparaturen vornehmen und die heute
gefürchteten Designer- und Elitebabys (künstlich) (er)zeugen. Vielleicht wird
man wie heute all diese Fortschritte und Entwicklungen zum Guten wie zum
Schlechten nutzen, aber die heute übliche und verherrlichte genetische
Selbstauflösung wird man beenden (oder sterben).
Wir halten zusammenfassend fest: Im Falle der IVF will sich der englische Staat
das Recht nehmen, eugenische Zwänge auszuüben. Bei normalen Befruchtungen
übrigens nicht. Der deutsche Staat lässt unter dem Eindruck des dritten
Reiches schon die IVF überhaupt nicht zu.
Alle westlichen Staaten verherrlichen Gleichheit und Freiheit, auch die des
Gehörlosenpaares. Die meisten Engländer halten das Paar für leicht meschugge,
einige für pervers andere für mutig und reinen (katholischen?) Herzens
(heterogenes Chaos).
Dieses Chaos wollen wir nun genauer beleuchten.
Fast alle natürlich gezeugten Menschen haben ein Recht auf Leben. Bei einigen künstlich
gezeugten entscheidet jeder Staat für sich. Wenn inzestuöse Befruchtungen
vorliegen, wird die drohende Behinderung wieder (wie früher) zu etwas Bösem.
Hier verbieten die meisten Staaten schon die Befruchtungsversuche, ja sogar
kondomatische Kontakte. Man spricht den inzestfreudigen Paaren die Fähigkeit,
Befruchtungen zu verhindern (nicht immer, aber immer öfter mit Recht)
ab. Natürlich ist eigentlich nur die spezifische Bekämpfung der Zeugung
behinderter Kinder bekämpfenswert. Sex zwischen nahen Verwandten ist ohne
Befruchtungen ziemlich unkritisch (vgl. allerdings „sexuelle Prägung“ im Kap.
Sexualität). Nichts liegt jedoch den verantwortlichen Politikern und religiösen
Ethikern ferner, als hier spezifische Regelungen zu treffen. Das lässt sich
auch mit dem ethischen Brei, der hier den Begründungshintergrund bildet gar
nicht vereinbaren. Würde man den nahen Verwandten Sex ohne Befruchtung
erlauben, so würde man die gerade heilig
gesprochene Behinderung wieder zum eigentlichen Belzebub machen –unmöglich,
aber noch nicht so übel wie der folgende Gedanke: Wenn Inzest und Sex sich
treffen, liegt die nahezu höchste und reinste Form von Belzebubismus vor. Satan
persönlich würde bei soviel Boshaftigkeit und Unmoral die Flucht ergreifen. So
etwas zu legalisieren, käme einer Heiligsprechung des Teufels gleich und wurde
unseres Wissens bisher niemals auch nur angedacht.
Wir vermuten trotz all unserer (berechtigten?) Polemik, dass das rigorose
Inzesttabu zurzeit ethisch korrekt sein könnte. Wir vermuten nämlich, dass bei
einer Freigabe trotz aller Gegenmaßnahmen und Beteuerungen die Zahl der
behinderten Kinder merklich ansteigen würde. Hier tun die Inzestgegner
vermutlich etwas unter derzeitigen Gesellschaftsbedingungen Richtiges. Dass
ihre Argumentation richtig ist, vermuten wir allerdings dennoch nicht.
Auch bei Wildtieren unterdrücken Menschen i. d. R. Inzest.
Anders bei verschiedenen Haustieren. Hier werden aus Bastarden durch mehrere
Kreuzungen mit sich selbst himmlische, teure, reinrassige Tiere. Auch bei
Nutztieren erscheinen inzestuöse Quälmaßnahmen, die nur dem Nutzer nützen,
nützlich.
Doch erreicht man so zuviel Chaos. Deshalb hat man ein neofatalistisches
Gleichschaltungsprogramm aufgelegt:
In jüngster Zeit mühen sich viele Menschen redlich, auch die Erbinformationen
und damit die Lebensqualität möglichst aller Haus- und Nutztiere (durch
paradiesische Domestikation) auf das schon erreichte (un?)menschliche Niveau zu
reduzieren (Selbstdomestikation s. K. Lorenz). Hier packen alle fleißig mit an,
Überbehüter, Hirnrisszüchter, „humane“ Tierärzte (wie tierische Menschenärzte) usw.
Erst wenn der letzte 25-jährige, wohlfrisierte, brilliantenbesetzte, lahme, arthrotische,
opiumbeladene, suizidgefährdete, blinde Blindenhund im Rollstuhl von einem
Roboter im Hundealtenheim auf die Hundetoilette getragen werden wird, werdet
ihr merken, dass unkontrollierte Scheinparadiese tödliche Folterkammern sind.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für konstruktive menschliche
Selbststeuerung ist das Studium und die Förderung aller angeborenen (und
erworbenen) Anlagen, die unter den jeweiligen gegenwärtigen Gesellschaftsbedingungen
noch konstruktiv sind.
Die Menschheit wird mit Sicherheit untergehen, wenn sie ihren Heimatplaneten
nicht verlässt, ihre genetische Selbstzerstörung weiterführt und bei ihrer
jetzigen ethischen Selbststeuerung bleibt.
Die emotionale Bilanz in Natur und Kultur ist eindeutig negativ. Das heißt,
Menschen und Tiere erleben im Schnitt mehr unangenehme als angenehme Gefühle
(vgl. Kapitel 3 Irrationale Konventionen). Wir erinnern noch einmal an die 4
Hauptursachen:
1. Gefühle sind entstanden, weil sie Tierarten einen Überlebens- und
Konkurrenzvorteil verschaffen, nicht, damit sie glücklich sind.
2. Unangenehme Gefühle werden im Schnitt intensiver empfunden als angenehme.
3. Die bewusste hedonische Regulation ist, wie dieser Bericht beweist, auf
diesem Planeten miserabel und masochistenwürdig.
4. Gewöhnungslernen
Da die meisten Menschen glauben, dass die Natur von Gott geschaffen ist,
halten Sie diese für gut, so, wie sie ist und menschliche Eingriffe für
schlecht (Schicksalsglaube, Fatalismus). Paradoxer Erfolg: Dies förderte systematisch
das destruktive Leiden in der Tierwelt und die weitgehende Zerstörung
der Natur durch profitgierige Minderheiten.
So wird es mit grausamer Gelassenheit -oder sogar befürwortend- hingenommen
(und auch selbst bewirkt), dass Billiarden von Tieren unter intensivstem Leid
an Hunger, Krankheiten, Erfrieren, Ertrinken, Ersticken, Altersschwäche,
Verletzungen usw. sterben. Andere Formen des tierischen Leidens, wie
Depressionen, Eifersucht, Angst usw., werden von Menschen noch lieber ignoriert,
am liebsten aber für nicht existent gehalten.
Es gilt allerdings zu beachten, dass Eingriffe in die Emotionalität von Tieren
sehr kritisch sind. Sie führen, wie beim Menschen, zu negativen genetischen
Veränderungen. Die Menschheit ist zurzeit bei der Regulation der tierischen
Emotionalität wissenschaftlich und technisch noch stärker überfordert als bei
der eigenen.
„Gehet hin und mehret euch!“ entstammt u.
a. dem Sexualverhalten und der Territorialaggression.
Alle Grundregeln der Höflichkeit und die meisten Regeln der Etikette entstammen
Beschwichtigungsgesten und –ritualen, die der Regulation des Gruppenverhaltens,
insbesondere der Kontrolle von Aggressionen, dienten und dienen. Die
wichtigsten Motivationen in diesem Bereich entstammen dem Bereich
„Rangordnungsverhalten“.
Das Selbstmordtabu beruht u. a. auf angeborenen Selbsttötungshemmungen. Es
spielen aber auch Gruppenzwänge (Zwang zu gruppenförderndem Verhalten) eine
Rolle. Wer sich tötet entzieht sich oft dieser Pflichten. Das wirkt sich i. d.
R. artschädigend aus. Deshalb haben Gruppen, die den Selbstmord tabuierten im
Durchschnitt erfolgreicher überlebt als andere.
Wir haben nun einige Normen und Ziele, die der Arterhaltung dienen, also
biologischer Natur sind, kennen gelernt. Viele dieser Normen werden in der
Kultur von Machthabern (Parasiten) missbraucht, um persönliche (emotionale)
Vorteile zu gewinnen. Z. B. rufen religiöse (ideologische) Führer nicht, weil
sie den Menschen wunderschöne sexuelle Lust wünschen und gönnen, zur Vermehrung
auf. Ihre wichtigsten Motive sind die Verbreitung ihres Glaubens, die
Bekämpfung anderer Religionen (Ideologien), die Stärkung ihrer Macht und die
Füllung ihrer Geldbeutel. Ähnliche Motive finden sich, wenn es um Altruismus
(Spenden usw.), Gehorsam, Kriegshetze, Lustverzicht usw. ging oder geht. Dass
Kriegshetze ein eher destruktives Mittel der Selbstorganisation ist, haben
einige Religionen inzwischen von den unzureichend bekämpften Vertretern der
Aufklärung gelernt. Es gibt sogar Päpste, die erfreulich gegen solche Kriege
hetzen, die ihre kreuzzugigen Vorgänger angezettelt haben.
Ethik und Emotionalität
Die meisten menschlichen Ziele, Normen und
Zwecke aller Ethiken bestehen im Erleben bestimmter Gefühle. Die meisten dieser
Gefühle, wie Liebe, Sehnsucht, Leidenschaft, Ehrgeiz, Hass usw. sind Mischungen
aus oben genannten Gefühlen, deren biologische Abstammung und Funktion klar
erkennbar ist.
Alle bekannten biologisch bedeutsamen Gefühle haben wir an anderer Stelle genauer
beleuchtet.
Es ist sehr wichtig, sich klarzumachen, dass mit Ausnahme von Reflexen,
Automatismen und psychischen (emotionalen) Störungen beim Menschen alle
Verhaltensursachen (Antriebe, Motive), Gefühle bzw. Gefühlsmischungen sind.
Diese treten übrigens schon bei Schimpansen in ganz ähnlichen
Erscheinungsformen auf. Die Kardinaltugenden der christlichen Religionen:
Liebe, Glaube, Hoffnung und alle Motive und Ziele religiöser Führer enthalten z.
B. Mischungen aus verschiedenen uralten Gefühlen mit biologischen arterhaltenden
Funktionen und angeborenen Anlagen. Deshalb kann es keine Ethik geben, die
nicht in ihrem Wesen hedonisch ist. (Die meisten Wunschvorstellungen bzgl. des
Lebens in einem (religiösen) Paradiese sind sehr hedonistisch.). Verschiedene
Ethiken unterscheiden sich vor allem durch die Auswahl und Zusammenstellungen
der biologisch begründeten (=entstandenen) Gefühle, die sie zu ihren Normen und
Zielen machen. In vielen religiösen Ethiken finden sich zudem -im Gegensatz zu rein
hedonistischen Ethiken- relativ viele unangenehme Gefühle in den gewünschten Zielen
und Motivationsprogrammen. Die Übersicht wird zudem dadurch schwierig, dass viele
Menschen für die verschiedenen Gefühlskombinationen immer wieder neue Namen
erfinden, um sich von tierischen Verwandten abzuheben. Außerdem überschätzen
sie die Bedeutung ihrer vernünftigen Selbststeuerungsfähigkeit so stark, dass
sie die Bedeutung der häufig unbewusst wirkenden Gefühle ([animalischen] Antriebe)
stark unterschätzen.
Religionen
Einen wirklichen entscheidenden Unterschied zwischen Mensch und Tier wollen
wir jedoch im Folgenden nochmals genauer betrachten, weil er der Humus ist, auf
dem Religionen entstanden sind. Es ist die Einsicht in die eigene Vergänglichkeit
(den Tod) bei gleichzeitig weitgehend erhaltenem starkem Lebenswillen. Die
wichtigste Ursache für die Entstehung von Religionen ist der Versuch, den
Konflikt zwischen Leben-Wollen und Sterben-Müssen zu bewältigen, bzw. Gefahren
aller Art durch Magie, Gebete, Opfer usw. zu beeinflussen. Der womöglich irrtümliche
Glaube an ein Weiterleben nach dem Tode verschwindet deshalb, umso mehr, je
mehr der biologische (natürliche) Tod und Gefahren kontrolliert und gesteuert
werden können.
Die Menschen, die Götter, ein Leben nach dem Tode und eine beseelte Welt
schufen, um die angesprochenen Konflikte zu bewältigen, nahmen sich auch das
Recht, die grundsätzlichen Verhaltensregeln für Menschen zu schaffen, zu
verändern und durchzusetzen. Sie bildeten zunächst nur mündlich, später auf
schriftlich, Ideologien, die sich meistens Religionen nannten und Gläubigkeit
und Anspruch auf absolute Wahrheit forderten und erhoben. Mit der Entstehung
und Entwicklung dieser Religionen wollen wir uns im Folgenden näher befassen,
weil sie am meisten ethische Konzepte entwickelt haben. Wir behalten aber im
Hinterkopf, dass Selbststeuerungen immer schon zunächst von Genen, später auch von
politischen Kräften (Anführern, Häuptlingen, Königen usw.) ausgingen. In den
letzten Jahrtausenden arbeiteten auch Philosophen z. T. rationale Selbststeuerungsprogramme
aus und in den letzten Jahrhunderten beteiligten sich zum Glück auch
Naturwissenschaftler, z. B. Mediziner, Biologen und Psychologen daran.
Die
Evolution von Religionen und die biologische Evolution
Die
menschlichen Religionen und ihre ethischen Konzeptionen sind vielfältig, weisen
jedoch auch erhebliche Gemeinsamkeiten auf. Das müssen wir erklären! Eine
Erklärungsmöglichkeit (die Cuvier gefallen hätte) wäre:
Sie sind von jeweils verschiedenen Göttern,
mit teilweise ähnlichen Konzeptionen, geschaffen worden.
Eine zweite Erklärungsmöglichkeit, die
Darwin gefallen hätte, wäre:
Alle Religionen (Ideologien) sind miteinander verwandt. Sie stammen von
gemeinsamen Urreligionen ab, die in Afrika – der Wiege der Menschheit –
entstanden sind.
Unter ähnlichen Umwelt- und
Selektionsbedingungen entwickeln sich ähnliche ethische (ideologische)
Konzeptionen.
Die Richtigkeit der zweiten
Erklärungsmöglichkeit wollen wir im Folgenden zu belegen versuchen.
Biologische Prinzipien der Evolution von
Religionen und Ideologien
Religionen sind, wie alle Ideologien, Informationssysteme, die eine kulturelle
Evolution durchlaufen und dabei einen ideologischen Stammbaum bilden, wie das
Leben einen Stammbaum der Lebewesen. Auch das Wesen des Lebens gleicht ja einem
selbstorganisierenden Informationssystem. DNAs (=Träger von Erbinformationen)
sind, genauso wie Zentralnervensysteme und ideologische Systeme, veränderbare
lernfähige Informationssysteme. Mit anderen Worten: Ideologien entwickeln sich nach
den gleichen Entwicklungsprinzipien wie Lebewesen (biologische Arten oder
Stämme). Es gelten also grundsätzlich die Gesetzmäßigkeiten der biologischen
Evolution. Wir betrachten daher zwecks tieferen Verständnisses, wie und ob Öko-
und Evolutionsfaktoren (Selektion, Gendrift, Rekombination, Isolation, Separation, Mutation, Nidation, Konkurrenz,
Vermehrungsraten, Parasitismus, Symbiose, Räuber-Beute-Beziehungen und alle
anderen Ökofaktoren) die Entwicklung der Kultur bestimmen. Einige
Beispiele haben wir oben und in anderen Kapiteln bereits angesprochen. Wir
beginnen nun mit einer etwas genaueren Analyse der besonders wichtigen
(Evolutions)faktoren „Mutation“, „Selektion“ und „Vermehrungsraten“.
[Für alle Feinde der Übertragung biologischer Erkenntnisse auf kulturelle erinnern
wir noch einmal: Charles Darwin hat die biologischen Evolutionsfaktoren zu ganz
wesentlichen Teilen gerade deshalb erkannt, weil er
wirtschaftswissenschaftliche, kulturelle Begriffe (z. B. „Konkurrenz“ und
„Auslese“) aus der Kultur in die Biologie übertragen hat.].
Vermehrungsraten, Mutation, Selektion,
Rekombination, Konkurrenz
Biologische Arten können langfristig nur überleben, wenn sie ausgeklügelte
Strategien besitzen, die ihre Fortpflanzung und ein günstiges Maß an
genetischer Variabilität (=Verschiedenheit der Erbinformationen) sichern. Ursachen
für die Verschiedenheit sind Mutation und Rekombination. Für ein günstiges Maß
sorgt die biologische Auslese (Selektion). Die Gesetzmäßigkeiten der
Bioevolution haben wir an anderer Stelle genauer erläutert.
Betrachten wir nun, wie die angesprochenen Prinzipien auch die Entwicklung von
Religionen (Ideologien) bestimmen etwas genauer:
Fortpflanzungsfähigkeit =
(Selbstreproduktion)
Religionen rufen ihre Mitglieder zur Vermehrung
auf, missionieren oder vernichten konkurrierende
Religionen und Ideologien und bilden Variationen (=Mutationen, Rekombinationen), die sie Sekten, Bekenntnisse, Heiden,
Ungläubige usw. nennen, und meistens umso stärker bekämpfen, je ähnlicher sie
ihnen sind, genau wie es auch biologische Arten tun (Beispiele s. u. und in
anderen Kapiteln). Christentum, Judentum und Islam sind Töchter (ideologische Stammbaumäste) einer gemeinsamen
Urreligion und haben sich auf Grund sündhaftester Motive ihrer Führer über
Jahrtausende bis heute aufs Widerlichste bekämpft. Sekten entsprechen grob
Rassen, Religionen entsprechen biologischen Arten (Gattungen, Familien) und
Ideologien entsprechen biologisch (Ordnungen, Klassen, Stämmen), Weltbilder
entsprechen Reichen.
Religionen, die ihre Mitglieder zur Muße und zu sinnlichem Genuss aufriefen,
wurden von anderen lustfeindlicheren, leistungsorientierten Kulturen und
Religionen ausgerottet oder überwuchert (Selektion
in Form von Konkurrenz, Parasitismus).
Genauso ging und geht es auch biologischen Arten, die z. B. auf Inseln
Jahrmillionen in himmlischer Bequemlichkeit herumfaulenzen konnten. Sie bauen
Nester auf dem Boden statt in Bäumen, können nicht mehr fliegen, sich warnen,
schnell laufen, gut wahrnehmen usw. Konfrontiert man sie mit leistungsfähigen
durchtrainierten Konkurrenten (Ratten, Kaninchen, Schlingpflanzen, Caulerpa
usw.) so werden sie in der Regel ausgerottet.
Die meisten religiösen Konzeptionen und Ideologien, die den häufigen Wechsel von Sexualpartnern akzeptierten oder
befürworteten, verloren viele Mitglieder durch Infektionskrankheiten.
Die Azteken und ihre Abschlachtungsreligion gingen unter, weil sie technisch
weniger weit entwickelt waren als Hernán Cortes und seine christlichen
Massakriergenossen. Die Azteken vernichteten sich (intraspezifische Selektion) aber auch, indem sie
unterworfene Indianerstämme (wie üblich) extrem brutal ausbeuteten und
unterdrückten. Das bewirkte, dass diese Stämme Cortes (in der irrtümlichen
Hoffnung, es könne ihnen unter so genannten Christen besser gehen) gegen die
Azteken unterstützten.
Alle religiös motivierten Kriege (also die meisten?) wurden z. T. aus Konkurrenzvernichtungsgründen geführt
(vgl. Konkurrenzausschlussprinzip in der Biologie).
Selektion von Symbiose und Altruismus
Der religiöse Altruismus ist aus biologischem Altruismus entstanden. Er
wird auch ganz ähnlich ausselektiert. Religionen, die Menschlichkeit, soziales
Verhalten, Gerechtigkeit usw. verherrlichen und versprechen, werden von
potentiellen Gläubigen bevorzugt. Das Christentum konnte sich u. a. wegen
seiner Überlegenheit in diesen Bereichen z. B. gegenüber griechischen,
römischen und germanischen Religionen durchsetzen. Leider waren diese
Religionen im Durchschnitt auch demokratischer, prohedonischer sowie weniger wissenschaftsfeindlich
und geringfügig weniger rassistisch und frauenfeindlich.
Deshalb bewertet mancher den viel gepriesenen Sieg des Christentums über die
Kulturen der Antike ähnlich, wie einen viel geschmähten möglichen Sieg des
heutigen Islam über die westliche Welt.
Aggressivität, Verwissenschaftlichung und Technisierung
Während Jahrzehntausende währender blutiger Kämpfe zwischen Religionen
wurden solche ausselektiert, die trotz aller Innovationsfeindlichkeit in
gewissem Maße intellektuelle und technische Höherentwicklungen zuließen und
militärisch aktiv waren. („Macht euch die Erde untertan!“) Der Sieg der
Wissenschaft über die Religion in Europa ist allerdings eher als Gegenreaktion
auf allzu intensive Unterdrückung und Ausbeutung (unablässigen Ablass) zurückzuführen
als auf einer besonderen Toleranz des Katholizismus. Dieser Sieg verdankt sich
sogar ganz wesentlich der Tatsache, dass Wissenschaft sich in der Antike (vor
der Ausbreitung des Christentums) entwickeln konnte. Allerdings waren die
meisten Wissenschaftler und Philosophen nach Descartes und Galilei Christen,
viele (z. B. Mendel und Darwin) sogar Mönche oder Theologen. Das hat viel damit
zutun, dass fast jeder Christ war und sehr wenig damit, dass die Religion zur
Einsicht kam, wie es Peter Scholl Latur behaupten würde. Religiöse Menschen
(vor allem Mönche), haben zu dem allmählichen Untergang der Religion, von dem
auch wir gerade einen kleinen Ausschnitt erleben, beigetragen. Auch das geschah
nicht, weil Mönche auf den rechten Weg der Naturwissenschaften gefunden hatten,
sondern ganz wesentlich, weil fast nur sie schrieben, vor allem, weil sie
antike Texte abschrieben. Vernunft und
Wissenschaft blühten nicht wegen und mit, sondern gegen und trotz der Religion
auf!
Religiöse Entwicklungen
Abschließend
wollen wir die Entwicklung von Religionen (Ideologien) noch ein wenig konkreter
und etwas historisch orientiert betrachten:
Wir hatten gesagt, dass der Wunsch nach Kontrolle von Gefahren (insbesondere
des biologischen Todes) der wichtigste Ursprung aller Religionen war.
Urhordenmenschen schufen (liebe) Götter, Geister, Höllen, Paradiese usw., die
mindestens 100 000 Jahre lang immer wieder bedarfsspezifisch umgemodelt wurden.
Besonders das Leben nach dem Tode gefiel fast allen Menschen und wurde zum
Dauerbrenner (besonders für Hexen, Juden, Heiden und Wissenschaftler).
Aufgrund dieser Ideen und Erfindungen fühlten sich die Menschen, trotz ihres
Lebenswillens und ihrer Ängste, wieder halbwegs wohl.
Aus Dankbarkeit machten sie nun die Erfinder ihres neuen Zukunftsparadieses zu
Spezialhäuptlingen und nannten sie zunächst Zauberer oder Schamanen später dann
Druiden, Gurus, idealistische Philosophen, Priester, Prediger, Messias, Papst
usw. Neben ihren Häuptling fürs Grobe und Materielle, z. B. für Krieg, Blödheitsbewahrung
und öffentliche Ausbeutung, stellten sie religiöse Führer (z. B. Innozenz den
III. und IV. sowie Leo den X.) für unbeherrschbare ideelle Sonderfälle, aber
auch für profane (a)soziale Aktivitäten z. B. kriegerisches Hetzen, merkwürdige
z. T. masomäßige Selbststeuerungsbefehle und gut getarnte Ausbeutung. Diese
erste Einführung einer Doppelspitze beruhigte zwar die Nerven, wie im 19.
Jahrhundert Opium, später dann Kokain, führte aber auch zu Eigentoren. Leider
blieb nämlich nicht nur der Anteil an altruistischen Menschen sondern auch an
leicht unrealistischen und machtorientierten unter den (religiösen) Führern
immer relativ hoch. So kam es, dass sie die verrücktesten Ideen (göttliche
Bräuche) ausprobierten. Z. B. schlachteten sie hin und wieder die süßesten
Kinder, um sie ihren „göttlichen“ Erfindungen zu opfern, erklärten sich für
unfehlbar oder nutzten ihre Macht genau wie die Standardhäuptlinge, um die
anderen Gruppenmitglieder auszubeuten und sich gegenseitig zu verprügeln (Religionskriege,
Kreuzzüge, Terror). Außerdem wirkten ihre Beeinflussungsversuche der Natur nur
manchmal und die Geschichte mit dem Leben nach dem Tode konnte in keinem Fall
bewiesen werden. So kam es immer wieder zu Protesten, Aufständen und zu
Veränderungen durch neues, manchmal etwas weniger blindes Herumprobieren
(Jesus, Mohammed, Buddha, Calvin).
Alle diese Veränderer der menschlichen Selbststeuerungsprogramme hatten aus der
Geschichte gelernt und die Geschichte lernte von ihnen. Sie warfen z. T. echt
abgefahrene neue Software auf den (neuen) Markt, die einigen von ihnen zunächst
aus der Hand gerissen, später um die Ohren geschmissen wurde. Immer bemühte
sich auch die „old economy“ (z. B. in Rom), die neuen Ideen feurig
niederzutreten. Das Chaos wurde dadurch zusätzlich perfektioniert, dass es
häufig mehrere Gruppenführer gab, z. B. gleichzeitig in Rom und Avignon. Führer
hatten sich schon seit Jahrmillionen durch Intrigen, Bündnisse, Gewaltanwendung
usw. gegenseitig um die besten Jobs gerissen.
(Nicht nur Schimpansengruppen erleben häufig ein großes Führungschaos, wenn sie
sich nach dem Tod eines großen Führers nicht einig werden können.). Immer
versuchten auch die Häuptlingheinis canossisch (von Canossa über Rom und Bagdad bis Teheran), die Zauberer zu
beherrschen und die Zauberer die Häuptlinge. Diese seltsamen Sitten und ihre
Ursachen haben sich in der Menschheit bis heute aufs Wundersamste erhalten. Das
liegt daran, dass die Ursachen (Statuswahn, territoriale Aggression,
Bequemlichkeit usw.) für menschliches Handeln unverändert blieben. Zur
Erinnerung: Die wichtigste Ursache aller menschlichen (Fehl)Entwicklungen sind
ihre Motivationen (Triebe, Gefühle), die sie bis heute mit Schimpansen
gemeinsam haben und ziemlich dilettantisch regulieren. Menschen regulieren ihre
eigene Entwicklung mit mehr Verstand (Denken) und weniger Vernunft (Überleben
und Glück) als Schimpansen. In den letzten Jahrzehnten hat die Vernunft in
menschlichen Kulturen allerdings einen bemerkenswerten Schub erhalten.
Wenn es um Religionen geht, gilt Nietzsche als einer der größten Schieber. Er
sagte (verfrüht) Gott ist tot. Heute wissen wir, dass alle Religionen auf
diesem Planeten seit Jahrhunderten systematisch an ihrem Selbstmord arbeiten
und noch Jahrhunderte arbeiten werden. Zum Glück? wird dieser Selbstmord von
der um sich greifenden Erkenntnis gefördert, dass alle Götter mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit schöne Illusionen und Wunschträume mit teilweise
sehr unschönen Folgen sind. Die Verhaltensregeln der Religionen (Ethik, Moral) sind dagegen die realen,
verfeinerten, (manipulierten), teilweise bewusstgemachten Prinzipien der
Gruppenregulation äffischer Vorfahren des Menschen. Es sind diese (religiösen)
Selbststeuerungsprogramme, die den Menschen den Lebensspaß zugleich z. T.
bewahren und zu größeren Teilen verderben. Der Glaube an ein Leben nach dem
Tode bringt dagegen eindeutig mehr emotionale Gewinne als Verluste.
Aus dem Gesagten wird deutlich, dass Götter ursächlich mit den antihedonischen
Anteilen in religiösen Ethiken nichts zu tun haben. Man erkennt dies schon
daran, dass die verschiedenen Ethiken aller Religionen und der meisten
Philosophen sich in ihrer Fehlerrate nur wenig unterscheiden. Dies ist auch ein
Hinweis darauf, dass Götter bei der Konzeption menschlicher Ethiken nie
beteiligt waren, sondern ausschließlich schimpansenähnliche Menschen. Fehler in
ethischen Konzeptionen beruhen auf der menschlichen Natur (Intelligenzmängel,
emotionale Störungen usw.). Sie werden durch Religionen oft verstärkt und
selten verhindert, aber es ist primär die biologische Natur (Ehrgeiz, Egoismus,
Machtstreben, Altruismus) der religiösen Führer, die solche Fehler bewirkt,
nicht die Religion an sich. Die meisten Religionsstifter haben das, was sie für
die Lebensqualität ihrer Schäfchen hielten, in den Mittelpunkt ihrer
Zielvorstellungen gestellt. Viele Religionsverwalter (Päpste, Sektenführer
usw.) haben (ähnlich, aber weniger, als andere Verwalter von Gemeinwesen) ihre
eigene Lebensqualität in den Mittelpunkt gestellt. Der größte Fehler aller Religionsstifter
und auch aller Entwickler politischer Konzeptionen (Solon, Perikles, Platon,
Hobbes, Locke, Marx usw.) ist, dass ihre Konzepte derartigen Machtmissbrauch
(jeglichen Parasitismus) zu wenig verhindern konnten und können. Die wichtigste
Ursache für die Irrationalität vieler (nicht nur religiöser) menschlicher
Selbststeuerungsprogramme liegt neben unvermeidlichen Informationsmängeln in
der (vermeidbaren!) Bekämpfung der Verwissenschaftlichung der Kultur durch
konservative Kräfte aller Art (s. o.).
Kulturelle Konvergenz
Lebewesen können
unter ähnlichen Umweltbedingungen ähnlich werden (=Analogie, Konvergenz, z.
B. Körperform von Fisch und Wal) oder aufgrund von Verwandtschaft Ähnlichkeiten
und Gemeinsamkeiten aufweisen (=Homologie),
z. B. Vorderflossen von Walen und Arme von Menschen.
Lebewesen werden durch zufällige Mutationen und Verschiedenheit der Umwelten
verschieden. Entsprechendes gilt für die kulturelle Evolution von Ideologien
und von anderen Informationssystemen.
Betrachten wir
zuerst die Homologie: Werte, Normen
und Vorstellungen die fast alle Religionen(Ideologien) gemeinsam haben stammen
wahrscheinlich überwiegend von den ersten Urreligionen(Urideologien) ab. Diese
dienen der Bewältigung global gültiger grundsätzlicher Probleme. Diese sind
1. die Regulation
des Zusammenlebens
2. Bewältigung des
Todes
3. die
Beeinflussung von elementaren Gefahren.
Zu Punkt 1 haben
alle Religionen Verhaltensgrundsätze (z. B. Tötungstabus und Altruismus)
entwickelt, zu Punkt 2 irgendwelche Formen des Weiterlebens nach dem Tode und
zu Punkt 3 Gebete, Beschwörungen, Menschenopfer und so weiter.
Betrachten wir nun
die Analogie:
Verschiedene seefahrende Völker erfanden z. T. unabhängig voneinander Meeres–
und Windgötter, Bergvölker Berggötter. Unter Halbwüstenbedingungen wurden auf
dem gesamten Globus Regengötter erfunden. Die verschiedenen Regen-, Wind-,
Meeresgötter usw. verschiedener Kulturen sind also i. d. R. unabhängig
voneinander entstanden (=analoge
Entwicklungen). Dennoch können sie auch homolog sein, wenn sie aus gemeinsamen Vorfahren (Allgemeingöttern)
hervorgegangen sind.
Die ersten Landwirbeltiere haben Beine nicht völlig neu erfunden und irgendwo
aus dem Körper wachsen lassen. Sie haben bestimmte Flossen in Hände und Beine
(später Arme) umgewandelt. Entsprechend haben Menschen vorhandene Götter bedarfsspezifisch
umgemodelt oder mit Kindern versehen. Als Windgott eignen sich z. B. Ableger
eines Donnergottes ausgezeichnet.
Tiere entwickeln, statt erfundener, weitgehend wirkungsloser neuer Regengötter,
mit Hilfe ihrer Erbinformationen, wenn ihr Lebensraum trockener wird, wesentlich
konstruktivere Austrocknungsschutzmechanismen usw. Wenn sie dann ins Wasser
zurückkehren (manche Schildkrötengattungen sind mehrfach vom Land zum
Wasserleben und zurück übergegangen), legen sie ihre Schutzmechanismen wieder
ab und entwickeln flossenartige Beine usw.
Wenn Völker die Halbwüsten verlassen, geben sie Ihre Regengötter auf, und
erfinden Donnergötter.
In der gleichen Situation verändert sich die Erbinformation von Tieren so, dass
sie Gewässer bewohnen können, indem sie z. B. Fell oder Federn zum Schutz gegen
Wasser einfetten. Die Gene wasserlebender Säugetiere sorgen für glatte und
schleimige Oberflächen usw. So können die Tiere ohne große schweißtreibende Anstrengung
durch den Widerstand des Wassers gleiten.
Menschen
neigen dagegen beim Umgang miteinander zum Schleimen. So können sie ohne
große schweißtreibende Anstrengung durch Widerstände des Massas gleiten.
Die gerade beschriebenen speziellen Formen der Selektion heißen in der Biologie
„transformierende Selektion“ und „stabilisierende Selektion“. Weil auch sie die
kulturelle und die biologische Evolutionen mitbestimmen, wollen wir
beide Begriffe genauer erläutern. Zunächst zur Biologie: Wenn die Umweltbedingungen
sich ändern, werden solche Mutanten (genetisch veränderte Individuen)
ausgelesen (bevorzugt), die von der bisher günstigen Norm abweichen. Man
spricht, von transformierender Selektion.
In der Regel verändern sich die
genetischen Informationen vieler Individuen, wenn nicht sogar die der
Gesamtpopulation, der gesamte Genpool. Der transformierende Selektionsdruck entspricht
dem Selektionsdruck, der in der Kultur Erneuerungen, Innovationen und
Fortschritt bewirken kann (Beispiele oben). Wenn die Umwelt sich nicht
verändert, werden die Mutanten bevorzugt, die die alten, bewährten Gene
(Mutationen) aufweisen. Man spricht von stabilisierender
Selektion. Dieser Selektionstyp entspricht den Kräften, welche in der
Kultur bestehende Verhältnisse bewahren, den konservativen. Je veränderlicher
nun in Natur und Kultur die Umweltbedingungen sind, desto transformierender
muss eine produktive Selektion wirken.
Dass konservative Kräfte trotz immer
schnellerer Veränderungen der Kultur überkommene Ideologien bewahren und
Transformationen (=Erneuerungen) (manchmal brutal) bekämpfen, ist einer der
Kardinalfehler der Menschheit.
Beide Selektionstypen geraten nun in Kultur und Natur in interessante
Wettkämpfe miteinander und vor allem mit den zugehörigen Mutationen (Erneuerungen).
Miteinander geraten die Selektionstypen aneinander, weil i. d. R. weder klar
unveränderliche noch extrem veränderliche Umweltbedingungen vorliegen. Mit
Mutationen dagegen geraten beide stets radikal aneinander. Die stabilisierende
Selektion bekämpft brutal päpstlich konservativ alle Abweichungen (Mutationen) von
der vorherrschenden Norm. Es ist so als ob der Papst alle Nudisten bei 38°C in
Bademäntel zwingen und dann bei 200°C auf dem Scheiterhaufen versengen würde.
Die transformierende Selektion bekämpft ebenso brutal stalinistisch alle
Nichtabweichler. Es ist als ob die Nudisten dem Papst nicht nur die Lederhose
ausziehen und ihn dann im Eismeer versenken würden.
Die beschriebenen Selektionskämpfe entsprechen z. T. auch dem schon häufig
erwähnten Kampf zwischen Erneuerung und Bewahrung, auf den wir unten
Dogmatismus und so weiter noch einmal eingehen.
Die angesprochenen Selektionstypen und die bewahrenden und verändernden Kräfte
in der Kultur haben auch auf der Ebene eines Organismus Institutionen (Systeme)
die ihnen entsprechen.
Den konservativen Kräften entsprechen Reparaturmechanismen für Gene, den
verändernden Kräften entsprechen u. a. die Mechanismen, die für Rekombinationen
sorgen (z. B. cross over oder die humorale Immunabwehr). Auch auf diese gehen
wir unten genauer ein. Wir betrachten jetzt noch einige Beispiele für unsere
Selektionstypen in der Kultur.
Wenn Menschen in Gebiete mit Geschlechtskrankheiten (Selektionsdruck) geraten, entwickeln
sich in ihren Ethiken Sexualtabus, die – leider langsam und nur
teilweise - wieder verschwinden (Transformation), wenn Kleinpopulationen andere
Gebiete, wie Südseeinseln oder die Arktis, besiedel(t)en (kulturelle und
biologische Gendrift). Dies geschah und geschieht vor allem dann, wenn
(zufällig) die Krankheitserreger die kleine Auswanderungspopulation nicht
befallen haben oder nicht krank mach(t)en. Im letzten Jahrhundert geschah es
weltweit, weil (trotz hartnäckiger religiöser Gegenwehr) Mittel (Medikamente,
Kondom, Kenntnisse) gegen Infektionskrankheiten entwickelt wurden (vgl. Kap.
X).
Viele ideologische Prinzipien sind unverändert geblieben oder wieder ähnlich
geworden, weil die betroffenen Kulturen stets unter gleichen (globalen)
Bedingungen lebten (stabilisierende Selektion) oder nachdem verschiedene
Gruppen wieder unter ähnliche Lebensbedingungen gerieten.
Weitgehend interkontinentale ideologische Prinzipien:
Glaube an ein Leben nach dem Tode, da bis heute alle Menschen sterblich
geblieben sind.
Nahezu globale Sexualfeindlichkeit unter anderem, weil Infektionskrankheiten
durch Sexualität nahezu global übertragen wurden und (noch mehr) werden (vgl.
Kap. X). Wanderungen und hohe Bevölkerungsdichten erhöhen die
Infektionshäufigkeit.
Verherrlichung von Altruismus, Treue, Ehrlichkeit, Brüderlichkeit, Gleichheit,
Vertrauen, Zuverlässigkeit, Tötungstabus, Diebstahltabus, Betrugstabus, Heterosexualität,
Rassismus, weil fast alle Menschen in Gruppen leben und Altruismus,
Parasitismusbekämpfung usw. konkurrierenden Gruppen Überlebensvorteile
verschaffen können.
Der Stabilität solcher ideologischer Prinzipien (Werte) entspricht in der Natur
zum Beispiel die Erhaltung der Wahrnehmungsfähigkeit, Körperbedeckung,
grundlegender Stoffwechselprozesse usw. Andere Beispiele für genetische
Stabilität finden sich überall da, wo sich Umweltbedingungen wenig ändern, z.
B. in der Tiefsee. Deshalb haben sich viele Einzeller, Quallen, Quastenflosser,
Pfeilschwanzkrebse usw. im Laufe von Millionen oder sogar Milliarden Jahren nur
relativ wenig verändert.
Beispiele kultureller Äquivalente zu Mutationen
sind:
1. konstruktive Mutationsäquivalente
den konstruktiven Erbänderungen in der Natur entsprechen in der Kultur:
konstruktive Gedanken und Personen wie Gorbatschow, Galileo, Einstein, Darwin,
Nobel, Euklid, Gauß, Mendel, Epikur, Popper, Lorenz, Kant, Kolumbus, Watt,
Koch, Curie, Riemann, Watson und Crick, die Entdeckung von Penicillin,
Helicobacter pylori, Jesus bzgl. Altruismus usw. und viele Millionen Unbekannte
bzw. deren Tod.
2. destruktive Mutationsäquivalente
den destruktiven Erbänderungen (=Erbschäden) in der Natur entsprechen in der
Kultur:
große Teile aller vorherrschenden Ethiken und Ideologien, Hitler, Stalin, viele
Päpste, Napoleon, Nero, Idi Amin, F. Marcos, Wilhelm Reich, Hegel, Hussein und
viele Millionen Unbekannte bzw. der Tod von Millionen anderen Unbekannten.
Diese Aufzählung ist allerdings vereinfachend und idealisierend. Alle genannten
Mutationsäquivalente haben sowohl konstruktive als auf schädliche Folgen. Fast
alle genannten Personen, auch Stalin, Hitler, Milosevic und so weiter,
glaubten, ethisch richtig und gut zu handeln. Manche ihrer Aktivitäten hatten
auch tatsächlich konstruktive Folgen. Während die Natur nämlich aus ihren
Fehlern (genetische Defekte) nur wenig lernt, übertreibt es der Mensch oft
sogar mit dem Gegenteil. So hat Hitlers kranker Rassismus der Entwicklung (manchmal
übertriebener [s. o.]) antirassistischer Strömungen mehr gedient, als tausende
vernunftorientierter Diskussionen. Hitler hat der Menschheit bekanntlich den
größten Lernerfolg aller Zeiten verpasst. Hoffentlich lernt sie daraus, dass
sie nie wieder einen Hitler braucht. Umgekehrt haben konstruktiv erscheinende
Mutationsäquivalente manchmal erhebliche schädliche Folgen. Der medizinische
(jeder technische) Erfolg zerstört z. B. allmählich die menschliche
Erbinformation.
Die wahrscheinlich konstruktivsten Mutationen in der Natur sind die, die
Altruismus, symbiotische Tendenzen im allgemeinen und die Fähigkeit, angenehme
Gefühle zu empfinden, hervorgebracht haben. Destruktive Mutationen verursachen
Erbkrankheiten oder vermindern die Wirkung konstruktiver Mutationen. Diese
Mutationen nehmen übrigens alle direkt und indirekt Einfluss auf alle
ideologischen Werte.
Die Entwicklung von Altruismus und
Parasitismus in Natur und Kultur
In der Natur kommt es zwischen Parasiten und Wirten langfristig zu einem meistens
mehr oder weniger ausgeglichenen Wettkampf (Gleichgewicht des Schreckens), bei
dem häufig beide Lebensformen überleben und leiden. Ganz ähnlich verhält es
sich mit dem Altruismus z. B. in Schimpansengruppen. (Parasitäres) Nehmen und
altruistisches Geben geraten langfristig in ein (allerdings zeitlich
schwankendes) Gleichgewicht, welches am besten der Arterhaltung dient.
Gleichgewicht bedeutet hier nur Stabilität, nicht gleichstarke Kräfte. Die
parasitären Kräfte besitzen stärkere innere Selbsterhaltungskräfte und
Wachstumsenergien. Dass darin der vielleicht wichtigste Grund für die
menschliche Unmenschlichkeit („Homo homini lupus.“) liegt, haben wir an anderer
Stelle genau erläutert. Diese Gleichgewichte geraten bei entsprechenden
kulturellen Entwicklungen in den letzten Jahrhunderten ins Schwanken, weil
durch die Geschwindigkeit der Selbstveränderung (ständige Erneuerungen)
Gleichgewichte i. d. R. verhindert werden. Wir beobachten aber die folgenden
typischen Entwicklungstendenzen in expandierenden Gruppen.
In sich selbst entwickeln sich alle menschlichen Gemeinschaften, wie Kirchen (Religionen),
politische Systeme, Unternehmen, karitative Verbände, Vereine usw. in folgender
Weise. Mit zunehmender Größe und Zeit wächst der parasitäre Egoismus (Korruption
usw.) auf dem Humus der selbstgeschaffenen Freiheit und Anonymität (vgl. Georg
Orwell, „Farm der Tiere“). Dabei verändern sich die (ideologischen) Regeln
kaum. Man hält sich nur immer weniger an humanitäre Gebote. Dabei gewinnt man
(wie viele moderne Rechtsanwälte) das Geld, verliert aber die Achtung der
Schäfchen. Sogar manche religiösen „Schweine“ wurden allmählich ähnlich
gleicher, wie politische „Schweine“. Diese Entwicklungen sind wiederum der
Humus, der ja bekanntlich viel Kot (Sklaverei, Pharisäerparasitismus,
Ablassbriefe usw.) enthält, auf den Locke, Rousseau usw. die Demokratie, Jesus
das Christentum und Luther, Calvin usw. den Protestantismus erfolgreich
pflanzten. All diese Entwicklungen führten übrigens dazu, dass der Parasitismus
in den meisten Religionen während der letzten Jahrhunderte erfreulich nachließ.
Weltliche perverse Manager- oder Künstlergehälter (Mähdorne im eigenen Auge und
Bohlen vor dem Kopf) gibt es in Kirchen (Religionen) wenig. Ja es gibt sogar
eine Menge teilweise altruistische Unterstützung der Ärmsten (potentiellen
neuen Schäfchen).
Die Fehler der heutigen Religionen liegen viel mehr im Bewahren antihedonischer
Normen (Scheidungs-, Kondomtabu, Frauenfeindlichkeit usw.).
Wir verdeutlichen an einem konkreteren Beispiel:
Heutige Päpste leben bedeutend anspruchsvoller (sonniger) als Ludwig XIV.
Allerdings geht ein Teil dieses Zusatzkomforts auf spätere
technisch-wissenschaftliche Entwicklungen zurück, die inquisitorische
Bemühungen trotz großer Anstrengungen nicht verhindern konnten. Heutige Päpste
werden von den Ärzten behandelt, deren Vorgänger von den Vorgängern der
Päpste umgebracht wurden.
REPARATUR VON GENDEFEKTEN INNOVATIONSSCHUTZ ORTHODOXIE
DOGMATISMUS INDOKTRINIERTHEIT
Auf biologisch-genetischer Ebene werden viele schädliche „verrückte“
Mutationen bzw. Mutanten (=Organismen mit Erbänderungen) durch Reparaturenzyme
und Reparaturmechanismen rückgängig gemacht oder durch den Tod der Betroffenen
ausgemerzt. Es wird der alte, erprobte Zustand wiederhergestellt (s. o.).
Entsprechende Mechanismen gibt es auch in der Kultur. Sie werden hier
Konservatismus, Indoktriniertheit, Dogmatismus, Innovationsfeindlichkeit oder Orthodoxie genannt.
In Gruppen lebende Säugetiere verfügen über Schutzmechanismen, die verhindern,
dass ältere Tiere verrückte, destruktive neue Ideen von jungen Tieren
übernehmen. Entsprechendes gilt auch für Ethiken, Religionen und die meisten
älteren Menschen.
Diese Mechanismen wirken leider auch bei konstruktiven Innovationen
(≈Erneuerungen). So übernahmen ältere Makaken (eine asiatische Affenart)
nicht den konstruktiven, neuen Brauch der Jungtiere, Reiskörner oder
Süßkartoffeln im Salzwasser zu waschen, obwohl sie dabei vom Sand befreit und
schmackhafter werden (vgl. Kap „irrationale
Konventionen“).
Religionen und Menschen, die sich entsprechend verhalten, nennt man dogmatisch,
orthodox, verkalkt oder spießig. Religionen liberalisieren z. B. nicht ohne
Zwang Sexualität, wenn die Gefahren von Infektionen deutlich sinken. Manche
gestatten auch nicht das Essen von Schweinefleisch, wenn die Gefahren durch Krankheitserreger,
z. B. Trichinenbefall, nicht mehr bestehen (vgl. ebenfalls: Kapitel 3 „Irrationale
Konventionen“).
Viele ältere Menschen meiden oder mieden Innovationen wie Flugzeuge, Autos, exotische
Gerichte, Auslandsbesuche, Computer, Internet usw., auch wenn deren Nutzung
produktiv ist oder war.
Die genannten konservativen Verhaltensweisen, Denkmuster, Motivationen und so
weiter entsprechen in ihrer Funktion und Wirkung der stabilisierenden Selektion
(siehe oben).
Wenn dagegen z. B. Unternehmen innovative Produkte (Flachbildschirme,
DVD-Player und so weiter) anbieten und aufzwingen und/oder Kunden diese
bevorzugt kaufen, haben wir es mit Vorgängen tun, die teilweise der
transformierenden Selektion entsprechen. Die wichtigsten kulturellen Motive für
derartige Entwicklungen sind Ökonomisierungslust, Statusdenken Raromanie und Selbstetikettierungsneurosen.
Selbstetikettierungsneurosen
Ein besonders destruktiver Teil der Veränderungen von Religionen, Ideologien
und Konventionen geht auf ein Phänomen zurück, das man in moderner Sprache als
Gruppenabstoßung und Selbstetikettierungsneurose bezeichnen könnte. Dieser
Erscheinung liegt ein angeborener Mechanismus zugrunde. Menschen lebten über
Jahrmillionen in Gruppen (Urhorden). Diese konnten nur überleben, wenn sie sich
aggressiv abstießen und dadurch ausbreiteten. Bei örtlichen Katastrophen
(Überschwemmungen, Bränden, Epidemien, Erdbeben usw.) sterben Tier- und
Pflanzenarten, die solche Mechanismen nicht aufweisen, häufig aus, da sie auf
relativ kleinen Flächen leben.
Gruppen (auch Untergruppen) müssen sich markieren, um sich erkennen,
beziehungsweise von anderen Gruppen unterscheiden zu können. Die Etiketten, die
sie dabei wählen, dürfen keine schon vergebenen Bedeutungen haben. Dies würde
zu Missverständnissen und Verwechslungen führen. Deshalb wählen sie bis heute
neutrale, sinnvolle, schädliche oder sinnlose Etiketten in bunter Mischung aus
(Piercing, Uniformen, Tätowierungen, Haarlänge, Flaggen, Brutalität,
Jugendsprachen, Musikstile usw.). Solche zum Teil antihedonischen Auswahlen
charakterisieren und etikettieren auch die Entwicklung von Ideologien.
Beispiele sind Kannibalismus, Menschenopfer, Priestergewänder, viele Zeremonien,
Verteufelung von Verliebtheit usw. In allen Fällen kann in modernen Kulturen
das ursprünglich oft konstruktive Bewahren der gruppenetikettierenden Formen,
Zeichen und Normen destruktiv wirken.
Um Verwechslungen zu vermeiden werden diese Etiketten (wie [z. B.] religiöse
Dogmen) so gut wie nie verändert. Hakenkreuz bleibt Hakenkreuz. Gammler bleibt
Gammler.
Bei den
Kannibalen dagegen galt für alte gammelnde Gruppenmitglieder und Fremdlinge noch:
Liebe geht durch den Magen. Dieser „geschmackvolle“ ökonomische Brauch wurde
zum Vorbild für moderne zivilisierte Kulturen: Hier wird das Gammelfleisch
durch „liebevolles“ umetikettieren der gesamten Bevölkerung zugänglich gemacht.
Allerdings droht den verantwortlichen (oder besser verantwortlosen)
Politikern hier ein heiliges Dön(n)erwetter(n) seitens der Bevölkerung. Doch
nun kommt der GauGag: Leider ist der GaG (der größte anzunehmende Gammelanteil
oder auch Gammelerwartung, oder GaU mit U, wie Umetikettierung, oder auch GaK mit
K wie Korruptionserwartung) in den verschiedenen Parteien derartig ähnlich,
dass selbst manche Grüne sich schwarz ärgern, oder blau, gelb und rot
anlaufen. Ganz beuteltierische, radikale grüne gerissene Trommelfäller verpass(t)en
sogar ihrem (schamlosen?) Cheffischer rote Ohren.
DIE EVOLUTION DER EMOTIONALITÄT
Wie wir an anderer Stelle näher
erläutert haben, stehen Gefühle im Mittelpunkt aller Ethiken. Wir widmen
uns deshalb der Emotionalität im Folgenden genauer.
Bis vor ca. 2.000.000 Jahren entwickelte sich wahrscheinlich die menschliche
Emotionalität, wie die der Wildtiere bis heute, überwiegend höher. Ähnliches
gilt für alle psychischen und körperlichen Leistungsfähigkeiten. Die
Hauptursache – biologische Auslese (=Selektion) – wurde von Menschen und deren
Vorfahren schon seit ca. 5 Millionen Jahren zunächst ganz langsam, doch heute exponentiell zunehmend vermindert. Der
menschliche Geist konnte entstehen, weil über Milliarden Jahre menschliche
Vorfahren mit zunehmend der Wirklichkeit entsprechender (=realitätskonformer)
Wahrnehmung (vgl. Evolutionäre Erkenntnistheorie von G. Vollmer), mit
realitätskonformer Informationsverarbeitung (≈Intelligenz) und arterhaltender Emotionalität (≈emotionale
Ausgeglichenheit) mehr Fortpflanzungserfolg hatten als Vorfahren mit weniger
guten Leistungen in diesen Bereichen. Einfacher gesagt konnte menschliche
Intelligenz und Emotionalität entstehen, weil Individuen und Gruppen, die in
diesen Bereichen artschädigend verändert waren, relativ geringe Fortpflanzungserfolge
hatten als andere. Menschen können zum Beispiel sterben bzw. sich wenig
effektiv fortpflanzen, wenn sie im Bereich Mut, Aggressivität, Sexualität,
Nahrungsaufnahme usw. extrem nach oben oder unten von den arterhaltenden Normen
abweichen. Das Gleiche gilt auch für konkurrierende Gruppen. Gruppen mit
starker Aggression können sich ausbreiten, indem sie andere Gruppen
unterwerfen oder vernichten. Gruppen mit extremer Aggression sind manchmal
weniger erfolgreich, weil z. B. Individuen innerhalb der eigenen Gruppe
aggressiv angreifen, die (perfiden) Vorteile einer gemäßigten Sklaverei nicht
nutzen, sondern töten oder durch ihren Sadismus den Zusammenschluss wütender,
konkurrierender Gruppen oder Sklaven bewirken, die nun ihrerseits erfolgreich
zurückschlagen.
Ebenso wurde im Laufe der Jahrmilliarden die Spezifität der Emotionen durch
Selektion verbessert. Beispiele: Der Fortpflanzungserfolg ist höher, wenn
kluge, genotypisch und phänotypisch gesunde, altruistische,
andersgeschlechtliche Lebewesen der eigenen Art als Sexualsignal besonders
wirksam sind (Phänotyp =äußeres Erscheinungsbild, Genotyp = ein oder mehrere ganz bestimmte
Gene (Allele) eines Lebewesens bzw. die zugehörige Erbinformation). Entsprechend wird ebenfalls im Sinne der
Arterhaltung die Wahl von Nahrungsmitteln, Wegen, Spielpartnern, Nebenbuhlern
usw. reguliert. Es werden z. B. giftige Pflanzen und gefährliche Wege erkannt
und von ungiftigen bzw. ungefährlichen unterschieden.
Nach diesem kurzen Blick auf die Entwicklung der Emotionalität wollen wir nun
die Entstehung der menschlichen Ethik aus emotionalen Wurzeln etwas näher
betrachten.
Die vorherrschenden menschlichen Chaosethiken sind aus drei Hauptkomponenten
entstanden.
1. Angeborene Dispositionen (=Anlagen)
Grundsätzlich beruhen alle ethischen Konzeptionen des Menschen auf
moralähnlichem Verhalten bei tierischen Vorfahren. Dieses moralanaloge
Verhalten nutzt Gefühle, um Überlebensvorteile zu schaffen. Es dient primär der
Arterhaltung, nicht dem Glück. Auch in den meisten vorherrschenden Ethiken (Religionen)
hat das Überleben der Menschen (der eigenen Gruppe!) einen höheren Stellenwert,
als das glückliche Leben.
Dennoch stehen auch in menschlichen Ethiken Gefühle als Ziele im
Mittelpunkt. Es wäre also die vielleicht wichtigste Aufgabe der Menschheit,
ihre Selbststeuerung auf das Ziel höchstmögliche Lebensqualität umzustellen.
Stattdessen nutzen die meisten Menschen mit großen Erfolgen ihre geistige
Freiheit, um ihr System zu gefährden und ihre Lebensqualität zu verringern. Mit
diesen Problemen wollen wir uns im Folgenden näher beschäftigen.
Alle angeborenen Anlagen zu Motivationen von Tier und Mensch sind bei der
Definition der Lebensqualität vorgestellt worden (s. o.). Sie spielen zwar für
die gesamte Verhaltenssteuerung des Menschen - also Ethik im weiteren Sinne -
alle eine Rolle, im Folgenden werden aber nur die noch einmal angesprochen, mit
denen Menschen besonders antihedonisch umgehen. Zunächst verdeutlichen wir an
einigen Beispielen, dass und wie scheinbar rein menschliche Motivationen, Werte
und Verhaltensweisen aus biologischen Anlagen, die Mensch und einige Säugetiere
überwiegend gemeinsam haben, entstanden sind.
Angeborene Anlagen für Altruismus, Tötungshemmung, Brutpflegeverhalten,
kollektive Verteidigung, Rangordnungsverhalten und Jagd sind der Ursprung von
Freundschaft, Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit, Fairness,
Edelmut, Kavaliersverhalten, Behütung, Verwöhnen usw.
Starker Altruismus macht und machte Gruppen konkurrenzfähiger als Gruppen mit
wenig Altruismus. Fast alle in Gruppen lebenden Säugetiere haben Mechanismen,
die bei Rangkämpfen (Kommentkämpfe) faires Verhalten erzeugen und das Töten des
Gegners verhindern (Tötungshemmung, Fairness, Edelmut).
Gemeinsame Feinde – egal ob Raubfeinde oder Artgenossen – und Probleme zwingen
zum Zusammenhalt und sind deshalb eine wichtige Ursache für Freundschaft,
Nächstenliebe, Altruismus usw. Wenn diese Einflüsse (Selektionsdruck) sich
verringern, schwindet auch der Altruismus (das Gute im Menschen), während der
Parasitismus sich, auch ohne zusätzlichen Druck, selbst stabilisiert.
Brutpflegeverhalten ist eine der Grundlagen für Kinderliebe, Behütung,
Verwöhnen usw.
Sexuelle Lust, Rangordnungsverhalten, Gewöhnungslernen usw. bewirken gemeinsam
den Wunsch nach Partnerwechsel (bei Moralisten Ehebruch genannt). Der Erfolg
bei Geschlechtspartnern beinhaltet häufig auch einen Ranggewinn (höheres Selbstwertgefühl).
Das biologische Ziel der häufig starken Wünsche nach Partnerwechsel liegt in
der Steigerung der genetischen Variabilität, ohne die alle höheren Lebensformen
auf dem Planeten weder entstanden wären noch überleben könnten (vgl. Kapitel
4).
2. Vorwissenschaftliche Veränderungen der angeborenen Moralprogramme durch
Erfahrung
(Parawissenschaftliche empirische Modifikationen)
Die oben vorgestellten angeborenen moralanalogen Grundmotivationen waren und
sind schon im Tierreich unspezifisch und ungenau und deshalb manchmal
antihedonisch. Menschen und Tiere helfen z. B. manchmal Artgenossen,
obwohl dabei ein viel größerer Schaden entsteht, als ohne die Hilfe. Die
Menschheit hat die moralanalogen Regeln durch unwissenschaftlich ausgewertete
Erfahrungen in den vergangenen Jahrmillionen verändert und dabei im
Durchschnitt verschlechtert. Dadurch wurden Sadismus, Massenmord, Aderlass usw.
möglich. Solche destruktiven Handlungen und Motivationen kennt das Tierreich
kaum. Aberglaube, Magie und Mystik gehörten zu den Veränderungsmethoden, -mitteln
und -motiven, nicht wirklich geoffenbarte, göttliche Wahrheiten. Weitere Beispiele
für solche Veränderungen sind Menschenopfer, Kannibalismus, (Religions)kriege,
Rassismus, abergläubische Verhaltenssteuerung, übertriebene Sensationslust usw.
Die Mechanismen dieser Veränderungen sind oben (Evolution von Ideologien,
insbesondere Religionen) erläutert.
3. Die
halbwissenschaftlichen ethischen Veränderungen =(Modifikationen) der letzten
Jahrhunderte
3.1. Gesetze, Rechtsprechung
Die
Gesetze sind häufig gut durchdacht, weniger in sich widersprüchlich und
gerechter als die meisten religiösen (ideologischen) Grundnormen. Da sie zum
größten Teil auf diesen religiösen Grundaussagen (=Axiomen) beruhen, bleiben
sie dennoch, vor allem inhaltlich, häufig antihedonisch. Beispiel:
Zwei Menschen, die in unterschiedlich verwerflicher Weise Sterbehilfe geleistet
haben, bekommen bezüglich des Strafmaßes extrem gerechte (der jeweiligen
Schwere des „Verbrechens“ formal korrekt angemessene) Strafen.
Die Strafen sind aber aus hedonistischer Sicht grundsätzlich völlig ungerechtfertigt,
wenn der Helfer prohedonisch gehandelt hat, indem er z. B. der berechtigten
Bitte des Sterbenden um Tötung nachgegeben hat.
Wie widersprüchlich
die ethischen Fundamente der Menschheit und wie unbelegbar ihre Richtigkeit
sind, zeigt sich in ihrer häufig zusätzlich destruktiv wirkenden Heterogenität.
Wir betrachten einige Beispiele für die weite Bandbreite mit teilweise
gegensätzlichen Ausprägungen gesetzlicher Regelungen in vielen Bereichen Anfang
des dritten Jahrtausends:
-gesetzliche Abtreibungsverbote und Ehebruch in Deutschland und Iran, -Sterbehilferegulierung z. B. in den
Niederlanden und der Schweiz im Vergleich zu Resteuropa,
-Regelung des Sexualverhaltens z. B. in Skandinavien und USA,
-Bestrafung von parasitärer Kriminalität in Russland und Schweden usw.
Häufig kommen jedoch auch korrekte Gesetze nicht oder nur zum Teil zum Tragen,
weil Korruption, Faulheit, Dummheit, Schlamperei usw. nicht immer kontrolliert
und beseitigt werden. Politiker, Unternehmer, Mafiosi usw. untergraben häufig
den Rechtsstaat durch Korruption (≈Bestechlichkeit). Dies ist besonders
erfolgreich und gefährlich, wenn sie, wie Aids, die Abwehr (Polizei) selbst
direkt angreifen oder sonst wie schwächen. Die Mafia ist oft besonders
erfolgreich, weil sie die polizeilichen Verteidigungsorgane, wie der Aids-Virus
die Immunabwehr, direkt angreift oder manipuliert. In ähnlicher Weise entziehen
sich Politiker (auch in Demokratien!) häufig gerechtfertigten Strafen, indem
sie zuständige Kriminalbeamte, Staatsanwälte usw. bedrohen, bestechen, erpressen
oder entlassen.
Darüber hinaus wirken sich ganz allgemein Bekanntheitsgrad, Filz, Bestechung, Attraktivität
und Geschlecht der Angeklagten (manchmal ohne dass Richter dies bemerken
und beabsichtigen) auf das Strafmaß aus.
3.2. Aufklärerische,
z. T. vernunftorientierte, kritische Neu– und Selbstbestimmung mit
antikonventionellen, alternativen, meist nicht restlos durchdachten neuen
Regeln
führten zu
folgenden positiven Veränderungen:
Abschaffung oder Verminderung von Menschenopfern, Inquisition, Infektionsgefahren,
kaltem Krieg, Umweltverschmutzung, sozialer Ungerechtigkeit usw.
und zu teilweise negativen Veränderungen: Verschiedenheitswahn (=Heteromanie),
Freiheitswahn (=Liberomanie, Hyperliberalität), Gleichheitswahn (=Isomanie)
usw. (siehe alle Kap X).
3.3. Wissenschaftlich-technische und
wirtschaftliche Verhaltensregeln (Verkehrsregeln, Regulation von Transporten,
medizinische Verhaltensregeln usw.)
In
diesem Bereich ist das menschliche Verhalten am besten geregelt. Einige wenige
Nationen (vor allem in Skandinavien) praktizieren weitgehend gerechte
kontrollierte freie Marktwirtschaft.
Es gibt, wenn auch nicht weltweit, z. B. Regeln für das Führen von Fahrzeugen,
Flugzeugen usw., für das Verhalten in Notfällen, Katastrophen, Bränden usw.,
Schulpflicht, Patentanmeldungen usw.
Bei Mondflügen, Flugzeugwartungen usw. benutzt niemand Esoterikbücher, den
Koran oder die Bibel als Handbuch. Dennoch fehlt es auch hier an vollständiger
erfolgreicher Überwachung von Korruption, Fahrlässigkeit, Ausbildung usw., so
dass Katastrophen an der Tagesordnung sind. Zum „Ausgleich“ wird das naturwissenschaftliche
Denken weltweit immer noch mehr unterdrückt als gefördert.
Die naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung erfolgt weitgehend nach
vernünftigen Regeln. Man verlässt sich z. B. auf die Mathematik, die Logik,
wiederholbare Experimente, Sinneswahrnehmung usw. Dennoch herrschen auch in
diesem Bereich manchmal Dogmatismus und Indoktriniertheit (vgl. Kap. X).
Der christliche
Gott existiert so, wie er in der Bibel beschrieben ist, mit absoluter
Sicherheit nicht. Er existiert so sicher, wie ein einfarbiges Haus, das
zugleich grün und rot ist. Die Tatsache, dass Gott die Menschen gleichzeitig
liebt und allmächtig ist, ist mit dem Leid, das er auf Erden zulässt,
unvereinbar. Kirchenfürsten haben dieses Problem immer gelöst, indem sie Logik
und Vernunft auf Scheiterhaufen verbrannten. Die Wege des Herrn sind
unergründlich. Ein allmächtiges sadistisches Wesen, das die Menschheit
verachtet, müsste auf Erden nicht viel verändern, um mit seinem Werk zufrieden
und glücklich sein zu können. Deshalb ist es nicht das Recht, sondern die
Pflicht des Menschen, sein Schicksal selbst konstruktiv zu steuern. Konstruktiv
heißt: unter Verwendung des konstruktiven Hedonismus. Konstruktiv heißt auch: nicht
unter Verwendung der vorherrschenden Ethiken!